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Schweizerisches Bundesblatt.

XXI. Jahrgang. ll.

Nr. 35.

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4. September 1869.

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der

Mehrheit der ständeräthlichen Commission, betreffend die Verträge mit Deutschland.

(Vom 14. Juli 1869.)

Tit.!

Mit Botschaft vom 11. Juni 1869 legt Jhneu der Bundesrath folgenden Beschlussesentwurf vor: (Siehe Bundesblatt von 1869, Bd.

H., Seite 307).

Jhre .kommission schlägt Jhneu nun in ihrer Mehrheit vor, diesem Besehlussesentwurf einfach Jhre Zustimmung zu ertheilen.

Was vorerst den Handelsvertrag mit dem deutschen Zoll- und Handelsverein anbetrifft, so erachtet es Jhre Kommission als unnöthig, die Frage noch einmal einlässlich zu erortern, ob für die Schweiz überhaupt Zweckmässigteit vorliege, solchen Verträgen beizutreten, resp. dieselben abzusehliessen.

Wenn an die Stelle der souveränen Wil.lkür, mit welcher früher der Handelsverkehr durch autonome einseitige Versügnngen der einzelnen Staaten reguliert. wurde, die gegenseitige Vereinbarung derselben in der Gestalt von Handelsverträgen getreten ist, so bezeichnet dieser Znstaud ohne allen Zweisel einen Fortschritt zu dem Ziele, welches in der Ansgleiehuug der Jnteressen aller handelstreibenden Nationen liegt.

Bundesblatl.. Jahrg. XXI. Bd. Il.

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878 Und sobald einmal die uns umgebenden Lander oder überhaupt solche Staaten, aus deren Absatzgebiet wir zahlen müssen, diesen Weg betreten hatten, so war es ein Gebot der Selbsterhaltung, alles auszu-

bieten, um der gewährten Voxtheile ebenfalls theilhaftig, m. a. W.

,,auf d e m Fusse d e r m e i s t b e g ü n s t i g t e n R a t i o n e n b e h a n d e l t zu w e r d e n . ^

Und wenn auch die Schweiz in Folge ihres niedrigen Zolltarife..'.

beanspruchen darf und es in der Billigkeit begründet liegt, dass sie pon den Verträge sehliessenden Staaten auch ohne speziellen Vertrag aus diesem Fusse behandelt werde, wie diess auch wirklich seit 1865 von Seite des ^ollpereins geschehen ist, so gebietet wiederum-die politische Klugheit, dennoch durch einen Vertrag e^n.e solche blosse billige Berück^ sichtigung in ein vertragsgemäßes Recht umzuwandeln.

Ganz abgesehen davon, dass es sich sonderbar ausnimmt, wenn wir mit den Japane.sen und den Gegensüsslern aus den Sandwiehinseln in Vertragsverhältnissen stehn und mit unseru nächsten Rachbarn jenseits des Rheines nicht, so haben wir nur auf die Botschaft hinzuweisen, um die Ansteht zu begründen., dass der Absehlnss eines Vertrages allein die gehorige Garantie für die Sicherung der bisanhin freiwillig gewährten Vortheile bietet.

Herr Präsident l

Meine Herren .

Aus der Botschaft geht hervor, dass die Behandlungsweise der Schweiz durch unsern nordlichen Rachbarn im Verlaufe dieses Jahrhunderts verschiedene willkürliche Wandlungen erfahren, von denen einzelne von den nachtheiligsten, Verkehr storendsten Folgen begleitet gewesen waren ; es liegt desshalb im wohlverstandenen Juteresse der Schweiz, für eine Reihe von Jahren vertragsgemäß sich vor ähnlichen Belästigungen und Benaehtheiligungen sicher zu stellen.

Wir glauben desshalb, es habe der Bundesrath sehr wohl daran gethan, wenn er seit längerer Zeit darum bemüht war, mit den Zollvereinsstaaten in ein solches Verhältniss zn kommen, und wenn auch durch den vorliegenden Vertrag ..ach verschiedenen Riehtungen den Wünschen der Schweiz nicht volle Rechnung getragen ist, so köuuen wir diess zwar bedauern, aber es kann uns diess nicht abhalten, demselben dennoch unsere Ratifikation ^u erlheilen, sobald wir die Ueberzeugung gewonnen haben, dass ein Mehreres sich nicht erreichen lässt.

