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Botschaft zur Volksinitiative «zur Überwachung der Preise und der Kreditzinsen» und zur Revision des Preisüberwachungsgesetzes vom 27. November 1989

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen hiermit unsere Botschaft zur Volksinitiative «zur Überwachung der Preise und der Kreditzinsen» und beantragen Ihnen, diese Initiative Volk und Ständen mit der Empfehlung auf Verwerfung zur Abstimmung vorzulegen.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, der vorgeschlagenen Revision des Preisüberwachungsgesetzes zuzustimmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

27. November 1989

1989-668

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Delamuraz Der Bundeskanzler: Buser

4 Bundesblatt. 142.Jahrgang. Bd.I

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Übersicht Am 28. September 1987 reichte die «Fédération romande des consommatrices» eine 104028 gültige Unterschriften aufweisende Volksinitiative «zur Überwachung der Preise und der Kreditzinsen» (Zweite Preisüberwachungsinitiative) ein. Die Initiative der Konsumentenorganisationen, die von den parlamentarischen Beratungen zum Preisüberwachungsgesetz (FÜG) nicht befriedigt waren, postuliert eine Ergänzung der Bundesverfassung. Damit sollen folgende Anliegen verwirklicht werden: - Einbezug der Kredite in den sachlichen Geltungsbereich der Preisüberwachung; - Möglichkeit der Abgabe von Empfehlungen des Preisüberwachers für Preise, die aufgrund anderer Rechtsvorschriften des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden festgesetzt, genehmigt oder überwacht werden; - Möglichkeit des Preisüberwachers, über die Veröffentlichung seiner Entscheide und Empfehlungen selbst befinden zu können.

Der Bundesrat beantragt, die Initiative abzulehnen. Die Bundesverfassung sollte nur das Grundsätzliche festhalten und sich nicht in Details verlieren. Sie sollte auch nicht mit Normen belastet werden, die lediglich bestehende Zuständigkeiten in einer bestimmten Weise auszunützen gebieten. Dies trifft bei der zweiten Preisüberwachungsinitiative zu; ihre Verfassungswürdigkeit ist daher grundsätzlich zu verneinen.

In materieller Hinsicht entsprechen die Anliegen der Initiative im wesentlichen den vom Parlament abgelehnten Vorschlägen des Bundesrates im Entwurf zum PüG.

Deren Realisierung erscheint dem Bundesrat auch im Lichte der bisherigen praktischen Erfahrungen mit dem PüG nach wie vor als erwünscht und zweckmässig. Es wird deshalb - im Sinne eines indirekten Gegenentwurfes zur Volksinitiative - eine Revision der entsprechenden Bestimmungen des PüG vorgeschlagen. Den Begehren der Initiantinnen soll dabei wie folgt Rechnung getragen werden: - Einbezug der Kredite in den sachlichen Geltungsbereich, unter Ausnahme der Kredittätigkeit der Schweizerischen Nationalbank (Art. l PüG); - Einführung eines Empfehlungsrechts des Preisüberwachers bei den anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungen (Art. 15 Abs. 2bis und 2ter PüG sowie Art. 5 Abs. 4 PüG und 26 Abs. 2 PüG); - Einführung eines Veröffentlichungsrechts des Preisüberwachers für Empfehlungen (Art. 4 Abs. 3 PüG).

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Botschaft I

Allgemeiner Teil

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Formelles

Am 28. September 1987 reichte die «Fédération romande des consommatrices» rechtzeitig eine mit 104028 gültigen Unterschriften versehene Volksinitiative «zur Überwachung der Preise und der Kreditzinsen» ein. Mit Verfügung vom 27. November 1987 stellte die Bundeskanzlei das formelle Zustandekommen der Initiative fest (BB1 1988 l 92).

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Wortlaut der Initiative

Die vorgeschlagene Initiative lautet: Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt:

-

Art. 31sePties Abs. 2-4 (neu) - 2 Die Preisüberwachung erstreckt sich auf die Preise von Waren, Leistungen und Krediten, mit Ausnahme der Löhne und sonstigen Arbeitsentgelte.

3 Wo Preise aufgrund anderer Rechtsvorschriften des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden festgesetzt, genehmigt oder überwacht werden, kann die Preisüberwachung auf Empfehlungen beschränkt werden.

4 Die Preisüberwachungsbehörde entscheidet über die Veröffentlichung ihrer Entscheide und Empfehlungen.

Die Übersetzungen des Initiativtextes waren vor dem Beginn der Unterschriftensammlung von den Sprachdiensten der Bundeskanzlei bereinigt worden (BB1 1986 l 902, FF 1986 I 875, FF[i] 1986 I 756).

Die Initiative ermächtigt das aus zwölf Urhebern bestehende Initiativkomitee, die Volksiriitiative mit einfacher Mehrheit zurückzuziehen.

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Gültigkeit der Initiative

Die Initiative erfüllt die Gültigkeitsvorschriften von Artikel 121 Absätze 3 und 4 der Bundesverfassung (BV) und von Artikel 75 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte (SR 161.1). Sie hat die Form des ausgearbeiteten Entwurfs und wahrt den Grundsatz der Einheit der Materie. Die Initiative ist daher als gültig zu betrachten und Volk und Ständen zur Abstimmung zu unterbreiten.

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Die geltende Rechtsordnung

Artikel 31sePties der Bundesverfassung, der mit dem positiven Ausgang der Volksabstimmung vom 28. November 1982 über die Volksinitiative «zur Verhin99

derung missbräuchlicher Preise» Eingang in die Bundesverfassung fand, lautet wie folgt: Art. 31seP"es Zur Verhinderung von Missbräuchen in der Preisbildung erlässt der Bund Vorschriften für eine Überwachung der Preise und Preisempfehlungen für Waren und Leistungen marktmächtiger Unternehmungen und Organisationen, insbesondere von Kartellen und kartellähnlichen Gebilden, des öffentlichen und privaten Rechts. Soweit es der Zweck erfordert, können solche Preise herabgesetzt werden.

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In Ausführung dieser Verfassungsbestimmung haben die Räte am 20. Dezember 1985 das Preisüberwachungsgesetz (PüG; SR 942.20) erlassen.

Das Gesetz bezweckt die Bekämpfung des Preismissbrauchs und gilt für Preise von Waren und Dienstleistungen, mit Ausnahme der Löhne und der Kredite ; es findet Anwendung für Kartelle und kartellähnliche Organisationen des privaten und öffentlichen Rechts. Ein Preismissbrauch kann nur vorliegen, wenn die Preise auf dem betreffenden Markt nicht das Ergebnis wirksamen Wettbewerbs sind. Wirksamer Wettbewerb besteht insbesondere, wenn die Abnehmer die Möglichkeit haben, ohne erheblichen Aufwand auf vergleichbare Angebote auszuweichen. Primär hat der Preisüberwacher einvernehmliche Regelungen anzustreben; kommt eine solche nicht zustande, entscheidet er einseitig. Während er bei behördlich festgesetzten oder genehmigten Preisen ein Empfehlungsrecht besitzt, steht ihm ein solches nicht zu bei Preisen, für die andere bundesrechtliche Preisüberwachungsbehörden zuständig sind. Der Preisüberwacher orientiert die Öffentlichkeit über seine Tätigkeit.

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Die zweite Preisüberwachungsinitiative

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Anlass und Absicht

Mit der Botschaft vom 30. Mai 1984 (BB1 1984 II 755) unterbreitete der Bundesrat dem Parlament seine Vorstellungen zu einem Preisüberwachungsgesetz. Im Verlaufe ihrer Beratungen nahmen die Räte mehrere Änderungen am bundesrätlichen Gesetzesentwurf vor, so unter anderem Ausklammerung der Kredite aus dem sachlichen Geltungsbereich, Streichung der Verpflichtung der anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungen zur Konsultation des Preisüberwachers sowie Streichung des Rechts des Preisüberwachers zur Veröffentlichung seiner Empfehlungen bei behördlich festgesetzten oder genehmigten Preisen.

