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Schweizerisches Bundesblatt.

XI. .Jahrgang. lI.

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Nr. 35.

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.19. Juli 1859.

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Botschaft des

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend die Anwerbungen für fremden Kriegsdienst.

(Vom 13. Juli 1859.)

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Tit.!

Seit der Regeneration von 1830 haben eine Reihe von Kantonen .den Abschluß von Militärkapitulationen verboten.

Die Bundesverfassung von 1848 erhob dieses Verbot zu einem all.gemein schweizerischen.

Es. war dieß der endliche Sieg des seit Jahrhunderten gegen das Söldnerunwesen geführten Kampfes.

Die Ereignisse in Jtalien von 1848 und 1849 veranlaßten die gesezgebenden Räthe zu einem weitern Schritte, nämlich zum Verbot der Werbungen für den fremden Kriegsdienst, also auch der Werbungen für .die noch nicht zu Ende gelaufenen Militärkapitulationen.

Jn dem Strafgesezbuehe für die eidgenössischen Truppen vom 27.

August 1851 ward bestimmt: ^ ,,Wer Leute, die auf den eidgenössischen oder den kantonalen Mann.,,schaftsverzeichnissen stehen, in sremden Militärdienst anwirbt, macht sich .,,des Falschwerbens schuldig. Die Strafe des Falfchwerbens ist: .

. . (Folgt nun die Feststellung der Strafe nach verschiedenen Abstufun.gen, je nachdem die Anwerbung in Kriegszeiten, oder gegen Leute im .aktiven Dienste, oder gegen solche im Jnstruttionsdienste, oder gegen solche,

die sich nicht im Dienste befinden, geschah.) (S. eidg. Ges. Sml.,

.Bd. ll. S 639, Art. 98.) ..

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Jn dem eidgenössischen bürgerlichen Strafgesezbuche vom 4. Hornung 1853 wurde ferner festgestellt: .

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Bundesblatt. Jahrg. XI. Bd. II.

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,,Wer Einwohner der Schweiz für verbotenen fremden Militärdienst ,,anwirbt, wird mit Gefängniß (bis auf 6 Jahre) und Geldbuße (bis aus

,,Fr. 10,000) bestraft...

,,Diese^ Strafandrohung gilt auch für die Angestellten^ .von .Werb...

,,bureaux, welche außerhalb der Schwe^errichtet werden, um das Verbot ,,der Werbungen auf schweizerischem Gebiete zu umgehen..^ Die ^Bui.idesbehörden gaben sich alle Mühe , diese ^Verbote und Strafbestimmungen wirksam zu handhaben. Die Bemühungen waren jedoch nicht ^dnrchwegs von Erfolg; aus zwei Gründen: Benachbarte Staaten gestatteten die Errichtung von Werbbüreaux in der Nähe unserer Gränzen, von wo aus die Werbungen möglichst .geheim in die Schweiz hinein betrieben wurden. Erhobene Reklamationen bei den benachbarten Regiexungen führten in den meisten Fällen zu Nichts. Sodann zeigten die Polizei^ behörden und Gerichte einzelner Kantone geringen Eifer in der Verfolgung und Bestrafung der dießsälligen Uebeitretung...n der eidgenössischen Strafg.s^.

Die neuesten Erscheinungen in Jtalien machen es der Schweiz zux Pflicht, zu wirksamen Maßnahmen zu schreiten.^ Wenn die Frenidenregimenter in Rom und Neapel auch mit Unrecht S c h w e i z e r t r u p p e n genannt werden; wenn die darin dienenden Schweizer auch gegen die Geseze des Bundes angeworben wurden :^ so ist dennoch nicht zu läugnen , daß die sraglichen Truppenkörper in Jtalien altgemein als ,,Schweizerregiinenter^ gelten und die Schweiz dafür verantwortlich gemacht wird ; dazu kommt die Thatsache, daß auch bei der französischen Armee in Jtalien Freindenxeginienter sich .befinden , wovon eines vorherrschend aus Schweizern zusammengesezt ist. Je nach der weitern Entwiklung des Krieges könnte also der Fall leicht eintreten, daß Fremdenreginienter gegen Frenidenregimeiitex und ^damit also auch Schweizer gegen Schweizer kämpfen müßten. Diese bedauerlichen Vorkommnisse früherer Zeiten dürfen im Jnteresse der Würde.

und Moral der Schweizernation sich nicht .wiederholen. Ueber die Zuständigkeit der Bundesversammlung, hier maßgebende Grundsäze aufzustellen, dürfte kaum ein .Zweifel walten. Die Kompetenzfrage ist früher bei Aufstellung des .Wexbverbotes in den Jahren 1849 und 1855 umfassend und gründlich erörtert und jeweilen im bejahenden Sinne entschieden worden..

