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Schweizerisches Bundesblatt

XXI. Jahrgang. l.

Nr. 11.

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20. März 1869.

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des schweizerischen Bundesgericht. an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1868.

(Vom 2. März 1869.)

Tit..

Ju dem abgelaufe..eu Geschäftsjahr hielt das Bundesgericht blos zwei Sitzungen, eine Sommer- und eine Herbstsitzung. dessenungeachtet behandelte es im abgelauseuen Jahre ungefähr die nämliche Anzahl Geschäfte wie im Vorjahre, wie folgende Zusammenstellung zeigt: Am 1. Januar 1868 waren noch anhängig . .

Jm Jahreslaufe gingen ein . . . . . . .

15 Prozesse.

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Summa Hievon wurden im Jahr 1868 erledigt:

48 Vrozesse.

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1) durch Urtheil resp. Beschluss des Buudesgerichts

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2) durch Annahme. des

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Kommissioualgutachteus

3) durch Rückzug der Klage oder des Rekurses

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4) durch Rückseudung der Klage in Folge erhobeuer Kom.oeteuzbeftreituug ab Seite des Beklagten

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Jm Ganzen

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Es blieben somit am 1..Jauuar 1869 noch pendent

Bundesblatt. Jahrg. XXI. Bd. I.

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14 Prozesse.

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Von den durch Urtheil erledigten Brozessen betrafen 5 EheScheidungsklagen , 3 E^propriationsanftände, 1 eine Heimathrecht.^frage, 1 eine Ersatzforderung sür die Verpflegungskosten eines Findelkindes und 1 eine Klage gegen die schweizerische Bostverwaltung.

Bei den E h e s c h e i d u n g e n waren Eheleute der Kantone Freiburg,

Luzern , Wallis und Zug betheiligt. Wie gewohnlich wurde in allen

zu beurteilenden Fällen die Scheidungsklage von Seite der Frau, und zwar in drei derselben gegen abwesende Ehemanner, erhoben. Als eine Seltenheit in der ^bundesgeriehtlichen Vrax^is verdient erwähnt zu werden, dass diesmal e i n e der erhobenen Scheidungsklagen abgewiesen wurde.

Bei den beurtheilten E x p r o p r i a t i o n s f a l l e n waren die Jougne-

Eelépens^Bahn, die Eentralbahn und die Toggenburger^Bahn betheiligt.

Jn allen drei Rekursen wurden die Anträge der Jnstruktionskommission von dem Gerichte gutgeheissen. Unter diesen E^propriatio^sanständen

hatte einzig derjenige des Joseph Vögtli von Läuselfingeu (Baselland) gegen die Eentralbahn einen eigenthümlichen Eharakter.

Bekanntlich

führte nämlich lettere in den Jahren 1864 und 1865, in Gemässheit

eines bezüglichen bundesgeriehtliehen Urtheils, behufs Rückleituug der .Quellen des Hauensteintunnels bei .Läufelfingen, einen unterirdischen

Tunnel aus, wodurch in der Folge die Gebäulichkeiten des Klägers

^vermoge der eingetretenen Entwässerung^ des Bodens sieh senkten und Risse erhielten, wosür Vogtli einen namhasten Schadensersatz verlangte, so dass es sieh hier in erster Linie nicht sowohl um eine eigentliche Er.p r o p r i a t i o n s f r a g e als um eine Forderung ans Schädigung haudelte, deren Beurtheilung jedoch von dem Bundesrath am 1. Rovember 1867 an das Buudesgerieht gewiesen worden war.

Uebrigens wurden (wie obige Geschästsübersicht snb 2 zeigt) aneh

im abgelaufenen Jahr weitaus die meisten Rekurse gegen Befnnde eidgenossischer ^chät^uugskommissionen dnr.l.. Zunahme des instruktionsrichterlichen Antrages erledigt.

