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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 23. Februar 1876.)

Der Buudesrath hat beschlossen, an sämmtliche eidgenössische Stände zwei Kreisschreiben zu erlassen: Das eine derselben betrifft die Verehelichung zwischen Onkel und Nichte oder Tante und Neffe, und lautet also : ,,Getreue, liebe Eidgenossen!

,,Da uns verschiedene Anfragen darüber zugekommen sind, ob Ehen zwischen Onkel und Nichte (oder Tante und Neffe) aus S c h w ä g e r s c h a f t zu gestatten seien, so haben wir es für angemessen erachtet, eine bezügliche Schlußnahme zu fassen.

,,Die Ungewißheit, die diesfalls besteht, ist die Folge der mangelhaften Redaktion des Gesezes und der Verschiedenheit zwischen dem deutschen und dem französischen Texte.

,,Der erstere lautet : ,,,,Art. 28. Die Eingehung der Ehe ist untersagt: ,, 2. wegen Verwandtschaft und Schwäger,,schaft: ,,a. zwischen Blutsverwandten in allen ,,Graden der auf- und absteigenden ,,Linie, zwischen vollbürtigen Ge,,schwistern und Halbgeschwistern, ,,zwischen Oheim und Sichte, zwischen ,,Tante und Neffe, gleichviel beruhe die ,,Ver w a n d t s c h a f t auf ehelicher oder ,,unehelicher Zeugung."

,,Der französische Text hinwider ist folgendermaßen abgefaßt : ,,,,Art. 28. Le mariage est interdit: ,, 2. Pour cause de parenté OU d'alliance : ,,a. entre ascendants et descendants à tous les degrés, entre frères et soeurs germains, consanguins ou utérins, entre oncle et nièce, tante et neveu, que la parenté soit légitime ou naturelle."

445 ,,Aus dem allgemeinen Tenor dieses Artikels, sowohl nach dem deutschen als nach dem französischen Texte, möchte hervorzugehen scheinen, daß jenes Eheverbot sich auf alle Fälle der Verwandtschaft und Schwägerschaft bezieht. Der deutsche Text sagt denn auch wirklich zu Anfang von Ziff. 2: wegen V e r w a n d t s c h a f t und Seh wäge r schaft. Der französische Text lautet weniger absolut, indem er das Bindewort ou gebraucht: ,,pour cause de parenté ou d'alliance."1 Hinwider steht das Wort V e r w a n d t s c h a f t (parenté) zu Ende von alinea a, betreffend Onkel und Nichte, Tante und Neffe, in beiden Texten allein.

,,Da der gesezliche Wortlaut demnach zweifelhaft ist, so ist die Frage vom Gesichtspunkt der Intention des Gesezgebers aus zu beantworten. Diese Intention war aber die, die Ehe bis zum dritten Grade zwischen allen Personen desselben Geblüts zu untersagen. A darf hienach offenbar nicht die Tochter seines Bruders oder seiner Schwestern ehelichen, wohl aber die Nichte seiner verstorbenen Frau, d. h. die Tochter seines Schwagers oder seiner Schwägerin, weil zwischen ihm und jener Blutsverwandtschaft nicht besteht. Es kann jemand in zweiter Ehe die Schwester seiner Frau heirathen, um so viel eher demnach die Tochter dieser Schwester."

Das zweite Kreisschreiben betrifft die Versendung von Waaren aus der Schweiz nach Spanien und dessen überseeische Besizungen.

Es lautet also : ,,Getreue, liebe Eidgenossen !

,,Mittels Bekanntmachung im Bundesblatte vom 15. Mai 1869* ist dem schweizerischen Handelsstande zur K"n"laiß gebracht worden, daß laut Anzeige des spanischen Konsuls in Genf sowohl Ursprungszeugnisse, als Frachtbriefe für die nach Spanien und dessen überseeische Besizungen bestimmten Schweizerwaaren, in Gemäßheit des Art. 5 der bestehenden Zollvorschriften, von dem genannten Konsulate beglaubigt sein müssen, und daß im Falle einer Außerachtlassung der vorgeschriebenen Formalität eine Geldbuße, überdies die Festhaltung der betreffenden Waaren von Seite der spanischen Douane erfolgen würde.

