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Schweizerisches Bundesblatt XXI. Jahrgang. l.

Nr. 17.

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1. Mai 1869.

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^

des

schweizerischen Bundesrathes

an die h. Bundesversammlung

über feine Geschäftsführung im Jahr 1868.

Geschäftskreis des Justiz- und Polizeidepartements.

A. Gesezgebung, Konkordate, Vertrage .tc.

I. Gesezgebung,

Auf dem Gebiete der Gesezgebung hatte das Justiz und BolidiDepartement keine Vorlagen zu maehen, wohl aber sind ihm zwei Vetitiouen überwiesen worden, weiche die Regulixuu.g verschiedener Verhältnisse auf dem bundesrechtlichen Wege anstreben.

Die eine dieser Vet.tionen geht vom H a n d w e r k s - und G e w e r b s v e r e i n v o n Glarus aus, und enthält das Gesuch., es mochte ein Bundesgesez zur Regulirung des Hansir-, Konkurs-, Vatent- und Diederlassuugswesens für den ganzen Umsang der Eidgenossenschaft und im Siune allgemeiner Einheit und Gleichheit eingeführt werden. Diese Vetitio.. wurde u.it Bundesbeschluß vom 24. J...li 1868 an uu- zur Begntachtuug überwiesen sie wird aber znm wesentlichen Theile ihre uahere Würdigung finden bei Aulass der unten zu erwähnenden VerHandlungen betreffend Einführung eines gemeinsamen Obligationenrechts

Bundeblatt. Jahrg. XXI. Bd. I.

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950 und gemeinsamer Vorschriften über das Betreibungs - und Konkurswesen.

Die andere Betition ist diejenige des s c h w e i z e r i s c h e n Juristenv e x e i n s , um ^ R e v i s i o n der B u n d e s v e r f a s s u n g in dem Sinne, dass dem Bunde das Recht eingeräumt werde, über einzelne Theile des

Eipilrechtes und Eivilprozesses für die gan^e Schweiz verbindliche Geseze

zu erlassen, und für die Errichtung einer eidgenossischen Rechtsschule.

Diese Betition gelangte bekanntlich querst an die Bundesversammlung, und wurde mit Beschluss des Nationalrathes vom 19. Dezember 1868 an den Bundesrath überwiesen, mit der Eiuladung, darüber Bericht

und Autrag zu erstatten. (Bundesblatt 1868, Band 111, Seite 1041, und 186.9, Bd. l, S. 65 und 102).

Die weitere Behandlung dieser

Betition ^fällt desshalb in das Jahr 1869.

I I . ^onl.^rd.it....

. 1 . Mit Kreisschreiben vom 20. Januar 1868 wurde Kantoueu der im Dezember 1867 festgestellte Entwurf zu k o r d a t e betreffend ^.eirateu von S c h w e i z e r n im Auslands mitgetheilt, damit sie bis Ende des Monats über die definitive Annahme oder Verwerfung desselben sich

sämmtlichen einen. KonJn- und Mai gl. J.

aussprechen .

(Buudesbl. 1868, Bd. l, S. 57 n. 80). Allein d.ie wenigsten Kantone

entsprachen dieser Einladung. und als im Monat Juli die Bnndesve.^ sammluug wieder zusammentrat, hatten erst 16 Kautone geantwortet, und davon bloss 7./^ Stände entweder den Beitritt ausgesprochen oder doch in ziemlich sichere Aussicht gestellt. Es traten nun am 17. Jnli 1868 die Abgeordneten dieser 7^.. Kantone, nämlich von Zürich, Bern, Glarus, Freiburg, Solothurn, Basel-Stadt , Graubünden und Waadt zusammen, um sich über das weitere Vorgehen zu besprechen. Die Folge dieser Besprechung war, dass die Repräsentanten der geuannten Kantone erklärten, au dem Eutwurse festzuhalten, aber einstweilen noch von der definitiven Einführung des Konkordates abzusehen, bis einige andere Kautone, deren Ablehnung aus blossen Mißverständnissen beruhte oder dereu Stillschweigen nicht ohne Weiteres als Ablehnung ausgesasst werdeu konnte, näher aufgeklärt wären. Es wurde daher beschlossen, dass diese Kantone, Samens der Konferenz, durch besondere den speziellen Verhältnissen entsprechende Schreiben des Bundesrathes eingeladen werden sollen, diese Angelegenheit nochmals einer nähern Brüsung zu unterstellen, und sodann ihren Beitritt zum Konkordate zu erklären. Dabei herrschte jedoch immerhin die Meinung , dass wenn auch keine andern Kantone beitragen, das Konkordat dennoch ins Leben gerufen würde.

Der Bundesrath ermangelte nicht, unterm 7. August 1868, an die erwähnten ^vei Gruppen von Kantonen in dem angedeuteten Sinne zu

951 schreiben, und zwar namentlich an die Kantone Schaffhausen, Aargau, Thurgau , Basel-Landschaft, Tessin, Wallis, Reuenburg und Gens.

Auch erliess das eidg. Jnsti^ und .^olizeidepartemeut pon sieh aus noch weitere bezügliche Schreiben an einige dieser Kantone.

Dennoch^ waren diese Bemühungen nicht von dem gewünschten Erfolge begleitet. Einzig der Kanton Schasfhansen erklärte noch seine..

Beitritt. Von den andern Kantonen haben Wallis, Reuenburg und G..nf keine weitere Antwort gegeben. Die ^ Regierungen von Basels Landschaft, Thurgau und Tessin dagegen antworteten, dass sie Angesichts der durch die Konferenz vom 17. Juli 1868 eingetretenen Veränderung der Sachlage zu Gunsten des Konkordates sich entschlossen haben, dasselbe ihren Grossen Räthen nun ebenfalls zur Annahme zu empfehlen.

Was den Kanton Aargau betrifft, so betrat dieser einen andern Weg. Die Regierung dieses Kautons eroffuete nämlleh dem Buudesrathe mit Schreiben vom 4. Dezember 1868, dass der dortige Grosse

Rath am 24. Rovember gl. J. mit 74 gegen 68 Stimmen den angetragenen Beitritt zu diesem Konkordate abgelehnt und im Weitern mit 84 ...Stimmen beschlossen habe , die Regierung sei beauftragt dem Bundesrathe das Verlangen anzusprechen, dass die Angelegenheit im Wege der Bnndes^esezgebung geordnet werden mochte.

Mittlerweile trat dann im Dezember l 868 die Bundesversammlung zusammen, welcher die oben erwähnte Betitln des schweiz. Jnristenvereins vorlag. Jn ^olge der Ueberweisung dieser Vetion an den Bundesrath und iu Uebereinstimmung mit mehreren Abgeordneten der betheiligten Kantone . schien nun eine weitere Behandlung des Ehekonkordates , getrennt von den bei einer Revision der Bundesverfassung möglicherweise zur Sprache kommenden Fragen des Eivilrechtes, nicht mehr geboten; man glaubte daher abwarten zu sollen , ob eine Revision der Bundes^ verfassuug wirklich an die Hand genommen und auch das Ehereeht zu dem gewünschten Abschlusse führen werde.

Jndess gestattete das Vorgehen des Kantons Bern doch nicht, in diesem Abwarten zu beharren. Der Grosse Rath dieses Kautons erklärte nämlich am 4. Dezember 1868 die unveränderte und definitive Annahme des Konkordates, wie es in der Vl. S^uug der Konserenzabgeordneten

vom 26. Dezember 1867 festgestellt wurde, und versügte gleichzeitig,

dass es auf 1. Januar 1869 im Kanton Bern Gesezeskraft erhalten soll.

Die Regierung dieses Kantons machte uns am 2. ^ebruar 186.^hievon Mitteilung , woraus wir uns veraulasst saheu , mit Kreisschreiben vom 8. Februar abhin sämmtlicheu Kantonen von der neuen Eheordnung im Kanton Bern Kenutniss zu geben, um sie zu veranlassen, anch ihrerseits

endlich über den definitiven Beitritt sieh au^nsprechen. Bezüglich des Details wird ans dieses Kreisschreiben im Bundesblatt v. J. 1869, Bd. l, S. 243 verwiesen.

Das Resultat ist nun ^u gewärtigen.

952 2. Bekanntlich wurde pou der Regierung des Kantons Aargau im Juli 1863 der Abschluss eines K o n k o r d a t e s g e g e n L o t t e r i e n und Glüksspiele angeregt, und in zwei Konferenzen von Abgeordneten der Kantone besprochen. Es kam auch wirklich im Sommer 1864 der Eutwurs ^u einem solchen Konkordate ^u Staude, der dann aber liegen blieb, weil mittlerweile der Versuch gemacht wurde, diesen Gegenstand durch die damals ^angeregte Revision der Bundesverfassung zu ordnen.

Nachdem jedoch der bezügliche Artikel vom Volke verworfen worden war, hätte es sich fragen konnen, ob auf das Konkordat znrükgegangen werden wolle. Wir faudeu jedoch, und traben es^im ^eschästsberichte pro 1865 ausgesprochen, dass es passend sein mo.hte, abzuwarten, ob nicht die betheiligten Kautone selbst die bei ihnen noch bestehenden anstossi.gen Justitute dieser Art beseitigen werden. Wir wurden namentlich durch das erfreuliche Beispiel von Gens, das um diese Zeit ein dort bestandeues Spielhans geschlossen hatte, ans diesen ^tandpuukt hingewiesen und durch den Umstand darin bestärkt, dass die .Abgeordneten der andern uoch betheiligten Kantone Uri, Schw^ und Wall.is in der Konferenz die ^usicherung gegeben hatten , dass . die bei ihnen noch bestehenden Verträge nicht mehr werden ernenert werden. Da in der Bundesversammlung von keiner Seite ein anderer Modus in Anregung gebracht wurde , so hatte diese Sache bis auf Weiteres^ihr Bewenden , indess immerhin nur in dem Sinne , dass wir gemäss der im gleichen Geschäftsberichte pro 1865^gegebenen Zusichernn^ , diesem Gegenstande anch künstig unsere Aufmerksamkeit Anwenden werden, um ihn gegebenenfalls in der angedeuteten Weise zur Erledigung zu fahren.

Run hatte sich bei den erwähnten Konkordatsverhandlungen ergeben, dass der im Kanton Schw^ bestandene .Lotterievertrag im ..^anfe des Jahres 1868 seiu^Eu^ erreichen sollte. Von Uri war bekannt, dass es gerade während den oben erwähnten Konserenzperhandlungen einen ^derartigen Vertrag erneuert hatte, ohne dass jedoch die Dauer desselben bekannt geworden wäre. Betretend Wallis waltete ein ähnlicher Zweifel.

Wir sahen uns daher veranlasst, die Regierungen aller dieser drei Kantone gleichmäßig zum Berichte darüber einzuladen, wann die sragli^en Verträge effektiv ^u Ende gehen, und welche Absichten für die Zukunft walten.

^ ^ .
Die Regierung des Kautous Uri antwortete, dass dort keine Lotterie mehr bestehe. Diejenige von Wallis berichtete , dass dort nur der ..Cercle des .^r.^er.^ in Sar^on bestehe, welcher ans einem vom^Sl.aatsrathe genehmigten Vaehtvertrage der Gemeinde ^.ar^on mit Herrn Kaspar von Sepibns sur 30 Jahre, vom 1. Jannar 1847 an, beruhe; es sei aber schon im Jahr 1864 beschlossen worden , dass kein anderes derartiges Unternehmen mehr bewilligt und die Ermächtigung sur jenen Cercle des el^n^s nicht erneuert werden soll, wenn der gegenwärtig

953 bestehende Pachtvertrag sein Ende erreicht habe. Was den Kanton Schw..^ betrifft, so lag gerade in dem Momente, als unsere Anfrage dort eintraf , ein Gesuch bei dem Kantonsrathe um Erneuerung der Lotteriekonzessiou , die mit dem 25. Mai 1868 erloschen war. Als wir hievou Keuutniss erhielten , beeilten wir uns , auch bei dem Kantonsrathe selbst uusere Verwendung eintreten zu lassen, und wir hatten die Befriedigung. dass derselbe am 10. Juni die Erneuerung jener Konzession ablehnte.

3. Es wurde im legten Berichte mitgetheilt, dass in Folge eines Konsereuzbesch lusses die Kantone angesragt worden, ob sie geneigt seien, die im Jahre 1862 begonnenen Verhandlungen über die Einführung e i n e s s c h w e i z e r i s c h e n H a u d e l s g e s e z b u c h e s in dieser ausschliessliehen Richtung aufzugeben und dagegen ans die Bearbeitung eines all-.

g e m e i n e n . ^ b l i g a t i o n e n r e c h t e s , mit Einschluss der sür den kaufmäunis..hen Verkehr erforderlichen Bestimmungen, so wie auf die Berathuug über Einführung eines g e m e i n s a m e n B e t r e i b u u g s - und Konkursr e c h t e s überzugehen.

Alle Kantone , mit Ausnahme von Appen^ell J. Rh. , das nur die Mittheilung der Protokolle wünschte, erklärten sieh bereit, aus diese neue Basis einzutreten und an den hierüber zu eröffnenden Verhandlungen Theil zu nehmen.

^em^ufolge fand am 4. Juli 1868 eiue ^weite Si^ng der Konfereuz statt, in welcher beschlossen wurde.

I. Es sei an ..^u Bundesrath das Gesuch ^u richten, er mochte ein

allgemeines schweizerisches .^bligatioueurecht , mit Eiuschluss der

Bestimmungen über fpezi^ch kausmäunisch.. Verhältnisse, redigiren lassen und den diessalligeu Entwurf seinerzeit den Kantonen zur Brüsuug mittheilen.

II. ^ei der Bundesrath ferner zu ersuchen, iu getrennter Redaktion ein allgemeines schweizerisches .^onkursrecht und den Entwurf zu einem allgemeinen Betreibungsges^z bearbeiten ^u lassen.

^as Protokoll über die Verhandlungen dieser zweiten Konferenz wurde mit Kreiss.hreiben von. 28. August 1868 sämmtlicheu Kautonen

mitgetheilt. (Bundesblatt 1868, Bd. lll, S. 23....).

. Wir ermangelten ^uicht, dem erwähnten Besehlusse ^olge ^u geben.

Ra.h einigen durch das Justiz- und Voli^eideparl...me..t besorgten Vorverhandlungen wurde daher unterm 25. September 1868 der erste Eutwurf eines allge^ueinen schweizerischen .^bligatioueurechts, mit besonderer

Rüksicht aus die Rechtsverhältnisse des kaufmännischen Verkehrs und des

Transportwesens, .^errn Professor Dr. Munzinger in Bern übertragen.

^ür den Entwurf zu einem gemeinsamen Geseze oder Koukordate über

954 das^Betreihungswesen und eines solchen über das Konkursreeht wurde Herr Professor l)r. Andreas H e u s l e r , ^n. , in Basel, als Redaktor ernannt.

Rachdem noch die kantonalen Geseze über alle diese Materien gesammelt und den Redaktoren zugestellt worden waren, haben diese ihre ^Arbeiten sofort begonnen. Die weitern Verhandlungen gehoren den..

Jahre 1869 an.

Dagegen glauben wir hier noch einer Zwischenverhandlung erwähnen zu sollen, um zu zeigen^ wie w.r d.e Stellung der Kantone zn diesen Arbeiten über eivilreehtliche Materien Bunter den Auspizien des Bundes bei den jezt bestehenden konstitutionellen Vorschriften auffassen.

Der Staatsrath des Kantons Waadt glaubte nämlich , hierüber ^eine bestimmte Erklärung von uns verlangen ^u sollen, unter ausdrüklieher Wahrnn^ der kantonalen .Autonomie über alle Gebiete des Eivilrechts, .auch für den Fall, als er sich entschlossen konnte, von einer besondern Bearbeitung des Handelsrechtes für die weischen Kantone abzusehen, und auch fernerhin an den gemeineidgenossischen Konferenzen bezüglich der am 4. Juli in Aussicht genommenen Reehlsgebiete Theil zu nehmen.

Wir nahmen keinen Anstand , unterm 7. Dezember ^l868 dahin zu antworten, dass nach dem gegenwartigen Wortlaute der Bundesverfassung nicht der mindeste Zweifel darüber walten konne , dass in der Eodifikation des Eivilrechtes die Kartone als selbständige Staaten mit einander verhandeln . die Beschlüsse vom 4. Jnli abhin und alle folgenden Verhandlungen seien daher auch ohne allen Vorbehalt durchaus unpräjudizirlieh. Weuu einn.al die Entwürfe durchberathe.. und definitiv festgestellt sein werden. komme erst die ^rage au jeden einzelnen Kanton, ob er etwas oder gar. nichts annehmen ^olle , welche ^rage er natürlich durch seine eigenen verfassungsmäßigen Organe beantworten werde. Es konuen darum alle Kautoue ohne das mindeste Bedenken und ohne in ihrer rechtlichen Stellung et^as zu präjndizixen , an den bezüglichen VerHandlungen Theil nehmen.

4. Jn Anwendung von Art. 7 der Bundesverfassung kau. dem Justiz- und ^olizeidepartement nur ein Konkordat zur Brüfnng ^n. Es habeu nämlich die Kantone Schw.^z, Glarus, .^t. fallen und G r a u b ü n d e u am 18. ^ebrm.r 1^68 ein solches abgeschlossen zum Zweke der Festsezung einer g e m e i n s c h a f t l i c h e n o f f e n e n J a g d z e i t , und eines
Bitweisen gen.eiuschafiliehen Jagdbaunes zuur. ^ehuze des Ho^h^ewildes anf deu sämmtlieheu Hochgebirgen im Kouk.ordatsgebiete. Rachdem die vorbehalteneu Ratifikationeu von ^eit.^ der konkordirenden Stände beigebraeht waren, ^vurde dieses Konkordat am 3l. Juli 1^68

955 in Kraft erklärt und in das Bundesblatt von 1868, Bd. lH, S. 89 und 91 aufgenommen.

III. ^r^ntie von ^..nton.^ert^ssun^n.

Die dem Justiz- und Volizeidepartement zur Brüfung zugekommenen Versassungsrevisionen der Kantone B a s e l - S t a d t (Bundesblatt l868,

Band 1, S. 423, Bd. ll, S. 650 und 652, Bd. Hl, S. 52. Osfiz. Samml. Bd. l^, S. 389), Solothurn (Bundesblatt 1868, Bd. Ill, S. 39, 43, 295, 300. --^ Ossiz. Samml. Bd. I.^, S. 390) uud Schasfhausen (Bundesblatt 1868, Bd. HI, S. 44, 45 u. 52.

- Offiz. Samml. Bd. l^., S. 392) , ^ veranlassten keine besondern Erörterungen. Diese drei Revisionen bezogen sich jeweileu nur auf einzelne wenige Buukte uud erhielten auch ohne Weiteres die Gewährleiftung des Bundes.

anders verhält es sich mit der ziemlich wichtig^ Revision der Ver.^ safsuug des Kautons G eu s, wodurch ein Gegenstaud wiederholter Zwistig^ keiten seine Erledigung saud. Die hier zur Sprache kommenden hiftoxischeu uud rechtlichen Fragen sind in einer ausführlichen Botschaft an die Bundesversammlung besprochen worden und desshalb hier nicht weiter zu erwähnen. Auch diese Revision erhielt ohne weitere Vorbehalte die

Garantie des Bundes. (Bundesblatt 1868, Bd. lll, S. 942, 956, 957, und Osfiz. Samml. Bd. I^, ^. 524).

IV. ^er^ttnisse zn ^u^marti^en ^t.t..ten.

.^ . K o u v e u t i o u e n m i t f r e m d e n S t a a t e n .

Jm Laufe des Berichtsjahres hatteu zahlreiche Verhandlungen statt zum Zweke der Regulirung verschiedener Rechtsverhältnisse zwischen der Schweiz und dem Auslande.

1) Mit Bauern wurde eiu Nachtrag zu dem Auslieserungsvertrage

^vom 28. Juui 1851 , betresfeud den gegeuseitig sreieu Durchtransport

vou Verbrechern, die aus eiueu. dritten Staate an einen der kontrahi^ renden Staaten ausgeliefert werdeu, vereinbart und vou der Bundes-

versammluug genehmigt. (Bundesblatt 1868, Bd. lll, ^. 846 und 849).

2) Die mit Jtalien abgeschlossenen neuen Verträge, betreffend die .....^ederlassuugs - und Konsulatsverhältnisse, so wie betreffend die Auslieferung von Verbrechern , erhielten ^ebenfalls die Genehmigung, konnten aber bis jezt noch nicht in Kraft treten , weil die Ratifikation vou Seite

Jtaliens noch ausstaud. (Buudesblatt 1868, Baud lll, ^eite 447 und 495).

^956 .^ Juf^e f^eziell eingeholter Ermächtigung sämmtlicher Kantone wurde mit V r e u s s e n eine Vereinbarung getroffen^ derzusolge die Gerichtsstelien beider Staaten in d i r e k t e n V e r k e h r mit einander treten konnen, während bis jezt der diplomatische Weg hiefür gebrauch-

lieh war. (Buudesblatt 1868, Bd. I, S. 8, und Bd. ll, S. 751 und 75..)).

4) Die Art und Weise, wie in B e l g i e n der ^wischeu diesen..

Staate und der Schweiz bestehende Ausliefernngsvertrag angewendet wird, veranlasste die Bundesversammlung am 20,^22. J...li 1868, in einem Boftulate ^u dem legten Geschäftsberichte den Bundesrath einzu^ laden, diesen Auslieferungsvertrag vom 11. September 1846 zu l.ündeu, wofern von Seite der belgischen Regierung uieht die bestimmte Erklärung abgegeben werde, dass sie denselben künftig aus eine seinem Zweke ent-

sprechende Weise vollziehen wolle. (Buudesblatt 1868, Bd. ll, S. 74..)

und Offiz. Samml. Bd. l^., S. 374).

Die unangenehmen Erfahrungen, welche die Schweiz in einigen Spezialfällen zu machen hatte, führten zu wiederholten weitläufigen Erorterungeu mit der belgischen Regierung. Jn Folge dessen tauchte schon vor jenem Beschlusse der Bundesversammlung der Gedanke an eiue Revision des Vertrages aus, und da inzwischen, nämlieh am 5. April 1868, in Belgien ein neues Ges.^ erlassen worden war, welches sur die Aus-

lieferuugsverträge Belgiens massgebend ist, so hatte die belgische Gesandt-

fehaft auch schou vorher darauf hingewiesen, in welchen Richtungen der Vertrag verbessert werden kouute. Gleichzeitig hatte sie auch einen entsprechenden Entwurf eiugefaudt , dessen Brüsung und vorläufige Bespreehung bereits an die Hand genommen wordeu war. Da jedoch in diesen.

Entwnrse ähnliche Bestimmungen vorkommen , wie sie der mit Frankreich in Berathuug liegende Entwurf enthält, die aber von ...^eite der ^..chweiz nicht wohl angenommen werden ko..nen , so wollten wir mit der ernstlichen Berathung des belgischen Entwurfes zuwarten , bis die Verhaudlungen mit Frankreich einen Absehluss gesunden hätten.

Den^ufolge und im Hinblik auf den oben erwähnten Besehlnss der Bundesversammlung eröffneten wir iu^ Rovember der belgischen Gesandtschaft in osfizieller Weise unsere Geneigtheit, auf eine Revisiou des sraglieheu Vertrages eintreten, jedoch vorerst noch abwarten zu wollen, bis der Vertragsentwurf mit Frankreich defiuitiv festgestellt seiu ^erde , damit dann beide Verträge gleichzeitig der Bundesversammlung ^ur Genehmigung vorgelegt werden konuen.

5. Die Verhandlungen mit F r a n k r e i c h über die R e v i s i o u d e r uoeh i n K r a f t b e s t e h e n d e n A r t i k e l d e s V e r t r a g e s v o m Jahr 1828 sührten zu zwei gesouderten Entwürfen. Der eiue betrisst die A u s l i e f e r u n g von V e r b r e c h e r n , der andere die z i v i l r e c h t -

957 .lichen V e r h ä l t n i s s e (Gerichtsstand., Vollziehung der Eivilurtheile und Zustellung gerichtlicher und aussergerichtlieher Exlasse).

Diese Entwürfe haben im Lause. des Berichtsjahres den Gegenstand vielfacher Erörterungen gebildet, die indess noch zu keinem definitiven Abschlusse führten. dagegen haben allerdings in Bennznng des gesamm- ^ ten Materials dem Herrn Dr. Kern die ^Sehlussinstruktionen ^.gestellt werden konnen, so dass diese Verhandlungen voraussichtlich in kurzer Z..it ^ihr Ende erreichen werden.

6. Aus Anlass der in neuerer Zeit oster nothig gewordenen Korresponden^eu mit der päpstlichen R e g i e r u n g , betreffend A u s li e fer u n g schweizerischer Verbrecher, die sieh in romisehe Militärdienste halten anwerben lassen, wurde von hoher Stelle dem schweizerischen Generalkonsul in Rom die Wünschbarkeit, einen Auslieferungsvertrag zu haben, ausgesprochen, mit der Hin^eisung, dass die Schweiz einen solchen bis je^t xefüsirt habe. Diese ledere Andeutung konnte sich nur auf die im Jahr t 82.) stattgesundenen Verhandlungen^ beziehen, da keine neuern be^kannt find. Damals wurde bei Aulass der Auslieferung zweier Morder und Strasseuräuber ebenfalls von Rom aus der Abschluss eines solchen^ Vertrages augeregt. Aus eine bezügliche Anfrage an die Kantone zeigte

sich jedoch bei diesen wenig Geneigtheit dazu. Vorzüglich waren es die

grosse Verschiedenheit der resp. ^trafgese^gebungen, die geographische Entfernung und das in den romischen Staaten damals. noch bestandene Asylreeht, welche Bedenkeu veranlagten. Ferner hegte man die UeberBeugung, dass das Juteresse der Eidgeuosseuschaft die Vervielfältigung solcher ^luslieser..ngsverträge, welche doch ofters uuangeueh^ue Erortexungen verursachen, keineswegs empfehle, sondern dass es überhaupt rathsamer sein mochte, es bei den bereits mit einigen Rachbarstaaten abgeschlosseneu bewenden zu lassen. Dabei wurde gleichwohl von allen Seiten die Versicherung extheilt, dass bei solchen Verbrechen, die sich überhaupt zur Auslieferung .^ualifi^ren und auf Znfiehernng des Gegenrechtes hin, von ^eite der Kantone auch ohne Vertrag dasjenige geschehen werde, was einerseits volkerrechtliche Grundsäze und freundschaftliehe Verhältnisse erfordern, andererseits die in jedem Kanton bestehenden Geseze gestalten, um der Handhabung der Justiz in einem befreundeten .Land Vorschub zu leisten.

Der Vorort beschränkte .sich daher darauf, am 1.). Wintermouat 1829 der romisehen Regierung eine hiermit übereinstimmende Erossnnng zn machen.

Unter Mittheilung dieses ^achverhaltes an den Generalkonsul in Rom, erklärten wix,^ dass auch jezt noch ohne Vertrag gemeine Verbrecher an Rom ausgeliefert würden ; soferu jedoch die romische Regierung wirklieh die Absicht habe, neue Unterhandlungen anzubahnen, so moge fie

958 ein solches Anerbieten auf dem diplomatischen Wege durch ihren in der Schweiz akkreditirten Vertreter machen. Weitere Exosfnungen sind unterblieben , dagegen sind seither von Seite der päpstlichen Regierung wieder einige Auslieserungen an die Schweig bewilligt worden.

7. Die königlich württembergische Regierung war wiederholt im Falle zu xeklamiren gegen die Erschwerungen der Niederlassung, denen die W ü r t t e m b e r g ex in der Schweiz ausgesät seien. Namentlich kamen zur Sprache die besondern Kautionen, die in einzelnen Kantonen noch gefordert werden, hohe Riederlassuugsgebühren und die Forderung

eines Ausweises über die Gegenseitigkeit.

Um ihrerseits diesem Verlangen ein für alle Mal ^u genügen, gab die württembergische Regierung folgende Erklärung ab: .,Dass die in Württemberg sich niederlassenden Schweizerbürger daselbst durchaus keiue Riederlassnugsgebühr zu entrichten haben, und in Bezug aus Liegenschaftserwerb , Gewerbebetrieb und Besteuerung den Juländern gleich behandelt werden.^ Da der srüher mit Württemberg verhandelte Staatsvertrag übex diese Angelegenheiten aus bekannten Gründen snspend.ixt worden war, und die württembergische Regierung Retorsion gegen die in ihren Staa^ ten wohnhaften Schweizer in Aussicht stellte, so glaubten wir den Kautonen von jeuer Erkläruug ^dureh besonderes Kreissehreiben (Buudesblatt 1868, Bd. l, S. 103) Keuutuiss geben und namentlich die Redu^iruug von ausnahmsweise hohen Riederlassuugsgebühren, sowie. die Ausi.ebnng der zum Anachronismus gewordenen Kautionen empfehlen zu sollen.

Die hierauf eingegangenen Antworten der Kautoue sind der württembergischen Regierung wieder znr Kenntniss gebracht worden.

Bei dieser Z^is..heuverha..dluug waltete immerhin die Absicht, den suspendirteu Vertrag mit Württemberg wieder auszunehmen, sobald der ^Vertrag mit dem deutschen Zollverein ebenfalls wieder ausgenommen und zum Abschluss gebracht würde, was im Aufauge des Jahres 1860 geschah.

h. S p e z i a l s ä l l e .

.-. .Jm Ju^ l868 wnrde Holzhändler Heinrich ^tüssi, wohnhast in Basel, von dem dortigen Eivilgeriehte sallit erklärt. Die meisten Aktiven, bestehend in Bauhof, befanden sieh jedoch auf verschiedenen Flüssen in Frankreich, uamentlieh aus der S^one bei ^l.. .le^n de Losne (.^ole d^or), wo Stüssi ebenfalls ein Domizil hatte, indem er dort einen .Lagerplaz und einen Agenten hielt, so.vie die Handelspatenttar.e bezahlte.

Als nun Stüssi seinen ^all voraussah, entäusserte er sieh im Juui 1868 aller Aktiven zu Gunsten eines einzigen Kreditors in Basel. Die grossten Kreditoren, meist ^. Holzlieferanten aus dem Kanton Bern, versuchten

959 desshalb den Konkurs gegen ihren Schuldner an jenem französischen ^omizil zu verlangen, damit sie der Vortheile der französischen Gesezgebuug theilhaftig würden, wonach (Art. 444 usf. des Code de commerce) die

Wirksamkeit der Falliterklärung zurükdatirt wird aus den Zeitpunkt der

bewieseneu Jnsolvenz, so dass dann jeu^r in fr.^udem vollzogene Holzverkauf zerfallen wäre. ^as Handelsgericht von St. .le^n de Losne wies jedoch dieses begehren ab, weil dieser Fall lediglich Schweizer, also Fremde, betreffe, und desshalb ausser der Kompetenz der französischen

Gerichte liege.

Jn Folge dessen stellte das Eivilgericht von Basel das Gesnch, es mochte das Bekehren jeuer Kreditoren aus diplomatischem Wege vermittelt uud, gestü^t ans den Staatsvertrag mit Frankreich von 1828, in dem ^inne befürwortet werden, dass den schweizerischen Kreditoren in Frankreich Dasselbe Recht, wie deu einheimischen, zu halteu sei.

Mit

Bes.hluss vom 9. Oktober ^868 wurde jedoch dieses Begehren

abgelehnt, weil hier die Bestimmung des Art. 4 des .^taatsvertrages mit Frankreich von 1828 nicht zutreffe.

dieser finde nur ans den Fall Anwendung, wo in Frankreich oder in der Schweiz ein Konkurs wirklich ausgebrochen s.^i un^ in gerichtlicher Liquidation liege. Jn dieser Liquidation müsse dann der Schweizer ^.in Frankreich gehalten werden wie ein Franzose und umgekehrt. Gegenwärtig liege aber ein anderer Fall vor, indem die .Berichte von Basel die ihnen zustehende Kompetenz, den Konkurs gegen ^tüssi durchzuführen, ablehnen und. dieselbe den franzosischen Gerichten übertragen mochten. Es frage sich also nur, ob diese zur Uebernahme des .Konkurses augehalten werden können. Allein eine solche ^.rage müsse verneint werden, weil Stüssi sein Hauptdomi^il in Basel habe. ^er Umstand, dass er eine ^ueeursale in Frankreich etablirt gehabt, konue nichts ändern, ebenso wenig die .......hatsache,^ dass Holzvoxräthe in Frankreich liegen und dass dort einzelne Gesehäste abgeschlossen worden. Wenn es auch sur die Kreditoren Stüssi's vortheilhaster sein mo.ht.., deu Konkurs nach französischen Gesezen abgewikelt zu sehen, so könne doch ein solcher Zwekmässigkeitsgruud in rechtlicher Beziehnng nicht maßgebend sein. ^ie Basler Behörden haben daher mit all.. m Gruud dieses Geschäft au die Hand ^genommen uud seien auch.

kompetent, dasselbe durchzuführen . desshalb gehe es nicht an, bei der .französischen Regierung die Kompeteuz der französischen Gerichte zu

plädiren.

9. ^er F r a n z o s e Joseph S c h w o b , Uhrenmaeher, in Lachaux^desonds, wurde vor das Handelsgericht nach Mülhauseu zitirt wegen einer gegen ihn dort eingeklagten persönlichen Forderung. Er verweb gerte die Annahme der Eilatiou, uud die Regieruug von Reneuburg unterstüzt... ihn in dieser Weigerung, weil die Citation überhaupt verspätet angekommen sei uud weil jeue reiu persönliche Klage am Wohn-

960 orte des Beklagten augehoben werden müsse. Die Regierung von Reuenburg bemerkte bei diesem Anlasse, es komme in neuerer Zeit immer häufiger vor, dass solche Vorladungen an dortige Angehörige kommen, ^ und es wäre Zeit, diesem Missbrauche ein Ziel zu sezen, denn sie erkläre ganz bestimmt (tres cerl^mement), dass sie künftig keinem sranzosischen Urtheile, das unter solchen Umständen erlassen worden sei, das E^uatur mehr ertheilen werde. Wenn dortige Angehörige Werthsachen irgend welcher Art in Frankreich besten, so lassen die Jnhaber solcher uuregelmassiger Urtheile sie saisiren ; dann müssen die Eigenthümer nach ^rankreich gehen und dort mit grossen kosten dagegen pro^ediren. Der bestehende Staatsvertrag gewähre also gar keine Sicherheit, und es wäre hundertmal besser, keinen Vertrag zu haben.

