#ST#

schweizerisches Bundesblatt.

XI. .Jahrgang. .l.

Nr. 26.

#ST#

11. .Juni 185.).

Auszug aus

.dem vom schweiz. Generalkonsul in Leipzig an den Bundesrath eingesandten Berichte über das .Jahr 1858.

Für L e i p z i g sind die Messen die eigentlichen Knotenpunkte der Handels- und Verkehrsbewegung des Plazes , woran sich im großen Ganzeu der Eharakter.des Geschäftsganges im Jahre erkennen läßt. Es soll daher im Allgemeinen über den Verlauf. der beiden Hauptmessen zu Ostern .und zu Michaelis vorerst Einiges bemerkt werden.

Jm vorjährigen Berichte) ist gesagt worden , ,,daß die Hoffnung Vollkommen berechtigt fei, es werde schon die Leipziger Jubilate-Messe willikommene Anzeichen des wiederauflebenden Vertrauens in den Manufakturund Fabrikwaarenhandel bringen. weil selbst die Folgen der großen Handels.krise nicht im Stande feien , das auf Bedarf und richtige Berechnung

Desselben gegründete gesunde Geschäft in Leipzig und Sachfen , überhaupt

in Deutschland , aus lange Zeit brach zu legen. Und so bewahrheitete ..s stch auch in der JubilateInesse.

Denn die Kundschaft aus dem Z o l l v e r e i n trat auf sehr zufrieden-

.stellende Weife in den Markt, und felbst O esterreich betheiligte fich

.wider Erwarten zunehmend. Gleiche Erscheinung zeigte sich in der Michaelismesse. Dagegen gestaltete sich das Geschäft mit der M o l d a u und W a l l a c h ei und den anderen Ländern des O r i e n t s sehr schlecht. Es fehlte erfterer nicht allein an Geld und Kreditmitteln , uin zu kaufen, sondern sie vermochten auch nicht die alten Rükstände zu deken.

Die .Russen und P o l e n wurden aber durch die unvorteilhaften Kurse und .den Fall mehrerer Banquiers in Warschau und an andern Orten in ihren Unternehmungen gehemmt. Ende Mai wurde manches Haus durch Nicht-

S. Bundesblatt v. J. 1858, Band 1, Seite 385.

Bundesblatt. Jahrg. XI. Bd. I.

68

710 eingang von Forderungen an Schuldner der eben geschilderten Kategorie in schwere Verluste versezt.

Nach einem ungefähren Ueberfchlage soll der .....Betrag der Verluste , welche der Leipziger Großhandel in Fabrik- und Manufakturwaareu seit dem Ausbruche der Krise bis Mitte des Jahren hauptsächlich im sogenannten o r i e n t a l i s c h e n G e s c h ä f t e erlitt, sich über 2 Millionen Thaler belausen ; und diese Summe hat sich bis zur Michaelismesse noch gesteigert. namentlich von Ja ss.) aus, dem wichtigsten Handels..

pl^ze in der Moldau. Aber^auch Rußland und Polen sind bis zu diesem Augenblik noch nicht ihren friihern Verbindlichkeiten ganz nachgekommen.

Dagegen waren die Geschäfte in der Wallachei besser, und namentlich

hat fich Bukarest kauflustig und zahlungsfähig gezeigt, freilich in Bezug.

auf die Masse in einem gegen frühere Zeiten verminderten Grade , als Folge des unmittelbaren Geschäftsverkehrs mit französischen und englischen Märkten. Dennoch vexnachläßigt der Bukarester nicht gänzlich den Leipziger Plaz , weil ihm derselbe zur Sortirung erforderlich ist , und selbst im Fall des Zustandekommens des Pesther Freilagers wird für die feinen Artikel der Schweizer.^Jndustrie, z. B. für gestikte Waaren. Bänder und Uhren, der Leipziger Plaz immer von hoher Wichtigkeit bleiben, selbst wenn auch nur das orientalische Geschäft dabei ins Auge zu fassen wäre, was sich , Dank der deutschen und österreichischen Eisenbahnen und der kraftvollen Handhabung der österreichischen Dampfschifffahrt, mehr und mehx ausdehnt.

Der bis jezt bestehende .^ollvertrag mit Oesterreich hat bessere Folge...

gehabt als Manche zuzugeben geneigt sind. Die Zufuhr österreichischer Waaren auf der Messe hat sich vermehrt. . Ganz besonders aber hat mau Ursache, an einen stätigen guten Abfaz gewisser zollvereinsländischer Waareu in Oesterreich zii glauben.

Der regelmäßige Abfaz Berliner- und rheinischer Seidenwaaren und sächsischer feiner ^ollenartiket , ferner baumwollener und wollener Strümpfe und Handschuhe ist unzweifelhaft. Jn dein vergangenen Jahre hat der Uebergang Oesterreichs zu einem andern Münzfuß^ in Folge Vertrags mit den andern deutschen Regierungen , manche Unzuträglichkeiten mit stch gesührt, die hoffentlich jezt, nachdem am 3. Januar die Baareinlösiing des^ sämnitiichen Bankpapiergeldes ihren Anfang genommen hat und zugleich das a.te Papier nach dein Eonventionsfuße gegen Papier neuer Währung umgetauscht wird. ihre Endschast erreichen ; auch werden die neuen Verhandlungen zwischen Abgeordneten der kaiserlich österreichischen Regierung und den hervorragendsten Zollvereinsstaaten zur Herbeiführung gegenseitiger Verkehrserleichterungen, die dem Vernehmen nach in diesem Jahre in Wien stattfinden sollen, jedenfalls manche Schranke beseitigen.

Leider sind die Bestrebungen Oesterreichs, S a c h s e n s und Hainb u r g s , hauptsächlich P r e u ß e n s , wegen Herabsetzung der Elbzölle an dem Widerstand von H a n n o v e r , M e k l e n d u r g und D ä n e m a r k bei der sogenannten .Eidtonferenz in Hamburg gescheitert. Es heißt aber. die

^

711 Verhandlungen sollen aus diplomatischem Wege wieder ausgenommen werden. Die Bemühungen Preußens und anderer Zollvereinsstaaten , die Durchfuhrzölle abzuschaffen , haben bekanntlich zu keinem Ziele geführt, weil B a d e n nicht eher darauf eingehen wollte, als bis die Rheinzöile ermäßigt seien , wogegen sich hinwieder mehrere Rhein abwärts liegende Zollvereinsstaaten stemmen.