Dieses Ergebnis befriedigte die Konsumentenorganisationen nicht. Sie sahen darin eine deutliche Diskrepanz zum Verfassungsauftrag. Dies bewog insbesondere die Konsumentenverbände der Westschweiz und des Tessins, erneut eine Volksinitiative zu lancieren, um ihren Anliegen Nachdruck zu verleihen und ihnen zum Durchbruch zu verhelfen. Insbesondere plädierten sie dabei für eine Beachtung des Volkswillens, für die Gleichheit aller Wirtschaftszweige vor dem Gesetz und für eine bessere Information der Öffentlichkeit.

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Hauptanliegen der Initiative

Der Initiativtext verlangt, dass - die Kredite in den sachlichen Geltungsbereich einbezogen werden bzw. die Löhne und sonstigen Arbeitsentgelte davon ausgeschlossen bleiben; - der Preisüberwachung im Minimum die Möglichkeit der Abgabe von Empfehlungen eingeräumt werden soll für Preise, die aufgrund anderer Rechtsvorschriften des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden festgesetzt, genehmigt oder überwacht werden; - die Preisüberwachungsbehörde selbst über die Veröffentlichung ihrer Entscheide und Empfehlungen befindet.

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Rechtliche Beurteilung

Die Bundesverfassung sollte entsprechend ihrer Funktion als rechtliche Grundordnung des Staates nur das Grundsätzliche festhalten und sich nicht in Details verlieren. Dieser Leitgedanke ist zwar immer wieder durchbrochen worden; doch darf und kann dies nicht bedeuten, er müsse aufgegeben werden. Die Bundesverfassung sollte auch nicht mit Normen belastet werden, die lediglich bestehende Zuständigkeiten in einer bestimmten Weise auszunützen gebieten.

Dies ist bei der zweiten Preisüberwachungsinitiative der Fall. Ihre Verfassungswürdigkeit ist daher grundsätzlich zu verneinen (vgl. in diesem Sinne schon die Botschaften des Bundesrates zur Ferieninitiative, BB1 1982 III 220 f. ; zur Kündigungsschutzinitiative, BB1 1984 II 579 f. und zur Kleinbauerninitiative, BB1 1988 I 638 f.). Dies gilt in ganz besonderer Weise, wenn die Initiative nicht nur dem Gesetzgeber Anweisungen gibt, sondern sogar die rechtsanwendende Behörde direkt anweist.

Laut Artikel 31septles Absatz 2 BV in der Fassung der Initiative soll sich die Preisüberwachung auf die Preise von Waren, Leistungen und Krediten, mit Ausnahme der Löhne und sonstigen Arbeitsentgelte erstrecken. Gegenüber der geltenden Regelung im Preisüberwachungsgesetz (Art. 1) kämen neu die Kredite hinzu. Dafür bedarf es indessen keiner Verfassungsänderung. Der Bundesrat hat bereits in seiner Botschaft zum Preisüberwachungsgesetz den Einbezug der Kredite beantragt (vgl. Botschaft, BB1 1984 II 779 f. und 798, Art. 1). Die Ausnahme der Kredite im geltenden Preisüberwachungsgesetz geht auf einen Beschluss der eidgenössischen Räte zurück.

Nach Artikel 31septles Absatz 3 BV in der Fassung der Initiative kann die Preisüberwachung auf Empfehlungen beschränkt werden, wo Preise aufgrund anderer Rechtsvorschriften des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden festgesetzt, genehmigt oder überwacht werden. Diese Empfehlungskompetenz kann ebenfalls gestützt auf die geltende Verfassungsbestimmung eingeführt werden.

Der Bundesrat hat seinerzeit in der Botschaft zu einem Preisüberwachungsgesetz eine entsprechende Regelung vorgeschlagen (vgl. BB1 1984 II 789 f. und 800, Art. 13 und 14). Die eidgenössischen Räte haben aber die Pflicht der anderen Preisüberwachungsbehörden des Bundes, den Preisüberwacher vor ihrem Entscheid zu konsultieren, gestrichen.

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Nach Artikel 31sePties Absatz 4 BV in der Fassung der Initiative entscheidet die Preisüberwachungsbehörde über die Veröffentlichung ihrer Entscheide und Empfehlungen. Auch diese Bestimmung lässt sich ohne weiteres auf die geltende Verfassungsgrundlage abstützen.

Daraus folgt, dass die Anliegen der Initiative bereits gestützt auf den geltenden Preisüberwachungsartikel der Bundesverfassung erfüllt werden können. Es fehlt ihr demnach die Verfassungswürdigkeit.

Im übrigen ist die Initiative mit der Unzukömmlichkeit behaftet, dass sie teilweise direkt anwendbares Recht enthält (Art. 31sePties Abs. 2 und 4 BV), teilweise aber der Ausführung durch den Gesetzgeber bedarf (Art. 31septi<=s Abs. 3 BV).

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Sachliche Beurteilung

Was den Einbezug der Kredite in den sachlichen Geltungsbereich des Preisüberwachungsgesetzes anbetrifft, ist der Bundesrat weiterhin der Auffassung, dass es nicht gerechtfertigt ist, den Kreditmarkt von der Preisüberwachung auszunehmen. Es besteht zudem eine Divergenz zum Geltungsbereich des Kartellgesetzes, der den Kreditmarkt miterfasst. Löhne und andere Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis sind gemäss geltendem Recht vom sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Die Initiative verlangt insoweit also nichts Neues.

Die Initiative fordert weiter, dass dem Preisüberwacher für Preise, die aufgrund anderer; Rechtsvorschriften des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden festgesetzt, genehmigt oder überwacht werden, mindestens ein Empfehlungsrecht einzuräumen sei.

Bei Preisen von Kartellen und ähnlichen Organisationen, die von einer Exekutive des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden festgesetzt oder genehmigt werden, verfügt der Preisüberwacher bereits heute über ein Empfehlungsrecht.

Weitergehende Kompetenzen in diesem Bereich sind aus staatspolitischen Gründen abzulehnen. Es kann nicht Sinn der Preisüberwachung sein, die staatliche Führungs- und Entscheidstruktur zu beeinträchtigen.

Kein derartiges Empfehlungsrecht hat der Preisüberwacher gegenüber; den anderen mit Preisüberwachungskompetenzen ausgestatteten Bundesbehörden (Art. 15 PüG). Ein solches Mitspracherecht des Preisüberwachers, wie wir dies bereits im Entwurf zum PüG vorgeschlagen hatten, schiene uns nach wie vor sinnvoll. Die Entscheidkompetenz soll allerdings bei der zuständigen Behörde bleiben.

Die dritte Forderung der Initiative betrifft ein selbständiges Veröffentlichungsrecht des Preisüberwachers für seine Empfehlungen. Der bundesrätliche Entwurf zum Preisüberwachungsgesetz hatte die Möglichkeit des Preisüberwachers, seine Empfehlungen im Falle von behördlich festgesetzten oder genehmigten Preisen von Kartellen und ähnlichen Organisationen zu veröffentlichen, ausdrücklich vorgesehen. Damit sollte den Empfehlungen des Preisüberwachers vermehrter Nachdruck verliehen und die in diesen Fällen fehlende Verfügungs102

möglichkeit wenigstens zum Teil kompensiert werden. Mit diesem Vorschlag drang der Bundesrat in der parlamentarischen Beratung aber nicht durch. Der Preisüberwacher kann deshalb heute wohl seine Entscheide (und einvernehmlichen Regelungen), nicht aber seine Empfehlungen veröffentlichen. Mit der Ausdehnung der Veröffentlichungskompetenz auf Empfehlungen wäre es dem Preisüberwacher möglich, seine Preisüberlegungen auch in diesen, von der Öffentlichkeit als bedeutsam beurteilten Bereichen bekanntgeben zu können.

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Haltung des Bundesrates

In materieller Hinsicht entsprechen die Anliegen der Initiantinnen im wesentlichen den vom Parlament abgelehnten Vorschlägen des Bundesrates im Entwurf zürn Preisüberwachungsgesetz. Deren Realisierung erscheint auch im Lichte der bisherigen praktischen Erfahrungen mit dem PüG als erwünscht und zweckmässig.

Die rechtliche Beurteilung der Initiativbegehren macht deutlich, dass diesen die Verfassungswürdigkeit fehlt; die Anliegen der Initiative können bereits gestützt auf den geltenden Preisüberwachungsartikel der BV erfüllt werden.