Es wurde nun die fragliehe Eitation der franzosischen Gesandtschaft zurückstellt unter Hiuweisung aus Art. 3 des Staatsvertrages von 1828 und aus eiue Depesche des frauzosischen Ministeriums des Auswärtigen (Thonveuel) vom 30. August 186t. Dabei wurde geltend gemacht, nach jenem Artikel sei die fragliehe Vorladung unzulässig, uud^.in dieser Depesche sei die Anleitung gegeben, dass die im Widersprnehe mit dem

Vertrag von 1828 überschikteu Akten als^ ungültig . und nicht geschehen

^u betrachten und durch die frauzosisehe Gesandtschaft in Bern znrükznsehiken seien.

Judem also nach dieser Anleitung verfahren wurde, bemerkte der Bundesrath ferner, dass der Unistand, dass .^r. Sch.oob Franose sei, nichts ändern tonne, da Art. 3 des Vertrages von 1828 keinen Unterschied mache zwischen einem französischen und schweizerischen Beklagten, und Art. 1 des Vertrages vom 30. Juni 18^.4 die in der Schweiz lebenden Franzosen in Bezng ans ihre Bersouen und ihr Eigentum den in einen. andern Kanton niedergelassenen ...^ehweizern gleichstelle, welche ihrerseits im Art. 50 der Bundesverfassung die gleiche Garantie geuiessen, weiche Art. 3 des Vertrages von l 828 den Einwohnern beider Staaten während ihres Aufenthaltes^ im andern Staate gewähre.^ Gleichzeitig wurde Hrn. Minister Dr. Kern in Baris hievon Kenntniss und die Jnstruktion gegeben, eine gleiche Verwendung direkte bei dem sranzosischen Ministerium eintreten zu lassen, in dem ^inne, dass dergleichen Unregelmässigkeiten durch die sranzosisehen Behörden selbst vermieden werden mochten. Damit ^urde noch die weitere Bemerkung verbunden, dass wenn. dennoch solche ^älle vorkommen sollten, der Bundesrath nicht ermangeln würde, naeh Anleitung der Rote^von. 30.^ Angnst 1861 zu versahren.

Endlich wurde darauf hingewiesen, dass das in dieser Depesche an^ gedeutete Verfahren durchaus natürlich nnd^wekentspreehend wäre, während neuere Antworten der franzosischeu Regierung in gleichen Fällen damit im Widerspruehe stehen.

961 Das Handelsgericht .in Mülhausen sezte sein Versahreu sort, und verurtheilte .^.rn. Schwob in contu.m^c.^m zur Bezahlung eines Theils der eingeklagten Forderung.

Die französische Regierung ihrerseits antwortete einerseits durch eine Rote des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten (Moustier) an Hrn. Dr. Kern, datirt vom 28. Juli 1868, und andererseits durch

ihren Gesandten in Bern mittelst Depesche vom 30. gl. Mts. Beide Antworten gehen übereinstimmend dahin:

Das Begehren des Hrn. Sehwob, nur vor den Gerichten seines Domizils in der Schweiz belangt ^u werden, stehe im Widerspruche mit

dem Wortlaute und mit dem .Geiste des Vertrages von 1828. Es habe wohl jeder Staat seinen Angehörigen den Vortheil einräumen konnen, vor den.. natürlichen Richter belauft zu werden, allein es sei klar, dass weder Fraukreich noch die Schweig daran haben denken können, mit Be.^ug auf ihre eigenen Bürger (nation^.....^) Verträge zu schlössen, die im Wiederspruche stünden mit dem Grundgese^ (statut), dem sie unterworsen seien.

Rnn müsse unter Franzosen derart. 15 des Code .^oléon^) das einzig anwendbare Gesez sein und bleiben, und da ^r. Sehwob nicht in der Schweiz naturalisirt worden sei, so hätte er überdies kein Recht gehabt, in dieser Angelegenheit die Unterstüzung der Bundesregierung anzurufen. Die kaiserliche Regierung habe also (fügte Hr. Moustier iu seiuer Rote au Hrn. K.^rn serner noch bei) bnicht als ^u jener Klasse gehörend ansehen konuen, v.on welcher die Rote seines Vorgängers vom 30. August 1861 rede und auf welche der Bundesrath sich beru.se. Er (Hr. Mousl.ier) koune die in die.^ ser Rote enthaltenen Erklärungen nur bestätigen, so weit es sich um Sch^wei^er handle, die in Frankreich vorgeladen werden. Dagegen müsse er jeden Vorbehalt machen mit Bezug aus Vorladungen, die sür sranzosische Bürger bestimmt seien, indem diese vor .^lllem aus den Gese^eu des Kaiserreiches unterworfen bleiben.

10. Die dringende Rothweudigkeit eiuer bessern Ordnung dieses Verfahrens ergibt sich besonders klar aus einem andern ^alle , iu den das Haus ^ ab ha r dt und Eomp. in Basel seit bald vier Jahren ver^ wikelt ist, ohne dass die bis jezt vorhandenen sieben Urtheile das Ende .

hätten ^ herbeiführen. konneu. Das ^.aus Labhardt u. Eomp. ist gerade so verfahren, wie die srauzosisch.. Rote vom 3^). August 1861 lehrte uud wie iu dem soeben snh 9 erwähnteu ^alle neuerdings als sormgerecht auerkauut wurde.

^) Art. 15 . ,,I^n^an^ai^ pourra .^^e ^dul^ devant un ^ll^unaI deI^^ance, po^u. de^ ol^li^^^ions par Ini con^ac^ées en pa^s é^ran^e^, n^.^^ue avec un.

é.^an^er.^

962 Jenes Hans wurde uämlieh für eine Forderung aus einen.. HandelsGeschäfte mit einem Fabrikanten in Roubair^ vor das Handelsgericht nach

.Lille zitirt ; es resüsirte jedoch die citation als mit Art. 3 des fraglichen

Staatsvertrages . im Widerspxuche stehend. ^as Gericht nahm aber hierauf keine Rüksicht, sondern verurtheilte die Herren Labhardt u. Eie.

in contumaciam.

^iese perweigerten zwar auch die Annahme des Urtheils und lehnten es ab, die Gerichtszuständigkeit vor den sranzosisehen Gerichten zu plädiren, im Vertrauen darauf, dass die Frage der Gerichtsbarkeit, weil staatsrechtlicher Ratur, durch ^deu Staatsvertrag geordnet sei. Allein jener Fabrikant in Roubai^ konnte, gestüzt anf sein h.^ement ... d.^^nt, auf eine Bartie Waaren, welche ^die Herren Labhardt u. Eie. inzwischen dort gekaust hatten, einen Arrest erlangen, und nun waren sie genöthigt, gegen diesen Arrest aufzutreten, um nicht doppelt geschädigt zu werden.

Jn diesem^ Stadium wurde 1867 auf diplomatischem Wege die Jnterveution der französischen Regierung angerufen, damit sie das Gericht auf den Staatsvertrag vou 1828 aufmerksam macheu lasse, wonach das erste Urtheil, als vou einem inkompetenten Gerichte erlassen, nichtig sei und daher .nicht als Rechtstitel für einen Arrest gelten könne, der übrigens auch seinerseits als ein vertragswidriger Akt erscheine. ^unoch

haben das erstinftauzliche Gericht zu Lill... und .^er App^llationshof zu

^ouai die Herren ^abhardt u. Eie. abgewiesen, worauf leztere eine Kassationsklage einlegten, die gegenwärtig noch vor de..^ Chambre des ^reqneles schwebt.

^ie französische Regierung ihrerseits antwortete mit ^ote von. 18.

Mai ^1868, der Generalprol^urator am Appellhofe zu ^onai habe zwar ganz in Uebexei.nstimmung mit dem Grosssiegelbewahrer ans die Aushebung des Urtheils von ^ille angetragen ; allein diese Frage erseheine als untergeordnet. ^as von den Herren Labhardt u. ^Eie. rekurrirte Urtheil sei erlassen worden insolge der Opposition gegen ein früheres Kontnmaznrtheil. Run habe der Gerichtshof gefunden, diese Opposition sei verspätet und also nicht mehr annehmbar. ^a sonnt das erste Urtheil in Rechtskraft erwachsen sei, so bestehe kein Grund, die Kompetenzfrage weiter ^u prüfen. .^hne diesen ^oischeusall ^wäre anzunehmen, dass der Gerichtshof zu ^ouai dem Art. 3 des ...^taatsvextxage^ vou ^1828 eine Jnterpretation gegeben hätte, wie sie der Bundesrath ausstelle und wie sie überdies von dem Justizministerium, sowie anch von ihm, dem Minister des Auswärtigen, getheilt werde.

Aus dem erwähnten Urtheile ergibt sieh, dass die Verspätung des Augrisses gegen das erste Urtheil auf^Art. 158 des Code de pro.^.h.n.e civile sieh stüzt, wonach gegen ein .^ontnmazuxtheil ap.pellirt werden soll,

bevor dasselbe zur Vollziehung gelangt ist, und ans Art. 15..) des gleichen Code, wonach ein Kontuma^urtheil als

vollzogen anzusehen ist,

963 wenn ein Akt vorliegt, ..us welchem sich ergibt, dass die vom Jnhabex

des Urtheils bewirkte Exekution demjenigen, gegen den sie gerichtet ist,

bekannt war. Das Bericht von Douai raisonuirte nun dahiu : Der Beweis,. dass das Kontumazurtheil vollzogen worden sei, liege in der vom Kreditor ausgewirkten Saisie, und dass die Herren Labhardt u. Eie.

davon Kenntniss gehabt, sei bewiesen durch ihre Vrotestatio..en, die sie infolge der ihnen gemachten Notifikationen dagegen erhoben haben.

11. Rachdem im Jahr 1860 Savohen an Frankreich angeschlossen worden war, erhielten die Angehorigen dieser Brovinzen durch Dekret des Königs von Jtalien die Freiheit, zwischen der sranzosiseheu und der italienischen Nationalität zu wählen. Einige Savo.^arden. die in Genf^ wohnhaft waren, wollten weder die eine noch die andere wählen, sondern liessen sich in Gens uaturalisiren. Daraus sind ^ in den lezten Jahren.

bezüglich der ins militärpflichtige Alter gekommeneu Sohne vielfache Ju-

kouveuieuzen erwachsen , indem diese von den Savohischen Gemeinden in die bezüglichen Listen ausgenommen uud ausgefordert werden. das Loos zu ziehen, obfchon früher die Raturalisirung der Eltern auch sür die in diesem Zeitpunkte noch minderjährigen Sohne als wirksam an^ erkannt worden war. Gewöhnlich begnügten sie^nun die Aufgeforderten, jenen Gemeinden davon Kenntniss zu geben, dass sie Schweizer und als solche nicht verpflichtet seien, in Frankreich Militärdienst zu leisten. Jn mehreren Fällen, die bekannt wurden, ward hieraus keine Rülsicht genommen, sondern ein Beamter zog das Loos sür die Abwesenden, die dann neue Aufforderungen erhielten, sieh zur ^ahue zu stellen. Auf ueue Weigerung wurde dann ein Vrozess eingeleitet, um gerichtlich festzustellen, welcher Nationalität die Betreffenden angehören. Ju mehreren Fällen solcher Art wurde die diplomatische Jntervention augerufen, ohne dass jemals ein günstiger Erfolg bekannt geworden wäre.

Einer der frappantesten ^älle dieser Art ist der des Albert Eharl.es

Bourgeois, geboren in Gens den 16. April 1847, dessen Vater am 3. August 1860 in Gens naturalisirt wnrde. Da also jener Sohn ^ur ^eit der ^aturalisirung seines Vaters noch minderjährig war, so kounte ex gegenüber den sran^osischen Militärbehörden um so mehr die schweiprische ..Nationalität geltend machen, als er auch in der Schweiz geboren wurde und sein Vater überhaupt niemals ^ranzose war, sondern^ von dem ihm durch eineu Staatsvertrag eingeräumten Reehte Gebrauch machte und vom ^...vo^arden sogleich Schweizer wurde. .Dennoch erklärten zwei Urtheile den Sohn Albert Eharles Bourgeois als ^ranzosen, während sein 5 Jahre älterer Bruder, der in gleichen Verhältnissen stand, gar nicht zur sranzosisehen Fahne gerusen wurde.

Als nun die Appellation an den kaiserlichen Gerichtshof nach Ehamber.^ hätte ergriffen werden sollen, suchte Albert Eharles B o u r g e o i s

964 um unsere diplomatische Vermittlung nach, da ...r nicht die Mittel habe, noch weiter zu prozediren. Wir glaubten, angesichts ^dex.besoudern Verhältnisse dieses Falles, die Befreiung des Bourgeois vom franzosischen Militärdienste auf amtlichem Wege beantragen zu dürfen. Allein das Ministerium der.. auswärtigen Angelegenheiten erklärte mit Rote vom 3. Rovembex 1868, dass es uicht moglich sei, diesem Gesuche zu eutsprechen, indem der Entscheid über Rationalitätsfragen, welche aus Anlass der Rekrutirnng aufgeworfen werden , durch das Gesez ansdrüklich den Gerichten ^uge^iesen seien. Es sei auch um so weniger ^...lässig, auf dem Administrativwege über den Streitpunkt zu entscheiden , oder durch das Mimste.^ pnl.li.^.. eine Appellation zu veranlassen., als die Gerichte bereits in Sachen gehandelt und im ..^inne der Antrage der Verwaltung entschieden haben. Es müsse also dem. Bourgeois überlassen bleiben, die Appellation zu ergreifen. Was die dadurch erwachsenden Kosten betreffe , so konnte diese Schwierigkeit dadurch gehoben werden, wenn er, im Falle von Armuth u^.d da er bis znm Entscheide des Gegentheils als Franzose augesehen werde, gerichtliche Untexstüzung und Befreiuug von den durch die Appellation entstanden Kosten nachsuchen würde. Das Ministerium anerbot sieh, ihn^ möglichst zu uuterstüzen, im ^alle er ein solches Gesuch stellen wollte.

Bourgeois that dieses nicht und liess auch die Appellationssrist un.benuzt verstreichen, wesshalb er^iu neuester Zeit die definitive Aussorderung erhielt, sich unter die französische ^ahne zu stellen.

V. ^.litwtrl.nn..i. ^ur ^unoe^recht^tl...^.

1. Vaul D a n n a ch e r von .^..berwi.l, Kantons Basel^Landschast, erzeugte mit der Rosiua geb. Jäggi von .Lausenburg, Kautous Aargau, außerehelich eiu .^iud und verehelichte sich mit der Mutter , nachdem dieses Kind bereits geboren und getauft war.

^..ie neuen Eheleute wohnten nun in Basel, allein ..^eder die Behorden des Kantons Aargau noch sene von Basel-^andsehaft wollten dem vor^elich gebornen Kinde Heimatsschristen ausstellen, indem jene der Ansichl waren, dass das Kind p.^.r snhse.qneus u...^trimoninm dem .^eimatreehte des Vaters folge, diese aber entgegenhielten , es sei die Anerkennung von ^eiie des Katers eine dolose. Die Regierung des Kantons Aargau stellte daher das

Begehreu , dass über die Augehorigkeit des Kindes nach Massgabe des Klage gegen die Regierung des Ka..tous Basel-^audschaft dem BundesBundesgesezes über die .Heimatlosigkeit entschieden , eventuell , dass ihre

Berichte zur Beurteilung überwiesen werden mochte.

Es wnrde ^doch nicht dem ersten . wohl aber dem zweiten Begehren entsprochen, indem hier uicht eine ^rage der Heimatlosigkeit vorliege, da die Muttex ^ur Zeit der Gebnrt des fraglichen Kindes unbe.^

965 stritten Bürgerin von Lausenburg gewesen , das Kind also jedenfalls nicht heimatlos geboren sei. die Frage aber, ob es sein angebornes Bürgerrecht seither gewechselt habe, mit andern Worten , ob es durch die na..hgesolgte Verehelichung seiner Eltern legitimirt worden und also in das Heimatrecht des Katers übergegangen sei, gehore aus den .Rechts.weg und falle, da zwei Kantone einander gegenüber stehen, gemä.ss den Entscheiden der Bundesversammlung in ahnlichen Fällen (z. B. Bundes^

blatt 1868, Bd. l, S. 20 fs.), sowie nach Vorschrist^ von Art. 101

der Bundesverfassung, dem Bundesgerichte zum Entscheide zu.

2.

Jn Folge des im legten Jahresberichte erwähnten Rekurse..^

scheides (Bundesblatt 1868, Bd. ll, S. 488) veranlasse Joseph Vogtlin von^äuselfingen einen Entscheid der eidgenossischen Schäzungskommission , der jedoch nicht nach seinem Wnnsche ausfiel. Er rekur..

rirte daher an das Bundesgericht und verlangte gleichzeitig , dass der Bundesrath seine Verwendung dahin eintreten lasse, damit das BundesBericht das Bnndesgesez über die Abtretuug von Brivatreehten beobachte.

Es wurde jedoch eine solche Jntervention abgelehnt, indem der Grundsaz der Trenunng der Gewalten den Bundesrath hieran hindere.

3.

Eine Klag... der .^.tadtgemeinde ^ e u e n b n r g gegen ein schiedst

gerichtliches Urtheil vom 2l. Mai 1864 in Sachen der Kantone Bern und Freibnrg wurde lediglich dem Bundesgerichte überwiesen.

Jene Gemeinde beschwerte sieh ..ämlich^darüber, dass ihr durch fragliches Urtheil ein Theil ihres Gr^.ndbesizes entzogen würde , ^ währeud sie zu den Verhandlungen des Vrozefses nicht vorgeladen und in keiner Weise augehort worden sei.

4. Endlieh kam noeh eine Klage des Standes B e r n gegen den Stand A a r g a u ein,.. welche ebenfalls die Legitimation vorehelich ge^ boruer Kinder betras u^.d ge.uäss Art. .)0 des Buudeszivilprozesses an das Bundesgericht gewiesen wurde. Dieser Fall unterschied sich von den andern ähnliehen fällen dadurch , dass die Ehe im Auslande vollzogen worden war. dass die iu ^rage liegenden zwei Kinder auch im Auslande geboren ^wurden, und .dass das .^..bergericht des Kantons Aargau die Frage der .Legitimation der leztern dnrch die nachher voll^ogen^ Ehe der Eltern als Appellationsinstauz bereits verneint hatte.

Bund^bla^.^ahrg.XXI. Bd.I.

6.)

^66

^ ^u^.

l. ^..ll^mein...^ und ^t..ti^.

Am Schlusse des Jahres 1867 blieben noch 18 Rekurse pendent.

Jm .Laufe des Jahres 1868 kamen 130 neue ein. Es waren also im Ganzen 148 Rekurse zu behandeln. Davon wurden 134 erledigt und 14 auf das Jahr 1869 übertragen, indem diese noch bei den betrefsenden Kantonen zur Beantwortung lagen.

Jm Jahr 1867 betrug die Gesamtzahl der Rekurse 116^ somit 32 weniger als im Jahr 1868. Bei jenen 148 Rekursen war der Kanton Ludern am meisten , nämlich mit 20, betheiligt . dann folgt der

Kanton Bern mit 15, Freiburg mit 12, Graubünden mit 11, BaselStadt, Basel-Landschaft und Gens je mit 7, Zürich, Solothnrn, Tessin und Wallis je mit 6 ..e. Mit Ausnahme von Appe^ell J. Rh. waren alle Kantone betheiligt.

Dem Objekte nach betrafen 32 Rekurse fragen über Arrest und Gerichtsstand, 22 bezogen sieh aus Riederlassungsverhältnisse.

Jn 24 Fällen wurde Beschwerde erhoben wegen Verweigerung der Ehe ; allein nur 1 5 dieser Beschwerden betrafen gemischte Ehen, 9 bezogen sich auf nicht gemischte, welch^ leztere daher ohne weiteres Eintreten abgewiesen wurden.

Von den Beschwerden wegen Verweigerung gemischter Ehen waren gerichtet : 7 gegen Lnzern, wovon 2 begründet erklärt, 1 von der dortigen Re-

gierung nachträglich bewilligt und 4 abgewiesen wurden.

3 gegen Solothurn wurden abgewiesen.

2 ,,.. ^chw.^, wovon 1 begründet erklärt und 1 abgewiesen wurde.

1 ,, Ewalden wurde abgewiesen.

1 ,, Thurgau ebenfalls.

1 ..

Tessi.n, vom Rekurrenteu ^urükgezogen.

Es wurden also nur 3 Eherekurse begründet erklärt.

Jm Weitern waren 13 Rekurse gerichtet gegen Verweigerung der Aushiugabe von Legitimationspapieren^, und ^war in 8 Fällen ^.durch die Heimatsbehorden und in 5^ fällen durch die Behorden am fruhern Aufenthaltsorte. 7 Reknrse bezogen sich auf Besteuruugsverhältnisse und 7 auf uugleiche Behandlung.

Die Bundesversammluug hatte sieh bloss mit 11 Rekursen zu befassen (gegenüber 16 im Jahr 1867^ und 26 im Jahr 1866). 10 fanden ihre Erledigung und 1 wurde verschoben. Von den erledigten wurde uur Einer definitiv und ein Zweiter bediugt begründet erklärt, 6 wurden abgewiesen und zwei zurükgezogeu.

Bezüglich der vom Bundesrathe behandelten Rekurse ergibt sich das ..weitere Detail ans folgender Uebersicht :

..l.ichl^

Cantone.

Zürich

.

.

.

.

.

.

Bern

.

.

.

.

.

.

Luzern

.

.

.

.

.

.

U r i

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.

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.

.

.

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.

..^.chwp..

Obwaldeu

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Ridwalden

.

.

.

.

.

Glarus

.

.

^ua

.

.

.

.

^

. . .

.

.

.

^reibura . .

^olothurn .

.

Basel-Stadt . . . .

Basel^andschast . . .

Schasshausen . . . .

Appenzell A. Rh. . . .

St.

Gallen

.

.

.

.

.

Graubünden . . . .

^largau . . . . . .

Thurgau . ^ . . .

Tessin

.

.

.

.

.

.

Waadt

.

. ^

.

.

.

.

Wallis

.

.

.

.

.

.

......euenburg . . . . .

Gens

.

.

.

.

.

.

Be^ Bleiben gründe^ zug ^ pendent.

e^läxun^ .

.

.

.

ü k .

.

.

.

.

I ^

eintreten. welsung.

3 4 9 1

2 6 5 1

3 1 2

2 1 1

3 4 4 4 1 1 2 6 2 2 1 3 5 1 3 65

3 1 1 1 1 2 1 1 3 1 1 2 1 37

1 2 2 1 1 1 1 2 1 1 1 1 1

16

1 ^ 1

2 3 1

1

3, 1 2 1 1

1 1 1 1 2

2 1 1 1 16 ^

2 14

Die .Rekurse ware n gerichtet gegen ^erwaltung.^ Gerich^^ beho .^den.

3 3 4 1 3 1 7 1 2 1 2 2 1 3 2 1 2 39

3 12 16 3 2 4 3 1 5 5 5 6 1 4 2 9 5 3 6 2 4 3 5

109

Summa.

6^ 15 20 3 2 5 3 ^4 1 12 6 7 7 1 4 4 11 5 4 6 5 6 4 ^ 7 148

968 IL Entscheide ül.er ^un.^ndung der .^nn^.^rt^ssun.^.

1. R echt s v e r w e i g e r n n g.

1. Herr Joseph Anton ..^iederb e r g e r in Staus, Kantons Unterwalden uid dem Wald , Eigentümer eines Waldes im Kanton Unterwalden ob dem Waid, wurde im Jahr 1864 wegen Ueberschreitung einer Bewilligung ^...m Abhoben von den Gerichten des lezteru^ Kautons in eine Busse von Fr. 400 verfällt. Er behauptete jedoch immer seine Unschuld und bemühte steh , seine Entlastungszeugen vorführen zu .konnen .^ allein die Behorden von ^.bwaiden lehnten jedes fernere Eiu^ treten ab. Riederberger rekurrirte daher. im Jahr 1866 an den Bundes-

rath, welcher am 5. Mai gl. J. dahin sich aussprach :

^ Die Verwaltung der Strasjustiz sei zwar Sache der Kantone, wesshalb die Buudesbehorden kein Recht haben, weder sormell noch materiel.l in dieselbe sich einzumischen. Wenn aber im Kanton Uuterwalden ob dem Wald nach den dortigen Gesezen oder Uebungen eine Revision gerichtlicher Strafnrtheile zulassig fei, fo müsse dem Reknrrenten ebenfalls der Zutritt zu einer solchen Revision gestattet werdeu. Es dürfe

also ein diesfälliges Gesuch nieht einfach ad acta gelegt , sondern es

müsse eine ^rüsu..g angeordnet werden , ob die neu anexbotenen Beweise erheblich wären, sosern sie erbracht werden konnten. Wenn diese Frage bejaht werden müsse , so sei . der Beweis bezüglich der neu behaupteten Thatsachen zu erheben und dann zu entscheiden, ob nun das frühere Urtheil aufzuheben und eiu anderes an dessen Stelle zu sezen sei , welcher Entscheid wieder nur den kantonalen Gerichtsbehörden

Zustehe. (Bundesblatt 1867. l, 5^1.)

.^bschon nun allerdings im Kanton Obwalden eine Revision von Strasnrtheilen weder gesezlich noch in der Brax^is bekannt ist, indem die Strafnrtheile dnrch den Landrath aus dem Wege der Gnade gemildert werden konnen, so entsprach dennoch das dortige Kantonsgericht den Andentuugen des Bundesrathes, bewilligte die Revision und erliess ^am Ende der neuen Untersuchung ein neues Urtheil, wodurch die Busse von Fr. 400 auf ^r. 180 red^irt wurde.

.^r. Riederberger rekurrirte jedoch abermals au den Buudesrath und behauptete, dass wenn die neue Untersuchung gehörig gesührt wordeu wäre, eine vollige ^.reispreehuug hätte eintreten .müssen.. Er stellte da-

her das Gesuch, es mochte ihm durch den Bundesrath die Möglichkeit

gesichert werden, den Beweis der totalen Schuldlosigkeit beibringen zu tonnen. Dieses Gesuch wurde als unbegründet abgewiesen, weil, wenn auch der Brozessgang iu Ob.valdeu allerdiugs uicht allen .^nsorderuugen einer ausgebildeten Gerichts- und Bro^essorduung entspreche, das ganze Verfahren den Gesezen und Uebuugeu des Laudes gemäss sei und Re-

969 kurrent nicht anders oder unbilliger behandelt worden sei, als ein Obwaldner Bürger in ahnlichem Falle behandelt worden wäre.

2. D o p p e l b e st e u r u n g.

^

2. Herr Dr. ^or von Vivis , Kts. Waadt, wohnhaft in Bern,

trat mit dem 13. April 1867 die Vrofessur für Au^euheilkunde an der

Universität in Bern an, iudess^ seine Familie noch bis in den Herbst gleichen Jahrs an seinem Heimatsorte Vivis zurükblieb. Run wurde er von den beiden Kantonen Waadt und Bern besteuert, und zwar : l. im Kauton W a a d t süx das ganze Jahr 1867; a. vom S t a a t e für zwei Luxuswagen, für das bewegliche Vermogen und für den Beitrag an die Mobiliarassekuranz , h. vou der G e m e i n d e Vivis ohne nähere Spezifikation.

ll. im K a n t o n B e r n für die ratamässige Besoldung vom 13. April bis 3t. Dezember 1867, für den Erwerb ans der Brivatprax^is und für Renten von Kapitalien. .

Herr Vrosessor Dor bezahlte am 2l. Juni 1867 ohne Widerrede die gan^e Steuer im Kanton Waadl.^ dagegen protestate ex gegen die Steuersorderung in. Kanton Bern, weil er im Kanton Waadt die gleiche Steuer zum Voraus für das gan^e Jahr habe bezahlen müssen und sein gesezliches ^.omi^il erst mit dem 1. Roveu.b.^r 1867 nach Bern verlegt habe. Er beschwerte sich gleichzeitig bei dem Bundesrath und verlaugte, dass darüber entschieden werden mochte, welcher Kauton berechtigt sei, ihn für 1867 ^u besteuern.

Rach .^luhoruug der Regieruugeu der beiden geuannten Kantone lel.nte der Bundesrath am 0. März I868 das Eintreten aus diese Beschwerde ab, gestü^t aus sollende Gründe : 1) Vorab ist die Behauptung. dass eine .^oppelbesteurnng vorliege, wenigstens nicht im ganzen Umfauge gerechtfertigt, indem Herr Professor Dor im Kautou Waadt theilweise sur audere .^bs^te besteuert wurde als im Kanton Bern, was uamentlich der Fall ist bezüglich der Steuer für .^u^us.vageu und des Beitrages an die Mobiliarassekuranz , wosür im Kanton Bern nichts in. Berechnung gezogen wurde.

2) ..^odaun lässt sich gegen die bernische Besteurung der Besoldung als Brofessor an d^.r Universität und fur den Erwerb aus der Vrivatpraxis uichts einweuden , da Rekuxreut uubestrittenermassen die ratamässige Besoiduug sür seiue ^ehrthätigkeit bezogen uu^ auch die^ Vrivat^ praxis in Bern ausgeubt hat.

3) Es kann also einzig noch in Fra.^e kon.men , ob bezüglich des Vermögens , das in beiden Kantonen uuter den ^lnsäzen erscheint, eine nuzulässige Doppelbesteuruug vorliege, wobei in Betracht fällt, dass

970 die Bundesversammlung den Grundsaz ausgestellt hat, dass das bewegliche Vermögen nicht dort versteuert werden müsse, wo es allsällig sich befinde, sondern einzig an dem Orte, wo der Eigentümer seinen Wohnst hat.

4) Hiernach lasst sich nicht verkennen, dass die eidgenossischen Rathe gemäss diesem Ausspruche die direkten Doppelbesteuruugeu der nämlichen Person für das gleiche Vermogensobjekt im Grundsaz nicht für zulässig halten. Jm vorliegenden Falle liegt aber der eigenthümliehe Umstand vor, dass Reknrrent selbst erklärt, während des grössten Theiles des Jahres 1867 den legalen Wohusi^ im Kanton Waadt beibehalten und denselben erst mit dem .Monat .November uaeh Bern verlegt zu haben. Es geschah also nur in ..Uebexeiustimmuug mit dieser Thatsache, dass er am 21. Juni ohne Bemerkung die Jahressteuer im Kauton Waadt bezahlte , und es lässt auch der ganze Jnhalt seiner Rekursschrift du^.hbliken, dass er die freiwillig bezahlte Steuer nicht für ungerechtfertigt halt , obwohl er dannzumal das Lehramt in Bern schon einige Zeit angetreten hatte.

5) Aus der andern Seite kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Rekurrent mit dem Autritte der Professur und mit dem Begiu^e seiner

Thätigkeit als praktischer Arzt in Bern den Wol^siz in diesem Kanton

aufgeschlagen hat und aus diesem Grunde von da an auch , wie ^eder andere Einwohner des Kantons Bern , der Steuerpslicht unterstellt werdeu konnte.

6) Unter diesen Umständen und namentlich im Hinblik aus die Tl^atsache , dass Rekurreut durch freiwillig... Anerkennung und Leistung der Steuer ini Kanton Waadt sich allsälliger Einreden dagegen .begeben hat, kann der Bundesrath weder die ^teuerberechtigung dieses Kantons, noch aus oben unter Rr. 5 angegebenen gründen diejenige von Bern als unzulässig erklären.

3. An diesen Entscheid reiht sich ein anderer über eine ganz ähuliche Beschwerde au. Herr Dr. Hugo H e n ne war längere Zeit als Assistenzarzt an der Jrrenanstalt St. Pirmiusberg, Gemeinde Vsäfers.

Kts. ^t. Gallen, wirksam und wurde von dort als Direktor der Jrrenanstalt in Münsterlingen, Kts. Thnrgan, berufen, welche Stelle er au^.

12. August 1867 autrat. Ruu hatte er am 2l. Mai gl. J. au die

Gemeiude^Pfäsers die Staats- und Einkommensteuer pro 1867 bezahlt, musste aber auch im Kautou Thurgau ebenfalls für l 867 die Vermögensuud Eiuko^umeussteuer entrichten. Dennoch erhielt Hr. Henne im Dezember 1867 abern.als eine Steuerrechnung von Bfäsers für .^taatsfteuer, Einkommenssteuer, Polizei-, Haushaltungs- und ^lrmensteuer , welche Forderung dau.it begründet wurde, dass nach der Gesezgebuug d^.s Kantous .^t. Galleu Jedermann, der am Verfallstage der Staatsftener, nämlich am 30. Jnni, noch in einer Gemeinde des Kantons wohne oder die Riederlassuug befize, daselbst für das Steuerjahr bis zum 30.

^Juni des folgenden Jahres noch steuerpflichtig bleibe. Hr. Dr. Henne

^

971

bezahlte dann auch diese Steuer nach Bsäfers . rekurrirte aber dagegen an den Bundesrath, ^eil er von diesem Steuerjahr kaum 6 Wochen im Kanton St. Gallen gelohnt habe , und für den gleichen Zeitraum auch im Kanton Thurgau habe steuern müssen.

^er Bundesrath entschied diese Besehwerde am 24. August 1868

wie folgt :

Jn Erwägung : 1) Rach mehrfachen Entscheiden der Bundesversammlung ist eine direkte ..^oppelbesteurung der nämlichen Berson für die gleichender^ mogensobjekte unzulässig..

2) Jn Aussührug dieses Grnndsazes hat sich die Brax.is gebildet, dass Vermögen und Erwerb da versteuert werden sollen, wo der betresfende Steuerpflichtig seinen Wohnsiz hat.

3) ^a nun Hr. Dr. Henne am 12. August 1867 den Wohusiz im Kanton St. Gallen ausgab, so ist er verpflichtet , die Steuer vom 1. Juli 1866 bis zum 30. Juni 1867 an die Gemeinde Bfäsers zu bezahlen, weil er während diesem ganzen ^eitraume in der erwähnten Gemeinde wirklich gewohnt hat.

4) Anders verhält es sich dagegen mit der Staatssteuer , welche bezüglich der zweiten Halste des Jahres 1867 vou Hru. .^enne auch noch für den Zeitraum bezogen wurde , da er nicht mehr im Kauton St. Gallen, sondern im Kanton Thurgau wohnte, iu^em er vom 12.

August au in diesem Kauton steuerpflichtig wurde. Jeuer .^teuerbe^ug gestaltet sich daher zur ^oppelbesteurung , was mit dem eidgenossischen Recht nicht vereinbar ist^ die entgegenstehenden Bestimmungen der St. Gallischen Steuerdekrete haben daher diesem zu weichen.

