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Schweizerisches Bundesblatt.

XXI. Jahrgang lll.

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Nr. 44.

6. November 1869.

Bundesrathsbeschluß in

Sachen des herrn Notar Franz Rediger in Schwyz, betreffend Rechtsverweigerung

Vom 24. September 1869.)

Der schweizerische .Bundesrath in Aachen des Herrn Rotar ^ Franz H ed i g er in Schwyz , betressend Rechtsverweigerung , nach angehörtem Berichte des Justiz- und Volizeidepartements und nach Einsicht der Akten, woraus sieh ergeben .

I. Mit Eingabe vom 2. September 1869 reichte herr Hediger dem Bundesrathe solgende Beschwerde ein : Jm Mai 1866 habe alt Brästdent Xaver Fä ssler aus dem Oberg auf ...ine Liegenschast eine Hypothek von Fr. 7000 errichtet, in welcher pro forma sein Schwager, .Xaver H o l d e n e r , aus der Gemeinde Oberg, als Gläubiger angegeben worden sei. Bei der Unterzeichnung des Hypothekenbuches habe der Glaubiger ihm , dem Rekurrenten , als dem fungirenden Rotar, den Auftrag gegeben, das Jnstrument dem Schuldner Xaver Fässle.. auszuliefern. Rachdem dieses geschehen sei , habe Fässler den Titel bei der Spar- und Leihkassa Schwyz verpfändet, und sei dann im Herbst .l 867 in das Falliment aekommen. Hieraus sei von Xaver Holdener behauptet worden, der Rotar habe den Titel ohne sein Wissen und Willen widerrechtlich au einen Dritten ..ushingegeben. Jn dem nun entstandenen Prozesse fei dann er , Reknrrent , mit Urtheil des

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.Kantousgeriehtes von Schw^ , datirt 27. Oktober 1868, verurthe.lt worden , dem .^.aver Holdener eine Entschädigung von Fr. 5993. 20 zu befahlen.

Ju Folge des Konkurses

sei Fässler

des Betruges

und

der

Schristenfälschnng augeklagt und da er sich nach Frankreich geflüchtet ,

dort arretirt und ausgeliefert worden. Mit Rüksicht auf diese Kriminaluntersuchung habe sodann er, Rekurrent, gemäss ^315 der ^ivilprozessordnung, Revision jenes Prozesses verlangt, aber .^aver Holdeuer sei un.^ geachtet dessen im Monat März lausenden Jahres mit der E^ek...tion des Urtheils vorgegangen, indem er ihm habe Bsand anzeigen und zur Schalung verkünden lassen. Gegen den Vollzug der Bsändnng habe^ jedoch er , Rekurrent , Rechtsvorschlag erhoben , allein das Bezirksamt Schw...^ habe am 24. März 1869 Amtsbesehl ertheilt zur Vollziehung der Sehazung und die Regierung des Kantons Schw^ habe am 27.

August abhin denselben bestätigt.

liegen diese Schlnssnahme richte sieh nun seine Beschwerde und er stelle das Gesuch, dass der Bundesrath dieselbe aufheben mo.hte.

Rach ^ 79 der Verfassung des ^Kantons S.hw.^ und andern gese^ lichen Vorschriften sei nieht der Be^rksammann, sondern nur die Regierung selbst ^ur Vollziehung kantonsgeriehtlicher Urtheile kompetent.

Jener Amtsbesehl des Bezirksamtes sei also von Anfang au versassungswidrig und somit nichtig gewesen. Jn Folge dessen müsse anch der Beschlnss der Regierung dahinten, weil sie nicht kompetent sei, einen Amtsbesehl ausrecht zu halten, welcher nicht die gesezlichen Requisite an

sieh trage. - Aneh sprechen Billigkeit und Moral dasür, dass u.it der

Vol.^iehuug des fraglichen Uxtheils bis nach dem^ Entscheide der Revi.^ sioussrage zugewartet werde, indem diese voraussichtlich zu seinen Gunsten werde entschieden werden , und aus .^aver Holdeuer, weun Bezahlung geleistet wäre, nichts mehr erhältlich gemacht werden konnte.

