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Schweizerisches Bundesblatt.

53. Jahrgang. II.

Nr. 16.

17. April 1901.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Martigny über die Forclaz nach Châtelard (Grenze).

(Vom 16. April 1901.)

Tit.

Im Laufe der Jahre 1899 und 1900 wurden dem Bisenbahndepartement drei verschiedene Konzessionsgesuche eingereicht, von welchen jedes die Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen dem untern Wallis und dem Chamonix, beziehungsweise dem schweizerischen Grenzorte Châtelard bezweckte. Wir geben nachstehend eine kurze Beschreibung der drei Projekte in chronologischer Reihenfolge.

I.

Das Gesuch der Herren D é f a y e s und Mithafte (Nationalrat C. Défayes in Martigny, Ingenieur E. Strub in Interlaken, 0. Amrein in Vevey und François Gilliéron in Vevey) datiert vom 20. Mai 1899 und hat eine elektrische Schmalspurbahn zum Gegenstand, welche ihren Anfang bei der Station Martigny nehmen und, unter Benützung der Kantonsstraße, nach Martigny-Ville und über Bâtiaz nach Vernayaz führen soll. Unmittelbar nach der Brücke über den Trient, zunächst dem Grand Hôtel von Vernayaz, verlasse die Bahn die Straße, um sich in Bundesblâtt. 63. Jahrg. Bd. II.

60

930 die linksseitige Felswand einzuschneiden und mit einer Steigung von 20 °/o die Vernayaz-Salvan-Schlueht zu gewinnen, doren rechtem Rand entlang sie unter Beibehaltung der Steigung Salvun erreiche. Gegenüber dem Chalet Huber gewinne die Bahn wieder die Straße und verlasse diese nicht mehr bis Triquent, eine kurze Strecke von 90 m. bei Medetta ausgenommen. Um die zahlreichen Kurven zu vermeiden, welche die Straße zwischen Triquent und Finshauts beschreibe, werde eine zweite Zahnstangenstrecke mit 20 % Steigung eingeschaltet. Im übrigen benütze die Bahn auch hier die Straße, die sie aber in Finshauts, wegen der starken Gefalle und Gegengefälle, wieder verlasse, um auf eigenem Bahnkörper Châtelard zu erreichen. Es seien sieben Stationen vorgesehen, nämlich: Martigny-Bahnhof, Martigny-Ville, Vernayaz, Salvan, Triquent, Finshauts und Chatelard, ferner zwei Haltestellen in La Bâtiaz und Mareeotte. Die Spurweite sei zu einem Meter, die größte Steigung für die Zahnstangenstrecken zu 20 % und für die Adhäsionsstrecken zu 6 °/o angenommen.

Der Kostenvoranschlag für dieses Projekt enthält folgende Ziffern : 1. Vorstudien, Organisation, Kapitalbeschaffung Fr. 230,000 2. Expropriationen ,, 100,000 3. Unterbau, Schutzbauten, Oberbau . . . ,, 1,700,000 4. Hochbauten und Mobiliar ,, 70,000 5. Leitungen, Signale, Transformatoren . . ,, 300,000 6. Kollmaterial ,, 250,000 7. Unvorhergesehenes ,, 150,000 Total Fr. 2,800,000 oder, bei einer Länge von 18,6 km., rund Fr. 150,000 pro Kilometer.

Durch eine zweite Eingabe vom 18. November 1899 änderten die Konzessionsbewerber ihr Projekt dahin, daß die Linie von Vernayaz bis nach Châtelard auf eigenem Bahnkörper erstellt werden solle. Der Kostenvoranschlag wurde infolgedessen auf Fr. 2,900,000, beziehungsweise auf Fr. 168,600 pro Kilometer erhöht.

Eine weitere Ergänzung der Vorlage wurde unterm 11. Februar abbin eingereicht, indem die Herren Défayes und Mithafte wünschten, es möchte die Frage der Betriebsart offen gelassen werden, damit seiner Zeit der Übergang des Rollmaterials der kürzlich vollendeten Linie Fayet-Charaonix auf die Bahn Châte-

931 lard-Martigny ermöglicht werden könne, und zwar solle unter folgenden drei Arten des Betriebes die Wahl offen bleiben : 1. Entweder, wie im Konzessionsgesuch vorgesehen, elektrischer Zugsdienst nach gemischtem System, mit Zahnradstrecken Vernayaz-Salvan und eventuell Triquent-Finshauts, unter Verwendung der gleichen Wagen auf den Adhäsions- wie auf den Zahnradstrecken.