Der beurtheilte H e i m a t h r e e h t s a n s t a n d waltete zwischen den Kantonen Aargau und Schaffhausen und betras die Frage, ob ein von einem Schaffhauser mit einer Aargauerin außerehelich erzeugtes Kind, nachdem die Eltern sich geehlicht hatten, im Kanton Schasshauseu oder im Kanton Aargau heimathberechtigt sein solle. Das Gericht entschied die Frage im ^inne der durch die nachfolgende Ehe bewirkten Legiti-

mation des Kindes.

Von grosserem bundesrechtli.hem Jnteresse ist der die Verpflegungskosten eines Findelkindes betreffende Brozess. Derselbe waltete z.visehen^ den Kantonen Bern und Ludern, und betras die Frage, ob le^terer, beziehungsweise die .^eimathgemeiude der ermittelten Eltern eines aus gebiet des Kautons Bern ausgesehen ^Kindes dem Kanton B^ru di.^

431 von ihm seit dem Funde des Kiudes (17. Rovemver 1863) getragenen Verpflegungskosten zu ersehen habe oder nicht. Das Gerieht v e r n e i n t e die Frage, indem ,,a...s der bestehenden Bundesgese^gebung zwar wol die Berechtigung eines Kantons, ihm zur Last fallende Angehorige eines andern Kantons nicht zu dulden, beziehungsweise ihm zuzuweisen, nicht aber der Anspruch auf Ersa^ der für dieselben gehabten Kosten abzu^ leiten sei, und die Kanton^ Bern und .Luzern auch in keinem, . eine solche gegenseitige Ersa^pslicht bedingenden Konkordate stehen.^ Rieht minder beansprucht das in Sache des Ad. Müller von Ludern gegen die schweizerische Bostverwaltnng erlassene Urtheil ein allgemeines Juteresse. Ad. Müller, gewesener Vostpserdehalter sür die Stationen Flüelen-Amsteg und Amsteg^Wasen, stellte nämlich eine Ersatzforderung von Fr. 10,683. 50, herrührend von seinen Fuhrleiftungsverträgen der Jahre t 861 und 1862, und zwar gestü^t darauf, dass später, nämlich

im Dezember 1865, als Ad. Müller schon se^t mehr als einem Jahr nicht mehr Bosthalter war, es sieh herausgestellt, dass die Station Flüelen^ Amsteg um ^ Stunde länger sei, als in den von der Vostverwaltung mit ihm s. Z. abgeschlosseneu Verträgen vorausgesetzt worden war. daher ihm eine entsprechende Ersatzleistung gebühre. Das Gericht wies jedoeh den Klager ab, indem es fand, dass in der bezüglichen Disi.anzangabe zwar allerdings ans Seite der eidgenossisehen Vostverwalt..ng ein Jrrthum gewaltet habe, der aber um so mehr als ein u n w e s e n t l i c h e r

anzusehen sei., als sieh dieselbe hinwieder mit Rücksicht ans die Distanz-

angabe sür die Station Amsteg-Wasen zu ihrem eigenen Rachtl,eil geirrt.

Das Gerieht ging hiebei von der Ansieht aus, dass ,,das W e s e n der Bostsühruugsverträge nicht auf der genauen Angabe der Distauzeu, son^dern vielmehr auf den in denselbeu bedungenen Rechten und Pflichten, als: einerseits auf der Verpflichtung des Vosthalters,^innert einer bestimmten Zeit Wagen bestimmter Grosse von einem benannten ^rte zu eiuem andern zu führen, und anderseits auf der Verpflichtuug der Vostverwaltun^ zu Bezahlung einer gewissen Snmme sür diese Leistung beruhe.^ .

^ür S t r a f s a c h e n wurde das Bundesgericht im Berichtjahre gar nicht in Anspruch gekommen.

Genehmigen ^..ie die Versicherung unserer vollkommensten .^ochachtuug.

Bern, den 2. März 1869.

Jm Ramen des Bun^esgerichtes,.

Der Vräsideut.

^d. ^arliu.

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Bericht des schweizerischen Bundesgerichts an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1868. (Vom 2. März 1869.)

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20.03.1869

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