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zu 88.032

Botschaft über die Datenbearbeitung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Zusatzbotschaft zum Datenschutzgesetz) vom 16. Oktober 1990

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen in Ergänzung der Botschaft zum Datenschutzgesetz vom 23. März : 1988 (BB1 1988 II 413) eine Botschaft über die Datenbearbeitung auf dem Gebiet der Strafverfolgung mit dem Antrag, den Entwürfen zu einer Änderung des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege und zu einer Änderung des Strafgesetzbuches zuzustimmen.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, folgenden parlamentarischen Vorstoss teilweise abzuschreiben: 1989 M (II) zu 89.006 Datenschutz im Bereich der Bundesariwaltschaft, Ziffern 1-3 (Kommission beider Räte; N 11.12.89/S 13.12.89) Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und : Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

16. Oktober 1990

1990-608

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Koller Der Bundeskanzler: Buser

55 Bundesblatt. 142.Jahrgang. Bd. III

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Übersicht Bei der Beratung des Datenschutzgesetzes hatte der Ständerat die im Anhang des Gesetzes vorgeschlagene Änderung des Strafprozesses und des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen zurückgestellt. In den entsprechenden Revisionsvorschlägen des Bundesrates waren datenschutzrechtliche Garantien im Bundesstrafverfahren und beim Informationsaustausch mit INTERPOL vorgesehen gewesen. Der Ständerat wollte die Beratungen dieser Bestimmungen erst nach Abschluss der Arbeit der Parlamentarischen Untersuchungskommission für die Überprüfung der Amtsführung im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (PUK) wieder aufnehmen, damit die Ergebnisse der Untersuchung in die Revision einfliessen konnten. In der Folge haben denn auch die Eidgenössischen Räte, gestützt auf einen Antrag der PUK, mit einer Motion den Erlass von Datenschutzbestimmungen im Bereich der Bundesanwaltschaft verlangt. Des weiteren hat sich im Anschluss an die Untersuchung der PUK das Bedürfnis gezeigt, für besonders heikle Datenbearbeitungen im polizeilichen Bereich gesetzliche Grundlagen zu schaffen.

, .

, Die vorliegende Zusatzbotschaft zum Datenschutzgesetz beinhaltet zwei Gesetzgebungsvorhaben, über die gesondert Beschluss zu fassen ist. Mit der Änderung des Bundesstrafprozesses sollen auch im gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren datenschutzrechtliche Grundsätze verankert werden; es werden aber auch neue, präzise gesetzliche Grundlagen für Zwangsmassnahmen der gerichtlichen Polizei geschaffen. Zum grössten Teil waren diese Bestimmungen schon in der Botschaft zum Datenschutzgesetz enthalten. Mit einer Änderung des Strafgesetzbuches soll die gesetzliche Grundlage für den Informationsaustausch zwischen Bund und Kantonen auf dem Gebiet der Strafverfolgung geschaffen werden. Es handelt sich dabei um Bestimmungen über das automatisierte Fahndungssystem RIPOL, den Datenaustausch über INTERPOL, den Erkennungsdienst der Bundesanwaltschaft sowie die Erteilung von Auskünften über hängige Strafverfahren.

Die vorgeschlagenen Regelungen nehmen in keiner Weise die zur Zeit laufenden Arbeiten für eine Reorganisation der Bundesanwaltschaft und den Erlass eines Staatsschutzgesetzes vorweg (Projekt BASIS). Sie beschränken sich auf Probleme der polizeilichen Datenbearbeitung, die sich unabhängig von der künftigen Organisation der Bundesanwaltschaft und der Bundespolizei stellen und für die eine Lösung vordringlich ist.

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Botschaft I

Ausgangslage

II

Die Beratung des Datenschutzgesetzes im Ständerat

Am 13. und 14. März 1990 hat der Ständerat als Erstrat Botschaft und Entwurf zum Datenschutzgesetz1)*) beraten und angenommen. Dabei hat er den Anhang zum Daterischutzgesetz nur teilweise beraten; die Revision des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege (BStP) und des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (ÏRSG) stellte er zurück2). Mit der Änderung dieser beiden Gesetze wollte der Bundesrat in Bereichen,1 die nicht unter das allgemeine Datenschutzgesetz fallen3), gewisse Datenschutzgarantien verankern. Zugleich sollten gesetzliche Grundlagen für polizeiliche Zwangsmassnahmen geschaffen werden. Diese Massnahmen, die heute allein auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden können, vermögen die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ebenso stark zu beeinträchtigen wie eine Datenbearbeitung durch die Polizei4).

Die vorberatende Kommission des Ständerates hatte die Beratungen über Bundesstrafprozess und Rechtshilfegesetz zurückgestellt, weil sie einerseits aufgrund von Äusserungen Von Strafprozessexperten der Meinung war, es müssten noch andere Formen der polizeilichen Datenbearbeitung, etwa die Rasterfahndung, genauer untersucht und allenfalls geregelt werden und sie anderseits die Ergebnisse der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) in die Gesetzesberatungen einfliessen lassen wollte.

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Die Motion «Datenschutz im Bereich der Bundesanwaltschaft» der PUK

Die Parlamentarische Kommission zur Untersuchung der Amtsführung im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement hat unter anderem die Informationsbearbeitung im Bereich der politischen Polizei überprüft. Neben andern Vorstössen betreffend die Verstärkung der parlamentarischen Aufsicht wurde mit der folgenden Motion (Ziff. 1-3) die Reorganisation der Bundesanwaltschaft und die Verbesserung der Rechtshilfe gefordert5).

Datenschutz im Bereich der Bundesanwaltschaft Der Bundesrat wird beauftragt, unverzüglich Datenschutzbestimmungen im folgenden Sinne zu unterbreiten oder zu erlassen: 1. Für die Erfassung von Daten und Informationen sind genaue Kriterien aufzustellen; insbesondere der polizeiliche Generalauftrag ist für die praktische Anwendung regelmässig neu zu definieren.

2. Soweit nicht zwingende 'Gründe des Staatsschutzes dagegen sprechen, ist den Betroffenen ein Einsichts- und :Berichtigungsrecht einzuräumen.

*) Die Anmerkungen befinden sich am Schluss der Botschaft.

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Gegen die Verweigerung der Einsichtnahme und der Berichtigung ist ein Rechtsmittel an eine richterliche Instanz vorzusehen.

3. Überholte Einträge und Dokumente sind zu vernichten.

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Die Projektorganisation BASIS

Um die parlamentarischen Vorstösse, die im Zusammenhang mit den Arbeiten der PUK eingereicht worden sind, umzusetzen, hat der Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD) eine breit angelegte Projektorganisation eingesetzt. Deren Aufgabe ist es, Vorschläge zur Reorganisation der Bundesanwaltschaft und zur Verbesserung der Amts- und Rechtshilfe zwischen dem Bund einerseits und den Kantonen und ausländischen Staaten anderseits zu unterbreiten. Diese Vorschläge sollen nachher gesetzgeberisch umgesetzt werden und namentlich als Grundlage für die Erarbeitung eines Staatsschutzgesetzes dienen.

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Bedeutung der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen im Rahmen der Reorganisation der Bundesanwaltschaft

Mit den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen soll die Reorganisation der Bundesanwaltschaft nicht vorweggenommen werden. Die Vorarbeiten für ein Staatsschutzgsetz und die Abklärungen, ob für die weitere polizeiliche Tätigkeit des Bundes, insbesondere die Zentralstellendienste der Bundesanwaltschaft,6), ein Polizeigesetz erarbeitet werden soll, werden im Rahmen der Projektorganisation BASIS durchgeführt. Die hier unterbreiteten Vorschläge sind auch nicht als erste Etappe einer Gesamtrevision des Bundesstrafprozesses konzipiert. In materieller Hinsicht handelt es sich bei der vorliegenden Botschaft im wesentlichen um spezifische Datenbearbeitungsvorschriften, welche die Grundsätze des allgemeinen Datenschutzgesetzes im Tätigkeitsbereich der Bundesanwaltschaft näher ausführen. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen betreffen zudem nur solche Probleme, die bereits heute hinreichend erkannt sind. Sie präjudizieren die Arbeiten an der Neuordnung der Bundesanwaltschaft nicht, weil sie keine direkten Auswirkungen auf die Behördenorganisation auf diesem Gebiet haben.

Der Bundesrat verkennt allerdings nicht, dass die vorgeschlagene Revision des Bundesstrafprozesses unter gesetzgebungspolitischen und -ökonomischen Gesichtspunkten heute in einem etwas andern Licht erscheint als noch bei der Verabschiedung der Botschaft zum Datenschutzgesetz im Frühjahr 1988. Die Arbeiten im Rahmen des Projektes BASIS für eine Neuorganisation der Bundesanwaltschaft werden voraussichtlich nämlich auch Änderungen des Bundesstrafprozesses nach sich ziehen, insbesondere darum, weil die Funktionen von Bundesanwaltschaft und Bundespolizei entflochten werden sollen. Es kann deshalb die Situation eintreten, dass innert relativ kurzer Zeit nach Verabschiedung der hier vorgeschlagenen Revision des Bundesstrafprozesses dieser ein zweites Mal geändert werden muss. Wenn der Bundesrat den Räten nun gleichwohl mit dieser Botschaft eine erste Revision des Bundesstrafprozesses vorschlägt, dann darum, weil sich das Parlament, das heisst die ständerätliche Kommission zur 1224

Vorbereitung des Datenschutzgesetzes, bereits einmal mit der Materie befasst hat. Zudem ist es sinnvoll, die Datenschutz- und Verfahrensgrundsätze für das gerichtspolizeiliche Ermittlungsverfahren nun einmal zu bereinigen. Dies rechtfertigt sich umso mehr, als der Ausgang der Bemühungen um die Neuorganisation der Bundesanwaltschaft und der Bundespolizei angesichts der politischen Brisanz der Materie noch nicht endgültig vorausgesehen werden kann.

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Hauptmerkmale der Vorlage

Die Revisionsvorschläge lassen sich im wesentlichen in zwei Gruppen einteilen.

Ein erstes Reyisionspaket enthält Datenbearbeitungsvorschriften für die gerichtliche Polizei des Bundes und gesetzliche Grundlagen fiir polizeiliche Zwangsmassnahmen. Eine zweite Gruppe von Bestimmungen regelt die polizeiliche Informationstätigkeit der Bundesbehörden zugunsten von Kantonen und ausländischen Staaten. So soll das polizeiliche Fahndungssystem RIPOL, welches vom Buhdesamt für Polizei geführt wird, eine gesetzliche Grundlage erhalten.

Gleiches gilt für die systematische Informationsvermittlung der Bundesanwaltschaft. Diese stellt heute als Nationales Zentralbüro die Verbindung zwischen den schweizerischen Polizeiorganen und INTERPOL dar und bearbeitet für schweizerische und ausländische Behörden erkennungsdienstliche Daten; 1 sie führt zudem neben dem Strafregister auch ein Verzeichnis hängiger Verfahren, aus welchem sie den Strafjustizbehörden Mitteilung macht. Diese Informationsbearbeituhg, die zu einem wesentlichen Teil besonders schützenwerte Daten beinhaltet, bedarf nach den Grundsätzen des Datenschutzgesetzes ebenfalls einer Regelung im Gesetz.

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Änderung des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege

Die allgemeinen Ausführungen zur Revision des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege7) (BStP) sowie die Begründungen, der einzelnen Bestimmungen sind aus der Botschaft zum Datenschutzgesetz übernommen und nur soweit erforderlich präzisiert und ergänzt worden.

Nach seinem Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe e findet das Datenschutzgesetz keine Anwendung auf Strafverfahren, mithin auch nicht auf Verfahren nach dem BStP. Der Grund liegt darin, dass der Bundesstrafprozess selbst schon gewisse Garantien betreffend die Erhebung, Verwendung und Weitergabe der Personendaten vorsieht (z. B. die Bestimmungen über die Vernehmung des Beschuldigten, Art. 39 ff.). Auch müssen die Informationsrechte der an einem Bundesstrafverfahren beteiligten Personen in den einzelnen Verfahrensstadien notwendigerweise verschieden ausgestaltet sein. Eine zusätzliche Anwendung der allgemeinen Datenschutzregeln würde unter diesen Umständen das strafprozessuale Verfahren erschweren und unübersichtlich machen.