2. Für den Fall, daß der Übergang des Rollmaterials der Bahn Fayet-Chamonix auf die Linie Châtelard-Martigny definitiv beabsichtigt würde, sollten die gleichen Normalien und das gleiche Rollmaterial, wie sie für jene Bahn gültig seien, acceptiert und zwischen Vernayaz und Salvan eine Zahnradstrecke eingefügt werden, auf welcher eine Zahnradlokomotive die direkten, nicht mit Zahnrad versehenen Wagen befördern würde. Sowohl bei diesem als bei dem unter 3 genannten Modus fiele die Zahnradstrecke zwischen Triquent und Finshauts weg.

3. Die Cirkulation direkter Wagen zwischen Chamonix und Martigny lasse sich auch noch so bewirken, daß zwischen Vernayaz und Salvan eine Drahtseilbahn erstellt werde mit zwei kleinen Wagen, die, mit den nötigen Motoren und Bremsen versehen, den elektrischen Strom aufnehmen und die Automobile auf- oder abwärts bewegen würden.

Die Wahl der zweiten oder der dritten Art hätte eine Erhöhung der Kosten um Fr. 100,000, also auf Fr. 3,000,000, zur Folge.

Der Große Rat des Kantons Wallis befaßte sich, nachdem das Konzessionsgesuch dem Staatsrat zur Vernehmlassung mitgeteilt und von dieser Behörde dem Großen Rate unterbreitet worden war, in seiner Sitzung vom 1. Dezember 1899 mit der Angelegenheit, und zwar beschloß er, wie sich aus dem vom Staatsrat unterm 13. Dezember 1899 eingesandten Protokollauszug ergiebt, in Zustimmung zu einem Antrage des Staatsrates, das Konzessionsgesuch zu empfehlen, unter dem Vorbehalt, daß die Gesellschaft ihren Sitz im Kanton Wallis zu nehmen habe, daß der Betrieb der Strecke Martigny-Salvan-Finshauts während der Zeit vom 15. April bis zum 15. Oktober aufrecht zu erhalten sei und daß bei Marecotte eine Haltstelle mit Ausweichgeleise errichtet werden solle. Gleichzeitig stellte der Große Rat die Bedingungen fest, unter welchen die Benützung der Staatsstraße zwischen Martigny-Ville und Vernayaz für die Anlage und den Betrieb der projektierten Bahn gestattet werde.

932 Ein Antrag der betreffenden Kommission, die Empfehlung des Konzessionsgesuches an den Vorbehalt zu knüpfen, daß die Rechte der Konzessionäre für eine Eisenbahn von Martigny-Ville über Sal van nach Chatelard und von Martigny-Ville nach Martigny-Bourg laut Bundesbeschluß vom 21. Juni 1892, ausdrücklich gewahrt bleiben sollen und daß, wenn die den Herren Défayes und Mithaften erteilte Konzession vor jener anderen den Vorrang erhalten sollte, die Erstellung einer Abzweigung von Martigny-Ville nach Martigny-Bourg den neuen Konzessionären obliege, falls diese beiden Ortschaften nicht durch eine andere Eisenbahn miteinander verbunden würden, blieb in Minderheit.

II.

Dem Gesuche der Herren Défayes und Mithafte folgte am 8. Februar 1900 ein solches des Herrn Ingenieur Palaz in Lausanne, welcher namens eines Initiativkomitees die Konzession für den- Bau und Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn ·von M a r t i g n y über die F orcl a z nach C h a t e l a r d verlangte.