Aus den Handel Leipzigs zurükkehrend, wird erinnert. daß die Ab..

sazgeschäfte der beiden Hauptmeffen des Jahres 1857 , aus früher entivikelten Gründen, über das gewöhnliche Maß waren. Das Jahr 1858 konnte natürlicherweife nicht in gleicher Weife ausfallen ; dennoch hält es

die Wage mit 1856. Als Beleg dieser Behauptung dient beispielsweise, daß die in der Ostermeßperiode I856 mit Benuzung der Eontirung nach dem Auslande verkauften ausländischen Fabrik- und Manufakturwaaren überhaupt 4509 Ztr. netto betrugen . und in der Ostermeßperiode dieses Jahres sich auf 42..:...... Ztr. netto beliefen.

Jn gleicher Periode 1856 wurden von den Contisten nach den Vereinslanden verkauften a u s l ä n d i scheu Fabrik- nnd Maniisakturwaaren 301,487 Rthlr. an Eingangsgesällen, 1858 aber davon 301,462 Rthr. entrichtet.

R o h e H ä u t e undF e l l e z u r L e d e r b e r e i t u n g undL e d e r aller Art giengen in den Preisen gegen lezte Ostermesse um 10--25 % und mehr ziirük. Diese Preise hoben sich aber wieder in der Michaelismesse, und es wurden in derselben folgende Preise guter Oualität bewilligt :

Prima Wildsohlenleder

.

.

per Zentner 51 --56 Rthlr.

Luxemburger Sohlleder .

.

.

,, ,, 53-56 ,, Siegener u. Malmener schwere Sohlenleder ,, 52-53 ,, Dergleichen leichtere bis 57 Eschweger Sohlenleder .. 52 Zehenleder (deutsche schwere) 52 - 53 Dergleichen leichtere .

46 - 48 Vaebeleder 38 .-42 Deutsches Wildt..randrothleder 36--40 Ferner wurde für tadelfreie Waare bewilligt in Rindsleder. deutsches .

.

.

.

p e r Pfund 14 --.16 Neugr.

Kir.s, Fahlleder

.

.

.

.

..

..

13-15

,,

Braune Kalbfelle

.

.

.

.

,,

,,

21-25

,,

Schwarze Dergleichen .

.

.

Allerdings sind diese Preise immer der Jubitateniesfe 1857.

.

,,

,,

20--22

,,

noch niedrig gegen die Preise in

Jn R a u c h w a a r e n verlies die Jubilateniesse sehr traurig. Bedeutende Opser mußten gebracht werden, die um so tieser einschritten, als alles altes. theuer eingelegtes Lager betraf. Frische Waare war noch gar nicht an Markt. Die Preise für alle P e l z w a a r e n , mit Ausnahme einiger Artikel. als Sandotter, ukrainer Lammfelle und Weißfüchse, waren 10 bis 70 % niedriger als in der vorjährigen Michaelisnieffe. Roth-

712

.

^

fuchse, Kittsüchse, Landfüchfe, Stein^ und Baummarder, Schuppen, Luchse^ Luchskazen, Landotter, Bifamkazen und ukrainer Lammfelle kaufen Ruffen,.

G r i e c h e n und T ü r k e n . Feines Pelzwerk.^ war einigermaßen begehrt.

Hernieline, Dachse, Kazen, Jltise und Kaninchen sind Artikel für England, F r a n k r e i c h , D e u t s c h l a n d und A m e r i k a , und blieben nie ohne Absaz.

Das polnische und moldau-wallachische Rauchwaaren^Geschäft lag ganz darnieder.

Das Geschäft besserte sich sehr wenig in der Michaelismesse. Nux Bisam, französische gefärbte Kaninchen- und Hasenfelle (russische und ukrainer Waare) waren leidlich begehrt.

Die Gestaltung des Handels in der Jubilatemesse in baumwollenen^ leinenen, wollenen und seidenen Waaren war tröstlicher als erwartet wurde, in Folge der schon erwähnten Einwirkung der L a n d k u n d s c h a f t , und troz des Mangels der Austräge von weit her.

Baumwollenwaaren.

Jnländische gedrukte Artikel^, desgleichen englische und schweizerische Jaeonnetts, sranzösische, feine gedrukte Jaeonnetts sanden lebhaften Absaz. Rußland kauft viel in Berliner- feinen, bedrukteu K a t t u n e n , die für den Schleichhandel bequemer sind, als die bis zum Austritt aus dein Zollverein unter Kontrole stehenden und den russischen Eingangszoll nicht zu tragen vermögenden englischen und französischen Fabrikate. Oesterreich kauft englische und französische, feine, gedrukte Jaeonnetts. Diesen Artikel vermöchte auch die S c h w e i z zu liefern. vielleicht eben so gut als d a s ^ E l f a ß . -- Mit deutschen Strumpfwaareu flaute es sehr, wenigstens in der Waare für die Ausfuhr seewärts. Be^ kanntlich konkiirriren dieselben glüklich mit Frankreich und England ans neutralen Märkten.

Baumwollene und leinene gemischte Hofenzeuge, schwere Waare, deren Hauptkäuser Amerika und der Orient liesern , lagen unbe-

rüksichtigt.

Die Ziifuhr^ollvereinsländifcher und französischer Banmwollenzeuge stellte sich fast der in der Jubilateniesse 1857 gleich, dagegen waren die Lager der Großhändler in englischen Fabrikaten nicht so gefüllt. Diesen Eharaktex im Baumwollenwaarensache behielt das Geschäft das Jahr hindurch.

Die Verkäufer in englifchen, französischen und schweizerischen Artikeln hatten keine Ursache. zufrieden zu fein, während das d e u tsch e G e s c h ä st in deutschen Waaren sich besser gestaltete.

Gleicher Art entwikelte sich der Markt in sächsischen, fchlesifchen und westphälischen L e i n e n w a a r e n .

Rußland und Oeste^reich haben in feiner Waare jedoch ^ehr gekaust, als die dentfche Kundschaft. Das Geschäft niit s e i d e n e n L a n g w a a r e n war in der Ofterinesse sehr ged^ükt. Namentlich lastete der Druk auf den Stapelartikeln zollvereinsländifcher Fabrikation, welche eine kräftige, schwere Waare zu liesern gewohnt ist, während sich für französische iieid schweizerische M o d e s t o f f e und B ä n d e r , wovon sich allerdings nicht viel Vorrath ani Plaze fand, noch einige Nachfrage zeigte. - Oesterreich und Rußland hatten d^s .meiste Bedürfniß. Polen, die Moldau und ^allachei entsprachen durchaus nicht.

