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B otschaft des

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung , betreffend Konkurrenzeröffnung für Erfindung eines vervollkommneten Zünders.

(Vom 2. Juli 1869.)

.....it..

Seit Einführung der gezogenen Geschüze , welche lauter Hohlgeschosse feuern , hat die Beschaffung zuverässiger Zünder an Wichtigkeit ausserordentlich zugenommen und es beschäftigt die Ausfindung eiues möglichst vollkommenen Zünders zur Stunde noch die meisten Artillerien, wenigstens alle diejenigen , welche sich nicht mit dem bereits eingeführten , hochst unvollkommenen Zünder beguügen , sondern nach etwas Besserm streben.

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Es liegt in der Ratur der Dinge, dass die grosstmogliche Wirkung der gezogenen Geschüze erlangt wird, wenn man im Stande sein wird, nicht bloss die Shrapnells sondern selbst die Granaten im absteigenden Aste der Flugbahn und in richtiger Entsernung vom feinde zum Spreugen zu bringen, um die Geschosssplitter iu Form eiuer Sprenggarbe in den Feind zu treiben und die Wirkung des Schusses möglichst unabhängig von der Beschaffenheit des Bodens zu machen.

Dieses Ziel schwebte vor Augen, als 1862 bei uns die gezogenen 4 & eingeführt wurden , und man hat solches vielleicht zu bald ausser

520 Auge gelassen , als eine grosse Zahl von Stimmen sich mehr dem Berkussiouszünder für die Granaten zuwandte, welche Zündergattung 1866 dem Zeitzünder der 4 .^ Granaten substituât wurde, und mit welchem Berkussionszünder man sich anläßlich der Broben mit gezogenen Hinterladern und Bleimantelgeschossen befreundet hatte.

Das mangelhaste Verhalten .der Zeitzünder bei deren Magazinirung uud die ost in sehr starkem Masse sich ergebenden blindgeheuden Geschosse hatten diese Zündergattung in den Hintergrund gedrängt und aus deren Anwendung sür die Shrapnells beschränkt.

^ Auch bei der Anwendung der Zeitzünder sür Kartätschgranaten in den Sehulen und Wiederh.oluugskursen der lezten Jahre geigten steh immer noch mancherlei Uebelstände, welche die Wirkung dieser Geschossgattung beeinträchtigten, indem sowohl zu srüh springende Geschosse als namentlich eine ziemliche Anzahl blindgehender beobachtet wurden, tro^ d.em ^n allen Reiten eine sehr grosse Sorgfalt auf deren Verfertigung verwendet worden war.

Jm Winter 1868/69 sind zwar sehr namhafte Vereinsamungen und Verbesserungen der Zeitzünder angestrebt und dnr^h das ..Moratorium in Thun zur Ausführung gebracht worden , welche Studien im Lause des Schuljahres 1869 noch sortgesezt werden uud ein^e sehr besriedigende Losung erwarten lassen.

Diese bedauerliche Verminderung der Geschoss.virknng lange magazinirter Geschosse gegenüber Geschossen, deren Zünder ganz srisch laborirt waren , dann die nicht ganz unerheblichen Schwierigkeiten des schnellen uud richtigen Tempirens der Geschosse und bei den 8 und 12 .^ Shrapnels noch die ^omplieation des Einsehens der Zündschraube bewirkten ein gewisses Misstrauen, welches namentlich in der Siznng der Artilleriesection beim schweig. ^fsi^iersseste in Zug seiuen Ausdruk fand.

Die eidg. .^fsiziersgesellschast, aus Veranlassung des engern Ausschusses der Herreu Offiziere der ....^pezialwafsen, beschloss am 30. September 1868 eine ...^umme von Fr. 3000 zur Brämiruug und Aufstellung eiues alleu Anforderungen entsprechenden Zünders für Hohlgeschosse auszusehen, jedoch mit der Bedingung, dass das schweig. Militärdeparteu.eut diese Breisaufgabe zur Losung ausschreibe und den Betrag hiefür augemessen erhohe.

Welches die Anforderungen. alle seien , die die Ossiziersgesel.lschast an einen vollkommenen ^Zünder zu stellen gedenkt, wurde nicht bemerkt, ebenso wenig eine Andeutung gegeben, in welcher Weise die Konkurrenz erossnet werden solle, ob mau si.h z. B. begnügen wolle, Brojekte von .Zündern in Zeiehnuug , Beschreibung und Modellen entgegenzunehmen, solche alsdann im eidg. Laboratorium ausführen zu lassen und die un-

521 erlasslichen Broben mit ^eschüzen vorzunehmen, um sich über den Werth .oder Unwerth der verschiedenen Brockte ein richtiges Bild ^u verschaffen und ^u einem Ents.heide bezüglich Brämirung zu gelangen . oder aber, ob es .den respektiven Erfindern anheim gestellt werden soll, ihre Jdeen .selbst und auf gutfiudeude Weise so weit praktisch auszubilden, dass sie in den Stand gesezt sind, nicht bloss ein Brojekt eines Zünders, sondern eines sertigen brauchbaren ^üuders vorzulegen , der allerdings alsdann noch ..einer Reihe von Versuchen zu unterwerfen wäre , um zu einem Entscheide zu gelangen, welchem Konkurrenten die Balme gebührt.