Diese soll, gemäß dem technischen Berichte, ihren Anfang bei der Station Martigny der Jura-Simplon-Bahn nehmen, dann dio drei bevölkertsten Ortschaften der Kirchgemeinde Martigny, nämlich Martigny-Ville, Martigny-Bourg und Martigny-Combe bedienen, um nach Überschreitung des Forclaz-Passes Chatelard und die, französisch-schweizerische Grenze zu gewinnen, wo der Anschluß an die Linie Chamonix-Châtelard projektiert sei. Die Bahn folge somit der Straße, welche seit einer langen Reihe von Jahren dem Verkehr zwischen dem Chamonix und dem Wallis diene, und könne daher auf eine große Frequenz zählen. Eine Variante des Projektes folge von Martigny-Bourg dem Thal der Drause bis nach Bovernier, um dort nach Süden und Westen in der Richtung nach der Forclaz umzubiegen. Die Länge der Bahn, von Martigny bis zur Grenze, wird mit 21 km. angegeben, wozu das Teilstück Grenze-Chamonix mit 17 km. käme. Das letztere soll bezüglich der Normalien und des Rollmaterials auch für die Strecke Martigny-Châtelard von Anfang an maßgebend sein, damit ein durchgehender Betrieb organisiert werden könne. Die Maximalsteigung sei zu 80 °/oo, der Minirnalradius zu 80 m., die Spurweite zu l m. angenommen. Der Betrieb werde mittelst Elektrizität erfolgen, wozu ein an der Dranse in Martigny zu erstellendes Wasserwerk die Kraft liefern würde. Wähle mau das Trace über Bovernier, so erhalte man eine Länge von

933 26,5 km., wogegen aber die drei Tunnels, welche auf dem direkteren Trace in der Länge von zusammen 2350 m. vorgesehen seien, wegfallen, und nur ein solcher von 300 m. bleibe.

Als Stationen seien folgende vorgesehen : Martigny (Bahnhof), Martigny-Bourg, Trient und Châtelard ; ferner Haltestellen bei Le Brocard, Meuze und Tête-Noire.

Der Kostenvoranschlag setzt sich aus folgenden Posten zusammen : 1. Bahnbau (Unterbau, Oberbau etc.) .

Fr. 3,400,000 2. Elektrische Ausrüstung ·.

.

,, 210,000 3. Hochbauten .

,, 80,000 4. Signale ,, 20,000 5. Rollmaterial ,, 300,000 6. Mobiliar und Gerätschaften .

,, 20,000 7. Verschiedenes und Unvorhergesehenes . .

,, 470,000 Zusammen Fr. 4,500,000 oder pro Kilometer rund Fr. 214,000.

Bei Ausführung der Variante über Bovernier ließe sich dieser Voranschlag etwas reduzieren, schon deshalb, weil die Strecke Martigny-Bovernier gleichzeitig auch für die Eisenbahnunternehmung Martigny-Sembrancher dienen würde. Eine Berechnung der Kosten für die Variante sei aber unterlassen worden, weil man nicht wisse, ob die genannte Bahn oder die Unternehmung Martigny-Châtelard das Gemeinschaftsstück bauen würde.

Für die Berechnung der Einnahmen zieht der allgemeine Bericht in Betracht, daß die projektierte Bahn das Chamonix mit dem Wallis und den Gestaden des Genfersees in Verbindung bringen und daher an dem großen Fremdenverkehr jener Gegenden sich beteiligen werde. Daneben komme noch die einheimische Bevölkerung in Betracht, da Martigny ein wichtiger Verkehrspunkt für das untere Wallis sei. Martigny-Bourg habe sehr gut besuchte Wochen- und andere Märkte. Ferner seien die Transporte von Holz, landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Bausteinen von Belang, für welche Martigny das natürliche Ausgangsthor bilde. Ein anderer wichtiger Faktor seien die Eistransporte ab dem Trientgletscher. Auf Grund aller dieser Verhältnisse könne man auf eine Jahreseinnahme von Fr. 16,500 pro Kilometer rechnen, was für die ganze Linie Fr. 346,500 ergebe.

