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Bundesrath sbeschluß

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in

Sachen des herrn Dr. Emil Frey in

Arlesheim, Kts.

Basel-Landschaft, betreffend Besteuerung und .Kompetenz sur Steuerfragen.

(Vom 23. August 1869.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r a t h hat

in Sachen des Herrn Dr. Emil Fr e y in Arlesheim, Kantons Basel-Landschast, betreffend Besteuerung und Kompetenz für Steuersragen, naeh angehortem Berichte des Justiz- und Volizeidepartements und nach Einsicht der Akten, woraus sich ergeben :

I.

Unterm 6. Mai 1866 sasste die Gemeinde Arlesheim den Be-

schluss, dass behnss Verzinsung und Abzahlung einer Restanz der Schuld, herrührend vom Ankauf eines neuen Sehulhauses, und zur Tilgung von Reparaturkosten, folgende jährliche Steuern bezogen werden sollen: 1) Eine Vermögenssteuer von 30 Rp. von Fr. 1000 reinem Vermogen.

2) Eine Erwerbssteuer von 20 Rp. von Fr. 100 Einkommen und Erwerb.

3) Habe jeder Gabholzbereehtigte und jeder Niedergelassene eine Steuer von Fr. 2. 50 zu bezahlen.

Dabei wurde ferner beschlossen, dass die auswärts wohnenden Befizer von Liegenschaften von diesen Abgaben befreit sein sollen.

107 II. Seit diesem Beschlusse forderte der Gemeinderath von Arlesheim vom heutigen Rekurreuten, als Einsasse von Arlesheim, folgende Steuern : 1) Fr. 2. --^ als Bsarr- und Schulholzsteuer.

2) ,, 26. 50 Schulhausbausteuer.

3) ,,

2. 50 Kopssteuer.

Herr Frey beftritt aber die Vflicht zur Bezahlung dieser Steuern und beschwerte sich dagegen bei der Kautousregierung, indem er geltend machte : ^ Als protestant habe er nichts an die Kosten für Honorirnug eines k a t h o l i s c h e n geistlichen und Lehrers zu bezahlen. Ebeuso konne er nicht für Steuern an die Schulhauskosten belangt werden, weil er keine Kinder in die Schule zu sehiken habe. Weder die Verfassung noch ein Gesez autorisiren die Gemeinde Arlesheim zum Bezuge dieser Steuern.

Es widerstreite auch dem ^ 13, erstes Aliuea, der basellandschaftlichen Verfassung, d. h. dem Brinzipe der verfassungsmässigen Gewissens^ und Glaubeussreiheit, sowie deu Bestimmungen des Einsassengesezes vom Jahr 1841, ^ 8, wenn ein nicht katholischer Einsasse zu irgend einer Beistener au die Bedürsnisse des katholischeu Orlsgeistlicheu angehalten werde. Ebenso verstosse die Befreiung demjenigen Liegenschastsbesizer im Banne der Gemeinde Arlesheim, welche auswärts wohnen, gegen die ^ 5 und 29 der Kantonsverfassung.

III. Unterm 16. ....ovember 1867 hat jedoch der Regierungsrath des Kautons Basel^andschast diese Beschu^erde als unbegründet abgewiesen, ohne in diesen.. Beschlnsse seine Motive anzuführen.

IV. Gegen diesem l^tern Beschluss rekurrirte nun Herr Dr. Emil ^re.... an deu Landrath des Kautons Basel-Landschaft, welcher sich durch Schlussnahme vom 25. Januar 186.) als. inkompetent erklärte. Rach dem bezüglichen Berichte der Betitionskommission des Kantous Basel.Landschaft vom 14. Dezember 1868 stüzte sich dieser Eutscheid auf den Schluss vou Art. 64 der Kautonsversassuug, welcher also lautet: ,,Er (der Regierungsrath) versichert sich gesezlicher Verwaltuug des ,,Gemeindevermogens, sorgt dafür, dass ^ezteres niemals uuter die Ge,,meindebürger zu Eigeuthum vertheilt und Liegenschaften nie ohne seine ,,Genehmignug veräussert oder verpfändet werden.^ "Er (der Regieruugsrath) führt die Aussicht über ^orst^, S t e u e r ,,und G e m e i n d e v e r w a l t u u g s w e s e u und entscheidet u^er die^^ ,,fallfi.^e Konflikte, sowie über Kompetenzstreitigkeiteu der uuteru ver^ ,,walteuden und vollziehenden Behorden , worüber durch eiu Gesez das ,,Rähere zu bestimmen ist.^