Herr Vräsiden... Meine Hexren l Wir haben diese Ueberzeugung, und zwar sehopseu wir dieselbe. ans dem Laufe der Unterhandlungen.

Rachdem im Jahre 1865 in Stuttgart in 31 Kouseren^uugen ein erstes Vertragsprojekt mit grosser Mühe zn Stande gekommen war, wobei man die g e g e n s e i t i g e n Forderungen bedeuteud hatte her-

879 unterstimmen müssen , so scheiterte der Abschluss an der Weigerung Breussens, dem Vertrage beizutreten.

Die Wiederaufnahme der Unterhandlungen musste in Folge der Ereignisse von 1866 längere Zeit a..s sich beruhen bleiben und^ erst im Monat März 1868, nachdem sich der Zollverein und Oesterreich übe....

einen neuen Vertrag geeiniget hatten, gelangte an den Bundesrath von

Seite der k. preußischen Gesandtschaft die Mittheilung. welche denselben

von der Geneigtheit der preussischeu Regierung, aus neue Verhandlungen mit der Schwe^ über d.en Handelsvertrag mit dem Zollvereine einzntreteu, in Kenntni.ss setzte. Die gleiche... Unterhändler, wel^e in Stuttgart die schweig. Jnteressen vertreten hatten, wurden auch mit dieser Mission betraut und wiederum dahin instruit, wo immer moglich die in Stuttgart nicht befriedigten ^nteresseu der Schweiz in Berlin zur Geltung ^u bringen. Jn dieser Beziehung geht aus der Korrespondenz hervor, dass dem Begehren auf Herabsetzung des Weinzol.les unter den deutsch ..osterreichischen Tarifsa^ von fl. 10.^p.^. hinab, bei Beginn schon ein kategorisches Rein entgegengeht wurde und zwar aus dem einfachen Grunde, weil infolge der Verträge, worin versprochen wird, sieh auf dem Fnsse der meistbegünstigten Rationen zu behandeln, eine jede weitexe Zollbegünstigung auch Frankreich und .^esterreich hätte gewährt werden müssen. Es besteht nun kein Zweifel, dass diese^ beiden le^tern Staaten selbst alle .^ebel in Belegung gese^t hatten, um im Jnteresse ihrer Weinproduzenten ein Mehreres zn erlangen, und wenn es diesen Staaten, welche doch als Kompensation ein Mehreres zu bieten hatten als die ^eh.veiz, dennoch nicht gelang, ein solches Resultat zu erzielen, so dürste es als eine gewagte Behauptuug erseheinen, dass bei grosserex Zähigkeit der schweizerischen Unterhändler und bei starrem festhalten derselben an den diesssallsigen schweizerischen Forderungen, etwas Anderes als das Scheitern der Unterhandlungen exsolgt wäre. Es ist dieser ^all so ziemlich analog mit denjenigen industriellen Produkten, deren Herabsezuug im Vertrage mit Frankreich beinahe den Zollverein ge-

sprengt hätte und^ bei welchen die Zollsätze doch nicht so sind, dass

wir in der ^chwei^ grosseu Vortheil davon ziehen kounen. Jm Uebrigen stand die ,,Weinmaische^ bis an^s Eude^ aus den Trattaudeu der Uuterhändler und erst als es sich um ,.^eiu^ oder ..Richtsein^ des Vertrages haudelte, wurde dieser Vunkt vom Buudesrathe sallen gelassen. Dex Vertrag scheiterte dann bekanntlich dennoch an dem Art. 8 über die Eousumogebnhren. Die Art. ..) und 10 des srauzosisch-schweizerischen Handelsvertrages, durch welche die durch Art. 32 der Bundesverfassung den geistigen Getrauen schweizerischen Ursprungs gegenüber den ansländischen gewährleistete^ minderen Eonsumogebüh^en vertragsgemäss gesichert wurden, sprechen nur von ..Wein. Brauntwein und L^ueur^.