Durch Vergleichung mit anderen Linien komme man dazu, die Betriebsausgaben auf Fr. 5000 pro Kilomster anzuschlagen,

934 d. h. Fr. 105,000 im ganzen, so daß der mutmaßliche Einnahmenüberschuß Fr. 241,500 betragen werde. Dieser könne, wenn das Anlagekapital zu Fr. 2,500,000 in Aktien und Fr. 2,000,000 in Obligationen angenommen werde, wie folgt verwendet werden: Verzinsung des Obligationenkapitals zu 4:l/a % · ^r- 90,000 Einlage in den Erneuerungsfonds .,, 12,000 Einlage in den Reservefonds ,, 3,000 5% Dividende ,, 125,000 Vortrag auf neue Rechnung 11,500 fl Total

Fr. 241,500

Über das Projekt Palaz sprach sich der Große Rat des Kantons Wallis in seiner Sitzung vom 31. Mai 1900 aus, indem er auf den Antrag des Staatsrates beschloß, die Erteilung der Konzession ebenfalls zu empfehlen, unter folgenden Vorbehalten : 1. das Gesellschaftsdomizil sei im Kanton Wallis zu nehmen und es solle dem Kanton die Ernennung eines Mitgliedes des Verwaltungsrates zustehen; 2. es solle bei der Straßenkreuzung in Martigny-Ville und unterhalb des Werkes Cheseaux eine Haltestelle errichtet werden ; 3. die Station Martigny-Bourg sei, zur bessern Bedienung"dieser Ortschaft, mehr in das Centrum zu verlegen; 4. die Taxe für die Bevölkerung der Bezirke von Martigny und Entremont sei auf 10 Rappen per Kilometer der Strecke Martigny-Broccard und auf 11 Rappen per Kilometer finden Rest der Linie zu reduzieren ; 5. es solle ein Specialtarif für die Beförderung von landwirtschaftlichen Produkten in Aussicht genommen und, wenn die Variante über Bovernier zur Ausführung gelange, eine Haltestelle in Vallottes zur Bedienung der Durnandschlucht geschaffen werden.

Schließlich wurde noch das Begehren gestellt, die Bundesversammlung solle diese Konzession erteilen, ohne das Erlöschen der seiner Zeit den Herren Ludwig & Schöpfer erteilten Konzession abzuw arten.

m.

Das dritte Projekt, dasjenige des Herrn L. F l e s c h, Ingenieur, in Territet, datiert vom 7. Juli 1900 und zielt auf eine elektrische

935 Schmalspurbahn V e r n a y a z - S a l v a n - F i n s h a u t s ab. Der Konzessionsbewerber ging von der Annahme aus, daß die von den Herren Ludwig & Schöpfer im Jahre 1892 erworbene Konzession erlöschen und dann an die Bundesversammlung die Aufgabe treten werde, unter den neuen Projekten, welche sich mit dem alten messen werden, zu wählen. Wenn nun diesmal das Tracé über die Forclaz gewählt werden sollte, so müßte die Gegend von Salvan und Finshauts neuerdings des raschen und billigen Verkehrsmittels entbehren, das sie schon so lange herbeisehne und auf welches sie nicht länger verzichten dürfe, wenn sie nicht Gefahr laufen wolle, von den umliegenden Gegenden in der Entwicklung überflügelt zu werden. Daher stelle der Konzessionsbewerber das Gesuch, es möchte ihm die Konzession für eine elektrische Schmalspurbahn von Vernayaz nach Finshauts erteilt werden.

Als Ausgangspunkt der Bahn wird die Station Vernayaz der Jura-Simplon-Bahn bezeichnet (456 m. über Meer), von wo aus sie sich nach dem Fuße des Antensberges (475 m. über Meer) ziehe. Hier werde ein Umladeaufzug (élévateur-transbordeur) in Gestalt einer Drahtseilbahn erstellt, mit einem einzigen Wagen, welcher geeignet sei, das Automobil aufzunehmen und zur obern Station zu führen (920' m. über Meer). Das Gefalle dieses Aufzugcs betrage 70 % im untern Teil und 40 % im oberen. Das Automobil setze, oben angekommen, seinen Weg auf einem gewöhnlichen Tracé fort, erreiche die Station Salvan (960 m.), Marécotte (1020 m.), Triquent (1050 m.) und endlich Finshauts (1200 m.).

