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Bundesrathe..... an die h. Bundesversammlung über den Konflikt zwischen den Negierungen von Thurgau und Zurich, betreffend die Kirchen- und Schulangehörigkeit des Aadorferfeldes.

(Vom 21. Juni 1869.).

Tit. l Unterm 12. Dezember 1868 hat der schweizerische Ständerath den Beschluß gefasst: es sei der K o n f l i k t zwischen den Kantonen Zürich und Thurgau, betreffend die Zugehörigkeit des Aadoferfeldes , an den Bundesrath gewiesen, mit der Einladung, aus die nächste Sommer.simung darüber Berieht und Antrag zu hinterbringen.

Wir kommen diesem Austrage mit gegenwärtiger Berichterstattung nach.

Zwischen den Kantonen Zürich und Thnrgau Vunkten der Kantonsgrenze das Verhältniss, dass die gemeinden sieh nicht nach den Territorialgrenzen bietstheile des einen Kantons dem Kirchen- oder andern Kantons zugetheilt sind.

besteht an mehreren Kirchen- un.... Schulrichten , sondern GeSchulverbande des

Dieser Zustand beruht theils aus Vertragsverhältnissen, theils fusst er aus Zustäuden, die mehrere Jahrhunderte alt sind.

Der Bundesrath war schon leztes Jahr im Falle, einen derartigen Konflikt zu entscheiden, der sich zwischen diesen beiden Kantonen erhob, und der im Geschästsbericht pro 1868 Erwähnung gesunden hat.

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Es wurde nämlich im Jahr 1856 die zürcherische Ortschaft Burghof der thurgauischen Ortsehast Fahrhof in Beziehung aus das Brimarsehulwesen ^ugetheilt. Später entstand über den daherigen Vertrag ^Streit, weil die Regierung des Kantons Thurgau auch mit Beziehung auf das Sekundarschulwesen die zürcherische ....^rtsehast Burghos besteuern wollte.

Der Bundesrath konnte dieses Verlangen nicht gutheissen, weil er fand , dass die Rechte des Kantons Thurgau nur so weit reichen , als Ortschaften und Einwohner seiner Landeshoheit unterworfen seien.

Wenn aber .Landestheile, die nicht in diesem ^Verhältnisse stehen, dennoch zugezogen werden wollen, so könne dieses nicht Krast der aus die ^andesgrenzen eingeschränkten kantonalen Gefezgebung geschehen, sondern das Recht hiezu müsse aus dem Vertrage abgeleitet werden .^ der Vertrag spreche^ aber durchaus nicht für eine solche Ausdehnung.

^ Aelter und verwikelter find die Verhältnisse , . in denen zürcherische ^ Ortschasten zu der thurgauischen Orts - und Zivilgemeinde Aadorf stehen, welche Ortschast Hanptort eiuer evangelischen .und katholischen Kirchgemeinde, so wie einer Schulgemeinde ist. Der ^ürcherische Weiler Hagenbuch und die züreherischen Hofe Egg, .^chneitberg, Hagenstall und Hagenberg gehoren unbestritten zu dem thurgauischeu Kirchenverband ^ die beiden ledern. sind auch noch der Schnle Aadors zugetheilt. Dieses Verhältniss ist , so weit es sich aus . den ^Kirchenverbaud bezieht , sehr alten Ursprungs und dauert bis aus den heutigen Tag mit der Zustimmung der beidseitigeu Regierungen unverändert fort. Es haben zwar zwischen beiden Regierungen namentlich in Bezug ans Hagenbueh, von welchem einzelne Häuser nach Aadors, andere aber nach Aawangen kirchgenossig sind, ^ur Regelung eines bessern Verhältnisses Unterhandlungen stattgesunden, die aber noch zu keinem Resultate geführt haben.

Rieht das gleiche unbeanstandete Verhältnis ex^stirt bezüglich des Aadorferseldes.

Dieses Feld liegt in unmittelbarer Rähe. der genannten thnrgauischen Ortschaft Aadorf, aber ^ganz auf zürcherischem Gebiete, worüber keinerlei Meinungsverschiedenheit herrscht. So uube-

stritten aber die politische Zugehörigkeit ist, so auseinandergehend sind die Ansichten über audere Verhältnisse.