5) Aus dem bereits Gesagten solgt, dass^ der Kauton Thurgau erst mit dem Tage der Wohnsiznahme ein Recht auf Besteurung des Herrn Dr. Henne erhielt, indem dieser bis zum 12. Augnst 1867 dem Kanton ^ . St. Gallen steuerpflichtig war. Weuu daher vom Rekurrenten die Ka^ pitalsteuer sür das ganz^ Jahr nnd die Einkommensteuer für ein halbes Jahr bezogen wurde , so gestaltet sich dieser ...^.teuerbezug ebenfalls zu einer uuzulässigen Doppelbesteurung, so weit sie den Zeitraum v^or dem

12. August 1867 beschlägt.

6) ^..ie Einwendung, es habe Herr Henne freiwillig die berührten Steuern bezahlt und daher sein Einspruchsrecht verwirf, wäre mass^ gebend, wenn sie richtig wäre, weil Jemand auch eine Richtschuld freiwillig anerkennen und befahlen kann. Es ergibt stch aber, dass Rekurrent sowohl bei dem ^inauzdepartement des Kantons ^t. Gallen als auch bei demjenigen von Thurgau gegen die Besteurung , so weit eine Doppelbesteurung in Frage lag , seine Einwendungen machte und.

.)72

^

nur deswegen vorläufig bezahlte, weil er glaubte, dieses thun zu müssen, wenn er auch den Rekurs dagegen an den Bundesrath ergreife, beschlossen : Es sei der Rekurs begründet und ..^err I)r. ^enne demgemäss berechtigt, die von ihm in den Kantonen ...^t. Gallen und Thurgau bezahlten Steuer.^uoten, so weit dieselben im Sinne der porstehenden Mo.^ tive die Ratur einer^ Doppelbesteuerung an sich tragen, zurückfordern.

4. Die Behördeu des Kantons ^reiburg belaugten den .Louis E p i^t a u ^ , Heizer ans der Eisenbahnlinie Freiburg^ausanne für die Bezahlung der Kantons- .und Gemeindesteuern. ^Sie stüzten ihre Ford.erung darauf, dass naeh der freiburgischen Gesezgebuug die Besoldungen der Angestellten eines industriellen Geschäftes da .^erfteuerf werden müssen, wo diese Jndustrie ihr Domizil habe. Run sei das Domizil der Betriebsgesellsehaft jener Eisenbahn (^anrent und Bergeron) in ^reiburg , was auch durch einen andern Entscheid des Bundesrathes anerkannt worden sei. Ferner gehöre Epitau^ zu der Zahl der Augestellten, ^welche .Laurent und Bergeron vertragsmässig in ^reiburg halten müssen, desshalb befinde er sich auf der Lifte dieser Augestellten, und werde auch von dem Ehes der Werkstätte in Freiburg bezahlt.

Hiegegen besehwerte sieh Epitanx^ , weil er sein Domizil in ^ueh..., Kautons Waadt, habe, indem seine Familie dort wohne. Er müsse daher sein Einkommen im Kanton Waadt versteuern.

Mit Beschluss vom 2..). April 1868 erklärte der Buudesrath diesen Rekurs als begründet : 1) Vorab sei wohl zu unterscheiden zwischen einer industriellen Gesellschaft , die vermoge einer besondern Verpflichtung für ihre Rechtsge.^ sehäste im Allgemeinen oder auch bloss sür einzelne solcher Gesehäste eiu bestimmtes Domizil verzeigen müsse, um sür die Erfüllung ihr^.r Ver. pflichtungeu an diesem Domizil belaugt werden zu konuen^, und zwischen einen.. einzelnen Jndividuuu., welches eiuem Steuerdekrete unterworfen werden wolle.

2) Sodann dürfe nach der in neuerer Zeit festgehalteneu Praxis der Buudesbehorde.. Riemand sür die nämliche Steuer in zwei Kantonen belangt werden, sondern nur in einem Kanton und zwar sür Steuern von beweglichem Vermögen und Erwerb nur in demjenigen Kauton, wo der Betreffende seinen Wohnsiz habe.

3) Es sei nun aber unzweifelhaft, dass Epitau^ mit seiner ganzen Familie seit Jahren im Kanton Waadt wohne, welcher Thatsache gegenüber die pon der Regierung des Kantons ^reiburg angesührten Vernmständungen sür den Raehweis eines fiktiven Wohnsizes behufs der ....SteuerBelastung im Kanton Freiburg nicht massgebend sein kounen.

.^73 5. Herr Ali E a r t i e r von Brenets, Kts. Reuenburg, beschwerte sieh, weil er für das Jahr 1863 die Staatssteuer in Breuets nachzahlen sollte, während er im April gl. J.^in den Kanton Bern gezogen sei und vor seineu. Weg^uge in ^Brenets die Gemeindesteuern bezahlt und später auch noch alle Steuern für das gleiche Jahr im Kanton Bern berichtigt habe. Jene Forderung bilde somit eine buudesrechtlieh unzulässige Doppelbesteuerung, ^umal der Art. 6 des Steuergesezes des Kautons Reuenburg , wonach Jemand, der schon am 2. Januar diesen Kanton verliesse, dennoch für das ganze Jahr dort steuern müsste, unzu-

lässig und unbillig sei.

Es ergab sieh, dass Herr Eartier in Eormoret, Kts. Bern, die Riederlassungsgebühr und eine Gewerbesteuer bezahlt hatte , dass aber hier eine direkte Staatssteuer von ihm nicht gesordert werden konnte, weil damals im bernischen Jura noch keine Einkommensteuer , sondern allein die Grundsteuer er^istirte, der Rekurrent aber kein Grundeigenthum besass.

Die Beschwerde des Herrn Eartier wurde am 2.). Dezember 1868 als unbegründet abgewiesen , weil in Steuersachen eine Intervention^ der Bundesbehorden nur dann Blaz greifen konne, wenn zwei Kantone Anspruch machen aus die Besteurung der nämlichen Subjekte und Ob^ jekte, mit andern Worten, wenn eine doppelte Besteurung in ^rage liege. Run sei aber vou eiuer solchen im vorliegenden Falle keine Rede, weil Rekurrent im Kanton Reuenburg sur die Staatssteuer belangt werde, aber sich nicht ausweisen ..konne, dass er im Kanton Bern für die gleiche Zeit anch eine ^..taatssteuer ^bezahlt habe , indem die Gebühren sür die Riederlassnngsbewillignng und für den Gewerbebetrieb nicht den Charakter von Staatssteuern habe^.. Es stehe somit dem Bundesrathe keine Intervention gegen den Entscheid des ^laatsratl.^es von Reneuburg zu, weil die Auslegung und Anwendung des kantonalen Gesezes, wenn kein Konflikt zwischen zwei verschieden Stenergesezgebungeu vorliege, lediglich den Behorden des betreffenden Kantons zustehe.

6. D i e s c h w e i z e r i s c h e E e u t r a l b a h u g e s e l l s c h a f t hat aus dem Vierwaldstättersee zwei Dampsschisse , deren Betrieb die Dampfsehifsgesellschast K n o r r und Müller in Ludern gepachtet hat.

Die. Steuer von dem Erwerb aus dem Betrieb dieser Schiffe wird von

der Bäuerin befahlt ; dagegen sollte das in den Schiffen liegende Ver-

mogeu (tax^irt aus ^r. 275,000) vou der Eeutralbahn an die Stadt ^uzexn versteuert werden. Die Direktion der Eentralbahn weigerte sich dessen ; allein die Regierung des Kautons Luzern erklärte diese Weigeruug schon im Jahr t 863 als unbegründet. Es trat nun ein provisorischer Zustand ein, der durch gütliche Unterhaudlnugen zwiseheu der Stadt und der Eentralbahu hingezogen und sehliesslich mit einem Vertrage beendigt wurde. Die Regieruug des Kantons .Luzeru hob jedoch diesen Vertrag

974 auf, als der Verfassung und der Steuergesetzgebung widersprechend. Die Eentralbahn sollte^ nun die Steuer für alle ri^ständigeü Jahre nachzahlen und bezahlte auch wirklich - jedoch unter Wahrnug ihrer Rechte ---.

durch Abrechnung von einem ..guthaben , welches sie an die Stadtgemeinde Luzern zu fordern hatte. Die Direktion der Eentralbahn glaubte aber überhaupt zur Bezahlung jeuer Steuer nicht verpflichtet zu sein , und rekurrirte desshalb an den Bundesrath , gestüzt aus folgende Gesichtspunkte : Rach den. Steuergeseze des Kantons ^nzern müsse die Volizeistener nur von Einwohnern des Steuerkreises bezahlt werden ; die Eentralbahn gehore aber nicht ^u diesen Einwohueru, da sie na^.h Art. 3 ihrer Kon-

zession das Domizil in Basel habe. Allerdings sei sie für spezielle

Gesehäste , die sie im Kanton Lnzern ausführen lasse, dort dnrch einen Bevollmächtigten repräsentirt ; aliein wegen des sür einzelne Geschäfte gewählten Gerichtsstandes seien ...ie dortigen Behorden nicht befugt , fi..

als Einwohnerin zu behandeln.

Die in Frage liegenden Vermogensobjekte konnten nur.. in Basel steuerpflichtig sein ; in Luzern werde also eine Doppelbesteuerung versucht, die bundesrechtlich unzulässig sei. Uebrigens sei das durch jene Schiffe repräsentirte Kapital nicht steuerpflichtig, denn es sei nur das r e i u e Vermogen steuerpflichtig. Allein das Vermogen einer Aktiengesellsehast gehe in den Aktien aus , die sie schulde und die jeweilen von den Jnhabern an ihrem Wohnorte versteuert werden. Also würde aneh nach dieser Richtung eine doppelte Besteurung eintreten. Endlich befahren die fragliehen Dampfschiffe den ganzen Vierwaldstättersee , sie liegen also nicht ausschliesslich im Stenerkreise L.^ern und kannten unmöglich in allen um den .^ee liegenden Kantonen steuer-

pflichtig sein.

Dieser Rekurs

wurde jedoch am 13. Rovember 18l^8 als unbe-

gründet abgewiesen, gestüzt ans solgende Gesichtspunkte :

1) Jn vorliegendem Falle kann weder von einer Verleznng der Bnndes- oder Kantonsoersassung, noch von einer solchen von Bundesgese.^eu oder Konkordaten die Rede sein . es wird auch von Riemaudem eine Verl^ung dieser Art behauptet, vielmehr richtet sich die gegenwärtige Beschwerde uur gegen eine unrichtige Auslegung und Anwendung des Steuergesezes des Kautous Luzern.

2) Obschon unn allerdings in fällen , wo es sich bloss um Anwendung kantonaler Geseze handelt, weder Urtheile der Gerichte, noch Entscheide von Administrativbehorden , auch wenn sie. uurichtig wären, der Beurtheilung der Bundesbehordeu unterliegen, weil diese in solchen Materieu, in deneu die Kantone souverän sind, weder eine Appellationsnoch Kassationsinstanz bilden , so konnen doch nach dex neuern bnndesrechtlichen Bra^is auch kantonale ..^tenerdekrete ein Einschreiten der Bundesbehordeu veranlassen., uämlich in dem ^alle, wo die .^tenergesez-

975 gebungen ^weier Kantone in der Weise mit einander im Widerspruche stehen, dass beide Kantone auf Besteuerung der gleichen ...^ache Anspruch machen konnten , in welchem Falle die Buudesb.chorden zu entscheiden haben, welche Ansprüche vom Bunde zu schüfen seien.

3) Die Souveränität der Kantone geht also in Steuersachen nicht so weit , dass ^vei Kantone das nämliche Subjekt und Objekt mit Steuer belegen konnten , mit andern Worten , der Bund lässt keine Doppelbesteueruug ^n. Es srägt sich desshalb, ob hier eine solche vorliege.

4) Diese ^rage muss jedo.h schon darum verneint werden, weil nicht nachgewiesen ist , ja nicht einmal behauptet wird , dass d.e sragliehen ^wei Dampsschisfe an einem andern Orte ^ sei es in den Userkantonen des Vierwaldstättersees oder sei es in Basel, besteuert werden.

5) Es will nun aber eine Doppelbesteuerung darin gefunden .verden, dass hier eine Aktiengesellschaft besteuert werden soll, während die Jnhaber ^er einzelnen Aktien dieselben schou an ihrem Wohnorte versteuern und es also nicht znlässig sei , das den Aktien zu Grunde liegende Kapital noch besonders zu versteuern. Diese Ansieht ist juristisch nicht als richtig anzuerkennen. Die Aktiengesellschaften erscheinen nämlich im Rechtsverkehr als besondere vou den einzelnen Versoneu , die Aktien haben und daher Aktionäre sind, verschiedene Bersonlichkeiteu.

Das Aktienvermogen als Kauzes ist somit zunächst Vermogen der einen genossenschastlichen Korperschaft, während die physischen Bersonen nur Vermogensstüke an einzelnen Aktien haben können. ^Wenn das lnzernische Gese^ von steuerpflichtigen Einwohnern redet, so konneu darunter sowohl physische Bersonen als Aktiengesellschaften als Vermogenssubjekte subsumiri werden. Es kann also auch in dieser Richtung nicht von einer Doppelbesteuerung der gleichen ..^erson gesprochen werden.

6) Es srägt sich indess doch noch, ob die Administrativ-Jurisdiktion der Regierung von Luzern in diesem ^teuerstreite darum unzulässig .sei,

weil die ^eutralbahngesel.lschaft ihr Domizil iu Basel hat. Wenn

nun ans diese von der Rekurreutiu aufgestellte Ansicht entgegnen wird, die Gesellsehast müsse nicht nur in Beziehung aus die Eisenbahn , wie in der .Konzession vorgeschrieben ,. in .^uzern Domizil nehmen, sondern auch sur jedes uieht damit im Zusammenhang steheude Geschäst oder Etablissement, so kann diese Anschauung nicht gerade^... als unrichtig betrachtet wer^^.u, da die Gesellschast in der ..^hat gehalten ist, sur alle Rechtsverhältnisse im Kauton ^uzern einen Vertreter zu bezeichnen, also dort Domizil und ^orum nach Jnhalt der lnzernischen Gesezgebung anzuerkennen.

7) Was endlich das eventuelle Begehreu betrifft, es mochte die e^ekutorische Krast des Stenerdekretes in dem Sinne aufgehobeu werden, dass, wenn die luzernisehen^ Behorden^ aus ihrer Steuerreklamation verharren wollen, die Gesellsehast in Basel zu su.hen sei und der Stadtrath

976 .Luzern für diesen Fall das Zurükbehaltene wieder heraus zu geben habe , so liegt die Beantwortung des erstern Begehrens in dem be-

reits Gesagten , hinsichtlich des leztern Begehrens aber befindet sich der

Bundesrath nicht in der Stellung, hierauf eintreten zu konnen, indem die Retention einer Geldsumme aus Grund einer Gegenforderung keine Jntervention der Bundesbehorden motiviren kann, sondern aus dem gewohnlichen Rechtswege betrieben werden muss.

2.

A r r e st.

7. Georg H e e r von Glar.us, wohnhast in Meningen, Kts. Zug, schuldete au die Kanzleien des Preisgerichtes Richtersweil , des Bezirksgerechtes Horgen und an die Obergerichtskanzlei des Kautons Zürich verschiedene Bussen, Gerichts- und Verhastskosten , infolge von Strasurtheilen , und serner an die ^bergeriehtskanzlei zwei kleinere Beträge als Kosten in Zivilsachen. Jm September 1867 erwirkten nun die genannten drei Gerichtskanzleien für alle Forderungen gleiehmässig einen Arrest aus ein Bserd mit Wagen und Geschirr, womit Joseph R o l l i n vou Meuzingen, Knecht des Georg Heer, in den Kanton Zürich gekommen war. Bei diesem Akte anerkannte Rollin sene Gegenstände als Eigenthnm des Heer, trat aber später bei dem Bezirksgerichte Horgen und bei den. Obergerichte des Kantons Zürich mit einer Beschwerde gegen den Arrest auf, indem er nun behauptete, dass er der Eigentümer, aber nicht Schuldner sei. Er wurde jedoch iu^beideu Jnstanzen abgewiesen.

Der Entscheid des Obergeriehtes wies nach, dass nicht Joseph Rollin, sondern Georg Heer Eigentl.ümer der mit Arrest belegten Gegenstände sei, und begründete im Weitern den Arrest damit, dass im Kanton ^ürich die Eintreibung von Bussen und Vro^esskosten , die auf Strasnrtheilen ^ürcherischer Gerichte beruhen , gegenüber dem nicht im Kanton wohnenden Bestrasten weder durch einen Staatsvertrag mit dem Kanton Zng, noch durch die Bundesverfassung ausgesehlosseu sei ^ der Art. ^0 der Bundesverfassung beziehe sich nur auf ^orderungeu , die aus E i v i l .^ urtheilen oder aus soleheu Bestandteilen von ^trasurtheilen beruhen, welche eiue pr^vatrechtliche Ansprache begründen und aus andere ^orderuugeu privatrechtlieher Ratur.

Es trat nun auch Georg Heer vor den geuanuten zürcherischen Gerichten mit einer Besehwerde gegen den sragliehen Arrest a...s , er wurde jedoch in ^er Hauptsache aus den soeben erwähnten Gründen anch abgewiesen. Dagegen wurde der Arrest mit Bezng ans die erwähnten Kosten in Eivilsachen aufgehobeu , weil der eine Betrag aus einem Eivilurtheil... beruhe, der andere auf einen. Besehlusse , wonach Rekurrent mit einem von ihm als Kläger, betreffend eiue Klage wegen Beschimpfung, gestellten pro^essualisehen Begehren abgewiesen worden sei.

. 977 Ge.org Heer und Joseph Rollin reknrrirten nun gemeinsam an den Bundesrath und verlangten die Aushebung des Arrestes. Sie wurden jedoch mit Beschluss vom 8. Mai 1868 ebenfalls abgewiesen.

Gründe :

1) Was die Eigenthumsfrage der mit Arrest belegten Gegenstände betrifft, so kann steh der Bundesrath nicht mit der Vrüfung dieser Frage beschäftigen , da dieselbe allein in den Bereich des richterlichen Entscheues fallt.

2) Hierorts ist nur zu untersuchen, ob der gelegte Arrest sich gegen die Vorschrift des Art. 50 der Bundesverfassung verstosse.

^ 3) Diese Frage ist aber zu verueinen, nachdem die Eivilabtheilung des Obergerichtes des Kantons Zürich den Arrest für die beiden Fordernngen , welche als persönliche Ansprachen^ im Sinne pon Art. 50 der Bundesverfassung zu betrachten sind, aufgehoben und somit den Schuldner hiesür bei seineu. natürlichen Richter geschult hat.

4) Jm Ue.^rigen ist der Art. 50 der Bundesverfassnng nicht verlezt worden , ....eil der Arrest nicht sur privatreehtliche Ansprachen gelegt wurde, sondern fur Bussen und Kostenforderungen, die auf ..^trafurtheilen der kompetenten zürcherisehen Gerichte beruhen, welche Urtheile, nachdem eine Aussorderuug zur Bezahlung am Wohnorte des Heer fruchtlos geblieben , von den zürcherischen Behorden auf ihrem Gebiete vollzogen werden durfteu.

3.

a.

G e r i ch t s st a n d.

G e r i c h t s s t a n d der g e l e g e n e n .S a ehe.

8. Hieher gehort zunächst der Rekursentscheid in Sachen des Herrn Henri Biguet von Bellerive, Kts. Waadt, vom 7. September 186...., welcher nachträglich noch ^ im Jahre 1868 an die Bundesversammlung gezogen, von dieser aber am 2^. Juli 1868 bestätigt wurde (Buudes-

blatt 1868, Bd. I, S. 136^ Bd. ll.l, ^. 55, 155 und 160).

..). Am 2. April 1867 kauste Herr Thierarzt ^uchs in ^ern eine in der Gemeinde Horw , gleichen Kautons, befindliche .Liegeuschast, welehe dauuzumal vou einer ^amilie Räber pachtweise bewohnt und bewirthsehasl.et wurde. Herr .^uehs sah sich dann bald veranlag , der ^amilie Räber amtlich jede weitere Versügung über die auf jener Liegenschast vorhaudeu gewesene ^ahrhabe und über die aus derselbeu gewaehseneu Produkte untersagen zu lassen, bis er für den Vachtzins, den er zu fordern habe, gedekt sei. Gleichzeitig veranlagte er die amtliche Jnventarisirung aller dieser Gegeustäude. Die ^amilie Räber verliess aber diese Liegenschaft und uahm den grossten Theil der ^ahrhabe mit sieh in den Kanton Zug hinüber, woraus Herr Fuchs für den Pachtzins

..)78 .

und für Schadenersaz im Betrage von Fr. 359. 20 einen Arrest auswirkte.

Dieser Arrest wurde von der Familie Räber bestritten . und Herr ^uchs sah sich desshalb veranlasst, bei dem Bezirksgerichte Kriens und Malters , Kts. .Luzern , eine Klage auf Bestätigung des Arrestes anzuheben , sowie dann später noch das Gesuch zu stelleu , dass ein von der Familie Räber zurükgelassenes , in dem Jnventar enthaltenes Bferd versteigert werde. Das erwähnte Gericht entsprach diesem Gesuch, gestü^t darauf, dass zwar die Grosse der Forderung des Klägers nicht

festgestellt , aber doch ermittelt sei , dass die beklagte ^amilie Räber die fragliche Liegenschaft, als Kläger sie gekaust, pachtweise benuzt habe und von daher dem Kläger verpflichtet sei ; dem leztern aber stehe für seine Forderung das Bsandrecht zu ans alle vorhandene Fahrhabe, somit speziell auch auf jenes Bferd.

Um die gleiche Zeit erwirkte die Familie R ä b e r von Zug aus eine Brovokation an Herrn F u eh s , dahin gehend, dass er innerhalb einer bestimmten fatalen Frist die an sie gestellte Forderung von Fr. 359. 20 vor dem Kantonsgerichte in Zug geltend zu machen habe , insofern er aus derselben beharren wolle. Herr Fuchs bestritt die Statthastigkeit dieser Provokation und bestand hierüber den Brozess vor den zu^exsehen Gerichten. Das Kantonsgerieht und das ...^bergericht des Kantons Zug

bestätigten jedoch die Provokation, gestüzt aus Art. 50 der Bundesversafsung und aus ^ 132 der zugerschen Eivilprozessordnung , wodurch eine Provokation zur Klage als zulässig erklärt wird , wenn Jemand behauptet oder ausstreut, bestimmte Ansprüche gegen den provokanten zu haben.

Hieraus rekurirte Herr Fuchs au den Bundesrath, welcher

mit

Entscheid vom 31. Dezember 18^8 die beiden Urtheile des Kantonsund des ^bergeriehtes von Zug aushob, gestuft auf folgend^ Gründe:

1) Die Forderungen, welche Herr ^uchs gegen die ^amilie Räber einklagt, rühren von Pachtverhältnissen her, wesshalb ihm dafür, wenn sie als begründet erfunden würden . laut Gesez des Kautons Luzern, ein Pfandrecht auf die ^ahrhabe des Pächters zustehen würde.

^ ^ 2) Weun der Rekurrent zur Sicherung seiuer Ansprache die auf der Liegens.hast befindliehe Fahrhabe noch zur Zeit der Anwesenheit der Familie Räber auf dem Vachtgnt iuveutarisiren und ein Verbot gegen Wegnahme derselben ergehen liess, so steht diese Massregel in engem Zusammenhang mit der Geltendmachung seines gesezlichen Pfandrechts.

3) Rekurrent hat daun auch wirklieh bei dem Gerichte Sehritte gethan, um seine Forderuug sich ^uspreeheu ^u lassen, und ^ur Siche-

rung eines allsällig güuftigen Urtheils diejeuigeu Gegenstände, welche

inzwischen von der Familie Räber nicht weggenommen worden waren, noch besonders m.t Arrest belegt.

979 4) Dieses Versahren ist korrekt, da es sich nicht um eine einfache persönliche Ansprache im Sinne des Art. 50 der Buudesversassung handelt, sondern um eine Forderung mit gesezlichem Pfandrecht, welches der Gläubiger nach den Gesezen des Kantons Lnzern realisiren kann.

5) Eine Vrovokationsklage kann nur bei demjenigen Gerichtsstande angehoben werden , welcher für die Hauptklage zuständig ist. Raeh dem so eben Gesagten sind aber die Gerichte von Zug hiesür nicht kompetent, was auch noch aus dem Umstande folgt , . dass sie mit der Beurtheilung

der Hauptfrage implizite auch über die Gültigkeit oder Ungültigkeit des Pfandrechtes absprechen würden, welche Frage Rekurrent immer dem luzernischen Gerichtsstande vindizirte.

6) Es kann sich demnach nur noch sragen, ob Rekurrent auf die Geltendmachuug feines Vsandrechtes ^im Kanton .....uzern verzichtet und den Gerichtsstand von Zug anerkannt habe. Wenn nun auch die geriehtlichen Verhandlungen nicht eine klare Bestreitung des zugerschen Gerichtsstandes enthalten, so ist doch immerhin so viel unzweifelhast^, dass er die provozirte Ansprache nie anders geltend machte, als in Verbindung mit dem ihm zustehenden Pfandrechte, und dass es nicht hat in seinem Willen liegen können, darüber zwei Brozesse vor. zwei verschiedenen Ge^ richtsstellen zu führen.

10. Die Herren Abraham Jen n.... und Heinrich ...leb li in Ennenda , Kantons Glarus , beschwerten sich in folgender Angelegenheit : Sie haben im August 1867 bei Anlass einer öffentlichen Versteigerung von Holz, die in ^iebnen,^ Kantons ^eh.v..^ , stattgesunden, mit den Herren Gebrüder Müller in Glarus, am Tage und am .^..rte der Gant, einen mündlichen Vertrag abgeschlossen, wonach auf eine gegenseitige Steigerung verzichtet und im Weitern verabredet worden sei, dass die Herren Gebrüder Müller bieten sollen, dass aber das zu kaufende Holz nur zur Hälfte den Herren Müller gehoren soll , die andere Hälfte dagegen ihnen, den Reknrreuten , und den Herren Gabriel Weber, Rudols Leuzinger und Leuziuger^ Riese in Retstal. Rnn verweigern die Herren Gebrüder Müller diesen Vertrag zu halten.^ sie, die Rekurrenten , haben ^daher vor dem Vermittleramte zu Ennenda einen Vrozess gegen sie eingeleitet und Ausrechthaltung der perabredeten Gemeindersehaft verlangt. Es sei jedoch von den Beklagten der Gerichtsstand bestritten worden , und das Eivilgerieht , so wie das Appellationsgexicht des Kantons Glarus haben sie bei dieser Einrede geschult, iudem die Klage aus Miteigentum an dem im Kanton Schw.^ liegenden Walde dinglicher Ratur sei. Dieser Staudpunkt sei aber unrichtig, iuden. es sieh nnr um Anerkennung eines Vertrages auf Gewinn^ un^d Verlust, d. h. um Anerkennung einer Gemeinschast an stehendem Holz ohne Grund und Grat handle. Es liege also eine bloss persönliche Klage vor, auf welche Art. .^0. der Bundesverfassung Anwendung sinde.

.980 Mit Beschluß von. 28. August l868 wurde dieser Reknrs als ^unbegründet abgewiesen. gestuft auf folgende ...echtliehe Gesichtspunkte:

1) Der Bundesrath hat nach Anleitung des Art. 90, Ziffer 2 der Bundesverfassung die Bürger .davor zu schüfen, dass sie nicht gegen ihren Willen gezwungen werden, vor einem inkompetenten Richter beurtheilt zu werden. Dagegen ist sür den Bundesrath keine Veranlassung vorhanden , einen. Richter die Kompetenz zur Beurteilung eines Vrozesses aufzudrängen, die er nach seiner Rechtsüberzengung nicht zu haben glaubt.

2) Ein Einschreiten des Bundesrathes liesse sich nur sür den Fall rechtfertigen , wenn eine solche Kompetenzablehnnng einer Rechtsverweigerung gleich käme , oder wenn dadurch eidgenossische Vorschriften., Konkordate oder Bestimmungen der Kantonsversafsung verlebt würden.

3) Dieser Fall liegt aber hier nicht vor, denn .

a. Art. 50 ^.er Bundesverfassung passt ans den vorwaltenden Fall nicht, da er uur auf personliche Fordernngssachen sich bezieht, b. Art. 6 der Glarner-Kantonsversassung hat offenbar nicht die Regul.rung von Kompetenzfragen in Eivilstreitigleiten im Auge, sondern bezieht sich nur ans die Strasgeriehtsbarkeit, c. hat sich der Bundesrath nicht mit der Frage z.... befassen, ob Art. 36 des glarner'schen Eivilkode^.es von den zuständigen kantonalen Behorden richtig oder unrichtig ausgelegt und augewendet werde, weil er weder Appellations- noch Kassationshos bezüglich kautonaler gerichtlicher Entscheidungen ist, sondern einzig aus den im Motive 2 angeführten Gründen seine Dazwischenruft eintreten lassen kann.

4) Aber selbst sür den Fall, dass der Bundesrath über die rechtliche Ratur der Klage sich aussprecheu sollte, konnte er nicht von der

im gauz ähnlichen ^alle Schueeli (Buudesl^att 1864, Bd. l, S. 365)

ausgesprochene Ansicht abgehen. ^ach dem Wortlaute des Klagpetitnms konnte das Appellationsgericht des Kantons Glarus gauz wohl annehmen, die Rekurrenten verlangen in der Eigenschast als Miteigenthümer an der Ausbeutuug des^ ersteigerten Waldes, resp. an der Verwerthuug des ^igenthums , Theil zu nehmen. .^..b sie ihren Rechtstitel auf einen Soeietätsvertrag oder ans andere Gründe stüzen , ist für die Ratnr der

Klage gleichgültig, es genügt ...dass sie aus irgend eiuem Rechtstitel als

Miteigentümer angesel^eu werden wollen. Jhre behaupteten Eigenthumsrechte haben sie aber nicht mit einer persönlichen, sondern mit einer dinglichen Klage zu schüfen.

.^

981 h. G e r i c h t s s t a n d de s W o h n o r t e s .

1l. Herr^J. E. D ä n - l i k e r in Uster, Kantons Zürich, erhob im Rovember 1866 gegen Heinrich Graf und dessen Ehefrau, Elisabeth ^.geb. B i t t e r , damals wohnhaft in Uster, die Betreibung für zwei versehiedene ^orderuugen. Die Betriebenen wirkten gegen eine dieser ForGerungen Rechtsvorschlag aus , in^ess die Betreibung sür die andere ^Forderung ihren Fortgang nahm. Herr Dändliker versuchte zwar für die bestrittene Forderung Rechtserofsnu..g zu erhalten. ^..lein er wurde abgewiesen und desshalb veraulasst, bei ...em ^riedeusrichteramte eine .bezügliche Klage anzuheben. Die Beklagten erschienen vor dem ^riedensrichter und liessen sich auf die Klage ein. allein da keine Verstän.digung erzielt werden konnte, so wurde eine Weisung des Vro^esses an das Kreisgericht von Uster e^pedirt. Die erste Eitatiou für die Jnstruktionsverhandlung vor dem Kreisgerichte ans den 27. Juli 1867 konnte den Beklagten aneh noch in Uster insinuirt werden. Sie erschienen jedoch ^.uicht, woraus sie peremtorisch eitirt wurden.

Schon vorher machten nämlich die Ehelente Graf Anstalten , den .Kanton ^ürich zu verlassen , wessl^alb Herr Dändliker, geslü^t ans ^ 440, ^isser 3 des züreherischen Eivilprozesses , am 19. Juli 1867 eine Arrestverfüguug gegen sie auswirkte , wodurch das Gemeindeau.manuamt Uster .beauftragt wurde , von den ^ahrhaben der Eheleute Gras so viel mit Beschlag zu belegen, als zur Dekuug der Border....... g des Herrn Dändlil^er uebst ^ius und Kosten ersorderlich seien.

Mit Schreiben vom t 4. August l 867 protestate Heiurich Graf ^gegen diesen Arrest, weil er jezt in .^thmarsingen , Kantons Aargau, wol.^uhaft sei, und nun hier. belangt werden musse. Es wurde jedoch der Arrest ersi.^ und zweitinstanzlieh bestätigt.

A.n 10. September 1867 protestirte dann Graf auch noch gegen deu Gerichtsstand vor dem Kreisg^riehte iu Uster. allein dieses trat hierauf auch nicht ein, sondern verurlheilte ihn am 1.). Oktober 1867 in contn^^ei^m zur Bezahlung der fraglicheu Forderung nebst den Bro^ zesskosten und einer Entschädigung an den Kläger.

Hieraus reknrrirten. die Eheleute Graf au den Bundesrath und stellte^ das Gesuch, dass Dieses Urlheil und jeuer Arrest aufgehoben werden mochten. allein sie wurden mit Beschluß vom 2.). Juni 1868 au.h hier abgewiesen. Dieser Entscheid ftüzte sieh ans folgende recht^ liche Begründung .

1) Es l.ommt bei der .^rage über die Anständigkeit der ^ürcherisch^n Gerichte nicht darauf an, ob die Rekurrenten rechtzeitig ihr Vorhaben des Wohnsi^wechsels bekannt gemacht haben, sondern einzig und allein darauf, wo fie zur Zeit der Anhängigmachnng des Rechtsstreites wirklich noch gewohnt haben, weil ein Aufgeben des alten Wohles in....

Bundesblall. Jahrg. XXI. Bd. I.

70

982

^

^

Sinne von Art. 50 der Bundesverfassung erst dann eintritt, wenn die faktische Erwerbung eines neuen nachgewiesen ist.

2) Es ergibt sieh nun aus den Akten, dass die Forderung an den Rekurxenten zuerst durch Rechtstrieb, und nachdem hingegen Rechtsvorschlag ausgewirkt worden, vor dem ^riedensrichteramte geltend gemacht, und dass die Streitsache pon diesem an das Kreisgericht gewiesen wurde, was Alles anerkanntermaßen zu einer Zeit geschah , als die Reknrrenten den ordentlichen Wohnsiz im Kanton ^ürich noch nicht verlassen hatten.