Aufgrund dieser Überlegungen schlagen wir vor, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen und den Begehren der Initiantinnen mit einer Revision des PüG als indirektem Gegenentwurf zur Volksinitiative - Rechnung zu tragen.

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Die Revision des Preisüberwachungsgesetzes

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Vorarbeiten

Mit Beschluss vom 24. August 1988 beauftragte der Bundesrat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, den Entwurf für eine Revision des PüG vorzubereiten. Der Vorschlag einer verwaltungsinternen Arbeitsgruppe wurde einem ordentlichen Vernehmlassungsverfahren unterzogen.

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Ergebnisse des Vernehmlässungsverfahrens

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Allgemeines

Insgesamt gingeh 71 Stellungnahmen ein. Diese verteilten sich auf 26 Kantone, acht Parteien und 37 interessierte Organisationen; deren vier (drei Kantone, eine interessierte Organisation) verzichteten ausdrücklich auf eine materielle Aussage zur Revisionsvorlage.

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Gesamtbeurteilung

Generell lässt sich feststellen, dass die aktuellen Stellungnahmen der Vernehmlassungsadressaten zur Revision jenen bei der Schaffung des PüG sehr ähnlich waren.: Die Vorstellungen des Bundesrates wurden von einer Mehrheit der Kantone sowie von allen Arbeitnehmer-, Konsumenten- und Frauenorganisationen 103

gutgeheissen. Demgegenüber lehnten die Spitzenverbände der Wirtschaft, die Arbeitgeberorganisationen sowie weitere Organisationen der Wirtschaft sowohl die zweite Preisüberwachungsinitiative als auch die PüG-Revisionsvorschläge des Bundesrates zum überwiegenden Teil ab. Die beiden grossen bürgerlichen Bundesratsparteien (CVF, FDP) sowie eine weitere Partei (LPS) stellten sich ebenfalls gegen die Revision, während die übrigen stellungnehmenden Parteien diese ganz oder teilweise befürworteten.

Die Stellungnehmenden waren sich - wenn auch aus unterschiedlichen Motiven - darin weitgehend einig, dass die mit der Volksinitiative postulierten Anliegen kaum verfassungswürdig bzw. der geltende Verfassungsartikel für eine Regelung auf Gesetzesstufe ausreichend seien. Umstritten dagegen war, inwieweit diese Begehren überhaupt verwirklicht werden sollen.

Im Rahmen der Vernehmlassung wurden ebenfalls einige weitere Revisionsvorschläge eingebracht.

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Beurteilung einzelner Bestimmungen

Die Arbeitnehmer-, Konsumenten- und Frauenverbände stimmten der Kreditzinsüberwachung praktisch uneingeschränkt zu; begrüsst wurde diese auch von einer Mehrheit der Kantone und der Parteien sowie im weiteren von einzelnen Wirtschaftsunternehmen und Zweckverbänden.

Hauptsächlich folgende Argumente wurden für den Einbezug vorgebracht: der Begriff «Dienstleistung» beinhalte auch die Kredite, die Privilegierung des Kreditmarktes verstosse gegen das Prinzip der Rechtsgleichheit, es lasse sich damit Kongruenz zum sachlichen Geltungsbereich des Kartellgesetzes herstellen, die Tatsache der Unterstellung der Kredite könnte bereits den Wettbewerb fördern, vom verstärkten Wettbewerb dürften vor allem die Klein- und Mittelbetriebe Nutzen ziehen. Für praktisch alle Befürworter war selbstverständlich, dass auch bei einer allfälligen Unterstellung der Kredite die Autonomie der Schweizerischen Nationalbank in der Geldmengenpolitik gewährleistet bleiben müsse.

Demgegenüber lehnten sowohl die wirtschaftlichen Spitzenverbände, die Arbeitgeberorganisationen, einzelne Kantone und Parteien sowie wirtschaftliche Branchenverbände den Einbezug der Kredite in den sachlichen Geltungsbereich der Preisüberwachung ab.

Die Kredite könnten nicht einfach anderen Dienstleistungen gleichgesetzt werden. Es bestehe die Gefahr, dass bei der Zinsüberwachung Einzelaspekte ohne Rücksicht auf Gesamtzusammenhänge herausgegriffen würden (insbesondere bei den politisch sensiblen, konjunktur- und währungspolitisch bedeutsamen Hypothekarkreditzinsen). Es könnte auch zu einem Konflikt mit der stabilitätsorientierten Geldmengenpolitik der Schweizerischen Nationalbank kommen.

Eingriffe des Preisüberwachers könnten die Marktversorgung empfindlich stören und insbesondere zu einer Verringerung der Zahl der Hypothekarkreditanbieter führen. Die Zinsüberwachung sei nicht nötig, da im Kreditsektor starker Wettbewerb herrsche. Als Folge der Globalisierung der Finanzmärkte sei auf dem internationalen Finanzsektor eine weitere Verschärfung des Wettbewerbs zu erwarten. In keinem der EG-Staaten sei eine Zinsüberwachung etabliert, eine 104

solche stehe im Gegensatz zur Liberalisierung der Geld- und Kapitalmärkte auf internationaler Ebene. Die Zinsüberwachung würde dem Preisüberwacher auch erhebliche Schwierigkeiten bereiten, insbesondere bei der Festlegung geeigneter, sachlich einwandfreier Kriterien zur Feststellung missbräuchlicher Preise.

Die Einführung eines Empfehlungsrechts des Preisüberwachers bei den anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungen fand die geschlossene Zustimmung der Arbeitnehmer-, Konsumenten- und Frauenorganisationen; auch die Kantone äusserten sich dazu grossmehrheitlich positiv. Die Mehrheit der stellungnehmenden Parteien, einzelne Wirtschaftsunternehmen sowie Zweckverbände unterstützten den bundesrätlichen Vorschlag ebenfalls.

Das Empfehlungsrecht sei nötig, da Preisüberwacher und andere Preisüberwachungsstellen primär nicht die gleichen Ziele verfolgten. Der heutigen Lösung fehle es an Transparenz. Es Hesse sich damit auch eine Vereinheitlichung in der Anwendung und Auslegung relevanter Begriffe fördern. Das Empfehlungsrecht diene in erster Linie der besseren Koordination zwischen den verschiedenen, mit Preisüberwachungsaufgaben betrauten Bundesstellen. Nicht zuletzt würde mit diesem Empfehlungsrecht Übereinstimmung zum Verfahren der Preisfestsetzung im Falle behördlich festgesetzter oder genehmigter Preise hergestellt.

Demgegenüber lehnten die Spitzenverbände der Wirtschaft, die Arbeitgeberorgänisationen, die drei bürgerlichen Bundesratsparteien, einzelne Kantone sowie Unternehmen und Branchenverbände, die vom entsprechenden Empfehlungsrecht hauptsächlich betroffen sein könnten, diese Neuerung ab.

Die bestehende Aufgabenteilung zwischen Preisüberwachung und anderen Preisüberwachungsstellen sei sinnvoll; der nötige Sachverstand sei bei den anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungsstellen bereits vorhanden; die bisherigen Kontrollen hätten gut funktioniert. Ein Empfehlungsrecht des Preisüberwachers bringe die Gefahr unnötiger Doppelspurigkeiten und zusätzlichen administrativen Aufwands mit sich. Eine entsprechende Instruktion der besonderen Preisüberwachungsstellen würde genügen, damit diese Wettbewerbs- und preisüberwachungsrelevante Fragen selbst kompetent beurteilen könnten.

Im Bereich der Versicherungstarife sei der Vorschlag eines Empfehlungsrechts überflüssig, da die Bestimmungen des
Versicherungsaufsichtsgesetzes über den Geltungsbereich des PüG hinausgingen. Bezüglich der Luftverkehrstarife laufe unser Land mit der Einführung eines Empfehlungsrechts Gefahr, staatsvertraglichen Pflichten aus Luftverkehrsabkommen nicht mehr Genüge tun zu können.