713 Jn der Michaelismesse hätte ein größeres Geschäft in Seidenwaaren gemacht werden können, wenn nicht die Lager schwach und beschränkt ge.wesen wären. Es sind in der Michaelismesse 1858 Ztr. 377 Seidenwaaren weniger im freien Verkehr, d. i. in zollvereinsländifchen Fabrikaten zur Messe gebracht und 562 Ztr. weniger au ausländischen Seidenwaaren aus Meß^ und laufende Eonti angeschrieben worden, als in der Michaelis.messe 1^57.^ Man zögerte mit dem Fabriziren noch im Monat Mai, in der Hoffnung wohlfeiler Rohseidenpreise, die^ aber fehl schlug. Nun aber fehlte es an Waare zur Ausführung der Aufträge.

Trozdem ist das E ^schäst in Seidenwaaren recht leidlich gewesen, wenn man es niit dem i. der Michaelismesse 1857 .vergleicht. Denn e.^ sind vermittelst der Meß- ..und sortlaufenden Eonten nur 3 Ztr. weniger zur Eingangsverzollung, hingegen 12 Ztr. mehr nach dem Auslande abgesezt worden.

^ M i s c h g e w e b e verschiedener Art, worunter sowol im Faden als in.^ Gewebe gemischte Zeuge aus Seide . Wolle und Baumwolle zu verstehen sind, fallen zum großen Theil ins Gebiet der Mode, die sehr wechselnd ist, deren Launen aber auch durch die Fabrikation jener Stoffe sehr leicht entsprochen wird. Die alten Neapolitaines sind d^ireh das tadelnswerthe Verfahren der Fabrikanten, stets zunehmend mehr Baumwo^e unter die ursprünglichen Streichgarnfäden zu mischen, ganz in Mißkredit gekommen, und sie wurden in großen Mengen zulezt unter Preis verkauft. Ein ahnfiches Schiksal ereilte die Poil de chèvre (englisch ^orsted Schuß und Baumwollkette) aus gleichen Gründen der alimähligen Verschlechterung der an sich ursprünglich tüchtigen Waare. Vor 25 Jahren schon hatte dieser Artikel eine Glanzperiode. die a^er in gleicher Art verlief.

Mehr Glük hat die Waare mit s e i d e n e r K e t t l e , Wolle und ^Bau^wotlenfchnß aemacht. Auch kamen die sogenannten R i p s sehr in Auf^iahine (glänzende Wollenkette und vielfädiger starker Wollenfchuß oder auch ^Bauniwollenschuß.

(Leztere schon die verschlechternde Nachahmung).

Einige neue Bindungen im Gewebe, ähnlich den ^lrmüren in der SeidenWeberei hat n^n in Mischgeweben gesehen. Der Hauptcharakter des Musters ist das Großkarrirte gewesen, was sich selbst jezt noch aufrecht erhält.

Es scheint , als ob die zollvereinsländifche Konkurrenz der .Sachsen und^ Preußen mit Glük beginnt^ die unter der Bezeichnung Or l e a n s . P a r a m a t t a s . K o b u rg s , V i e t o r i a s, K a sch e In i r s, ^ l p a k a s,^ M o h a i r ^

(Mixid luster) so wichtigen halbwollenen Zeuge häusiger an Markt z.^

^ringen und die Engländer zu verdrängen. Die betreffenden Fabriken mit vollkommener Färberei und Maschinenstühlen. z. ^. in Zwickau, Zittau, Wüstegiersdorf u. f. w. sind auf d..n nennen Fuß eingerichtet .und nicht mit jenen Kauf- und Fabrikveriagsgeschästen zu verwechseln,.

durch deren Treiben die vorerwähnten Neapolitaines und Poil de chèvre untergegangen si..d und noch ..ndere gute Artikel untergehen werden. E^ sehlt nur den Fabriken an den Gespinnsten im Jniande, oder a^i eigener Spinnerei jener glatten glänzenden Kammgarne ^ (West, Alpaka, Mohair).

714

Die Richtung zieht augenbiiklich darauf hin, zu dieser Art Spinnerei überzugehen. u.n so mehr. als in den legten Jahren die Spinnerei der seiner^ weichen Kaiumgarne sehr schlechte Geschäfte gemacht und mit großen Verlusten abgeschlossen hat.

Die Meßberichte und auch andere Berichte aus Deutschland und weiter ^ntleg^.nen Ländern der deutsche^ Ausfuhr lauten übereinstimmend dahin, daß überall sich nur ein beschränkter Absaz in reichen seinen Kanimgarnstoffen gezeigt habe und auch sobald nicht auf eine Besserung dieser Lage ^des sogenannten T h i o e t g e s c h ä sts (ein G.sammtname für alle Zeuge ^us weichem deutschen Kammgarn, pure lajne, Ganzwoile) zii hoffen sei.

^Die Leipziger- und Ha.nburger^.Großhändler in den englischen .^ollenwaareu ^abeii im vergangenen Jahre keine besond^rn Geschäft... gemacht. Der .Eonto^Ver^ehr in der Michaelismesse in ausländischen Wollenwaaren ist ^. B. gegen den der Michaelismesse voir 1857 um 1902 .^tr. zurükgeblieben.

Jn woile.nen Tüchern nnd tuchartigen Stoffen gieng die Jubilateinesse ^en Umständen nach fo recht leidlich in guten Artikeln. Geringe Waare und Sommersione konnten nur zu sehr ermäßigten Preisen begeben werden, und Vieles b.iev liegen.

Die Fabrikanten aus Erimniizschau , Kirchberg, Leisnig. ^Lengenfeld, Werdau, NeudaInIn, Spreiuberg, Sagan, Sorau , Sonimerfeid, Finster..

walde, Schwiebus und Guben muffen bei starken Lagern sehr billig ver..

kaufen.

Melirte Tücher und schwarze Satins fanden fast keine Ab.^ehmer. Roßwein. Döbeln, Große.chain , Bauzen. Eanienz, Bischofs.werda, Forsta, Eottbus, Peiz, Grün^rg. Erossen. Züllichan. Brandenburg, ^uckenwalde , Bitterfeld, Raguhn, ...^urg , Saalfeld und Neustadt hatten ^icht viel a^n Markte und konnten eher Preise halten.