Der Bundesstrafprozess ist zwar in den letzten Jahren verschiedentlich revidiert worden. Dabei wurde namentlich die richterliche Kontrolle strafprozessualer Handlungen ausgebaut. Die1 materiellen Grundsätze des Strafprozessrechts sind 1225

jedoch in den letzten 50 Jahren dieselben geblieben. Das bedeutet unter anderem, dass für das gerichtspolizeiliche Ermittlungsverfahren als erste Phase eines Strafverfahrens im Gegensatz zu den nachfolgenden Verfahrensabschnitten eigentliche Normen über die Datenbearbeitung bis heute fehlen. Da polizeiliche Informationen häufig besonders : schützenswerte Personendaten enthalten, soll diese Lücke nun geschlossen werden. Der Bundesstrafprozess wird demzufolge mit Bestimmungen über die Rechtshilfe, die Erhebung polizeilicher Daten, deren Weitergabe und Vernichtung ergänzt; zudem wird ein Auskunftsrecht für die betroffenen Personen vorgesehen. Wie das Datenschutzgesetz muss auch der Bundesstrafprozess technikneutral sein, da sich die Informationsbearbeitung in den nächsten Jahren auch im polizeilichen Bereich möglicherweise noch sehr stark wandeln wird. Das Gesetz kann deshalb lediglich die materiellen Leitlinien und die Rahmenbedingungen für die Informationsbearbeitung im gerichtspolizeilicheri Verfahren festlegen.

Zu diesen datenschutzrechtlichen Bestimmungen kommen einige Vorschriften über polizeiliche Zwangsmassnahmen dazu, das heisst Vorschriften über die Durchsuchung und Untersuchung von Personen sowie die erkennungsdienstliche Behandlung. Weil diese Untersuchungshandlungen \ die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ebenfalls beeinträchtigen können, sollen die Voraussetzungen für ihre Anwendung gesetzlich umschrieben und ihre Überprüfung durch die Anklagekammer des Bundesgerichts ermöglicht werden. Wenn man bei den Datenbearbeitungen strengen Legalitätsmassstäben folgt, müssen diese auch für die Zwangsmassnahmen gelten. Die vorgeschlagenen Bestimmungen stellen im übrigen nichts grundsätzlich Neues dar; sie lehnen sich an kantonale Vorbilder an. Damit werden die schweren Eingriffe in die persönliche Freiheit abschliessend aufgezählt und gesetzlich verankert. Leichtere Eingriffe im Ermittlungsverfahren können nach wie vor auf die Generalklausel von Artikel 102 abgestützt werden. Vorbehalten bleibt der polizeiliche Schusswaffengebrauch, für den besondere Regeln gelten8).

Hingegen sollen vorläufig noch keine Bestimmungen über die für die polizeiliche Tätigkeit übliche Überwachung und Beschattung von Personen sowie den Einsatz von V-Leuten in den Bundesstrafprozess aufgenommen werden. Es versteht
sich, dass das Verhalten einer Person nur bei Vorliegen bestimmter Verdachtsgründe überwacht und aufgezeichnet wird. Die gerichtspolizeilichen Organe stützen sich dabei auf den allgemeinen Auftrag, Straftaten aufzudecken und zu verhindern (Art. 102 BStP). Systematische und länger andauernde:Überwachungen können allerdings einen Eingriff in die persönliche Freiheit der Betroffenen darstellen. Dies gilt ganz besonders für den Einsatz von V-Leuten, die mit Verdächtigen Kontakt aufnehmen, ohne sich als Polizeibeamte oder Informanten der Polizei zu erkennen zu geben. Ebenso wie etwa für die Durchsuchung und Untersuchung von Verdächtigten (Art. 73bis und 73ter BStP) wäre auch hier eine gesetzliche Regelung an sich erwünscht. Das Bundesgericht hat zwar in einem jüngeren Entscheid festgehalten, dass der Einsatz von V-Leuten nicht in ein durch die Verfassung oder die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) geschütztes Grundrecht eingreife und deshalb auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage zulässig sei, sofern die Eigenart der Delikte diese Art der Fahndung zu rechtfertigen vermöge und sich der V-Mann vorwie-

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gend passiv verhalte und nicht die Tatbereitschaft erst noch wecke 9 ). Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat jedoch kürzlich eine gegen diesen Entscheid eingereichte Klage zugelassen, mit welcher geltend gemacht wird, dass der Einsatz von V-Leuten ohne besondere gesetzliche Grundlage gegen die Artikel 6 und 8 der EMRK verstosse. Erst nach dem Entscheid der Europäischen Gerichtsorgane soll gegebenenfalls eine Regelung für den V-Mann-Einsatz vorgeschlagen werden.

Bis zu diesem Zeitpunkt soll auch der im Anhang zum Datenschutzgesetz vorgeschlagene Artikel 72bis, der die .Überwachung von Kundgebungen regelt, noch zurückgestellt werden. Die Frage, wieweit die Polizei Demonstrationen filmen oder fotografieren darf, ist ebenfalls seit längerem umstritten. Unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten sind solche Aufnahmen insofern problematisch, als sie erlauben, die politische Tätigkeit von Demonstrationsteilnehmern festzustellen. Eine gesetzliche Grundlage für die Aufzeichnung von Demonstrationen ist deshalb angezeigt. Allerdings hat sich in der Zwischenzeit herausgestellt, dass zusätzlich zur Regelung im Anhang des Datenschutzgesetzes auch ein Verwertungsverbot von Bildaufnahmen über Kundgebungen, bei denen die befürchteten strafbaren Handlungen ausbleiben, in Erwägung gezogen werden muss. Entsprechende Regelungen haben in der Zwischenzeit im Entwurf des Staatsrats des Kantons Freiburg vom 24. April 1990 zu'einem Gesetz über die Kantonspolizei (Art. 41 Abs. 2) und in der Verordnung des Kantons Bern vom 20. Dezember 1989 über den Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten durch die Polizei bei Massenveranstaltungen (Art. 7 Abs. 1) Aufnahme gefunden.

Artikel 27 Diese Bestimmung entspricht dem bereits im Anhang zum Datenschutzgesetz vorgeschlagenen Artikel 26bis. Die gerichtspolizeilichen Organe des Bundes sind für die Erfüllung ihrer Aufgaben in besonderem Masse auf die Mitwirkung anderer Verwaltungsstellen in Bund, Kantonen und Gemeinden angewiesen. Deshalb soll die Rechtshilfe für; das gerichtspolizeiliche Ermittlungsverfahren ausdrücklich geregelt werden. Die Bestimmung ist in Anlehnung an Artikel 30 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht10) konzipiert. Sie stellt für die Verwaltungsbehörden des Bundes eine Spezialnorm zu Artikel 16 des allgemeinen Datenschutzgesetzes dar
und geht diesem vor.

Artikel 27 erlaubt jedoch nicht etwa einen Online-Zugriff auf Datenbanken anderer Behörden. Die Rechtshilfe umfasst nach ständiger Praxis immer nur Datenbekanntgaben im Einzelfall. Der Begriff der Rechtshilfe wird hier nicht anders verwendet als im Strafgesetzbuch (StGB Art. 352 ff.).

In Absatz l wird eine generelle Rechtshilfepflicht zugunsten der Strafverfolgungsbehörden des Bundes vorgesehen. Die Pflicht gilt für alle Organe des Bundes, der Kantone und der Gemeinden. Sie umfasst die Erteilung von Auskünften und die Gewährung von Akteneinsicht. Dazu gehört auch die Edition von Unterlagen oder Gegenständen, die als Beweismittel von Bedeutung sein können (vgl. Art. 65 BStP).

: Die Pflicht zur Rechtshilfe ist indessen keine absolute. Nach Absatz 2 kann ein Organ die Rechtshilfe verweigern oder einschränken, wenn wesentliche öffentli-

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che Interessen oder offensichtlich schutzwürdige Interessen einer betroffenen Person dies verlangen (Bst. a) oder ein Berufsgeheimnis es gebietet (Bst. b).

Diese Bestimmung entspricht im wesentlichen der allgemeinen Regelung im Datenschutzgesetz (Art. 16 Abs. 3 DSG).

Entsprechend der Regelung im Verwaltungsstrafrecht gelten nach Absatz 3 für die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen die gleichen Rechtshilfepflichten wie für Behörden.

Nach Absatz 4 sollen Meinungsverschiedenheiten über, die Rechtshilfe innerhalb der Bundesverwaltung entweder vom übergeordneten Departement oder wenn die betreffenden Behörden nicht im gleichen Departement eingegliedert sind - vom Bundesrat entschieden werden. Besteht die Meinungsverschiedenheit zwischen Bundes- und kantonalen Behörden, so soll die Anklagekammer des Bundesgerichts entscheiden, welche bereits für Anstände zwischen kantonalen Behörden zuständig ist (Art. 357 StGB und Art. 252 BStP). In jenen seltenen Fällen schliesslich, wo sich gerichtliche Instanzen und Verwaltungsbehörden des Bundes über das Bestehen einer Rechtshilfepflicht uneins sind, soll eine Lösung auf dem Wege eines Meinungsaustausches zwischen Bundesrat und Bundesgericht gefunden werden.

Absatz 5 verweist auf weitere Rechtshilfebestimmungen im Strafgesetzbuch und im Gesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege, die ergänzend Anwen-, düng finden.

Artikel 29bis

Die Bestimmung entspricht teilweise dem im Anhang zum Datenschutzgesetz vorgeschlagenen Artikel 64bis BStP. Sie unterstellt die Tätigkeit der Bundesstrafbehörden einschliesslich der gerichtspolizeilichen Organe datenschutzrechtlichen Grundsätzen. Da sie grundlegende Bedeutung hat, wird sie in einem besonderen Abschnitt IV.bis den übrigen die Tätigkeit der Bundesstrafbehörden regelnden Bestimmungen vorangestellt. Neu vorgeschlagen werden in dieser Botschaft nur die Absätze l und 3, welche die Datenbearbeitung der gerichtspolizeilichen Organe und des Untersuchungsrichters noch präziser regeln.

Näher geregelt werden die Beschaffung, die Berichtigung und die Vernichtung der Daten. Die Bestimmung erstreckt sich nicht nur auf die besonders schützenswerten, sondern auf alle persönlichen Daten. Im Rahmen einer Untersuchung zur Abklärung strafbarer Handlungen, vor allem bei Einvernahmen, ist es nämlich nicht möglich, zwischen besonders schützenswerten und anderen Daten zu unterscheiden.

Einer gesetzlichen Regelung bedarf die polizeiliche Informationsbearbeitung an sich auch, wenn dabei hochleistungsfähige Informatikmittel eingesetzt werden, was namentlich bei der sogenannten Rasterfahndung zutrifft. Die Voraussetzungen für eine Rasterfahndung, insbesondere für einen Abgleich von Datensammlungen der Bundesanwaltschaft mit grösseren Datenbanken Dritter, müssten klar festgelegt werden. Die Bundesanwaltschaft arbeitet vorläufig jedoch nicht mit solchen Methoden. Sie beschränkt sich heute auf Abfragen im Rahmen der für die einzelnen Datensammlungen bestehenden gesetzlichen Vorschriften.

Wieweit die Bundesanwaltschaft künftig ihre eigenen Datensammlungen mit-

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einander verknüpfen darf, ist im Rahmen einer künftigen Polizeigesetzgebung von BASIS eingehend zu prüfen. Auf eine generelle Vorschrift über die Rasterfahndung! kann hier jedenfalls verzichtet werden.

Absatz l legt fest, zu welchem Zweck die Bundesstrafbehörden Personendaten bearbeiten dürfen, nämlich für die Verfolgung und die Beurteilung von Straftaten, die der Bundesgerichtsbarkeit unterstehen (Art. 340 StGB) oder für die ein besonderes Oberaufsichtsrecht des Bundes besteht (Art. 259 BStP). Ausser für die Aufklärung einer Straftat im engeren Sinne müssen Personendaten auch für die Beurteilung der persönlichen Aspekte des Täters - etwa im Hinblick auf die Strafzumessung - oder für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Zeugen bearbeitet werden können.

Mit dieser Bestimmung wird keine gesetzliche Grundlage für die verbrechensverhindernde Tätigkeit der sogenannten politischen Polizei geschaffen. Diese Verbrechensprävention. für die heute abgesehen von der Generalklausel in Artikel 17 Absatz 3 BStP (der vorsieht, dass die Bundesanwältschaft einen Informationsdienst betreibt) sowie den Sonderregelungen in Artikel 72 ' Absatz 2 BStP (Überwachung des Post-, Telefon- und Telegrafenverkehrs; Einsatz technischer Überwachungsgeräte) eine ausdrückliche Rechtsgrundlage fehlt, muss im Rahmen der Projektorganisation BASIS, bzw. der Staatsschutzgesetzgebung endgültig geregelt werden.

