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Schweizerisches Bundesblatt

XI. Jahrgang. I.

Nr. 11.

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12. März 1859.

Bericht der

ständeräthlichen Kommission über den Gesezentwurf, betreffend die Organisation und die Instruktion des eidg. Stabes.

(Vom 20. Januar 1859.)

Tit.!

Die verschiedenen Beurteilungen , die der uns vorliegende GesezEntwurf im Nationalrathe erfahren, haben am 17. laufenden Monats zu dem Entscheide geführt, durch welchen diese Behörde beschloß, a n s d e n G e g e n s t a n d nicht e i n z u t r e t e n .

Jhre Kommission schlägt Jhnen einmüthig vor, dem Besehlusse des Nationalrathes beizutreten.

Da schriftliche Berichte über die Gründe der Ansicht, die im National-

rathe die Oberhand gewann, nicht vorhanden find, so halten wir es sür .angemessen, Jhnen diejenigen .auseinander zu sezen, welche uns zu dem Antrage bewogen, dessen Annahme wir die Ehre haben, Jhnen zu empsehlen...

.ll.

Allgemein und einstimmig wird anerkannt, daß die Organisation und besonders die Jnstruktion des eidg. Generalstabes sehr vieles zu wünschen lassen. Die ständeräthliche Kommission theilt diese Meinung . sie ist von der Notwendigkeit überzeugt, daß dem jezigen Stande der Dinge in dieser Hinsicht abgeholfen werden niuß.

Um aber jedem Mißverständniß vorzubeugen, muß sie indessen bemerken , daß man den Eifer und die Hingebung der meisten Offiziere des Generalstabes verkennen würde, wenn man fie für die gerügten Uebel stände verantwortlich machen und diefelben wesentlich einem Mangel an Fähigteit , einem Abgange an Pflichtgefühl zuschreiben wollte.

Jn der Beschränktheit der durch unsere Organisation dem Studium Zugemessenen Zeit und der Unterrichtsmittel gegenüber der Masse von KenntBundesblatt. Jahrg. XI. Bd. 1.

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178 nissen, die ein Generalstabsosfizier befizen miiß, liegt nach der Ansicht de.^ Kommission das wirkliche Hinderniß, das beseitigt werden muß.

Bei einer Prüfung der Vorschläge, die in dem vom Bundesrathe ausgearbeiteten Gesezentwuxfe enthalten sind , müssen dieselben in zwei Abtheilungen gebracht werden.

Die einen bilden Abänderungen .oder Zusäze zu dem. Geseze über die eidg. Militärorganisation vom 8. Mai 1850.

Sie fallen ihrer Befchafsenheit nach in das G e b i e t d er G e s e z g e b i i n g und erfordern demnach

die Mitwirkung der gesezgebenden Gewalt der Eidgenossenschaft.

Die andern bestehen in solchen, welche dnrch Verordnungen, Weisungen , Kreisfchreiben , die der Buudesrath in Anwendung der ihni dur..^.

das Bundesgefez vom 8. Mai 1850 und namentlich durch die Artikel 11.^ und 115 desselben eingeräumten Befugnisse erlassen würde, ins Leben geführt werden könnten.

Jn die erste dieser Abtheilungen bringen wir die Bestimmungen, welche

in den Artikeln 1, 2, 3, 4, :..., 7, 8, 9, 10, 19 und 20 enthalten find^

und die beschlagen: Axt. 1, die allgemeine Organisation und Eintheilung des Generalstabes.

,, 2, die Zahl der eidg. Obersten nnd ihre Eintheilung iu Divifionärs und Brigadiers.

.. 3, den Bestand des Generalstabs und die Aufnahme von.

Generalstabsoffizieren mit dem Grade erster Unterlieutenants.

^ ... 4 u. 5, den Bestand des Genie- und des Artilleriestabes und^ die Vermehrung dex Za^hl der Oberossiziere für diese

Stäbe.

,,

.', 8 und 9, den Bestand des Kommissariats- und des Gesundheitsstabes, und die Festsezung der Zahl gewisse^ Klassen von Beamten dieser Stäbe, welche Zahl bisher unbestimmt war.

,,. 10, die Bildung einer Reserve für den Stab.

,, 19, die Versezung von Stabsoffizieren in die Rerserve.