Während .die Regierung des Kantons Thurgau die Behauptung aufstellt. Das Aadorserseld sei ein integrirender Theil der Dorsmark, . des Kirchsprengels und der Schulgemeinde Aadors , .eine Abtrennung

desselben sei weder rechtlich zulässig., noch durch^ die Bedürfnisse der

Gegenwart geboten, beharrt dagegen die Regiernug von Zürich auf der Erklärung , dass das Aadorferfeld , der politischen Gemeinde Elgg zugetheilt , auch im Schul- und Kirehenwesen nach Rechten und Vflichten dahin gehöre..

436 Die thurgauische Ansicht wird von deu Bewohnern .von Ha^enbuch, Hageustall. . und Hagenberg aus leicht begreiflichen Gründen unterste, während die Behorden von Elg^ und einzelne Bewohner des Aadorferfeldes sich aus die Seite der Regierung von Zürich stellen. Da ein wiederholter Schristenwechsel zwischen beiden Regierungen ^u keiner Ver-

stäudigung sührte , so hat die Regierung von .Thurgau sieh bemüssigt gefunden, diese Streitigkeit staatsrechtlicher Ratur nach Art. 74. Ziss. 16

der Bnndesversassung dem Entscheide der Bundesbehorden zu unterbreiteu.

Es darf angenommen. werden, dass die v^n Hrn. Archivar V upp ik o s e r aus Auftrag der Regierung ^oon Thurgau gemachten rechtshistorischen Entwiklungen und Erörterungen über das frühere Verhältniss des Aadorsers..ldes ^n Aadors im Grossen und Ganzen richtig seien, wenn auch nicht bezüglich aller Bunkte vollständige Klarheit hat verschafft werden konnen.

^ür unsern Zwek erachten wir es nicht für uothwendig, den ganzen historischen Hergang zu versolgen , wie aus den ursprünglichen wirthschriftlichen Vereinigungen die weitere Ausbildung der Gemeinds- und

Kircheuverhältnisse bis anf die heutige Zeit sich entwikelt hat. Wir

kounen um so eher von der Vrüfung aller dieser Verhältnisse absehen, weil ^uach unserer Ansicht bei dem Entscheide der obschwebeuden ftaatsrechtlichen ^rage dieselbeu nicht von massgebender Bedeutung sind.

Wir gehen daher zur Besprechung der gegenwärtigen Verhältnisse, wie solche sieh in jüngster Zeit entwikelt haben, über.^ Das Aadorserfeld liegt unbestritten ganz ans dem Gebiete des Kantons Zürich . der in Ausübung seiner Souveränitätsrechte auch unbeanstandet die Staatssteuer auf diesem Gebietstheile bezogen hat.

Anders verhält es sieh dagegen mit den Beziehungen aus Gemeinds-, Sehnt- und Kireheuverhaltuiss... Bis zum Jahre ^l839 war das Aadorferseld unbewohnt; erst in diesem Jahre bante Herr Heiurich S u l ^ e r , der einige Jahre früher in der Rahe von Aa^.orf und unweit der Kantonsgreuze auf tl^urgauischen. Gebiete eine ^abrike erstellt ^ hatte, das erste Wohnhaus aus dem Felde selbst, an welches sich im Verlaufe der folgendeu Jahre andere reihten, die theils von ^üreheris.hen, theils von thurgäuischen^ Angehörigen .be^vohut sind, wie denn überhaupt Grund .und Boden aus dem Aadorserseld im Vrivatbesi^e von ^Bürgern beider Kantone sich befinden. Bis aus diesen Zeitpunkt der Ansiedelung kümmerte sieh die ^ürcherische Staatshoheit sehr wenig um die unbewohnte fläche des Aadorserfeldes ; erst vou dem Momente an , als die ^rage

über die Schul- und Kirehengenossigkeit, resp. die daherige Steuerpslieht, eine praktischere Bedeutung zu gewinnen anfing, erinnerte sie sich, dass das ^eld wohl unter züreherischer ..^berherrlichkeit stehe , aber keiuem bestimmten Gemeindeverbande einverleibt sei. Herr ^ulzex selbst , der

437 .erste Bewohner und der stärkste Steuerbelastete, an dessen Berson, resp.