Absatz 2 hält in Anlehnung an Artikel 15 DSG fest, dass Personendaten bereits im gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren bei der betroffenen Person selbst und für diese erkennbar beschafft werden sollen. Allerdings gilt diese Regel nicht absolut. Im Interesse einer wirkungsvollen Strafuntersuchung müssen die gerichtspolizeilichen Organe von diesen Grundsätzen abweichen dürfen. Zudem muss der kriminalpolizeilichen Notwendigkeit Rechnung getragen werden, jede Angabe einer betroffenen Person nach Möglichkeit durch weitere Aussagen Dritter und Sachbeweise zu überprüfen und zu erhärten. Darauf deutet die Wendung hin, Daten müssen «auch» bei der betroffenen Person beschafft werden. In der Praxis kann auch aus Effizienzgründen einem absoluten Gebot der Transparenz bei der Datenerhebung nicht nachgelebt werden. So wäre es beispielsweise unverhältnismässig, anlässlich der Prüfung von Hotelbulletins im Ràhfneri der Aufklärung einer
Straftat alle betroffenen Gäste darüber zu informieren.

Absatz3 beruht auf zwei datenschutzrechtlichen Grundsätzen: Daten müssen richtig sein (Art. 4 Abs. 2 DSG), und das Bearbeiten von Daten muss Verhältnismassig sein (Art. 4 Abs. 3 DSG). Weiter lehnt sich die Regelung an die Bestimmung von Artikel 66 Absatz l ter BStP an, wonach die für die Untersuchung nicht benötigten Aufzeichnungen aus der Überwachung des Post-, Telefon- und Telegrafenverkehrs nach Abschluss des Verfahrens zu vernichten sind.

,Daten, deren Richtigkeit im,Sinne des vorgeschlagenen Artikel 102bls Absatz 4 bestritten ist, ohne dass sich aber deren Falschheit nachweisen lässt, können mit einem entsprechenden Bestreitungsvermerk weiterverwendet werden.

Unrichtige Daten sind grundsätzlich sofort zu berichtigen bzw. zu vernichten, wenn sie als solche erkannt werden. Mit der Formulierung «spätestens bei Abschluss des Ermittlungsverfahrens oder der Voruntersuchung» wird ein minima\

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1er Überprüfungsrhythmus festgelegt. Die von den gerichtspolizeilichen Organen und vom Untersuchungsrichter bearbeiteten Personendaten sind mindestens vor einem neuen Verfahrensabschnitt, vor der Weitergabe an das nächste zuständige Organ, auf ihre Richtigkeit und Notwendigkeit hin durchzusehen.

Dabei geht es nicht darum, die richterliche Beweiswürdigung vorwegzunehmen.

Vielmehr sollen objektiv falsche Daten berichtigt werden. Ebenso sollen, wenn anzunehmen ist, dass bestimmte Daten für das Verfahren nicht benötigt werden, diese vernichtet oder allenfalls dem Bundesarchiv abgeliefert werden (vgl. auch die Ausführungen zu Art. 102bis Abs. 3). Mit dem Vorbehalt der Ablieferungspflicht an das Bundesarchiv wird klargestellt, dass das Reglement vom 15. Juli 1966 für das Bundesarchiv n) grundsätzlich anwendbar bleibt. Spezielle Vor. Schriften über die Archivierung der von den gerichtspolizeilichen Organen und vom Untersuchungsrichter nicht benötigten Daten bestehen vorläufig nicht.

Nach Absatz 4 dürfen Daten unter bestimmten Voraussetzungen auch für andere Verfahren verwendet werden. Gerade im Bereich des organisierten Verbrechens gibt es immer wieder Informationen, die sich zwar für eine laufende Untersuchung als unerheblich erweisen, die aber in ähnlichen Fällen wertvolle Aufschlüsse geben können. Des weiteren müssen Daten aus Ermittlungen, die von den gerichtspolizeilichen Organen nicht weiterverfolgt werden können, weil diplomatische Immunität geltend gemacht wird, für eine allfällige «persona non grata»-Erklärung oder ein Ausweisungsverfahren weiterverwendet werden können. Voraussetzung für die Aufbewahrung ist jedoch immer, dass konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass die Daten in einem andern Verfahren zusätzliche Aufschlüsse geben können. Dies soll mit der neuen Formulierung noch präzisiert werden. Kommt es nach der Ermittlung zu einem förmlichen Verfahren, so werden die Ermittlungsakten nach Abschluss des eidgenössischen oder kantonalen Strafverfahrens archiviert oder vernichtet (vgl. dazu den vorgeschlagenen Art. 107bis).

.· In Absatz 5 wird der datenschutzrechtliche Grundsatz, dass Daten richtig sein müssen (Art. 4 Abs. 2 DSG), noch in einer anderen Richtung näher ausgeführt.

Der Inhaber einer Datensammlung oder das verantwortliche Organ soll jede Berichtigung oder Vernichtung von Daten
an jene Behörden und Personen weitermelden, denen diese Daten früher bekanntgegeben worden sind. Diese Regelung entspricht Artikel 64bis Absatz 2 BStP des Anhangs zum Datenschutzgesetz. Die neue Formulierung soll verdeutlichen, dass auch nachträglich in die Akten aufgenommene Bestreitungsvermerke den Empfängern der Daten mitgeteilt werden müssen. Mit der Aufnahme dieses Grundsatzes in den Abschnitt über die allgemeinen Bestimmungen wird deutlich gemacht, dass die Vorschrift auf alle Verfahrensabschnitte des Bundesstrafprozesses Anwendung findet.

Artikel 52 Da im vorgeschlagenen Artikel 105bls die Beschwerdemöglichkeiten gegen Zwangsmassnahmen generell geregelt werden, ist der zweite Satz von Absatz 2 des Artikels 52 nicht mehr nötig und kann, wie bereits im Anhang zum Datenschutzgesetz vorgesehen, aufgehoben werden.

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Artikel 73bis : Diese Bestimmung ist unverändert aus dem Anhang zum Datenschutzgesetz übernommen worden. Die Durchsuchung Von Personen wird im geltenden Recht nur im Zusammenhang mit der Hausdurchsuchung (Art. 67 Abs. l zweiter Satz BStP) erwähnt. Im übrigen muss sich die gerichtliche Polizei hierfür bis heute auf die Generalklausel von Artikel 102 BStP stützen, aufgrund welcher sie ermächtigt ist, Spuren der Vergehen festzustellen und zu sichern. Da eine Durchsuchung einen wesentlichen Eingriff in die Freiheit einer Person darstellen kann, soll hierfür nun eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage geschaffen werden.

In Absatz l werden die Voraussetzungen für eine polizeiliche Durchsuchung aufgezählt. Eine solche ist einmal zulässig, wenn die Voraussetzungen für eine Festnahme erfüllt sind (Bst.,a), das heisst bei Vorliegen eines Haftbefehls oder wenn eine vorläufige polizeiliche Festnahme sofort erfolgen muss (Art. 44 und 62 BStP). Eine Person kann ferner durchsucht werden, wenn der Verdacht besteht, dass sie Sachen bei sich trägt, die sicherzustellen sind (Bst. b). Sicherzustellende Gegenstände sind vorab solche, die der Einziehung oder Beschlagnahme unterliegen12). Die Durchsuchung kann schliesslich auch zur Feststellung der Identität (Bst. c) oder zum Schutze von Personen erfolgen, deren Urteils- und Handlungsfähigkeit beeinträchtigt ist (Bst. d).

Nach Absatz 2 ist eine Durchsuchung ferner zum Schutze von Polizeibeamten und Dritten zulässig. In diesem Zusammenhang ist vor allem i auf die völkerrechtlich gebotenen Schutzmassnahmen für Staatsoberhäupter, Regierungsmitglieder und Diplomaten bei Staatsbesuchen oder internationalen Konferenzen hinzuweisen.

Schliesslich bestimmt Absatz 3 in Anlehnung an Artikel 48 Absatz 2 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht, dass eine Durchsuchung nur von einer Person gleichen Geschlechts, einem Arzt oder einer Ärztin vorgenommen werden darf. Ausnahmen sind zulässig, wenn sonst unwiderruflicher Schaden zu befürchten ist.

Artikel 73ter

Der Artikel ist mit einer Änderung in Absatz 3 aus dem Anhang zum Datenschutzgesetz übernommen worden; Er umschreibt die Voraussetzungen, unter welchen im Rahmen von Strafverfahren Untersuchungen von Personen vorgenommen werden dürfen. Solche Untersuchungen stellen in der Regel einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar. Sie sind deshalb nach Absatz l nur zulässig, wenn sie für die Feststellung des Sachverhaltes notwendig sind (Bst. a) oder wenn allein auf diese Weise die Zurechnungs-, Verhandlungs- oder Hafterstehungsfähigkeit eines Beschuldigten abgeklärt werden kann (Bst. b).

Absatz 2 regelt die Zuständigkeit für die Anordnung einer Untersuchung. Im gerichtspolizeilichen Verfahreb hat einzig der Bundesanwalt die entsprechende Befugnis.

Für die Untersuchung nicht Beschuldigter müssen nach Absatz 3 zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sein. Solche Personen dürfen gegen ihren Willen nur

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untersucht werden, wenn anders eine für die Abklärung der Straftat wesentliche Tatsache nicht festgestellt werden kann. Anders als im Anhang zum Datenschutzgesetz vorgeschlagen, ist jedoch in Anlehnung an die neueren kantonalen Prozessordnungen (z.B. Schaffhausen, Uri, Appenzell A.-Rh., Jura, Bern) für Personen, ;die zur Zeugnisverweigerung berechtigt sind, kein sogenanntes Untersuchungsverweigerungsrecht vorzusehen.

Absatz 4 garantiert, dass die Untersuchungen nur von sachkundigen Personen durchgeführt werden. Zudem wird solchen Eingriffen eine absolute Schranke gesetzt: Sie sind nur zulässig, wenn keine Nachteile für die Betroffenen zu befürchten sind.

In Absatz 5 schliesslich wird die polizeiliche Kompetenz zur Anordnung einer Blutprobe bei dringendem Tatverdacht verankert. Die Blutentnahme kann auch von sachkundigen Hilfskräften vorgenommen werden.

Artikel 73^uateT Diese Bestimmung ist bereits im Anhang zum Datenschutzgesetz vorgeschlagen worden. Sie regelt die erkennungsdienstliche Behandlung von Beschuldigten und zu Vergleichszwecken, die zu den klassischen polizeilichen Mitteln der Verbrechensbekämpfung gehört. Unter die Massnahmen des Erkennungsdienstes fallen alle Methoden, die der Identifikation von Personen dienen. Herkömmlicherweise versteht man darunter Finger- und Handballenabdrücke, Tatortspuren, Fotografien und SignalementeI3). Die erkennungsdienstlichen Massnahmen können sich jedoch je nach Stand der Wissenschaft und Kriminaltechnik ändern. So haben in neuer Zeit Haar- und Stimmvergleich an Bedeutung gewonnen.

Mit dem vorliegenden Artikel, der:als Konkretisierung im Sinne von Artikel 30 Absatz 4 Buchstabe c DSG verstanden werden kann, soll die gesetzliche Grundlage für die Anwendung dieses wichtigen Fahndungsmittels geschaffen werden 14). Erkennungsdienstlich behandelt werden können einerseits Beschuldigte, soweit es zur Beweiserhebung notwendig ist (Bst a), und andrerseits weitere Personen, wenn auf diese Weise die Herkunft von Spuren abgeklärt weden soll (Bst. b). Die Erhebung von Schrift- und Stimmproben zu Vergleichszwecken bedarf keiner besonderen Regelung, da hier Zwangsmasanahmen ohnehin praktisch undurchführbar sind und sich die Zulässigkeit dieser Massnahmen schon aus Artikel 102 BStP ergibt.

; , Artikel 101bis

Der vorliegende Artikel ist bereits im Anhang zum Datenschutzgesetz vorgeschlagen worden. Er ist die gesetzliche Umschreibung einer bereits geltenden Praxis und entspricht im übrigen Artikel 40 des Verwaltungsstrafrechts. Förmliche Zeugeneinvernahmen werden erst vom Untersuchungsrichter durchgeführt.

Im gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren können Dritte als Auskunftspersonen einvernommen werden 15\ Dabei werden in der Praxis die Bestimmungen über das Recht zur Zeugnisverweigerung auch im Ermittlungsverfahren beachtet. Ausdrücklich erwähnt wird zudem die Pflicht der gerichtlichen Polizei, jemanden, der in der eidgenössischen Voruntersuchung das Zeugnis verweigern

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darf, auch im gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren auf dieses Recht iaufmerksäm z u machen.