Das Veröffentlichungsrechtfür Empfehlungen wurde von den Kantonen und Parteien fast einstimmig unterstützt; sämtliche Arbeitnehmer-, Konsumenten- und Frauenorganisationen sowie einzelne Unternehmen und Zweckverbände stimmten ihm zu.

Das Veröffentlichungsrecht würde den Empfehlungen grösseres Gewicht verleihen und die Stellung des Preisüberwachers stärken. Es könnte - insbesondere für die Konsumenten - mehr Transparenz schaffen. Von ihm dürfte letztlich auch eine wettbewerbsfördernde Wirkung ausgehen.

Gegen das Veröffentlichungsrecht sprachen sich je ein Kanton und eine Partei aus; die wirtschaftlichen Spitzenverbände und Arbeitgeberorganisationen sowie wenige Zweckverbände lehnten dieses ebenfalls ab.

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Der Preisüberwacher verfüge bereits heute über ausreichende Informationsmöglichkeiten. Das Veröffentlichungsrecht könne kaum zur Versachlichung der Diskussion beitragen, vielmehr würde es zur Emotionalisierung führen. Es könnte auch als Druckmittel missbräucht werden und dazu verleiten, die Suche nach einvernehmlichen Regelungen frühzeitig aufzugeben.

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Stellungnahme der Kartellkommission

Die Kartellkommission legt Wert auf die Feststellung, dass mit der Neuformulierung von Artikel l PüG die materielle Kongruenz des sachlichen Geltungsbereichs von Kartellgesetz und Preisüberwachungsgesetz hergestellt sei. Die beiden verbalen Abweichungen zum Kartellgesetz, nämlich «Dienstleistungen» und «einschliesslich Kredite», hätten weder einschränkenden noch ausweitenden Charakter; sie dienten lediglich der Verdeutlichung.

Im Bereich der Kreditpolitik könnten sich ihrer Ansicht nach theoretisch Überschneidungen .zwischen der Tätigkeit der Schweizerischen Nationalbank und des Preisüberwachers ergeben. Praktisch sei es jedoch so, dass nur die Nationalbank gestaltend auf das Zinsniveau einwirken könne, während dem Preisüberwacher die Überprüfung der Zinsmarge vorbehalten bleibe. Die Kartellkommission erachtet es als nötig, das Verhältnis von Schweizerischer Nationalbank und Preisüberwacher umfassend darzulegen.

Die Kartellkommission begrüsst das selbständige Veröffentlichungsrecht des Preisüberwachers; nur so könne sich die präventive Wirkung seines Handelns voll entfalten. Ebenfalls sei sie damit einverstanden, dass die anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungsstellen die Kartellkommission für die Abklärung gewisser Sachverhalte zu konsultieren hätten, und dass der Bundesrat zum Erlass von Ausführungsvorschriften ermächtigt werden solle.

Das Empfehlungsrecht des Preisüberwachers gegenüber den anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungen sei grundsätzlich zu befürworten. Allerdings gelte es in diesem Zusammenhang auf das Problem der staatlichen Markt- und Preisordnungen hinzuweisen, wo dem Erfordernis des Vorliegens von Kartellen oder ähnlichen Organisationen keine wörtlich zu nehmende Bedeutung im strengen Sinne der Artikel 2-5 des Kartellgesetzes zukomme. Das Empfehlungsrecht der Kartellkommission im Bereiche dieser staatlichen Markt- und Preisordnungen sei im übrigen nicht an das Bestehen von Kartellen und ähnlichen Organisationen geknüpft. In seinem Kommentar zu den Artikeln 14 und 15 PüG (S. 866 ff. und S. 884 f.) komme auch Leo Schürmann zum Schluss, die Begriffe des Kartells seien hier in einer ausdehnenden, die Artikel 2-5 des Kartellgesetzes sprengenden Weise zu definieren.

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Hauptelemente der PüG-Revision

In Kenntnis der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens beantragen wir, folgende Bestimmungen des Preisüberwachungsgesetzes zu revidieren: - Einbezug der Kredite in den sachlichen Geltungsbereich, unter Ausnahme der Kredittätigkeit der Schweizerischen Nationalbank (Art. l PüG); 106

- Einführung eines Empfehlungsrechts des Preisüberwachers bei den anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungen (Art. 15 Abs. 2 bls und 2ter PüG sowie Art. 5 Abs. 4 PüG und 26 Abs. 2 PüG); - Einführung eines Veröffentlichungsrechts des Preisüberwachers für Empfehlungen (Art. 4 Abs. 3 PüG).

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Grundsätzliche Bemerkungen zum Revisionsentwurf

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Wettbewerbspolitische Einordnung

Im Unterschied zur konjunkturpolitisch motivierten Preisüberwachung der Jahre 1973-1978 liegt dem geltenden Preisüberwachungsgesetz eine wettbewerbspolitische Konzeption zugrunde. Das Gesetz gilt für Kartelle und kartellähnliche Organisationen des privaten und öffentlichen Rechts im Sinne des Kartellgesetzes (Art. 2 Abs. l PüG). Ein Preismissbrauch ist ausgeschlossen, wenn die Preise das Ergebnis wirksamen Wettbewerbs sind (Art. 12 PüG). Eingriffe des Preisüberwachers erfolgen demnach nur auf Märkten, wo der Wettbewerb seine Steuerungsfunktion nicht oder nur eingeschränkt ausüben kann. Mit dieser wettbewerbspolitischen Verankerung ist die Preisüberwachung in einem dem Wettbewerb verpflichteten Wirtschaftssystem zielkonform. Daran wird mit der vorgeschlagenen Gesetzesrevision nicht gerüttelt. Die zentralen Bestimmungen im geltenden Recht - der persönliche Geltungsbereich gemäss Artikel 2 PüG und der wettbewerbspolitische Grundsatz gemäss Artikel 12 PüG - werden in keiner Weise in Frage gestellt. Vielmehr handelt es sich um eine punktuelle Revision, welche im wesentlichen die Anliegen der Initiative aufnimmt und gewisse Lücken im Gesetz schliesst.

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Bisherige Erfahrungen mit dem Preisüberwachungsgesetz

Die bisherigen Erfahrungen bei der Anwendung des PüG haben bestätigt, dass auf gewissen Märkten die Preise nicht das Ergebnis wirksamen Wettbewerbs darstellen. Als Ursache dafür stehen im privaten Bereich Kartellabsprachen und kartellähnliche Organisationen im Vordergrund. Daneben haben aber auch jene Fälle keine geringe Rolle gespielt, wo Wettbewerb und freie Preisbildung nicht dufch private Abrede, sondern durch gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen sind.

Hinzuweisen ist dabei etwa auf monopolistische Preise von staatlichen oder gemischtwirtschaftlichen Unternehmen oder auf Preisfestsetzungen im Rahmen von staatlichen Markt- und Preisordnungen. Der Preisüberwacher hat in verschiedenen Fällen Missbräuche festgestellt und erreicht, dass auf eine Preiserhöhung ganz oder teilweise verzichtet bzw. die Erhöhung hinausgeschoben wurde. Sämtliche Resultate konnten dabei im Gespräch mit den betroffenen Unternehmen auf einvernehmlicher Basis erreicht werden.

Noch nie musste der Preisüberwacher bisher eine Preisherabsetzungsverfügung erlassen. Es entspricht dies den Intentionen des Gesetzgebers, wonach primär einvernehmliche Regelungen zu suchen sind und als ultima ratio eine Verfügung getroffen wird. In vielen Fällen bestand die Aufgabe des Preisüberwachers aber auch darin, den Konsumenten zu erläutern, weshalb eine bestimmte Preis107

erhöhung nicht als missbräuchlich bezeichnet werden kann. Oft ging es ebenfalls darum, den Konsumenten zu erklären, dass keine Preisbildung eines Kartells oder einer kartellähnlichen Organisation vorliegt bzw. dass ein Missbrauch infolge wirksamen Wettbewerbs ausgeschlossen werden kann.

Die Schaffung wirksamen Wettbewerbs ist und bleibt Aufgabe der Kartellkommission und der Wettbewerbspolitik. Der Preisüberwacher greift typischerweise gerade dort ein, wo es nicht gelingt, wirksamen Wettbewerb zu schaffen oder wo wirksamer Wettbewerb - z. B. aus übergeordneten öffentlichen Interessen gar nicht gewollt ist. Kartellgesetz und Preisüberwachungsgesetz sind in diesem Sinne komplementär.