Wenn nun in Beziehung auf die Hauptfrage, auf das Prinzip, die Kompetenz zugegeben wurde, so wird sie kaum bezweifelt oder in Abrede gestellt werden können, wenn es sich um .die Ausbildung der Konsequenzen handelt, die ans jenem Principe sich herleiten lassen und Init demselben im nächsten Zusammenhange stehen. ^lls eine Weiterbildung der von der h. Bundesversammlung bereits erlassenen Werbverbote, als eine Ergänzung wahrgenommener Luken wird das Gesez aufgefaßt werden müssen, welche^ wir anInit bei Jhnen zu befürworten die Ehr^ haben.

Als nothwendig.. Ergänzung zu den bisherigen Gesezesbesti.uniungei..

uber die Werbungen gehört .vor Allem, daß nicht bt.oß .^r Werber, son.dern auch derjenige, der sich .anwerben laß:, bestrast wi.^ Es r.^mt sich

21.^ in der That schlecht, daß, wenn die Werbung als verpönte Handlung erklärt wird, dann nur der eine Theilnehmer strafbar, der. andere aber straffrei seinsoll. Als Strafe für die^ Angeworbenen können in Frage gezogen werden..

der Verlust des Bürgerrechtes, wie ihn z. ^B. die französische Gesezgebnng für jeden Franzosen androht, der. sich ohne Einwilligung der Regierung in fremden Dienst begibt; oder der Verlust des Aktivbürgerrechtes, nebst einigen andern politischen Rechten, die sich an das Bürgerrecht knüpfen..

Dieß entspräche mehr dem englischen Systeme. Ein ^brittischer Unterthan, der sich ohne Erlaubniß in fremden Dienst begibt, verliert alle Sehuzansprüche eines englischen Bürgers, wird aber nicht der Pflichten eines solchen gegen sein Vaterland. entbunden. Wir gelten dem leztern Systeme deu Vorzug; damit die Strafe wirksamer. fei, .ist damit jedoch eine angemessene Dauer von Gefängniß zu verbinden.

Diese Strafe würde gegen Jeden angewendet, der sich vom Jnkrafttreten des neuen Gefezes an anwerben läßt. Auf die bereits früher Angewordenen kann das Gesez nicht znrükbezogen werden. Wenn ein solder jedoch nach abgelaufener Dienstzeit sich neu anwerben läßt, so verfällt er in Strafe selbst dann . wenn die neue ^erbung nicht ^auf hiesigem Gebiete

geschah.

^udem bedarf auch der zitirte Art. 65 des eidgenössischen Strafgesezt.^ches gegen die Anwerbenden einer .Ergänzung.

Da der fremde Militärdienst^ nicht ganz ausgeschlossen werden soll, sondern die Bewilligung zum Eintritte in solchen noch vorbehalten bleibt,

so fragt es ^fich , welche^ Behörde diese Bewilligung ertheilen soll. Wir glauben, es sei zuvörderst die Regierung desjenigen Kantons, in welchem der Betreffende feine vaterländische Wehrpflicht erfüllt oder zu erfüllen hätte; überdieß der Bundesrath, dein die Bestätigung der Kantons^ewilligung zustehen muß.

Welche Grundsäze die Kantone bei solche^ Bewilligungen zu befolgen ha^en, ift hier nicht zu erörtern; der Bu^d hingegen .wird sich bei feiner Bestätigung dadurch leiten lassen, daß der siemde Kriegsdienst künftig nicht mehr als gemeiner Söldnerdienst, sondern ^.wesentlich nur als Mittel der Ausbildung von Führern und Offizieren für die eigene Armee erscheinen darf. ^ Damit fällt dann auch die bedauerliche Erscheinung atlinälig von selbst dahin, daß schweizerische Soldtruppen inr Dienste von Fürsten gegen die Sache des Volkes dienen.

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.Jn Beziehung auf das Strafverfahren würden wir es vorläufig bei den bestehenden Einrichtungen bewenden lassen, in der Hoffnung, daß die Kantone je länger je niehr zur vollständigen ^lusmärzung der schweizerischen Unsitte des alten Reislausens Hand bieten werden. i.^ine Abänderung des bisherigen Verfahrens erscheint nicht wol als rathfam oder zulässig , ohne eine Umgestaltung der ganzen eidg. Jurisdiktion , die ^inzwischen vielleicht nicht mehr lange verschoben werden kann , fondern mit Rüksicht a^f die gewonnenen .Erfahrungen zur^Hand genommen werden muß.

llebrigei^s hat bekanntlich jezt schon der Bundesrath die Besugniß,

einzelne Fälle der.. Bundesji.stiz zu überweisen,

sofern er dieß

für ange..

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messen erachtet ^und es nicht vorzieht, dafür die kantonalen Gerichte iu.

Anspruch zu nehmen.