Das Ergebnis^ der MichaeiisnIesse unterschied sich nicht sehr von dem ^er Jubilatemeffe. S ä c h s i s c h e Fabrikanten mußten in den geringeren ^nd mittleren Qualitäten von Tüchern nnd Buckskins zii niedrigeren Preisen, ^.ts sie solche in der OsterInesse erzielten, abgeben. Manches blieb daher ..^uch unverkauft. Winterstoffe fanden leidlichen Absaz.

^ Die p r e u ß i s c h e n Fabrikanten iu seinen Modeartikeln und Winterhoffen machten eine erträglich gute Messe.

Der Absaz von glatten Tüchern stokte ziemlich durchweg, besonders ^a die Einkäufer aus Amerika gänzlich fehlten :. nur
Einiges w.Irde an Süddeutsche und holländische Großhändler am Ende der Messe zu sehr ge.drükten Preisen nothgedrnngen abgegeben , um nur die Leute daheim fortbeschäftigen zu können. Jn der eben beendigten Neujahrsmesse haben..

^n Folge amerikanischer Aufträge, Tücher einen recht gnteu Absaz gehabt.

Die Geschäfte in Strohhüten , Geflechten , in diesem Jahre , wofür die ^stermesse jedoch nur von Bedeutung ist. gestaltete.. sich In den geringereu .Sorten recht gut.

Säch fische^ Geflechte. auch gefärbte Waare wurden.

.^iel für die ^andkundschaft gekauft. Man beschäftigt sich in den de..

715 ^reffenden Maschinenbauerkreisen eifrig damit, die Nähmaschinen zum Stroh...

.hutnähen einzurichten, und es dürste solches bald gelingen. wie man es Bereits dahin gebracht hat, recht nette Buckskin-Männerhüte mit breiten Rändern ganz und gar auf der Nähmaschine zu verfertigen. Diese be^uzt man jezt auch vielfältig zum Umranden der Männer-Filzhüte und in.

ausgedehnter Masse zum Nähen der sogenannten Schlipse (Halsbinden) .und Hemdeinsäze.

Die Württembergs machen ^nicht unbedeutende Geschäfte seewärts in genähten Kleidung^stüken von leichtem baumwollenem , karrirtem und gestreiftem Köperzeuge.

Ein ganzer Anzug -- Rok, Weste und Hose .kostet nur einige Thaler.

.

Jn weißen gestikten Waaren , nicht von so schwerer .^1rt , wie fie in .der Schweiz fabrizirt werden, behauptet vorherrschend das s ä c h s i s c h e .Voigtland das Feld, und die schon im vorjährigen Berichte erwähnte Schweizer-Stikmafchine geht schon mehrfach in Planen.

Zunehmend erscheinen hauptsächlich im Fache der K u r z w a a r e n und S p i e l w a a r e n Musterlager auf der Messe, und ^es gewährt die Betrachtung der Lager dieser Art aus Berlin . (Matz und Eonip.), Nürnberg .(Fendlex und^Eomp., Kleekamm nnd Eomp.), aus Stuttgart (Württember-

.gische Handelsgesellschaft), Wien, Kassel (Scheller, Weber und Wittig),

vorzüglichste Spielwaaren u. s. w. ; viele Belehrung jedenfalls auch im Jnteresse schweizerischer Kleinindustrie. Wichtig für die Wollmannsa.^tur war ^ie von den Maschinenbauern Theodor und Ernst W i e d e in E h e m n i z ausgestellte Maschine zur Beseitigung der Kletten aus der rohen Wolle .(Klettenwolf). Der neue Selbstschmierapparat für liegende Triebwellen .von G. Jahn und Eoiup. in Dessau, der sich vollkommen bewährt hat.

machte sich geltend.

Die G e f e z g e b u n g des Zollvereins brachte ^in den Jahren 1857 1858 folgende neue Bestimmungen :

und

Suh 10. August 1857: baumwollene Unterziehkleider mit Reifen und .Federn von Stahl durchzogen, find nach Pos. 1I, 18 als sertige Kleider .mit 110 Rthlr. per Zentner zu verzollen;

sub 2l. Oktober 18^7: Sattelbäume, welche mit Papier beklebt ^ind, nach Pos. ll, 12 e und h mit 15 Sg. per Zentner; suh 21. Oktober 1858: Wagendeken aus grauer Pakleinwand mit Gummi elastieum getränkt, gleich der geölten Dekleinwaud nach Pos. 40 a

^it .2 Rthlr.;

sub 23. Oktober 1857: Paraffin, als einchemischesFabrikat, nach .Pos. ll. 3 .b mit 3 ^ Rthlr. per Zentner; suh 24. September 1.857 : rohe, unpolirte Eisenplatten, ohne weitere .Bearbeitung verwendbar, nach Pos. VI. f. 6 Rthlr., wenn noch Abrunden, lochen und dergleichen ^zur Verwendung nothwendig ist, nach Pos. I1, 6 d,

.^nit 3 Rthlx. per Zentner;

716 sub 3. Oktober 1857 : Syrup Laxoze , je nachdem ex zum Medi^ zinal- oder Gewerbegebraueh oder zum Genusse dient; in ersterem Fall^ nach Pos. 5 a mit 3.,^ Rthlr.., im zweiten Falle naeh Pos. 25 p mit 11 Rthlr.

per Zentner ; sud 10. Oktober 1857: Patent-Viehpulver als medizinisches Pulver nach Pos. l1, 5 a mit 31^ Rthlr.;

sub .23. März 1858: Rohe Seide ist auch in den Fällen, wo.

Zweifel entstehen, ob sie als gezwirnt oder ungezwirnt zu betrachten sei, nur mit der allgemeinen. Eingangsabgabe von I^ Silbergroschen pex Zentner zu versteuern ; sun 18. Mai 1858: Auch diejenigen Waaren, deren. Vergoldung.

oder Versilberung durch eine Gold- oder Silber-Solution oder durch Auflegen oder Aufreiben von Gold und Silber bewerkstelligt ist, sind naeh.

Pos. Il, 20 mit 100 Rthlr. per Zentner zu verzollen;.

suh 10. Mai 1858: Frische Fische auch dann zollfrei, wenn sie mit Salz bestreut oder mit Salzwasser begossen sind; sub 9. Juni 1858: Weberkäinnie aus Wollengarn ohne Verbindung mit anderen Materialien nach Pos. 1l, 41 c ^ mit 30 Rthlr., und dergleichen.