Run ist zwar im ..tableau der kantonalen Eonsumogebühreu , Anner^ F

880 jenes Vertrages, das ,,Bier^ speziell aufgenommen und es geht aus den ...^...mserenzpxotokollen hervor und die diesssällige Bra^s bestätigt es, dass Frankreich dadurch nicht berechtigt war, eine Gleichberechtigung seiner ,,Biere^ mit den schweizerischen bezüglich der Hohe der kantonalen Eonsumogebühxen zu fordern. .Nachdem jedoch Wurtemberg diesen Artikeln, welche in wortgetreuer Ueberse^ung in den Stuttgarter Vertrag waren ausgenommen worden, die Auslegung gegeben hatte, dass dadur.h eine solche Gleichberechtigung begründet werde, so wax es gegeben, hier eine Redaktionsveränderung in der Richtung mehrerer Deutlichkeit vorzunehmen. Der entstandene Stre.it war n u n in des W o r t e s v e r w e g e n s t e r B e d e u t u n g ..pour le roi de .^...uss....^. Materiell war man einig, dass mehr, als was Frankreich zustand, man nicht beanspruchen wolle resp. dürfe, und formell drehte er sich darum, dass Breussens Ehre eine minder günstige Redaktion, als die der meistbegünstigten Ration gewährte, nicht zulasse. Darder Bundesrath auf seiner Fassung des Art. 8 beharrte, so wurden im Mai 1868 die Verhandluugen abgebrochen. Wir wollen hier die Frage nicht untersuchen, ob nicht mittelst der im Jahre 1869 vom Bundesrathe vorgeschlagenen resp. ^gestandenen Modifikation, schon damals der Abbruch hätte^ vermieden werden konnen.

Die ganze Korrespondenz deutet zwar daraus hin, allein wenn dem auch so wäre, so würde eine diesssallfige Auseinandersetzung mit dem Bundesrathe kaum von praktischem Ruthen sein. Am 14. Oktober 186^ daraus berichtete der inzwischen neu installirte Gesandte der schweig.

Eidgenossenschaft, Herr Oberst Hammer, an den Bundesrath, dass der badische Gesandte, Herr v. Türkheim, ihm Erosfnnngen bezüglich Wiederanfnahme des Handelsvertrages gemacht habe. Baden bedauere den Abbruch und sei bereit, aus die abgebrochenen Unterhandlungen seinerseits zurückzukommen. Hr. Hammer schreibt dann wortlich: (Eitatiou,.

Mit Schreiben vom 5. Dezember kommt sodann der Berieht, dass Herr Delbrück , der Vräsident des Zollparlamentes , mit der WiederAufnahme der Unterhandlungeu prinzipiell einverstanden sei, allein dieselbe aus das Frühjahr 1869 zu verschiebeu gedeuke. Es war auch hier so. perstanden, dass es sich bezüglich des Handelsvertrages um einfache Ver-

einiguug über deu streitigen Art. 8 handle.

Jm Monat März sodann wurden die Unterhandlungen wieder aufgenommen und in Folge einer Mittheilung des Hrn. Hammer, dass möglicherweise die preussischen Uuterhändler sich nicht aus den vorjährigen Vertrag beschränken, sondern nene Anreguugen bringen werden, ertheilte der Bundesrath dem Herrn Gesandten für d i e s e n F a l l folgende Jnstruktion : Citation).

Mit Schreiben vom 18. berichtet dagegen Herr Hammer^ dass nachdem man steh über Art. 8 geeiniget, über den Vertrag eine Meinungsversehiedenheit zwischen den beidseitigen Delegirten nicht mehr be-

881 stehe, und ersucht um Ermächtigung zum Abschlufse, welche. ihm ertheilt wurde. Es sielen damit natürlich die eventuellen Jnstruktionen dahin.

Der Art. 8 lautet nun folgendermaßen : (Eitation).

Es sind hier die Worte: ,,oder ausländische^, welche im vorjährigen am Ende des ersten Alinea^ aus ,,sür schweizerische^ folgten, weggelassen, was der Anschauung des Bundesrath.^ entspricht, und sodann ein Zugartikel in's Schlussprotokoll ausgenommen : (Eitation), welcher mehr den preussischen Wünschen Rechnung trägt.