... 20. den für die Ausrüstungskosten den subalternen Stabs^ ossizieren zu bewilligenden Beitrag.

Zu der zweiten .Abtheilung der Bestimmungen des Gesezentwurfes^ das heißt zu d.r Klasse derjenigen. welche zum Gegenstand von Regle^ menten oder Beschlüssen des Bundesrathes, gemäß dessen Befugnissen, gemacht

werden könnten, zählen wir die Artikel 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17..

21, 22, 23, 24, 2.5, 26, 27--34, welche behandeln Art.

,,

11, Landesabwesenheit und Urlaub.

12 und 13, d.e Maßnahmen zuiu Zweke, sich über die Kenntnisse derjenigen Gewißheit zu verschaffen, welche zu Ossizieren oder Aspiranten des eidg. Stabes vorgeschlagen werden.

179 Art. I 4 und 15, die Bedingungen zur Aufnahme iu den eidg.

Stab für jeden Grad.

,, 16, .^7 und 2l, die Beförderungen im^ eidg. Stab und die ^Entlassungen.

,, 22, die dem Bundesrath zu ertheilende Ermächtigung , Offiziere aus den Listen des eidg. Stabes zustreichen, welche seiner Ansicht nach dazu Grund geben sollten, Diese Bestimmung würde diejenige verstärken, welche im Art. 130 des Gesezes über die eidg. Militärorganisation enthalten ist..

,, 23 und 24. die Ordonnanzoffiziere.

,, 25, die Berechtigung jedes eidg. Obersten, einen ihm per-

,,

sönlich zugetheilten Stabssekretär zu wählen, welches Recht, beiläusig gesagt, schon durch das bestehende Gesez zugestanden ist.

26. 27 und 28, eine Vervollständigung der Vorschriften des besiehenden Gesezes, betreffend die jedem Stabsoffizier auferlegte Verpflichtung, auch in dem Kanton feines Wohnortes zu dienen, wenn er da^u aufgefordert wird, und beim Austritt aus deiu eidg. Stab mit dem .gleichen Grade in die Kantonaltriippen zii treten. wenn er noch

im dienstpflichtigen Aiter steht; endlich die Regelung der

administrativen Beziehungen zwischen den eidgenössischen und den kantonalen Militärbehörden. in Betreff der Aenderungen ini Personal des eidg. Stabes.

,, 2!) bis 34, die Jnftruktion des eidg. Stabes.

Jn Betreff mehrerer dieser Artikel macht der Bundesrath selbst aufmerksani, daß fie ^eben fowol in den Bereich der Reglemente, als in das Gebiet der Gesezge^ung gehören.

Wir erkennen jedoch leicht, daß die Frage über die Besiigniß des Bundesrathes d e r F o r m nach, die er zur e^rrei.^ung des diesen Artikeln zu Grunde liegenden Zwekes wählen möchte/ zu Deutungen und Widersprüchen Anlaß geben könnte.

Jndefsen würde der Bundesrath. indem er bald in Form ^on Reglementen, bald mitteis ..^reisschreiben und Weisungen verfügen, u..id endlich eine regelmäßige,^ feste Verwaltungsweife annehmen würde, ohne Zweifel den vollen Umfang der Maßnahmen dieser ^weiten Abtheilung erzielen können. ohne die Schranken der Artikel 110 und 115 im Geseze über die eidg. Militärorganisation zu überschreiten , deren Wortlaut wir hier wiederholen zu sollen glauben:

Art. 1l0.

Der B u n d e s r a t h e n t w i r f t di^ R e g l e m e n t e

und erläßt die Jnstruktionen.,. w e l c h e zur Durchführung der M i l i t ä r o r g a n .sation. des Unterrichts, der B e w a f f n u n g , d e r A u s r ü s t u n g u n d K l e i d u n g d e r T r u p p e n e r s o r d e r l i c h find,

180 und legt die Reglemente wichtigern B e l a n g e s der BundesVersammlung z u r G e n e h m i g u n g v o r .

Art. 115.

Dem M i l i t ä r d e p a r t e m e n ^ liegt die Vor^ b.erathung und B e s o r g u n g f o l g e n d e r G e s c h ä f t e o b : 1) ...