.....) Durch alle diese Thatsachen wurde der Gerichtsstand im Kanton Zürich begründet, an welchem Rechtsmomente ein späterer Wohnsizwechsel nichts mehr ändern konnte. Dieses festgestellt, finden auch bezüglich der Sicherstellung der Forderung die züreherisehen Geseze ihre Anweudung , welche dem Gläubiger das Recht geben , gegen einen Schuldner, der während der angehobenen Betreibung deu Kanton verlasst, durch Beschlagnahme von beweglichen Vermogensftüken desselben sieh sür seine Ansprache sicher zu stellen.

4) Der Art. 50 der Bundesverfassung will nur, dass Riemand durch Arrestlegung gezwungen werde, vor einen. andern Richter Recht zu suchen als vor demjenigen, bei welchem vermoge des Wohnsizes sein ordentlicher Gerichtsstand begründet ist. Hier wurde aber die Arrestlegung nicht zur Begründung eines unzulässigen Gerichtsstandes, sondern zur Festhaltung des zuständigen Gerichts und zur Si.herung einer Ansprache vollzogen. Wenn nun der zuständige Richter die eingeklagte Ansprache als begründet erklärt, so soll der obsiegende Arrestimpetrant nicht genothi^t sein, in einem andern Kantone erst die Vollziehung des Urtheils nachzusuchen , sondern er kann die zum S.hu^e seiner Ansprache in rechtsgültiger Weise ihm zur Sicheruug dieueuden Gegenstände nach dem Rechte und durch den Richter der gelegenen Sache verwerten lassen, wenn der verurtheilte Schuldner nicht durch Bezahlung seiner Verpslichtung nachkommt.

c. G e r i eh t s st a n d d e s K o n k u r s e s .

12. Herr Feli^ Deearro in Gens übernahm die Anssührnng eiues Theils der ^urkaftrasse aus Grundlage eines Bflichteuheste.^, gemäss welchem er sür diese Angelegenheit im Danton Wallis Domizil nehmen musste, und allfällige Streitigkeiten bezüglich der Ausfüllung dieser

Arbeit durch ein Schiedsgericht erledigt werden sollten. Jm Sinne dieses

Vertrages wählte Herr Déearro Sitten als Domizil. ^aeh Beeudigung der Arbeiten kam es wirklich zwischen ihm und der Regierung von Wallis zu einem ^ehiedsspruche, nach welchem ledere an Herrn Deearro eine gewisse Summe zu bezahleu hatte. Die Regierung that dieses uicht, sondern deponirte den Betrag zuhanden der Kreditoren im Wallis, .Welche nun ihrerseits die Erossuung des Konkurses gegen Deearro er-

^

.

^

wirkten. dieser protestate jedoch gegen den Konkurs, weil er nicht insolvend sei, indem er noch weitere Ansprüche an die .Regierung zu machen habe , aus welche das Schiedsgericht nicht eingetreten sei. Zur Feststellung des Betrages dieser weitern Ansprüche verlange er ein neues Schiedsgericht. Durch die schon deponirte Summe, in Verbindung mit dem Betrag, der ihm durch ein zweites Urtheil noch zukommen müsse, würden alle seine Kreditoren im Kanton Wallis gedeki. sein. Das Gericht bestätigte aber den Konkurs, und die Regierung von Wallis verweigerte aus die Bildung eines neuen Schiedsgerichtes einzutreten, eben weil Deearro im Konkurs sieh befinde und darum nicht fahig f^, einen Schiedsrichter zu ernennen.

Herr Deearro rekurrirte desshalb an den Bundesrath, indem er darznthun suchte, dass in den. Versahren der Behörden des Kantons Wallis eine Rechtsverweigerung gegenüber ihm liege. ^wischen ihm und seinen Kreditoren liege nicht eine ^rage vor , ans welche das Vflichtenheft Anwendung finden konnte. Jene Kreditoren seien also gemäss Art. 50 der Bun^esversassung gehalten , ihu au seinem regelmäßigen Wohnorte in Genf ^u suchen, wo er .^iegensehast.... besize und solvabel sei. Jn der Deponiruug des ihm ^ugesproch.^.e.^ Geldes durch die

Regierung von Wallis liege ein Akt der Selbsthilfe. Die Kreditoren

seien dadurch veranlasse worden, den Konkurs zu verlangen,. uud der Konkurs werde hiu.vieder nur darum festgehalten, d.^.mit er nicht zu einem neuen Schiedsgerichte gelangen konne.

Diese Besehwerde wurde jedoch unterm 14. Februar 1868 als unbegründet abgewiesen, geftüzt auf folgende Gesichtspunkte.

1) Ra.l. Art. 4 des ^flichtenhestes , betreffend den Bau der ^urkastrasse, hatte Herr Deearro im Kanton Wallis Domizil zu nehmen, uud auch dieser Vorschrist Genüge geleistet.

2) Ju ^olge dessen war Rekurrent allerdings gehalten , über die aus diesem Geschäfte eutspriugeuden Streitigkeiten im Kauton Wallis Rede uud Autwort zu stehen.

3) Es find nun zwar keinerlei Streitigkeiten zwischen privaten und dem Reknrrenten erwachseu, und was die ^ifsereu^en betrifst, die zwischeu ihm und der Regierung von Wallis vorliegeu , so sind diese ohnehin

der ordentlichen Jurisdiktion entzogen und durch Art. 102 des ^sliehteu-

hestes einem .Schiedsgerichte übertragen worden.

4) Daher fragt es^ sich zunächst, ob das Domizil im Wallis bloss für die gerichtliehe Austraguug allsälliger Auffände über Existenz und Umsang vou personlichen Ansprachen bestehe , oder ob es aueh sur die rechtliche Eintreibung liquider Forderungen anerkannt werden müsse.

5) Diese Frage ist zn bejahen, da die Wahl des Domizils in

allgemeiner Weise geschah , und die praktische Bedeutung des Domizils gerade in der erleichterten Eintreibuug einer Forderung hervortritt.

984 .

.

^

6) Die Kreditoren des Rekurrenten im Kanton Wallis konnten daher auch im E^ekutionswege aus dessen dort befindliches Vermögen greisen und eine gerichtliche Verteilung dieses Vermögens betreiben, wobei die Frage, ob es nicht in ihrem Jnteresse gelegen hätte, dem Rekurrenten zunächst die Feststellung aller vermeintlichen Aktiven im Wallis möglich zu machen , ihrem eigenen Ermessen überlassen bleibeu muss.

7^ Rekurrent hat die Erosfnung des Konkurses über sein dort befindliches Vermogen auch selbst anerkannt, und in der von ihm provozirten gerichtlichen Verhandlung nur über die^Zwekmässigkeit der m^ en d.scu.^on plädirt , die Kompetenz der Walliserbehörden aber nicht bestritten.

8) Wenn hiernach von der Entziehung des Gerichtsstandes und pon einer Verlegung des Art. 50 der Bundesverfassung nicht die Rede sein kann , so ist auch ans dem Umstande , dass die Regierung des Kautons Wallis ans der formellen Existenz eines Konkurses eine Ein^ rede ^ieht, nm der Bildung eines neuen Schiedsgerichtes zu entgehen, noch keine Rechtsverweigernng abzuleiten, da diese Einrede berechtigt ist und die Eröffnung des Konkurses von dem Gerichte verfügt wurde.

9) Jnsosern Herr Déearro au die Regierung von Wallis wirklich noch Ansprüche zu machen hätte für Schadenersaz und entzogenen Gewinn, in ^.olge seiner Arbeite.. an der Furl.astrasse , so würden diese Ansprüche gegenwärtig einen Theil der Aktiven der Konkursmasse bilden , und es stünde dann den Kreditoren dieser Masse zu, sie gegenüber dem Staate

von Wallis mittelst eines Schiedsgerichtes geltend zu machen , immerhin

unter Vorbehalt der Frage , ob nach dem Schlusse des Konknrsversahres Herr Deearro nicht das Recht habe, jene Ansprüche seinerseits geltend zu machen, wenn sie nicht im Lause des Koukurses eutsehieden worden siud.

d. V r o r o g i r t e r G e r i c h t s s t a n d .

13. Der hieher gehörende Entscheid in Sachen des ^.errn Majors P a u m g a r t n e r in Erans, Kantons Waadt, vom 21. ^ebruar 1868, wurde an die Bundesversammlung rekurrirt, und von dieser am 16/24.

Juli 1868 bestätigt. Der Bes.hlnss des Buudesrathes ist vollstäudig abgebt im Bundesblatt 1868, Bd. ll, S. 786.

e. G e r i c h t s s t a n d d e r W i d e r k l a g e .

14. Herr Alois Hämmerli in Weesen, Kantons ^t. Galleu, erhob im Mai 1868 eine Betreibung gegen Herrn Holzhändler Volk a r t in Zürich für eine grundversicherte Forderung von ^r. 87.).

Herr Volkart wirkte Rechtsvorschlag aus, indem er eine Gegensordernng

^

^

985

von Fr. 116 für Beugung eines Holzschopses geltend machte. Das Gesuch des Herrn Hämmerli um Fortsezung der Betreibung für seine gan^e Forderung wurde von dem Präsidenten des Bezirksgerichtes Zürich abgewiesen, weil im Allgemeinen dem Herrn Volkart eine Ersazforderuug Zustehe , und die Kompensation einer laufenden Forderung mit^ eiuer grundversicherten statthast sei. Es frage sich daher bloss noch, ob, weil

die Eiusprachsgründe nicht liquid seien , während die Liquidität der

Hauptsordernng aus einer öffentlichen Urkunde beruhe, dennoch die Rechtserossnung verweigert werden kouue. Diese ^rage müsse aber gemäss ^ 64, Sa^. 3, Lut. a des. Gesezes betreffend die Sehuldbetreibuug darum bejaht werden , weil die Einsprachsgrüude wenigstens bis ^ur .Wahr-

schein lichkeit hergestellt seien, zumal die Benuzung des Holzschopfes über

die verabredete Zeit hinaus zugestanden und nur die Grosse der Ersazforderung streitig sei.

Gegen diesen Entscheid reknrrirte nun Hr. Hämmerli an den Bnndesrath, welcher .am^ ..). September 1868 dahin entschied, es sei der Rekurs begründet und Hr. Volkart mit seiner personlichen Klage gegen .Hrn. Hämmerli an den St. Gallischen Richter verwiesen. Begründung: 1) Die Forderuug , welche Hr. Hämmerli an Hrn^. Volkart vor

dem zürcherischeu Richter ^ur Geltung bringen will. ist psaudr^htlich

versichert, während die angebrachte Widerklage des leztexn für eine laufeu^e Forderung sieh als eine rein personliche Klage im Sinne des Art.

50 der Bundesverfassung darstellt.

2) Weder die Bundesverfassung uoch Konkordate behandelu aber die versicherten und unversicherten Forderungen gleich in Bezug anf den Gerichtsstand. Es ist anerkannt, dass Kläger den in Zürich wohnhasten Schuldner fnr die auch dort gruudversicherte Forderung vor dem ^üreherischen Richter zu belangen hat. Aber eben so richtig ist, dass Hr. Hämmerli sür eine rein personliehe Ansprache nur vor dem Richter seines Wohnortes Rede und Antwort ^u geben hat.

3) Abgesehen davon, dass die Klagfundamente beider Klagen ganz verschieden find und zwischen denselben keinerlei materielle Konue^ität

besteht, ist für die Hauptklage der Gerichtsstand vou Zürich, für die Klage

des Hrn.

Volkart aber der Gerichtsstand von ^t. Gallen be-

gründet. Eine Widerklage bei dem sür die Vorklage kompetenten Richter

kann aber nur dannzumal auch vor diesem angebracht werden, wenu der

Richter sür den Gegenstand der Widerklage überhaupt Gerichtsbarkeit

hat und nicht eim. objektive Jnkompeteuz begründet ist, wie es hier .der

^all ist.

4^ auf die er auch dnngen

Es kann sich noch fragen, ob Rel.nrrent nicht dnrch Einlassung Widerklage ^deu zürcherischeu Gerichtsstand anerkannt habe. Wenn vor dem Gerichtspräsidenten von Zürich verschiedene Eiuwengegen die an ihn gestellte Forderung machte, so hat er doch von

^

986

Anfang an und bestimmt sich dahin erklart, dass Hr. Volkart ihn für diese Forderung nicht in Zürich, sondern an seinem Wohnorte im Ka^ton St. Gallen zu suchen habe. Es liegt also keine Anerkennung des zürcherische.. Gerichtsstandes vor.

f. G e r i c h l . s s t a n d l n . ^ r b s c h a f ^ s a c h e n .

15. Ein Entscheid dieser .^lrt in Sachen der E r b e n M a r o l a n i aus dem Kanton Granbünden vom 11. Mai 1868 wurde an die Bundesversammluug gezogen und desshalb im Bundesblatt von 1868, Bd.

^ H, S. 810, vollständig abgedrukt. dieser Eutscheid^ist nun in Rechtskraft erwachsen, indem der Rekurs an die Bundesversammlung ^urükgezogen wurde.

4.

V o l l z i e h u n g v o n E i v i l u rt h e i l e n.

16. Der im Geschäftsberichte pro 1865 (Bnndesblatt 1866, Bd.

I, S. 462) erwäl.nte Rekursentscheid vo.u 9. Angnst 1865^in Sachen der Herren Thomas R e g l e r in Rüti, Kantons Glarns, und Baptist S t e i n e r in Schanis, Kantons St. Gallen, kam in einen.. neuen Rekurse, der nun von Hrn. Steiner ausging, wieder zur Sprache.

Gemäss dem erwähnten Bundesrathsbeschluss erschienen nämlich die Parteien vor dem Eivilgericht in Glarns, wo über die Zulässigkeit eines Schiedsrichters genrtheilt wurde. Jnsolge dessen scosse.. die Parteien im Jahr 1866 einen Kompromiss, wodurch die Mitglieder des SchiedsBerichtes vereinbart und die von diesem zu beurteilenden Streitsragen festgestellt wurden. Dieser Vertrag w.^rde jedoch von Hrn. Steiner nicht unterzeichnet, woraus seder Tl^eil ein besonderes Broeedere in sei^ nem eigenen Kauton begann.

a. Zunächst suchte Hr. Steiner den bei ^ dem Bezirksammannamte Gafter, Kantons ^t. Galleu, depo..irten legten Jahreszius von ^r. 4240 besonders z.. li^uidiren. Zu diesen.. Z^veke liess ^.r. Steiner den Hrn.

.Regler vor das Vermittleramt Kaltbruuu vorladen und ungeachtet der Brotestation des ledern diese ......orladnng wiederholen, bis er kont^.mazirt und ein .^eitschein an das Schiedsgericht e^pedirt werden konnte.

Am 28. Juni 1867 wurde nun .^.r. Regler amtlich aufgefordert, inner 10 Tagen einen Schiedsrichter zn bezeichnen, welcher mit jenem des Hrn. Steiner urtheilen sollte, von wen. der deponirte Mieth^ns bezoge..

werden konne. Da Hr. Regler imnrer passiv blieb, so wurde gemäss

Art. 257 des St. Gallischen Eioilprozesses dnrch das Bezirksamt Gaster

von ^lmtes wegen ein Schiedsrichter bezeichnet. ^un protestirte zwar Hr. Regler gegen die Kompetenz dieses Schiedsgerichtes, allein legeres erklärte sieh am 27. August 1867 kompetent und erliess r woraus das Schiedsgericht am 21. September 1867 in contnmaelam

^

987

urtheilte, es sei der deponirte Bachtzins von Fr. 4240 nebst Zins bis zum Zahltag dem Hrn. Steiner zugesprochen, und ferner habe der Beklagte, Hr. Legler, die Brozesskosten und eine Entschädigung an Kläger, Hrn. Steiner, zu bezahlen.

Dieses Urteil erhielt nun im Kanton St. .Gallen seine VollZiehung, indem der deponirte Bachtzins dem Hrn. Steiner ausgeliefert wurde. Er verlangte nun aber, dass diese schiedsgerichtlichen Urtheile vom 27. August und 21. September 1867 auch im Kauton Glarus anerkannt und, so weit nicht Depositen im Kanton St. Gallen liegen, vollzogen werden. Die Staudeskommission des Kautons Glarus verweigerte jedoch am 31. Januar 1868 ihr Ex^uatur, weil nach dem Beschluß des Bundesrathes vom 9. August 1865 die Streitsragen über

die Bildung des Schiedsgerichtes vor das Gericht des Kantons Glarus gehoren.

h. Während diesen Verhandlungen im Kauton St. Gallen prozedirte Hr. Legler seinerseits vor den Gerichten im Kauton Glarus. Als nämlieh Hr. Steiner sich weigerte, den oben erwähnten Kompromiß zu unterzeichnen, liess ihn Hr. Legler vor das Eivilgerieht in Glarns zitiren, um darüber zu verhandeln, ob er (Hr. Steiuer, nicht anzuhalten sei, jeuen Kompromiß binnen 8 Tagen zu unterzeichnen, und ob nicht, im ^alle der Unterlassung, die Forderung des Hrn. Steiner von Fr. 23,612 als präkludirt zu erklären sei. s a Das Eivilgericht von Glarus entschied jedoch am 8. August 1867, dass es gemäss dem Beschluß

des Bundesrathes vom 9. August 1865 kompeteut sei, und urtheilte

am 17. Augnst 1867 in der Hauptsache, dass Hr. Steiner verpflichtet sei, binnen 8 Tagen den erwähnten Kompromiß zu unterzeichnen.

^un rekurrirte Hr. Steiner an den Bundesrath und verlangte einerseits, dass die Staudeskommission des Kantons Glarus angehalten werde,

den schiedsgerichtlichen Urtheilen vom 27. Angust und 21. September.

1867 auch im Kauton Glarus Vollziehung zu verschasfen, und anderer-

seits., dass das Urtheil des Eivilgeriehtes von Glarus vom 17. August 1867 aufgehoben werden mochte.

Hierüber hat der Bundesrath am 24. August 1868 folgende recht-

liehe Gesichtspunkte in Betracht gezogen :

1) Die von den Varteien neuerdings aufgeworfene ^rage . ob die von Thomas Regler bei dem Bezirksammann in Kaltbrunn gemachte Hinterlage von ^r. 4240 Pachtzins den Eharakter eines gesezlichen ^austpsandes habe oder nicht, ist nicht von wesentlicher Bedeutung. Da in dem Vachtvertrage festgestellt ist, dass alle aus demselben herrührenden Streitigkeiten nicht durch die ordentlichen Gerichte, sondern durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen, so wurde dadurch aus einen

.^8 Bestimmten kantonalen Gerichtsstand verachtet. ^Der Ort, wo das De^ positum liegt, vermag aber ^kein spezielles .kantonales Forum ^u begxüu-.

den, dessen man sieh durch Vertrag ausdrüklich begeben hat.

2) Um die aus dem Pachtvertrag herrührenden Rechtsstreitigkeiten zu erledigen, ist da.her por Allem die Bildung des Schiedsgerichtes.

nothweudig, welches aber, da die Parteien unter sich nicht einig werden kounen, durch richterliehe Hilfe geschehen muss. Der Bundesrath hat.

in seinem Beschlusse vom 9. August 1865 hiefür die glarner'schen Gerichte als kompetent bezeichnet.

3) Jn Anerkennung und Raehachtung dieses Beschlusses hat der^ heutige Rekurreut wirklieh bei dem Gerichte in Glarns die ersten uolhigen Schritte gethan, um d.e Festse^nng des Kompromissver.rages und die^ Bildung des. Schiedsgerichtes zu bewerkstelligen. Es entstunden aber wegen Unterzeichnung des Kompromisspertrages neue Anstände, .vas den Rekurrenten veranlasse, durch die St. Gallischen^ Behorden das ^chieds-

gericht vollständig bilden zu lassen, welches Schiedsgericht dann über einen.

streitigen Posten ^nämlich den hinterlegten Jahreszins) ein Urtheil fällte, dessen Vollziehung von der Staudeskommission des Kantons Glar..s per-.

langt wurde.

.4) Die Weigerung der Standeskommission, zur Vollziehung dieses Urtheils ans dortigem Gebiete Hand zu bieten, ist vollkommen begründet..

Rach Art. 49 der Bundesverfassung haben nur die rechtskrästigen Eivilurtheile Anspruch aus Vollziehbarkeit iu der ganzen Schweig. Dem vom Rek^.rrenten produzirten Urtheil geht aber diese Eigenschaft ab , da es.

von einem Schiedsgerichte erlassen wurde, welches aus eine unzulässige Weise gebildet und somit inkompetent war.

5) Andererseits ist aber auch das vom jezigen Reknrsbeklagten eingehaltene Versahren ein uuzulässiges. ^tatt alle zulässigen Vorkel..reu

zur vollständig^. Bilduug des Schiedsgerichtes zu erschopsen, liess ex seinen Reehtsgegner zur Unterzeichnnng des von ihn. vorgelegten Kon.promissvertrages vorladen, und zwar unter der Androhungdes Ausschluß ses der gauzen ^oxdernug von Fr. 23,612. Dieses Versal.ren, auf

welches das Eivilgericht von Glarus eingegangen, ist aber iu doppelter Hiusicht unrichtig. Einerseits soll vor Allem das Schiedsgericht vollständig gebildet werden, welches über die aus dem Baehtvertrage herrührenden Streitigkeiten zu verhandeln hat, und audererseits ist das Eivilgericht von Glarus weder im Vrovokationsversahren noch iu^ Hanpt^prozess kompetent, über Forderungen zu urtheilen, welche ausgesagtem Pachtvertrag herrühren.

6) Aus dieseu Erörterungen ergibt sich : a. Dass in erster .Linie das Schiedsgericht vollständig zu bilden ist,.

sei es durch freiwilliges Einverstäuduiss der Parteien , oder wenn

.

^

^

dieses nicht erhältlich ist, unter richterlicher Mithilfe des EivilBerichtes von Glarus. Ein auf diese Weise rechtsgültig konsti.^ tuirtes Schiedsgericht hat dann über alle aus dem Baehtvertrage herrührenden Streitigkeiten zu entscheiden .

b. Sollte Rek..rrent an Hrn. Regler noch andere personliche Ansorderungen ^u stellen haben, so ist hierüber vor dem hiezu kompetenten Berichte von Glarus ans dem ordentlichen .^rozesswege zu verhandeln.

7) Die Rachachtung dieser bestimmten Wegleitnng wird im wohlverstandenen Interesse beider Parteien die ganze Angelegenheit am schnellsten ^um ^iele führen, und beschlossen : 1. Die Weigerung der Standeskommission des Kantons ..^larus, Hand zur Vollziehung des schiedsgerichtlichen Urtheils vom 27. August

und 2t. September 1867 zu bieten, ist begründet und das daherige Begehren des Rekuxreuten abgewiesen.

2. Dagegen ist das zweite Rechtsbegehren des Rekurre^.ten gutgeheimen, und daher das Erkenntnis^ des Eivilgeriehtes von Gl.^rus vom 17. August 1867 aufgehoben.

I1L ^ntfch^dr über ^..nmendnng der .^nnd^^se^.

.B n n d e s g e s e ^

betreffend

d i e g e m i s ch t e n

Ehen.

17. Auna Barbara W e b e r ^ in Stein, Kantons ^t. Gallen, evangelischer Konsession , war verheiratet mit dem katholischen, se^t verstorbenen Ulrieh Brändle von Alt-^t. Johann, im gleichen Kanton, und hat aus dieser Ehe einen im Jahr 1861 gebornen Knaben ^u er-

ziehen. Rachdem dieser Knabe in das schulpflichtige Alter gekommen,

wurde er von seiner Mutter im Einverständnisse mit ihrem ^h^vogte in die evangelische Schule gefchikt. Hieg^gen erhob das ..^farxamt Stein Einsprache, indem es verlaugte, dass der Knabe katholisch erzogeu werden müsse, da er aus das katholische Gla^bensbekeuntniss getauft worden sei.

Die Beschwerde der Witwe Br..udle und ihres ...^..huzvogtes wurde von der Regierung . des Kantous St. Gallen ^ abgewiesen. Sie rel.nrrirten nun, gestü^t auf Art. 6 des Bundesgese^es über die gemischten Ehen vom 3. Dezember 18.^0, an den Bundesrath und .machten geltend, dass pon .^eite des Vaters ein anderer Willensa^t über die konfessionelle Erziehung.. des Sohnes nicht vorliege als ^die Taufe, dass aber die Tanse einen spätern Willensakt nicht zu präsudizireu vermoge ; jezt haben die Mutter und der gesezliche Vormund derselben die Pflicht zur Erziehung des Knaben, also haben sie .anch das Recht der. freien Entschliessung darüber.

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990

Es wurde jedoch am 22. Mai 1868 beschlossen, dass aus diese Beschwerde nicht einzutreten sei, weil in solchem Falle es zunächst Sache der zuständigen kantonalen Behörden sei, die erforderlichen Verfügungen zu treffen, und eine Jnterve.nion der Bundesbehorde erst dann gerecht^ fertigt wäre, wenn diese Verfügungen mit dem Sinn und Geiste des Bnndesgesezes über die gemischte.. Ehen im Widerspruche stünden . die Schlussnahme der Regierung pon St. Gallen leide jedoch nicht an diesem

Mangel.

18. Ein Rekurs des Melchior R u e d i von Hasle, Kantons Lnzeru, wegen Verweigerung der Bewilligung ^ur Eingehung einer gemischten Ehe wurde an ^^Bundesversammlung gezogen^ und in bedingter Weise begründet erklärt, woraus nach einer bezüglichen Ergänzung der Akten diese Ehe von Seite der Regierung Luzerns bewilligt wurde. Siehe

den Bundesrathsbeschluss im Bundesblatt pon ..868, Bd. lll, S. 915, und den Bericht der ständeräthlichen Kommission im Bnndesblatt 1869, Bd. l, S. 1.^2.

IV. Entscheide ü^r ^nmendnn^ ^on ^on^r.^ten.

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K o n k o r d a t b e t x e s s e n d d e n Schuz d e s l i t e r a r i s c h e n u n d

k ü n st l e r i sche n .^ i g e n th n m s .

19. Der im lezten Jahresbericht erwähnte Rekurs des Hrn. Buchdrukers D. Heg n er in Leu^burg gegen de.t Beschluss vom 30. Sep-

te.uber 1867 (Buudesbl..tt l 867, Bd. lll, S. 197) wurde von der Buudespersammluug am^ 8. Juli 1868 als begründet erklärt, in den.

Sinne, dass das Urtheil des Bolizeirichters vo.. Bern aufgehoben und dem Kläger, Hrn.. Haberstich in Beru, überlassen wurde, die Klage wegen Widerhandlung gegen das oben erwähnte Konkordat bei den. zuständigen Richter. des Kantons Aargau anhängig zu machen (Bnndes-

blatt 1868, Bd. lll, .^. 63). Den Bericht der Minderheit der na-

tionalräthlichen Kommission und die ersten Beschlüsse der beiden Räl.he

siehe Bundesblatt 1868. Bd. l, S. 121, 12..) und 130^ V. ^.rndl^l.nng der ^..nton.^oer^ssun^n.

.... K o m p e t e n z ü b e r s ch r e i t u n g k a n t o n a l e r B e h o r d e n.

20. Jni Jahr 1^59 wnrde die okonomisch^politisehe Gemeinde Bergell ob Vorta, Kautons Graubüuden, in die zwei Gemeinden Vie o s operano und S t a m p a getheilt. Die der alten Gemeinde zngestandenen Kirchengüter wurden ebenfalls in zwei Theile getheilt. Die Gemeinde Stampa überliess ihren Theil sofort der dortigen Kirche, während ^der andere Thril, der Vieosoprano Anfiel, mindestens bloss

^

^991

theilweise au die Kirche kam, indem vieles von der ökonomisch-politischen Gemeinde zuhanden genommen wurde. Hieraus entstanden in der Gemeinde ^...osoprano lange Zwistigkeiten, wodurch der evangelische Kircheurath des Kautons Graubünden veranlasst wurde, im Juni 1865 au den dortigen Kleinen Rath evangelischen Theils das Gesuch zu stellen.

er mochte die Vsrundverhältnisse der Gemeinde Vieosoprano untersuchen lassen und die Bsrnnd in den^ Besiz derjenigen Vermögensrechte sezen, die ihr möglicherweise noch zukommen.

Diese Untersuchung wurde wirklich an Ort und Stelle durch einen Regierungskommissär vorgenommen, welcher einen einlässlichen Bericht machte und verschiedene Anträge über eine geuaue Ausscheidung der Kirchen^ und Gemeindegüter stellte. Diese Anträge wurden jedoch von der Gemeinde verworfen, worauf ^der evnugelisehe Theil des Kleinen ^Rathes von. Graubünden am 30. November 1866 einen definitiven Entscheid hierüber gab.

Rach Empsang dieses Entscheides machte der Vorstand der Gemeinde Vieosoprauo dem Kleinen Rathe evangelischen Theils die Anzeige, dass er sich genothigt sehe, dagegen den Rekurs an den Grossen Rath zu ergreisen, und erhielt hieraus am 3l. Dezember 1866 die Antwort, dass diese Angelegenheit bei der nächsten ordentlichen Versammlung des Grosseu Rathes dem corpus relorm.itnm werde vorgelegt werden.

Der Vorstand von Vieosoprauo verlangte jedoch, dass der politische Grosse R^th entscheide, während der Kleine Rath evangelischen Theils daran sesthielt, dass ein Rekurs gegen seinen Entscheid nur vor den evangelischen Theil des Grossen Rathes gezogen werden konne, wesshalb er nicht im ^alle sei, diesen Rekurs auf die allgemeinen Traktauden des Grosses Rathes zu sezen. Der Vorstand der Gemeinde Vieosoprauo erklarte hierauf, dass er nun znm Rekurse au den Bundesrath sieh ent-.

schlossen habe.

Dieser Rekurs wurde dann später wirklich eingereicht. Die Gemeiude Vieosoprano suchte dabei nachzuweisen, dass die streitigen fragen uicht administrativer, sondern richterlicher Ratur seien, denn es sei im Grunde nicht die Frage streitig, ob Vieosoprano ^onds gesährde, oder nicht zwekmässig anwende, sondern jene andere Frage, welche Güter Eigenthum^ der Kirchen^ und ^ehulstiftnng seien und .welche andere Eigenthum der Bürgerkorporalion. Der reknxrirte Entscheid habe zur Folge, dass die Gemeinde
Güter abtreten und au den Schulfond übergeben müsse, die von jel.^er zur^ Del.ung der Ausgaben sür Wuhren, ^trasseu, Wasserleituugen ^e. gedient haben. Hiegegen werde gemäss Art. 5 und 53 der Buudesversassuug der Schuz der Buudesbehorden angerufen.

Sodanu kenne die Verfassung des Kantons Graubünden keinen ,,Kleinen Rath evangelischen Theils^, wesshalb jedes Urtheil von einer Behorde, die sich einen solchen Ramen beilege, verfassungswidrig sei. Uebrigens

992 sei auch der int Art. 13 jener Verfassung erwähnte Grosse Rath epangelischen Theils inkompetent, eine Frage der porliegenden Art zu entscheiden, indem ihm nur Gegenstände konfessioneller Ratur zugewiesen seien. Allerdings rede eine Verordnung des evangelischen Grossen Rathes vom 11. Dezember 1819 auch von einem ,,Kleiuen Rathe evangelischen Theils", allein ste vermoge die spätere Verfassung nicht ^u durchbrechen. Die Rekurrentiu stellte daher den Autrag , dass diese Angelegenheit au den Eivilrichter gewiesen, eventuell, dass der Kleine Rath des Kantons Graubünden angewiesen werden mochte, dieselbe dem ordentlichen Grossen Rathe vorzulegen.

Dieser Darstellung entgegen wies der Kleine Rath (evangelischer Theil) des Kantons Granbünden nach, dass hier wirtlich die Vorschriften^ des Gesezes vom 11. Dezember 1819 Anwendung sinden und beobachtet worden seien. Es habe desshalb auch die Gemeiude Vieosoprano niemals eine Kompetenzeinrede erhoben.

Der Kleine Rath , evangelischer Theil , bestehe seit der .^erf..ssu..g von

1814 bis heute. Der bezügliche Artikel .l3 der gegenwärtigen Ver-

sassnng sei wortlich ans jener Verfassung von 1814 herübergenommen. Es gebe einen Grossen Rath evangelischen Theils, corpus relor^ niatnm. und einen Grossen Rath katholischen Theils, cor.^ns c^tholicnm.

Gerade mit Rül.sicht ans die Erhaltung der Vfrundgüter sei 18l 9 vom Grossen Rathe evangelischen Theils das angerufene Gesez vorbereiten und den.. Volke zur Annahme vorgelegt worden. ..Es bestehe auch jezt noch in Kraft, und es haben seither der Kleine und Grosse Rath evangelischen Theils alle Austände der vorlegenden Art darnach entschieden.

Mit Beschluss vom 8. Mai 1868 wurde dieser Rekurs in Würdiguug folgender rechtlicher Gesichtspunkte als unbegründet abgewiesen .

1) Um zu be.urtheileu, ob in dieser Angelegenheit die richterlichen oder administrativen Behorden zur Beurteilung zuständig seien, muß untersucht werden, welchem Reehtsgebiet die Sa.he ihrer Ratur nach augehort.

2) Der .^esiz und .die Verwaltung eines Gutes als ein Ansfluss und Theil des Eigenthumsrechtes gehort allerdings der Sphäre des Brivatre^htes an, daher die Anrufung des Richters ga..^ a^u ^laze wäre, wenn die Staatsbehörden das Eigentumsrecht der Gemeinde Vieosoprauo durch Ansichziehen der in Frage liegenden Güter oder durch Zutheilung an einen beliebigen Dritten verleben würden.

3) Es handelt sich aber hier nicht um solche Massregeln, da das

fragliche Vermogen jedenfalls der Gemeinde als Eigenthu.n verbleibt.

Die Verfügungen der Regierung beschränken sich vielmehr daraus, zu bestimmen, welchem ^Verwaltungs^.veige und welcher Bestimmung die betreffenden ^onds in der Gemeinde Vieosoprano ^..geschieden werden sollen.

^

993

4) Solehe Fragen gehören jedoch dem Gebiete des össentlicheu Rechtes an; denn ^es liegt nicht nur in der Besnguiss, sondern sogar in der Bflicht der Regierung, zu wachen ,^dass die der Gemeiude bei der Theilung zugefallenen Güter zu^ denjenigen osfeutlichen Zweken verwendet werden, zu welchen sie ihr übergeben wurden.