, . , ' · , , , , Artikel 102bis Diese Bestimmung ist bereits im Anhang zum Datenschutzgesetz vorgeschlagen worden, Absatz l gibt - wie auch das allgemeine Datenschutzgesetz - jedermann das Recht, vom Bundesanwalt als Leiter der gerichtlichen Polizei Auskunft über die bei der gerichtlichen Polizei aufbewahrten Daten zu erhalten.

Das Auskunftsrecht ist das bedeutendste Institut des Datenschutzes. Es soll deshalb in allen Bereichen gelten, auch im gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren. Bisher sind die Einsichtsrechte der Betroffenen in diesem Verfahrensstadium nicht gesetzlich geregelt. Wenn nun die Eingriffsrechte der gerichtlichen Polizei im Gesetz festgelegt werden, muss das Gleiche auch für die Schutzbehelfe der Betroffenen gelten. Auch in der Lehre werden bessere Rechte des Betroffenen im Ermittlungsverfahren gefordert. Diesem Anliegen wird: hier auf eine neuartige Weise entsprochen.

Die Auskunft kann nach Absatz 2 eingeschränkt oder verweigert werden, wenn sie den Zweck des Ermittlungsverfahrens in Frage stellt (Bst. a) oder wenn überwiegende öffentliche Interessen, namentlich die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft (Bst. b) oder überwiegende Drittinteressen (Bst. c) entgegenstehen. Die Einschränkungen des Auskunftsrechts sind mithin fast die gleichen wie nach Artikel 6 des Datenschutzgesetzes., Das Auskunftsrecht soll nicht dazu führen, dass Delinquenten erfahren können, ob die Polizei ihnen bereits auf der Spur ist. Auch im Bereich des gerichtspolizeilichen Verfahrens muss sich ein Gesuchsteller aber nicht mit einer Auskunftsbeschränkung oder -Verweigerung abfinden. Er kann in einem solchen Fall Beschwerde bei der Anklagekammer des Bundesgerichts erheben (vgl. die Ausführungen zu .Art. 102ter).

Der Anspruch des Betroffenen nach Absatz 3, dass keine unrichtigen Daten über ihn gespeichert werden, ergibt sich bereits aus Artikel 29bis Absatz 3. Vielfach steht jedoch erst im Zeitpunkt der richterlichen Beurteilung endgültig fest, was als «falsch» oder als «richtig» zu gelten hat. Aus diesem Grund ist im gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren eine Berichtigung von1 Daten im datenschutzrechtlichen Sinne nicht immer möglich. Ein Datum muss allerdings korrigiert werden,
wenn es fälschlicherweise den Eindruck erweckt, es sei auch in materieller Hinsicht schon1 eindeutig bewiesen und es bestünden keine Zweifel mehr an seiner Richtigkeit. An die Schutzwürdigkeit des Interesses des Betroffenen für die Geltendmachung eines Berichtigungs- oder Vernichtungsanspruchs sollen in der Praxis keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden.

Immerhin muss der Betroffene ein eigenes Interesse glaubhaft machen können.

Im übrigen versteht sich von selbst, dass Daten, bei denen sich herausstellt, dass sie unrichtig sind, von Amtes wegen korrigiert, archiviert oder vernichtet werden, sollen.

Weil der Betroffene in der Regel keinen direkten Beweis für die Unrichtigkeit einer Angabe erbringen kann, obliegt es nach Absatz 4 in erster Linie der gerichtlichen Polizei, die Richtigkeit der Daten zu beweisen. Für den Fall, dass weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit eines Datums bewiesen werden

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kann, ist die Möglichkeit des Bestreitungsvermerks vorgesehen. Eine ähnliche Lösung kennen bereits die Polizeigesetze der Kantone Waadt und Wallis. Sie entspricht auch allgemeinen strafprozessualen Grundsätzen.

Artikel 102ter Im Anhang zum Datenschutzgesetz (Art. 102ter) ist vorgeschlagen worden, dass der Datenschutzbeauftragte überprüfen und allenfalls die Anklagekammer des Bundesgerichts entscheiden lassen kann, ob der Bundesanwalt zu Recht ein Auskunfts-, Berichtigungs- oder Löschungsgesuch des Betroffenen abgelehnt hat. Der Datenschutzbeauftragte sollte hier gleichsam als eine Art Treuhänder der betroffenen Person handeln und gewährleisten, dass diese den gleichen Persönlichkeitsschutz in Anspruch nehmen kann, wie sonst in einem Verwaltungsverfahren (vgl. auch Ausführungen zu Art. 102bis).

Diese Vermittlerfunktion des Datenschutzbeauftragten ist von Seiten von Strafprozessexperten wiederholt als Fremdkörper im Bundesstrafprozessrecht und als den übrigen Reformbestrebungen bezüglich der Verteidigungsrechte des Beschuldigten zuwiderlaufend kritisiert worden. Der Vorschlag wird deshalb nicht wieder aufgenommen. Statt dessen soll dem Betroffenen für die Durchsetzung seiner Rechte ein ordentliches Rechtsmittel zur Verfügung gestellt werden. Er soll bei der Anklagekammer des Bundesgerichts Beschwerde erheben können.

Diese Regelung erscheint auch sachgerecht, weil das Bundesgericht im Bereich des Ermittlungsverfahrens bereits gewisse Aufgaben erfüllt (im Haftrecht, bei der amtlichen Überwachung und Entsiegelung) und mit der vorliegenden Revision des Bundesstrafprozesses generell noch mehr Kompetenzen auf diesem.

Gebiet erhalten soll. Die Anklagekammer kann, soweit es für ihren Entscheid notwendig ist, Einblick in die Akten der gerichtlichen Polizei nehmen.

Artikel ;02«uato Dieser Artikel ist im Vergleich zur Fassung, die im Anhang zum Datenschutzgesetz enthalten war, in Absatz l Buchstabe b sowie mit einem neuen Absatz 2 ergänzt worden.

i Polizeilich erhobene Daten sind zu einem grossen Teil besonders schützenswert; ihre Weitergabe ist auf das Notwendige zu beschränken. In Absatz l werden deshalb nach dem Vorbild verschiedener kantonaler Regelungen jene Behörden aufgezählt, denen die gerichtspolizeilichen Organe Daten bekanntgeben können.

Die Fassung von Artikel I02quater Absatz l im Anhang
zum Datenschutzgesetz bedarf einer Ergänzung in Buchstabe b: Wenn eidgenössische und kantonale Verwaltungsstellen bei der Erfüllung ihrer Polizeiaufgaben auf Daten aus gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren angewiesen sind, sollen diese ihnen bekanntgegeben werden. Mit dieser Ergänzung werden die inländischen Verwaltungsstellen den Verwaltungsstellen ausländischer Staaten (Bst. d) gleichgestellt.

Mit Absatz 2 wird neu vorgeschlagen, dass zum Schutz vor unmittelbar drohenden Gefahren Daten aus dem gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren auch weiteren Behörden sowie privaten Personen im In- und Ausland bekanntgegeben werden können. Diese Regelung soll z. B. sicherstellen, dass die gerichtli-

1234

che Polizei, wenn ihr bekannt ist, dass ein Asylbewerber von: seinem Heimatstaat bespitzelt wird und ihm dadurch Gefahr droht, sowohl :den Asylbewerber als auch das Bundesamt für Flüchtlinge informieren kann. Mit Absatz 2 soll aber nicht eine Rechtsgrundlage für eine über die Warnung hinausgehende präventive Tätigkeit geschaffen werden.

Absatz 3 entspricht Artikel 102iuater Absatz 2 im Anhang zum Datenschutzgesetz und enthält einen Vorbehalt zugunsten weiterer Rechtshilfevorschriften. Es handelt sich dabei insbesondere um die Artikel 352 ff. des Strafgesetzbuches, die vor allem das Rechtshilfeverfahren regeln, sowie die Artikel 19 und 30 des Verwältungsstrafrechts, welche die Anzeigepflicht der Behörden! und deren Verpflichtung zur Rechtshilfe regeln. Die Rechtshilfe gegenüber den Organen der militärischen Gerichtsbarkeit bestimmt sich nach den Artikeln 18 ff. des Militärstrafprozesses.

Artikel 105bis

Gegenwärtig unterstehen nur einzelne Massnahmen des Bundesanwaltes einer richterlichen Überprüfung, so die Abweisung eines Haftentlassungsgesuchs (Art. 52), die Überwachung des Post-, Telefon- und Telegrafenverkehrs (Art. 66bis) und die Durchsuchung von Papieren (Art. 69 Abs. 3 BStP). Für die übrigen Zwangsmassnahmen, wie Beschlagnahme und Durchsuchung ist bislang keine unmittelbare richterliche Kontrolle vorgesehen. Nach Absatz l sollen die betroffenen Personen künftig die Möglichkeit haben, Zwangsmassnahmen von der Anklagekammer des Bundesgerichts überprüfen zu lassen. Über die im Anhang zum Datenschutzgesetz vorgeschlagene Änderung hinaus sollen zudem wie im Verwaltungsstrafverfahren (vgl. Art. 26 Abs. l VStrR) auch mit Zwangsmassnahmen zusammenhängende weitere Amtshandlungen bei der Anklagekammer angefochten werden können. Die betroffene Person soll beispielsweise gegen die Überwachung ihres Telefons Beschwerde führen können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Anklagekammer in das untersuchungsrichterliche Ermessen eingreifen oder jede Untersuchungshandlung auf ihre Angemessenheit prüfen soll. Eine Änderung der geltenden Praxis der Anklagekammer16) ist nicht beabsichtigt.

Artikel J07bis

Abgesehen von redaktionellen Änderungen und einer Ergänzung in Artikel 107bis Absatz 2 ist diese Bestimmung unverändert aus dem Anhang zum Datenschutzgesetz übernommen worden.

Nach Absatz l soll die Bundesanwaltschaft die Akten nach Abschluss des eidgenössischen oder kantonalen Verfahrens vernichten oder archivieren. Vernichtet können Akten des gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahrens allerdings nur in beschränktem Umfang werden. Vielfach müssen sie im Hinblick auf allfällige Revisions- und Entschädigungsverfahren17) aufbewahrt werden. Zudem besteht zum Teil das Bedürfnis, sie zu statistischen Zwecken auszuwerten. Ferner müssen Erkenntnisse über erfahrungsgemäss langfristig angelegte nachrichtendienstliche Operationen, die teilweise in Ermittlungsverfahren nach dem Bundesstrafprozess gesammelt werden, lange aufbewahrt bearbeitet und ausgewertet werden:können. Gleiches gilt für die Terrorismus- und die Drogenbekämp-

1235

fung, wo Erkenntnisse über weitverzweigte Beziehungsnetze nötig sind. Vorbehalten bleiben schliesslich gesetzliche Aufbewahrungsvörschriften. So hat der Bundesanwalt die Akten der eingestellten Untersuchungen aufzubewahren (Art. 124 BStP). Für all diese Fälle sieht Absatz l deshalb die Möglichkeit der Archivierung vor. Zudem bestehen aufgrund des Reglements vom 15. Juli 1966 für das Bundesarchiv Ablieferungspflichten zugunsten des Bundesarchivs.

Absatz 2 schränkt die Verwendung archivierter Akten ein. Sie dürfen von der Bundesanwaltschaft nur im Zusammenhang mit einem andern Verfahren oder für nicht personenbezogene Zwecke, das heisst namentlich für Statistiken benutzt werden. Voraussetzung ist jedoch immer, dass konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass die Daten in bestimmten andern Verfahren zusätzliche Aufschlüsse geben können. Dies soll mit dem entsprechenden Zusatz in dieser im übrigen bereits im Anhang zum Datenschutzgesetz vorgeschlagenen Regelung noch präzisiert werden.

Nach Absatz 3 wird der Bundesrat die Einzelheiten in der Verordnung regeln.

Dabei wird er namentlich festlegen, wie die Archivierung organisiert werden muss.

5

Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches

51

Amtshilfe im Bereich der Polizei: RIPOL, INTERPOL und Identifikation von Personen

511

Standort der vorgeschlagenen Bestimmungen

Die vorgeschlagenen Bestimmungen über das Fahndungssystem RIPOL und über die Zusammenarbeit im Rahmen von INTERPOL sowie bei der Identifikation von Personen stellen Amtshilferegelungen für den Bereich der Polizei dar. Diese sollen im Schweizerischen Strafgesetzbuch (StGB)18) im gleichen Titel, der auch Rechtshilfebestimmungen enthält, in einem neuen Abschnitt zusammengefasst werden. Es wird deshalb für den vierten Titel des dritten Buches des Strafgesetzbuchs ein neuer Abschnitt 2bis «Amtshilfe im Bereich der Polizei», bestehend aus den Artikeln 351bis (RIPOL), 35lter_ 35 isexies (INTERPOL) und 351sePties (Identifikation von Personen) vorgeschlagen.