Hinweisen möchten wir im übrigen auch auf die Tatsache, dass das Preisüberwachungsgesetz selber eine wettbewerbsfördernde Wirkung entfalten kann. Aus der bisherigen Praxis sind Fälle bekannt, wo Unternehmen ihre kartellistischen Bindungen gelockert oder aufgehoben und für mehr Wettbewerb gesorgt und so den unmittelbaren Eingriff des Preisüberwachers gleichsam überflüssig gemacht haben; eine Wirkung, die gemeinhin unterschätzt wird.

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Einbezug der Kredite in den sachlichen Geltungsbereich

Gemäss Artikel 31sepües gy gilt die Preisüberwachung für Preise und Preisempfehlungen im Bereich der Waren und Leistungen. Grundsätzlich werden mit dem Begriff «Leistungen» auch die Kredite erfasst. Das geltende Preisüberwachungsgesetz schliesst die Kredite jedoch ausdrücklich aus dem sachlichen Geltungsbereich aus.

Mit der vorgeschlagenen Revision soll der sachliche Geltungsbereich des Preisüberwachungsgesetzes neu ebenfalls auf die Preise für Kredite - also auf die Kreditzinsen - ausgeweitet werden. Das Kreditgeschäft wird vor allem von Banken betrieben. Bezüglich wettbewerbsbeschränkender Abmachungen mit Inlandauswirkungen ausserhalb des Kreditzinsbereiches (z. B. Courtage-, Kommissionsgebühren) unterliegen diese bereits heute den Bestimmungen des Preisüberwachungsgesetzes.

Wie in allen andern Bereichen kann der Preisüberwacher auch bei den Krediten erst dann tätig werden, wenn ein Kartell oder eine kartellähnliche Organisation - beispielsweise eine Vereinbarung über einheitliche Kreditzinssätze - besteht und wirksamer Wettbewerb fehlt.

Ansatzpunkt für die Zinsüberwachung bei den heutigen Wettbewerbsverhältnissen müsste für den Preisüberwacher das Vorhandensein eines Zinskonveniums bilden. Die heute bestehenden Zinskonvenien legen die Kreditzinssätze nur im lokalen bzw. regionalen Bereich fest.

Fehlender wirksamer Wettbewerb im Bankensektor kann irisbesondere für mittelständische Unternehmungen in Industrie, Gewerbe, Handel und Fremdenverkehr nachteilig sein. Die Verwurzelung im lokalen bzw. regionalen Bereich und die daraus entstehenden Bankverbindungen machen es ihnen praktisch unmöglich, für die unterschiedlichen Finanzierungsbedürfnisse auf vergleichbare Angebote anderer Banken ausserhalb des Platzkonveniums auszuweichen.

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Zur Klärung, ob am Kreditmarkt ein Missbrauchstatbestand vorliegt, kommen grundsätzlich die allgemeinen Beurteilungselemente gemäss Artikel 13 PüG zur Anwendung. Unter Berücksichtigung der besonderen Marktverhältnisse stehen der Preisüberwachung vor allem die Vergleichsmarkt- und Kostenmethode zur Verfügung. Beim Vergleichsmarktkonzept hält die Preisüberwachung nach Märkten Umschau, auf denen gleiche Leistungen gehandelt werden und gleiche oder ähnliche Strukturen bestehen, der Wettbewerb jedoch funktioniert. In Frage kommen dabei insbesondere die Kreditmärkte in anderen Regionen oder in vergangenen Zeitperioden. Aufschlussreich kann auch das Verhalten von an einem Zinskonvenium nicht beteiligten Kreditgebern (Aussenseitern) sein.

Als zweite wichtige Methode steht das Kostenprinzip zur Verfügung. Die Ermittlung und Beurteilung der Kosten- und Ertrags Strukturen und somit der Zinsmargen wird dabei im Vordergrund stehen. Bei der Berechnung der Kosten für die Finanzierung der Kredite (Refinanzierungskosten) wird vor allem auf die Spar-, Depositen- und Einlagegelder, Festgelder, Kassenobligationen, Pfandbriefe und Anleihensobligationen - unter Berücksichtigung der aktuellen Zinssätze - abzustellen sein. Margenveränderungen können zum Beispiel durch zeitlich verschobene Anpassung der Aktiv- und Passivzinssätze oder durch eine Veränderung der Refinanzierungsstruktur entstehen.

Es obliegt dem Preisüberwacher, die im Einzelfall tauglichen Beurteilungsinstrumente zu bestimmen. Diese hängen vom konkreten Kartelltatbestand, den besonderen Marktverhältnissen und der Datenlage ab. In jedem Fall hat der Preisüberwacher das Gespräch mit den betroffenen Banken zu suchen und auf die Datenlage sowie die speziellen Branchenverhältnisse Rücksicht zu nehmen.

Auslösender Faktor für eine Untersuchung des Preisüberwachers könnte z. B.

eine Situation sein, in der die Banken an einem kartellfreien Bankplatz, gestützt auf ein Signal der Nationalbank, die Kreditzinssätze ohne Verzögerung sofort senken, während an einem Bankplatz mit kartellistischen Verhältnissen keine oder eine verzögerte Reaktion auf die veränderte Geldpolitik der Nationalbank stattfindet. In einer solchen Situation würde der Preisüberwacher die betroffenen Banken um eine Erklärung für ihre Preisbeibehaltung ersuchen. Es wäre aufgrund von Kosten- und
Margenvergleichen sowie in Würdigung der speziellen Marktverhältnisse und der Erklärungen der Banken zu prüfen, ob sich die Beibehaltung des bisherigen Zinsniveaus sachlich begründen lässt.

Dieses Beispiel macht deutlich, dass eine volkswirtschaftlich vernünftige Kreditzinsüberwachung nur nach sorgfältiger Abklärung der konkreten Markt- und Kartellverhältnisse und in Zusammenarbeit zwischen Preisüberwacher und den betroffenen Kreisen erfolgen kann. Dazu gehört insbesondere auch die Schweizerische Nationalbank, deren Aufgabe es ist, auf ein stabiles Preisniveau, eine ausgeglichene Wechselkursentwicklung und ein angemessenes Zinsniveau hinzuwirken. Die Zinsüberwachung darf keinesfalls die Massnahmen der Nationalbank auf dem Gebiete des Geldwesens und der Konjunkturpolitik in Frage stellen. Der rechtzeitigen und gegenseitigen Information sowie einer guten Zusammenarbeit zwischen Nationalbank und Preisüberwachung kommt daher grosse Bedeutung zu. Die Nationalbank muss ihre geldpolitischen Absichten der Wirtschaft über die Zinssätze mitteilen können. Diese Zinssätze müssen also beweglich sein und auf die Geldpolitik reagieren. Der Preisüberwacher soll gerade 109

dort eingreifen, wo diese Reaktion durch Kartelle oder kartellähnliche Organisationen verzögert, beschränkt oder verhindert wird. Die diesbezüglichen Überlegungen, wie sie bereits in der Botschaft zum PüG (BB1 1984 II 779) angestellt wurden, sind also weiterhin gültig.

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Empfehlungsrecht des Preisüberwachers bei den anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungen

Neben dem Preisüberwachungsgesetz legen einige andere Bundesgesetze Preisüberwachungskompetenzen fest. So überwacht namentlich die Eidgenössische Preiskontrollstelle, gestützt auf das Bundesgesetz über geschützte Warenpreise, Preise und Margen bei bestimmten landwirtschaftlichen Produkten. Das Bundesamt für Privatversicherungswesen kontrolliert die Prämientarife der privaten Versicherungsgesellschaften. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt hat eine Überwachungsfunktion bei den Flugtarifen und Flughafengebühren. Die Tarife von Transportunternehmungen des öffentlichen Verkehrs werden vom Bundesamt für Verkehr überwacht. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat Kontrollbefugnisse unter anderem gegenüber den von den Krankenkassen zu übernehmenden Medikamenten und Analysen. Gestützt auf das Getreidegesetz überwacht die Eidgenössische Getreideverwaltung die Brot- und Mehlpreise.