Weberkäinme aus Baumwollengarn nach Pos. 11, 2 c mit 50 Rthlr. per Ztr.

sub 9. Juni 1858 : Lederstreifen und Lederabfchnitte, wenn anch zu einem bestimmten Zwek zugeschnitten, aber nicht mit gepreßten und anderem Verzierungen versehen, auch sonst nicht bearbeitet, find nicht als L e d e r w a a x e , sondern nur als Leder zu verzollen; suh 16. Juni 1858: Zu den jaspirten, d. h. aus zwei oder mehr.farbigen Fäden gewebten wollenen Waaren , welche den bedrukten gleichgeachtet werden, find inI Sinne des amtlichen Warenverzeichnisses nur diejenigen zu verstehen, bei welchen die einfachen einzelnen Fäden zweioder mehrfach gefärbt worden sind. Gewebe, welche aus Garnen gefertigt worden, die aus einfach gefärbten Fäden von verschiedenen Farben zusammengedreht waren, gehören nicht zu den jaspirten Waaren, sind daher nicht nach Pos. I1, 41 c mit 50 Rthlr., fondern nach Pos. 1l, 41 c 2 mit 30 Rthlr. zu verzollen;

sub I8. Juli 1858 : Mehrere Fäden zusammengedreht sind nicht als

Zwirn zii behandeln, sondern nur die Waare. bei welcher jeder einzelne Faden gedreht ist und ein Zusammendrehen der so vorbereiteten Fäden stattgefunden ^hat ; suli 18. Juli 1858: Die Anordnung, daß die Abfertigung unvollständig deklarirter Waare aus Begleitschein l dann gestattet werde, wenn aus der Zolldeklaration die auf die Waare anwendbare Hauptposition des Zolltarifs unzweifelhaft hervorgeht und der Begleitfchein^Extrahent fich schriftlich zur Entrichtung des höchsten Zollsazes der betreffenden Position erklärt, auch ein völlig sichernder Verschluß der Waare anzubringen ist, wird auch auf Durchgangsgüter ausgedehnt, und es kann z. B. die Deklaration Mannfaktiirwaaren für unverarbeitete Zeugwaaren genügen, wenn ein sicherer Verfchluß, möglich ist und im Fall des Verbleibens im Jn.^

717^ lande die Verpflichtung zur Entrichtung des höchsten Zolles der Position eingegangen wird ;

suh 7. Oktober 1858: Das in Fässern eingehende Gänsefleisch ist.^ nicht nach Pos. ll, ^5 p, sondern als zubereitetes Fleisch nach Pos. I.^.

.2^ h mit 2 Rthlr. per Zentner zu verzollen ; sub 30. Oktober 1858: Solaröl gleich dem Photogen mit der all-.

gemeinen Eingangsabgabe von 15 Sg. per Zentner zu verzollen; Außer diesen, den Versügungen der preußischen General-Direktion der.

Steuern entnommenen Deklarationen find keine, den Tarif betreffende neue^ Bestimmungen bekannt geworden.

V e r t r ä g e haben die Staaten des Zollvereins während der lezten bei-.

den Jahre geschlossen : 1) suh 24. Januar 1857 unter fich und^ mit Oesterreich und Lichten^

stein bezüglich des Münzwesens.

2) sub 19. September 18.^7: mit der Argentinischen Konföderation,..

^ bezüglich Gleichstellung der beiden Flaggen mit der nationalen und de^ beiderseitigen Angehörigen mit denjenigen der meist begünstigten Nationen ^ 3) sub 25. Juni 1857: mit Persten, bezüglich der Gleichstellung dex^ ^ beiderseitigen Angehörigen Init denjenigen der Ineist begünstigten Nationen ^

4) sub 11. November 1857: mit Großbritannien, bezüglich der Gleichstellung der beiderseitigen Flagge mit derjenigen der meist begünstigter^ Nationen.

Die S t a t i s t i k des Zollvereins besteht: 1) in den Onartalansweisen über Einfuhr und Ausfuhr der wichtig-^ sten Gegenstände und über deren Zollbetrag. Dieselben reichen bis znn^.

ll. Quartal 1858 inel.

2). in den provisorischen Abrechnungen über die gemeinschaftlichen Einnahmen von Zöllen und Rübenstener, welche erst für 1857 vollständig veröffentlichtsind; 3) in den statistischen Uebersichten über Warenverkehr und Zollertrag^..

welche amtlich erst bis 1856 inkl. veröffentlicht sind;

4) in den amtlichen Zusammenstellungen des Waaren-Ein-, Aus^ und.^ Durchgangs ,,nach den G r ä n z s t r e k e n , ^ welche ebenfalls nur bis 1856^ inkl. reichen, zwar gedrukt werden, aber nicht zur Veröffentlichung, sondern nur zum amtlichen Gebrauche bestimmt sind; 5) in den nichtamtlichen, von dem^ statistischen ^.entralarchiv des Hrn..

.^r. Otto Hübner zu Berlin alljährlich veröffentlichten Listen des Zoll^ vereinsverkehrs mit Werthbereehnung. Diese Listen pflegen vor den amt-^ lichen zu erscheinen. Gegenwärtig find, etwas verspätet, die pro 185.^ und 1857 ini Druke.

^18 Der Werth des Verkehrs des Zollvereins mit der Schweiz wird ge.

.

^ .

Eingang von dex Schweiz.

Ausgang nach der Schweiz

Durchgang nach der Schweiz.

1855. . Rthlr. 35,457,946 Rthlr. 24,21 l,.512 Rthlr. 13.810,090 ^856 .

,, 4^,784.028 ,, 30,666,484 ,, 1.5.449.982 Einen wichtigen Antheil an dem allgemeinen Aufschwung hat der Ver^kehr des Zollvereines in Fabrikaten. deren Einfuhr Ausfuhr

1851 . . . . Rthlr . 22, 87 9 , 0 l 0 Rthlr. 102,681.674 1857 . . . .

,, 41.615,325 ,, 189,999,379

betrug, wobei jedoch nicht übersehen werden darf. daß ein beträchtlicher ^Theil der Ausfuhr von Manufakturwaaren ohne Gewinn oder mit Verlust stattfindet, da viele Fabrikanten die Waare, welche sie nicht unter dex .Gunst der hohen Schiizzölle im Jnlande mit Vortheil verkaufen können, .^ tout prix ans Ausland abgeben, namentlich im Wege der Konsignation ^ach Hamburg und überseeischen Pläzen.

