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Botschaft zu einem Bundesbeschluss für eine Teuerungszulage auf den Renten der AHV und der IV für das Jahr 1991 vom 24. Oktober 1990

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen hiermit unsere Botschaft zu einem Bundesbeschluss für eine Teuerungszulage auf den Renten der AHV und der IV für das Jahr 1991 und beantragen Ihnen, dem beigefügten Beschlussesentwurf zuzustimmen.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben: 1990 P zu 89231 13. Ergänzungsleistung (N 16. 9. 90 Kommission für soziale Sicherheit) Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. Oktober 1990

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Koller Der Bundeskanzler: Buser

'43 Bundesblatt. 142Jahrgang. Bd.III

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Übersicht Mit der 9. AHV-Revision wurde Artikel 33ter des Bundesgesetzes über die Altersund Hinterlassenenversicherung (AHVG; S R 831.10J eingeführt. Diese Bestimmung sieht Vor, dass die Renten und Hilßosenentschädigungen der AHV/IV periodisch, in der Regel alle zwei Jahre, der Lohn- und Preisentwicklung angepasst werden. Artikel 33ter AHVG gibt dem Bundesrat ausserdem die Kompetenz, die Renten vor Ablauf von zwei Jahren anzupassen, wenn der Landesindex der Konsumentenpreise innert eines Jahres um mehr als 8 Prozent ansteigt. Eine derartige Teuerungszunahme ist zwar auch dieses Jahr nicht zu erwarten. Es kann aber nicht übersehen werden, dass die starke Teuerung insbesondere die Rentner hart trifft. Der Bundesrat beantragt daher, 1991 eine Teuerungszulage auf den Renten der AHV und der IV auszurichten. Dafür ist ein allgemeinverbindlicher Bundèsbeschluss nötig.

Mit einer besonderen Botschaft wird der Bundesrat noch dieses Jahr eine Änderung von Artikel 33ter AHVG auf den 1. Januar 1993 beantragen, die eine flexiblere Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung ermöglichen soll.

Dieses Vorgehen erlaubt es dem Parlament, die Vorlage ohne Zeitdruck zu beraten. Die dringliche Frage der Ausrichtung einer Teuerungszulage für 1991 musste daher vorgezogen werden.

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Botschaft I

Allgemeiner Teil

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Ausgangslage

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Als Folge der stark angestiegenen Teuerung im Verlaufe der letzten Monate dieses Jahres sind beim Bundesrat zahlreiche Begehren eingegangen, die für 1991 eine Anpassung der Renten an die Preisentwicklung verlangten. Sofern die Teuerung nicht noch stark ansteigt, hat der Bundesrat aufgrund von Artikel 33ter Absatz 4 AHVG keine Möglichkeit, von sich aus eine Anpassung der Renten an die Preisentwicklung vorzunehmen. Wir sind aber der Meinung, dass der Wunsch nach einer Teuerungsanpassung für das nächste Jahr legitim ist. In einer Zeitj in der die Erwerbstätigen in der Regel in den Genuss jährlicher Teuerungsanpassungen gelangen, ist es in der Tat nicht verständlich, wenn diese Vorteile gerade den Alters- und Invalidenrentnern vorenthalten werden.

Wir schlagen Ihnen daher vor, mit einem allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss für das nächste Jahr auch Bezügern von Renten der AHV/IV einen Teuerungsausgleich zu ermöglichen.

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Ausmass der Teuerungszulage

Auf den 1. Januar 1990 wurden die Renten letztmals angepasst. Die dabei festgesetzte einfache Minimalrente von 800 Franken entspricht einem Rentenindex von 145,5 Punkten. Dieser Wert ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel der Lohnkomponente von 150,4 Punkten, entsprechend dem BIGA-Lohnindex von 1510, und der Preiskomponente von 140,6 Punkten, was dem Landesindex der Konsumentenpreise von 117,4 Punkten entspricht (Dezember 1989: 118,4 Punkte).

Bis zum September dieses Jahres erreichte die Teuerung einen Stand von 122,8 Punkte. Gegenüber dem ausgeglichenen Indexstand der letzten Rentenanpassung (117,4 Punkte) beträgt der Zuwachs somit 4,6 Prozent. Bis zum Dezember ist mit einer Teuerung von 6 bis 6,5 Prozent im Vergleich zur letzten Rentenanpassung zu rechnen.

