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Botschaft de...

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, Betreffend die Gewährleistung der abwanderten Verfassung des Kantons Luzern.

(Vom 7. Juni 1869.)

Tit. l Raeh Art. 37 der gegenwärtigen Verfassung des Kantons Luzern aus dem Jahr 1863 hat der dortige Grosse Rath das Recht, eine Repiston derselben von sich aus einzuleiten, und die Bflicht, die in zweimaliger Berathung beschlossenen Abänderungen dem Volke zur Annahme oder Verwerfung vorzulegen.

Der Grosse Rath des Kantons Luzern .hat nun wirklich von jenem Rechte Gebrauch gemacht und die als zwekmässig erachteten Abänderungen am 17. Hornung 1869 in zweiter Berathung angenommen. Am

14. März 1869 fand sodann die Abstimmung des Volkes statt, woran

von 27,259 Stimmfähigen 13,37l) sieh betheiligten. Davon stimmte..

8994 für Annahme jener grossräthliehen Vorsehläge, 4336 für Verwerfung derselben, 40 der Anwesenden stimmten gar nicht.

Jn Folge dieses Resultates wurden jene .Abänderungen der Staatsversassung vom Jahr 1863 durch Beschluss vom 17. März 1869 als angenommen und als Bestandtheil des Grundgesezes des Kantons Luzern erklärt.

Jndem die Regierung dieses Kantons mit Sehreiben vom 24. März

1869 uns hievon Kenntniss gab, stellte sie das Gesuch, dass jene Ab-

äuderuugeu gemäss den Vorsehristen der Bundespersassung unter die Gewähr des Buudes genommen werden mochten.

Zu diesem Ende haben wir jene neuen Bestimmungen der Lnzerner Staatsversassung einer nähern Brüsung unterstellt und uns überzeugt, dass dieselben nichts enthalten , was den Vorschristen der Bnndesverfassung zuwider wäre. Da sie anch von der Mehrheit der stimmenden

219 Bürge... angenommen wurden und Vorschriften enthalten , die jederzeit eine ^neue Revision auf leichte Weise möglich machen , so sind die Voraussezungen vom Artikel 6 der Bundesverfassung erfüllt.

Die charakteristischen Momente dieser Revision der Lnzerner Verfassung bestehen in folgenden Bestimmungen : Jn Erweiterung von ^ 3 der Verfassung wurde die Glaubenssreiheit als unverletzlich erklärt und vorgesehrieben, dass um des GlaubensBekenntnisses willen Riemand in den bürgerlichen oder politischen Rechten beschränkt werden dürfe. Ferner wurde die sreie Ausübung des Gottesdienstes. ausser den anerkannten christlichen Konsessionen, auch jeder andern Religionsgenossenschast gewährleistet, insofern diese innerhalb der

Schranken der Sittlichkeit und öffentlichen Ordnung sich halten.

Sodann ist der ^ 39 der Verfassung im Sinne einer Erleichterung in der Au.veudung des Veto abgeändert worden, indem nun schon

4000 (statt 5000) Bürger eine Abstimmung verlangen konnen. Es

wurde aber anch noch eine Erweiterung der Volksabstimmung eingesührt, indem künstig auch über ^nanzdel^rete von einiger Wichtigkeit die Anordnung einer Volksabstimmung vom Grossen Rathe beschlossen oder von 4000 Bürgern verlang^ werden kann, und überdies den. Grossen Rathe allein noch das Recht eingeräumt wurde , auch andere Beschlüsse an eine Volksabstimmung ^u bringen.

Jm Weitern ist in einem neuen Artikel die Abberufung des Grosseu Rathes eiugesührt worden . doch sollen nur 5000 stimmfähige Bürger

durch amtlich beglaubigte Uuterschriften die Anordnung einer diessälligen Abstimmung des Volkes verlangen konnen.