2) Die Anordnung und B e a u f s i c h t i g u n g des dem B u n d e ob...

B i e g e n d e n m i l i t ä r i s c h e n Unte.rrichts.

.lllll.

Jm Anfange unsers Berichtes haben wir die Meinung geäußert. daß die Menge von Kenntnissen, die .von einem Stabsoffiziere gefordert werden, in Verbindung mit der Beschränktheit der dem Unterricht angewiefenen ^eit und Mittel als die Hauptursache des Uebels zu betrachten sei, das gehoben werden muß.

Jst deni also , so liegt die Abhilfe in jedem System , welches eine Verminderung der Unterriehtsgegenstände, eine Ue^ereinstinimiing derselben mit der Unterrichtszeit und den Unterrichtsmitteln herbeiführt , die unsere Militärorganisation bietet. Außerdem wird sie in jeder Organisation des Stabes sich finden. welche nicht von jedem Offizier zn verschiedenartige, und vermöge ihrer ^rt manchmal einander entgegengesezte Fähigkeiten fordert.

Nach unserer Ansicht besteht diese Abhilfe in einem System ,. dessen Grundlage die Eintheilung des Stabes in zwei gr^ße Klassen, nämlich der zu wirklichen T r u p p e n f ü h r e r n bestimmten Ossiziere einer-, und der A d j u t a n t e n andererseits bilden^ würde, mit andern Worten, in der Errichtung eines A d j u t a n t e n k o r p s .

Diese Einrichtung hat die Autorität der Erfahrung für sich. Wenn wir nicht irren, so wird sie in Oesterreich angewendet. Jii jüngster Zeit ist sie auch von schweizerischen Offizieren warm empfohlen worden, deren Meinung von eben so unbestreitbarein als unbestrittenem Berthe ist.

Mann braucht nicht vom Handwerk zu sein. um zu begreifen. daß der Unterricht der Stabsoffiziere wesentlich vereinfacht werden muß. d^ß folglich der Dienst besser gethan wird, wenn durch die Bildung dieser zwei Abteilungen von Offizieren die einen vorzugsweise auf das Studium dessen, was die eigentliche Truppensührung beschlägt, angewiesen werden, während den andern die verschiedenen Zweige der Verwaltung und des Dienstes . aus wachen .

in der Regel der Adjutantendienst besteht, als ihre. Spezialität zufallen.

Wenn nun diese Einrichtung . für stehende Armeen . wo es doch an Zeit und Mitteln für das Studium nicht mangelt. angenommen worden ist,. so überrascht es uns, daß man. statt zu suchen . sie uns anzueignen, vielmehr dem im zweiten Artikel des Entwurfes vorgeschlagenen Mittel sich zugewendet hat.

Wir glauben, daß das System der Bildung eines besondern Adjutantenkorps an und für sich^ schon vorteilhaft ist, daß es dieß aber ganz besonders für ein Milizheer wird. Wir finden, daß es jedenfalls sorgfältig geprüft werden sollte, was aus den Akten zu schließen. die.. uns zur Prü..

snng vorgelegt worden sind, nicht stattgehabt hat.

l8I Will man diesen Hauptpunkt prüfen , so muß alles im ..ezigen Stande Verbleiben. Es ist auch begreiflich , daß die Anträge des Bundesrathes, daß unsere eigenen Entschließungen sehr verschieden sein werden, je nachdem das System, welches wir empfehlen, angenommen oder beseitigt wird.

Bevor wir diesen ersten Theil unsers Berichtes schließen, seien uns zwei Bemerkungen über die Aenderung gestattet, welche die Grundlage und vielleicht auch die Klippe des vom Bundesrathe eingebrachten Gesezentwuries ist. Wir meinen die Theilung ^der eidg. Obersten in Divisionärs und Brigadiers.

1. Der Artikel 129 des Bundesgesezes über die Militärorganisation bestimmt, daß der O b e r b e f e h l s h a b e r d i e O b e r k o m n i a n d a n t e n d e s G e n i e , der A r t i l l e r i e und K a v a l l e r i e , die K o m m a n d a n t e n der A r m e e k o r p s , d e r D i v i s i o n e n u n d B r i g a d e n und den G e n e r a l a d j u t a n t e n e r n e n n e .