5) Was das eventuelle Begehren auf Ueberweisung der Angelegenheit an den Grossen Rath anbetrifft, so ist die Reknrrentin darauf hinzuweisen, dass sie selbst in erster Linie aus den. Wege der Beschwerde gegen die Wegleitung des Kleinen Rathes sieh an die oberste .Landesbehorde wenden mag , wenn sie in der Frage über die Weiterziehung sieh an eine unrechte Behorde gewiesen glaubt. Rach Art. 5 der Kantousversassung führt der Grosse Rath die Oberaussicht über Handhabung der Versassuug, sowie über Vollziehung der Geseze und Verordnungen.

21. Der D e m o k r a t e n v e r e i n in Muttenz, der R e v i s i o n s v e r e i n in ^issa.l.. uud der E i n s a s s e n v e r e i n in Binningen, Kantons Basel-Laudschast, sowie 21 Mitglieder des Landrathes beschwerten sich

wie folgt: Am 7. Juui 1868 habe die ordentliche Frühlingsabstimmung des

Volkes von Baselland über vier. Geseze, ein Konkordat und einen Viehsalzvertrag stattgesunden. Da aber nicht die absolute Mehrheit der stimmberechtigten Bürger an der Abstimmung Theil genommen habe, so sei dieselbe nach Art. 88 der Versassuug ohne Ergebniss geblieben.

Hierauf habe der Landrath mit 25 gegen 23 Stimmen aus den 28.

Juni eine Fortsezuug der Abstimmung angeorduet. Bei dieser soll sich ein kleines Mehr der Annehmenden ergeben haben . allein dieses Resultat sei nur durch nachträgliche sogenannte Berichtigungen mehrerer Aktivbürgerverzeichnisse erhältlich gewesen. Der Landrath habe jedoch^ wirklich am 6. Juli jene Vorlagen als vom Volke angenommen erklärt, obschon Einsprache dagegen erhoben worden sei.

Jn der Thal. enthalte dieses Versahren eine Verlegung von Art. 46 der Verfassung. Hiernach müssen die Abstimmungen über Annahme oder Verwersung von Gesezen und Verträge.^ in den Gemeindeversammlungen stattfinden. die Gemeindeversammlungen d ü r f e n aber im gleichen Jahre nicht mehr als zwei Mal (^rühjahr nnd Spätjahr) znsammengernsen werden. Da somit nur e i n e Frü^lingsabstimmung habe stattfinden dürfen, so sei die zweite verfassungswidrig geweseu und müsse desshalb nebst den^ bezüglichen Beschlüssen der Regierung .und des Laudrathes aufgehoben werden. Uebrigens sprechen gewichtige Gründe dafür, dass am 28. Juui auch uicht die absolute Mehrheit dex stimmfähigen Bürger votirt habe, .indem erst nachträglich in verschiedenen Gemeinden Berichtigungen der Register angebracht worden seien. Es werde daher eine vom Bundesrath anzuordnende unparteiische Untersuchung verlangt.

-94

.

Die Regierung von^ Basel-La..dsehast gab in ihrer Antwort einlässliche Rachweise über die in einigen Gemeinden vorgenommenen Berichtigungen der Register, als deren Resultat sich ergab , dass 4 Stimmen von dex Zahl dex Stimmenden abgerechnet werden müssen, dass aber gleichwohl das Mehr der Annehmenden noch 28 Stimmen betrug, so dass also keine^.Aenderung des Resultates herbeigeführt ^wurde.

Mit Beschlnss vom 11. September 1868 wurde diese Besehwerde abgewiesen, gestüzt auf folgende Gründe: 1) Wenn es sich um die Auslegung uud Anwendung von Vorsehristen kantonaler Verfassungen handelt, so hat der Bundesrath immer ein weseutliches Gewicht ans diejeuige Jnterpretation der Verfassung legeu zu solleu ^geglaubt, welche die in erster Linie zur Handhabung derselben berufene oberste Kantonsbehorde selbst der Verfassung gegeben hat , er hat desshalb nur dann intervenirt. wenn in dieser Auslegung Unbill, Gefährde oder Unterdrückung lag. (S. die Angelegenheit der jurassischen Lehrschwestern. ^ 2) Eine rein grammatikalische Auslegung der in Frage stehenden Bestimmung des Art. 46 der Verfassung von Basel-Landschast reicht nun aber nicht ans.^ mau muss auch gleichzeitig deu Sinn und die Absieht des Gesezgebers zu ermitteln suchen. Eine richtige Auslegung darf nämlich dieser Bestimmung uicht eineu Sinu beilegen, welcher uuter Umständen eine Stoknng in der ganzen Staatsverwaltung zur ^olge haben konnte, anch darf nicht präsnmiri. werden, der Versassungsrath habe absichtlich oder ans Ungesehiklichl.eit etwas bestimmt, was zu anarchischen Zuständen führen konnte.

3) Wenn man den Art. 46 in seinem ganzen Zusammenhang nimmt uud mit Art. 88 vergleicht, so kommt mau zu sollender Auffassung : ^Der Landrath ist die oberste gesezgebende Gewalt . die von ihm durchberathenen Geseze treten aber erst dann in Wirksamkeit, wenn si.^ von dem Volke bei Anwesenheit der absoluten Mehrheit der Bürger in den Gemeindeversammlungen angenommen worden sind. Zwei Mal des Jahres sollen sich die Bürger anssprechen, ob sie die vorgelegten Geseze ^e. annehmen oder verwerfen . das eine oder andere soll aber geschehen, damit die Behorden wissen, woran sie sind. Wenn jedoch an einer Frühjahr- oder Herbstversammlung nicht die genügende Zahl Bürger ^nr Abstimmung erscheint, so hat keine gültige Gemeindeversammlung stattgefuudeu , es ist also im
Effekt ganz gleich, als ob gar keine Versammlungen stattgefunden hätten. Wenu also bei dieser Sachlage der Landrath ueue Vorkehren trifft,^ um den Zwek des Art. 46 zu erreichen, nämlich einen bestimmten Volksentscheid herbeizuführen, bestehe dieser in der Anuahme oder in der Verwerfung einer Vorlage, so kann nicht behauptet werdeu, diese Jnterpretation sei uurichtig und er habe der Versassnng Gewalt an^ethan.

^

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995

^ 4) Da hiernach die Abstimmung vom 28. Juni aus versassnngs^ gemässe Weise angeordnet worden ist, so fragt es sich weiter, ob wirklich die absolute Mehrheit der stimmberechtigten Bürger daran Theil genommen habe. denn nur in diesem Falle konnte ein gültiges Resultat erzielt werden. Die Rekurrenten bestreiten dieses und machen an den Abstimmungsverbalien verschiedene Aussezungen. Wenn nun auch zugegeben werden muss, dass kleinere Unregelmäßigkeiten und Verstosse vorgekommen sind, so ergibt sich denn doch aus den im saktisehen Theil angeführten, aus ......achweise gestuften Auseinanderse^.ngen der Regierung, dass eine, wenn auch kleine Mehrheit der wirklich stimmberechtigten Bürger an der Abstimmung vom 28. Juni Theil genommen hat und die Annahme der Vorlagen aus verfassungsgemässe Weise zu Stande ^ekommen ist.

22. Der in Erwägung 1^des obigen Entscheides erwähnte Rekurs von 18 jurassischen Mitgliedern des Grossen Rathes gegen ein Gesez des Kantons Bern, betreffend die L e h r s c h w e s t e r n im J u r a , wurde an die Bundesversammlung gezogen und von dieser am 22. Juli 1868 be-

stätigt. Der Beschluss des Bundesrathes vom 27. Mai 1868 ist^vollständig abgedrukt im Bundesblatt von 1868, Bd. ll, S. 802. Die Mehrheit^ und Minderheitsberichte der Kommissionen sind zu finden im

Bundesblatt 1868, Bd. lll, S. 71, 87, 88, 215, 232, 235. Der Bundesbeschluss ist ermähnt im Bundesblatt 1868, Bd. lll, S. 55 und 234.

23. Ein anderer hiermit verwandter Rekurseutscheid ist derjenige von v i e r z e h n j u r a s s i s c h e n Mitgliedern d e s b e r n i s c h e n G r o s s e n R a t h e s gegen ein Dekret des leztern, betreffend V e r m i n d e r u n g der k a t h o l i s c h e n F e i e r t a g e im Juxa. Auch dieser Entscheid , datirt 4. März 1868, wurde an die Buudesversammluug gezogen, welche

jedoch den Rekurs ebenfalls abwies. Die hieraus bezüglichen Aktenstüke sind ^u finden im Bundesblatt 1868, Bd. ll, S. 793, Bd. llI, S. 55, 278, 287, 290, 363 und 383.

24. Joseph Rothlin und Johann R u f e x vou Alpnacht, Kautons Unterwalden ob dem Wald, wurden im Jahr 1866 vor den Korporationsrath der Gemeinde Alpuacht ^itirt, um sich wegen widerrechtlichem Schlagen von Hol^ zu verantworten. .^ie bestritten aber die Kompetenz dieser Behorde uud^suchten Sehu^ bei der Regierung. Allein die Regierung entschied am 14. .Augnst 1866, dass sie der Zitation Folge ^u geben haben. ^ie thaten es dennoch nicht und wurden hieraus vom Korporationsrathe am 10. September 1866 wegen unbe^rechtigten Holzens und wegen Ungehorsams verurtheilt , uud zwar

Rothlin zu Fr. 10 und Ruser zu Fr. 5 Busse.

996 Gegen dieses Urtheil erhoben sie nun Beschwerde bei dem Laud.^ rathe des Kantons Obwalden. Sie erklärten aber ausdrüklich , dass sie weder aus den Thatbestaud noch aus das Mass der Strafe eintreten, sondern lediglieh die Kompetenz des Korporatiousrathes von Alpnaeht .zum ^Erlasse jenes Urtheils bestreiteu. Es gehoren nämlich die Walduugen, in denen die eingeklagten Holzfrevel vorgekommen sein sollen, ^u den gemeiuschastliehen Waldnugeu. .au welchen alle Gemeiudsbürger eiu gleiches Ruzuugsrecht habeu. Die gesezliehe Aufsichtsbehörde ^über diese Güter sei aber nicht der Korporationsrath als der Repräsentant dex Geuosseugemeiude, sondern der Gemeiuderath .^er ganzen politischen Gemeinde. Run sei nach Art. 86 , Liu. d der Verfassung die Handhabuug der Bolizei in allen Theilen dem Eiüwohnergemeiuderath zugewiesen. Der Korporationsrath könue also in diesen. Falle keine Kompetenz haben.

.Der Landxath pon Obwalden trat jedoch auf diese Beschwerde nicht ein.

Ju seinem Beschlusse vom 8. Jnni 1867 zog er in Betracht, dass das Strasrecht ein Aus^uss des Dispositionsre.hl.es sei, lezteres werde aber vou dem Korporatiousgeu.eiuderath in Auspruch genommen.

Weun nun dieses Versüguugsrecht streitig gemacht werden wolle, so stehe der Entscheid darüber dem Zivilrichter zu.

Hierüber erhobeu nun die Herreu Rothlin und Rnfer eiue Beschwerde bei dem Bundesrathe und stellten das Besuch, es moehte der Landrath angewiesen ^werdeu, einen sachlichen Entscheid zu geben.

Gleichzeitig suchten sie durch ^verschiedene Urkunden nachzuweisen, dass die fraglichen Waldungen ^u den sogenannten gemeinschastlicheu Wäldern gehoreu.

Der Eiuwohnergemeinderath vou ^llpna^ht uuterstüzte diese Be^ fchwerde, die Korporationsgemeiude dagegen bekämpfte sie, und die Regieruug reehtsertigte den Eutseheid des .^andrathes vou Obwalden.

Die Regierung fügte im Weitern noch bei, dass nach Art. 13, Litt. c der

Verfassuug die Frevel am Gemeindest den ^rtsbehordeu zur Bestrasuug zugewiesen seieu. Dieses Strasrecht sei auch immer im ganzen Kauton vom Kireheugeuosseu-Gemeiuderath (gleich. Korporatiousgemeiuderath) ausgeübt worden, in keinem ^alle aber vom Eiuwohnex-Gemeiuderath.

Der Buude.^rath eutsehied jedoch am 10. ^ebruar I86.8, es sei diese Besehwerde abgewieseu. Gründe : 1) Die Rekurrenteu stellen ihr Gesuch , betreffend die Frage der Straskompeteuz, wesentlich aus deu ^uukt, dass die iu ^rage stehenden Wälder zu deu gemeiuschastlieheu Wäldern gehoreu , auf denen allen Gemeindebürgeru eiu gleiches Recht zustehe, daher nicht der Kirchen-^ genosseu-Gemeiuderath, sondern der ^rts-Gemeiuderath zur Behaudlnug der eiugeklagteu ^reoel zuständig sei.

^

.

997^

2) dieser Behauptung gegenüber wird aber von Seite der Korporationsgenossen das ausschliessliche Eigentumsrecht in Anspruch genommen. und den übrigen Bürgern nur ein limitirtes Ruzungsrecht an diesen Wäldern zugestanden. Aus den vorliegenden Akten ergibt sieh wenigstens so viel, dass erstere im wirklichen Bestie dieser Liegenschaften sind und Verwaltung.^ und Eigentumsrechte an denselben bis anhin ausgeübt haben.

3) Bei dieser Sachlage kann es weder überhaupt, noch speziell aus Anlass^ eines Straffal.les in der Ausgabe des Landrathes von Obwalden oder in derjenigen des Bundesrathes liegen, eine rein zivilrechtliche Frage über Eigentumsverhältnisse zu entscheiden , sondern es sind die Rel.urrenten , wie jeder andere Eigeuthumsanspreeher, angewiesen, die behaupteten Rechte vor dem ordentlichen Eivilrichter geltend zu mache.^.

4) Wenn die Frage auf diesen einzig richtigen Boden gestellt wird, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass nach der noch in Kraft bestehenden Verfassung pon Obwalden der Kixchengenossenrath, wie bis anhiu, ^.ständig war, die eingeklagten Waldsxevel. zu beuxtheilen.

h.

S ch u z d e s ^ t i m m r e eh t e s.

25. Am ^0. ^ebrnar l 867 fanden im Kanton Tessin die Exueuerungswahleu der Behorden statt. Der Kreis S o n v i e o kam jedoch während der hiesür anberaumten Zeit mit der Wahl nieht zu Ende, indem er sich au diesem Tage uur mit deu Wahlen der Mitglieder des Grossen Rathes beschäftigte und auch bei diesen Streitigkeiten entstunden.. Abends nach 5 Uhr entstand uä.ulieh ein Tumult, wobei ^linten- und Vistoleusehüsse fielen und mehrere Verwundungen vorkamen. Jn .^olge dessen erklärte ^er Wahlpräsident die Verhandlungen geschlossen und proklamirte die ^erren polari, M a g a t t i und E e r e s a als gewählt. Es wurde jedoch sogleich hiegegen protestixt und vou einer Anzahl Bürger an den ^taatsrath das^ Begehren gestellt, dass diese Wahlen annullirt werden mochten. Der Staatsrath erhob einen Bericht vom Präsidenten des Wahlbüreans, welcher zwar konstatirte , dass einige Slorungen stattgesunden haben, indess dahin schloss, dass die Wahloperation vollkommen zu Ende geführt worden sei. Am 25. Febrnar trat sodann der Trosse Rath zu seiner Konstitnir^ng zusannnen und genehmigte am 3. Mäxz auch die Wahlen des Kreise^ ^onvieo.

Hiegegen führten n^.n 52 Bürger dieses Kreises Besehwerde bei dem Bundesrathe und verlangten , dass die fraglichen Wahlen kassirt werden mochten. Zur Begründung trugen sie vor : Es sei eine allgemein bekannte Thatsa.he, dass die Wahlverhandlung gegen Abend gestort worden sei, dass man aus dem Wahlplaze selbst Wassen gebraucht habe, dass Steine geworfen, Vistole^ und Flintenschüsse losgebraunt worden seien , und dass in ^olge dessen

. Bundesblatt. Jahrg. ^XI. Bd. I.

71

^98 mehrere Bürger Verwundungen erhalten haben. Die Hanpturheber seien der Jnsti^ ^erzeigt und deren Ramen auch dem Grossen Rathe mitgetheilt worden. auch sei es, gemäss Art. 51 des Gestes ^ vom 30. November 1843, Bflicht des Friedensrichters gewesen, diese Vorgänge sowohl den politischen als den gerichtlichen Behorden zn denunziren. Derselbe habe jedoch nichts gethan. Die Munizipalität von Sonvieo habe im Jnteresse eines verwundeten armen Angehörigen Klage geführt, und auch einige andere Verwundete haben selbst geklagt . aber dennoch sei keine Untersuchung erosfnet worden.

Die ganze Gemeinde E e r t a r a , welche nach dem Loos zulegt hätte stimmen sollen, habe nicht gestimmt, und wohl ^120 ander.. Wähler seien auch nicht zum Stimmen Angelassen wordeu. Man habe im

.^..rossen Rathe das einzige Argument aufgestellt, dass die Gewaltthätig-

keiten nicht bewiesen worden seien . allein die Thatsaehen seien doch denuuzirt worden, nnd es sei dann Sache der Behorden, die Beweise zu sammeln.

Jusolge dieser dem Staatsrathe von Hessin mitgeteilten Beschwerde ordnete derselbe eine ^nähere Untersuchung an und überwies sie dem Untersuchungsrichter , woraus durch die Anklagekammer des Kantons Tessin l0 Bersonen an das korrektionelle Gericht von Lugano verwiesen wurden unter der Anklage, sie seien schuldig, mittelst Zusammenrottung, Drohungen, Schiessen, .....^einewersen, Schwingen einer Sichel ^e. ..e.

bei der Wahlverhandlung in ^Sonvieo verschiedene Bürger verwundet und an der ^lusübuu^ ihres Stimmreehtes , so wie an der Freiheit dex Berathnng verhindert zu haben. Ferner wurde auch der Friedensxichter von Sonvieo dem gleichen Gerichte überwiesen wegen Vflichtverlezung, weil er der bei ihm erhobenen Klage eines Bhilipp R o s s i n i keine Folge gegeben habe.

Der Grosse Rath des Kantons Hessin liess sich das Resultat der Untersuchung vor der Beantwortung dieses Rekurses durch den dortigen Staatsrath auch vorlegen und beauftragte den ledern, dahin zu autworden : es seien dem Grosse Rathe nur allgemeine und uuerwiesene Behauptuugen , ohne Rameu eines verwundeten oder eines Thäters, vorgelegt worden, uud überdies habender Friedensrichter alle Angaben amtlieh als unrichtig erklärt. Eudlich würde die kleiue Ge^neind Eertara am Wahlergebniss nichts geändert haben , indem diese nur 4.) Aktivbürger ^ähle, während die kleinste Disseren^ zwischen den drei Gewählten nnd dem Kandidaten der Rekurrenten 14..) Stimmen betrage.

Der Bundesrath beschloss am 1. Juli 1868, es sei auf dies.^ Beschwerde im ^iune der folgenden Erwägung 5 nicht einzutreten.

wurde nämlich in Betracht gezogen .

Es

1) Rach Art. 5 und .)0, Ziff. 2 der Bundesverfassung ist der .Bundesrath un^weiselhast berechtigt, Beschwerden von Bürgern eines

^

^99

Kautons über Beeinträchtigung ihrer versassungsmässigen Rechte zu prüfen, wohin auch die vorliegende Klage über Verkümmerung des Wahl^.

rechtes einer Anzahl Bürger und des daraus hervorgegangenen unrichtigen Resultates gehört.

2) Bei kantonalen Wahlen ist es aber zuuächst Sache der zuftän^ digen kantonalen Oberbehörde, solche Beschwerden zu prüsen und zu entscheiden. Eine Berechtigung zum Eingreisen entsteht für den Bundesrath erst dannzumal, wenn durch bestimmte Thatsacheu nachgewiesen werden kann, dass versassnngsmassige Rechte beeinträchtigt und die Kan^ tonalbehörden verweigert haben, den speziellen, sachbezüglichen Beschwerden gerecht z.. werden.

3) Es ergibt sich aus den A^teu unzweideutig, dass bei deu Grossrathswahleu iu Souvi.^o am 10. Februar 1867 Ruhestörungen und Gewaltthätigkeiteu vorgekommen sind, wobei mehrere Bürger verwundet und andere an ihrer ^timmgabe verhindert worden sind.

4) Die Ueberweisuug der Ruhestörer an den Strafrichter durch die tessiuischeu Behörden ist vollkommen am Vla^e, und es ist zu erwarten, dass denselben die gebührende Strafe zu Theil werde. Solche Vorgänge, wie sie am 10. Horuuug 1867 bei der Wahlverhandlung iu Sonvieo vorgekommen, verstoßen so sehr gegen das Gesez und die bürgerlichen

Rechte der stimmfähigen, dass es in der Bslicht der Behörden liegt,

den ernsten Willen zu zeigen, dass sie solche Ausschreitungen nicht dulden.

5) Wenn der Bundesrath dessen ungeachtet nicht eine .^lunullation dieser Wahlverhandlu..g ausspricht, so geschieht es einzig ..^ud allein aus dem Grunde, weil die tessinischeu ^berbehordeu die bestimmte, mit Zahleu als richtig nachgewiesene Erklärung abgegeben haben, dass, wenn auch die infolge der Unruhen am Stimmen verhinderten Bürger die Stimmkarten noch hätten eiulegeu kouneu, in keinem ^alle ein anderes Resultat herausgekommen sein würde.

V1. ^...ndl^bnn^ .xine.^ ^ertr^ nnt^r ^.int...n...n.

^6. Die zürcherisehe Ortschaft Burghos, Gemeinde ^ssiugen, und die thurgauisch^e Ortschaft Fahrhos, Gemeinde ^eunsoxn, bilden zusammen eiue ^rin.arschule. Die Er^iehnugsbehorden beider Kantone s.^lossen a^n 24. Oktober 1856 einen Vertrag zu deu.. Zweke , ,,deu gesezmässi^ geu fortbestand der S c h u l e B u r g h o s - F ahrh of zn ermöglichen.^ Ju diesem Vertrage wurde bestimmt, was die ^vereinigte ^eh^l^.nossensehaft^ und was die Kanlonalbehordeu für Hebung des Schulfondes ^ und Herftelluug der Schule mit .^ehrerwohnung beizutragen haben.

ferner wurde feftges^t, dass die Wahl des Lehrers durch die Einwohnerschast des vereinigteu ^chulkreises, aber nach den Bestimmungen des thurgauischen Gesezes zu erfolgeu habe. Die Aufsicht über die Schule

.

1000

^

wurde dem thurgauischen Erziehungsrathe, dem auch eine allsällige provisorische Lehrerwahl ühertragen wurde, zugewiesen. Das Verwaltung^ und Rechnungswesen wurde in gleicher Weise auch ^der Kontrolle der thurgauischen Ausfichtsbehorde unterstellt.

Am 4. Januar 1860 folgte ein Raehtragsvertrag behufs der wei...

tern Dotation der Lehrstelle und des Schulsondes. Endlich wurden noch am 11. Januar 1862 einige Rachtragsbestimmungen vereinbart hinsichtlich der Regelung der zu erhebenden Schulsteuern.

Die Regierung von Zürich sührte nun Beschwerde, weil die Regierung von Thurgau die gan^e Schule Burghos^Fahrhof der Sekuu.^ darschule Reunsorn zugetheilt habe und die zürcherische Ortschaft Burghos hiefür besteuern wolle, während diese. Ortschast schon lange dem zürcherischen ^eknndarsehulkreise ^ssingen zngetheilt sei. Der oben erwähnte Vertrag mit Thnrgau betreffe nur die B r i m a r-Schule, ^a zur Zeit, als derselbe geschlossen worden, ^as Sekundarschulwesen im Kanton Thurgau noch uicht geordnet gewesen sei.

Die Regierung des Kantons Thurgau ma.^te ihrerseits geltend .

Es stehe ansser ^weifel, dass die Gemeinde Burghof-^ahrhos als Ganzes der tburgauischen .^chulgesezgebuug und Landeshoheit unterstellt sei ; auch sei die Kompetenz der thurgauischen Administrativbehorden für die ^utheilung jener ganzen ^ehulgemeinde zum Sekundarschnlkreise Reunform unbestritten. Es sei desshalb von der ^rts.^hast Burghof hingegen keine Einsprache erhoben worden, obwohl die Konsea^uen^ der Steuer-

^Dichtigkeit an das Defizit der .^eknndarschule im Geseze ausdrüklich

.vorgesehen sei. Die Beitrags .^.note liege ans der Brimarschule in ihrer Gesammtheit und werde unmittelbar aus der Schulkasse erhoben. Es handle sich also weder um ein Schulgeld noch um eiue Bersonalsteuer.

Es sei nicht einzusehen, aus welchem Grnnde der Bnndesrath sich als kompetent erachten konnte, den Kauton .^hurgau der gleichu.ässigeu Auwenduug seiner Geseze auf alle seiue Sehnlgemeinden zu hindern, gleich^ viel, ob diese Sehulgemeinden nur aus tl^urganischen Ortschasten, oder infolge eiues ^Staatsvertrages ^u^n ..^heil aus Ortschaften eines Rachbarkautous gebildet seien, ^ Der Bundesrath entschied diesen Konflikt unterm 7. September 1868 im Sinne der Rekurreutiu, ind..m er erklärte, die Regierung von Thurgau sei uicht berechtigt, die zürchexisehe Ortschaft Bnrgl.,of weder direkt noch indirekt .^u Gnnsteu der thurgauischen ^eknndarsehnle Reunsorn oder einer andern thnrgauifchen .^e^undarsehule zu belasten.

Die Begründung ging dahin .

1) Die Kompetenz der Bundesbehorden zur Entscheidung der zwischen beiden Kautouen vorliegenden Streitfrage ist nach der bisherigen Anwendung der ^rt. 74, Ziff. 16 und Art. 90, Ziff. 2 der Bundesverfassung

^

1001

unzweifelhaft. Jeder Kanton behauptet, dass durch die Auslegung, welche der andere dem zwischen ihneu bestehenden Staatsve.rtrag geben wolle, seine Hohheitsrechte verlebt werden. Es liegt also eine Frage staatsrechtlicher Ratur im Streite, welche, da die Kautone sich jeder Selbsthilfe.

enthalten sollen, durch die politischen Behorden des Bundes zu ent-

scheiden ist.

2) Durch den Vertrag vom Jahr 1856/1860 werden zwischen beiden Kantonen Rechtsverhältnisse geschaffen, die stch nicht von selbst aus der Landeshoheit und dem Gesezgebungsrecht der beiden Kantone ergeben, sondern zu deren Regulirung es gerade eines Vertrages bedurfte.

Die Tragweite dieses Vertrages kann daher nicht aus der Gesezgebung des einen oder andern Kantons. bestimmt werden, da jene gerade durch den Vertrag beschränkt wurde. Vielmehr muss dieser Vertrag selbst über das interkantonale Verhältniss eutscheideud sein, welches die rechtliche Stellung der Schulgemeinde Burghos^Fahrhof und namentlich die rechtliche Beziehung der Ortschast Burghos zu der geuannten Schulgeuossen-

schast sei.

3) Staatsverträge sind ihrer Ratur nach nicht ausdehneud, sonderu strikte zu iuterpretiren. Ohne den Vertrag würden die Bewohner der Ortschaft Burghof in keine Beziehung zu der thurgauischen Schulges.^gebung gekommen sein . erst durch deuselbeu sind ste in gewisse Verhältuisse zu der thurgauisehen Landeshoheit getreten ; diese ist aber abgegrenzt und erslrekt sieh nur so weit, als der Vertrag dieses ausdrükiieh

sestsezt.

4) Aueh di.^ Regierung von Thurgau ist damit einverstanden, dass die Einwohnerschaft von Burghof nicht in jeder Beziehung des offentlichen Lebens der thurgauisehen Gesezgebuug unterwarfen sei, sondern bloss im Gebiete des Schulwesens. ^ie gibt weiter zu, dass in dieser Richtung keine sormliehe und ausdrükliche Zutheilung der Ortschaft Burghos zu dem ^ekundarsehulkreis Reuuforu stattgefunden habe, folgert dann aber, dass , weil die ^.chulgemeinde ^ Burghos - ^ahrhof in ihren untrennbaren Bestandteilen der thurgauischeu Gesetzgebung u..^ .Landeshoheit unterworfen sei, so habe sie aneh alle Verpflichtungen zu erfüllen, die das Gesez über das Sel^undarschnl.vesen den Schulgemeinden des Kantons auserlege.

5) Diese Schlusssolgerung ist unrichtig. Zur Zeit des Vertragsabsolusses hatte der Kauton Zürich bereits sein Setnudarschulweseu geregelt, und Burghos war einem Sekundarschulkreis ^ugetheilt, Thurgau dagegen hatte noeh keine .^.eknudarsehnlen und dem^usolge auch kein Sekundarschulgesez.

Es handelte sieh unbestritten bei Stipulirung des Staatsvertrages einzig und allein um Fortbestand der Vrimarschule Burghos-Fahrhof und sonst um nichts anderes. Der Vertrag trifft daher auch uur Bestimmungen Deinerseits über die ^Oekonomie dieser Vri-

^

1002

^

marschule und andererseits über das ...^.hnl.reglement, überall unter ^.iu-

weisuug aus die da.malige thurgauische Schulgesezgebung. Es ergibt sich

daraus, dass der Wortlant des Vertrages die Ortschaft Bnrghos nur im Brimarschulwesen mit Fahrhos zu ei..er Schnlgemeinde verbunden wissen wollte. dass aber Zürich nicht beabsichtigt hat, ja nicht einmal beabsichtigen konnte, diese Ortschaft einem thurganisehen Seknndarschulkreis zuzutheilen und daraus folgende Monomische Belastungen zu übernehmen.^ 6) Ans dem gesagten solgt, dass der Kanton Zürich aus den. Vertrag weder Rechte noch ^fliehten hinsichtlich des thurgauischen Sekundarschulweseus für seine Ortschaft Burghof er^orbeu und übernommen hat, noch erwerben resp. übernehmen wollte. . Burghof bildet uur im Brimarschulwesen eine ^chulgenosseuschast mit ^ahrhos. Es steht der thurgauischeu Gese^ebu..g unbedingt das Recht zu, ihr Seknndarschulwesen in beliebiger Weise zu regeln und zu bestimmen, wer die ökonomischen Mittel dasür auszubriugen l.^at. dieses Recht seiner Gesezgebung reicht aber nur so weit, als Ortschaften und Einwohner seiner Hoheit nnterworsen sind.

Sollen .Landestheile, die nicht in diesem Verhältnisse stehen, dennoch zugezogen werben, so kann dieses nicht kraft der. auf die Landesgreuzen eingeschränkten kantonalen Gese^gebnng gesehenen, sondern das Recht hiezu mnss ans de^n Vertrage abgeleitet werden. Wie aber bereits nachgewiesen wurde, hat Zürich den.. Kanton Thnrgau keine solchen Rechte auf die Ortschaft Burghos übertragen.

^. Polizei.

I. ^..n...li^rnng ^on Verbrechern und .^naeschuldiaten.

a. A l l g e m e i n e s .

Es traten keine besonderen Ereignisse ein, welche die politische Bolizei ausnahmsweise iu Anspruch geuou.men hätten.

Der diesfällige ^esehäftskreis blieb daher .^nalitativ so zie^ulich der Gleiche, wenn er auch quantitativ stets sich vermehrt, wie es namentlich iu Angelegenheiten wegen Auslieferung von Verbrecheru der ^all ist.

Gan^ besonders gilt dieses von dem bezüglichen Verkehr mit F r a n k r e i c h und Belgien. Einige Gessaste dieser Art veranlassten .veitlaufige Korrespondenzen, die wesentlich in dem sormelleren Verfahren dieser Staaten ihren Ursprung haben.

Die zwei markantesten Erscheinungen dieser Art .aus Seite Frankreichs bestehen einerseits darin, dass mau verlaugte, es

.^

1003

sei schon das Begehren um provisorische .Verhaftung zum Zweke der AusLieferung auf diplomatischem Wege zu stellen, und andererseits in der Weigerung der Grenzpolizei, namentlich bei Basel, solche Judividuen anzunehmen, deren Auslieferung von Frankreich verlangt und von der Schweiz bewilligt wurde , bevor von Baris aus der Einlass angeordnet sei.

Was Belgien betrifft, so haben neuere Nachforschungen ergeben, daß zwar seit dem Bestehen des Vertrages nur sehr wenige .Auslieferungen von schweizerischer Seite gestellt wurden, dass aber die reklamirten Jndividueu uicht erhältlich waren, wahrend umgekehrt von der Schweiz mehrere an Belgien ausgeliefert wurden. Für das Berichtsjahr markirt

sich dieses Verhältniss dadurch, dass zwei Jndividueu an Belgien auseliefert wurden, von denen das eine,

G u r o w i c h , 115 Tage (vom

. Oktober 1867 bis 30. Januar 1868), das andere, E l e m e n , 63 fTage (vom 23. September bis 24. Rovember) in Verhast bleiben musste, bevor von Seite Belgiens die Vorkehren zur Bewerkftelligung der Auslieferung getroffen worden waren, wobei indessen nicht ^u übersehen ist, dass der Durchtransport durch audere Staaten gewisse Schwierigkeiten bot, die ^nerst beseitigt werden mussten, und dass daun umgekehrt ein schweizerischer Verbrecher (E l m er), der ans der Flucht nach Amerika noch in Antwerpen betroffen und durch Vermittlung des schwei^erisck.en Konsuls daselbst zur Hast gebracht worden war, schon nach höchstens 4 Tagen sreigelassen wurde, weil kein Verhaftsbefehl vorgelegen und der Verfolgte in Belgien kein Vergehen verübt habe . während ^och das eidgenossische Justiz - und Bolizeidepartement (gerade zur Verhütuug des aus srühern fällen bekannten Versahrens) dem belgischen Ministerium am 2. April telegraphisch hatte anzeigen lassen, dass der

Verhastsbesehl bestehe und sogleich mit dem Auslieserungsgesueh uach-

folgen werde. Dieses geschah schon am 3. April, aber am gleichen 3.

April wurde Elmer sreigelassen. Der Bundesrath verlangte zwar über dieses Verfahren mittelst besonderer Rote vom 13. Mai nähere Ausschlüsse , allein das belgische Ministerium zog es vor, hierüber in keine Korrespondenz einzutreten. Dagegen liess dasselbe bald darauf durch seinen Geschäftsträger den Entw.urs zu einem neuen Auslieferungsver..rage einreichen, wie bereits oben unter der Rubrik ^Konventionen mit fremden Staaten^ angeführt wurde.