In der Botschaft zum Datenschutzgesetz war noch vorgesehen, die Regeln über die Zusammenarbeit im Rahmen von INTERPOL ins Bundesgesetz vom 20. März 198l1') über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG) aufzunehmen. Da mit der vorliegenden Zusatzbotschaft nun auch eine gesetzliche Regelung für das automatisierte Fahndungssystem RIPOL vorgeschlagen wird und die nationale und internationale Amtshilfe im Bereich der Polizei mit Vorteil im gleichen Erlass geregelt werden, sollen die entsprechenden Bestimmungen nicht mehr ins IRSG, sondern ebenfalls in den Abschnitt «Atntshilfe im Bereich der Polizei» des Strafgesetzbuchs aufgenommen werden.

Auf Vorschläge für eine gesetzliche Grundlage für einen automatisierten Zugriff von Polizeibehörden auf weitere Datensammlungen des Bundes wird verzichtet.

Die Polizeikommandanten der Schweiz haben um einen Zugriff auf die im System für Administrativ-Massnahmen im Strassenverkehr (ADMAS) des Bundes1236

amtes für Polizeiwesen gespeicherten aktuellen Führerausweisentzüge ersucht.

Zudem wird von den Kriminalpolizeibehörden ein Bedürfnis nach Recherchen mit den im Motorfahrzeug-Informationssystem (MOFIS) des Bundesamtes für Transporttruppen gespeicherten Daten von Fahrzeugen und Fahrzeughaltern geltend gemacht. Die beantragten Datenflüsse bedürfen sicher noch einer näheren Prüfung. Die einschlägigen Rechtsgrundlagen wären allenfalls im Bundesgesetz über den Strassenverkehr20' bzw. in einer gestützt darauf erlassenen Verordnung 21 ) zu schaffen.

512

RIPOL

512.1

Ausgangslage

Seit 1912 erscheint in der Schweiz das Personenfahndungsregisier (FRP). Dieses Fahndungsbuch wurde vorerst durch den ehemaligen Kommandanten der Kantonspolizei Basel-Landschaft in Eigenregie herausgegeben. Ab I.Januar 1940 wurde die Verantwortung für die Herausgabe durch den Bund übernommen.

Aus Rationalisierungsgründen entschied das Bundesamt für Polizeiwesen im Jahr 1983, die Daten des Fahndungsbuchs auf eine EDV-Anlage zu übernehmen. Die Daten wurden von den Kantonspolizeien Genf und Zürich zur Verfügung gestellt. Ab 1. Januar, 1984 wurde mit diesem auf einer Computeranlage des Bundes erfassten Datenbestand das Personenfahndungsregister hergestellt.

Dabei handelte es sich lediglich um ein neues Druckverfahren, für den seit 1912 erscheinenden Fahndungsbehelf.

In Kenntnis der Tatsache, dass nun der gesamte Datenbestand der aktuellen Fahndungen auf einer EDV-Anlage erfasst war, stellten die Oberzolldirektion und verschiedene Polizeikommandos das Begehren, direkt für Anfragen an die Datenbank angeschlossen zu werden.

Am 22. August 1984 bewilligte der Bundesrat einen Versuchsbetrieb mit sechs Grenzstellen und sechs kantonalen Polizeikommandos. Mit dem Versuchsbetrieb sollte abgeklärt werden, inwieweit der direkte Anschluss zu einer Verbesserung der Personenfahndung beitragen könnte und welche technischen, organisatorischen und baulichen Massnahmen hierfür erforderlich wären.

Eine Umfrage im Herbst 1985, ein Jahr nach Aufnahme des Betriebes, ergab, dass der Versuch zur vollsten Zufriedenheit der beteiligten Organe ausfiel. In der Folge erliess deshalb der Bundesrat am 16. Dezember 1985 die Verordnung über das automatisierte Fahndungssystem (RIPOL-Verordnung) 22\ die die Voraussetzungen für den Anschluss weiterer Grenzstellen und kantonaler Polizeikommandos regelte.

Bereits im Jahre 1987 zeigte sich jedoch, dass die im Jahre 1983 für die Herstellung des Fahndungsregisters erarbeitete Software den technischen und organisatorischen Anforderungen an einen Online-Betrieb nicht mehr genügte. Aus diesem Grund erarbeiteten Polizei- und Zollbehörden ein neues Konzept (RIPOL 2), welches von der Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz anlässlich ihrer Jahresversammlung im Herbst 1988 genehmigt und am I.Juli 1990 eingeführt wurde. Die RIPOL-Verordnung ist:vom Bundesrat 1237

mit Blick auf diese Neukonzeption ergänzt worden. Die neue Verordnung ist am 15. Juli 199023' in Kraft getreten. Wie schon die RIPOL-Verordnung vom 16. Dezember 1985 ist auch die neue Verordnung mangels genügender gesetzlicher Grundlage befristet.

512.2

Bedeutung von RIPOL

Das RIPOL hat sich zu einem nicht mehr wegzudenkenden Hilfsmittel für Zollund Polizeibehörden entwickelt. Sämtliche deutschsprachigen Polizeikommandos haben entschieden, nach Einführung von RIPOL 2 auf eigene, Personenfahndungssysteme zu verzichten. Ohne RIPOL wäre somit eine effiziente gesamtschweizerische Fahndung kaum mehr möglich.

Als wesentlichste Vorteile von RIPOL sind hervorzuheben: - Effizienzsteigerung und Rationalisierung. Mit gleichem Personal- und Zeitaufwand konnte im Durchschnitt eine Steigerung der Verhaftungen oder der Aufenthaltsermittlungen von gesuchten Personen um rund 50 Prozent erreicht werden.

- Das umständliche Nachschlagen im Fahndungsregister durch die Grenzwachtbeamten entfällt. Damit wird einer Anregung der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 14. Oktober 1981, für die Personenkontrolle an der Grenze ein automatisiertes Verfahren einzuführen, Rechnung getragen. Die rasche und fehlerfreie Personenüberprüfung ist ein grosser Fortschritt. Im Gegensatz zum alten, manuellen System (Fahndungsbuch, Karteien) ergeben sich heute kaum mehr unnötige Wartezeiten für zusätzliche Abklärungen. Im Vergleich zu früher kann heute eine Person sechsmal schneller überprüft werden. Jährlich erfolgen rund 5 Millionen Abfragen.

- Die Aktualität der Fahndungsdaten wird erhöht. Fahndungen können sofort an sämtliche angeschlossenen Grenzstellen und Polizeikommandos übermittelt und wieder zurückgezogen werden. Damit wird verhindert, dass Personen verhaftet werden, die gar nicht mehr gesucht werden.

- Mit RIPOL wird schliesslich den europäischen Bestrebungen, die Personengrenzabfertigung zu vereinfachen und zu beschleunigen, Rechnung getragen.

- Bei Automatisierung der Personenfahndung sind auch datenschutzrechtliche Grundsätze berücksichtigt worden. Die stete Aktualität der Fahndungsdaten verstärkt den Schutz gegen Persönlichkeitsverletzungen. Die Betroffenen haben Einsichtsrechte, und das System steht unter der Aufsicht des Dienstes für Datenschutz im Bundesamt für Justiz.

512.3

Beschreibung der wichtigsten Abläufe für eine Ausschreibung im RIPOL

Der Bund führt das RIPOL zusammen mit den Kantonen. Nach heutiger Praxis, die nun auf gesetzlicher Grundlage weitergeführt werden soll, bedeutet dies, dass die ausschreibenden Behörden ihre Ausschreibungen dem Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) melden. Das BAP prüft, ob die Ausschreibungen den gesetzlichen Anforderungen und den gestützt darauf erlassenen Vorschriften 1238

entsprechen und gibt sie ins RIPOL ein. Die Polizeibehörden und andere Behörden, die im Rahmen ihrer Aufgaben regelmässig Ausschreibungen im RIPOL veranlassen müssen, können die entsprechenden Angaben über einen Online-Anschluss direkt ins System eingeben. Die Eingaben werden indes im RIPOL erst verbreitet, wenn sie vom BAP auf ihre Zulässigkeit und Plausibilität geprüft worden sind. Auf diese vorgängige Kontrolle durch das BAP wird nur bei dringlichen Ausschreibungen verzichtet. Um Zeit zu gewinnen, werden solche Ausschreibungen nach Eingabe durch die kantonale Polizeibehörde wohl noch von einer kantonalen Kontrollstelle überprüft, anschliessend aber sofort im RIPOL verbreitet.

Das BAP kontrolliert in solchen Fällen Ausschreibungen erst nachträglich. Für diese dringlichen Ausschreibungen ist eine sogenannte aktive Fahndungsverbreitung vorgesehen. Den Benutzern von RIPOL wird am Bildschirm optisch angezeigt, dass eine dringliche Fahndung ins System eingegeben worden ist. Zusätzlich wird den kantonalen Polizeibehörden und den Grenzstellen die entsprechende Ausschreibung mit einem Fernschreiben bekanntgegeben. Die aktive Fahndungsverbreitung kann gezielt (z. B. nur Grenzübergänge im Kanton Tessin) eingesetzt werden, und der Absender kann feststellen, ob die Fahndung vom Adressaten zur Kenntnis genommen worden ist. Neben den kantonalen Polizeibehörden hat auch die Bundesanwaltschaft die Möglichkeit, aktive Fahndungsverbreitungen direkt ins RIPOL einzugeben. Auch diese werden vom BAP laufend überprüft. Weitere aktive Fahndungsverbreitungen können nur vom BAP selbst im Rahmen seiner Zuständigkeit für die internationale Rechts- und Amtshilfe vorgenommen werden.

Weiter steht RIPOL den Kantonen auch für Ausschreibungen zur Verfügung, die nur kantonal oder regional verbreitet werden. Aufgrund der RIPOL-Vërprdnung (Art. 4 Abs. 2) regelt das EJPD, welche Ausschreibungen in der ganzen Schweiz und welche nur kantonal oder regional verbreitet werden dürfen. Nach deri heute massgebenden Richtlinien des BAP können nur Fahndungen von mehr als 20 Tagen Haft oder Gefängnis oder Bussen ab 500 Franken in der ganzen Schweiz verbreitet werden. Fahndungen von untergeordneter Bedeutung dürfen die Kantone nur in ihrem Kantonsgebiet oder in einer bestimmten Region verbreiten. Solche Fahndungen können die Kantone selber direkt1 ins RIPOL eingeben und wieder aufheben. Der Bund hat jedoch auch die regionalen Fahndungen, zumindest stichprobeweise, zu überprüfen.

512.4

Erläuterungen zu Artikel 351bis StGB

Nach Absatz l ist der Bund befugt, ein automatisiertes Personen- und Sächfahndungssystem zu führen. Zur Vereinfachung des nachfolgenden Gesetzestextes wird das System in der Folge RIPOL genannt. Dieses Kürzel, das vom französischen Namen «système de recherche informatisé de police» abgeleitet ist, hat sich in der Praxis seit längerer Zeit eingebürgert.

Weiter wird in Absatz l abschliessend aufgezählt, zu welchen Zwecken Ausschreibungen im RIPOL vorgenommen werden dürfen. Dabei versteht sich, dass eine Ausschreibung nur zulässig ist, soweit sie für die Erfüllung einer ge1239

setzlichen Aufgabe erforderlich ist. Der verfassungsmässige Grundsatz der Verhältnismässigkeit gilt auch hier.

Um die vielfältigen Zuständigkeiten in den verschiedenen Aufgabenbereichen nach Absatz l transparenter zu machen, sollen die am System beteiligten Behörden aufgezählt werden. Absatz 2 nennt die Behörden, welche Ausschreibungen im RIPOL veranlassen können, sei es mit einem direkten Online-Anschluss ans RIPOL oder mit einer Meldung ans BAP.

Absatz 3 führt zudem jene Behörden auf, die keine Ausschreibungen machen, aber das RIPOL für Abfragen benützen dürfen. In der RIPOL-Verordnung wird der Bundesrat sodann festlegen, welche dieser Behörden online ans System angeschlossen werden können und welchen nur im Einzelfall schriftlich oder mündlich Daten bekanntgegeben werden. Mit entsprechenden Zugriffsbeschränkungen wird sichergestellt, dass Behörden nur diejenigen Daten abfragen können, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. So haben etwa das Bundesamt für Ausländerfragen und das Bundesamt für Flüchtlinge einen Zugriff auf Ausschreibungen, welche Ausländer betreffen, und die Strassënverkehrsämter nur auf Aberkennungen ausländischer Führerausweise sowie auf Daten über abhandengekommene Fahrzeuge.