Die horizontale Länge der Bahn betrage 9 Kilometer, die Höhendifferenzen zwischen dem tiefsten und dem höchsten Punkte 744 Meter. Für die Adhäsionsstrecke sei eine Maximalsteigung von 70 %o in Aussicht genommen. Die Spurweite werde finden Aufzug (Drahtseilbahn) l Meter, für den übrigen Teil der Bahn 0,8 Meter betragen. Der Minimalradius messe 80 Meter, verringere sich aber in den Kreuzungen bis auf 58 Meter.

Der Kostenvoranschlag enthält folgende Angaben : Bahnbau und feste Einrichtungen Fr. 1,200,000 Mechanische und elektrische Einrichtungen . . ,, 150,000 Rollmaterial und Ausrüstung .n 150,000 Zinse, Bauleitung ,, 120,000 Unvorhergesehenes ,, 180,000 Zusammen oder Fr. 200,000 pro Kilometer.

Fr. 1,800,000

936

Auch über dieses Konzessionsgesuch ließ sich die kantonale Regierung vernehmen, indem sie einen Auszug aus dem Protokoll des Großen Rates vom 30. November 1900 einsandte, laut welchem diese Behörde beschlossen hatte: 1. der Bundesversammlung den Wunsch auszudrücken, sie möge die Behandlung dieses Konzessionsgesuches verschieben, bis die Frage einer Verbindung des Rhonethaies mit dem Chamonix gelöst sei ; 2. eventuell zu verlangen, daß der Sitz der Gesellschaft in den Kanton Wallis verlegt, diesem das Recht, ein Verwaltungsratsmitglied zu wählen, eingeräumt, und die Personentaxe für die Bevölkerung des Bezirkes St. Maurice auf die Hälfte angesetzt werde.

Da durch Bundesbeschluß vom 21. Juni 1892 (E. A. S. XU, 63 ff.) den Herren E. Ludwig & Schöpfer die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Martigny-Ville über Sai van nach Châtelard und von Martigny-Ville nach Martigny Bourg erteilt worden war, unter gleichzeitigem Ausschluß der beiden Konkurrenzprojekte der Herren Masson&Cie. und Th. Genton einerseits und S. Couchepin und Konsorten, anderseits, so hielt das Eisenbahndepartement von Anfang an dafür, es solle auf die neuen Konzessionsbegehren nicht eingetreten werden, solange die den Herren Ludwig & Schöpfer erteilte Konzession in Kraft sei.

Die zu widerholten Malen verlängerte Frist zur Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen lief am 21. Dezember 1900 ab. Gelang es den Konzessionären, beziehungsweise Herrn Ingenieur L. Potterat, in Yverdon, welchem sie ihre Rechte an die Konzession abgetreten hatten, diese Frist einzuhalten, so lag kein Anlaß vor, die neuen Konkurrenten besser zu halten, als die ehemaligen Mitbewerber der Herren Ludwig & Schöpfer. Erschien dagegen beim Ablauf jener Frist die im Jahre 1892 konzessionierte Bahn immer noch nicht als gesichert, so würde die Billigkeit verlangen, bevor man dem bisherigen Konzessionär eine Verlängerung der Frist bewilligte, die inzwischen eingereichten Gesuche zur Vergleichung heranzuziehen und über sämtliche Konkurrenzprojekte eine neue Entscheidung zu treffen.

Am 17. Dezember 1900 stellte nun Herr Ingenieur L. P o t t e r a t in Yverdon das Gesuch, es möchten ihm die F r i s t e n zur Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten, für eine Eisenbahn von Martigny -Ville über Salvan nach Châtelard und von Martigny-Ville nach Martigny-

937 Bourg einerseits, und für eine Drahtseilbahn von Vernayaz nach Gueuroz anderseits, welche durch Bundesbeschluß vom 29. März 1893 (B. A. S. XII, 282) konzessioniert worden war und die nur die Verbindung Vernayaz' mit der Bahn Martigny-Salvan-Châtelard bezweckte, bis zum 21. Dezember 1902 v e r l ä n g e r t werden.