^Steuerkraft, sich der Ausang des Streites knüpst, blieb bis zum Jahre 1842 im alten Verhältnisse zu ...ladors^ er betrachtete sieh als Riedergelassener in Aadorf sowohl in Beziehung zur Zivil- als zur Kirchund Schulgemeinde, bezahlte die geforderten Steuern, liess seine Kinder in Aadors taufen, die Ehen wurden dort promulgirt ..e.

Als stch aber die Wohnungen^ auf dem Aadorferfelde zu ver.mehren anfingen, theilte die Regierung des Kantons Zürich dieses Gel.iet im Jahre 1842^ der Zivilgemeinde Elgg zu , die wiederum zur .Kirch- und Schul.gemeinde El.gg gehort. Von diesem Momente an war .

dem bisherigen ^ uuausgetrageuen Zustande ein E.nde gemacht ; das ^ladorserseld gehorte nicht nur politisch , sondern in allen Beziehungen ^des osfentliehen Gemeiudelebens dem Verbaude der Gemeinde Elgg an.

Wenn ^ die Ausscheiduug auch nicht in allen funkten sofort gan^ geregelt wurde , so wurde doch die Trennung in allen wesentlichen Bunkten ^durchgeführt und festgehalten.

Werfeu wir eineu Blik auf die seitherige tatsächlich^ Gestaltung, ^o begegnen wir folgenden Verhältnissen : a. Herr Snlzer stellt sich ganz auf ^ den Boden der territorialen Ausscheidung und auerkenut eine doppelte Steuerpflicht, und zwar: Von dem eigentlichen Fabriketablissement aus thurgauisehem Boden, vom Betriebssond und vom Erwerb stellt er sich unter.

die Steuergeseze des Kantons Th^urgau und entrichtet alle Gemeindesteuern nach Aadorf.

Dagegen versteuert er seine Gebäulichkeiten aus dem Felde

und sein übriges Vermogen nach Elgg.

Jn gleicher Weise eutrichten die übrigeu Ansiedler des Feldes

h.

. .

ihre Steuern uach Elgg.

Auch in den übrigen Verhältnissen betrachten sich die Bewohuer des ^eldes , und namentlich die mit dem offentlichen ^eben am meisten in Verbindung stehende Familie Sulzer, als Einwohner des ..^..emeindeverbaudes von Elgg. Dort wird das Stimmrecht ausgeübt, Schul- und Kirehenangehori^keit anerkannt, die Tausen und Ehen finden in der Kirche zu .Elgg statt, ebenso .^ie Eintragung .in die Zivilregister u. s. w. Gegenüber^ diesen eharakterischen Merkmalen der Angehorigkeit kann es nicht darauf ankommen, dass Herr ^ulzer mit seiner aus Aadorfergebiet gelegenen Fabrike die Boft in Aadorf benuzt. Die Boft ist ein öffentliches Jnstitut , die jeder nach Bedürsniss und Bequemlichkeit braucht ; ..ber diese Benu^ung hat mit der Frage der territorialen und personlichen Zugehörigkeit zu eiuem bestimmten ..^emeindeverbande^ gar keine Beziehuug.

438 Eben so wenig kann der Besuch des Gottesdienstes in einer andern Gemeinde an dem rechtlichen Kirehenverbande etwas ändern.

Wer aus irgend einer Rüksicht es vorzieht, diese oder jene Kirche zu besuchen , mag es thun ; desswegen bleibt . er doch derjenigen Kirchgemeinde zugetheilt. wohin er gehört und wo die Akte vollzogen werden müssen, die mit den bürgerlichen Beziehungen in Verbindung stehen. Was die Schule anbetrifft, so kommt hier viel auf die bestehenden Sehulgeseze an.