Wie aus der Statistik des Zollvereins hervorgeht,

war das Jahr

1857 auch für dessen Länder ausgezeichnet durch die Lebhaftigkeit und den Unifang des Verkehrs.

Getraide, dessen reiche ^lernte von 1856 einen Preisrükgang veran.laßte und einige weniger bedeutende Artikel ausgenommen, stiegen 1857 ^.le Waarenpreise. Die überseeischen Länder im Gennsse des hohen Erlöse.^ ihrer Erzeugnisse verlangten und einpfiengen als Gegenwerth eine größexe Menge von Fabrikaten aus Europa.

Handel und Fabrikation blühten daher in gleichem Maße; der bei steigenden Preisen jedes Unternehmen lohnende Gewinn vervielfältigte dieselben und ließ jedein Projekt eine günstige Aufnahme finden.

Die vielfach gebotene Gelegenheit, sich durch anonyme Aktien^ oder ^urch Kommanditgesellschaften bei Handel und Jndustrie zu betheiligen, wurde selbst von dein Theile des Publikums , welches mit jenen Faktoren ^es Erwerblebens gänzlich unbekannt ist, gierig benuzt. Mit welcher Eile auch eine Gesellschaft nach der andern gegründet wurde . so konnte die Nachfrage nach Betheiligung nicht annähernd befriedigt werden, und sie bot Agio für Aktien , ehe dieselben existirten. Der wirklichen Nachfrage gegellte sich die künstliche und simulirte der Börsenspekulanten bei, welche um so leichteres Spiel hatte , als ersahrungsniäßig das Publikum die Papiere nicht verkauft. so lange sie im Kiirse steigen und die Einzahlungen ans die ^Aktien nur langsam und in kleinen Raten folgten. Man schäzt die im Ja..re 1856/57 in Deutschland entstandenen Gesellschaften zu Bank^, Han^dels- , Fabrik, Bergwerk- und Transportschäden auf mehrere Hiinderte .und das von denselben projekte Aktien.. oder Antheiifcheine-Kapital auf

^irka 200 Millionen Thaler.

719 ^ Diese kolossale Entwikiiing d.^s Handels, der Jndustrie . der AssoNation und der Spekulation wurde in Deutschland namentlich durch die .Kreditanstalten^ und Zettelbanken unterstüzt, welche sich in den Jahreii 1856 ^nd 1857 ebenfalls wesentlich vermehrt hatten, dure^ die Kreditanstalten, ^indem dieselben sich bei vielen neuen Aktienunternehinen. wenn auch oft nur uiu deren Altieu Iuit Agio zii verkaufen , beteiligten ; die Zettelbanken, .indein sie der Nachfrage nach Kredit durch ihre Bemühung möglichst viele ^Roten in Umlauf zii sezen entgegenkamen.

Es war bei den deutschen Zeitelbanken : ^ i^nde 1..^....

.Oktober 1.^7.

Notenumlauf . . . . . . . 77 Millionen 110 Millionen ^Baarbestand . ^ . . . . . . ^ 42^2 ,, 531/2 ^.urch Metall nicht gedekter Notenumlauf 34^ ,, 5^./2 ,, Die Menge der Umlaufmittel war also in neun Monateu um 22 Millionen Thaler vermehrt werden. Der Einfluß dieser Vermehrung läßt sich ermessen, wenn man bedenkt^ daß die Banken ihre Noten gegen Wechsel dein Verkehr überließen, alfo keine vorhandenen wirklichen Werthe nöthig waren, ..eine Summe in Verkehr zu bringen, welche allein hinreichte, die übliche

^rste Einzahlung von 10 ^ aus 220 Millionen Thaler Aktien zu deken, .die Ue^ersp^kulation möglich zu machen.

Die in den Vereinigten Staaten von N o r d a m e r i k a ausgebrochene ..Krisis, welche, von E n g l a n d aus. mit der Schnelligkeit des Telegraphen, ^Bestürzung über alle europäischen Geldmärkte verbreitete, wendete plözlich ^..as Blatt und ließ ans die glänzendste Seite der neueren Handelsgeschichte ..eine der traurigsten folgen.

Wie der nie zu rechtfertigende Glauben an die Beständigkeit der hohen ^Preise, an den Erfolg aller und jeder Unternehmungen, an die Unerfehöpf.li^keit der Kapitalien und des Kredits das Vertrauen über alles Maß ^gehoben hatte , so führte der erste Beweis gegen jenen Jrrthnin auch ein eben so gränzenloses Mißtrauen herbei. Niemand wollte mehr Waaren, Niemand mehr Effekten oder Aktien kaufen, Niemand mehr Kredit ge^.

^vähren. Häuser mit vollen Waarenlagern und Portefeuilles konnten kein

Geld zur Einlösung ihrer Wechfel ausbringen. Die Kreditanstalten und

.Zettelbanken trugen eben so sehr zur Beschleunigung der Krise bei, als sie zur Förderung des Aufschwunges mitgewirkt hatten. Die Kreditanstalten, deren Engagement auf den Nennwerth ihres Kapitals berechnet waren, suchten dieses flüssig zu iiiachen. indem sie begonnene Unternehmen suspenWirten und neue Anzahlungen forderten. Die ^ettelbanken bemühten sich, ^hren Notenumlauf zu vermindern und ihren ^ Baarbestand zu vermehren, ^indeni sie die fällig werdenden Wechsel einkassirten und neue Diskontirung ^nahezu gänzlich verweigerten, baares Geld aber mit großen Kosten herbeis^afften.

Die preußische Bank allein verminderte in drei Monaten ihren nicht ^.urch Metall gedekten Notenumlauf. also die künstlichen Umlaufmittel, um

.^zehn Millionen Thaler.

720 Der D i s e o n t o stieg in wenigen Tagen um mehrere Prozente ir...

^..ie Höhe; die Regierungen beeilten sich, die stets nuzlvsen, aber stets schädlichen Wuchergefeze zu suspendiren ; Staatsgelder wurden verwendet , Ef-.

sekten an der Börse zu kaufen und einzelnen Firmen Vorschüsse zu ge-.

währen. Alle Maßregeln waren aber vergebens; Warenpreise und Kurf^ suhren fort zu fallen. Von Oktober bis Ende Dezember allein zählte man in Preußen ^über 220 Jnsolvenzerklärungen , während die Zahl der Kaufleute, Fabrikanten und Privatpersonen, welche ihr Vermögen verloren hatten, nach Tausenden geschäzt wird.

