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Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathe.

(Vom 5. April 1869.,.

Der Bundesrath hat beschlossen, die von den Gesandtschaften des . Norddeutschen Bundes und Jtaliens eingelangten Roten, betreffend die Gotthardb ahn , sämmtlichen Kantonsregierungen zur Kenntniss zu

.bringen und dieselben einzuladen, ihm bis zum 1. Mai nächstkünstig

.

diejenigen Erosfnungen zu machen, zu welchen ste sich durch den Jnhalt der fraglichen Roten veranlasst sehen mochten.

Die gleiche Mittheilung und Einladung wurde auch an das Gotthardkomite gerichtet.

Die Rote des Rorddeutschen Bundes lautet also:

Bern, den 31. März 1869.

Seiner Excellenz dem Schweizerischen Bundespräsidenten Herrn Oberst Welti.

Durchdrungen von

der Ueberzeugung, dass die Erstellung einer

Alpenbahn durch das Eentrum der Schweiz, im Hinblick auf die des Mont-Eenis nnd Brenner, sur Preussen und den Rorddeutschen Bund, zu einer eommereionellen Rothwendigkeit geworden sei, ist des Unterzeichueteu Gesandten des Rorddeutschen Bundes unausgesetztes Streben dahin gerichtet gewesen, diese seine Anffassuug auch bei seiner Hohe.. Regierung zur Geltung zu bringen.

Wenn die leztere priuzipiell dieselbe auch vollkommen theilte, so haltete dennoch stets die berechtigt scheiueude Ansicht vor, dass bei einem Unternehmen , welches die Schweiz vor Allem berühre und interessare, die Jnitiative dafür auch zunächst von dieser ausgehen müsse.

Rachdem der Unterzeichnete dnrch mehrfache eingehende Berichte dargethan, dass diese ^ Erwartung si.h nicht realisiren dürfte, stand der .Bundeskanzler Gras v o n B i s m a r c k im Begriff, die erforderlichen Jnstruetionen über diesen Gegenstand zu erlassen, als Jtalien ebenfalls erklarte, dass es den .Augenblick gekommen glaubte, sich unmittelbar mit Vrenssen und Baden in Verbindung zu setzen , ..m dnrch eine sormliche Erklärung zu Gunsten der Gotthard Linie die in der Schweiz noch vorhandenen Zweifel über die Richtung der Bahn zu losen, und damit für die weitexe Entwicklung der Frage eine feste Grundlage zu finden..

Bundesblatt. Jahrg. XXI. Bd. I.

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738 Durch die geographische Lage und die .Gestaltung des Eisenbahn^

ne^es sind die östlichen Theile des Gebietes des norddeutschen Bundes aus den Brenner, die westlichen und Baden dagegen auf einen Uebergang der Eentral-A.lpen angewiesen.

Da somit die Jnteressen der erstbenannten Theile durch die Bxenn e r- Linie wenigstens theilweise besriedigt sind, so glaubt des Uuter^ zeichneten Hohe Regierung, mit Rücksicht ans die westlichen Bartien, und in Erwägung der ihr .. vorliegenden motivirten Beriete und Gutachten, sich im Verein von Jtalien d e f i n i t i v und exklusiv zu Gunsten des St. G o t t h a r d anssprechen zu sollen.

Judem der^ Unterzeichnete dies , als hierzu bevollmächtigt , thut , beehrt er sich ^.gleich, im Ramen seiner Hohen Regierung den Hohen Schweizerischen Bundesrath ganz ergebenst zu ersuchen , die ihm nunmehr gebührende Jnitiative ergreisen und ein .bestimmt....... Vrojeet formuliren zu wollen, welches als Basis zu den Verhandlungen der betheiligten Staaten dienen konne.

Jndem der Unterzeichnete Gesandte des Norddeutschen Bundes einer hochgeueigten Rückäusseruug entgegensieht, beehrt er sich, die Gelegenheit zu ergreisen, Seiner Er^ellenz dem Herrn Bundespräsidenten W e l t i den Ausdruck seiner vorzüglichen Hochachtung zu erneuern.

......u

.^oder.

Der Wortlaut der Rote Jtaliens ist folgender:

Bern, den 31. März 1869.

Deiner ^rcel^nz dem ^errn ^und^pr^ent^n.