Herr Bräsident l Meine Herren l Wenn nun unsere Minderheit bloss den Sa^ ausstellte. es lasse das erzielte Ergebniss, die Summe der im Vertrag erreichten Vortheile

zu wünschen übrig un... es sei speziell für den Weinbau nichts erreicht

worden, so können wir uns ganz einverstanden erklären, und wir stehen nicht an, unserm lebhasten Bedauern hier Ausdruck zu geben , dass den bezüglichen schweizerischen Forderungen, welche im Hinblick aus die alten

Verhältnisse eine billige Berücksichtigung verdient hätten, ein starres ^non possumus^ entgegengeht wurde.

Wenn jedoch die Behauptung ausgestellt wird, es seien Vortheile für die Jndustrie aus Unkosten der. Landwirtschaft erzielt worden, oder es sei die Tendenz der Handelsverträge, die landwirtschaftlichen Brodukte in den Hintergrund zu stellen und es bestehe ein Antagonismus zwischen Landwirthschast und Jndustrie, wie diess iu dem Memoriale der Regierung von ^chasshauseu ausgesührt wird, so müssen wir diess aus das Entschiedenste bestreiten und zugleich auch die Ueberzeugung aussprechen, dass der Antrag der Minderheit, welcher von weitern Unterhandlungen ein besseres Ergebniss hofft und desshalb auf eine WiederAufnahme derselben gerichtet ist, . einer Verwersung gleich kommt.

Es muss als feststehend angenommen werden, dass eine erneute Anregung eines Begehrens, das bereits mehrere Male rnndweg abgesehlagen worden, kanm in der Möglichkeit läge, und dass sich der Zollverein schwerlich dazu hergeben würde, so wie die Aachen stehen, überhaupt auf einen bereits seit einem Jahre bis aus einen kleinen Buukt vereiubarten Vertrag zurückzukommen. eine nachträgliche Gewährung dagegen erscheint geradezu als hossnuugslos. Jm Uebrigen können wir dieser ledern eine so grosse Bedeutung nicht zumessen. Ganz abgesehen davon, dass man einen Kultnr^eig nicht gerade als leidend und gesährdet bezeichnen kann, von welchem die Betreffenden selbst sagen : ,,Das letzte Jahrzehend war der Weinkultur besonders in der Ost-

"schweiz günstig. Jn Folge grösserer Rentabilität steigerte sich der Breis ,,de.^Rebgelände. Der Wein sand guten Absat^, in guten Jahrgängen ,,zu schönen Breisen. Diess bewirkte einen erheblichen Ausschwung im ,,Rebbau, die Kultur gewann an Ausdehnung und besserer Bslege, ja

^2 ,,es wurden .sogar viele Gelände wieder m ..t Reben bepflanzt^ -- und wobei t.n dem gleichen Memorial aus der guten alten Zeit, als der Eiugaugszoll nach Bauern nnr 48 .Grenzer per Fndex - 30 Eimern - 10 Saum

betrug, zu lesen ist, da.ss der Werth des Saumes Wein damals sich

aus 4 a 5 Gulden stellte, während er heute aus den.. 3 bis 4fachen steht, - .--. so glauben wir, ohne irre zu gehn, den Satz ausstellen zu ko.^uen, dass der schweizerische W.^in seinen Haupteonsumplatz in der Schweiz zu suchen hat, wo er durch ^.. 5 per Saum geschützt ist, nnd dass er schwerlich die Eoneurrenz mit fremdländischen Weinen auf fremdem Boden. ^wo ex uicht geschützt ist, mit mehr Erfolg^ werde bestehn ko^.neu.

Wenn daher die Hoffnung ausgesprochen wird, mau werde für die erfolgreiche Eo..enrxen^, welche hauptsächlich die billigen franzosischen Weine .den unsrigen in letzter Zeit aus S^hweizergebiet gemacht haben, eine Eompensation im Zollverein finden, so ist nicht aus dem Ange zu lassen, dass diese gleichen sranzofischen Weine aus deutschem Gebiete zum gleichen Zollsatze müssten zugelassen werden und dort gegenüber den ungeschützten schweizerischen Weinen noch leichter im Falle wären, dieselben aus dem Felde ^n schlagen. Es ist serner nicht aus dem Ange ^u verlieren, dass die Schweig früher in den angrenzenden süddeutschen Staaten ausnahms.^eise Verkehrsprivilegien und Begünstigungen ^vor andern voraus besass, .was jetzt nicht mehr zulässig ist, so dass die gleiche Wirkung nicht mehr eintreten konnte.