Beide Verfahren haben ihre Li.cht.^ und Schattenseiten , denn wer mit diesen Arbeiten vertraut ist, weiss, welch' unsägliche Schwierigkeiten dem Erfinder bei der Ausführung seiner Projekte entgegentreten und wie viel minuziose Sorgfalt die Aufstellung eines brauchbaren Zünders erfordert. Hiezu gesellt sich noch der Uebelstaud . dass gar viele erfinde. rische Kopfe ^nd Genies in der Mechanik und andern Hülsswissenschasten die Bedürfnisse der Waffe nicht genügend kennen, um ihren Bemühungen

eine möglichst erspriessliehe, bald zum ^iele sührende Richtung zu ertheilen, was die Erfolge einer Konkurrenz etwas ^weiselhast macht.

Das eidg. Militärdepartement hält nun aber die Losung der Zünderfrage für so ausseroxdentlich wichtig , dass von diesen Bedenken nicht ^urül^esehrekt werden darf, und ^oar um so weniger, als die patriotische Gabe des ^ffiziersvereins eiu entsprechendes Eutgegeukommen wohl verdient und das Auffinden eines Zünders, der in jeglicher Weise entspricht,

jeglicher ...^pser werth ist. Die Tragweite eines wirklich persekten Zünders ist von enormer Wichtigkeit^ dann erst wird die gezogene Artillerie im Stande sei.^, eine Gesehoss^irku^.g ^u .äussern , welche unter allen Umstanden eine genügende genannt .werden darf , .^as jezt gar oft nicht der Fall ist.

Dermalen kann sieh keine Artillerie der Welt rühmen, die Zünderfrage einem Abschlnss nahe gebracht zu haben , überall bleibt an den eingeführten Systemen noch^ Manches zu wünschen übrig, beinahe überall finden auch unausges...^ Versuche aller Art statt , um die Wirkung der ^preuggeschofse^u erhohe..., und offenbar müsste bei Ausbruch eines küustigen ^eld^uges diejenige Artillerie bei sonst ebenbürtiger Leistung das Uebergewicht .davon tragen , welche in ihren Zünders.^ftemen am weitesten vorangeschritten ist.

^e.^uniäre .^pfer, welche für Verbesserungen in dieser Richtung von dem Vaterland gebracht werden , müssen bei nächster ernstlicher Aktion reichliche Zinsen abwerfen.

Um im Sinne des eidg. .^sfiziersvereins in ^ug handeln zu konnen, bedarf es aber nicht nur einer Verdopplung oder Verdreifachung des aus-

522 geworfenen Betrages, welcher als Brämie stipulirt würde, sondern wenigstens ein ebenso grosser Betrag sollte dem eidg. Militärdepartement zur Verfügung gestellt werden, um alsdann mit denjenigen Modellen, welche dem Zwek am nächsten gekommen zu sein seheinen , einlässliehe Versuche anzustellen.

Den Konkurrenten müssten auf dem Wasfenpl^e Thun Gesehüze und Munition nebst Bedienungsmannschaft zur Disposition gestellt werden, um einige Versuche anstellen zu können, bevor sie ihxe Projekte definitiv einreichen; damit aber nicht Zeit und Mittel unnüz vergeudet werden, müssen die Bewerber ihre Brojekte einer Kommission vorlegen , welche entscheidet, ob solche einige Aussicht ans Erfolg haben und ob solche Vorversuche damit angestellt werden dürsen oder nicht.

^ Es ist selbstverständlich , dass den Konkurrenten nie zugemnthet werden kann, ein stichhaltiges Brojekt eines Zünders einzureichen, wenn

ihnen nicht Sehiesspläze , Geschüze, kurzum alle Mittel an die Hand gegeben werden, um die nöthigen Studien zu machen, und Wenige .nur könnten die erforderlichen pekuniären Opfer bringen mit dem Risiko eines Richtexsolges.

Soll man ernstlich ^ur Verbesserung unserer Zünder aus dem Wege der Konkurrenz schreiten, so müssen anch in loyaler Weise die dazu ersorderlichen Mittel geboten werden.

Wir erlauben uns daher, Jhnen nachstehenden Besehlussentwurf bezüglich dieser Angelegenheit zu empfehle...

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer Hochachtung.

vollkommenen

Bern, den 2. Juli 1869.

Jm Ramen des sehweiz. Bundesrathes,

Der Bundespräsident: .^elti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: ^chie^.

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Beschlußentwurf Betreffend

Konkurren^Ausschreihung für Zeitzünder.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft,

nach Einsicht der Botschaft des Bundesrathes vom 2. Juli 1869, beschliesst: Artikel 1. Für Vrämirung an den Erfinder eines in jeder Beziehung entsprechenden Zeit- und Berkussionszünders, wird zu dem patriotischen Beitrag des Ossiziersvereines von Fr. 3000 noch ein Bei^

trag von Fr. 7000 aus der eidg. Buudeskasse geleistet.

Artikel 2.

Dem Bundesrathe wixd ausserdem noch ein Kredit von

Fr. 10,000 bewilligt, zur Vornahme der sowohl für die Studien der

Konkurrenten, als für die definitiven Broben erforderlichen Schiessversuche.

^ Artikel 3. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Be-

Schlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung , betreffend Konkurrenzeröffnung für Erfindung eines vervollkommneten Zünders. (Vom 2. Juli 1869.)

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10.07.1869

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519-523

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