Nach Absatz 4 wird der Bundesrat die weiteren Einzelheiten in einer Verordnung regeln. Dabei muss namentlich die Zusammenarbeit des für die Führung des RIPOL zuständigen Bundesamtes mit anderen Bundesbehörden und mit den Kantonen geordnet werden und sind die Verantwortung für die Datenbearbeitung und damit insbesondere die Arbeitsabläufe bei der Systembenützung klar festzulegen.

Besondere Bedeutung kommt der Bestimmung des Datenkatalogs zu. Nötig sind insbesondere Angaben zur Identifizierung der gesuchten Person. Die Personalien werden nach heutiger Praxis nur im RIPOL verbreitet, wenn die Heimatgemeinde des Betroffenen deren Richtigkeit schriftlich bestätigt hat. Hinzu kommen Angaben zum Ausschreibungsauftrag und gewisse administrative Hinweise der ausschreibenden Behörde. Wenn weitere Angaben zur Identifikation einer Person (z. B. verwendetes Fahrzeug, Passnummer, Tätowierungen) oder zum Ausschreibungsgrund (z. B. Hinweise zum Tatgeschehen oder zum modus operandi, Deliktsbetrag, Anweisungen betreffend die Zuführung) erforderlich sind, können sie von der ausschreibenden Behörde als Freitext
eingegeben werden. Der Freitext ist in seinem Umfang beschränkt und muss vom BAP ebenfalls darauf überprüft werden, ob er sich im Rahmen des rechtlich Zulässigen hält.

Für die Polizeibehörden und Grenzstellen werden im RIPOL zusätzlich folgende sogenannte Einschreitehinweise geführt: «gewalttätig»; «Terrorist»'; «bewaffnet»; «Betäubungsmittelhändler»; «Fluchtgefahr»; «lebensgefährliche Krankheit»; «Freitodgefahr»; «diskret überwachen» (z. B. Drogenhändler). Da die Polizeibehörden und Grenzstellen bei einer Anhaltung der ausgeschriebenen Person in direkten Kontakt zu dieser geraten, sind die Beamten, um richtig vorgehen zu können und insbesondere auch zu ihrem persönlichen Schutz auf diese Einschreitehinweise angewiesen. Die übrigen Benutzer von RIPOL haben keinen Zugriff auf diese Hinweise.

.

1240

Für die Durchführung einer wirksamen Kontrolle der im RIPOL bearbeiteten Daten muss der die Eingabe tätigende Beamte festgestellt i werden können.

Nach der RIPOL-Verordnung (Art. 7 Abs. 4) hat deshalb jede Ausschreibung eine entsprechende Angabe zu enthalten.

i 513

Zusammenarbeit mit INTERPOL Artikel 351ter-351sexies StGB (neu)

513.1

Die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation INTERPOL; Notwendigkeit der Regelung

Für die allgemeinen Ausführungen zur Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation INTERPOL und die Bemerkungen zur Notwendigkeit der vorgeschlagenen Regelung kann auf die Ziffern 222.61 und 222.62 der Botschaft zum Datenschutzgesetz verwiesen werden, die keiner Ergänzung bedürfen.

i 513.2

Erläuterungen zu den Artikeln 251"r-351sexi" StGB l

Die Artikel 351ter-351 sexies StGB entsprechen der im Anhang zum Datenschutzgesetz vorgeschlagenen Änderung des IRSG. Einzig der Artikel351quinquiess bedarf einer formellen Änderung. Da die Regelung ins Strafgesetzbuch aufgenommen wird, istklarzustellen,; dass sich der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen nach den Grundsätzen des IRSG richtet (Art. 2-4).

Materielle Änderungen werden keine vorgeschlagen. So betreffen auch die Artikel 35 lter-3 51sexies StGB einzig die polizeiliche Informationsvermittlung. Mitteilungen im Rahmen eines Rechtshilfeverfahrens bleiben davon unberührt, auch wenn sie auf INTERPOL-Kanälen und damit durch das Nationale Zentralbüro übermittelt werden (vgl. Art. 29 Abs. 2 IRSG).

: Die Artikel 351 ter_351 sexies StGB sind gleich strukturiert wie die Bestimmungen, die im Anhang zum Datenschutzgesetz für das IRSG vorgeschlagen worden sind: Artikel 81 a IRSG Zuständigkeit Artikel 351ter StGB Artikel Sie IRSG Aufgaben Artikel 351 quater StGB Artikel 81 c IRSG Datenschutz ,. Artikel 351 quinquStGB§ t GB Artikel SlrflRSG Finanzhilfen und Abgeltungen Artikel 351sexles StGB Für die Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen verweisen wir auf die Ziffer 222.64 der Botschaft zum Datenschutzgesetz.

514

Zusammenarbeit bei der Identifikation von Personen Artikel 351 septies StGB (neu)

514.1

Notwendigkeit der Regelung

Die Aufgaben des Erkennungsdienstes der Bundesanwaltschaft, der sich mit der Identifikation von Personen befasst, sind heute in der Verordnung vom 1. Dezember 1986 über den Erkennungsdienst der Bundesanwaltschaft 24) geregelt.

1241

Ebenso wie für die Verordnung über das Nationale Zentralbüro INTERPOL bestehen auch für diese Verordnung noch keine ausreichenden gesetzlichen Grundlagen. Bisher war geplant, diese im Rahmen der Revision des Allgemeinen Teils und des Dritten Buches des Strafgesetzbuches zu schaffen25'. Da im Anschluss an die Arbeiten der PUK das Bedürfnis nach einer Regelung polizeilicher Informationstätigkeiten dringlicher geworden ist, soll mit der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für den Erkennungsdienst der Bundesanwaltschaft nicht länger zugewartet werden.

514.2

Gegenstand der Regelung

Das Schweizerische Zentralpolizeibüro verfügt mit dem Automatischen Fingerabdruck-Identifizierungssystem (AFÏS) über ein äusserst effizientes Fahndungsinstrument. Mit dem AFIS werden eine grosse Zahl von Daten bearbeitet, die dem Schweizerischen Zentralpolizeibüro von Behörden der Kantone, des Bundes und des Auslandes übermittelt werden.

Die erwähnte Verordnung über den Erkennungsdienst enthält neben Bestimmungen über die Aufgaben des Erkennungsdienstes und über das System AFIS auch Regelungen betreffend das automatisierte System ZAN, das Zentrale Aktennachweissystem der Bundesanwaltschaft. An diesem System sind nebst dem Erkennungsdienst weitere Dienststellen der Bundesanwaltschaft (INTERPOL, Zentralstellendienste) sowie die Abteilungen Internationale Rechtshilfe und Polizeiwesen des Bundesamtes für Polizeiwesen beteiligt. Die Bundesanwaltschaft plant im Hinblick auf die Errichtung einer Drogendatenbank einen Ausbau dieses Systems. Mit dem vorgeschlagenen Artikel 35lseP'ies werden diese Systeme noch nicht erfasst. Die Rechtsgrundlagen hierfür werden im Rahmen der für die Reorganisation der Bundesanwaltschaft eingesetzten Projektorganisation BASIS näher geprüft.

514.3

Erläuterungen zu Artikel 351septies

Nach Absatz l erheben Behörden der Kantone, des Bundes und des Auslands bei Strafverfolgungen erkennungsdienstliche Daten (Fingerabdrücke, Handballenabdrücke, Tatortspuren, Fotografien und Signalemente) und übermitteln sie dem Schweizerischen Zentralpolizeibüro. Dieses registriert und speichert die Daten und vergleicht sie mit den bereits in der Datenbank enthaltenen Angaben. Auch Behörden, die nicht in der Strafverfolgung tätig sind, beispielsweise das Bundesamt für Flüchtlinge26), übermitteln dem Zentralpolizeibüro erkennungsdienstliche Daten.

Erkennungsdienstliche Daten werden von solchen Personen ins AFIS aufgenommen, die im Rahmen eines gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahrens oder zur Abklärung einer strafbaren Handlung identifiziert werden müssen. Im AFIS befinden sich aber auch Daten unbekannter oder von unter falscher Identität bekannten Personen sowie von Asylbewerbern, deren Identität überprüft werden muss.

· .

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1242

Nach Absatz 2 teilt das Schweizerische Zentralpolizeibüro die Ergebnisse seiner Abklärungen ausschliesslich der anfragenden Behörde, den Strafverfolgungsbehörden, die gegen die gleiche Person eine Untersuchung führen sowie weitem Behörden mit, welche die Identität und eventuelle falsche Identitäten dieser Person kennen müssen. Bei diesen letzteren Behörden handelt es sich insbesondere um das Bundesamt für Polizeiwesen und das Bundesamt für Flüchtlinge.

Das Schweizerische Zentralpolizeibüro kann mit dem RIPOL (Automatisiertes Fahndüngssystem) oder dem ASTERIX (Automatisierter Strafregister-Ihdex) feststellen, welche Behörden an der Identität einer Person interessiert sind.

Nach Absatz 3 wird der Bundesrat die weiteren Einzelheiten in einer Verordnung regeln. Dabei muss er namentlich die Verantwortung für die Datenbearbeitung festlegen. Zudem ist der genaue Kreis der erfassten Personen zu regeln, ihr Auskunftsrecht, ihr Recht auf Berichtigung oder auf Vernichtung von Daten, sowie deren Aufbewahrungsdauer und eventuelle Archivierung. Weiter muss in der Verordnung die Zusammenarbeit mit den Kantonen präzisiert werden. Denn der überwiegende Teil der Daten wird von den Kantonen geliefert und kantonale Beamte sehen die Ergebnisse der Abklärungen direkt beim Schweizerischen Zentralpolizeibüro ein. Soweit der Bundesrat nicht gestützt auf Artikel; 351septles Absatz 3 spezifische Regelungen erlässt, gelten im übrigen auch für Datenbearbeitungen zur Identifikation von Personen durch das Schweizerische Zentralpolizeibüro die Grundsätze des Datenschutzgesetzes.

52

Bekanntgabe hängiger Strafuntersuchungen Artikel 363bis StGB (neu) ·

521

Heutiger Zustand

Die vorgeschlagene Regelung soll eine bereits seit mehreren Jahren bestehende Praxis des Schweizerischen Zentralpolizeibüros legalisieren 27V Dieses teilt heute den Strafjustizbehörden, die Strafregisterauszüge in hängigen Strafuntersuchungen anfordern, mit, ob bereits eine andere Strafjustizbehörde über dieselbe Person einen Auszug für die Durchführung eines Strafverfahrens eingeholt hat.

Der Grund hiefür liegt darin, dass ein Strafrichter bei der Strafausfällung das Zusammentreffen von mehreren strafbaren Handlungen zu berücksichtigen hat (s. Art. 68 und 350 StGB).

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Standort der Regelung

Die Praxis des Schweizerischen Zentralpolizeibüros besteht darin, die Anfragen für einen Auszug aus dem: Strafregister von Strafjustizbehörden des Bundes und der Kantone, die sie im Rahmen der Verfolgung von Verbrechen und Vergehen gestellt haben, zu registrieren. Es ist deshalb angezeigt, eine entsprechende Norm dort einzufügen, wo sich auch die Bestimmungen über das Strafregister befinden. Der vorgesehene Artikel über die Bekanntgabe hängiger Strafuntersuchungen wird somit im fünften Titel des dritten Buches als Artikel 363bis StGB, unmittelbar nach der Bestimmung über die Mitteilung von Eintragungen aus dem Strafregister, eingefügt.

1243

523

Erläuterungen zu Artikel 363bls StGB

Die Regelung in Absatz l legt abschliessend fest, welche Daten über hängige Strafuntersuchungen gespeichert werden können. Während Artikel 363 StGB vorsieht, dass alle schweizerischen Behörden auf Gesuch hin einen Auszug aus dem Strafregister erhalten, ist nach Artikel 363bls StGB nur die Speicherung der Anfragen von Strafjustizbehörden des Bundes und der Kantone zulässig. Weiter ergibt sich aus Absatz l Buchstabe c, dass diese Daten nur dann gespeichert werden dürfen, wenn die einen Registerauszug ersuchende Strafjustizbehörde ein Verbrechen oder Vergehen verfolgt.

Die Daten, die gespeichert werden, beschränken sich auf die für die Strafjustizbehörden absolut notwendigen Informationen über andere hängige Strafuntersuchungen. Es werden nur die anfragende Strafjustizbehörde (Bsp. kantonaler Untersuchungsrichter), die Identität der beschuldigten Person (Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, Bürgerort), die Beschuldigung (Bsp. Art. 137 StGB) und das Datum der Zustellung des Registerauszuges festgehalten.