Einige Details über die Statistik der von Seite der Schweiz bei auswärtigen ^ aaten verlangten und über die von andern Staaten bei der Schweiz nachgesuchteu Auslieferungen sind den folgenden zwei Tabellen zu entnehmen. Darnach fand in beiden Rnbriken eine Vermehrnng statt^ die erstere zählte 27 im Jahr 1867, jezt 32, die ^weite 48, gegenwärtig 57.

Es waren wieder Frankreich und Jtalien am meisten betheiligt.

1004 Die Auslieferungsbegehren an F r a n k r e i c h betrasen.

7 betrüglicheu Bankerott.

3 Fälschung von Handels- und Brivatfchriften.

2 Unterschlagung öffentlicher ..Felder.

2 ausgezeichneter Diebstahi.

1 Vertrauensmissbraueh und Fälschung.

1 Körperverlezung an einem Bolizeiageuten bei Ausübung seines.

Amtes.

16 Jn dem lezten Falle und in einem Falle betretend Fälschung von Brivatschristen wurde mit Frankreich gegenseitige Reeiproeität bedungen und angenommen.

Die Auslieserungsgesuche von J t a l i e n betrasen: 4 Mord.

2 Todsehlag.

1 gefährliche Korperverlezung.

8 einfacher und ausgezeichneter Diebstahl.

4 betrüglieher Bankerott.

3 Fälschung von Bankbiilets.

2 Unterschlaguug öffentlicher Gelder.

1 einfache Fälschung.

25^ Jn den Anslieserungsbegehren, welche von Seite der Schweiz gestellt wurden, waren beschuldigt:

Des einfachen und ...ualisizirten Diebstahls . . 12 Jndividuen.

,, betrüglichen Vankerotes . . . . . . . .

7 ., Der Fälschung und des Betruges . . . . . 6 ., D e s Strassenraubes ,,

Mordes

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

3

^,

.

.

.

.

.

.

.

.

.

1

,,

Der schweren Körperverlezuug

. . . . . .

1

einfachen Unterschlagung . . . . . . .

1

,, Uutersehlagung von Vogtsgeldern . . . .

,,

1

.

,,

,.

,,

25 Das Auslieseruugsgesueh wegen Unterschlagung von Vogtsgeldern war an Frankreich gerichtet, wurde aber abgelehnt, weil diese Handlung nach französischem Recht kein Verbrechen sei, sondern lediglieh eine Zivilklage begründe.

1005.

^.Statistik.

A. Statistik der von der Schweiz bei auswärtigen Staaten nach^ gesuchten Auslieserungen.

Anzahl . der

Richt Be- ^ Rieht Jndivi- willigte. bewilligte. entdekte.

Kantone.

duen.

Zürich

.

.

.

.

.

Bern

.

.

.

.

.

Sebw^z

.

.

.

.

.

Glarus

.

.

.

.

.

Basel-Stadt . . .

Granbünden . . .

Aargau . . . . .

Hessin

.

.

.

.

.

Wallis . . . . .

Reuenburg . . . .

Genf

.

.

.

.

.

3 11 1 1 3 1 2^ 3 1 3

2 11 1

32

25

2 1 1 1 3 1 2

^ ^

1 .

.

.

.

.

.

-

^^

1 1 1 ^^

^^

-^

1 1 ^ .

.

.

.

.

^ .

^

---

1

--

3

4 .

-

Staaten, bei welchen diese Auslieserungen verlangt wurden : Baden

.

.

.

.

.

Belgien . . . . .

Frankreich Hamburg Jtalien .

Oesterreieh Vreussen Rom . . . . .

1 . 1 20 1 5 2 1 1

1 18 1 4 1 ^ ^

32

25

^

1 2

.

.

.

^

.

^

.

^ .

.

-^

^

3

^

^^

^ ^ .

^-

1 1 1 1 4

1006 B. Statistik der durch die Schweiz an auswärtige Staaten bewilligten Auslieserungen.

Anzahl der

AusgelieJndivi- sert.

Staaten.

Unente

dekt.

VerBenveigert. dent.

duen.

Bauern .

Belgien Frankreich Jtalien Oesterreich Breussen

.

.

. . .

. . .

.

.

. . .

. .

.

. .

. .

. .

. .

7 2 16 25

^ 7

1

2 6 13 2 1

57

24

31

5

1

4 2 2

.^

9 11 4

1 ^ --

1

-

1

Kantone, bei denen diese Auslieferengen verlangt wurden: Zürich

.

.

.

.

.

.

Bern . . .

Unterwaldeu u. d. Wald .

Solothurn . . . .

Basel-.^ta.... . . . .

^t. Gallen

. . . .

Granbünden . . . .

Aargau . . . . .

Tessin

.

.

.

.

.

.

Waadt

.

.

.

.

.

.

Wallis . . . . .

Reuenburg . . . . .

Genf . . . .

Schweiz im Allgemeinen .

^

2 1 3 2 1 1 18 3 2 1 14 2

1 1 1 1 7 3 2 7

57

24

2 2 10 1 .^ 2 31

. -

.

.

.

1 .

.

^

^

1

--.

1

1

^

1007

c. E i u z e l n e Fälle.

t. Der Art. 13 des Auslieferungsvertrages mit dem Grossherzogthum B a d e n vom 29. Oktober 1864 bestimmt, dass wenn in einem Strafverfahren das p e r s o n l i c h e E r s c h e i n e n e i n e s Z e u g e n vor der Zuständigen Behörde des andern Staates nothwendig sei, so werde ihm die Vorladung auf dem üblichen Wege mit dem Bemerken zugestellt, dass ihm freistehe, derselben Folge zu geben oder nicht.

Run wurde von der Staatsanwaltschast des Kantons Basel-Stadt in den aus dem Grossherzogthum Baden gekommenen Vorladungen, welche in gedrukten Formularen ex^pedirt werden uud gemäss ^ 255 der badische.. Strasprozessorduuug für den Fall des Nichterscheinens StrafAndrohungen enthalten, diese Androhung von Strafe gestrichen. Dieses geschah a^..h iu jenen fallen, wo die Vorladung gegen Angehörige von Baden gerichtet war.

Hieraus uahm die grossherzoglich badische Regieruug Aulass zu einer Reklamation. Sie machte namentlich geltend, jeuer Art. l 3 habe

nicht die Absicht, badische ^taatsaugehorige von gesezlich bestehen-

den Verpflichtungen zu befreien. Es folge aus demselben nur , dass badische Berichte von den schweizerischen Behörden die zwangsweise Sistirung eines in der ^chwei^ sich aushaltenden badischen Zeugen nicht verlangen dürfen , dass es serner den schweizerischen Behörden frei stehe, auch bei Zustellung badiseher Ladungen an Badener in der Schweiz, den Vorgeladenen zu eroffnen, es bleibe ihnen überlassen, der Ladung ^olge zu geben oder uicht, ^as den ^inn hätte, dass vou ^eite der Schweiz ein Zwang gegen sie nicht geübt werden wolle. Die Wirkung der geschehenen Vorladung bliebe jedoch für das Jnland (Baden) unverändert, sür den Fall, dass der vorgeladene Zeuge später freiwillig in das Grossh.^ogthum znrükkehren uud dort betreten werden sollte.

Die badische Regierung verlangte daher, dass die schweizerischen Behörden Vorladungen von badischen Gerichten an badische Zeugen u n v e r ä n d e r t zustellen möchten.

Dieses Ansinnen wurde jedoch abgelehut und am 15. April 1868 dahin beantwortet : Die Vorschrift vou Art. 13 des in Frage stehenden Auslieferung^ vertrages sei eine positive. Die ree.uirirte Behorde sei also zu der Erösfnung au deu vorgeladenen ^eugeu, dass es ihm freistehe, der Vorladung ^olge zu geben oder nicht, nicht nnr befugt, sondern ausdrüklich verpflichtet. Hiebei sei durchaus keine Unterscheidung gemacht, welchem Lande der Zeuge bürgerlich angehöre, wie dieses bei der Auslieferungsfrage hinsichtlich der versolgten Verbrecher der Fall sei. Alle Bestimu.uugeu des Vertrages , welche von den Zeugeu handeln , bestätigen diese Ansicht. Schon im Art. 12 sei ganz im Allgemeinen von Zeugen

1008 die Rede, die im andern Lande wohnen. die angezogene Bestimmung des Art. 13 stelle es allen Zeugen ohne Ausuahme frei, der E.tation Folge zu geben oder nicht, und ganz im Zusammenhang damit solgeu weitere Vorschriften , wie die Beugen , die freiwillig er^ scheinen, behandelt werden sollen.

Ganz dieser Auffassung gemäss sei bis anhin bei Zeugenvorladungen in Basel verfahren worden , ohne dass bis je^t Reklamationen erhoben worden wären. Die Anstände werden sich auch nicht wiederholen, wenn von den badischen Behorden einsache gerichtliche Ersuchschreiben erlassen werden, wie es ofters geschehen, statt lithogr..phirte Vorladungssormulare, die für den Fall des Ausbleibens des Zeugen Strasbestimmnngen enthalten und offenbar nur für das Jnland berechnet seien. Das Unrichtige dieses Versahrens trete stark hervor, wenn auf der einen Seite die Heimatbehorde dem auswärts wohnenden Zeugen glaube Strafe androhen zu dürfen , und auf der andern Seite der re.^uirirte Staat verpflichtet sei, dem Zeugen zu erössnen, er konne dieser Vorladung Folge leisten oder nicht. Ein solches Versahren müsste jedem Zeugen sonderbar vorkommen ,^ und es würde schwerlieh ein Richter ^u finden sein, der einen wegbleibenden Zeugen, dem jene Erosfuung gemacht worden, bestrafen würde.

Brozessualische Vorschristen, wie sie der ^itirte ^ 255 der badischen Strafprozeßordnung euthalte, verliereu dem Auslande gegenüber ihre Bedeutung, ^umal daun, wenn das Versahren bei Zeugenvorladuugen auf dem Wege des Staatsvertrages geregelt worden. Die Unterseheidung von der Landesaugehorigkeit der Zeigen erscheine daher mit

Rüksicht aus den Staatsvertrag als eine willkürlich... Wenn sie richtig wäre , so müsste ^sie danu umgekehrt auch von sämml.lieheu Schweizerkantouen mit ihreu vers.hiedenartigeu pro^essnalischen Bestimmungen Baden gegenüber festgehalten werden. Das habe man aber bei Abschluss des Vertrages gerade nicht gewollt, vielmehr habe man Gleichheit der Rechte und Bflichten angestrebt und alle Zeugen auf demselben Territorium ohne Rüksieht der Landesangehorigkeit einem gleichmässigen Versahren unterstellt.

Gestüzt ans diese Auseinanderseznngen wurde sodann die Erwar^ tung ausgesprochen, dass künstighin Vorla^uugen basischer Zengen durch gerichtliche Re^uisitionsschreiben und nicht durch Zusendung von unpassenden Formulareu werden anbegehrl werden.

Für den ^ali aber , dass wider Erwarten Vorladungen auf diese unzulässige Weise sich wiederholen sollten, so sei der Staatsanwalt von Basel-^tadt angewiesen worden, solche als unbestellbar ^urükzusenden, indem man gerne anerkenne , dass es ihm nicht zustehen konne , an solchen Schriststüken willkürlich Veränderuugen vorzunehmen.

^

1009 2. Jm Art. 11 des gleichen Auslieferungsvertrages mit dem Grossherzogthum B a d e n ist die Vorschrift enthalten: ,,Jeder der beiden Staaten übernimmt in Beziehung auf diejenigen Versonen, deren Auslieserung von ihm zugestanden wird, die Kosten ihrer Verhaftung, ihrer Gesangeuhalt..ng uud ihres T r a n s p o r t e s an die G r e n z e . ^ Aus Veranlassung der Regierung von Schasshausen wurde nun an die badische Regierung der Wunsch ausgesprochen . dass sie die Aufnahme der Arrestanten in den wochentlich zwei Mal in Schasshausen durchkommenden Eisenbahn - ^lrrestautenwagen gestatten mochte. Das grossherzogliche Ministerium gestattete aber nur, dass die sür das Grossherzogthum bestimmten Gesaugeuen in jenen Wagen unentgeltiche Ausnahme finden^, jedoch müssen sie polizeilich begleitet und an die nächste Gerichts- resp. Amtsbehörde mit deu nothigen Rachweisen abgegeben werden. Für Schaffhausen wnrden die Amtsgerichte und Bezirksämter .Radolfzell uud Waldshut bezeichnet, an welche alle Gefangeuen abzugeben sind, auch weun sie sür andere Amtsgerichte oder Bezirksämter bestimmt wären. Die den Wagen begleitenden grossherzoglichen Gensdarmen können nämlich nicht mit dem Akte der Uebernahme betraut werden, indem die Vrüsnng der über die Verhastung

vorliegenden Rachweise lediglich Sache der Amtsgerichte und Bezirks-

ämter sein müsse.

Dagegen wurde die Ausnahme der sür Bauern und Württemberg bestimmten Gefangenen abgelehnt , weil hiesür ein genügendes Be^ dürfniss nicht vorzuliegen .scheine und dieselben ebensowohl mit ..den schweizerischen Bahnen und über den Bodeusee abgeliesert werden konnen.

3.

Jm Weitern wurde aus Anlass eines ^pezialfalles der oben

zitirte Art. 11 des Auslieferungsvertrages dahin interpreti^, dass ^ der uuentgeldliche Transport des ansliefernden Staates bis zur GrenzB eh o r d e des andern Staates zu erfolgen habe, also nicht bloss bis in das erste Grenzdors.

Hiernach wird nun der ausgelieferte Badener in Schasfhausen uneutgeldli.h in die badischeu Gefangeneuwagen aufgeuommen . der begleitende Sehasfhauser Volizeimanu muss die Ta^e für ihn bis zur nächsten Gren^behorde uud zurük bezahleu.

Bezüglich der anderen Grenzkantone ist eine ähnliche Uebereinknnst noch in Unterhandlung.

4. ^ountag den 9. März 1862 entstand in einer Wirthsehast zu Kisfis (Fraukreich), hart an der ^.hweizergren^, zusehen Schweizern uud ^ranzosen eiu Streit, der aus der Strasse . iu einen Raushandel ausartete, wobei der ^olothuruer J o h a u u S t i c h den Franzosen Jos e p h S c h m i d t der Art verwundete, dass dieser am folgenden Tage starb. ^s wurde nun sofort sowohl von dem kaiserlichen ^rokurator in ^Mülhause.. als auch von den Solotl..urner Gerichtsbehörden eine ^traf-

1010 untersuchung eingeleitet.

Die Solothurner Behörden versüßten die Verhastung des Johann Stich und der andern Angeklagten, welche sämmtlieh Solothurner waren, und gaben dem kaiserlichen Brokurator jeweilen von dem Fortgange der Untersuchuug durch Mittheiinng von Abschristen Kenntniss. Dieser verlangte aber auch, die Untersuchung selbst an die Hand ^u nehmen, was jedoch von der Regierung de^ Kantons Solothurn abgelehnt wurde, indem sie erklärte, dass der Staatsvertrag von 1828 in diesem Falle keine Auslieferung gebiete und auch nicht einmal die Bestrafung durch die heimatlichen Gerichte vorschreibe, dass sie aber freiwillig bereit sei, die Bestrafung des Schuldigen zu übernehmen, wenn die sranzösische Regierung per Delegation des Strasrechtes darum nachsuche. Jn Folge dessen ersuchte die sran^osisehe Regierung mit Rote ihrer Gesandtschaft vom 14. Mai 1862 wirklich um Ueberuahme der Untersuchung gegen den Urheber der fraglichen Todtung und dessen Bestrafung ^ durch die^ Solothurner Gerichte, indem sie noch beifügte, dass sobald in Solothurn eine Strasuntersuchung eröffnet sei, die franzosischen Gerichtsbehörden sich beeilen werdeu, ihnen --- den solothurnischen Berichten die Ulkten der in Frankreich angefangenen Untersuchung zu überschiken.

Beides geschah dann wirklich, worauf Johann Stich mit

Urtheil

des Obergerichtes von Solothnrn vom 25. April 1863 der Todtung

schuldig erklärt und zn zwei Jahren Gesängniss verurtheilt wurde. Bei Anlass der Einseznng des neuen Bischofs von Basel empfahl dieser den J. Stich den. Grossen Rathe des Kautons Solothnrn zur Begnadig.ung, und der Grosse Rath entsprach diesem Ansuchen am 24. Dezember 1863.

Mit Be^ug anf den Eivilpnul^t dagegeu erhielt das Urtheil seine Vollziehung.

Rachdem Stich wieder in Freiheit war, wurde er Bächter von Ril^eu^ruud, im Kauton Bern, an der fra^osisch-schweizerischen Grenze.

Merkwürdigerweise selten . die franzosischen Gerichte den Vrozess wegen der gleichen Handlnng fort. Stich wurde vor die Assisen des Oberrheins verwiesen und am 20. Mai .l 865 von dem Gerichtshose in Eol^ mar zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt.

Dieses Urtheil brachte nun dem Johann ^tieh die tägliche Ge^ sahr, arretirt zu werdeu.

Er sprach desshalb den Bundesrath um dessen

diplomatische Vermittlung an behuss Abwendung dieser beständigen Drohuug. Diese Vermittluug wurde ihm auch gewährt, indem namentlich geltend gemacht wurde, dass die srau^osiseheu Gerirle, nachdem der schweizerische Gerichtsstand von ^.eite d...r sranzosischen Regierung anerkannt gewesen sei , die gleiche Handlung nicht ein zweites Mal haben bestrafen dürfen, es konne also dem Bestraften uicht zugemnthet werdeu , vor die französischen Gerichte zu treteü , um mit vielen Kosten dieses von Ansang an nichtige Urteil aufheben zu lassen, vielmehr müsse dieses von Amtes wegen aufgehobeu werden.

^

10l1 Diese Verwendung war jedoch ohne de^n gewünschten Erfolg.

Mit Rote vom 14. Januar 1869 machte der Minister. des Auswärtigen die Mittheilung, dass die französische Regierung nicht in der Lage sei, diesem Ansuchen zu entsprechen. Weder die französische Gesezgebnng noch die Gerichtsprax^is gestatten der Regierung , den in einem andern Staate erlasseneu Urtheilen Rechtskraft (korc.... le^le) ^u gestatten ; ausgeuommen seien nur einige bestimmte Fälle , zu denen der gegenwärtige nicht gehöre. Die Einrede der abgeurtheilten Sache könnte daher nicht geltend gemacht werden, um die Aufhebung der in Frankreich gegen Stich ausgesprochenen Strafe zu bewirken. Vom Standpunkte der franzosischen Gesezgebuug aus enthalte dieses Urtheil nicht eine doppelte Verurtheilung und sei daher nicht unvereinbar mit derjenigen . die von den schweizerischen Gerichten ausgesprochen worden sei. Die zur Zeit des Vorfalles gepflogenen diplomatischen Verhandlungen können eben so wenig als die Korrespondenzen, welche infolge guter Rachbarschaft unter den Grenzbehörden gepflogen worden, die gegenseitige Unabhängigkeit beider Jurisdiktionen alteriren. Hieraus folge, dass weder die kaiserliehe Regierung, noch die Staatsanwaltschaft von Amtes wegen die

.Dichtigkeit des in Frage liegenden Urtheils betreiben können. Dasselbe

bleibe uothwendig mit allen gesezlichen Folgen während zwanzig Jahren bestehen, wenn nicht der Verurtheilte vor den französischen Gerichten erscheine und seine Kontuma^ purgire, um ein neues Urtheil zu erhalten.

Es stehe zu diesem Zweke durchaus kein anderer Rechtsweg offen.

5. Jean O s t e r m a n n , ursprünglich Franzose, dann Bürger von Basel, gerieth an lezterm .^rte in Konkurs. Als dann gegen ihn die Anklage wegen betrügliehen Bankrottes angehoben wurde, flüchtete er nach Frankreich. Rur mit Widerstreben vollzogen die Polizeibehörden

in Strassburg dessen Verhaftung. Dem sogleich gestellten Auslieferung^

gesuche wurde von ihm die Einrede entgegengehalten , dass er Franzose sei und daher nicht ausgeliefert werden konne. Er selbst , unterstüzt von Verwandten und mit Berufuug auf seinen Taufschein , stellte bei dem Eivilgerichte von Strassbnrg das Gesuch, es mochte erklären, dass er in keinem der im ^Art. 17 des Code Napoleon vorgesehenen ^älle sich befinde, und daher die französische Nationalität nicht verloren habe.

Da der Staatsauwalt diesem Antrage sieh anschloss , so entschied das Gericht im Siune jenes Antrages, woraus .^stermaun in Freiheit gesezt und das Auslieferungsgesuch abgelehnt wurde.

Aus hierseitige Verwenduug wurde jedoch der Generalprokurator am kaiserlicheu Gerichtshofe zu Eolmax veranlasst , die Appellation zu ergreifeu. Er nahm den Vro^ess ans, gestüzt ans Art. 46 des Gestes vom 24. April 1810, wonach dem Ministere pnhlic das Recht zusteht, in allen Eivilinftauzeu , wo die öffentliche Ordnung direkt ^interesstrt ist, zu handeln. Jnfolge dessen musste zu seinen Handen ein weit-

^

10l2 läufiges Aktenmaterial gesammelt werden , zum Beweise dafür , dass Ostermann im Kanton Basel-Stadt sich eingebürgert habe, also Schweizer sei und infolge dieser Tatsache , gemäss Art. 17 des Code Napoleon, die franzosische Nationalität verloren habe.

Mit Urtheil vom 19. Mai 1868 anerkannte der kaiserliche Berichtshof zu Eolmar, dass ..^stermann Schweizer geworden sei und die franzosische Nationalität verloren habe. Es hob daher das erstins..anzliche Urtheil aus. Jnsolge dessen wurde er wieder verhaftet und ausgeliefert.

Dieser Fall machte einiges Aufsehen, wesshalb das weitläufig....

Urtheil mit dem .Vortrage des Generalprokurators in Eolmar besonders

gedrukt wurde. Das Urtheil beschäftigt sich zunächst mit der in der

sranzosischen Bra^is sehr bestritteuen ^rage über die Stellung der Staatsanwaltschaft in solchen Fallen , eine Frage , oie hier um so wichtiger war, als der Staatsauwalt bei der ersten Jnstanz einen gegentheiligen Antrag gestellt hatte. Sodann wird an der Haud der .^.hatsachen nachgewiesen , dass Ostermann im Auslande sich niedergelassen habe, ohne die Absicht, naeh Frankreich ^urük^.kehren, er habe so^it seine Beziehungen ^u Frankreich gebro.heu und infolge dessen nach ^or-

schrift von ^ 3 des Art. 17 des Code Napoleon seine Eigenschaft als

Franzose verloren. Hieraus erortert das Urtheil, dass Ostermann das Bürgerrecht der Gemeinde und des Kantons Basel-Stadt erworben habe, und dass er damit ipso jure Schweizer geworden sei. Bei dieser leztern Erorterung wird auch der Art. 43 der Bundesverfassung berührt und konstatirt, dass der erstinstanzliche Richter im Unrecht sei, wenn er dem Danton Basel^Stadl. das Recht abgesprochen habe, einen Franzosen zu natnralifiren, ohne dass dieser hiezn die Ermächtignng der kaiserlichen Regierung erhalten habe . denn jener Artikel habe keine Anwendung auf die Franzosen, indem Frankreich seinen Angehorigen keinen ^wang anferlege, so dass ein ^ran^ose ohne Bewilligung der kaiserlichen Regierung, auf seine eigene Gefahr hin, die Naturalisation er.verbe.. nnd, wie in den andern in den Art. 17 und 21 des Code N^oléen vorgesehenen Fällen, die Eigenschast eines Franzosen verlieren konne.

6. Jm Jahr 1858 wurde mit dem damalige.. Königreiche .^ar^ dinien ein Modus vivendi vereinbart, betretend das ^erfahren bei Abschiebung von Vaganten, Bettlern und andern schriftenlosen Judividueu.

(Buudesblatt 185..), Bd. l, ^. 394.) Dabei wnrde der Kanton Graubüudeu, weil er nicht Gren^kanton von Sardinien war, nicht speziell berüksichtigt. Mit den.. Ansehlnsse der Lombardei an Julien änderte sich dieses Verhältniss. Da aber an der lombardischen Grenze von Seite der Lokalbehorden bei Abschiebung von Judividuen jener Gattung nicht nach jeuer Uebereiukunft versahreu wurde, indem man beidseitig jene Judividüen an der Grenze lausen liess , statt sie einer Polizeibehorde des andern Staates ^u übergeben, so wurde auf deu Vorschlag

t013.

der Regierung von Jtalien jener Modu... vivendi auch auf die Grenze des Sautons Graubüuden ausgedehnt und aus dem Wege der Korxespondenz vereinbart, dass die Uebergabe solcher Arrestanten, die aus Jtalien kommen ,^ an die gxaubündnerische Volizeistation im Dorfe Splügen, hingegen solcher, die aus dem Danton Graubünden kommen, an den Einnehmer des italienischen Zollamtes auf dem Berge Splügen erfolgen soll. Jmmer aber soll an die Gr..nzbehorde des Staates, an welchen die Uebergabe stattzufinden hat, eine vorherige Anzeige gemacht werden , ob es stch um eine Auslieseruug od^r um eine Ausweisung handle.

II. .^und^str.itrecht.

Es wurden vier Strassälle wegen Gefährdung von Eisenbahn^ ü g e n und ein ^all wegen G e f ä h r d u n g e i n e s B o s t k u r s e s den betretenden kantonalen Gerichten zur Untersuchung und Bestrasnng überwiesen. Zwei der erstern ^älle und der leztere wurden bereits abgeurtheilt. von den zwei andern ist nichts weiter begannt geworden.

Jn dem einen Urtheile wurden drei Augeklagte im Kanton Basel-

.Landsehast der leichtsinnigen Gefährdung des Eisenbahnbetriebes schuldig erklärt, und einer zu drei Wochen Einsperruug und Fr. 10 Busse, einer zu zwei Wochen Einsperrnng und Fr. 10 Busse und einer zu acht Tagen Einsparung verurtheilt, so wie zur Bezahlung der Kosten verfällt.

Jn dem zweiten Urtheile aus dem Kanton Thurgau wurde ein An-

geklagter der Gefährdung eines Eisenbahuzuges schuldig erklärt und zu 21 Tageu Gesäugniss verurtheilt, so wie ^ur Bezahlung einer Entschä-

digung vou^r. 1.^. 70 und der Kosten verfällt. ^er ^weire Augeklagte wurde freigesprochen.

Durch das dritte Urtheil wurde der betreffende Augeklagte der Gefährdung der ^ost schuldig gefunden und zu einen. Monat Gefäuguiss, so wie zur Bezahlung der Kosten verurtheilt.

III. ^.u.^w.irti^er ^ilit.irdien^ ^erbun.^.

Die W e r b u n g u ach Rom in St. Louis (Elsass), L^on und Marseille, nach Julien (Holland in Gross^Hüningen, und nach der a r g e n t i n i s c h e n Republik iu Marseille scheint noch immer auch von der Schweiz ans ziemti..h Zuspruch zu finden ; doch lassen sich ohne Zweifel die meisten nach^ Rom anwerben. Die früher in Bregen^ und Feldkirch bestandenen Werbbüreau^ sind, wie amtliche Erhebungen be^ stetigen, aufgehoben.

Bunde^la.^. Jahrg. XXI. Bd.I.

72

1014 Laut Bericht des schweizerischen Konsulates in Genua sind dort 14 Individuen passirt, um nach der Schweig zurükzukehren , die entweder aus Rom desertirten , oder dort zu Ende gedient hatten. Es werden deren Rame.. jeweilen den betreffenden Kantonen zur Kenntniss gebracht, damit nach Vorschrift des Bundesgesezes gegen sie verfahren werde. Es scheint aber, dass fremde Jndividuen fälschlich sich als Schweizer aus..

geben, da ein angeblicher Berner hier nicht anerkannt wurde , und ^wei, die aus dem Kauton Wal.lis sein sollten, dort als Savo^arden er..

mittelt wurden.

Es kamen aus den Kantonen Zürich, Bern, St. Gallen und.

Aargau sechs Urtheile gegen sieben gewesene Soldner und ein Urtheil aus dem Kanton Bern gegen einen Werber ein.

Die Strafe beträgt in der Regel ein Monat Gesängniss und ein Jahr Einstellung im AktivBürgerrecht. Jener Werber dagegen wurde zu einem Monate Gesäugniss, Fr. 100 Busse und zwei Jahren Einstellung im Aktivbürgerrecht ver-

urtheilt.

Jn einem ^alle der Freisprechung durch das Bezirksgericht Meilen wurde von Seite des eidgenossischen Justi^- und Bolizeidepartements die Appellation ergrissen , woraus durch die Kriminalabtheilnug des OberBerichts des Kantons Zürich die dem Gefeze entsprechende Strafe ausgesprochen wurde. Ueberhaupt bestrebt sich das genannte Departement, stets dem einschlägigen Bundesgeseze in allen Kantonen Rächachtung zu versehasfen.

Vier verurtheilte ^oldner suchten bei der Bundesversammlung Be^ gnadigung, und sie wurde ihnen gewährt.

IV. .^tische Flüchtlinge.

Es kann hier nur die Rede sein von den p o l n i s c h e n Flüchtlingen , weil die Buudesbehordeu zur Zeit mit keinen andern politischen

Flüchtlingen sich zu befassen haben. Bezüglich aus die Bolen sind keine besoudern Vorgänge zu melden. Es bestehen die legten bezüglichen Beschlüsse vom 15. ^ebruar 1865 und 31. Mai 1865 noch in Krast.

Darnach werden no.h immer einige Bolen, die. wegen Alter und Krankheit von einigen Kantoue.n verpflegt werden , aueh aus der Bundeskasse unterstüzt. ferner erhalten hie und da aueh Solche , die nach dem Auslande reisen , aus der Bundeskasse Reiseunterstüzung. Die sämmtlicheu

diessälli^eu Auslagen der Bundestage betrugen ^r. 1546. 45.

Jn ^olge jener gleichen Bundesrathsbesehlüsse besteht aueh die Verautwortlichkeit des Bundes gegenüber den Kantonen für die folgen der Duldung der Bolen uoch sort. Daher hat das Begehren einiger .Kantone, dass solche Flüchtlinge , die aus einem andern Kanton kommen, .von diesem erstern Kanton eine Garantie sür die allsälligeu Folgen der

1015 sernern Bewährung des As.^ls beibringeu, keinen Grund , indem eben zur Zeit noch kein Karton hiefür eine Verautu.ortlichkeit trägt.

Die zwischen einigen Kantonen hierüber abgebrochenen Konflikte wurden in diesem Sinne erledigt. Aus der andern Seite wurde aber auch das Begehren, dass der Bund in Spezialsällen ein.^ besondere Verpflichtung übernehmen mochte, abgelehnt, da das oben ermähnte Verhältniss ein Allgemeines und Gleiches ist gegenüber al.len^ Kantonen.

Die Zumulhung . eines Ka^nto^s, dass der Bund auch einzustehen habe sür die Frau und Kinder eines polnischen Flüchtlings , der sich zu verehelichen beabsichtigte, wurde ebeusalls abgelehnt, wie dieses schon in einem ähnlichen ^alle^im Jahr 1.^66 (Bundesblatt 1867, Bd. l, S.. 655) geschehen war.

Der sür jenes Begehren angeführte Grund, dass der Bund im Jahr .1864 die Kantone gezwungen habe, die Boleu aufzunehmen, und ^ass er da.her auch für solche ^älle einzustehen habe, konnte nicht als richtig anerkannt. werden. Abgesehen davon, dass er mit d^em Brinzipe der Bundesverfassung , wonach die Volici und also auch das As.^l Sache der Kautone ist, im Widerspruche steht, mußte daran festgehalten werden , dass der Bund nur der entstandenen Konflikte wegen^ einschreiten konnte. Die Zuteilung der polnischen Flüchtlinge an die Kantone mußte der besoudern Verhältnisse wegen allerdings eiue Zwangsmassregel sein, aber nur in dem eiuzigeu Sinne, dass jeder Kauton eine verhältnissmässige Anzahl ^ur Duldung zulassen musste, und sie nicht audern Kautonen zuweisen durfte , so dass dann nur einzelne Kantone belästigt und andere befreit worden wären.

Der gegenwärtige Bestand der in der Schweiz anwesenden Bolen wird sieh gegenüber dem legten Jahre , wo n.^ch 2.)0 anwesend waren,

nicht wesentlich verändert. haben. Es sind allerdings ziemlieh viele ab-

gereist , aber auf ^er andern Seite find auch wieder andere aus dem Auslande hinzugekommen. An 22 Bolen, die nach dem Auslande reisten , wurden eidgenossische Bässe ausgestellt..

Ein aus dem. Auslande gekommenes Gesuch um Erneuerung eines solchen Basses gab Veranlassuug , über die Bedeutung derselben sieh auszusprechen. Es wurde nämlich die Erneuerung abgelehnt , indem

di.^ schweizerischen Flüchtliugspässe nicht den Zwek haben , irgend eiue

Beziehung des Jnhabers zn der Schweiz zu sichern , sondern nur die Bestimmung , den Jnhaber in einem audern Staate einzuführen , und die Jdentität der B^rsou (so weit^dies hierorts moglich ist), so wie deren Eigenschast als politischer Flüchtling ^ konftatiren. Es mnss davon ausgegaugen werden , dass die polnischeu Flüchtlinge auch in audern Staaten, unter .^oraussezuug eiues^ sittlichen Verhaltens, Aufnahme

finden. Sie habeu sich daher sür Duldung uud allfällige weitere Bapiere an die Behorden des neuen Staates zu wenden.

1016 Die gegen das Ende des Jahres vorgekommenen sormlichen Zusehiebungen von Bolen aus Oesterreich veranlassen zu einer bezüglichen Reklamation , worauf entsprechende Abhilfe zugesagt wurde.

.^. Heimatlosenwesen.

Zu Ende des Jahres 1867 waren noch in Untersuchung 163 Personen.

Jm Lause des Jahres 1868 kamen ^4 Falle hinzu mit 9 ,, Es waren also in Untersuchung . . . . . .

172 Bersonen.

Somit stehen noch in Untersuchung . . . . .

13..) Bersonen.

Die Untersuchung wurde erledigt bezüglich

. .

33.

,,

Die meisten dieser Untersuchungen beschlagen Familien, die zwischen den Kantonen Graubüuden und Tesstn streitig sind.

Von den neu eingekommenen 4 Fällen sind 2 sogleich erledigt worden. Ein Fall betraf einen Vaganten, der unter salschem Ramen in Rom war und schliesslich als ein Ausländer ermittelt wurde.