Dieser Zustand dauerte in das Jahr 1858 herüber, und wenn au..^.

Jnfolvenzerklärungen und ähnliche Zeichen einer Krise seltener geworden.

sind , so läßt sich doch auch jezt noch kaum behaupten , daß sie gänzlich^ überwunden sei, und viele Umstände sprechen für die Ansicht , daß mehr^ Schäden verdekt, als verschmerzt find.

Der Diseonto sank allerdings schon in den ersten Monaten des Jahres..

offiziell auf 3 % herab. Es war dieß aber nicht ein Zeichen der Wieder^.

kehr des Vertrauens, sondern nur die Folge des Mißtrauens, welches disponible Kapitale nicht in Effekten und Waaren anzulegen wagte und.^ nur solche Wechsel diseontiren wollte, die mit den allerersten Unterschriften.

versehen und zu allen Zeiten selten sind. Für die Wechsel des großen kaufmännischen Mittelstandes blieb der Diseonto das ganze Jahr hindurch.

hoch, und es fehlten zeitweise die Nehmer gänzlich.

Die Lage des Geldmarktes und die des Waareninarktes wirkten wäh..

rend 1858 wechselseitig entmuthigend auf einander. Die Spekulation.

stokte auf beiden .Gebieten des Verkehrs. Die Eisenbahnaktien. d. h. diejenigen Papiere, in welchen das Publikum die größten Kapitalien angelegt^ hat, konnten sich nicht im Kurse erholen, weil der Personen- und Güter^ transport allwöchentlich Ausfälle gegen die Vorjahre zeigte, in diesen Pa^ pieren selbst das bisherige Vertrauen getäuscht findend . erschienen di.^ Privatleute nur als Verkäufer auf der Fondsbörse. Nur Verluste realisirend , schränkten Kaufleute und Private ihre Ausgaben ein und entzogen.

dadurch dem Waarenhandel das .gewöhnliche Maß der Nachfrage für der^ Konsum.

Der allgemeinen Gefchäftsstille entsprach auch der Manufaktiirwaaren.

handel, welcher zwar nach R u ß l a n d hin,
in Fotge der dortigen Zoll.^ erniäßigungen, etwao zunahm, im Uebrigen aber des gewohnten Adsazes..

in's Auskand, namentlich des nach A m e r i k a , S c h w e d e n und Nor-.

w e g e n beinahe gänzlich entbehrte; w^s den inländischen Absaz anbetrifft, nicht allein durch die Einschränkungen des Mittelstandes in den Städten, sondern auch dadurch wesentlich litt, daß die Landleute einerseits die in den.

Jahren der hohen Prodnktenpreise gemachten Ersparnisse aufbieten mußten,.

die vielen gekündigten Hypotheken znrük zu zahlen , andererseits in den.

gesunkenen Preisen für Spiritus und Getraide keinen Lohn fanden, welcher..

ihnen irgend welchen Luxus gestattet. Dem entsprechend waren auch di^ Messen iin Zollvereine wenig befriedigend.

721 Auf den Frühjahrsmessen war zwar sür gedrnkte Baumwollenwaaxen,.

.namentlich zu Leipzig und F r a n k f u r t a. M. eine genügende Nachfrage, ..und auch Tuch und Leder wurden in großen Posten gehandelt, aber leider ^ur zu sehr gedrükten Preisen. Leinen- und Seidenwaaren wurden gänzlich

.....exnachläßigt.

Die Herbstmessen waren in allen Zweigen günstiger; die Fabrikanten .behaupten jedoch, namentlich sür Seidenwaaren, keine den Kosten des Roh..naterials entsprechende Preise erhalten zu haben. Spizen, Stikereien und seine Kurzwaaxeu fanden auch auf den Herbstmessen .nicht den gewohnten Absaz. Die Meßzahlungen erfolgten ^fehr unvollständig.

Unter denjenigen Fabrikaten, für welche die Messen nicht entscheiden, ^.nimmt wol Roheisen und bearbeitetes Eisen in Mittel und Norddeutsch.land die erste Stelle ein. . Deren Preise sind feit Beginn der Krise so sehr gesunken, und haben sich auch so wenig erhöht, daß alle^ Hütten mit Verlust^ arbeiten und viele Oefen bereits ausgeblafen sind.

Die durch Schutzzölle noch erhöhten hohen Preise der Jahre 1856 .und 18^ liegen den Berechnungen zu Grunde. auf welche hin viele Aktien^ .und Kommanditgesellschaften zum Betrieb der Eisenindustrie gebildet worden sind. Diese Gesellschaften haben säinmtlich bereits einen^großen Theil ihres .Kapitales zngefezt, und wenn nicht im Jahre 1859 eine Preissteigerung eintritt, so werden die meisten eingehen. Es ist dieß darum zu bedauern, weil .^s das Mißtrauen gegen Jndustrieaktien vermehren und den Eisenproduzenten einen neuen Vorwand geben wird, gegen die Herabsezung oder Abfchaffung der Eisenzöl.le das Mitgefühl für die heimische Jndustrie in Anspruch zii nehnien.

Als Erscheinungen ans dem Gebiete der Jndustrie, welche süx die S c h w e i z von besonderem Jnteresse sind, koininen in Betracht: 1) die Vermehrung der zollvereinsländischen Spinnereien um etwa

2()0.0.)0 Spindeln, welche 1858 bereits in Betrieb gesezt wurden. oder

.^ ^och z.im Betriebe fertig find. und eine ähnliche Vermehrung, welche im

Jahre 1859 in Aussicht steht. Bis zum Jahre 1856 hatten nur Süd-

deutschland große Spinnereien und große mechanische Webereien , so daß z.. B. die Berliner-Kattundrukereien ihre rohen Kattune aus A u g s b u r g bezogen. Jn Ankunft dürfte diefes Verhältniß sich ändern ; 2) die Uhrensabrikation, welche mit Hilfe von S c h w e i z e r n im schleichen Gebirge auf Staatskosten eingerichtet worden und bereits so weit gediehen ist . daß einzelne Uhrentheile in ziemlicher Vollkommenheit und auch schon ordinäre Uhren geliefert wurden; unentschieden ist natürlich, ob ^iach Erschöpfung der mäßigen Summen, welche die preußische Regierung zur er^en Einrichtung bewilligt hat, diese Jndustrie sieh durch ihre eigenen Leistungen wird erhalten können ; 3) die Baumwollstikerei, weiche ebenfalls in Schlesien durch Privatuiittel und niit Hilfe sächfischer Arbeiter eingeführt worden ist, und deren noch sehr beschränkte Produktion durch ein Detailgeschäft Berlins verkauft

722

.wird, in der Näharbeit zwar ziemlich gut ist, aber in Bez..ig aus Dessin^ und Schnitten der Originalität und bezüglich des Adrets der Elastizität entbehrt, welche unsere guten Schweizer^ Stikereien auszeichnet.