Diese Bestimmung stellt also dein, der bei Truppenaiifstellungen den Befehl über die schweiz. Armee zu führen hat, es anheim, aus allen Obexoffizieren diejenigen zu wählen, weiche die wichtigen Stellen einnehmen sollen. Voin Standpunkte der Einheit und V e r a n t w o r t l i c h k e i t des Oberbefehls scheint uns, dieß sei d..iu vorzuziehen, was im Art. 2 des bundesräthlichen Gesezentwurfes vorgeschlagen wird.

^. Die Bildung von zwei Klaffen eidgenössischer Obersten könnte wol nur die einzige Folge haben, daß der Wetteifer verschwinden. würde, um einem Geiste des Verdächtiges und Herabsezens Pia.. zu machen.

Der^ erste Theil unsers Berichtes läßt sich also kurz in die Worte fassen: ,,Auf den Entwurf des Bundesrathes kann nicht eingetreten werden, weil ,,nach unserer Ansicht zu prüfen ist. ob e^ nicht angemessen. wäre, ,,die Eintheilung der eid^. Obersten in zwei ^lassen, Divisionärs ,,und Brigadiers. durch eine Theilung des Stabes in zwei große ,,verschiedene Korps zu ersezen .^ nämlich ,,in das Korps der zur eigentlichen Truppenführung bestimmten

,,Offiziere, u..d

,,in dasjenige der Adjutanten.^ t.i .

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.

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. Wir haben gesagt, daß wir für die Bestimmungen des Entwurfes, welchen durch Anordnungen, die vom Bundesrath in Anwendung seiner .Befugnisse erlassen würden, ein Genüge geleistet werden könnte, dieses leztere Verfahren vorziehen würben.

Dieß ist in der That unsere Meinung, welche zu begründen uns .noch übrig bleibt.

.182 Wir nehmen nicht grundfäzlich und unbedingt an, daß die Regler mente, und besonders Kreisschreiben und Weisungen, ein Verfahren bilden, welches dem gesezgeberischen, ihrer Natur nach beständigerern, klarer, wohl aneinander gefügter und ein Ganzes darstellender Erlasse vorzuziehen .wäre.

Hätten wir die Ueberzeugung, daß die gewonnene Erfahrung jezt schon als genügend betrachtet werden könnte, so würden wir durchaus kein Bedenken tragen , im gesezgeberischen Wege vorzugehen , statt im Wege der Reglemente und Verwaltungsniaßnahmen.

Allein wir finden , daß hinsichtlich der Bestimmungen , für welche in lezterer Weise gesorgt werden lann, die Erfahrung ^noch nicht ihr leztes Wort gesprochen hat; daß noch Studien und Prüfungen nothwendig. sind; daß man also das. was man in erster Linie versucht hat, noch leicht und ^hne zu großes Aufsehen zu machen, vervollständigen, ändern, beseitigen kann.

Daher soll aus administrativem Wege verfügt werden, mit dem Vorbehalte, späterhin , sofern dieß für nöthig erachtet wird , in einem Geseze die Bestiinmungen zusammen zu fassen , deren Zwekmäßigkeit die Erfahrung dar^ethan haben wird.

Aus diesen verschiedenen Gründen schlägt Jhre durch die Abwesenheit des Herrn W e n g er auf vier Mitglieder reduzirte Kommission Jhnen, Tit., einstimmig vor, dem Beschlusse des Nationalrathes beizutreten, . und demgemäß aus den vom Bundesrathe vorgelegten Gesezentwuxs, b e t r e f f e n d d i e O r g a n i s a t i o n u n d J n s t r u k t i o n d e s eidg. Stabe s nicht e i n z u t r e t e n .

^ .

B e r n , den 20. Jauuar 1859.

D e r B e r i c h t e r s t a t t e r d e r Kommission:..^

philippin.

^) ^ie ^ommission^mitgliedex waren: .^exx .^. philippin. in^enenburg.

,, ^. W e l.. i, in Aara....

.. .^. A r n o l d , in Altdvxs.

., A. .^. A m a k e x , in St. Moriz (.^altis).

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Bericht der ständeräthlichen Kommission über den Gesezentwurf, betreffend die Organisation und die Instruktion des eidg. Stabes. (Vom 20. Januar 1859.)

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12.03.1859

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