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Besonderer Teil

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Inhalt des Bundesbeschlusses

Wir beantragen Ihnen, die im Jahr 1990 eingetretene Teuerung auszugleichen, und zwar in Form einer Teuerungszulage, die in zwei Raten im April und August 1991 ausbezahlt werden soll. Massgebend für den Teuerungsausgleich soll der Dezemberindex des Landesindexes der Konsumentenpreise sein. Da dieser Wert erst im Januar 1991 bekannt wird, ist es erforderlich, dass Sie dem Bundesrat die Kompetenz zur Auszahlung der Zulage erteilen.

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Form des Teuerungsausgleichs

Der Teuerungsausgleich könnte grundsätzlich sowohl in Form einer generellen Rentenerhöhung als auch durch Ausrichtung einer Zulage gewährt werden. Wir geben einer Teuerungszulage, die in zwei Raten ausbezahlt wird, aus folgenden Gründen den Vorzug: - Eine generelle Rentenerhöhung wirkt sich auf zahlreiche andere Bereiche der Sozialversicherung aus. Dies gilt insbesondere für das Beitragswesen der AHV, der IV und der Erwerbsersatzordnung. So werden etwa die Grenzwerte für die sinkende Beitragsskala (Art. 9bis AHVG) und die Einkommensgrenzen für ausserordentliche Renten (Art. 42ter AHVG) angepasst.

- Das Gleiche gilt auch für die Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV/IV. In diesem Bereich würde sich eine Anpassung der Einkommensgrenzen und anderer Werte aufdrängen (Art. 3a des Bundesgesetzes vom 19. März 1965 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen-, und Invalidenversicherung, ELG; SR 831.30),-da die Gleichstellung des allgemeinverbindlichen Bundesbeschlusses mit Artikel 33ter AHVG, auf welchen in den zitierten Bestimmungen hingewiesen wird, wohl unumgänglich wäre.

- In der beruflichen Vorsorge wird für die Bestimmung der Grenzbeträge auf die minimale einfache Altersrente abgestellt (Mindestlohn für die Unterstellung unter das Versicherungsobligatorium, Koordinationsabzug, maximal zu berücksichtigender Jahreslohn, minimaler koordinierter Lohn, Art. 9 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge, BVG; SR 831.40). Auch für diese Grenzbeträge müsste der Bundesrat eine Erhöhung prüfen. Bei der gebundenen dritten Säule müsste eine Anpassung der steuerbefreiten Beiträge in Betracht gezogen werden (Art. 7 der Verordnung vom 13. Nov. 1965 über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen, BW 3 ; SR 831.461.3).

- Schliesslich müssten auch die Leistungen in der Militärversicherüng erhöht werden (Art. 25bis des Bundesgesetzes vom 20. September 1949 über die Militärversicherüng, MVG; SR 833.1).

i - Eine generelle Erhöhung der Renten hätte nach Ablauf der Referendumsfrist und der unerlässlichen Vorbereitungsarbeiten eine rückwirkende Auszahlung auf den 1. Januar 1991 zur Folge. Dies brächte aber für die Durchführungsstellen der AHV/IV einen ausserordentlich grossen administrativen Aufwand mit sich, der unter
einem sehr starken Zeitdruck bewältigt werden müsste.

Eine pannenfreie Durchführung einer generellen Rentenerhöhung könnte deshalb nicht gewährleistet werden.

Sicher hat auch die Ausrichtung einer Teuerungszulage Nachteile. Es wird Leistungsbezüger geben, die eine zu hohe Zulage erhalten, etwa Witwen, die sich kurz nach Ausrichtung der Zulage wieder verheiraten. Anderseits werden Versicherte, die erst nach der Ausrichtung der Zulage das Rentenalter erreichen, invalid oder verwitwet werden, keine zusätzliche Leistung erhalten. Diese Nachteile werden aber durch die Auszahlung der Teuerungszulage in zwei Raten

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stark gemildert. Die Nachteile einer Zulagenlösung sind aber wesentlich geringer als jene einer generellen Rentenerhöhung.