Das Verhältnis dieser speziellen bundesrechtlichen Preisüberwachungen zur Preisüberwachung gemäss Preisüberwachungsgesetz ist in Artikel 15 PüG geregelt. In Absatz l ist bestimmt, dass diese Preise nach wie vor durch die zuständigen Behörden anstelle des Preisüberwachers beurteilt werden.

Bis heute hatte der Preisüberwacher in diesen Bereichen also keine Einflussmöglichkeit. Immerhin haben sich die anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungsbehörden im Bereiche von Kartellen und ähnlichen Organisationen nach dem Preisüberwachungsgesetz zu richten, soweit es mit den Zielen ihrer Überwachung vereinbar ist (Art. 15 Abs. 2 PüG). Eine Konsultation der betroffenen Bundesstellen hat indessen ergeben, dass diese Bestimmung nahezu ohne praktische Bedeutung ist. Der Grund liegt darin, dass sich diese Behörden entweder nicht in der Lage sehen zu beurteilen, ob in ihren Bereichen Kartelle oder ähnliche Organisationen vorliegen oder ob wirksamer Wettbewerb herrscht oder dass sie der Auffassung sind, in den von ihnen überwachten Bereichen existierten gar keine kartellistischen Gebilde. Will man dem wettbewerbspolitischen Grundsatz, der dem Preisüberwachungsgesetz zugrunde liegt, vermehrt zum Durchbruch verhelfen, so erscheint es demnach erforderlich, dem Preisüberwacher auch in den durch andere Bundesstellen überwachten Bereichen ein Empfehlungsrecht einzuräumen.

Der heutigen Regelung fehlt es an Transparenz. Oft entscheiden Zufälligkeiten
darüber, ob der Preisüberwacher zu einem bestimmten Preis etwas zu sagen hat oder nicht. Es scheint staatspolitisch fragwürdig, dass der Bundesrat als oberstes Exekutivorgan den Preisüberwacher vor dem Entscheid anzuhören hat, ihm untergeordnete Verwaltungseinheiten dagegen nicht. Die Einräumung eines Empfehlungsrechtes für den Preisüberwacher ist auch unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt. Das Empfehlungsrecht erleichtert ferner die Koordination 110

der Tätigkeiten der mit Preisüberwachungsaufgaben betrauten Behörden und ermöglicht eine gewisse Einheitlichkeit in der Auslegung der kartell-, Wettbewerbs- und'preisüberwachungsrechtlichen Begriffe. So gesehen dient die vorgeschlagene Lösung letztlich der rechtsgleichen Beurteilung der Preise von Kartellen und kartellähnlichen Organisationen.

Gemäss Artikel 15 Absatz 2bls PüG haben die zuständigen Behörden den Preisüberwacher über die von ihnen vorzunehmenden Preisbeurteilungen - soweit sie Kartelle und kartellähnliche Organisationen betreffen - zu orientieren. Dieser kann beantragen, auf eine Preiserhöhung ganz oder teilweise zu verzichten oder einen missbräuchlich beibehaltenen Preis zu senken. Gemäss Artikel 15 Absatz 2ter PüG hat die zuständige Behörde die Stellungnahme des Preisüberwächers in ihrem Entscheid anzuführen. Wenn sie ihr nicht folgt, so hat sie dies zu begründen. Die vorgeschlagene Lösung entspricht der Regelung in Artikel 14 PüG. Diese Bestimmung hat sich in der bisherigen Praxis auf allen Ebenen Bund, Kantone und Gemeinden - bewährt. Artikel 15 Absatz l PüG bleibt unverändert. An der Entscheidungskompetenz der zuständigen Behörden ändert sich also nichts. In den nicht kartellisierten Bereichen kommt den anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungsbehörden im übrigen nach wie vor die alleinige Überwachungskompetenz zu.

Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass Kartellkommission und Preisüberwacher in ihrer ständigen Praxis die Begriffe Kartell und kartell ähnliche Organisation im Bereiche von konzessionsweise erschlossenen Märkten oder im Bereiche staatlicher Markt- und Preisordnungen in einem weiten Sinne auslegen (vgl.

Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission und des Preisüberwachers I a, 1989, S. 48 und I b, 1989, S. 34 sowie Schürmann, in: Schürmann/ Schluep, Kartellgesetz und Preisüberwachungsgesetz, Zürich 1988, S. 866 ff. und S. 884 ff.). Diese Auslegung entspricht der Auffassung der Initianten der ersten Preisüberwachungsinitiative (BB1 1981 III 362). Sie deckt sich auch mit unseren Ausführungen in der Botschaft zum Preisüberwachungsgesetz (BB1 1984 II 763 und 775 f.). Diese Praxis geht über den Wortlaut der Geltungsbereichsbestimmung des PüG hinaus. Auf eine Anpassung von Artikel 2 PüG kann unseres Erachtens allerdings verzichtet werden: die erwähnte Praxis
ist hinreichend gefestigt, sie entspricht Sinn und Zweck des PüG, so dass der Wortlaut - nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung - keine unüberwindliche Hürde für die Auslegung ist (BGE 110 I b 8, 111 I b 8).

Die beiden Wettbewerbsbehörden gehen davon aus, dass eine Beschränkung des Wettbewerbs und damit die Gefahr eines Preismissbrauchs nicht bloss durch private Abrede oder infolge einer marktmächtigen Stellung gegeben sein kann, sondern auch dann, wenn - wie im Bereiche staatlicher Markt- und Preisordnungen - aus übergeordneten Gründen des öffentlichen Interesses eine Wettbewerbswirtschaft gar nicht erwünscht ist. Die Artikel 14 und 15 PüG betreffen denn auch vorab diesen zweiten Bereich. Bei Fehlen einer Wettbewerbsordnung infolge gesetzlicher Vorschriften liegen indessen häufig nicht Kartelle oder kartellähnliche Organisationen in optima forma vor. Kartelle im Sinne von privaten Abreden erübrigen sich gleichsam, weil schon staatliche Regelungen die entsprechende Beeinträchtigung oder sogar einen gänzlichen Ausschluss des wirksamen Wettbewerbs bewirken. Preisüberwacher und Kartellkommission 111

sind übereinstimmend zum Schluss gelangt, dass auch diese Sachverhalte gesetzlich verordneter Kartelle vom Geltungsbereich des Preisüberwachungsgesetzes erfasst werden. Das bedeutet z. B. für den Bereich der obligatorischen Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung - wo ein gesetzlich vorgeschriebener verbindlicher Einheitstarif besteht -, dass Tarifgestaltung und Prämienfestsetzungen vor dem Entscheid des Bundesamtes für Privatversicherungswesen inskünftig nicht bloss der Eidgenössischen Konsultativkommission zur Begutachtung, sondern auch dem Preisüberwacher zu einer Stellungnahme vorgelegt werden müssen.

Gemäss geltendem Recht hat der Preisüberwacher zu Fragen des persönlichen Geltungsbereichs und des wirksamen Wettbewerbs die Kartellkommission zu konsultieren (Art. 5 Abs. 4 PüG). Für die anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungsbehörden, die das Preisüberwachungsgesetz ebenfalls zu vollziehen haben (Art. 26 PüG), fehlt eine entsprechende Vorschrift. Wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben, bekunden die zuständigen Behörden (Art. 15 PüG) Schwierigkeiten in der Beurteilung dieser wettbewerbsrechtlich relevanten Fragen. Es erscheint deshalb angezeigt, auch die anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungsbehörden auf eine Konsultation der Kartellkommission zu verpflichten. Artikel 5 Absatz 4 PüG sieht deshalb vor, dass neben dem Preisüberwacher auch die zuständigen Behörden im Sinne von Artikel 15 PüG zu Fragen des persönlichen Geltungsbereichs und des wirksamen Wettbewerbs die Kartellkommission zu konsultieren haben. Damit besteht eine gewisse Gewähr für eine einheitliche Auslegung der wettbewerbspolitisch relevanten Begriffe Kartell, kartellähnliche Organisation und wirksamer Wettbewerb.