Ferner koninit für die S c h w e i z in Betracht, daß die Straße vonr B o d e n s e e nach der Nordsee in neuester ^eit durch die Vollendung dex Werra-Eisenbahn um 15 Meilen abgekürzt worden ist. Vorläufig ver..

kümmern zwar die hohen Frachtfäze dieser Bahn noch den Vortheil; wer..

den dieselben aber, wie zu erwarten ist, reduzirt, so ist wenigstens sür die ostliche Schweiz die See auf die^r Route billiger, als ^ durch Frankreich^ zu erreichen.

Die Aernte in Deutschland dürfte 1858 im großen Durchschnitt unter ei.nex Mittelärnte zurükbleiben, Wein ausgenommen, welcher an Ergiebigkeit noch das günstige Vorjahr übertrifft.

Jn N v r d d e u t s c h l a n d war die Waizenär^te der Menge nach ein^ mittlere; im Gewicht fiel aber das neue Korn ungemein leicht aus und di...

übrigen Eigenschaften sind auch nicht befriedigend , so daß man den neuen Waizen mit dem alten mischt, nicht um^lezteren, sondern um ersteren besser an den Mann zu ^ringen.

Roggen blieb an Quantität und Qualität hinter einer Mittelärnte

zurük.

Gerste. Hafer, Heu und Futterkräuter sind an den meisten Orten gänzlich mißrathen. Jn Schlesien und P o s e n sind ganze Schafherden wegen Futtermangel verkauft worden.

^ie Landleute bringen mehr Vieh zu Markt, als sich mit dem Bedürfnisse an Dünger verträgt. Statt Hafer wird vielfach Roggen gefüttert , und die preußische Regierung hat daraus aufmerksam gemacht, daß anch das getroknete Banmlaub und Laub oder Stengel einzelner Sträucher.^ namentlich der Hirnbeeren, ais Viehsutter zu empfehlen sei.

Kartoffeln waren reichlich. Jn einigen Gegenden äußern sie aber in den kellern und Gruben große Neigung zur Fäuln^ß und müssen daher häusig durchsucht und ausgelesen werden , was die ^lernte sehr verteuert.

Theils die Gefahr der Fäulniß. theils der Bedarf an Schlempe zur Futternng veranlaßt daher eine Ausdehnung der Spiritnsbrennerei, wie sie ohne diese Umstände nicht stattfinden würde . da die Spirituspreise , wie gewöhnlich bei reichlichen Weinärnten, sehr.gedrütt sind.

Die Getraidepreise. sind niedrig und die Vorräthe an den großen Getreidemärkten größer, nänilich : ..^e.traidev^xraihe dex preußischen ^äsen.

Bremen und Rolland.

Waizen Roggen Gerste Hafer .

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

^nde

1 .

^ .

1 .

^ 7 .

1 .

.

.

^ .

.

.

.

.

24,l.)3 22,725 53.475 48,850 157,655 162.723 14,930 14.208 12,339 3,145 7,152 7,^98

723 als zu gleicher Zeit des vorigen Jahres. Beides ist jedoch nicht die Folge eines Ueberflusses, sondern der Geldnoth. welche die Landleute zwingt, ihrProdukt möglichst schnell zum Markte zu bringen. wobei sie durch die gün..

stige Witterung unterstüzt werden, welche den Transport auf den Kanälen und Landstraßen noch offen erhielt.

Die Ansicht der Beßtunterrichteten geht dahin/daß das Frühjahr hohe Getraidepreise bringen werde.

W o l l e wurde in diesem Jahre in gewöhnlichem Maßstab zu Markte gebracht; anfänglich eirea zehn Prozent niedriger als 1857 bezahlt, dann aber selbst über die vorjährigen Preife hinaus gesteigert. Bei dem Futtermangel und daraus folgender Verminderung der Schafe und bei den Rüstnngen, welche in Frankreich. Oesterreich und Jtalieu ziir Bekleidung.

der Armeen sehr viel Wolle konfumiren, find ebenfalls hohe Preise für diesem Artikel in der nächsten Zeit zu erwarten.

#ST#

Aus

den .. . e r h . a . . .. l u ng e n des sch w e iz e ... i sch e n Bu n d e s r ... t thes ..

(Vom

6. Juni l 859.)

Mit Zuschrift vom 27. Mai abhin zeigte die Regierung des KautonsW a l lis dem Bundesrathe an, daß fie, in Folge der an sie .am 25. Juni vorigen Jahres ergangenen Einladung . schon im Monat August 1858 den Bezug der Konfumogebühr von geistigen Getränken s c h w e i z e rifchen Ursprungs abgeschafft habe; auch sei voiu dortseitigen Großem Rathe unterm l 9. Mai d. J. der Art. l des Finanzgesezes vom 3l. Mai 1856 in so weit außer Kraft gefezt worden, als er den Bezug von.

Konsumogebühren auf geistigen Getränken s c h w e i z e r i s c h e n Ursprungs

befchlägt. .

Jn Folge einer von der K. Preußischen Gesandtschaft eingesandten Note, vom 3. dieß, hat der Bundesrath an sänImtliche Kantonsregierungen das nachstehende Kreisschreiben erlassen :

,,Tit.

. ,,Die K. Prenßische Regierung hat den Wunsch ausgesprochen, nach ..dem Vorgange anderer Staaten, mit der schweizerischen Eidgenossenschaft

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Auszug aus dem vom schweiz. Generalkonsul in Leipzig an den Bundesrath eingesandten Berichte über das Jahr 1858.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1859

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

26

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

11.06.1859

Date Data Seite

709-723

Page Pagina Ref. No

10 002 774

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.