Endlieh begehen sich mehrere Revisionspn..kte aus die Organisation und das Versalien bei Volksabstimmungen und bei Wahlen , wovon nur uo.h hervorgehoben werden mag, dass statt 25 nun 55 Wahlkreise aufgestellt worden sind und dass Jemand^ um am Wohnorte stimmen zu kouuen, von je^t au wenigstens drei Monate lang vor einer kautonalen Wahl oder Abstimmung in der Gemeinde gewohnt haben muss, während früher ein Ausenthalt von 4 Wochen genügte.

Hiebei glauben wir noch ans einen Bunkt aufmerksam machen zu sollen, der bei Anlass dieser Revision hätte berüksiehtigt werden können.

Jn ihrem Beschlösse betretend die Gewährleistung der ferner Versassung von 1863 hat nämlich die Bundesversammlung ausdrüklieh erklärt, dass die in mehreren ^ jener Verfassung enthaltenen Bestimmen-

gen , wonach die aktive und passive Wahlfähigkeit vom Besize eines bestimmten Vermögens abhängig gemacht ist, mit dem Art. 4 der Bundesversassuug uicht im Einklaug stehe, und uahm diese Bestimmungen von der Gewährleistung der Luzerner Verfassung aus. (O. S. Vll, 573.)

Es wäre nun die vorliegende Revision dieser Verfassuug der günstige Anlass gewesen . jene Baragraphen ebenfalls^ mit der Bundesverfassung

220 in Einklang zu bringen. Es ist dieses zwar nicht geschehen . allein wir finden uns dennoch nicht veranlasst, diessalls einen besondern Antrag zu stellen, weil einerseits uns bekannt ist, dass der Eensns im Kanton Luzern thatsächlieh nicht mehr beobachtet wird, und weil andererseits nebeu jenen Bestimmungen der Luzerner Versassuug auch der bezügliche Bnudesbeschluss fernerhin in Krast bleibt.

Roch wollen wir Jhre .Aufmerksamkeit aus die im ^lrt. 21 enthaltene Bestimmung hinzulenken uns erlauben , in welchem gesagt ist, dass bei Bestellung der obersten Verwaltungsbehörde und der Grossrathskommissionen im Allgemeinen aus Vertretung der Minderheit billige Rüksicht genommen werden solle. dieser Artii.el enthält also keine positive Vorschrift, sondern spricht bloss einen gewissen Vorsaz aus, und kann mithin in keiner Weise beanstandet werden. Znr Vermeidung etwaiger künstiger Missverständnisse wollen wir ^ aber daraus hinweisen, dass Zweifel und Beschwerden wegen Vollziehung dieses Verfassungsartikels nicht von. Bunde auszutragen waren , sondern lediglich den kantonalen Behorden znr Erorterung und Erledigung anheimgestellt bleiben müssen.

Wir schlössen mit dem Antrage, es mochte den erwähnten Abändernngen der .Lnzerner Verfassung mittels^ folgender Schlussnahme die Garantie des Bundes gewahrt werden : Die .Bundesversammlung d e r s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s eh a s t, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 7. Juni 1869, betretend die Abänderung der Staatsversassung des Kantons Luzern vom Jahr 1863, datirt 17. .^or..u..g 1869, iu Berechtigung, dass diese Abänderung mit der Bundesverfassung nicht im Widerspruehe steht und vom luzernischeu Volke angenommen worden ist,

b e schl i esst^.

1. Die am 17. Hornung ^869 beschlossene und voni Volke angenommene .Abänderung der Staatsversassung des Kantons Luzexn vom Jahre 1863 wird unter die bundesgemässe Garantie genommen^

2. Dieser Beschluss ist den. Bundesrathe mit^utheileu.

Bern, den 7. Juni 1869.

Jm Ramen des schweiz. Bundesrathes,

Der B u n d e s p r ä s i d e n t : .^elti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schieß.

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Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend die Gewährleistung der abgeänderten Verfassung des Kantons Luzern. (Vom 7. Juni 1869.)

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19.06.1869

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