Schliesslich wird die Aufbewahrungsdauer auf zwei Jahre begrenzt. Diese Frist rechtfertigt sich gerade auch im Hinblick auf die in Artikel 80 StGB vorgesehenen Löschungsfristen. Es wäre kaum zu rechtfertigen, dass ein Strafregistereintrag nach Artikel 80 StGB zu löschen ist, nicht aber die Speicherung der Anfragen, denen ja nicht etwa rechtskräftige Urteile zugmndeliegen, sondern die lediglich auf eröffnete Strafuntersuchungen hinweisen. Andererseits genügt diese begrenzte Aufbewahrungsdauer, um die Strafjustizbehörden über andere laufende Strafverfahren zu informieren.

Absatz 2 enthält die wichtigste Bestimmung der vorgeschlagenen Regelung. Das Schweizerische Zentralpolizeibüro wird verpflichtet, den um Registerauszüge anfragenden Strafjustizbehörden Daten nach Absatz l bekanntzugeben. Diese Pflicht gilt in jedem Fall; das Zentralpolizeibüro kann eine solche Auskunft nicht nach eigenem Ermessen verweigern.

Absatz 3 statuiert als Gegenstück zu den in Absatz 2 dem Schweizerischen Zentralpolizeibüro auferlegten Pflichten, eine Pflicht der Strafverfolgungsbehörden zur Meldung von Freisprüchen und .Einstellungsverfügungen in Verfahren, in welchen sie einen Strafregisterauszug eingeholt haben. Das Schweizerische Zentralpolizeibüro vernichtet sofort nach Erhalt der Meldung die nach Absatz l gespeicherten
Daten. Eine solche Regelung drängt sich namentlich aus datenschutzrechtlichen Erwägungen auf. Sie schafft die Voraussetzung für eine sofortige Vernichtung von überholten Daten. Ohne die Meldepflicht würden auch hinfällig gewordene Verfahren noch während zweier Jahre registriert bleiben, mit dem Risiko, dass einer anfragenden Strafverfolgungsbehörde eine effektiv abgeschlossene Strafuntersuchung gemeldet würde. Dies könnte für den Betroffenen erhebliche Unannehmlichkeiten zur Folge haben.

Absatz 4 präzisiert in nicht abschliessender Weise, welche Punkte vom Bundesrat im einzelnen zu regeln sind. Neben der Verantwortung für die Datenbearbeitung müssen auch die Einsichts-, Vernichtungs- und Berichtigungsrechte der Betroffenen geregelt werden. Die Zusammenarbeit mit den Kantonen muss hauptsächlich in Bezug auf die Meldepflicht der Strafjustizbehörden gemäss 1244

Absatz 3 präzisiert werden; Des weiteren sind die Stellen, die für die Einsicht in die Daten sowie deren Berichtigung und Vernichtung zuständig sind, zu bestimmen. Ferner gilt es, die Behörden zu bezeichnen, die sich einer Berichtigung oder Vernichtung von Daten nach Absatz l widersetzen können. Im Vordergrund stehen hier die kantonalen Strafuntersuchungsbehördem Soweit der Bundesrat nicht gestützt auf Artikel 363bis Absatz 4 spezifische Regelungen erlässt, gelten im übrigen auch für Datenbearbeituhgen im Zusammenhang mit hängigen Strafuntersuchungeri die Grundsätze des Datenschutzgesetzes.

6

Personelle und finanzielle Auswirkungen

Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen haben keine personellen und finanziellen Auswirkungen.

i 7

Legislaturplanung

Die Vorlage ist als Zusatzbotschaft zum Datenschutzgesetz konzipiert, welches im Bericht über die Legislaturplanung 1987-1991 angekündigt worden ist (BB1 19881 395, Ziff. 2.17).

8

Rechtliche Grundlagen

81

Verfassungsmässigkeit

811

Revision des Bundesstrafprozesses

Gestützt auf die Artikel 106, 112 und 114 der Bundesverfassung, welche die Einsetzung eines Bundesgerichts vorsehen und dessen Aufgaben umschreiben, ist am 15. Juni 1934 das Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege erlassen worden. Dieses regelt nicht nur die Kompetenzen des Bundesgerichts in Strafsachen, sondern auch das Ermittlungs- und Untersuchungsverfahren und die entsprechende Behördenorganisation. Bei den nun vorgeschlagenen Ergänzungen des Bundesstrafprozesses handelt es sich um eine Weiterentwicklung von rechtsstaatlichen Garantien im Ermittlungs- und Voruntersuchungsverfahren.

Eine Erweiterung der Bundeskompetenzen ist damit nicht verbunden.

812

Änderung des Strafgesetzbuches

Die Gesetzesbestimmungen betreffend RIPOL, INTERPOL, Erkennungsdienst und Auskunft über hängige Strafverfahren beinhalten nicht Strafrecht im eigentlichen Sinne; es handelt sich dabei vielmehr um polizeirechtliche Regelungen. Für die Gesetzgebung im Polizeibereich sind die Kantone grundsätzlich zuständig. Bundesrat und Parlament haben sich in der Vergangenheit aber verschiedentlich auf den Standpunkt gestellt, dass der Bund gestützt auf Artikel 85 Ziffer 6 und vor allem Ziffer 7 der Bundesverfassung und auch aufgrund unge1245

schriebenen Verfassungsrechts die - zumindest subsidiäre - Kompetenz habe, Regelungen auf dem Gebiet der Polizei zu erlassen lf>. Diese Auffassung hat auch Zustimmung in der Lehre gefunden 29 ). Die vorgeschlagene Regelung ist verfassungsrechtlich insbesondere auch darum vertretbar, weil dem Bund Aufgaben übertragen werden, welche die Kantone allein selber kaum sachgerecht erfüllen können. Zudem soll der Bund im Bereich der Strafverfolgung nur eine unterstützende Informationsvermittlung ausüben. Die Verantwortung für die Strafverfolgung bleibt wie bis anhin grundsätzlich bei den Kantonen.

82

Delegation von Gesetzgebungskompetenzen

Delegationen von Gesetzgebungskompetenzen an den Bundesrat sind in den Artikeln 351bis Absatz 5, 351i"ater Absatz 3 und 363bis Absatz 4 des Strafgesetzbuches vorgesehen. Dabei geht es vor allem darum, dass der Bundesrat den Umfang der Datenbearbeitung im Detail regeln und den Kreis der betroffenen Personen näher umschreiben kann.

4263

1246

Anmerkungen BB1 1988 II 413 ff.

Amtl. Bull. S 1990 125 ff, insbes. 165 f.

3) Vgl. Art. 2 Bst. d des Entwurfs fur ein Datenschutzgesetz in der Fassung gemass den Beschliissen des Standerates (DSG/S).

4 > BB1 1988 II 498 ff.

5 > BB1 1990 I 874 6 ' Besondere Zentralstellen bestehen bei der Bundesanwaltschaft insbesondere fur die Bekampfung des illegalen Betaubungsmittelverkehrs, der Falschgelddelikte und illegaler Kriegsmaterialgeschafte.

') SR 312.0 8 > Vgl. BGE 94 IV 7 E. 1 ' ») BGE 112 la 18 ff.

">> SR 313.0 >') SR 432.11 12 > BGE 74 IV 213 13 ' Vgl. Art. 1 der Verordnung vom 1. Dez. 1986 fiber den Erkennungsdienst der Bundesanwaltschaft; SR 172.213.57 '«) Vgl. auch BGE 109 la 156 15) Markus Peter, Ermittlungen nach Bundesstrafprozess, Kriminalistik 1973, S. 565; Robert Hauser, Zeitschrift fiir Schweiz. Strafrecht 1972, S. 137 ff.

16 > Vgl. BGE 96 IV 141, 95 IV 47 17 > Vgl. BGE 109 IV 63 18 > SR 311.0 !

"> SR 351.1 , 20 > SR 741.01 '· ' 21) Verordnung vom 27. Okt. 1976 iiber die Zulassung von ; Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr; SR 741.51 Z2 > SR 172.213.61 23 > AS 1990 1070 24 > SR 172.213.57 25 ' Vgl. Bericht und Vorentwurf zur Revision des Allgemeinen Teils und des Dritten Buchs «Einfuhrung und Anwendung des Gesetzes» des Schweizerischen Strafge,: setzbuches, Prof. Dr. H. Schultz, S. 252-254, Bern 1987., 26 > Vgl. Art! 15 Abs. 7 des Asylgesetzes vom 5. Okt. 1979; SR 142.31 und Art. 15 der , Asylverordnung vom 25. Nov. 1987; SR 142.311 27 j > Vgl. :Schultz (Fussnote 25), S. 255 ff. und 259.

zs) Vgl. Botschaft vom 20. Juni 1977 zum Bundesgesetz iiber die Erfiillung sicherheitspolizeilicher Aufgaben des Bundes; BB1 1977 II 1287 ff. sowie den Bundesbeschluss vom 4. Juni 1969 iiber eine interkantonale mobile Polizei; AS 1969 525.

29 > Jean-Francois Aubert in Kommentar BV, Art. 85 Ziff. 7. Rz. 92; Kurt Eichenberger, Die Sorge fur den inneren Frieden als primare Staatsaufgabe, in: Zentralblatt fur Staats- und Gemeindeverwaltung IS/1977, S. 446.

D 2 >

1247

Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege

Entwurf

Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 16. Oktober 1990'\ beschliesst: I

Das Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege2) wird wie folgt geändert: Gliederungstitel vor Art. 27 IV. Rechtshilfe

Art. 27 (neu) 1 Die Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden leisten den mit der Verfolgung und Beurteilung von Bundesstrafsachen betrauten Behörden in der Erfüllung ihrer Aufgabe Rechtshilfe; sie erteilen ihnen insbesondere die benötigten Auskünfte und gewähren Einsicht in amtliche Akten, die für die Strafverfolgung von Bedeutung sein können.

2 Die Rechtshilfe kann verweigert, eingeschränkt oder mit Auflagen versehen werden, wenn: a. wesentliche öffentliche Interessen oder offensichtlich schutzwürdige Interessen einer betroffenen Person es verlangen; oder b. Berufsgeheimnisse (Art. 77) entgegenstehen.

3 Die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen sind im Rahmen dieser Aufgaben gleich den Behörden zur Rechtshilfe verpflichtet.

4 Anstände innerhalb der Bundesverwaltung entscheidet das übergeordnete Departement oder der Bundesrat, Anstände zwischen Bund und Kantonen die Anklagekammer.

5 Im übrigen sind für die Rechtshilfe die Artikel 352 ff. des Strafgesetzbuches3* und Artikel 18 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege4) anwendbar.

, ') > > 4 > 2

3

BEI 1990 III 1221 SR 312.0 SR 311.0 SR 173.110

1248

Bundesstrafrechtspflege

Art. 27bìs Bisheriger Art. 27

jy>is Bearbeitung von Personendaten (neu) Art. 29bis (neu) 1 Personendaten dürfen bearbeitet werden, soweit sie. für die ^Verfolgung und Beurteilung einer Straftat nötig sind.

2 Personendaten werden auch bei der betroffenen Person oder für diese erkennbar beschafft, ausser wenn die Untersuchung dadurch gefährdet oder ein unverhältnismässiger Aufwand verursacht würde.

3 Erweisen sich Personendaten als unrichtig, so müssen sie von den zuständigen Organen spätestens bei Abschluss des Ermittlungsverfahrens oder der Voruntersuchung berichtigt werden. Nicht benötigte Daten sind zu vernichten, soweit sie nicht dem Bundesarchiv abzuliefern sind.

4 Die Personendaten dürfen auch in einem anderen Verfahren weiterverwendet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass sie in diesem Aufschluss geben können.

5 Werden Personendaten berichtigt oder vernichtet oder ist ihre Richtigkeit bestritten (Art. 102bls Abs. 3 und 4), so informieren die zuständigen Organe unverzüglich die Behörden, denen diese Daten mitgeteilt worden sind.

Art. 52 Abs. 2 zweiter Satz Aufgehoben IX.bis Durchsuchung, Untersuchung, erkennungsdienstliche Behandlung von Personen Art. 73bis (neu) 1 Die gerichtliche Polizei kann eine Person durchsuchen, wenn: a. die Voraussetzungen für eine Festnahme erfüllt sind; b. Verdacht besteht, dass die Person Sachen bei sich hat, die sicherzustellen sind; c. es zur Feststellung der Identität erforderlich ist; oder d. die Person sich erkennbar in einem Zustand befindet, der die freie Willensbetätigung ausschliesst, und die Durchsuchung zu ihrem Schutz erforderlich ist.