Jm Uebrigen geht ans den Tabellen IH, lV, sowie aus Anlage A und B hervor, dass die .Landwirthschaft überhaupt in ganz erheblichem Masse von dem Vertrage Vortheil zieht, resp. ziehen wird.

So hob sich .die Aussnhr nach dem Zollverein an geschnittenem

und gesägtem Holz von Fr. 303,394 im Jahre 1864 auf Fr. ..,846,800 im Jahre 1868 und die Aussuhr von Käs.. pon 57,966 ^ aus 1864 aus 87,2..) l ^/e. Ans Holz .vurde der Ausgangszoll um 2^.. von 5 auf 3 vermindert, aus Käse der Eingangszoll von Thaler 3. 20 auf 1. 20 hexuntergesetzt. Aus Mehl und Vieh, welches beides frei oder zu ganz redu^irten Zollsätzen nach dem Zollverein verkehren kann, wird eine Ver-

mehrnug des Umsatzes nicht ausbleiben. Auch der Ausdehnung des übrigeu landwirtschaftlichen Verkehres steht nichts entgegen, da beinahe sämmtliche Bodenprodukte der Zoltsreiheit geniessen.

Herr Bräsident . Meine Herren l

Die meisten Tarifansätze der Tab. I nnd H find seit l 865 in Kraft und männiglich bekannt, so dass wir uns mit den Details nicht zu befassen haben. Rur dessen ist zu erwähnen, dass schweizeriseherseits die Transitzolle fallen gelassen werden . wir find jedoch der Ansicht,^dass es so wie so doch au der ^eit gewesen wäre, die ausnahmsweisen Be-

lästigungen des Trausites in der ^ehwei^ zu beseitigen. Es ist nun

883 die Möglichkeit vo^ele^, i^er die Bedeutung d.^r Vor- und Rachtheile sich Rechenschaft zu geben. Die Schweiz hat von ihren Zolleinnahmen ^u Gunsten der deutschen Jmportation Fr. 282,125 geopfert, während die Verminderung der Zollvexeinsintxaden zum mindesten eine^ Million Thaler übersteigt. Es haben diese Zahlen zwar nicht die Bedeutung, dass die letztere Summe in die Tasche der Schweizer und die erste in diejenige der Deutschen fällt, im Gegentheil wird der Betrag der Steuerverminderung grosstentheils denjenigen zu Gute kommen, die ihn weniger bezahlen, also jeweilen den eigenen Landesangehorigen.

Jmmerhin wird sowohl Jndustrie als .Landwirthsehast für die Folge fowohl direkte als auch indirekte an diesen Herabsetzungen partizipixen, das erstere dnrch Ermöglichung eines etwa erhöhten Gewinnes, das letztere in Form vermehrten und erweiterten. Umsatzes, welch' letzterer wiederum erfahrungsgemäß zur Folge hat, den Ausfall in den Zollkassen zu decken, resp. in we.nig Zeit in Ueberschuss zu verwandeln. Die von den eontrahirenden Varteien noeh speziell festgesetzten Eoneessionen finden

sieh ans .Anlage A verzeichnet. Es find diess die im Art. 2 als zollsrei

erklärten Gegenstände, wovon die meisten im Grenzverkehr vorkommen und der .Landwirthschast zufallen. Dex Grenzverkehr selbst wird in

Anlage B in liberaler Weise geregelt.

Aus dem Vertrage selbst ist hervorzuheben, dass auch hier die Zu-.

sicherung iu Beziehung auf Eingangs- und Ausgangsabgaben sich wechselseitig auf dem Fnsse der meistbegünstigten Rationen zu behandeln, an der Spitze des Vertrages steht, wo sie auch wirklich als Haupt- und ^undamentalbestimmung hin gehört.

Es wird ferner in Axt. 1 zugesagt, dass man während der Vertragsdaüer die Ausfuhr von Getreide, Schlachtvieh und Brennmaterial gegenseitig nicht verbieten werde.

Der Mess^Markt und Veredlungsverkehr wird in Art. 5 in befriedigender Weise geordnet.