,,Wie uns die spanische Gesandtschaft in Bern mitgetheilt hat, wird jene Vorschrift von den schweizerischen Exporteurs nicht beobachtet, sondern von denselben die nach Spanien zu exportirenden Waaren französischen, an der Grenze Spaniens etablirten Kommis*) Siehe Bundesblatt v. J. 1869, Band II, Seite 44.

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sionären übersendet, die dann Deklarationen en bloc machen, ohne Unterscheidung, ob die Waaren schweizerischen oder französischen Ursprungs seien.

,,Dadurch werde der Betrug gegenüber der spanischen Douane erleichtert und eine gehörige Handelsstatistik verunmöglicht.

,,Indem wir Ihnen von diesen Unregelmäßigkeiten Kenntniß geben, ersuchen wir Sie, auf geeignetem Wege die oben erwähnten Vorschriften der spanischen Regierung, betreffend Deklaration der nach Spanien und dessen überseeische Kolonien zu versendenden Waaren beim spanischen Konsulate in Genf, dem Handelsstande Ihres Kantons in Erinnerung zu bringen.

(Vom 25. Februar 1876.")

Der Bundesrath hat beschlossen, es seien die vor 1851 geboruen wehrpflichtigen Schweizer nicht mehr zur persönlichen Dienstleistung heranzuziehen.

(Vom 28. Februar 1876.)

Auf erhaltenen Bericht, daß die vom Bundesrathe unterm 18. August v. J. ernannten 5 Kommissionen für die Betheiligung der Schweiz an der internationalen Ausstellung in P h i l a d e l p h i a * ) mit ihren diesfälligen Arbeiten zu Ende gekommen seien, hat der Bundesrath die gedachten Kommissionen von ihren Funktionen entlassen, unter Verdankung der geleisteten Dienste.

Der Bundesrath hat den Hrn. Major Albert W y t t e n b a c h in Bern, bisher Chef des III. Feldlazareths, zum Divisionsarzt der III. Division ernannt, mit Beförderung zum Oberstlieutenant.

Ferner ist Hr. Charles S a v a r y in Lausanne, Bataillonskommandant seit 1872, zum Kommandanten des III. Infanterie-Regiments ernannt und gleichzeitig zum Oberstlieutenant der Infanterie befördert worden.

*) Siehe Bundesblatt v. J. 1875, Band IV, Seite 61.

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Herr Major Rudolf F r e y von Basel ist vom Bundesrathe zum Oberstlieutenant der Artillerie befördert worden.

Der Bundesrath hat den Hrn. Dr. Franz V o g e l s a n g in Biel, Hauptmann im Sanitätsstabe, auf sein Gesuch hin aus dem Militärdienste entlassen, unter Verdankung der geleisteten Dienste.

(Vom 1. März 1876.)

Herr Major Karl F i s c h e r in Basel, bisher Lazarethchef, ist vom Bundesrath zum Divisionsarzte der V. Armeedivision ernannt worden, mit Beförderung zum Oberstlieutenant.

Der Bundesrath hat ein von der k. italienischen Gesandtschaft erhaltenes Programm über einen in G e n u a abzuhaltenden Kongreß zur Verbesserung der Rettungsmittel bei Schiffbrüchen den eidgenössischen Ständen zu übermachen beschlossen, mit folgendem Kreisschreiben : ,,Getreue, liebe Eidgenossen !

,,Die ligurisehe Gesellschaft zur Verbesserung und Vermehrung der Rettungsmittel bei Schiff brüchen und Schiff branden beabsichtigt, auf den Monat Juli d. J. einen internationalen Kongreß nach Genua einzuberufen, welcher bei erwähnter Angelegenheit in einer nähern und gemeinschaftlichen Besprechung über wirksame Mittel zur Erreichung des humanen Zwekes sich verständigen sollte. Auf den Wunsch der k. italienischen Gesandtschaft übermachen wir Ihnen das vorläufige Kongreßprogramm*) mit dem Ersuchen, davon den etwa in Ihrem Kanton bestehenden ähnlichen Vereinen gefälligst Kcnntniß geben zu wollen, beziehungsweise auch Privaten, welche sich dafür besonders interessiren dürften.