Jtalien und die Schweiz haben sieh gegenseitig durch neuerliche Uebereiukommen verpflichtet, die Unternehmungen zu untersten, welche zum Zweke haben , mittelst der Lokomotive durch die schweizerischen Alpen die Eisenbahuneze, die sieh südlich und nordlich von diesen Gebirgen befinden , in direkte Verbindung zu se^en. Damit aber solche Uebereiukommen ein praktisches Resultat haben konneu , ist es nothig, dass die beiden Regierungen sich vor Allem über die Linie verständigen, deren Ausführung sie in Uebereinstimu.ung mit den anderà interesnrten ...tat.onen anstreben wollen. Zu d.esem ^wete hat der Unterzeichnete, ausserordeutlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister ^.r. Ma.estat des .^on.as von ..^tal.en, aegenwart^g ^ur ^nstrutt.ou, dem Bundesrathe die Annahme der G o t t h a r d l i n i e vorzusehlagen, welche nach den über die verschiedenen Alpenpässe zwischen der Schweiz und Jtalien durch kommissionen, die aus vollkommen sachverständigen Männern zusammengesezt waren , vorgenommenen Studien sowohl vom technischen Standpunkte, als von. Standpunkte der grossen Jnteressen,

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denen die Alpenbahn dienen soll , allein die Bedingungen in sich vereinigt , welche eine Ausführung in einer verhältuissm.issig kurzen Zeit.

moglich erscheinen lassen und die Linie zu einer der ersten Handelsstrassen der Welt ^u macheu geeignet sind.

Die konigliche Regierung , der die in Erstellung eines ähnlichen Werkes^ erworbene Erfahrung eine gewisse Autorität in solchen Dingen verleihen muss, glaubt gern, dass die hohe Bundesregierung, indem sie sich auf den Standpunkt der allgemeinen Juteresseu der Schweig stellt, ihrem Vorschlag beipflichten werde, um so mehr, als es ihr im entgegengesezen Falle unmöglich wäre, einer anderen Linie die Uuterftüzuug zu versprechen, welche sie, vorbehalten die Genehmigung des Barlaments, bereits jezt schon derjenigen des Gotthard zusiehern zu konuen glaubt.

Jn der Erwartung , dass in dieser Hauptfrage keine Meinung.^ Verschiedenheit zwischen deu zwei Rationen obwalte, ist der Unterzeichnete beauftragt, vor Allem den Bundesrath zu ersuchen, in der Sache die ihm zustehende Juitiative zu ergreifen und ein definitives Vrojekt zu sormuliren, welches als Basis zu den Verhandlungen zwischen allen an der Ausführung dieses grossen Unternehmens betheiligten Staaten dienen konue.

Den Mittheilungen entgegensehend, welche Se. Exzellenz der Herr Bundespräsideut ihm über diese verschiedenen Vnnkte zu machen haben wird, ergreift der Unterzeichnete den Anlass, demselben die Versicherung seiner vollkommensten Hochachtung ^u erneuern.

...^ele.^ari.

Mit Depesche vom. 16. d. Mts. macht der schweizerische Konsul in E^ieago (Jllinois) dem Bundesrathe. neuerdings ^) Mitteilungen über das Auswandern nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika, und sagt unter Auderm : ,,Der Auswanderer macht gewohnlich die Rechnung ohne den Wirth, indem er seine Reiseanslagen bloss bis nach R e w . . ^ o r k berechnet. Er denkt nicht daran, dass er dort vielleicht erst halben Weges ist. dass er, während er bis d^ahin über das Meer transportât wurde, nunmehr auf sich selbst angewiesen und vielen unvorhergesehenen Zufällen preis gegeben ist ; dass Wochen und Monate hingehen konnen , bis er Gelegenheit findet, sich niederlassen ^u konnen, und dass jeder Tag der Uebersiedelungsperiode (der schwersten Zeit sur den E.n.oauderer) neue, grosse Ausgaben erheischt , so dass er ganz von Geld entblo^sst wird. Ersolgt ausserdem die Ankunst während des Winters , Bischen Oktober und April, so ist die Roth doppelt gross, weil zu dieser ^eit auch T a g l o h n e r a r b e i t schwer ^u finden ist.

^) Siehe dessen Schreiben auf Seite 422 und 42.^ hiever.