Bei der Handhabung des Empfehlungsrechtes wird den verfahrensspezifischen Besonderheiten der Überwachungsaufgabe der einzelnen Ämter Rechnung zu tragen sein. Zu berücksichtigen gilt es insbesondere, dass die vom Bundesamt für Zivilluftfahrt überwachten Flugtarife häufig auf internationalen Vereinbarungen beruhen. In Artikel 26 PüG erhält der Bundesrat die Kompetenz, über die Koordination der Tätigkeiten des Preisüberwachers und der zuständigen Behörden (Art. 15 PüG) Ausführungsvorschriften zu erlassen.

345

Veröffentlichungsrecht des Preisüberwachers für Empfehlungen

Der Preisüberwacher kann gemäss geltendem Recht seine an politische Behörden im Sinne von Artikel 14 PüG gerichteten Empfehlungen - im Gegensatz zu Entscheiden und einvernehmlichen Regelungen - nicht selbständig veröffentlichen. Der Entwurf des Bundesrates zum PüG hatte ein solches Veröffentlichungsrecht noch ausdrücklich vorgesehen. Die Räte haben diese Vorschrift gestrichen und stattdessen die an die politischen Behörden gerichtete Verpflichtung ins Gesetz aufgenommen, die Stellungnahme des Preisüberwachers im Entscheid anzuführen und einen allfällig abweichenden Entscheid zu begründen (Art. 14 Abs. 2 PüG). Die heutige Rechtslage vermag nicht zu befriedigen; der Preisüberwacher kann im Prinzip seine Empfehlungen nicht selbständig öffentlich erläutern; er ist dabei auf die Information der zuständigen Exekutive 112

oder Legislative angewiesen. Im Sinne einer verbesserten Transparenz wäre es zu begrüssen, wenn der Preisüberwacher seine Verlautbarungen von sich aus publik machen könnte. Das Veröffentlichungsrecht für Empfehlungen betrifft die Artikel 14 PüG und 15 Abs. 2bis PüG. Eine Verankerung in Artikel 4 PüG (Aufgaben des Preisüberwachers) erscheint zweckmässig; in Artikel 4 Absatz 3 PüG ist deshalb die Präzisierung bzw. Ergänzung enthalten, dass der Preisüberwacher auch seine Entscheide und Empfehlungen veröffentlichen kann.

35

Besonderer Teil: Kommentar zu einzelnen Bestimmungen

351

Sachlicher Geltungsbereich (Art. l PüG)

Gemäss geltendem Recht sind die Kredite ausdrücklich vom sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen (Art. l PüG). Mit einer Streichung der Ausnahme würden die Kredite der Preisüberwachung unterstellt. Da in der parlamentarischen Beratung zürn geltenden Recht die Frage kontrovers war, ob mit dem in Artikel 31sePties BV enthaltenen Begriff «Leistungen» auch Kredite gemeint seien, erscheint es angezeigt, nicht eine blosse Streichung der Ausnahme vorzunehmen, sondern in Artikel l PüG eine entsprechende Präzisierung anzubringen. Mit der Aufnahme der Kredite in den sachlichen Geltungsbereich sind die Voraussetzungen für eine wettbewerbspolitische Zinsüberwachung erfüllt.

Die Kongruenz zum sachlichen Geltungsbereich des Kartellgesetzes ist damit hergestellt. Aus den bereits dargestellten Gründen soll sich die Kreditzinsüberwachung dagegen nicht auf die Kreditgewährung der Schweizerischen Nationalbank erstrecken. Gemäss Artikel l PüG wird der Ausnahmekatalog um den Begriff «Kredittätigkeit der Nationalbank» erweitert. Spezielle Bestimmungen für eine Zusammenarbeit des Preisüberwachers mit der Nationalbank erübrigen sich, weil der Preisüberwacher gemäss Artikel 5 Absatz l PüG ohnehin zur Zusammenarbeit mit den «interessierten Kreisen» verpflichtet ist.

352

Aufgaben des Preisüberwachers (Art. 4 PüG)

Die Aufgaben des Preisüberwachers sind in Artikel 4 PüG umschrieben. Dazu gehören die Preisbeobachtung (Art. 4 Abs. l PüG), die Verhinderung oder Beseitigung von missbräuchlichen Preiserhöhungen oder Preisbeibehaltungen (Art. 4 Abs. 2 PüG) und die Orientierung der Öffentlichkeit über seine Tätigkeit (Art. 4 Abs. 3 PüG). Wir verstehen das Recht des Preisüberwachers, Empfehlungen und Entscheide zu veröffentlichen, als Teil der in Artikel 4 Absatz 3 PüG enthaltenen Informationsaufgabe. Von öffentlichem Interesse ist nämlich nicht nur, ob eine bestimmte Preiserhöhung Gegenstand einer Untersuchung ist, sondern das Resultat eben dieser Untersuchung. Gemäss geltendem Recht kann der Preisüberwacher wohl seine Entscheide, nicht aber seine Empfehlungen veröffentlichen. Dieser Mangel soll behoben werden. Das Veröffentlichungsrecht für Empfehlungen betrifft sowohl Artikel 14 PüG wie auch Artikel 15 PüG. In Artikel 4 Absatz 3 PüG wird präzisierend festgehalten, dass in der Orientierung 113

der Öffentlichkeit auch das Recht, Empfehlungen und Entscheide zu veröffentlichen, eingeschlossen ist. Über die Form und den Zeitpunkt der Veröffentlichung soll bewusst nichts ausgesagt werden. Der Preisüberwacher soll sich in der Art und in der Wahl des Zeitpunktes der Information der Öffentlichkeit flexibel verhalten können.

Von einer Publikation ist allerdings in jenen Fällen abzusehen, in denen sich die Empfehlungen an zuständige Behörden im Sinne von Artikel 15 PüG richten, soweit diese Behörden die Empfehlungen in ihren Verfügungen bekanntgeben und ihnen folgen.

353

Empfehlungen des Preisüberwachers bei anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungen (Art. 15 Abs. 2bis und 2ter PüG)

Unter dem Titel «Massnahmen bei anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungen» regelt das Preisüberwachungsgesetz in Artikel 15 das Verhältnis der Preisüberwachung gemäss Preisüberwachungsgesetz zu den aufgrund anderer bundesrechtlicher Vorschriften überwachten Preisen von Kartellen und ähnlichen Organisationen.

Absatz l der genannten Bestimmung enthält den Grundsatz, dass bereits aufgrund anderer bundesrechtlicher Vorschriften überwachte Preise von Kartellen und ähnlichen Organisationen durch die zuständige Behörde anstelle des Preisüberwachers beurteilt werden. An diesem Grundsatz rüttelt die vorgeschlagene Gesetzesrevision nicht. Die Entscheidkompetenz soll weiterhin der zuständigen Behörde und nicht dem Preisüberwacher zustehen.

Artikel 15 Absatz! PüG sieht vor, dass sich die zuständigen Behörden nach dem Preisüberwachungsgesetz zu richten haben, soweit dies mit den Zielen ihrer Überwachung vereinbar ist. Auch diese Bestimmung bleibt von der Gesetzesrevision unberührt. Die zuständigen Behörden werden also im Bereiche von Kartellen und ähnlichen Organisationen selber weiterhin auch das Preisüberwachungsgesetz anzuwenden haben.

Das neu einzuführende Empfehlungsrecht des Preisüberwachers ist in Artikel 15 Absatz 2bis PüG enthalten. Diese Neuerung entspricht im wesentlichen der Bestimmung von Artikel 14 Absatz l PüG. Sie: enthält die Verpflichtung, den Preisüberwacher über bevorstehende Preisbeurteilungen zu informieren und das Recht des Preisüberwachers zu beantragen, auf eine Preiserhöhung ganz oder teilweise zu verzichten oder einen missbräuchlich beibehaltenen Preis zu senken. In Analogie zu Artikel 14 Absatz 2 PüG, soll die zuständige Behörde im Sinne von Artikel 15 PüG in ihrem Entscheid die Stellungnahme des Preisüberwachers anführen. Sofern sie zu einem von der Meinung des Preisüberwachers abweichenden Resultat gelangt, hat sie dies zu begründen (Art. 15 Abs. 2ter PüG).