108 V. Mit Eingabe vom 29. Januar 1869 sührte hierauf Herr Dr. Emil Fre^ Beschwerde bei dem Bundesrathe und stellte das Besuch : der Bundesrath mo.hte den Landrath von Basel-Landschaft anhalten, gemäss ^ 46, erstes Alinea, als oberste .Kantons- und höchste ...lussichtsbehörde, diese Steuerreklamation neuerdings an die Hand zu nehmen, einer ei^lässlichen Prüfung zu unterwersen und darüber zu entscheiden, eventuell: es wolle der Bundesrath von sich aus dasjenige vorkehren, was der Landrath zu thun verweigert habe, nämlich die fraglichen ^erfassungsverlezungeu annulieren und die vom Rekurrenten angestrebte Remedur eintreten lassen.

VI. Die Regierung des .Kantons Basel Landschaft beantwortete diese Beschwerde unterm 9. Juni 1869 und bemerkte zunächst, dass sie diese Angelegenheit an den Landrath gewiesen habe, weil die Besehwerde gegen einen Entscheid dieser leztern Behorde gerichtet sei, dass aber der Landrath sie - die Regierung - beauftragt habe, hierauf zu antworten.

dieses geschah im Wesentlichen wie folgt: Rekurrent habe die sogenannte ^aushaltuugssteuer (die er Kopfsteuer ueune^ schon seit eiuer Reihe von Jahren entrichtet. Der dies-

fällige Ertrag werde allerdings für Beholznug des katholischen Bfarrers

und der Lehrer von Arlesheim verwendet. Allein diese Abgabe stehe.

offenbar nieht im Widerspruche mit ^ 1 3 , erstes Alinea der KantonsVerfassung, also lantend: .,Die Glaubensfreiheit ist unverle^lich^, .-- denn durch diese .Abgabe werde Rekurrent in seiner religiosen Glaubensfreiheit nicht beschränkt. Uebrigens reiche, nach der Behauptung des Gemeinderathes von ...lrlesheim, jene Abgabe nicht einmal hin für die Beholzung der Lehrer und es werde der fehlende Rest durch die Gemeindekasse

gedekt.

Der Besehluss der Gemeinde .Arlesheim stehe ebenfalls nicht im

Widerspruche mit den vom Rekurrenten angerufeneu ^ 5 und 24 der Kantonsv.^rsassnng, denn ersterer laute: ,,Es gibt keine Vorrechte des Ortes, der Gebnrt, des Standes, ,,des Vermögens , der Personen und Familien. Die Bürger siud alle .gleich vor dem Geseze und den Behorden.^ ^ 24 besage : ,,...luslageu ^ur Bestreitung von S t a a t s ausgaben sollen möglichst ,,gleichmässig auf alles Vermogen , Einkommen und allen Erwerb der ,, Einwohnerschaft des Landes verlegt werden, auch Liegenschasten im ,,Lande nicht angesessener Eigentümer sallen unter diese Bestimmung.^ Jm vorliegenden Falle handle es sich aber um G e m e i n d e ausgabeu, in Bezug auf welche durch die Verfassung uichts Räheres festgestellt werde.

109 Angesichts des oben zitirten ^ 64 und des ^ 34 der KantonsVerfassung, welch^ lezterer lautet : ,,Die gesezgebende, oberste vollziehende ,,und oberste richterliche Gewalt sind getrennt. Keine dieser Gewalten .,dars in den Geschästskreis der andern eingreisen, sondern jede soll in ,,ihrem Wirkungskreise selbststäudig handeln,.^ - sei der Landrath verpflichtet gewesen, die materielle Behandlung dieser Steuersrage abzulehnen, andernsalls er in den Gesehästskreis der Regierung eingegriffen und sich dadurch selbst einer Versassuugsverlezung schuldig gemacht hatte. Kraft der durch ^ 46 der Kantonsversassung dem Laudrathe zukommenden .^Oberaufsicht habe diesem nur das Recht zugestanden , die Beschwerde nach allen Seiten zu untersuchen uud zu prüfen und wenn er sie begründet gesunden hätte, solche Massregeln zu treffen, die geeignet gewesen wären, ähnlichen Klagen für die Zukunst vorzubeugen.