Wenn Kinder aus der Familie Sulzer der grössern Rahe wegen

die Schule in Aadoxs besuchen , so liegt hierin ebensalls kein Bräjudiz für die Zugehörigkeit zum dortigen Schulkreise. Da jeder

in einer andern Gemeinde wohnende Bürger seine Kinder, sosern nicht Schulgeseze etwas Anderes versügen, mit Zustimmung der zuständigen Behörde, an einem ihm günstig gelegenen Orte in die Schule schiken kann, so ist nur zu erinnern, .^ass der sonst nicht psliehtigen Schule das Recht zustehen muss, die Bedingungen sür Ausnahme

ausnahmsweise ^festzusezen , ^ B. höheres Schulgeld. Bei der ^ Familie Sulzer tritt übrigens der Umstand hinzu , dass dieselbe

sür die aus thurgauischem Boden gelegene Fabrike die Sehulsteuer und Kirchensteuer an Aadors bezahlt und dass ihr daher eine gewisse Berechtigung zu diesen Anstalten nicht wohl. abgesprochen werden kann.

c

Dieser Zustand der Dinge wurde von den thurgauischen Behörden

bis zum Jahre 1864 stillschweigeud anerkannt, ja Anno 1860,

in welchem Jahre eine genaue Grenzregulirung stattfand, wurde durch Regierungsbeschluss vom 19. Mai noch ausdrüklich bestätigt, dass das Aadorserseld nicht nach Aadors steuerpflichtig und folglich auch nicht dahin kirch- und schulgenössig sei.

d. früher wurden auch die amtlichen Fertigungen bei Liegenschastskaufen aus dem Aadorserseld durch die Gemeindebehörden von Aadors besorgt . seit der Zutheilung des ^eldes an die Gemeinde ^Elgg enthalten sieh aber die thurgauisehen Behörden der Ausübung .dieses^ Rechtes auf züreherischem Gebiete .und anerkennen somit, dass den Gemeindebehörden von Elgg diese Funktionen aus ihrem Gemeindsgebiete zukommen.

e. Was die Behauptung anbetrifft , dass die Behörden^ von Aadors die Flurordnuug über das sogenannte Aadorserseld von jeher und aueh jezt noch nach thurgauischem Geseze ausüben , so wird diese Behauptung von. den Behörden in Elgg beftritten , oder nur theilweise zugegeben. Jndessen lässt sieh nicht bestreiten, dass die Behörden von Aadors diessalls gewisse Funktionen ausüben.

Wie dem übrigens auch sei , so ist diesel nur ein Ueberbleibsel von frühern agrarischen Verhältnissen, dessen Fortbestehen man mit

43.)

Rüksieht aus den pxivatrechtlichen^ Besiz des Feldes von Seite der zürcherischen Behörden wenig Aufmerksamkeit schenkte. Jmmerhin konnte aber dieses Recht nur unter Zulassung und Aussicht und unter theilweiser Mitwirkung dex züreherischen Behörden geschehen, da die Ausübung von polizeilichen Funktionen zu den Attributen derjenigen Behörden gehört, in deren Gebiet das fragliche Terri-

^ torium liegt. Es ^ ist dies übrigens ein Vnnkt, der jedenfalls

noch der nähern Regulirung bedarf.

k. Die Thatsache, dass Herr Sulzer sür die Verlegung einer Strasse iu der Rahe seines Wohnhauses aus dem Aadorferseld Fr. 2000 Entschädigung au die gemeinde Aadorf ^bezahlte, beweist für die Ansprüche Thurgaus nichts. Abgesehen davon, dass diese Summe . nur als eine Entschädigung wegen Benaehtheiliguug von Brivaten entrichtet ^wurde , wird die Thatsaehe entgegen gestellt , da^ die Einwilligung zu jener Translokation aus Gutachten des Gemeinde^rathes Elgg hin ein^ig^und allein vom Bezirksrathe Winterthur ausgegangen sei.