Der zweite Fall bietet ein allgemeines Jnteresse, insofern als ^uf die Rachkommen aus einer. auslaudischeu Ehe das Bundesgesez über di^ Heimatlosigkeit in .Anwendung gebracht wurde.

Es hatte ^nämlich .^u Eduard .Locher, Bürger in Wislikosen, Kts. Aargau, in Frankreich eine Frauzosin geheiratet.

Die Verkünduug der Ehe fand nur iu Frankreich statt ^ dagegen hatte der Gemei^derath Wislikosen von d^ Ehe Kenntniss, ind...m er eine eventuelle Bürgerreehtszusicheruug sur di^ Braut ausstellte. Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor. Bald nach der Geburt des jüngsteu starb die Mutter, und der Vater verschwand.

Die srau^osische Regierung verlaugte desshalb die Rüknahme der Kinder in die Heimat des Vaters. Die Regierung des Kantons Aargau und die Gemeinde Wislikofen verweigerten jedoch deren Anerkennung , u^i^ jene Ehe nach der aargauischen Gese^gebuug als ungültig betrachtet werden müsse ; allein der Bundesrath konnte sich angesichts der vor^ liegenden Akten nicht entschliesseu, der sranzosischen Regierung gegenüber die schweizerische Nationalität der Kinder Locher ^u bestreiteu und di^

Ungültigkeit der fraglichen Ehe zu vertheidigen. Judem er dieses d^ Regierung des Kantons Aargau erosfnete, bemerkte er im Fernern, d.-ss

hiemit der nachträglichen Validirung der Ehe., resp. der Einbürgerung ^der Kinder nicht vorgegrissen sei. Dieses zu bewerkstelligen, n.erde ^unächst den Behorden des Kantons Aargau uach der dortigen Gesezgebung überlassen. Wenn dieses jedoch nicht moglich oder die Regierung d^s

1017 Kantons Aargan hiezu nicht geneigt wäre, so würde diese Angelegenheit ^ur eidgenössischen Untersuchung überwiesen und nach ^den Formen des Bundesgesezes über die Heimatlosigkeit aus bundesrechtlichem Wege zum Entscheide gebracht.

Die Regierung des Kantons Aargau erwiderte hierauf, sie konne nach dem Stande der kantonalen Gesezgebuug jene Binder nicht anerkennen , sie müsse daher gewärtigen, dass der Bundesrath nach Massgabe des Bundesgesezes einen Entscheid fälle , dessen Weiterziehung an das Bnndesgericht vorbehalten werde. Rach Ergänzung der Akten wurde dann der Kanton Aargau verpflichtet, den Kindern .Locher das^ Kantons- und ein Gemeindebür^errecht zu perschafsen.

Dieser Entscheid stüzte sich im Wesentlichen aus sollende Gründe : Durch den vorliegenden authentischen Akt sei bewiesen, dass die fragliche Ehe gemäss den Vorschriften der französischen Gesezgebung in gehöriger Form vollzogen worden sei.

.

Run sei aus einer Reihe von gleichen Fällen bekannt , dass die sranzosische Regierung auch die Ehen von Ausländern , die nach dem französischen Rechte abgeschlossen worden , ^ als gültig behaupte und auf die Geseze anderer Staaten keinerlei Rüksicht nehme. (Vergl. Ullmex

Bd. H, Rr. 13l0, 13l 1. 13l2 und 1314.)

Da nun Locher anerkannter Bürger des Kantons Aargau sei, so hab..n die Kinder als eheliehe Kinder eines Schweizers^ und somit auch als schweizerische Augehörige anerkannt werden müssen, und nachdem sowohl Frankreich als auch der Kanton Aargau deren heimatrechtliche Ausnahme ablehnen, so müssen die Bnndesbehorden gemäss Artikel t, 3,

8 und .) des Bundesgesezes über die Heimatlosigkeit dieselben ein-

bürgern.

Bei de.n Entscheide über diese Einbürgerung seien die Artikel 11 und 12 des gleichen Bundesgesezes massgeben.d, .vonach eheliche Kinder demjenigen Kanton angehoren sollen , in welchem der Vater das Kantons- oder ein Gemeindebürgerrecht habe. Da nun Locher Bürger von Wislikosen, Kts. Aargan, sei, so müssen ^die in Frage liegenden drei Kinder dem Kanton Aargau zur Einbürgerung ^. gesprochen werden.

Die zu einer allfälligen protestation gegen diesen Entscheid eingeräumte Brätlusivfrift wnrde nicht benuzt , derselbe ist also in Rechtskrast erwachsen.

Ein anderer Entscheid betreffend die Einbürgerung eines Heimatlosen durch deu Kanton Graubünden wurde vor das Bundesgericht gezogen und ist noch nicht beurteilt.

Jn mehreren fallen fanden diplomatische Verhandlungen mit Jtalien, Frankreich, Oesterreich, Vreussen und Württemberg statt. Diese ^älle bieten kein weiteres ^ materielles Jnteresse. Jn mehreren fällen w^.rde der erwünschte Ersolg erzielt, andere sind^noch pendent. Daneben

1018 Arbeitete der Untersuchnugsbeamte noch in vielen pendenten Untersuchungen und forderte diese zu einer baldigen Erledigung.

Ganz besonders zeitraubend aber waren jene Arbeiten , die durch das Bostulat der Bundesversammlung vom 22. Juli l 868 veranlasse wurden. Dnreh dieses Bostulat wurde d.^r Bundesrath eingeladen, bei denjenigen Kantonen, welche dem Buudesgeseze von. 3. Dezember 1850 bis jezt nur eine unvollkommene ^oll^iehung gegeben haben, mit allen.

Raehdr..^ dahin zu wirken , ^dass sie die Einbürgerung der Heimatlosen und Tolerirten spätestens vor dem 1. Januar 1870 vornehmen.

Schon die Kommission des Ständerathes zur Brüsuug des Geschästsberichtes pro 1867 hob heraus, dass hiebei uur die drei Kautone T e s si n, W a a d t und W al lis in Frage kommen. Der Bundesrath sänmte nicht, diesen drei .Kantonen das erwähnte Bostulat zur Kenntnis..

zu bringen und sie daraus aufmerksam ^u machen, dass der ihm gegebene .^nftrag dieses Mal mit besonderen. ^achdrnk begleitet sei. Er erneuerte daher auch die srüheru vielfachen Mahnungen in eindringlicher Weise und mit der Einladung, über den gegenwärtigen Stand der fraglichen Angelegenheit eiulasslichen Bericht ^u erstatten. Dieses geschah an Waadt

und Wallis am 31. Jnli, an T.^ssin am 2t. August 1868.

Was den Kanton Waadt betrifft, so wurde uoch am 30. November 1868 eine Recharge a^n ....eu dortigen Sl.aatsrath ^gerichtet, damit der gewünschte Berieht der .^lrt besordert werden müehte , um ihn noch sür .den gegenwärtigen Jahresbericht benuzen zu konnen. Bis je^t ist uns aber noch kein Bericht über den Stand der Angelegenheit zugekommen; wir werden aber nicht ermangeln, ernstlich auf R..gnlirung dieser Bendenz zu dringen.

Jn d^n Kantonen Tessin und Wallis dagegen wird gegenwärtig dieser Angelegenheit eine rege Teilnahme Angewendet. Da aber in beiden Kantonen noch eine feste ges.^liehe Grundlage mangelt, so hat auch ^dort die Einbürgerung no^.h nicht vollzogen werden Tonnen , und kann auch. ^ie jezt schon vorauszusehen ist, auf den Termin vom 1. Januar 1870 kaum beendigt werden.

Jm Wallis besteht noch gar kein bezügliches Gesez. Der Kanton Tessin dagegen besizt zwar mehrere solche Geseze, ans deren Grundlage bereits eine grosse Z.^l von Einbürgernden vollzogen wurde ; allein diese tessinischen Geseze sind schon längst als ungenügend erkannt und bei verschiedenen Anlässen von unserer Seite in diesem .^inue kritisirt worden. Der Staatsrath von Tessiu ermangelte allerdings nicht, dem Grossen Rathe Vorschläge zur ^..lbschafsnng der grellsten Uebelftäude zn machen . allein obschon anch diese nieht als genügend angesehen werden konnen, so wurden ste doch vom Grossen Rathe verworsen.

^

^

101.^

Unter diesen Umständen wurde eine Besprechung aller in Frage kommenden Bunkte mit den vorberathenden Beamten dieser beiden Kantone angemessen erachtet und zu diesem .Ende im Herbst vorigen Jahres der eidgenossische Untersuehungsbeamte in dieselben beordert. Der Erfolg war ein günstiger, und hat wesentlich zur Abklärung der waltenden grossen Schwierigkeiten beigetragen. Für den Kanton Wallis ist nun bereits ein guter Entwurs zu einem bezügliche Gesez ausgearbeitet und unserer Einsicht unterbreitet worden. Wir haben allen Grund anzunehmen , dass unsere Bemerkungen, zu denen wir uns noch veranlasst sahen, in der definitiven Redaktion Berüksichtigung finden werden. Wenn dieses der Fall ist, so wird der Kanton Wallis ein seinen Verhältnissen angemessenes und durchaus allen berechtigten Erwartungen entsprechen-

des Gesez erhalten. Der diesfällige Entwurf soll in der nächsten Maisimung des Grossen Rathes ^ur Behandlung kommen.

Was endlich den Kanton Tessin betrifft, so walten hier eben der vielen auf die Materie bezüglichen Geseze und der schon angedeuteten Stimmung des Grossen Rathes wegen besondere Schwierigkeiten. Diese

sind nun theils müudlich, theils in sehr eiulässlichen Schreiben besprochen,

^ allein noch nicht vollig bereinigt worden. Es galtet bei dem Staatsrathe von ......essin der besste Wille, ...ie Sache nach Moglichkeit zu befördern, und wir werden nicht ermangeln, ihr uusere stete Ausmerksamkeit zuzuwenden. aber es ist nicht zu verkennen, da^ss man hier mit Faktoren zu kämpfen hat, die einer klaren Gesezgebung nicht^ forderlich sind. Auch ist noch sraglieh, ob nicht die Verfassung selbst betroffen wird. Wenn dieses wirklich der ^all wäre , so würden in einer Revision derselben dem Kanton Tessin neue und sehr bedeutende Schwierigkeiten für die Bereiniguug des Heimatlosenwesens erwachsen.

1020

^eschaftskreis de.^ politischen Departement.....

A. Beziehungen zum blande.

^ll^emrin....^.

Das Jahr 1868 charakterisirt sich politisch und sozial als das Jahr de.. R ü s t u n g e n . Fast alle europäischen Staaten beschäftigten sich während desselben mit Umänderungen ihrer Waffen und Militaristen^ .und rüsteten sich zur Kriegsbereitschaft. Ganz in ähnlicher Weise waren aber auch zwei soziale Grossmächte thätig. Die romische Kirche traf die Vorbereitungen zu einem sür das Jahr 186.) projektirten, neuen okumenischen Eoneil, und der sogenaunte Arbeiterstaud formulirte aus internationalen Kongressen sein Brogramm für eine durchgreisende^Aenderung der bestehenden gesellschaftlichen Zustände.

Auch die Schweiz wurde vielfach von diesen Bewegungen berührt.

Sie war ebensalls damit beschäftigt, ihre Armee mit bessern Wafsen auszurüsten , sie hatte sich gleichfalls mit bisher unbekannten Arbeiterb...wegungen zu beschäftigen, und auch sie verspürte in verschiedenen Er.^ scheinungen die neuen Aspirationen der streitenden Kirehe.

Obschon der Frieden troz alldem ungestört blieb, so wollte sich doch bis gegen Ende des Jahres auch keine rechte Friedenszuversicht einstellen, und dieser Zustand der Dinge wirkte allseitig lähmend ans den Unter-.

uehmungsgeist znrük, so dass das Kapital sich in einer fast noch nie dagewesenen Art in den Banken ansammelte und in einer abwartenden Unthätigkeit verharrte.

Abgesehen von den Uebeln, welche auch der Schweiz aus dieser unbefriedigenden allgemeinen Weltlage erwuchsen, hatte diese sich sonst uber ihre Beziehungen zu deu auswärtigen ...Staaten nicht ^u beklagen.

Diese waren vielmehr durchgängig gut, und es fehlte ihr sogar nieht an einzelnen besondern Beweisen der Achtung und Sympathie. Wir hebeu als solche hervor die Schlussnahme der europäischen Regierungen ans der Telegraphenkouserenz in Wien, dass unter der Leitung der schweizer rischen Bundesverwaltuug ein internationales Telegraphenbüreau in der Schweiz errichtet werden solle. serner die erneuerte Besammlung einer europäischen Konferenz auf Sehweizerboden zum Zweke der Erweiterung

1021 ^der Genserkonvention zur Verbesserung des Looses der im Kriege ver-

wundeten Militärs. schließlich und zu allermeist die der Schweiz bei dem durch die grossen Wasserverheeruugen^ verursachten Rationalunglük von Fürsten und Volkern bewiesenen, herzlichen und tatkräftigen S.^.mpathien.

Das Berichtsjahr war sehr reich an Vertragsuuterhandluugen mit auswärtigen Staaten, welche auch das politische Departement stark beschästigten. Wir beschränken uns iudess hier aus eine kurze Gesammtübersieht.

Das nach Bedeutung und Umsaug wichtigste Vertragswerk war dasjenige mit Jtali.eu, welches ausser dem Handelsvertrage uoch drei weitere Konventionen über Riederlassungs- und Konsularverhältnisse, über den Schnz des literarischen und künstlerischen Eigenthums und über Auslieferungen von Verbrechern und Angeschuldigten enthält. Rach seitherigeu Erklärungen der italienischen Regierung ist alle Aussicht vorhaudeu, dass den von der Bundesversammlung bei Anläss der VertragsGenehmigung ausgesprochenen Wünschen Genüge geschehen werde.

Von hervorragender Wichtigkeit waren serner die Verträge mit O est er r e i c h , nämlich der Handelsvertrag mit der gesammten osterreichisch-ungarischen Monarchie, der Grenzvertrag zur Erledigung des alten Territorialstreites bei Finstermünz und der noch weiter zu erwähnende Vorvertrag.

Die gleichzeitig verhandelten Verträge mit D e u t s c h l a n d wurden dem Abschlusse zwar nahe gebracht, seheiterten aber ^nlezt an der ^ehwierigkeit einer Vereinbarung über^ den Vorbehalt der Konsumogebühren.

Jndess ist gegründete Hoffnung vorhanden , dass diese Schwierigkeit sieh in Bälde beseitigen lasse. ^Die beiden Staaten haben sich inzwischen im

Wege eines Modus vivendi die Gleichstellung mit der begünstigtesten

Ration zugesichert, so dass aus ^der zeitweiligen ^istirung der Unterhandlungen tein materieller Rachtheil erwuchs.

Aneh mit dem K i r c h e n s t a a t e wnrde ein Handelsvertrag, basirt aus

dem Grundsaze gegenseitiger Gleichstellung mit der begünstigtesten Ration,

vereinbart, und der schon nn Jahr. l 8^4 abgeschlossene Handelsvertrag mit den ^ a n d wich sin s e l n endlich nach allerle.i verzögerndem Missgesehik ratifizirt und ausgewechselt, wozu. der Konig jener Jnseln einen besondern Gesandten nach Bern abgeordnet hat.

Bostv e r t r a g e wurdeu im Berichtsjahre sehr viele abgeschlossen, und zwar solche von grosserer Bedeutung, wie namentlich die mit Deutschland, Oesterreich-Ungarn,^ England und den Riederlanden, wozu noch kamen kleinere Bartialverträge mit Jtalien und Belgien. Unter diese Rubrik gehort auch uoch die Revision^des Variser T e l e g r a p h e n v e r t rage s, welche auf einer allgemeiueu Konferenz zu Wien stattsaud.

1022 Militärische.. Ratur ist die aus der leztjährigen Konferenz in Genf vorgenommene Erweiterung der Konvention zur Erleichterung des Looses verwundeter Militär^, deren Ratifikationen indess theilweise noch ausstehen, sowie ein in Betersburg unter den europäischen Regierungen vereinbartes Brotokoll über Beseitiguug gewisser Sprenggeschosse, welches der Bundesrath kraft der ihm bei Aulass der Genehmigung der revidirten Geuserko.weution ertheilten allgemeinen Vollmacht von sich aus ratisi^irt hat.

Juristischer Ratur .endlich sind ausser dem schon genannten Auslieserungsvertrag mit Jtalien ein Vertrag über .Abänderung einer Bestimmuug des Auslieseruugsvertragesu.it Bauern und eiu Verkommniss mit Breussen über den direkten Verkehr der Gerichtsstelleu beider Länder.

Es haben sieh mitunter schon Stimmen geltend gemacht, dass die Schweiz zu viel Verträge mit dem Anslaude abschlösse, und dass sie insbesondere durch die Handelsverträge die Juteresseu des kleiuern Gewerbeund Handwerkerstandes preisgegeben habe. Diese .Auffassung beruht aus .augeuscheiulicheu Jrrthümern , über welche einige berichtigende Bemerkuugen am Blaze sein mogen.

sich

Zwar über den Werth oder Unwerth der Z a h l der Verträge lässt nicht streiten. Das Mehr oder Weniger ist in dieser Beziehung

ziemlieh gleichgültig, indem nur der inuere Werth der Verträge sür

ihre Beurteilung massgebend sein kann. Jm Allgemeinen ist nur zu bemerken, dass man aus Gründen der politischen Klugheit das Verlangen eines Staates nach einen.. Vertrage über Materien, die man schon mit .andern Staaten geordnet hat, ohne besondere Gründe nicht wohl abweisen kann, wie denn es z. B. in Nordamerika politische Regel ist, keinen einzelnen ^taat ini Vertragswege besonders zn begünstigen, sondern allen andern Staaten ohne Schwierigkeiten diejenigen Zugeständnisse ebenfalls zu gewähren, die mau einem derselben einzuräumen für uüzlich erachtete.

Was sodanu speziell die Haudelsverträge betrifft, so ber.i.ht der vorbezeichuete Vorwurf , dass durch diese Verträge die Juteressen der Handwerker und kleinern Gewerbsleute geschädigt werden, aus einem handgreiflichen Jrrthnm. Es konnte hievon nur dann die Rede sein, wenn die Schweiz infolge dieser Verträge ihre Eingaugszolle h e r a b g e s e ^ t hätte. Bekanntlich ist dies aber gar uieht oder in ganz unerheblieher ^eise geschehen, indem die fremden Staaten sich selbst über^engten, dass der Schweiz mit ihren niedrigen Zolleu keiue Zumnthungen für solche Reduktionen gemacht werben können. und eben desswegen Zugeständnisse anderer Art ^freie Niederlassung ohne Rüksicht aus Religions^ bekenutniss, .^chnz des literarischen uud künstlerischen Eigenthums u.

dgl.) von ihr verlangten. Die ...Schweiz hat der Jndustrie der andern

1023 Länder. nicht infolge der Handelsverträge freien Zutritt gewährt. sie hatten diesen schon infolge des niedrigen schweizerischen Eingangstariss.

wohl aber hat die Schweiz sich mittelst dieser Vertrage den Eintritt ihrer Produkte in die a n d e r n Länder ermoglieht, wofür jene Zugeständnisse gemacht wurden, welche de.i Handwerkerstand und das kleinere Bewerbe so gut wie gar nicht berühren. Bahnbrechend für alle diese Verträge, .welche die nationale Arbeit ans allen Gebieten in hoherem Masse entwikelten, war der viel besprochene Handelsvertrag mit Frankreich vom Jahre 1864, dessen Grnndsäze jezt mit allen die Schweiz umgebenden Grossstaaten in Ausführung gekommen sind. Die neuen Verträge mit ^esterreich, Jtalien. sowie der mit Deutschland noch abzuschließend... und als Provisorium vereiubarte beruhen sämmtlich auf der Basis jenes Vertrags mit ^raukreich.desseu wahre Bedeutung daher allmälig immer klarer ins Lieht tritt. Es ist eine gegenwärtig von allen Sachverständigen anerkannte Thatsache, dass ohne diese Verträge die seh.^e^eris^h.. Jndustrie infolge des nordamerikanischen Sonderbundskrieges und des deutseh-osterreichisch^italienisehen Krieges in eine ganz bedenkliche Lage gekommen wäre, und dass die Leichtigkeit, mit der sie das Theuerungsjal.... l 867 durchschritt, wiederum ihr Hauptmotiv in der durch jene Verträge gesteigerten Vrodui.tionskrast hatte.

Vou besonderm Juteresse isi^ auch noch, dass der Absaz der laud.virthschastlichen Produkte uach dem Auslande sieh laut den Zolltabellen in eben so hohem Masse verstärkte, wie Derjenige der Jndustrieprodukte, so dass damit der Beweis geleistet ist, dass die Laudwirthsehaft an diesen Verträgen ebenso inter.^ssirt war als die Jndustrie . und der Gewinn auf der^ einen .^eite nicht mit Verlusten auf der andern erkaust werden musste.

Sp^ielle ^rtr^.^r^ttni^.

Ausser den oben erwähnten, die staatlichen Beziehungen der Eidgenossenschast und die allgemeinen Verkehrsverhältnisse zum Auslaude regeluden Verhandlungen besehästigteu das politische Departement vielfach untergeordnetere, ^um .^heit an bereits bestehende Verträge anschliesseude oder ^eren Ausführung besehlagende Gesehäste , wovon die erheblichern hier ebenfalls kurze Erwähnung finden sollen.

Gegenüber F r a n k r e i c h konnte, wie aus dem vorjährigen Geschäftsberichte bekannt ist , die Vollziehung des Art. IV des Vertrags über die Gren^bereinignng im D a p p e n t h a l , der die Herstellung einer ^ahrftrasse durch les Landes für den Verkehr des Jou^thales über Bois d^Amont nach ^t. Cer^ues vorsieht, bis dahin nicht erzielt werden.

Jn ^olge bezüglicher Reklamationen wurde uns jedoch durch Rote des

kaiserlich franzosischen Ministeriums des Aeussern vom 2. April 1868

1024 die Zusage, dass das Ministerium der öffentlichen Bauten die Besehleuniguug der für die Ausnahme der fraglichen Strassenstreke in das Rez der Reichsstrassen nothigen Vorarbeiten angeordnet habe , auch nichts unterlassen werde, um eine baldige Erledigung herbeizuführen. Da seither weitere Beschwerden nicht eingelangt sind, so ist anzunehmen, dass jene Zulage ihre Erfüllung gesunden habe.

Jn Bezug anf einen andern Bunkt der schweizerisch^sranzosischen Grenze, am Ranconni^rebach bis les Brevets, hatte die französische Regierung schon im Jahre t 863 eine theilweise Berichtigung der Grenzlinie beim Weiler les l^r^ots vorgeschlagen.^ Ueber den Verlauf der Grenzlinie besteht zwar kein Zweifel noch Anstand, doch erklärte sich die Regierung von Reuenburg unterm 23. April 1867 bereit, unter gewissen sichernden Bedingungen aus den gemachten Vorschlag, der wesentlich eine bessere Sicherstellnng der umliegenden Güter gegen die Uebersührnng mit Geröll zur Zeit der Schneeschmelze bezwekte, einzutreten. Bisher ist indessen der Sache von Seite der französischen Regierung keine weitere ^olge gegeben worden. Dagegen beantragte sie Ende 1867 eine Verständignng darüber, dass die beiderseitigen Anftosser verpflichtet würden, binnen einer bestimmten knrzeu ^rist das Bett des Baches längs ihren Gruudstüken vom Geröll zu räumen. Der Antrag wurde der Regierung von Reuenburg mitgetheilt, von dieser aber nach Anhörung der betres^senden Grundbesitzer ablel.nend beantwortet, da nach den gemachten Erfahrungen die immerhin kostspielige Arbeit nicht zum Ziele sichren würde und es jedem einzelnen Eigenthümer zu überlassen sei, unter gehoriger Oberleitung selbst sür d.e nöthigen Sicherungsarbeiten zu sorgen.

Auch die Grenze gegen J t a li e n , die, ausgenommen die Alp Eravairoia, nun durchwegs festgestellt ist, hat wieder zu einigen Verhaudlungen Anlass geboten.

Jm Geschäftsberichte von 1867 konnten wir die nun erfolgte Seznng der Marchsteine bei Vosehiavo und Brusio melden. Rach der Ansicht der italienisehen Behorden ist ^ie Zahl der von der Ruine Viattamala längs dem Gebiete von Brusio auswärts gesezen Marl^eichnnng im Verhältnis zur Länge der Linie ^u kleiu, und es soll auch einer der Marksteine so gesezt sein, dass Jtalien ein Strich von 36 Hektaren beiläufig entgegen den Vertragsbestimmungen entzogen würde. Rach Anhörnug
des eidg. Kommissärs für die Bereinigung der bündnerisch^italieuischen Grenze , Herrn .^berst D e l a r a g e a z , verständigten wir uns mit der italienischen Regierung dahin , dass eine nochmalige Begehung des in Rede stehenden Punktes durch beiderseitige Kommissarien stattfinden solle.

Aus verschiedenen Ursachen kam dieselbe jedoch im Berichtsjahre nicht zur Ausführung und ^musste auf das laufende Jahr verschoben werden.

Der Anstand zwischen der Tessiner Gemeinde Eampo. und den italienischen Gemeinden Erodo und Bontemaglio betretend Landeshoheit

1025 und Ruzungsrechte ans der Alp Eravairola ist schon ^eit Jahrhunderten

hängig. Er findet sich wiederholt in den altern Tagsazungsabschieden

ermähnt. Jm Jahr 1861 wurde die Behandlung desselben an eine spätere Grenzbegehung gewiesen, die 1863 wirklieh stattfand, jedoch ^u keiner Verständigung sührte . vielmehr verwikelte sich die Frage noch um etwas mehr, da auch das V.^l ()nsernone Ansprüche aus eiue Grenzberichtigung beim Bad Erbeggia ^erhob. Die Sache blieb indessen auf sich beruhen, bis in der legten Julifizung der Bundesversammlung einerseits im Nationalrath der Wuuseh nach Wiederaufnahme der bezüglichen Unterhandluugeu geäussert wurde, andererseits die Regierung des Kautons Tessin eine Beschwerde des Gemeinderathes von Eampo darüber mittheilte, dass die Leute von Erodo sich herausgenommen hätten, noch .

herwärts der im provisorischen Vergleiche von 1650 bestimmten Gütermarken einen Schlussgattex zu erstellen, dnrch welchen sie aus der Rordseite des Thales einen Längsstreifen von 36 Meter Breite sich widerrechtlich anzueignen suchten.

Jn Würdigung der vorliegenden, zu fortwährenden Reibungen zwischen den betheiligten Grenzgemeinden führenden Verhältnisse, deren endliche seste Regelung sowohl die Würde als das Jnteresse der beiden Staaten erheischt, beauftragten wir schon unterm 17. August deu Gesandten in Florenz , bei der königlichen Regierung darauf zu dringen, . dass sie zur Wiederaufnahme der 1863 abgebrochenen Verhandlungen zu einer billigen Verständigung freundnachbarlich Hand bieten moge. Die Autwort erfolgte in einer Rote des Ministeriums des Aeussern vom 29. Rovember, welche der Bereitwilligkeit, dem diesseitigen Begehren entgegenzukommen, Ausdruk gab. Wegen der vorgerükten Jahreszeit musste die fernere Behaudlung dieser Angelegenheit aus das lausende Jahr verschoben bleiben, in welchem auch die ^rage wegen der, ^ureh den Vertrag von 1807 allerdings festgestellten, nun jedoch von der Thalschast Ouseruoue als widerrechtlich bestrittenen Richtung der Grenzlinie bei Braveggia und ein Anstand zwischen Eomologno und der italienischen Gemeiude Dissimo wegen Uebergriffen, welche angeblich leztere bei Ausnahme der Katafterplane in ^Bezug ans das Gebiet der ersteru Gemeiude sich erlaubt haben

soll, gleichzeitig zum Austrag zu bringen sein werden.

Was die ^rage der Bist h umsgüter-Theilung zwischen dem Kanton Hessin und Jtalien anbelangt, so konnten wir noch im vorjährigen Geschäftsberichte Jhnen von ^ der Vereiubaruug Kenu^niss geben, welche^ unterm 16,^20. Rovember 1867 deu sehweizerischeu Antheil au dem im Hessin befindlichen Vermogeu des Kapitels zu Eomo feststellt.

Die.

Zahlung des von Hessin auszurichtendeu Betrags von ^r. 21,751. 28 und hinwieder die Uebergabe der von Tessin verlangten Urkuuden hat

im April 1868 zu Mailand stattgesunden, uud es darf somit der

te.uporale Theil der Tessiner Bisthumssrage dem Auslaude gegenüber

1026

^

bis aus Weiteres als erledigt betrachtet werden. Aus die Frage der Vermogenstheilung zwischen Graubünden und Hessin werden wir bei Besprechung der innern Verhältnisse zurükzukommen^ .Gelegenheit habe.^.

Der Art. Vll des Turiner Vertrages vom 30. Rovember 1860, auf welchem die Theilnng des Bisthnmsvermogens beruht, siehert unter Anderm der Schweiz den unveränderten fortbestand der Rechtsverhältnisfe zu, welche zur Zeit des Vertragsabschlusses in Betress der znfolge Aushebung des Colle^nm Hel^eticnm (Rorrom^nm) angewiesenen ^reistellen im Seminar zu Mailand bestanden haben. Gestüt aus diese Bestimmung glaubte sich eiue Anzahl schweizerischer Zoglinge berechtigt,

zum Theil wegen Richtzahlung der ihnen zustehenden Stipendien während des Schuljahres 1867/68, zum Theil wegen ungenügender

Rahrnng im Ko..vil^te Beschwerde zu führen, welcher wir auch gebührende Berechtigung zu Theil werden liessen , indem wir den Gesandten in Florenz beauftragten, sich naehdrüklich zu verwenden, damit, wofern die Beschwerde sieh als begründet erweisen sollte, den Zoglingen die ihnen stiftnngsgemäss und nach dem Vertrag mit .^esterreich^ vom 22. Juli 1842 zustehenden Ruzungen auch ungeschmälert gewahrt bleiben. Die durch .^rn. Bioda veranlassen Erhebungen liesseu indessen die erhobene Besehwerde im Wesentlichen als unbegründet erscheinen , und da aueh später keine fernern Klagen lant wurden, so lag. sur uns kein Grnnd vor, der Sache weitere ^olg.^ zu geben.

Besser begründet war eine Beschwerde des Kaste^vogtsdes^Frauenk l o s t e r s in B o s c h i a v o wegen übermässiger B e s t e u r n u g des im Veltlin befindlichen K l o s t e ^ r v e r m o g e u s ^ , welches von Seite des Steueramtes Tirauo der E^traauslage von 30 ^/o unterworfen werden wollte. Unsere bezügliche Reklamation sand bei der ko^iglichen Regierung günstige Ansnahu..e, indem das Finanzministerium die Stener^irektiou ^u Bergau^o anwies, jedes Vorgehen einzustellen, welches darauf zielen würde, das auf italienischem Gebiet gelegene Besi^thum jener änsserordentlichen Steuer zu unterwerfen.

Mit O e st e r r e i ch sind die Verhandlungen betreffend eiue ^Uebereinkunst zur Regelung verschiedene^ nachbarlicher,. gerichtlicher und administrativer Verhältnisse immer nach in der Schwebe, jedoch deren Wiedererosfnung zu geeigneter Zeit stetsfort im Ange behalten worden.

Jnzwisehen hat dureh Verordunng des kaiserl. Ministerium^ des Jnnern, vom 12. Oktober 1868, die Frage wegen Znlassnng schweizerischer und österreichischer Aktiengesellschaften , mit Ausua^hme der Versiehernngsgesell^ schaften , zum . Geschäftsbetriebe im Gebiete des ander.. Staates gegenüber einer Anzahl eidgenossischer Stände , deren Gesezgebnng die Zu- ^ sicherung des Gegenreehts ermöglicht, ihre Erledigung gefunden. (Siehe

Bundesblatt 1868, Bd. lll, S. 578.)

1027 Des Vertrags über die Grenzbe^einign.ug bei Finstermünz ist weiter oben Erwähnung geschehen. Es bleibt uns hier nur anzuführen, dass, obgleich der Vertrag im osterreichischen Reichstag erst im Spätherbst zur Behandlung kommen konnte , die osterreichische Regierung sich bereit erklärte, unter Vorbehalt der Bestätigung des Vertrags noch in der .günstigen Jahreszeit die Bestimmung der Grenzlinie und der Marschen varnehmen zu lassen. Die kommissarische Grenzbegehung, ^u welcher wir die Herren Ständerath Vlanta und Nationalrath Bavier abord.^ neten , fand am 29. , die Abfassung und Unterzeichnung des bezüglichen Protokolls am 30. September statt. Die Seznng der nothigen Marksteine wird im Laufe des Frühjahres oder Sommers unter Aussicht eiuer gemischten Kommission stattfinden. Jn Betresf des im Art. 6 vorgesehenen Strassenauschlusses sind Verhandlungen mit der Regierung von Graubünden eingeleitet , und wix werden nicht ermangeln , deren Absehluss aus möglichst rationeller , ^ den Jnteressen . beider Länder eutsprechender Grundlage so viel an uns bestens zu fordern.

Die

Auswechslung der Ratifikationsurkunden , wofür gegenüber

der bezüglichen Vertragsbestimmuug mit Rüksicht auf den Umstand, dass

dem Reichsrath .der Vertrag erst im Spätherbst vorgelegt werden konnte,.

unsererseits eine Fristverlängerung zugestanden worden war, hat im Lause des Monats Dezember in Bern stattgefunden.

Mit der Regieruug des Herzogtums S a c h s e n - K o b u r g ^ . G o t h a haben wir in ^Folge Ermächtigung sämmtlicher eidgenossischer Staude (.^olothurn ausgeuemmen) ein.^ Uebereinkunst ub.^r gegeuseitige Befreiung der .^taatsangehorigen vom Militärdienste und vom sogenannten Bflichtersaze uuterm 6. ^ebrnar/11. März 1868 abgeschlossen, deren^ Wortlaut mit dem der früher ^getroffenen gleichartigen Vereinbarungen mit den meisten deutschen Staaten übereinstimmt.