,,Das definitive Programm wird gegen Ende März veröffentlicht werden."1 *) Wird in der nächsten Nummer erscheinen.

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(Vom. 2. März 1876.)

Der Bundesrath hat zu Adjutant-Unteroffizieren der Artillerie Hrn. J. U. M e t t l e r in Ebnat (St. Gallen) und Hrn. Theophil E u n z in Rappersweil (St. Gallen) befördert und beide dem Trainbataillon VII des Auszugs zugetheilt.

Gleichzeitig ernannte der Bundesrath den Hrn. Hauptmann Gottlieb E d e l m a n n in Kappel (St. Gallen) zum Kommandanten der VII. Landwehr-Parkkolonne.

(Vom 3. März 1876.)

Auf Bericht und Antrag des Postdepartements hat der Bundesrath 14 neue Postkurse und Kursausdehnungen zu errichten beschlossen, unter der Bedingung jedoch, daß annehmbare Führungsangebote erhältlich werden.

Diese neuen Postkurse, welche mit dem 1. Juni beginnen sollen, sind: Le Pont-Croy, Bahnstation; L'Isle-Cossonay ; fl Echallens-Yverdon II. ; Vouvry-Villeneuve, Doppelkurs ; Brugg-Remigen, ,, (Ausdehnung bis Mönthal); Frik-Oberhof II. ; Sursee-Münster-Rickenbach ; Bischofzell-Amrisweil-Dozweil ; St. Gallen-Trogen III.; Schwellbrunn-Herisau, Doppelkurs; Flawyl-Degersheim (Ausdehnung bis Mogeisberg) ; Neuchâtel-Dombresson II. ; Neuveville-Nods II.; Fontaines-Savagnier.

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Vom Bundesrathe sind gewählt worden: als Posthalter in Rußwyl: Hr. Mauriz Ackermann, von Oberkirch (Luzern), derzeit Posthalter und Lehrer in Buttisholz (Luzern); ,, -n n Baulmes: ,, Charles Joseph Dériaz, Postgehilfe, von und in Baulmes (Waadt); ,, Postkommis in Bern : ,, Friedrich Wenger, von Bern, Postkomtnis in Aarau; ,, ,, ,, Biel: ,, Gottlieb Ott, von Auenstein (Aargau), Postgehilfe in Ouchy (Waadt); ,, ,, ,, Winterthur: Hr. Louis Dufey, Postaspirant, von Palézieux (Waadt), in Winterthur.

Berichtigung.

Hinsichtlich der von der Schweiz. C e n t r a l b a h n an die Postkasse zu entrichtenden Konzessionsgebühr hat der Bundesrath am 21. Februar 1876 Folgendes beschlossen: 1. Die Gesellschaft der Schweiz. Centralbahn hat nach Vorschrift von Art. 19, Absaz 3 des Eisenbahngesezes vom 23. Dezember 1872 als Konzessionsgebühr für das Jahr 1875 von 248 im Betriebe stehenden Kilometern zu Fr. 100 den Betrag von Fr. 24,800 an die Postkasse zu entrichten.

2. Das Post- und Telegraphendepartement ist beauftragt, in Bezug auf die 4,869 Kilometer lange Verbindungsbahn zwischen den Bahnhöfen in Basel sich mit dem Direktorium der Centralbahn ins Benehmen zu sezen, behufs Feststellung, wie die Erträgnisse von 1875 und seit dem Betrieb der Verbindungsbahn sich gestaltet haben, worauf das Departement weitern Bericht und Antrag vorlegen wird.

(Der Beschluß, wie er auf Seite 399 hievor sich findet, war der A n t r a g des Postdepartements.)

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