Diese ^ 34 und 46 seien stets in diesem Sinne interpretirt worden , wofür eine Reihe von Landrathsbeschlüssen angeführt werden konnte.

Die Regierung schloss mit dem Antrage , es sei diese Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

. VH. Der Rekurrent hat mit Eingabe, de dato 25. Jnli 1869, eine nachträgliche Erläuterung seines Rekurses eingesandt, welche namentlieh bezwekt, die Antwort des Regierunsrathes aus seine Beschwerde zu widerlegen.

J n Er w ä g u ng : .

1) .......er natürliche Ausleger der Versassuug des Kautons BaselLandsehast ist der dortige .^audrath. Es steht den Bundesbehörden aller-

dings die Vrüsuug zu, ob durch eine solche Auslegung Unbill, Gefährde

oder Unterdrückung geübt werde, und sollte dieses der ^all sein, so steht ihnen das Recht der Jntervention ^u. Eine solche erweisliehe Verlegung der Versassuug liegt aber uicht vor. es lässt sich die gegebene Jnterpretation ganz gut mit dem Wortlaute der Verfassung vereinigen. Unter diesen Umständen kann es nicht ^ache der Bundesbehorden sein , dem Landrathe des Kautons Basel-La...dschast eine andere Auslegung aus^uzwingen.

2) Betreffend das eveutuelle Gesuch des Rekurrenten, so ergibt sich aus den vom Regierungsrath und der Vetitionskommission des Landrathes augesührteu faktischen Verhältnissen, dass eine Verlegung der Artikel

13 uud 24 der Verfassung nicht vorliegt. Die Gemeinde. Arlesheim ist

^um Beenge der Steuer berechtigt und erhebt dieselbe von allen Bürgern gleich. Wenn der Rekurrent glaubt, es sollte gegenüber jedem einzelnen .Bürger untersucht werden . ob er von der betreffenden Steuer einen direkten oder indirekten persönlichen Ruzen habe, so ist dieses nicht richtig, aus eine solche Uutersuchung kaun sich eine Steuerbehörde bei Erhebung

110 allgemeiner Abgaben nicht einlassen. Es wird auch noch bestritten, dass Herr Frey an das katholische Bfarramt in Arlesheim etwas beitrage, indem die jährlich bezahlten Fr. 2 nicht einmal hinreichen , um das .Lehrerpersoual zu bezahlen.

3) Der Gruud, warum die auswärts wohnenden Bester von Liegen^ schasten von der Schulhausfteuer befreit sind , ist in den vorliegenden Akten nicht aufzufinden. Wenn der .^emeindebeschluss vom 6. Mai 1866 in dieser Hinsicht etwas auffallend ist, so liegt darin doch keine Verlegung des Artikels 5 der Versassuug, weil nicht einzelne bestimmte Personen oder Liegenschaften besreit sind, sondern ausnahmslos alle .Liegenschaft....^.

besser, mogen sie Angehörige von Arlesheim oder Bürger des Kantons .Basel-Landschaft oder eines andern Kantons sein,

b e schl o s s e n : 1.

Es sei der Rekurs als unbegründet abgewiesen.

2. Sei dieser Beschluss der Regierung des Kantons Basel^Landsehast für sich und zuhauden des Landrathes und der Gemeinde Arlesheim, sowie dem Rekurrenten, Herrn Dr. Emil Fre.^ zu Arlesheim, unter

Rüksendung der Akten mitzntheilen.

B e r n , den 23. August 186..).

Jn. ^amen des schweizerischen Bundesrathes,

Der Bundespräsident: .^elti.

Der Kandier der Eidgenossenschaft.

Schiel

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Bundesrathsbeschluß in Sachen des Herrn Dr. Emil Frey in Arlesheim, Kts. BaselLandschaft, betreffend Besteuerung und Kompetenz für Steuerfragen. (Vom 23. August 1869.)

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06.11.1869

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106-110

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