H. Die Regierung des Kantons Sehw.^ beantwortete diese Besehwerde unterm 9. September 1869 mit dem Antrage ans Abweisung derselbeu. Es sei durch Urtheil des Kriminalgerichtes des Kantons Schw.^ vom 7. September 1869 konstatirt, dass das Schuldverhältniss zwischen .^aver ^ässler und .^aver Holdener nicht ein singirtes gewesen sei, und dass der Reknrrent nieht im Austrage Holdeners gehandelt, als er den Werthtitel an Fässler ausgehändigt habe. Diese Thatsachen seien somit in der Reknrsschrist unrichtig dargestellt worden. Aueh die vom Reknrrenten angerufenen Rüksichten aus Moral und Billigkeit kommen ihm nicht ^.. statten , indem die Revision unwahrscheinlich und die Verdächtigung Holdeners unbegründet sei. ^

Jn rechtlicher Begehung sei es unrichtig, dass die Vollziehung des .fraglichen Urlheils von der Regierung hätte ausgehen sollen.

Es be-

105 stehe keine solche Vorschrift und auch die Vrax^is stehe dieser Ansicht entgegen. Der ^ 79 der Verfassung bestimme bloss , ,,der Regierungs-

,,rath sorgt für die Vollziehung der Urtheile des Kantonsgerichtes ..e.^

Es sei aber nach ^ 2 der einschlägigen Verordnung der Stellvertreter der Regierung, der Bezirksammann, berufen, in erster .Linie die nothigen Maßnahmen zu treffen , um eine allfällige Renitenz und unstatthafte Rechtsvorsehläge zu heben. Wenn sich aber besondere Schwierigkeiten bieten, dann sei es der Regierungsrath, welcher für deren Besei-

tigung und sür die Vollziehung der sraglichen Urtheile zu sorgen habe.

So sei hier perfahren worden und so werde im Wesentlichen gleich auch anderswo versahreu Eine Verlegung der Verfassung und Geseze liege also nicht vor.

.J n E r w ä g u n g : 1, Das ^ivilurtheil , welches gegen den Rek^.rrenteu erlassen wurde, ist ein rechtskräftiges, dessen Vollziehung keine gesezlichen Hinderungsgründe im Wege stehen.

2) Was die Art und Weise der Vollziehung betrifft, gegen welche Rekurrent sich beschwert, so ist dieselbe ^keineswegs versassungswidrig.

Der ^ 79 der Verfassung des Kantons Schw^ verpflichtet den dor-

tigen Regierungsrath nicht zur direkten Vollziehung gerichtlicher Urtheile, sondern überbindet ihm nur, dafür besorgt zu sein, dass die Vollziehung

wirklich stattfinde.

3) Wenn daher der Regierungrat^h in der Regel nur dann sich in das Vollziehungsversahreu mischt , wenn besondere Gründe hiesür vorliegen , sonst aber nach Gesez und Vra^s der Bezirksammann als Stellvertreter der Regierung handelt,. so. liegt sür den Rekurrenten kein Grund vor, gegen dieses ganz normale Versahren sich zu beschweren ; b e schl o s s e n : 1.

Es sei der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

2. Sei dieser^Beschluss der Regierung des Kantons Schw.^, sowie.

dem Rekurreuten , Herrn Rotar Franz Hediger in Schwyz , unter Rüksendung der Akten mitzutheilen..

Bern, den 24. September 1.^69.

Jm Ramen des schweiz. Bundesrathes,

Der Bundespräsident: .^elti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: S^ieß.

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Bundesrathsbeschluß in Sachen des Herrn Notar Franz Rediger in Schwyz, betreffend Rechtsverweigerung. (Vom 24. September 1869.)

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06.11.1869

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