^. Anbelangend die Zwekmässigkeitssrage , so kann nicht geläuguet werden, dass eine. Zutheilung, uamentlieh des bewohnten.. Theiles des Aadorferfeldes zu dem Schul- und Kirchenverband von Aador^ sür die Bewohner wegen der ^grossern Rahe bequemer wäre. Allein blosse Zwekmässigkei^sgründe bilden kein rechtliches Fuudament sür Territorial^sprüche. sie könnten allsällig nur die Bewohner des Feldes veranlassen , die Behorden von ^ürich zu ersuchen, sür ihre .^ehnl- und Kirehenbedürsnisse iu geeigneterer Weise besorgt zu sein, sei es durch eine Uebereinkunst mit Aadors oder auf andere Weise.

h. Was sehliesslieh . noch das Schreiben vom 30. Juli 1864 anbelangt, so hat die Regierung des Kautons Thurgau volle Veranlassuug gehabt,. dasselbe als eine Anerkennung ihrer Ansprüche auf das Aadorserfeld zu deuten.

Die Regierung von Zürich hat aber bald darauf gegen die Unterschiebung dieser Absicht Ein^ sprache erhoben und gibt in glaubwürdiger Weise Ausschluß, wie diese Jrruug sieh eiugesehliehen . sie glaubt, dass bei der Vrüfung ^des wirklichen Sachverhaltes^ unter keinen Umständen daraus ein

Zu^eftau^n.ss bezüglich der gegenwärtig. streitigen Frage abgeleitet werden könne.

Aus diesen tatsächlichen Verhältnissen ergibt sieh, dass das Aadorferfeld seit einer Reihe von Jahren iu allen öffentlichen Beziehungen zur Gemeinde Elgg gehört. Es srägt sich nur noch : War der Kanton Zürich

berechtigt, diese Zutheilung an Elgg ^u beschlossen und so die Zustände herbeizufuhren, wie sie gegenwärtig bestehen... Wir glauben diese .^rage .bejahend beantworten zu sollen, und kommen zu dem Schlusse, es könne

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^

^

dem Gesuche der Regierung des^ Kantons Thurgau : .,es moge der ^Bundesversammlung in dem ^vorwaltenden staatsrechtlichen Territorial,,anstande gefallen, sowohl rüksichtlich der Dorsmark Aadors, als in Be-

.,zug auf die dortige Kirchen- un^d Schule.ebietseintheilung die Rechte.

,,dieser Gemeinde und damit auch die Rechte des Kantons Thurgau zu ,,schüzeu^ nicht entsprochen werden.

Wir stiren uns hiebei auf folgende Rechtsanschauung : Das Aadorserseld liegt im Gebiete des Kantons Zürich, ^der inner den unbestrittenen ^Grenzen auch unbeanstandet das Hoheitsrecht des

Staatssteuerbe^uges ausübte. Es wird überhaupt nicht bezweifelt, dass das Feld unter der^Botmässigkeit von Zürich stehe. Daraus solgt, dass aus diesem ganzen in raumlicher Beziehung ^abgegrenzten Territorium sich die Wirksamkeit der zürcherischen Staatsgewalt geltend machen kann , und weil aus einem und demselben Gebiete nicht zwei^ Staatsgewalten neben einander befehlen können , so ist ihre Wirksamkeit exklusiv und sie beherrscht innerhalb der Landesgrenzen alle Bersonen und Sachen : qmd^ quid est in territorio est de territorio. Wie aber die Unabhängigkeit des Staates von. andern zur Souveränität gehört , so bilden die Befugnisse ,.. welche der Staatsgewalt in Bezng ans das Staatsgebiet zu- .

kommen, in ihrer Gesammtheit den Begriff der Territorialhoheit, welche die politis.hen Rechte der gesezgebeuden und vollziehenden Ge.valt in sich

schliesst. . Aus dieser Territoria...hoheit folgt auch , dass die Regierung

von Zürich alle Hoheitsreehte a...f diesem Gebietstheile ausüben kann ; also die Volizeigewalt, die Justizverwaltung, die finanziellen Massregeln in Bezug ^aus Steuern und Abgaben, sowie die Sorge sur die Knltusverhältuisse und die öffentlichen Schulen, deren Einfluß auf die ofsent-

liche Wohlfahrt der Staatsgewalt das Recht gibt und die Bflicht auf-

erlegt , diesfalls die nöthige Regelung eintreten zn lassen. Um aber dieser verzweigten Administration auf dem ganzen Staatsgebiete Genüge leisten zu können , ist die Eintheilung desselben in Bezirke und Gemeinden nothwendig , sur welche die Gesezgebung des Staates die Grundzüge der Gemeindeversassung gibt. Einem solchen Gemeindekreise hat nun die Regierung von Zürich auch das auf ihrem Gebiete liegende Aadorferfeld zugetheilt, welches früher offenbar bis zu seiner Bevolke- .