2 Die gerichtliche Polizei kann eine Person nach Waffen, gefährlichen Werkzeugen und Explosivstoffen durchsuchen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz von Polizeibeamten oder Dritten erforderlich ist.

1249

Bundesstrafrechtspflege

3

Die Durchsuchung muss von einer Person gleichen Geschlechts, einem Arzt oder einer Ärztin vorgenommen werden, ausser wenn sie nicht aufgeschoben werden kann.

Art. 73ter (neu) 1 Der Richter kann anordnen, dass der körperliche oder geistige Zustand des Beschuldigten untersucht wird, wenn dies nötig ist, um: a. den Sachverhalt festzustellen; oder b. die Zurechnungs-, Verhandlungs- oder Hafterstehungsfähigkeit bzw. die Notwendigkeit einer Massnahme abzuklären.

2 Vor Einleitung der Voruntersuchung ist der Bundesanwalt für die Anordnung solcher Untersuchungen zuständig.

3 Eine nicht beschuldigte Person darf gegen ihren Willen nur untersucht werden, wenn dadurch eine erhebliche, auf andere Weise nicht zu ermittelnde Tatsache festgestellt werden kann.

4 Die Untersuchung muss von einem Arzt, einer Ärztin oder einer andern sachkundigen Person durchgeführt werden. Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit dürfen nur vorgenommen werden, wenn dadurch keine Nachteile zu befürchten sind.

5 Die gerichtliche Polizei kann bei dringendem Tatverdacht eine Blutprobe anordnen.

Art. 73i"ateT (neu)

Die gerichtliche Polizei kann erkennungsdienstlich behandeln: a. Beschuldigte, soweit es zur Beweiserhebung notwendig ist; b. andere Personen, um die Herkunft von Spuren zu klären.

Art. 101bis (neu)

·

Die gerichtliche Polizei kann mündliche und schriftliche Auskünfte einholen sowie Auskunftspersonen einvernehmen. Wer zur Zeugnisverweigerung berechtigt ist, muss vorher darauf aufmerksam gemacht werden, dass er die Aussage verweigern darf.

Art. 102bis (neu) 1

Jede Person kann von der Buhdesanwaltschaft Auskunft darüber verlangen, welche Daten die gerichtliche Polizei über sie bearbeitet.

2 Der Bundesanwalt kann die Auskunft verweigern, wenn: a. diese den Zweck des Ermittlungsverfahrens in Frage stellen würde; b. es wegen überwiegender öffentlicher Interessen, insbesondere der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz erforderlich ist; oder c. es wegen überwiegender Interessen eines Dritten erforderlich ist.

1250

Bundesstrafrechtspflege

3

Wer ein schutzwürdiges Interesse hat, kann verlangen, dass die gerichtliche Polizei unrichtige Daten berichtigt, archiviert oder vernichtet.

4 Den Beweis für die Richtigkeit von Daten muss die gerichtliche Polizei erbringen. Lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit beweisen, so wird dies in den Akten vermerkt.

,.

.

, Art. 102ter (neu) , ' i Lehnt der Bundesanwalt ein Gesuch um Auskunft, Berichtigung oder Vernichtung ab, so kann der Gesuchsteller innert zehn Tagen bei der Anklagekammer Beschwerde erheben.

Art. 102vuat" (neu) 1 Vor Einleitung der Voruntersuchung dürfen Daten aus dem gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren folgenden Behörden und Organen bekanntgegeben werden: a. dem Bundesrat; b. den gerichtspolizeilichen Organen und den Gerichtsbehörden sowie anderen mit Polizeiaufgaben betrauten Verwaltungsbehörden des Bundes und der Kantone, wenn sie die Daten für ein Verfahren benötigen; c. den Organen des Staatsschutzes und der militärischen Sicherheit; , d. den gerichtspolizeilichen Organen und anderen mit Polizeiaufgaben betrauten Verwaltungsstellen ausländischer Staaten im Rahmen von Artikel 16 des Bundesgesetzes vom, ...') über den Datenschutz; e. dem Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten; f. dem Bundesamt für Polizeiwesen, soweit dieses die Daten zur Erfüllung seiner Aufgaben im Rahmen der Bundesgesetze über die Rechtshilfe in Strafsachen benötigt oder Daten ins automatisierte Fahndungsregister RIPOL aufgenommen werden sollen; g. dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement, wenn für die Strafverfolgung eines Beamten seine Ermächtigung nötig ist, sowie der dem Beamten vorgesetzten Behörde, die zur Ermächtigung Stellung nehmen muss.

2 Zum Schutze vor unmittelbar drohenden Gefahren können auch weiteren Behörden und privaten Personen Daten bekanntgegeben werden.

3 Vorbehalten bleiben weitere Rechtshilfevorschriften.

Art. 105bis (neu)

,

1

Zwangsmassnahmen und damit zusammenhängende Amtshandlungen, die der Bundesanwalt angeordnet oder bestätigt hat, können innert zehn Tagen mit Beschwerde bei der Anklagekammer angefochten werden.

') AS ...

-1251

Bundesstrafrechtspflege 2

Für Haftbeschwerden gelten die Verfahrensvorschriften der Artikel 215-219 sinngemäss.

Art. 107bis (neu) i ".

· 1 Nach Abschluss des eidgenössischen oder kantonalen Verfahrens werden die Akten von der Bundesanwaltschaft vernichtet oder archiviert, soweit sie nicht dem Bundesarchiv abzuliefern sind.

2 Die Bundesanwaltschaft darf bei ihr oder im Bundesarchiv archivierte Akten für nicht personenbezogene Zwecke sowie für ein anderes Verfahren verwenden, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass sie in diesem Aufschluss geben können.

3 Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

II Referendum und Inkrafttreten 1 2

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

4263

1252

Schweizerisches Strafgesetzbuch

Entwurf

(Gesetzgebung über die Informationsbearbeitung im Bereich der Strafverfolgung) Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 16. Oktober 19901*, beschliesst: I

Das Schweizerische Strafgesetzbuch2' wird wie folgt geändert: Art. 351bis (neu) 2."'" Amtshilfe ' Der Bund führt zusammen mit den Kantonen ein automatisiertes dTrpdS Personen- und Sachfahndungssystem (RIPOL) zur Unterstützung a. AutomatiVon Bundes- und kantonalen Behörden bei der Erfüllung folgenFahndungssystem der gesetzlich vorgesehener Aufgaben: (RIPOL) a Verhaftung von Personen oder Ermittlung ihres Aufenthaltes zu Zwecken der Strafuntersuchung und des Straf- und Massnahmenvollzuges ; b. Anhaltung bei vormundschaftlichen Massnahmen oder fürsorgerischer Freiheitsentziehung; c. Ermittlung des Aufenthaltes vermisster Personen; d. Kontrolle von Fernhaltemassnahmen gegenüber Ausländern nach dem Bundesgesetz vom 26. März 19313) über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer; e. Bekanntgabe von Aberkennungen ausländischer Führerausweise; ' : ' f. Ermittlung des Aufenthaltes von Führern von Motorfahrzeugen ohne Versicherungsschutz; g. Fahndung nach abhandengekommenen Fährzeugen und Gegenständen.

2 Folgende Behörden können über das RIPOL Ausschreibungen verbreiten: a. das Bundesamt für Polizeiwesen; b. die Bundesanwaltschaft; !> BB1 1990 III 1221 2 > SR 311.0 3 > SR 142.20 56 Bundesblatt. 142. Jahrgang. Bd.III

1253

Schweizerisches Strafgesetzbuch

c. die Zentralstelle zur Bekämpfung internationaler Kindsentführungen; d. das Bundesamt für Ausländerfragen; e. das Bundesamt für Flüchtlinge; f. die Oberzolldirektion; g. die Militärjustizbehörden; h. die Zivil- und Polizeibehörden der Kantone.

3

Daten aus dem RIPOL können für die Erfüllung der Aufgaben nach Absatz l folgenden Behörden bekanntgegeben werden: a. den Behörden nach Absatz 2; b. den Grenzstellen; c. dem Beschwerdedienst des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements ; d. den schweizerischen Vertretungen im Ausland; e. den Interpolstellen; f. den Strassenverkehrsämtern; g. den kantonalen Fremdenpolizeibehörden; h. weiteren Justiz- und Verwaltungsbehörden.

4 Der Bundesrat: a. regelt die Einzelheiten, insbesondere die Verantwortung für die Datenbearbeitung, die erfassten Daten und die Rechte der betroffenen Personen, die Aufbewahrungsdauer der Daten und die Zusammenarbeit mit den Kantonen; b. bestimmt die Behörden, welche Daten direkt ins RIPOL eingeben, solche direkt abfragen oder denen Daten im Einzelfall bekanntgegeben werden können; c. regelt die Einsicht in die Daten sowie deren Berichtigung, Archivierung und Vernichtung.

Art. 351ter (neu) b. ZusammenINTERPOL Zuständigkeit

' Die Bundesanwaltschaft nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.

2

Sie ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL anderseits.

Art. 351<'vater (neu) Aufgaben

1254

' Die Bundesanwaltschaft vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.

Schweizerisches Strafgesetzbuch 2

Sie kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn aufgrund konkreter Umstände mit der nahen Möglichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.

, , ' 3

Sie kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.

4 Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann die Bundesanwaltschaft von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Person ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.

Art. 351iuill
Datenschutz

' Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981 '' sowie nach den vom Bundesrat anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.

2

Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das Bundesgesetz vom ...2) über den Datenschutz.

3

Die Bundesanwaltschaft kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht.

Finanzhilfen

Art. 351sexies' (npu).

Der Bund kann Finanzhilfen und Abgeltungen an INTERPOL

und Abgeltungen

ausrichten

Art. 351seP'ies (neu) c. ZusammenWentifSkatkm von Personen

' Das Schweizerische Zentralpolizeibüro registriert und speichert erkennungsdienstliche Daten, die von Behörden der Kantone, des Bundes und des Auslandes bei Strafverfolgungen oder bei der Erfüllung anderer gesetzlicher Aufgaben erhoben und ihm übermittelt worden sind. Es vergleicht diese Daten untereinander, um eine gesuchte oder unbekannte Person zu identifizieren.

2

Es teilt das Ergebnis seiner Abklärungen der anfragenden Behörde, den Strafverfolgungsbehörden, die gegen die gleiche Person eine Untersuchung führen, sowie anderen Behörden mit, welche ') SR 351.1 > AS ...

2

1255

Schweizerisches Strafgesetzbuch

zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgabe die Identität dieser Person kennen müssen.

3 Der Bundesrat: a. regelt die Einzelheiten, insbesondere die Verantwortung für die Datenbearbeitung, die erfassten Personen und ihre Rechte, die Aufbewahrung der Daten und die Zusammenarbeit mit den Kantonen; b. bezeichnet die Behörden, die für die Einsicht in die Daten sowie deren Berichtigung und Vernichtung zuständig sind.

Art. 363bis (neu) < ' J Bekanntgabe Das Schweizerische Zentralpolizeibüro speichert während zwei unteSungen Jahren die Ersuchen von Strafjustizbehörden des Bundes und der Kantone um Strafregisterauszüge. Es erfasst: a. die anfragende Behörde; b. die Personalien der beschuldigten Person; c. die Beschuldigung (Verbrechen und Vergehen); und d. das Datum der Zustellung des Registerauszuges.

2 Ersucht eine Strafjustizbehörde im Rahmen eines Strafverfahrens um einen Strafregisterauszug, gibt ihr das Schweizerische Zentralpolizeibüro Daten nach Absatz l bekannt, soweit diese die gleiche Person betreffen.

3 Die Strafjustizbehörde meldet dem Schweizerischen Zentralpolizeibüro Freisprüche oder Einstellungsverfügungen in Verfahren, für welche nach Absatz l ein Strafregisterauszug eingeholt worden ist. Das Schweizerische Zentralpolizeibüro vernichtet ausschliessend die nach Absatz l gespeicherten Daten.

4 Der Bundesrat: a. regelt die Einzelheiten, insbesondere die Verantwortung für die Datenbearbeitung, die Rechte der Betroffenen und die Zusammenarbeit mit den Kantonen; b. bezeichnet die Behörden, die für die Einsicht in die Daten sowie deren Berichtigung und Vernichtung zuständig sind.

II

Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft über die Datenbearbeitung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Zusatzbotschaft zum Datenschutzgesetz) vom 16. Oktober 1990

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Foglio federale

Jahr

1990

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

49

Cahier Numero Geschäftsnummer

88.032

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.12.1990

Date Data Seite

1221-1256

Page Pagina Ref. No

10 051 627

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