Jn Art. .) wird bestimmt, dass Gewerbetreibende und Kausleute des eineu Landes, wenn sie im andern Ankäufe machen oder Bestellungen ausnehmen, diess abgabenfrei sollen verrichten können.

Der Schutz der Etiketten wird .in Art. 10 in der Weise geregelt, dass mau sieh in dieser Beziehung auf dem ^usse der meistbegünstigten Ration behandelt, da der Wortlaut : ,,Schntz wie für die eigenen Angehörigen^ in einzelnen schweizerischen Kantonen, als nieht bestehend, keinen praktischen Werth haben könnte. Jn Art.. 11 sodann wird der Ablaufs-

termiu aus 31. Dezember 1877 festgesetzt und in Art. 12 bestimmt, dass die Ratifikationsurkuuden am 15. August spätestens in Berlin ausgewechselt werden sollen.

Durch das Schlussprotokoll werden einzelne Vertrages genau präeisirt.

Bestimmungen de^

^84 Reu ist für beide Theile die in Ziffer H enthaltene Erklärung, wonach Fabrikbesitzern, welche in beiden Zollgebieten Etabliffemente haben, gestattet ist, Maschinen, die bishe.. in einer Fabrik des einen Zollgebietes ihre Verwendung fanden, zollfrei in die Fabrik des andern Zollgebietes herüberzunehmen.

Ziffer IV bestimmt, dass für die Berechnung der in Anlage B ^ 1 erwähnten 2 Stunden breiten Zone da , n..o die Gebiete der kontrahirenden Theile durch Gewässer getrennt sind, die Ausdehnung dieser Gewässer ausser Betracht fällt.

Ziffer V bezeichnet die ..^ontrolmassregeln im Grenzverkehr analog mit den bereits bei uns bestehenden.

Durch Ziffer VlI fällt eine frühere Belästigung für den Zwischenhandel weg. Die Anwendung der vereinbarten Zollsätze und Zollbefreiungen wird darin von dem früher geforderten Rachweise des Urjunges der Waare als unabhängig erklärt.

Zu Ziffer VlIl gehort die Beilage C, analog mit Annex^ F des franz. Vertrages. Es ist diess das Verzeichniss der kantonalen Eousnmogebühren auf Wein und geistigen Getränken.

Ziffer I.^ und Beilage D regulären den Verkehr der Geschäfi.sreisenden und ^ beschränkt den Etikettenschutz ans solche Marken, welche Firma und Wohnort enthalten^.

Es sind diess alles Bunkte, welche prinzipiell von den Räthen bereits .entschieden sind und einer weitern Begründung nicht bedürfen.

ll. Uebereinknnst zum Schule des literarischen und künstlerischen Eigenthnmes.

Wir konnen uns bezüglich dieses Vertrages kürzer fassen. Jhre kommission ist einstimmig über die Annahme desselben. Die Schweig

hatte anfänglich nicht sowohl die Billigkeit des Grundsatzes, dem litebestritten, als sich gegen die Oetro^irung einer Strafgesetzgebnug gerarischen und küustlerischen Eigeuthum einen gewissen Schutz zu gewähren,

sträubt, welche die kontrahirenden Staaten mangels einer einschlagenden schweizerischen Gesetzgebung dem Vertrage als Beigabe zugefügt hatten.

Der gleiche Eode^ .oie in den Verträgen mit Frankreich, Belgien und Jtalien liegt nun hier wiederum vor, allein nachdem man hierorts drei mal über diesen Anstand hinweggegangen, so liegt kein Grund vor, zum 4ten male Schwierigkeiten zu erheben.

Jm Uebrigen disferirt der Vertrag von den srühern darin, dass nur solche Werke, sür welche auf den Vorhehalt des ,,Uebersetzungsrechtes" Anspruch gemacht wird, bei den Behorden der Vertragsländer tnnert einer gewissen ^rist deponirt werden müssen.

885 Rach Art. 3 des vorliegenden Vertrages dagegen wird die Ausübung des Eigentumsrechtes von keinerlei porgängigen Bedingungen mehr abhängig gemacht. Der Autor, dessen Rechte verlebt werden, hat einfach nachzuweisen, dass er selbst Urheber des Erzeugnisses sei oder seine Rechte von dem Urheber ableite.