^ ^ Demnach haben wir die Ehre, Jhnen nachstehenden Gesezentwurf zur.

Genehmigung vorzulegen, und benuzen diesen .^lnlaß, Sie, Herr Präsident, Herren National- und Ständeräthe, unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

Bern, deu 13. Juli 1859.

Jm Namen des schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: ^tämpfli.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schieß..

Gesezeutwurf.

der

Die Bundesversammlung schweizerischen Eidgenossenschaft,

in Erwägung, daß zu wirksamer Verhinderung der ^Anwerbungen für sremden Kriegsdienst und allniäliger Untexdrükung des schweizerischen SöldVerdienstes im Auslande eine Ergänzung der. hierauf bezüglichen StrafBestimmungen nothwendig erscheint; nach Einsicht eines Berichtes und Antrages des Bundesrathes,

beschließt: Art. 1. Der Eintritt eines Schweizers in fremden Militärdienst, ohne Bewilligung der kompetenten Behörden, ist verboten.

Die Ertheilung der Bewilligung steht der Regierung desjenigen Kantons zu, dessen Mannfchaftskontingent der Betreffende zugetheilt ist, oder

dem er bei wirklicher Militärpflichterfüllung zugetheilt würde; die ertheilte Bewilligung bedarf jedoch , um wirksam zu sein , der Bestätigung des .Bundesrathes.

Für Offiziere .des eidgenössischen Stabes ist nur die^ Bewilligung des Bundesrathes erforderlich.

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Art. 2. Jeder Schweizer. welcher ohne die im vorigen Artikel vorgeschriebene Bewilligung. in fremden Militärdienst eintritt, verwirkt das

Aktivbürgerreeht (Art. 7 des Bundesstrafrechtes) und begibt sich, für so

221 ^ange er im Auslande verweilt, jedes Anspruches aus den Schuz und . die Rechte, welche ein Schweizer im Auslande von den.. schweizerischen Agenten und von der heimatlichen Regierung anzusprechen hat.

Diese Folgen treten von Rechtes wegen ein , ohne daß es eines ge.richtlichen Urtheils bedarf; überdies^ verfällt ex einer Strafe von einem.

Monat Gefängniß.

Die Verwirkung des Aktivbürgerrechtes erlischt mit dem Ablaufe von zehn Jahren, vorn Tage an gerechnet, wo die Gesängnißstrafe an dem Betreffenden vollzogen worden ist.

Dieser .Artikel ist unvoxgreiflich den befondern Strasbestimmungen, welche eidgenössische^ oder kantonale Geseze gegen diejenigen Militärpflichtigen aussprechen , die ohne Anzeige oder Erlaubniß das Vaterland verlassen oder auf den Ruf des Vaterlandes zum Militärdienste sich nich.^ stellen.

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Art. 3. Der vorige Artikel gilt auch gegen diejenigen Schweizer,.

welche zur Zeit bereits in fremdem Kriegsdienste sich befinden , sofern die^ selben nach Ablauf ihrer Dienstzeit ohne die im Art. 1 .vorgesehene Bewilligung sieh neu anwerben lassen.

Art. 4. An die Stelle des Axt. 65 im eidgenössischen Bund..sftrafrecht, vom 4. Hornung 1853 (aiuti. Gesezsammlung, Bd. 111, S. 424), treten folgende Bestimmungen : Wer Schweizerbürger für fremden Militärdienst anwirbt , wird mit Gefängniß von drei Monaten bis zu einem Jahre, verbunden mit einer Geldbuße von Fr. 100.^-1000 bestraft.

^ Diese Strafandrohung gilt auch für diejenigen Personen , welche die .Bestrebungen fremder Werbbüreaux, die außerhalb der Schweiz errichtet werden , um das Verbot der Werbung auf Schweizergebiet zu umgehen, durch ihre Tätigkeit irgendwie unterstüzen, z. B. durch Annahme vou Dienstbegehren, Haltung von Anmeldungsbüreaux, Bezahlung von Reisekosten, Verabreichung von Marschrouten oder Empfehlungen, Führung von Transporten u. dergl.

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Jst der Fehlbare ein Schweizerbürger , so ist er überdieß ^.Verluste des Aktivbürgerrechts zu bestrafen.

mit dem

Art. 5. Dieses Gesez tritt sofort in Kraft, mit Ausnahme des Art. 3, der erst nach drei Monaten, von jezt an gerechnet, in Wirksamkeit tritt.

Der Bundesrath ist mit der Bekanntmachung und Vollziehung desselben beauftragt. Er wird, so weit thunlich, dafür sorgen. daß diesel .Gesez auch den im Zustande befindlichen Schweizern zur Kenntniß gelange.

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Botschaft des Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend die Anwerbungen für fremden Kriegsdienst. (Vom 13. Juli 1859.)

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19.07.1859

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