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Wirkungen der Teuerungszulage

Die Teuerungszulage wird ausschliesslich auf den Renten der AHV und der IV gewährt. Zu den Hilflosenentschädigungen der AHV/IV. Witwenabfindungen (Art. 43bis AHVG, Art. 42 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung, IVG; SR 831.20) sowie zu Abfindungen niedriger Teilrenten aufgrund von Bestimmungen einzelner Sozialversicherungsabkommen wird hingegen keine Zulage ausgerichtet, da die Hilflosenentschädigungen primär den Betreuungsaufwand und nicht den laufenden Lebensunterhalt abdecken sollen und die Abfindungen keine Dauerleistungen sind.

Durch die Teuerungszulage ändert sich der Betrag der einfachen Minimalrente nicht. Es sind daher keine Anpassungen anderer Bundesgesetze nötig. Dies gilt insbesondere auch für die Ergänzungsleistungen. Wir werden die gesetzlichen Einkommensgrenzen von Artikel 2 ELG nicht ändern. Da aber die Teuerungszulage keine wiederkehrende Leistung im Sinne von Artikel 3 Absatz l Buchstabe c ELG ist, wird sie bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen nicht als Einkommen angerechnet (der nicht verbrauchte Teil der Zulage wird bei der nächsten periodischen Überprüfung des Leistungsanspruchs aber natürlich als Vermögen im Sinne von Art. 3 Abs. l Bst. b ELG zu berücksichtigen sein). Damit wird garantiert, dass auch die Bezüger von Ergänzungsleistungen in den ungeschmälerten Genuss der Teuerungszulage kommen.

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Massgebender Index

Damit die Ausrichtung der Zulage und der massgebende Teuerungsindex zeitlich möglichst nahe zusammen liegen, muss auf den Dezemberindex 1990 abgestellt werden. Dabei ist zusätzlich auch die Differenz zwischen dem der Verordnung 90 vom 12. Juni 1989 über Anpassungen an die Lohn- und Preisentwicklung bei der AHV/IV (SR 831.102) zugrunde gelegten Stand des Teuerungsindexes (117,4) und der bis Dezember 1989 tatsächlich eingetretenen Teuerung (118,4) auszugleichen.

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Zeitpunkt der Ausrichtung der Teuerungszulage

Die Teuerungszulage soll im April und August 1991 ausgerichtet werden. Eine Auszahlung der Zulage vor dem April ist aus referendumstechnischen Gründen nicht möglich, läuft doch die Frist für das fakultative Referendum erst Ende März 1991 ab, sofern die Vorlage von den eidgenössischen Räten in der kommenden Wintersession verabschiedet wird. Auf die Festsetzung eines bestimmten Stichtages ist zu verzichten, da den Durchführungsstellen der AHV/IV eine gewisse Flexibilität für die Auszahlung eingeräumt werden 'muss. Nach Artikel 72 der Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlasse921

nenversicherung (AHW; SR 831.101) haben die Ausgleichskassen die Zahlungsaufträge an Post oder Banken so rechtzeitig zu erteilen, dass die Rentner spätestens am 20. Tag des Monats über ihre Renten verfügen können. Diese Auszahlungsbestimmungen gelten auch für die Teuerungszulage.

Die zweite Rate der Teuerungszulage sollte nicht allzu lange nach der ersten Auszahlung ausgerichtet werden, da sonst der Zweck des Bundesbeschlusses, der Ausgleich der laufenden Teuerung, verfehlt würde.

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Finanzielle und personelle Auswirkungen

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Auswirkungen auf die Finanzhaushalte der AHV/IV

Für die Berechnung der finanziellen Auswirkungen gehen wir von einer Teuerungszulage von 6 Prozent aus. Da jedoch auf den effektiven Indexstand vom Dezember 1990 abgestellt wird, können sich die folgenden Werte noch verändern: Pro 0,1 Prozentpunkte zusätzliche Teuerung erhöhen sich die Kosten um 1,7 Prozent.