740 ,,Es kann daher dem Auswanderer nicht genug in Erinnerung gebracht werden, dass derselbe erstens in seinem Reisekosten.^Voranschlag einen gewissen, der Grosse seiner Familie entsprechenden Betrag sur unoorhergesehene Fälle aussehen und zweitens seine Ankunft in Amerika auf die wärmere Jahreszeit richten solle. Namentlich ^ilt dieses sur Solche, die kein g a n g b a r e s H a n d w e r k können und solglich darauf augewiesen sind, um ihr Leben zu fristen, die erste beste Beschäftigung, .vie^ Taglöhner- und Fabrikarbeit ^e., ergreisen zu mussen.

,,Vom November bis April ist die Schisfahrt aus den grossen Flüssen und Seen im Rordwesten Amerika's geschlossen ; die Feldarbeiten sind eingestellt^ Bauten werden keine unternommen, kurz, in Handel.

und Wandel tritt Stillstand ein.

,,Einwanderer , die während dieser Zeit in Amerika

ankommen,

und - wie dies häufig der Fall ist - von Geld entblosst sind, geratheu

in die bitterste Roth, und müssen das alte Sprichwort: W e r n i c h t h ö r e n w i l l . mnss f ü h l e n , an sich schwer erfahren. Denn schon zu ost ist gegen unbesonnenes oder leichtsinniges Auswandern gewarnt worden.

,,Möchten diese Zeilen manchem Answanderungslnstigen zum Wohl.^ gereichen l^

(Vom 7. April 1869.)

Die grossherzoglich badische Gesandtschast . hat im Austrage ihrer Regierung unterm 5. dies in Betreff einer Gotthardbahu folgende ^ot^ an den Bundesrath gerichtet :

^.n den ^ol,en ..^chn^i^rifchrn ^un^r^h in ^..ern.

Der uuterzeichnete Grossherzoglieh Badische Miuisterrefident beehrt sich, erhaltenem Austrage gemäss, dem Hohen Schweizerischen Bnudesxath die folgende. ergebenste Mittheilung zu machen : Seit einer Reihe von Jahren ist die ^rage wegen Herstellung eines Eisenbahnübergauges durch die Helvetischen Alpen erörtert worden.

Darüber, dass die Jnteressen der unmittelbar dadurch uäher verbundeuen Länder, der Schweiz und Jtaliens, sowie in zweiter Linien auch diejenigen des ganzen Rheinbeckens und der daran sich sehliessenden Gegenden eine solche Verbindung wünschenswerth machen, sind die Stimmen ^u keiuer Zeit getheilt gewesen.

Zweiselhast konnte nur erscheinen, an welchem Bunkte der Sehweizeralpen der Uebergang am zweckmässigsten erfolge.

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.Die inzwischen angestellten Untersuchungen über die technischen Fragen und über die in Betracht kommenden Jnteressen des Handels und Verkehrs haben schliesslich ergeben, dass der Gotthardpass den Be^

dingnngen, welche sür die zu wählende Uebergangslinie zu stellen sind, im vorzüglichsten Maasse entspricht.

Die Koniglich Jtalienische Regierung hat sich desshalb endgültig sür den St. Gotthard entschieden und sie hat neuerdings die bestimmte Erklärung abgegeben , dass sie einzig und allein sür diesen Bass eine

Unterstützung in Aussicht stellen könne. Richt .minder hat sich die Regierung des norddeutschen Buudes, mit Rücksicht aus die Bedeutung,

welche eine eentrale Alpenbahn sür den westlichen Theil des Rorddeutschen Bundes hat . ausschliesslich und definitiv zu Gunsten des

St. Gotthard ausgesprochen.

Die Grossherzogliche Regierung gibt unter diesen Verhältnissen gleichfalls dem St. Gotthard sür die zu erbauende eentrale Alpeubahn entschieden den ^or^.g und würde allein diesem Uebexgangspunkte die Unterstü^ung zuwenden konnen, deren Beantragung bei deu Ständen des Grossher^ogthums sie eventuell sich vorbehält.

Die Grossherzogliche Regierung gibt sich der Hossnuug hin , dass der Hohe Schweizerische Bundesrath die Ueberzeugung vou der alleiui-

gen Ausführbarkeit der^ Gotthardbahn theilen und die ihm gebührende

Jnitiative zu der weitern Förderung dieser vor allen Dingen schweizerischen Frage nunmehr ergreifen, sowie eiu bestimmtes Brojel.t ausstellen werde, welches den Verhandlungen der betheiligten Staaten zur Grundlage dienen kann.

