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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des Heinrich Weber, Zündholzfabrikanten in Madetsweil, Kanton Zürich.

(Vom 28. Mai 1901.)

Tit.

Petent wurde am 2. April 1901 von der Direktion der Volkswirtschaft des Kantons Zürich dem Statthalteramt Pfäffikon wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Fabrikation und den Vertrieb von Zündhölzchen verzeigt und durch Verfügung des Statthalteramtes (Datum unbekannt) mit einer Polizeibuße von Fr. 100 bestraft.

Aus den von der Kantonsregierung eingezogenen Akten ergiebt sich folgende thatsächliche Vorgeschichte der Vorzeigung: Weber, der seit längerer Zeit die Fabrikation vun Zündhölzchen mit gelbem Phosphor fabrikmäßig betrieb, hatte dieses Geschäft gemäß dem Bundesgesetze vom 2. November 1898 auf den in der Vollziehungsverordnung festgesetzten Termin vom 1.Juli 1900 einstellen müssen und bemühte sich in der Folgezeit, seine Fabrik zur Anfertigung von Zündhölzchen nach einem ändern, dem Gesetze entsprechenden Herstellungsverfahren einzurichten.

Seine Projekte des Umbaues der Fabriklokalitäten und seine Recepte für eine neue Tunkmasse fanden indessen wegen verschiedener Mängel die Genehmigung der Bundesbehörde nicht bis zum 19. April 1901, an welchem Tage ihm unter gewissen Be-

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Am 9. März gleichen Jahres hatte eine eidgenössische Expertise in der Weberschen Fabrik stattgefunden. Nach dem Bericht des Fabrikinspektors des I. Kreises stellte sich dabei heraus, daß der Fabrikbesitzer bereits ,,Probena der Anfertigung einer neuen Art von Zündhölzchen in auffällig großem Maßstabe vorgenommen hatte (Nr. 2 der eben erwähnten Akten). Es fanden sich 29 fertig verpackte Kisten vor ; fertige Hölzchen für mindestens neun (weitere) Kisten lagen zur Verpackung bereit. Da solche Probefabrikate nur höchst geringen Wert besitzen, respektiv kaum verkäuflich sind, schlug der Fabrikinspektor dem Fabrikanten vor, sie zu verbrennen und damit den Beweis zu leisten, daßsie nur zum Zwecke der Versuche hergestellt worden waren.

Der Fabrikant lehnte dies ab und wurde hierauf wegen Übertretung des Bundesgesetzes verzeigt. Im Verhör vor Statthalteramt Pfäffikon bestritt er nicht, entgegen der Verordnung vom 30. Dezember 1899 ohne behördliche Bewilligung die vom Fabrikinspektorat konstatierte große Masse von Zündhölzchen angefertigt zu haben. Zu seiner Entschuldigung brachte er lediglich vor, was er in seinem Begnadigungsgesuche wiederholt, er sei mit der Genehmigung der den Aufsichtsbehörden eingesandten Probemuster derart hingehalten worden, daß er in Gefahr gestanden, seine Kundschaft zu verlieren, was er nicht so leicht habe geschehen lassen können.

Die Verzögerung der vom Petenten nachgesuchten Genehmigung der Wiedereröffnung seines Fabrikbetriebes wurde somit von ihm selbst verschuldet, und zwar dadurch, daß er erst im April 1901 sich über die zu dieser Genehmigung notwendigen Requisite auswies. Im übrigen muß er anerkennen, das Gesetz wissentlich übertreten zu haben und kann er auch nicht bestreiten, daß die angeblich als ,,Probemustera angefertigte, bedeutende Quantität Zündhölzchen zum Absatz an seine Kundschaft bestimmt gewesen sei. Unter solchen Umständen und bei den günstigen ökonomischen Verhältnissen des Fehlbaren ist keine Veranlassungvorhanden, die vom Statthalteramt auf das gesetzliche Minimum beschränkte Strafe ganz oder teilweise zu erlassen.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Vesammlung den A ntrag:

496 Es sei das von Weber gestellte Begnadigungsgesuch abzuweisen.

B e r n , den 28. Mai 1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Begnadigungsgesuch des Heinrich Weber, Zündholzfabrikanten in Madetsweil, Kanton Zürich. (Vom 28. Mai 1901.)

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29.05.1901

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