Dem Gesuche fügte er ein Memorial bei, in welchem er ausführte, daß die Inbetriebsetzung der französischen Anschlußstrecke nicht vor dem Frühjahr 1905 zu erwarten sei; bis dahin sei es ihm aber unter allen Umständen möglich, auch die Linie MartignySalvan-Châtelard dem Verkehr zu übergeben.

Das Eisenbahndepartement brachte das Fristverlängerungsgesuch dem Staatsrat des Kantons Wallis mit dem Bemerken zur ö Kenntnis, es sei der Ansicht, daß die Behörden nur e i n e m der vier Gesuche (Potterat, Défayes, Palaz, Flesch) entsprechen sollten.

Denn einerseits bestehe wohl kein Bedürfnis nach Ausführung zweier oder mehrerer Bahnverbindungen zwischen dem Rhonethal und Châtelard, und anderseits dürfte die Konzessionierung mehrerer Bahnen nur geeignet sein, deren Finanzierung zu erschweren, beziehungsweise zu verunmöglichen. Das Departement ersuche daher die Kantonsregierung, sich über diese Frage so bald als möglich zu äußern.

Der Staatsrat antwortete unterm 25. Februar 1901, er habe beschlossen, an seiner Vernehmlassung betreffend das Gesuch des Herrn Flesch festzuhalten, wonach die Bundesbehörden ersucht werden, wenigstens z u r Z e i t nicht auf das Gesuch einzutreten.

Ferner beantrage er, für die Eisenbahn Martigny-Salvan-Châtelard und Martigny-Ville-Martigny-Bourg, sowie für die Drahtseilbahn Vernayaz-Gueuroz keine Fristverlängerung mehr zu bewilligen, da die bisherigen Bemühungen der Herren Ludwig & Schöpfer um das Zustandekommen der Bahn gänzlich erfolglos gewesen seien und eine neue Verlängerung nachteilig wäre für die ändern Projekte, welche den lokalen Interessen wie denjenigen des Kantons besser entsprächen. Denn sowohl das Projekt der Herren Défayes und Konsorten, wie dasjenige des Herrn Palaz, verdiene den Vorzug vor demjenigen des Herrn Potterat. Diese beiden Projekte schlössen übrigens einander gar nicht aus, da jedes besonderen Interessen diene. Wenn beide zur Ausführung gelangen würden, müßte der ganze Kanton aus dem vermehrten Fremdenzufluß Nutzen ziehen. Der Staatsrat hoffe daher, daß die Bundesbehörden sowohl dem Gesuche der Herren Défayes und Mithafte, wie demjenigen des Herrn Palaz entsprechen werden.

938 Dieser Ansicht konnte aber das Eisenbahndepartement und können auch wir nicht beipflichten. Einmal verdiente, wenn man das Tracé über Salvan wählte, Herr Potterat mit der früheren Konzession aus Gründen der Anciennetät und der Billigkeit den Vorzug vor den Herren Défayes und Konsorten. Sodann hat Herr Palaz erklärt, daß er auf die Konzession für die Linie über die Forelaz verzichten müßte, wenn gleichzeitig auch eine Konkurrenzlinie über Salvan -- sei es durch Erteilung einer neuen Konzession an die Herren Défayes und Mithafte, sei es durch Verlängerung der Frist für Herrn Potterat -- zugelassen würde. Dazu kommt, daß das Projekt des Herrn Palaz laut dessen schriftlicher Mitteilung vom 9. Mai 1900 und seitherigen wiederholten mündlichen und schriftlichen Erklärungen finanziell so gut wie gesichert ist, während das Finanzkonsortium, welches hinter den Herren Défayes und Mithafte steht, erst auf Grund weiterer Studien sich über die Finanzierung des Unternehmens definitiv schlüssig machen will. Ebensowenig besteht für das Projekt Potterat, dessen Realisierung den frühern Konzessionsinhabern trotz vielfacher Anstrengungen in einem Zeitraum von neun Jahren nicht geglückt ist, keine ebenso begründete Aussicht, wie sie für das Projekt Palaz nachgewiesen erscheint. Aus diesen Gründen verdient unseres Erachtens das Projekt Palaz gegenüber der bestehenden Konzession, wie gegenüber dem Projekte Défayes und Konsorten den Vorzug. Das Projekt Flesch kann von vornherein nicht in Betracht kommen, weil die Einrichtung des élévateur-transbordeur nach dem Bericht unseres Eisenbahndepartements zu abenteuerlieh erscheint, als daß ohne genauere Planrorlagen die Konzession dafür erteilt ·werden könnte.