Bei der AHV entstehen Mehrausgaben von rund 1080 Millionen Franken, .wovon 80 Prozent zu Lasten der AHV gehen. Bei der IV beträgt die Mehrausgabe 140 Millionen Franken, welche zu 50 Prozent von der Versicherung finanziert werden muss. Die Ausgaben von insgesamt 1220 Millionen Franken werden durch Beiträge von Bund und Kantonen in der Höhe von 285 Millionen Franken finanziert, die restlichen 935 Millionen können durch die erwarteten Überschüsse des Jahres 1991 abgedeckt werden. Die Teuerungszulage wird aber an die nächste ordentliche Rentenerhöhung angerechnet.

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Auswirkungen auf den Bund

Bei der AHV beläuft sich der Beitrag des Bundes auf 17 Prozent einer Jahresausgabe; der Kantonsanteil beträgt 3 Prozent. Bei der IV gehen 37,5 Prozent der Ausgaben zu Lasten des Bundes und 12,5 Prozent zu Lasten der Kantone. Die Ausrichtung einer Teuerungszulage verursacht dem Bund Ausgaben von total 237 Millionen Franken.

Die Ausrichtung der Teuerungszulage kann ohne zusätzliphes Personal abge. wickelt werden.

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Auswirkungen auf die Kantone

Für die Kantone ergibt sich eine Belastung von 48 Millionen Franken.

Die kantonalen AHV-Ausgleichskassen benötigen wie auch die Ausgleichskassen der Verbände kein zusätzliches Personal zur Auszahlung der Teuerungszulage.

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Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Legislaturplanung 1987-1991 nicht angekündigt.

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Rechtliche Grundlagen

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Verfassungsmässigkeit

Der Bundesbeschluss stützt sich auf Artikel 34iuater Absatz 2 der Bundesverfassung.

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Erlassform

Die Ausrichtung einer Teuerungszulage auf den Renten der AHV/IV ist auf das nächste Jahr begrenzt. Sie ist deshalb in einem allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss zu regeln (Art. 6 Abs. l des Geschäftsverkehrsgesetzes; SR 171.11).

Eine Änderung von Artikel 33ter AHVG, die eine flexiblere Handhabung der Bestimmungen über die Anpassung der Renten an die Lohn- und Preisentwicklung ermöglichen soll, wird Gegenstand einer besonderen Botschaft sein, die wir Ihnen noch dieses Jahr vorlegen werden.

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Bundesbeschluss Entwurf über eine Teuerungszulage auf den Renten der AHV und der IV für das Jahr 1991

vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 34iuater Absatz 2 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 24. Oktober 19901), beschliesst: Art. l

Ausserordentliche Anpassung der Renten an die Teuerung

In Abweichung von Artikel 33ter Absatz 4 des Bundesgesetzes über die Altersund Hinterlassenenversicherung2) werden die Renten nach diesem Bundesgesetz und jene nach dem Bundesgesetz über die Invalidenversicherung3* auf April 1991 an die bis 31. Dezember 1990 eingetretene Teuerung angepasst.

Art. 2

Verfahren

1

Der Bundesrat nimmt die Anpassung in Form einer Teuerungszulage vor, welche in zwei Raten im April und im August 1991 an Personen ausgerichtet wird, die am I.April 1991 bzw. am I.August 1991 rentenberechtigt sind.

2

Er regelt das Verfahren.

Art. 3

Verhältnis zur ordentlichen Rentenanpassung

1

Durch diesen Beschluss wird der zeitliche Abstand für die ordentliche Anpassung der Renten nach Artikel 33ter Absatz l des Bundesgesetzes über die Altersund Hinterlassenenversicherung2) nicht geändert.

2

Die aufgrund dieses Beschlusses im Jahr 1991 ausgerichtete Teuerungszulage wird bei der nächsten ordentlichen Anpassung berücksichtigt.

Art. 4

Referendum, Geltungsdauer und Inkrafttreten

1

Dieser Beschluss ist allgemeinverbindlich; er untersteht dem fakultativen Referèndum.

2

Er gilt bis zum 31. Dezember 1991.

3

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

»2 BB1 1990 III 917 > SR 831.10 3

> SR 831.20

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Botschaft zu einem Bundesbeschluss für eine Teuerungszulage auf den Renten der AHV und der IV für das Jahr 1991 vom 24. Oktober 1990

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1990

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27.11.1990

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917-924

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