rung ausserhalb einer bestimmten Gemeindeverfafsung staud. Die Zutheilnng dieses Gebietes au die Gemeinde Elgg l^at aber keine Beziehung mit dem Eigenthum , sondern kommt uur insoweit in Betracht , als Bersoneu und Sachen überhaupt zu den.. organischen Gebilde der Gemeinde in einer untergeordneten Beziehung stehen ; ^so weit sind sie aber auch der Gemeindegewalt von Elgg unterworfen.

Da die Gemeiude als Bestandtheil des Staates de^ Zwek^ des leztern in engerm Kreise verfolgt , so üben auch die Gemeiudsbehorden von Elgg das Recht der Aussicht, der Lokalpolizei, der Verwaltung, der

441 Besteurnug ^in Bezug ^ auf Kirchen- und ^chulgebietseintheilung aus, welchem Rechte sie, resp. der Kanton Zürich beschüzt werden muss.

bei

Wir sind also der Anficht , dass seder Staat aus seinem gebiete ansschliesslich Herr und Meister sei, und wenn von einer andern Staatsgewalt oder Gemeiudeautorität Hoheitsrechte auf dem Gebiete des erstern ausgeübt werden wollen, die Beschränkung aus vollkommen rechtsgenügliehe Weise erwiesen sein muss. Hiezu geuügt es aber nicht, dass der Kanton Zürich auf seinem Gebiete die Verhältnisse des Aadorserseldes zu einem bestimmten Gemeindeverbande nicht geregelt habe, wie lange dort^ auch^ eiu ungeordneter Zustand bestanden haben mag oder geduldet worden ist , sondern es müssen hiesür ganz bestimmte . Rechtstitel vorliegen. Solche Rechtstitel kann aber Thnrgau nicht vorweisen. dieser Staat kann sich nur aus den Umstaud . berufen , dass Zürich sich um einen Gebietstheil wenig bekümmerte , bis veränderte Verhältnisse den Stand Zürich darauf aufmerksam machten, dass eine bestimmte Regelung anch a...f diesem ^leke einheimischen Bodens nothweudig sei. Dies hat dann Zürich auch gethan , ohne dass die Regierung von Thu.rgau sich ^bis in die lezten Jahre . wo bereits ein geordneter Zustand bleibend geschafsen war. zu ernstlichen Schritten veranlasst sah.

Wenn die Regieruug vou Thurgau sieh namentlich aus den Umstand beruft, dass man srüher bei der kirchlichen Abgrenzung der Gemelnden sich nicht um die Landesgreuzeu bekümmert, sondern nach Konvenien^ gehandelt habe, so ist dies richtig. Das hindert aber nicht, .dass nach den heutigen staatsrechtlichen Begriffen jeder Staat, beziehungsweise Kauton , berechtigt ist , inner den allgemeinen Laudesgrenzeu auch für die territoriale Eintheilung der Gemeinden besorgt. zu sein.

Der Bund selbst hat vor einigen Jahren diesen Grundsaz praktizirt , als er die schweizerischen Bestandtheile der Bisthümer Eomo und Mailand durch eine einseitige Schlussuahme von jedem auswärtigen geistlichen Verbande losriss.

^ Wir haben bereits angedeutet^ dass die Beschränkung der Sonveränitätsrechte eines ....Staates aus ^gewisse Gebietstheile nur dannzumal augenommen werden konnte, .^.enn diese den allgemeinen staatsrechtlichen Rormeu widersprechenden Ausnahmsverhältnisse aus einem hinreichenden Rechtstitel beruhen würden. Thurgau glaubt, neben seiner Berufung aus historische Rechtszustäude , sich al.s einen sollen beziehen zu konuen, nämlich auf die Zusehrist der Regieruug vou Zürich ,
d. d. 30. Juli 1864. Aber abgesehen von dem Umstande . dass dieses Schreiben nur eiu einzelnes Aktenstük einer nicht abgeschlossenen Korrespondenz bildet, so bezieht sich dasselbe nicht direkte auf die streitige Frage, sondern auf das Steuerverhältniss der thurgauischen Eigenthümer auf dem Aadorferfeld gegenüber den unbestrittenermassen nach Aadors kirchenge ...ossigen Bewohnern von Hagenbuch. Diesem Schreiben kann also nicht der Sinn