Über die militärische Bedeutung der Eisenbahnverbindung zwischen Ehonethal und Chamonix haben wir seiner Zeit das Militärdepartement angehört und dessen Bericht den Akten betreffend das Konzessionsbegehren Ludwig & Schöpfer beigefügt.

Eine Kopie desselben liegt auch heute bei, wie ein weiteres Schreiben des Militärdepartements vom 20. dieses Monats. Da uns die volkswirtschaftlichen Interessen zu überwiegen scheinen, halten wir die Erteilung der Konzession für angezeigt. Immerhin haben wir in Artikel 7 die auch in der bisherigen Konzession enthaltene Verpflichtung zur Anbringung von Vorrichtungen filicine Zerstörung
der Linie im Kriegsfalle aufgenommen.

Unsere Stellungnahme zu gunsten des Projektes Palaz wird uns noch besonders erleichtert durch den Umstand, daß Herr Palaz mit Herrn Potterat, dem Rechtsnachfolger der Herren Ludwig

939 und Schöpfer, eine schriftliche Übereinkunft getroffen hat, welche bei den Akten liegt und laut welcher sich Herr Palaz verpflichtet, für den Fall, daß seinem Konzessionsgesuche entsprochen und sein Projekt realisiert werde, Herrn Potterat die sehr bedeutenden Auslagen zu ersetzen, welche dieser für Erwerbung der Konzession, für Studien etc. gehabt hat.

Die konferenziellen "Verhandlungen fanden am 18. dieses Monats statt und endigten mit der einstimmigen Annahme des nachstehenden Konzessionsentwurfes. Dabei wurde sowohl seitens des Konzessionsbewerbers, als seitens des Vertreters der kantonalen Regierung der Wunsch ausgesprochen, daß das Gesuch noch in der Märzsession behandelt und erledigt werden möchte. Wir schließen uns diesem Wunsche an und beehren uns, den Beschlußentwurf mit folgenden Bemerkungen zu begleiten.

Die V a r i a n t e ü b e r B o v e r n i e r ist vom Konzessionsbewerber nachträglich fallen lassen geworden. Für die Taxbildung zerfällt das Tracé in eine Thalstrecke und eine Bergstrecke. Die letztere wird voraussichtlich bei Martigny-Bourg, beziehungsweise da beginnen, wo das Trace in die Steigung übergeht.

Durch A r t i k e l 14 wird dem Konzessionär das Recht eingeräumt, den Betrieb auf der Bergstrecke vom 1. Oktober bis 15. Mai einzustellen.

Den schwierigen Bau- und Betriebsverhältnissen angemessen, werden die Taxen in den A r t i k e l n 16 und 18 für die Bergstrecke auf 90 und 60 Rappen für den Personenverkehr, auf 60 Rappen pro 100 Kilogramm für den Gepäckverkehr und auf 30 und 15 Rappen für den Güterverkehr angesetzt. Für die Thalstrecke dagegen sollen die für gewöhnliche elektrische Bahnen üblichen Taxen zur Anwendung kommen.

Die Vorbehalte der Walliser Behörden werden, soweit sie nicht im Konzessionsentwurf berücksichtigt werden konnten, anläßlich der Vorlage der Statuten und der Baupläne ihre Erledigung finden. Zum Teil hat sich der Konzessionsbewerber in den konferenziellen Verhandlungen mit denselben ausdrücklich einverstanden erklärt.