Der Schutz für industrielles Eigenthum, der im sranzösischen Vertrage stipulirt war, ist hier nach dem Vorgange in den belgischen ^und italienischen Konventionen ebensalls. fallen gelassen.

Die freie Reproduktion von Musikstücken ist in Art. 17 in der Weise gewahrt, dass nach Art. 17 musikalische Werke, die in Deutschland erscheinen, aus denjenigen Schutz beschränkt werden, welcher den Tonsetzern der meistbegünstigten^ Rationen gewährt wird.

Rach Art. 32 und der beigesügten Erklärung wird der Abschluß des Handelsvertrages von der Genehmigung dieser Konvention ab-

hängig gemacht und gleiche Dauer und Anfangstermin für beide festgesetzt.

Jn Form eines Brotokolles ist sodann dieser Übereinkunft die Be-

stimmung beigesügt, dass die innerhalb des norddeutschen Bundes und der Schweiz nach den Gesetzen des Landes errichteten Aktien- und Anonym -Gesellschaften, vor Gerieht auszutreten berechtiget erklärt werden . den zum Norddeutschen Bunde nicht gehörigen Zollvexeinsstaaten wird der Beitritt in Art. 2 vorbehalten.

Die Versetzung dieser Verabredung aus dem Handelsvertrag in die L.terar^Eonvention ist aus eonstitutionel.len Gründen erfolgt.

lll.

Riederlassungspertrag zwischen der Schweiz und Wurtemberg.

Auch hier ist Jhre Kommission der Ansicht , es solle der Vertrag genehmiget werden. Die Riederlassungsverträge führen zwar unzweifelhast für den Schweizer im eigenen Lande gewisse Uebelstände mit sich und schaffen zuweilen schwer empfundene Ungleichheiten in Folge unsrer allgemeinen Wehrpflicht, allein diese Kehrseite wird doch wohl mehr als ausgehoben durch die Vorzüge des dadurch geschaffenen freien personlichen Verkehrs, und nachdem man sich mit Baden in ein Vertragsverhältnis..

eingelassen, ist kein Grund vorhanden, gegenüber Wurtemberg aus andere Weise zu verfahren.

Hervorzuheben sind nur die^Art. 5 und 7. Der erftere biegt der Gefahr der Entstehung von neuen Heimathl.osen por und der zweite stipulirt für sämmtliehe Zollvereinsstaaten das Recht, dem Vertrage beizutreten, sobald ihre Gesetzgebung dem Schweizer die gleichen Rechte einräumt, die er in Wurtemberg. geniesst. Das Jnkrasttreten dieses Vertrags mit gleicher Dauer und gleichem Ansang wie der Handelspertrag ist schweizerischeres von der Annahme des letztern abhängig

886 gemacht worden, ohne dass dieser in gleicher Weise mit jenem zusammenf.ele.

Nichtsdestoweniger stellt die Mehrheit de.. Kommission den Antrag), es moge der hohen Versammlung belieben, den 3 Verträgen in globo die Ratifikation zu ertheilen.

Bern , den 14. Jnli 1.869.

Samens der Mehrheit der ständeräthliehen Kommission:

A. Köchlin.

Angenommen. Ständerath 14. Juli, Nationalrath 21. .Juli 1869.

Mitglieder der Kommission : Herren .

A. Köchlin, BaseI.

D. Wirth-Sand, St. Gallen.

W. Algier. Sotolhurn.

J. Hallauer, Trasadingen (Schaffhausen). (Siehe dessen nachfolgenden Minderheitsbericht).

Aug. Turrellini, Genf.

N. Hermann, Saehseln.

J. Jaquet, in Scharlens Freiburg).

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Minderheit derständeräthlichenCommission , den Handels- und Zollvertrag der Schweiz mit dein Zollverein betreffend.

(Vom 13. Juli 1869.)

Nach unserem Dafürhalten soll die Würdigung der mit dem deut..

sehen Zollverein abgeschlossenen Verträge nicht nur vom allgemeinen

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Mehrheit der ständeräthlichen Kommission, betreffend die Verträge mit Deutschland. (Vom 14. Juli 1869.)

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1869

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04.09.1869

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