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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Rekursbeschwerde des Charles Capt in Vers-le-Lac gegen den Beschluß des Bundesrates vom 28. September 1900 betreffend Schutz gegen Funkenwurf.

(Vom 9. Dezember 1901.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 30. November 1899 hatte Charles Capt in Vers-le-Lac, Vallée de Joux, gestützt auf Artikel 16, Lemma 2, des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 23. Dezember 1872, das Gesuch gestellt, es sei die Eisenbahngesellschaft Pont-Brassus zu verpflichten, die Schindelbedachung und -Verkleidung des dem Impetranten gehörenden Hauses durch eine feuersichere Bedachung und Verkleidung zu ersetzen. Wir haben dieses Gesuch unterm 28. September 1900 abgewiesen.

Hierauf reichte Herr Jean Spiro, Advokat in Lausanne, Namens des Charles Capt, am 29. November 1900 der Bundeskanzlei die mitfolgende Rekursbeschwerde ein, welche mit dem Gesuche schließt, ,,die hohe Bundesversammlung möge den Beschluß des Bundesrates, gegen welchen sich der.Rekurs richte, als unbegründet erklären und die Gesellschaft der Pont-Brassusßahn, beziehungsweise die Jura-Simplon-Bahn als Betriebsverwal-

1241 tung, dazu anhalten, auf ihre Kosten das Schindeldach und die Schindelverkleidung des dem Charles Capt gehörenden Gebäudes durch ein Dach und eine Verkleidung aus feuersicherem Material, insbesondere aus galvanisiertem Eisenblech, zu ersetzen"1.

Die Bundeskanzlei leitete die Rekurseingabe zunächst an uns, beziehungsweise an unser Eisenbahndepartement, in der Meinung, daß sie Ihnen zugleich mit unserem Berichte zugestellt werden sollte. Das Departement glaubte dann, die Angelegenheit könnte, weil von geringer materieller Tragweite, durch Entgegenkommen der Bahngesellschaft erledigt werden. Da sich diese jedoch weigert, sehen wir uns genötigt, Ihnen die Rekurseingabe mit nachstehenden Bemerkungen zu übermitteln.

Zur Begründung des Rekurses beruft sich der Anwalt des Rekurrenten auf Artikel 16, Absatz 2, des Bundesgesetzes betreffend den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft, vom 23. Dezember 1872.

Da die Entscheidung über Begehren auf Grund des genannten Artikels 16 nicht ausdrücklich einer andern Behörde zugewiesen sei, so müsse die Kompetenz des Bundesrates ,,und mithin auch der Bundes Versammlung'1 als gegeben betrachtet werden.

Wir können nun dieser Argumentation nicht beipflichten, sondern stehen auf dem gleichen Standpunkt, welchen wir in unserem Berichte vom 2. ds. Mts. gegenüber der Rekurseingabe des Regierungsrates von Baselstadt vertreten haben. Wie wir dort auseinanderzusetzen Gelegenheit hatten, weist Artikel 39 des Eisenbahngesetzes der Bundesversammlung ausdrücklich nur die in den" Artikeln l, 3, 4, 10, 13, 14 (Absatz 3) und 28 bezeichneten Kompetenzen zu. Daraus muß geschlossen werden, daß gegen einen vom Bundesrat getroffenen Entscheid nur dann an die Bundesversammlung rekurriert werden kann, wenn ein solcher Rekurs im Gesetze vorgesehen ist. Das trifft beispielsweise auf das dritte Alinea des Artikels 14 zu, nicht aber auf den Artikel 16, aufweichen sich der Rekurrent im vorliegenden Falle beruft, und dessen zweiter Absatz lautet: ,,Die Gesellschaft wird die Bahn, wo es die öffentliche Sicherheit erheischt, in ihren Kosten auf eine diese Sicherheit hinlänglich gewährende Weise einfrieden und die Einfriedung stets in gutem Stand erhalten. Ü b e r h a u p t hat sie a l l e d i e jenigen Vorkehrungen auf ihre Kosten zu treffen, welche j e t z t oder k ü n f t i g zur ö f f e n t l i c h e n Sicherh e i t n ö t i g b e f u n d e n w e r den. tt

1242 Wie der Rekurrent anerkennt, ist zur Beurteilung der Frage,, welche Vorkehrungen zur öffentlichen Sicherheit nötig befunden werden, der Bundesrat zuständig. Diese Behörde hat auch das Begehren des Charles Capt s. Z. geprüft, ist aber dazu gekommen, dasselbe als unbegründet abzuweisen. Damit hat die Angelegenheit, nach dem oben Gesagten, ihre Erledigung gefunden; ein Weiterzug an die Bundesversammlung ist so wenig zulässig, als gegenüber den Entscheidungen des Bundesrates, welche die Genehmigung der Baupläne betreffen.

Wir beantragen daher, auf die Rekurseingabe des C h a r l e s Capt in V e r s - l e - L a c vom 29. N o v e m b e r 1900 w e g e n I n k o m p e t e n z n i c h t e i n z u t r e t e n .

Sollten Sie, entgegen den vorstehenden Ausführungen, der Ansicht sein, daß die Bundesversammlung kompetent sei, auf das Rekursbegehren einzutreten, so behalten wir uns vor, in einem weiteren Berichte die Gründe auseinanderzusetzen, aus welchen auch die m a t e r i e l l e Abweisung des.Rekurses erfolgen müßte.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 9. Dezember 1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Rekursbeschwerde des Charles Capt in Vers-le-Lac gegen den Beschluß des Bundesrates vom 28. September 1900 betreffend Schutz gegen Funkenwurf. (Vom 9. Dezember 1901.)

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