940 Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschloßentwurf zur Annahme empfehlen, benutzen wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 16. April

1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der V i z e p r ä s i d e n t :

Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

941

(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Martigny über die Forclaz nach Chatelard (Grenze).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Herren C. Défayes, Nationalrat, in Martigny, und Mithafte, vom 20. Mai 1899 ; 2. einer Eingabe des Herrn A. Palaz, Ingenieur, in Lausanne, vom 8. Februar 1900 ; 3. einer Eingabe des Herrn L. Flesch, Ingenieur, in Territet.

vom 7. Juli 1900; 4. zweier Eingaben des Herrn L. Potterat, Ingenieur, in Yverdon vom 17. Dezember 1900; 5. einer Botschaft des Bundesrates vom 16. April 1901, beschließt: I. Dem Herrn A. P a l a z , Ingenieur, in Lausanne, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Schmalspurbahn von M a r t i g n y (Station J.-S.) über die F o r c l a z nach C h a t e l a r d (Grenze) unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt:

942 Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Martigny-Bourg.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. o. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 3 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist jede Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführongsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Für die rechtzeitige und nachhaltige Zerstörung der Bahn im Kriegsfalle sind zureichende Vorkehren zu treffen. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Siche'rheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Der Bundesrat ist ermächtigt, der Gesellschaft die Legung einer dritten Schiene zwischen Martigny (Station J.-S.) und Martigny-Bourg zum Zwecke der Beförderung von normalspurigen Güterwagen zu gestatten.

943 Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Wallis und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck und Gütern. Zum Viehtransport ist sie nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat der schweizerischen Eisenbahnen zu rungen nötig findet, können solche dem sie vom Bundesrat genehmigt

sich dem Transportreglement unterziehen. Wenn sie Ändeerst eingeführt werden, nachworden sind.

Art. 14. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Der Betrieb der Bergstrecke Martigny-Bourg-Châtelard (Grenze) kann auf die Zeit vom 15. Mai bis 30. September beschränkt werden.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Art. 15. Die Gesellschaft wird zur PersonenbeförderungWagen mit zwei Klassen aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muß. In der Regel sind allen Personenzügen Plätze beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch ·denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

944

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen per Kilometer der Bahnlänge Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : a. auf der Thalstrecke : in der zweiten Wagenklasse 20 Rappen ; in der dritten Wagenklasse 10 Rappen; b. auf der Bergstrecke : in der zweiten Wagenklasse 90 Rappen; in der dritten Wagenklasse 60 Rappen.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche /wischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in beiden Wagenklassen zu zahlen.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer auf der Thalstrecke und 60 Rappen auf der Bergstrecke bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20% niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem ßundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillete zu reduzierter Taxe auszugeben.

Für die Bevölkerung der Bezirke Martigny und Entremout bleiben ermäßigte Taxen vorbehalten.

Art. 17. Arme, welche als solche durch Zeugnis einer zuständigen Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste per 100 Kilogramm und per Kilometer auf der Thalstrecke nicht über 6 Rappen und auf der Bergstrecke nicht über 30 Rappen, die niedrigste auf der Thalstrecke nicht über 4 Rappen und auf der Bergstrecke nicht über 15 Rappen betragen soll.

945

Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind zu der niedrigsten Taxe zu befördern.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Eabatt.

Die der Industrie und der Landwirtschaft hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe um 100 % des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahr' zeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüehten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen Bundesblatt. 53. Jahrg. Bd. II.

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946 repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht eine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Aufrundung auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 16 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden

947 Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 26. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Wallis, gelten folgende Bestimmungen: ,, a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Mai eines Jahres erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1935 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1935 und Ï. Mai 1950 erfolgt, den 22y2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1950 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die ·durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

4. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche

948 auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Hat der Kanton Wallis den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es in Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

II. Auf die Gesuche a. des Herrn Nationalrat Défayes und Mithafte betreffend die Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Martigny über Vernayaz-Salvan nach Châtelard ; b. des Herrn L. Flesch betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Vernayaz über Sai van nach Finshauts; c. des Herrn L. Potterat betreffend Fristverlängerung für eine Eisenbahn von Martigny-Ville nach Châtelard und von Martigny-Ville nach Martigny-Bourg ; d. des Herrn L. Potterat betreffend Fristverlängerung für eine Drahtseilbahn von Vernayaz nach Gueuroz, wird nicht eingetreten.

III. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher mit dem Tage seiner Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn von Martigny über die Forclaz nach Châtelard (Grenze).

(Vom 16. April 1901.)

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