Jndem der Unterzeichnete einer Hoehgeneigten Rückäusserung entgegenzusehen sich erlaubt, benül^t er mit Vergnügen anch diesen A.nlass, um dem Hohen Schweizerischen Bundesrath die Versicherung seiner ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern.

S t u t t g a r t , den 5. April 1869.

^ ^.

t..

^nsch.

A n m e r k u n g . Die vorstehende ^ote ist wie diejenigen v^m Norddeutschen Bunde und von Jtallen de^n ^anlon^regierungen und dem Gotthard^Au^fchuß zur ^ernehmlasfung übexmaeht worden.

742 Der Bundesrath hat Einsicht genommen von den vom eidg. Deparlement des Jnnern ihm vorgelegten Kouserenzbeschlüssen und andern, die Verkeilung der Liebesgaben an die Wasserbeschädigten betretenden Akten, und daraufhin beschlossen : 1. Von den Konferenzbeschlüssen ist im Allgemeinen Kenntniss zu nehmen, und denselben wird , so weit sie die Mitwirkung des Bundesrathes bei der Ausführung und die Uebernahme der Kosten sür Kommissionen, Expertisen, Transportkosten, Publikationen in Sachen der

Hilssangelegenheit betrefseu, die Genehmigung ertheilt.

2. Das Departement des Jnnern wird ermächtigt, aus Grundlage der gemachten Vorlagen die zur Verkeilung der festgesezten Quoten in den Kautonen uothigeu Massregeln anzuordnen.

^lus einen Bericht des eidg. Militärdepartements hat der Bundesrath in den am 22. Januar d. J. sestgesezten Militärschulen sür das laufende Jahr (Seite 213 hievor) folgende ^.lbäuderungen getroffen: 1. Die Rekruten und Eadres von Zürich sind durch diejenigen von Solothurn in der Schule l Thun zu ersehen.

2. Die Rekruten und Eadres vou Zürich sind in die Schule H Fraueuseld zu beordern.

3. Die Rekruten und Eadres von Appenzell A. Rh. werden an die Stelle der Solothnrner in die Schule I Frauenfeld gesendet.

Der Buudesrath hat dem Gesuche des .^rn. Jean Jsaae Büss, Hauptmann im eidg. Kommissariatsstabe , um Entlassung aus diesem Stabe entsprochen.

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(Vom 9. April 1869.)

Herr David Kaltbrunner von Genf, Oberlieutenant im eidg.

Kommissariatsstabe, hat m.t Schreiben vom 1. dies um seine Entlassung ans dem gedachten Stabe nachgesucht, weil er stch ausser Landes begeben werde.

Der Bundesrath ertheilte Hrn. Kaltbrnnner die gewünschte Entlassung in allen Ehren und unter Verdankung der geleisteten Dienste.

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743 Vom Bundesrathe sind gewahlt worden:

(am 5. April 1869) als Adjunkt der Verwaltung des eidg. .Kriegsmaterials: Hr. Emil K e s e r , Artilleriehauptmann, von Thalheim (Aargau), bisheriger Sekretär der gedachten Verwaltung .

,, Ehef des Telegraphenbüreaus Bern: Hr. Heinrich Schnewlin, von Stein (Schasfhausen), derzeit I. Telegraphist in Bern :, ,, Telegraphist in Ragaz^): Hr. Joseph Toble.r, von Eggenried (St. fallen), hisher.i. Telegraphist auf dem Haupttelegraphenbüreau in

St. Gallen ;

,,

,,

,, Zürich: Hr. Jakob G.^r, von Uster, Telegraphenaspirant H. blasse,

(am 7. April 1869) als Adjunkt der Kreispostdirektion Basel. Hr. Mathias Jenn^, von Langenbruk (Basel - Landschaft) , derzeit prov. Ehes der Fahrpostdekartirung in Basel.

,, Bosthalter in Bätterkinden : Hr. ...llbert Theophil H u g , NotariatsKandidat, von Büchslen bei Murten, in Bern ;

(am 9. .^lpril 1869) . als Telegraphist in Kirchberg:

Hr. Samuel Jordi, Bosthalter, von

und in Kirchberg (Bern).

^) .^r. werkle, welcher am 1. Marz d. ^. als Telegraphist in .^agaz gewählt ^urde, lst auf sein .Ansuchen hin an seiner fezigen Stelle als Chef des Telegraphen^büreaus ^enenburg belafsen worden.

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10.04.1869

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