Die unterm 7. September 1867 in Bern unterzeichnete Erklärung zur Konsnlarkonventiou mit B r a s i l i e n , vom 26. Januar 1866, befressend die Befugnisse der Konsuln hinsichtlich der Behandluug von Verlassensehasten ihrer Laudesangehorigen , ist jenseits dnrch kaiserliches Dekret vom 18. Januar 1868 iu Vollziehung gesezt worden. Ein untergeordneteres Bedenken , ob nämlich das portugiesische Work ^nddito.^ dem in der ^Erklärung^ gebrauchten Ausdruk ^Ressor^issant^ in Bezug aus Schwei^erbürger entspreche, wurde unsererseits durch die Erklärung gehoben, dass wir gegen den Gebranch jenes^ Wortes in der brasilianischeu Uebersezuug im Allgemeinen nichts einzuwenden hätten , immerhin jedoeh in allen fällen., wo sich zwischen den beiden Ausdrüken Unterschiede in der Folge feigen sollten,. uns au den Wortlaut der vereinbarten und unterzeichneten Originalkonvention halten müssten.

1028 ^renn.erleutn^n.

Ein ständiges Kapitel der alljährlichen Berichterstattung über die Geschäftstätigkeit des politischen Departements bildeten bisher leider die häufigen Beschwerden über Gebietsoerlezungen , sei es , dass solche durch schweizerische Angehörige begangen werden, wa.^ übrigens bei der Minderzahl der Fall ist , sei es , dass sie .Angehörigen der umliegenden Staaten , und zwar hier mehrentheils den Abgestellten der italienischen

Zollverwaltung aussallen. Auch das Jahr 1868 ist nicht ohne Klagen über derartige Ausschreitungen vorübergegangen, und zwei Fälle, die Verhandlungen nothig machten. datiren noch vom Jahr 1867, nämlich die im Geschästsberiehte von 1867 erwähnte Grenzverlezung aus der Alp Andana (Graubünden) u.nd eine solche im Gebiete der Gemeinde Gandria, beide begangen durch italienische Grenzwachter. Jn beiden Fallen wurde die Richtigkeit der schweizerischerseits gemachten Angaben von der italienischen Behörde entschieden bestritten . von den schweizerischen Amtsstelleu jedoch eben so entschieden ausrecht gehalten, so dass ein Anstrag im Berichtsjahre nicht möglich wurde. Ju einen.

dritten Falle . der das Gebiet der Tessiuer Gemeinde Genestrerio betras, woselbst italienische Zoll.^ächter an. 1. .^ezen.ber 1865 schon einem gewissen Bianchi Waaren sor^genommen hatten, erklärte die italienische Gerichtsbehörde, dass, da nicht genau festgestellt werden könne, ob der Ort , wo die Beschlagnahme stattgefunden , schweizerisches oder italienisches Gebiet sei, die weggenommene Waare erstattet werden solle.

Jhrerseits fügte die italienische Regierung bei Mittheilung dieses Ent^ scheides bei , das Finanzministerium habe den Zollbehörden strengste Weisungen gegeben, der Wiederholung solcher Vorkommnisse bestmöglich vorzubauen.

An der deutschen Grenze sand eine Verlegung schweizerischen Gebiets statt, indem ein grossherzoglich badischer Amtsrichter aus den. schweiArischen theile der Rheinbrül.e zu Säkingen eine vom grossher^oglichen Amtsgerichte bewilligte Beschlagnahme sur eine Forderung ans das Eigenthum eines aargauische.. Bürgers vollzog. Nachdem die badischerseits gepflogene Untersuchung die hieraus geführte Besehwerde als wohl begründet erwiesen hatte, wurde die ...^ache durch Verfügung des grossherzoglichen Justizministeriums in einer der Schweiz volle Genugtuung

gewähreudeu Weise erledigt.

Ju zwei Fällen , die uns beschäftigtem. , kau. die Verlegung sranzösischen Gebietes durch schweizerische Augehorige in ^rage , und zwar hätten bei dem einen ernstlichere Folgen entstehen können.

Zwei Reservisten, die am 2. September in Basel ans dem Dienste entlassen worden, machten sich nämlich Abeuds aus der Heimkehr nach .Kleinhüniugeu bei der Wiesenbrüke das Vergnügen, einige scharf-

.

.

.

^

^

1029

Batronen übers Feld abzuschiessen , wobei Kugeln über den Rhein bi...

aus die jenseitige französische Strasse gelangten. Die Behörden von Basel leiteten, sobald sie von dem Vorgange Kenntniss erhielten, eine Untersuchung ein , und auf Grund derselben wurden die Schuldigen schon am 10. September in Strafe versällt. Dank diesem schnellen Einschreiten , von dem wir das französische Ministerium des Aeussern unverweilt in Kenntniss selten , hat der Vorfall zu keiner weitläufigern Korrespondenz Veranlassung gegeben.

Dagegen wurde von der sranzosischen Gesandtschaft wegen der vom

9. aus den 10. März 1868 durch angeblich genserische Bolizeiagenten

aus der Bahnstation Ehaue^Bougu..,. ersolgten Verhaftung zweier Bersonen reklamirt. Die in ..^eus gepflogenen Erhebungen erwiesen jedoch.

dass bei dem Vorfall keine Bolizeiagenten sich betheiligt hatten und überhaupt vo.. einer Verhaftung keine Rede sein konnte, indem die zwei ^ Bersouen , die in Ehaue^Bougu^ zur Rükkehr nach Gens veranlaßt worden, freiwillig .^ner Ausforderung ihres Dienstherrn, eines in Gens wohnhasten Franzosen, der sie dort ausgesucht hatte, ^olge leisteten.

^iplom^tische.^ und ^onful^-^erson^.l.

Jm porjährigen Geschäftsbericht haben wir bereits mitgetheilt, dass Herrn ^andammann Dr. H e e r auf sein Verlangen die Entlassung von der Stelle eines ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers beim Norddeutschen Bund und ...en Süddeutsehen Staaten .Badeu, Bauern und Württemberg bewilligt worden sei. Herr Heer begab sieh iudesseu zur Uebergabe seiues Abbernfuugsschreibens und ^ur Verhandlung der Bostverträge im März 1868 nochmals nach Berlin. Rach seiner Rükkehr wurden die laufenden Geschäfte durch Hrn. Vizekons.^l Eh. Bh. M e r e i e r besorgt bis zur Ankunft des Herrn eidg. Oberst Bernhard H a m m e r von Sololhurn , den wir durch Beschluss vom 5^ August 1868 zum Raehfolger des Hrn. Landammann Dr. Heer ernannten, indem wir ihn zugleich a...ch bei ^r. königlichen Hoheit dem Grossherzog von Hessen als Gesaugten der Eidgenossenschaft beglaubigten.

Die Eidgeuossenschast war in Folge dieser Sehlussnah^ue bei sämmtliehen umliegenden Staaten durch Diplomatische Agenten mit dem Eharakker als außerordentliche Gesandte und b..vollmä^ht.gte Minister vertreten, ausgenommen an.. kaiserl. koniglich osterreiehisehen Hofe. Die Bedeutnng unserer Beziehungen ^ur osterreichisch-ungarischen Monarchie, welche vermoge der im .Lause des vorigen Jahres abgeschlossenen Verträge und der neuen Institutionen des Kaiserreichs in noch hoherm, sür beide Theile gedeihlichem Masse sich ^n entwikein versprechen, sowie die Rüksicht ans die Verdienste, welche der bisherige Geschäftsträger, Herr

J. J. v.^Tschndi, durch seine unermüdliche Thätigkeit sich bei dem A....^ ^undesbIal^ Jahrg. XXI. Bd. I.

73

1030 schlusse jener Verträge und auch durch seine Geschäftsführung überhaupt erworben , machten es uns zum Gebote, auch ihm den gleichen diplomatischen Eharakter zu verleihen , was ebenfalls durch Schlussnahme vom 5. August erfolgte.

Beide Ernennungen haben bei den betreffenden h. Regierungen die günstigste Ausnahme gesunden.

Eine etwelche Aenderung ist sodann anch in Bezug aus das schweizerische Generalkonsulat in Washington zu melden.

Wie Jhnen durch

die Botschaft vom 28. Jnni ^867 über das schweizerische Gesandtschaft^

wesen bekannt ist , wurde wiederholt und von verschiedenen Seiten der Wunsch lant, dass die Eidgenossenschaft bei der Regierung der Vereinigten Staaten einen diplomatischen Vertreter beglaubige. Jhre Schlussnahme

vom 1l/18. Juli. 1867 liess nun allerdings dies nicht zu. allein siege-

stattete, den Rüksichten auf die Verdienste unseres bisherigen Generalkonsuls, Herrn John Hi^, und der Achtuug und Hochschäzung, welche

die schweizerische Eidgen ossensehast für die Republik der Vereinigten Staaten hegt, in der Weise Ausdruk zu geben, dass wir Herrn Hit^ zum Geueralkonsul und p o l i t i s c h e n A g e n t e n der Schweiz bei den Vereinigten Staaten von Nordamerika ernannten , was durch Beschluß vom 28. Februar geschehen ist.

Die Frage der E r r i c h t u n g e i n e s s c h w e i z e r i s c h e n K o u s n -

lats in Eg^pten, bezüglich welcher durch Herrn Gabriel Schneider in Ale^.andrieu Vorverhandlungen mit der Regierung des Vieekonigs eingeleitet worden waren und bei dieser günstige Aufnahme gesunden hatten, ist auch von der schweizerischen Kolonie in Alex^andrien in reisliche Erwägnng gezogen und von einem Ausschüsse der angesehensten Mitglieder derselben begutachtet worden. Die Wünschbarkeit des Konsulats wurde in diesem Gutachten anerkannt ^ allein auch die finanziellen und anderweitigeu Schwierigkeiten, die sieh der Verwirklichung des Gedankens

entgegenstellen, beleuchtet. Mit Rüksicht aus diese Schwierigkeiten und

aus den Umstand, dass die^ Errichtung des Konsulats erst nach Abschluss eines Vertrages hätte erfolgen konuen, wozu hinwieder die Mitwirkung der hohen Vsorte nothig gewesen wäre, beschlossen wir am 6. April, ans weitere Verhandlungen. sür einmal zu verziehten und Hru. Schneider, unter bester Verdankung seiner Bereitwilligkeit zur Uebernahme des Mandats, um die Rüksendung des erhaltenen Kreditivs und der in seinem Belize befindlichen Akten zu ersuchen. Die Angelegenheit wird indessen wie auch die Errichtung anderer Konsulate, ^. B. in Bukarest, von wo ...bensalls ein bezügliches Begehren vorliegt, wieder zur Sprache kommen ^bei Anlass der im Wurs liegenden Verhandlungen mit der türkischen Regierung über eine Verständigung betretend die Erwerbung von Grnnd^eigeuthum durch schweizerische Angehörige , welche aus Anlass eines

1031

Spezialfalles in Anregung gebracht und sowohl in der Schweiz ^als bei unsern Landsleuten worden ist.

in der Levante meistenorts beifällig begrüsst

Jm Bersonal der bestehenden .Konsulate sind folgende Aenderungen eingetreten : Lissabon.

Zum Konsul wurde Herr Ulrich Albert D e gg e l l e r .von Schasfhausen, zum Vieekonsul dessen Bruder, Herr Theodor D e g g e l l e r , ernannt.

Marseiile.

Die Stelle wurde durch Beschlnss vom 6. März in der Berson des Herrn Alfred R o s e n b u r g e x . von Basel wieder beseht.

Rizza.

Herrn Konsul Zürcher ist ein Vieekonsul in der Berson des Herrn J. J. B ü n d e l von .^stersingen beigegeben worden.

St. P e t e r s b u r g . Die Stelle des Generalkonsuls ist dem bisherigen ...^..ekonsul, Herrn Adolf G l i uz von St. Gallen, übertragen worden.

St. L o u i s .

^ Das Konsulat ist wieder besezt mit den Herren E. F. M a t h e ^ von Loele als Konsul uud Dav.

Eonst. J a e e a r d von Ste. Eroir^ als Vieekonsul.

B ah i a.

Der zum Konsul ad intcrim bestellte Herr ^. A.

J e z l e r hat, da er Bahia verlassen, seine Eutlassnng genommen. Das Konsulat wird bis zu einer Wiederbese^ung durch Hrn. J. J. K r o u a u e r von Winterthur besorgt, der vo^n Generalkonsul in Rio de Janeiro für die Stelle vorgeschlagen war, jedoch die Annahme einer Wahl auss bestimmtefte abgelehnt hat.

E an ta g al l o.

Herr Vieekonsul Karl E u ler hat die nachgesuchte Entlassung erhalten, und das Vieekonsulat in Hakodate ist aufgehoben.

Reue Konsulate wurden errichtet in M ü h l h a u s e n und R i g a , und sur erstexn Blaz Herr Jules D u e o m m u n von Loele, fur leztern Herr Rudolf E a v i e z e l von Ehur zum Konsul ernannt.

Ablehnend erledigt wurden Vorschläge betretend die Errichtung von Konsulaten in Dünkirchen, Rantes und Boston (Massachusetts).

Der Kredit für B e i t r ä g e an s c h w e i z e r i s c h e K o n s n l a t e (Büdgetrubrik lll , A 6) ist in gleicher Weise verwendet worden wie im Jahre 1867.

1032

^

Jn Bezug auf das Bersonal der d i p l o m a t i s c h e n V e r t r e t u n g des A u s l a n d e s bei der Eidgenossensehast sind folgende Aenderungen zu melden .

Belgien. Der seit Ende Oktober 1867 erledigt gebliebene^ Vosten wurde in der Berson des Fürsten Joseph von E a r a m a n - E h i m a y mit der Eigenschaft als Geschäftsträger ad huerim wieder besezt , der sein Beglaubigungsschreiben am 10. Januar überreichte.

F r a n k r e i c h . Der kaiserliche Botschafter Marquis von Bannepille wurde im September abberufen. An feine Stelle trat im Rovember, und zwar mit dem Eharakter eines ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Ministers, Graf von E o m m i u g e s ^ G u i t a u t .

G r o s s b r i t a n n i e n . Hr. John S a v i l e . L u m l e h , Jhrer britischen Majestät ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister, wurde Ende Rovembers nach Brüssel verseht, und seine Stelle blieb im Berichtsjahre vakant.

N o r d d e u t s c h e r Bund. Seine Majestät der .^..nig von Breussen beglaubigte seinen ausserordentlicheu Gesandten und bevollmächtigten Minister, Hrn. Generallieutenant von R o d e r , auch als Vertreter des Bundes bei der Eidgenossenschaft.

Rom. Die päpstliche Regierung hat an der Stelle von Monsignor Biacchi, der Ende Aprils abberufen wurde, Monsignor J. B. Agnoli als ihren Gesehäststräger beglaubigt.

S p a n i e n . Die zeitweilig ausgehobene Gesandtschaft ist .wieder hergestellt und Herrn Manuel E o r t i n a .... R o d r i g u e z , dessen Beglaubigungsschreiben als Geschäststräger uns am 10. ^ebrnar übergeben wurde, übertragen worden.

Rach den bekannten Septemberereignissen in Spanien richtete die provisorisch eingesäte Regierung unterm 1.). Oktober ein Zirkular an die diplomatischen Vertreter Spaniens ..m Auslande , in welchem diese beauftragt wurden , die Anerkennung der neuen Ordnung der Dinge auf der Halbinsel von Seite der übrigen Staaten zu erwirken.

^.err Eortina übergab dem .Bundespräsidenten am 30. Oktober eine Abschrist der Zirknlardepesehe, wobei ihm der Bund...spräsident erklärte: Da die Schweiz selbst a..f dem Fundamente des Volkswillens koustituirt sei, so anerkenne sie selbstverständlich . auch das Recht jeder audern Ration, sich auf der nämlichen Grundlage zu konstitniren . ein aus den im ^irl^nlar der provisorischen Regierung bezeichneten Grundlagen neu konstituirtes Spauien konne daher zun^ Voraus der Anerkennung Seitens der Schweiz gewiss sein. Der Bundesrath. werde keinen Anstand nehmen ,
sieh mit der provisorischen Regierung in offiziellen Verkehr zu se^en , und zwar um so mehr , als die ^rin^ipien der religiosen Freiheit , welche sie in diesem Zirkularschreiben^ proklamire,

^ .

^ 1033 ihr die Achtung der gesitteten Welt sichern und die Art und Weise, wie sie die Revolution bisher geleitet , ein Zeugniss für ihre eben so grosse Mässigung als Geschiklichkeit bilde. Diese Erklärungen stehen in vollem Einklange mit der von der Bundesbehorde gegenüber frühern ähnlichen Vorgängen eingenommenen Stellung, und ^wir nahmen denn auch keinen Anstand , dieselben in einer bundesräthlichen Rote vom 2. Rovember zu bestätigen.

Das für die Ausübung von K o n s u l a r f u u k t i o n e n erforderliche Ex.e^uatur der Bundesregierung wurde nachgesucht und bewilligt für Belgien, an Hrn. Ed. L e v i e u r ^ , als Konsul in Gens, Bortugal, ^ ,, ,, Adolf Bichler, ,, ,, " ,, Spanien, ,, ^ ,, Mare de la B e i n e , ,, ,, ,, ,, Vereinigte Staaten von Nordamerika, an^ Hrn. H. B a g e , als Vizekousnl in Zürich und an Hrn. William A u e r , als Konsularagent in St. Gallen.

Ju Bezng ans den leztgeuanuteu hatte sich eine längere Korrespondeuz entsponnen, da er anfänglich einfach vom Konsul in Zürich als Kousularageut in St. Gallen installât worden war, ohne dass Auzeige davon an uns erfolgt wäre. Wir verlangten bei der Gesandtschaft der Vereinigten Staaten , dass auch sür Hrn. Aner eine gehorige Ernennungsurkunde eingereicht und das Er^e^uatur nachgesucht werde.

Rachdem diese^u Verlangen Genüge gegeben, trugen wir kein Bedenken mehr, Hrn. .^luer die Ausübung seines ^lmtes zu gestatten.

^..n.^m^ndernn.^.

Durch Beschluss des Nationalrathes vom 25. Juli 1867 eingeladen, sür die Ausnahme einer S t a t i s t i k der A u s w a n d e r u n g Anordnung zu treffen , haben wir die Besorgung dieser Arbeit dem statistischen Bureau übertragen , die vou demselben zu gewärtigenden Verofsent^ lichungen entheben nus der Rothwendigkeit , hier auf diesen Theil der Auswanderungsfrage weiter einzutreten. - Klagen wegen schlechter Behaudlung aus den Schissen o d e r w e g e n U e b e r v o r t h e i l u u g sind im Berichtsjahre keiue eiugegangen, ausgeuomu.en wegen betrügerischer Uebervortheilnng durch den Agenten David Modona in G e n u a , welcher Hafen von Tessinern und Walliseru , die .nach Montevideo und Bueuos-A^res sich begeben, hänfig benuzt w^ird. Die italienischen Behorden trafen indessen, sobald ihnen die bezüglichen Beschwerden zur Keun^uiss gebracht wurden, rasch geeignete Vorkehrungen, um dem Treiben des genannten Agenten ein Ziel zu steken. Warnungen gingen anch gegen die Wahl der..

^egelschissliuieu von Hamburg und ^ l u t w e r p e n nach Rew^ork.

ein, und die durch ihr wohlthätiges, geu.einnüziges Wirken rühmlichst be-

^

1034

kannte ,, Deutsche Gesellschaft in ......w^orl^ fand sieh durch den Um-

stand, dass an Bord des Hamburgerschisfes ,,Leibniz^ in Folge schlechter Nahrungsmittel und schlechter Besorgung eine Epidemie ausgebroehen, die 105 .^pser gefordert, zur Veroffentluh..ng einer eindringlichen Warnung, vom 25. Januar 1868, bewogen, ^der auch durch das Bnndesblatt Verbreitung gegeben wurde. Gleichermassen wurde der interessaute Berieht verosfentlieht , welcher von Hrn. Generalkonsul Hitz mit Rükficht ans das bekannte K o l o n i s a t i o n s p r o j e k t des Hrn. Vlümacher^ Hünerwadel, der im Auftrage des schweizerischen Answandernngsvereins in Grnnd^Eount... (Tennessee) Landschenknngen ansgewirl.t hatte, unterm 23. Rovember 1868 über die Aus.uan...ernng nach den bereinigten Staaten erstattet worden ist.

Die Stellung, welche die Bundesversammlung durch den Beschlnss vom

18. Jnli 1867 gegenüber den Bestrebungen des A u s w a n d e r u n g ^ -

v e r e i n s eingenommen hat, rechtfertigt es, dass wir auch in Bezug ans das eben ermähnte Kolonisationsprojekt uns jeder direkten Theilnahme enthalten und ferner ein Gesuch .^es Vereiusvorstandes um Bewilligung eines Beitrags von Fr. 5000 aus der Bundeskasse an die Kosten .^er Abo r d n u u g eines sachvexstandigenMaun.es nach d e n La V la ta S t a a t e n durch Sd.lussnahme vom 21. August 1868 ablehnend beschieden haben.

Wir glaubten uns daraus beschränken zu sollen, den einlangenden wieh.^ tigern Berichten angemessene Verosfeutliehuug zu geben, was im Fernern hinsichtlich eiues von der Regierung der Republik Ehile mit den. Hause J. E. Godesfroi ^ ^E^. in Hamburg abgeschlossenen Vertrags zur Forderung der Einwanderung nach dem Departement Raeimiento und eines von Einwohnern der Kolonie Reu^.Helvetia in Urugna... versassten Berichts über die Entstehung und die jezige Lage dieser Kolonie geschehen

ist (^. Bundesblatt v. ^J. 1868, Band lll, Seite 387 n. 577).

^ Mit Rüksicht auf die Ans^vaudernug nach den Vereinigten Staaten mag hier noch des Balles Erwähnung geschehen, dass der amerikanische Konsul in Basel sich berusen geglaubt hat, eine aus Mutter und süns Kindern bestehende, aargauische Familie, die von den Gemeindebehörden und der Staatspolizei mit den erforderlichen Mitteln , Schriften und Ausweisen versehen war, an der bereits verakkordirte.. Auswanderung und Eiuschisfung zn verhindern.

Aus die Beschwerde der Regierung von Aargau reklam.rten wir gegen das Verfahren des Konsuls bei der nordamerikanischen Gesandtschaft und .erwirkten von derselben uach einem umständlichen Schristeuweehsel die Znsag^, es werde die Versicherung der aargauischen Behorden, dass, wenn sieh die fragliche ^amilie wieder auszuwandern entschliesseu würde, sie bei ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten Versorgung uud Unterkunst finden werde , den Einwand beseitigen , der sonst gegen eine solche Auswanderung wegeu^ der grossen Anzahl unerzogener Kinder erhoben werden mochte.

.^

1035

Was schliesslich den seit Jahren hängenden Brozess gegen das Hans V e r g u e i r o und Eomp. in Sa n tos (Brasilien) anbelangt,^ so sind wir leider auch heute noch nicht in der Lage, deu Austrag desselben meldeu zu konnen. Der Generalkonsul in Rio de Janeiro hat schon im Jahr 1867 bei der kaiserlichen Regierung Schritte gethan, um im administrativen Wege eine günstige Erledigung zu erzielen. Allein der

.^rieg mit Baraguar^, der die volle Thätigkeit der Regierung in Anspruch nahm, machte bisher die Erreiehuug dieses ^ieles unmöglich. Uebrigens

befanden stch im Jahr 1868 keine schweizerischen Kolonisten mehr aus den Gütern von Vergueiro u. Eomp. , die meisten unserer dortigen Landsleute sind kleine Grundeigenthümer geworden, durchschnittlich zu.^ frieden mit ihrer jezigen Lage und werden von den Vergueiro's nicht mehr behelligt.

^ils^^^sch^ten.

Die Verkeilung des für schweizerische Hilfsgesellschaften im Anslande bewilligten Kredits hat ans Grund der eingelangten Berichte und Reehnungeu nach den bisher befolgten Grundsäzen stattgesunden.

Reu hinzugekommen sind einzig der Schweizer^Verein Helvetia in Augsburg und der .^ehweizer..Unterstüzuugsvereiu in Besth. . Die WohlthätigkeitsGesellschaft in Barcelona hat über den ihr zuerkannten Beitrag zu Gunsten der schweizerischen Wasserbeschädigten verfügt.

Der 10,000 ^rankeu betragende Kredit wurde in nachstehender Weise vertheilt: Fr.

B e l g i e u. : ^ociété pliilbelvetiqne in Brüssel . . 75 Deutschland: Sehweizerverein Helvetia in Augsburg .

50 ^o.^é^ suisse de bienfaisance in Berlin 1l)0 Schweizerverein in Franksnrt a./M. . . 150 Schweiz. Unterstüzungskasse in Hamburg 75

Schweizergesellschaft in Leipzig . . . 50 Schweiz. Unterstüzungsverein in München 50

F r a n k r e i eh :

Schweiz. Unterstüzuugsverein in Stuttgart 75 ^ocieté suisse de bienfaisance in Bordeaux^ 150 Caisse consulaire des pauvres in Marseille 1000 ^ociéte helvétique de bienfaisance in Baris

.

.

.

.

.

.

.

.

.

1400

Société suisse de secours mutuels in Baris 500 G r o s s b r i t a n n i e n : Unterstü^ungsgesellschast in London . . 300 Uebertrag 3,975

1036

Uebertrag 3,975 .

^

Jta lie n:

Société helvétique de bienfaisance in Genua

.

.

.

.

.

.

.

.

1 2 5

.^oeiélé helvétique de biensais.nice in Livorno .

. . . 75 Caisse de secours suisse in Mailand . 125 Société helvétique de bienfaisance in

Neapel .

Niederlande: O e st e r r e ich:

. .

. . . . 800

Société helvétique de bienfaisance in Rom ^00 ^oclété de seconrs su.sse in Turin . 125 Société de bienkaisance in Florenz . . 100 Schweiz. Unterstüzungskasse in Amsterdam 75 ^ocieta elvetica di soccorso^ in Triest .

75 Schweiz. Unterstüzungsverein in Wien 150

,, ^ B o r t u g al : Russland:

Spanien, R or d a m e r i ka :

Société suisse de bienfaisance in Lissabon ,,

,,

,,

,,

,,

^.

^,

^,

,,

,,

^

,,

,,

,, Moskau

200

^, Odessa . 100 ,, ^t^ ^-^ tersburg 600

^

^

^

"

^,

,,

,,

^

^

,,

,,

,,

,,

,, ^^ Frau^

,,

,,

,.,.

,,

,, Waf^iu^-

^

,,

^,

,,

ton . 150 ,, Boston 75

,,

,,

.,.

,,

,, .^^ .^e

,,

,,

^,

,,

,, Vnenos^

^,

,,

,, Bareelona

50

^ Rew^ork 950 ,, ^..^ delphia 150 eiseo

Südamerika:

^5 .25

Janeiro

600

600

.^i.^res 200 Fr. 10,000

1037 ^. funere ^erhaltni^e.

Durch den Turiner Vertrag vom 30. Rovember 1862 und die.

oben erwähnte Vereinbarung vom 16/20. Rovembex 1867 war die mit der Trennung des Kantons Tessin von den lombardischen Bisthümern in Verbindung stehende Temporaliensrage gegenüber Jtalien im Wesentlichen erledigt , und es blieb nun lediglich noch übrig , die

Theilung des Taselgutes zwischen Tes si n und den bildnerischen

Gemeinden V o s chiavo und B r u s i o , weiche ebenfalls unter dem Bischof von Eomo gestanden hatten, werkstellig zu machen. Eine im März 1867 unter dem Vorsize des Hrn. Nationalrath Hungerlmhler als eidgenösstscher Kommissär abgehaltene Konferenz war vermöge des zu großen Unterschieds zwischen den beiderseitigen Ansprüchen auseinandergegangen,.

ohne eine Verständigung erzielt zu haben. Unter obwaltenden Umständen musste der kürzeste Weg in einem richterlichen Entscheide gesunden werden. Wir schlugen daher, wie schon im vorjährigen Geschäftsberichte mitgetheilt wurde, den Regierungen von Graubüudeu und Tessin unterm

10. Januar 1868 vor, die Erledigung des Theilungsstreites. de^n

Bundesgerichte oder einem Schiedsgerichte zu übertragen. Rach .mehrsachem Sehristenaustausch kam zwischen den beiden Regierungen eine Vereinbarung in dem Sinne zu Stande , dass Hrn. Nationalrath

Huugerbühler unweiterzüglich und endgültig der Eutscheid über die noch

bestehende Differenz zwischen dem von Tessin aus Fr. 6 l 58 erhöhten Angebote und dem von Brusio und Vosehiavo geforderten Betrage von Fr. 8000 übertragen werde. Tessin stellte dabei noch die Bedingungen, dass 1) die bündnerischen Gemeinden aus jede Zinsvergütung und überhanpt auf alle ferneren Ansprüche betreffend das ehemalige bischöfliche

Tafelgut verzichten, 2) die Bestätigung der Kantone und des Bundes vorbehalten bleibe..

Nachdem Herr Hungerbühler sich sür die Annahme des Mandats erklärt .hatte, obwol er es weit lieber gesehen hätte, wenn eine Ver-

ftändigung über die Aufstellung eines Dreier-Schiedsgeriel^s stattgesun-

^ den hätte, gaben wir unterm 5. August den beiden Kantonsregiernngen von der Entschliessung des Hrn.^ Hnugerbühler Kenntniss mit der Einladung , .sich bezüglich des weitern Versahrens mit ihm direkt ins Benehmen zu sezen. Herr Hungerbühler. gab unterm 31. Dezember 1868 seinen Entscheid ab (Bundesblatt l869, l, 20l), welcher in den

Disposition wesentlich dahin lautet.

1) Der Kanton Tessin sei schuldig, dem Kanton Graubünden zuhanden der Gemeinden Bus.hlav und Brusio, katholischer Konsession , ans dem durch Vertrag vom Jahr 1862 zwischen der schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Jtalien dem

^

1038

^

schweizerischen Theil zugeschiedene.., eomaskischen Taselvermogen, als Autheil besagter Gemeinden au lezterm, die Summe von Fr. 7300 auszubezahlen.

2) Mit der Auszahlung dieser Auslosuugssumme seien alle weitern Ansprüche des Kantons Graubünde.. , beziehungsweise der katholischen Gemeinden Buschlav und Brusio , an besagten. Tafelvermogen , wess Samens immer und ol^.e Ausnahme , erledigt und

gänzlich getilgt.

3) Sei dieses (endgültige und inappellable) Urtheil beiden Theilen

in schriftlicher Ausfertigung mitzutheilen und eine Abschrift des-

selbeu in das eidgenossische Archiv niederzulegen.

Nachdem mit diesem Spruche die Temporaliensrage nun auch interkantonal ihre Erledigung gesunden, wird es zur .Aufgabe der Behorden,

möglichst bald die Regelung der kirchlichen Verhältnisse herbeizuführen,

wozu weuigsteus in Bezug auf die Aufnahme der beiden Bü..duer Ge-

meinden ins Bisthum Ehur alle Aussicht vorhanden ist.

Es mag hier der Ort sein , auch eines ^um Gebiet der kirchlichen

Fragen gehörenden Schriftenwechsels mit dem päpstlichen Geschäftsträger Erwähnung zu thun.

..^or seinem Abgauge , uä.ulich uuterm 27. Februar , fand sich Monsiguor Bianchi noch veranlasst, gegen das Dekret des Grossen Rathes^von Aargau vom 27. Dezember 1867, betreffend die Aufhebung des Klosters der K a p u z i u e r i u n e n in Baden Ramens Seiner Heiligkeit Verwahrung einzulegen. Wir theilteu diesen Protest der Regierung des K..utous Aargau mit, bemerkten aber zngle.ch dem Hrn.

Geschäftsträger, dass nach deu in der .^ehweiz geltenden staatsrechtlichen Gruudsäzen jeder Kanton, wie ^nr Errichtung ueuer, so auch ^..r Beseitiguug bestehender Korporationen und Stiftungen als rechtlich befugt und desshalb jede Einmischung Dritter in die ^iesfäliigen Verfügungen der kompetenten kantonalen Behorden als unzulässig erscheine .^ wenn nun auch der Bundesrath ans Rüksichten der Hoflichkeit für den Hrn.

Geschäftsträger die Vermittlung des Aktenftüks an die Regierung von Aargau besorge, so müsse er immerhin sich dabei vor allen

weiter

gehenden Schlüssen ans seiner diesfälligeu Betheilignug formlieh verwahren.

Die o f f e n t l i c h ^ e Ruhe und ^..rduung in den Kantonen, deren

Ueberwachung mit. in den Geschäftskreis des politischen Departements gehort, hat im^Berichtsjahre keine ernstlichere ^torung erlitten, die ein Einschreiten der Bundesbehorde hätte bedingen konnen. Allerdings haben im Kanton Genf Ende März und Aufangs April die Bauarbeiter eiue allgemeine Arbeitseinstellung eiugeleitet, bei welcher uamentlich auch die sogenanute internatiouale Arbeiter^Assoeiation ihren Ei^fluss geltend zu

^

1039 machen bestrebt war. Dank jedoch dem ^gleich festen und massvollen Einschreiten der kantonalen Behorden und der ruhigen Haltung der Bürger ist es gelungen, den Sturm zu besehwiehtigen und eine Verständigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern herbeizuführen, ohne dass Aussehreitungen zu Tage getreten und bedeutendere Sicherheitsvorkehrungen nothig geworden sind.

Jn Betreff der V e r w a l t u n g des D e p a r t e m e n t s , welehe vermoge der Zutheilung des Konsulats^ und des Auswanderungsweseus einen immer grossern Umfaug gewonnen hat, mussten wir nachgerade der Ueberzeugung Raum geben, dass die Bestellung eines besondern S e k r e t ä r s , wosür auch der uothige Kredit bewilligt ist, zur unabweisbaren Rothwendigkeit geworden sei, wenn nicht die Besorgung der Geschäste unter der fortwährenden Vakanz dieser Stelle in bedenklicher Weise Schaden nehmen sollte. Wir glauben in der Berson des Herrn Dr. Arnold Roth von Teufen, den wir an die Stelle gewählt haben, und der sich als langjähriger Sekretär der schweizerischen Gesandtschaft in Baris wie auch vermoge seiner juridischen Studien sowohl die nothige Geschästskenntniss, als die erforderliche allgemeine Vorbildung ^u erwerben die günstigste Gelegenheit hatte, die geeignete Bersonlichkeit sür das Amt gesunden zu haben.

Beru, deu 28. April 1.^6..).

Jm Ramen des sehweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schi^.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des schweizerischen Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1868.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1869

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

17

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.05.1869

Date Data Seite

949-1039

Page Pagina Ref. No

10 006 126

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