442 und die Bedeutung beigelegt werden , dass durch dasselbe die zwischen

beiden Kantonen hängende Streitsrage in endgültiger Weise zum Abschluß

gebracht werde. Hiezu wäre ein förmliches Uebereinkommen nothwendig, welches in bestimmter Weise die Verhältnisse regeln würde. Aehnlich...

Übereinkünfte hat der Kanton Thurgau mit den Regierungen von Zürich und St. Gallen abgeschlossen ; wo aber solche nicht bestehen, da e^istiren nur provisorische Verhältnisse, die.^ jeder Kanton bezüglich seines Gebietes und seiner Einwohner zu jeder Zeit lösen kann.

Wenn wir

demgemäß dem Kanton Zürich das Recht vindiziren,

über die Schul- und Kixchenbedürsnisse des Aadorserfeldes selbstherrlich versügen zu können , so mochten wir andererseits dem Kanton .....hurgau

das Recht nicht bestreiten , für pekuniäre Rachtheile , die der Gemeinde

Aadorf durch die Lostrennung von dem Schul- und namentlich von dem Kirchenverband durch das Wegfallen der in Form von Steuern geleisteten Beiträge erwachsen, Entschädigung nachzusuchen. Sollte Thurgau wirklich eine solche Ansprache geltend machen wollen, so stünde der Entscheid hierüber nicht der Bundesversammlung, sondern dem Richter zu..

Wir haben uns also mit diesem Bunkte , der übrigens dermalen gar nicht anhängig ist und vielleicht gar nicht anhängig gemacht wird , nicht weiter zu befassen.

Jn Umfassung des Angebrachten wiederholen wir den bereits ge-

stellten Schlussantrag : Es

sei dem Gesuche der Regierung des Kantons Thurgau keine

Folge zu geben.

Genehmigen Sie , Tit. , die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 21. Juni 1869.

Jm Ramen des schweizerischen Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

^elti.

Der Kanzler der Eidgenossensehast :

Schi^.

443

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des

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung , betreffend . UmHandlung eines Theil der glatten Positionsgeschüze

in

gezogene.

(Vom 23. Juni 1869.)

.

,,Tit.l Die schweizerische Artillerie hat seit dem Jahre 1861 die nachfolgende Anzahl gezogener Geschüze, sei es durch neue Anschaffungen, sei es durch Umwandlung der frühern glatten Geschüze, erhalten : 1.

Vierpfünder

Feldgeschüze.

Durch die Bundesgeseze vom 24. Juli 1861 (VI.. , 67) und 23.

Dezember 1863 (VIll, 27) wurden

a. die 16 ehemaligen 6 & Batterien des Auszugs iu 4 & Batterien umgewandelt und die Umänderung aller Ergäuzungsgesehüze des Bundes (glatte 6 & Kanonen und 12 & Haubizen) in gezogene 4 & Kanonen beschlossen ; h. die 11 Seehspsünderbatterien der Reserpe Bunter Verwendung des alten Materials in gezogene- umgewandelt ; .c. Umwandlung von 90 Stük glatten 6 & Kanonen und 12 & Haubizen in gezogene 4 & Kanonen zur Verwendung als Ersaz der Raketenbatterien, sowie als eine Reserve zur Ausstellung neuer .

bespannter Batterien (Bundesbeschluss vom 19. Juli 1867, IX, 73).

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Bericht des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung über den Konflikt zwischen den Regierungen von Thurgau und Zürich, betreffend die Kirchen- und Schulangehörigkeit des Aadorferfeldes. (Vom 21. Juni 1869.).

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1869

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2

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27

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

10.07.1869

Date Data Seite

434-443

Page Pagina Ref. No

10 006 190

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