Unverändert bleibt die Bestimmung in Artikel 15 Absatz 3 PüG. Gemäss dieser Vorschrift richten sich Verfahren, Rechtsschutz und Strafbestimmungen nach den entsprechenden bundesrechtlichen Erlassen. Verfahrenstechnischen Beson114

derheiten der Überwachungsaufgabe der einzelnen Ämter kann in einer Verordnung zum Preisüberwachungsgesetz Rechnung getragen werden. Der Bundesrat soll deshalb die Kompetenz haben, über die Koordination der Tätigkeiten des Preisüberwachers und der zuständigen Behörden (Art. 15 PüG) Ausführungsvorschriften zu erlassen. Artikel 26 PüG enthält die diesbezügliche Ergänzung.

354

Konsultation der Kartellkommission (Art. 5 Abs. 4 PüG)

Artikel 5 Absatz 4 PüG enthält die Neuerung, dass auch die zuständigen Behörden (Art. 15) zu Fragen des persönlichen Geltungsbereichs und des wirksamen Wettbewerbs vor dem Entscheid die Kartellkommission zu konsultieren haben.

Damit besteht Gewähr für eine einheitliche Auslegung der wettbewerbsrechtlich relevanten1 Begriffe.

Im übrigen wird die Gelegenheit benützt, um gegenüber der geltenden Fassung klarzustellen, dass die Konsultationspflicht gegenüber der Kartellkommission nur besteht, wenn Preisüberwacher und zuständige Behörden im Sinne von Artikel 15 PüG eine Verfügung zu treffen haben. Das schliesst allerdings nicht aus, dass der Preisüberwacher die Kartellkommission, entsprechend der bisherigen Praxis, auch konsultieren kann, wenn er eine einvernehmliche Regelung erzielen kann.

Was die Publikation von Stellungnahmen der Kartellkommission gegenüber Behörden im Sinne von Artikel 15 PüG betrifft, gelten die Ausführungen in Ziffer 352 sinngemäss.

.

4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die neuen Aufgaben werden für das Büro des Preisüberwachers und das Sekretariat der Kartellkommission eine Mehrbelastung zur Folge haben. Es ist deshalb unumgänglich, deren Personalbestände zu erhöhen. In der Botschaft vom 30. Mai 1984 zum Preisüberwachungsgesetz (BEI 1984 II 755 ff.) ging der Bundesrat von einem Personaletat von etwa 15 Personen für die Preisüberwachungsstelle aus. Da die Kreditzinsüberwachung und das Empfehlungsrecht gegenüber den anderen bundesrechtlichen Preisüberwachungsbehörden nicht realisiert wurden, brauchte dieses Kontingent bisher nicht voll ausgeschöpft zu werden. Der Personaletat des Büros des Beauftragten zur Überwachung der Preise umfasst gegenwärtig 10,6 Stellen. Wir gehen davon aus, dass die Bewältigung der zusätzlichen Aufgaben eine Personalaufstockung von insgesamt vier bis fünf Stellen nötig macht. Die Mehrausgaben für das Personal können auf ungefähr 400 000 Franken veranschlagt werden. Den nicht durch Stellenverschiebungen gedeckten personellen und finanziellen Mehrbedarf werden wir zu gegebener Zeit im Voranschlag aufnehmen.

Für die Kantone und Gemeinden wird keine Mehrbelastung entstehen.

115

5

Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Legislaturplanung 1987-1991 nicht angekündigt, da es sich bei der Revision des Preisüberwachungsgesetzes um einen indirekten Gegenentwurf zu einer Volksinitiative handelt.

6

Verhältnis zum europäischen Recht

Das Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 1985 ist wettbewerbspolitisch motiviert. Die Überwachung richtet sich gegen missbräuchliche Preise von Kartellen und ähnlichen Organisationen, wie sie im Kartellgesetz definiert sind. Die vom Bundesrat im Rahmen des indirekten Gegenvorschlages beantragten Änderungen des Preisüberwachungsgesetzes bezwecken unter anderem, durch den Einbezug der Kredite den sachlichen Geltungsbereich zu erweitern. In der EG werden Preisbeschränkungen Privater durch das Wettbewerbsrecht des Römervertrags (Art. 85 ff.) erfasst. Das Gemeinschaftsrecht ist nationalen Regelungen übergeordnet. Angesichts der wettbewerbspolitischen Ausrichtung der schweizerischen Preisüberwachung steht sie auch in der erweiterten Form nicht im Widerspruch zu internationalen oder regionalen Rechtsregeln, die in Europa in Kraft sind.

7

Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsmässigkeit der Vorlage wurde unter Ziffer 23 einlässlich geprüft.

3583

116

Bundesbeschluss Entwurf über die Volksinitiative «zur Überwachung der Preise und der Kreditzinsen»

vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Prüfung der am 28. September 1987 ') eingereichten Volksinitiative «zur Überwachung der Preise und der Kreditzinsen», nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 27. November 19892\ beschliesst:

Art. l 1

Die Volksinitiative «zur Überwachung der Preise und der Kreditzinsen» vom 28. September 1987 wird gültig erklärt und der Abstimmung von Volk und Ständen unterbreitet.

2

Die Initiative lautet: Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt: Art. 31s'P'ies Abs. 2-4 (neu) 2 Die Preisüberwachung erstreckt sich auf die Preise von Waren, Leistungen und Krediten, mit Ausnahme der Löhne und sonstigen Arbeitsentgelte.

3 Wo Preise aufgrund anderer Rechtsvorschriften des Bundes, der Kantone oder der Gemeinden festgesetzt, genehmigt oder überwacht werden, kann die Preisüberwachung auf Empfehlungen beschränkt werden.

4 Die Preisüberwachungsbehörde entscheidet über die Veröffentlichung ihrer Entscheide und Empfehlungen.

Art. 2 Die Bundesversammlung empfiehlt Volk und Ständen, die Initiative zu verwer-

fen.

3583

') BB1 1988 I 92 > BEI 1990 I 97

2

117

Preisüberwachungsgesetz (PüG)

Entwurf

Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 27. November 1989'', beschliesst: I

Das Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 19852) wird wie folgt geändert: Art. l Sachlicher Geltungsbereich Das Gesetz gilt für Preise von Waren und Dienstleistungen einschliesslich der Kredite. Ausgenommen sind Löhne und andere Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis sowie die Kredittätigkeit der Schweizerischen Nationalbank.

Art. 4 Abs. 3 3 Er orientiert die Öffentlichkeit über seine Tätigkeit. Insbesondere kann er seine Empfehlungen und Entscheide veröffentlichen.

Art. 5 Abs. 4 4 Sind Fragen des persönlichen Geltungsbereichs (Art. 2) und des wirksamen Wettbewerbes (Art. 12) zu beurteilen, so haben der Preisüberwacher oder die zuständige Behörde (Art. 15) die Kartellkommission zu konsultieren, bevor sie eine Verfügung treffen. Die Kartellkommission kann die Stellungnahmen veröffentlichen.

Art. 15 Abs. 2bis und 2ter (neu) 2bis Die Behörde orientiert den Preisüberwacher über die von ihr vorzunehmenden Preisbeurteilungen. Der Preisüberwacher kann beantragen, auf eine Preiserhöhung ganz oder teilweise zu verzichten oder einen missbräuchlich beibehaltenen Preis zu senken.

')2 BEI 1990 I 97 > SR 942.20 118

Preisüberwachungsgesetz

2ter

Die Behörde führt die Stellungnahme des Preisüberwachers in ihrem Entscheid an. Folgt sie ihr nicht, so begründet sie dies.

Art. 26 Abs. 2

"'

,

'

2

Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen. Insbesondere kann er Bestimmungen über die Koordination der Tätigkeiten des Preisüberwachers und der zuständigen Behörden (Art. 15) erlassen.

II 1 2

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

3583

119

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft zur Volksinitiative «zur Überwachung der Preise und der Kreditzinsen» und zur Revision des Preisüberwachungsgesetzes vom 27. November 1989

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1990

Année Anno Band

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02

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89.078

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16.01.1990

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97-119

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10 051 300

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