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Schweizerisches Bundesblatt

XI. .Jahrgang. I.

Nr. 12.

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1.). Marz 1859.

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ständeräthlichen Kommission über den Rekurs der Wirthe vom Rigi, betreffend die Führer-. und Transportreglemente von Schwyz und Luzern.

(Vom 14. Januar 1859.)

Tit. !

Es liegt vor uns eine Petition Seitens einiger Wirthe und Pferdeführer aus deu Kantonen Schwr,.z und Luzern, die gegen die von ihren Kantonsregierungen erlassenen Reglemente für Pferdehalter, Führer und Träger als nicht vereinbar mit der schweizerischen Bundesverfassung Beschwerde führen und - vom h. Bundesrathe abgewiesen ..-- an oie hohe Bundesversammlung reeurrixen , mit dem Gesuche , es möchte beschlossen werden, ,,daß die Reisenden zu jeder Zeit berechtigt sein sollen, die benöthigten Pserde, Träger und Führer aus den betreffenden Gesellschaften ...frei und ohne Rüksicht auf die bestehende Verordnung zu wählen...

Tit. ! Es würde die Zeit allzusehr in Anspruch nehmen , wenn die fraglichen Reglemente der Kantone Schwyz und Luzern vollständig müßten vorgelesen werden; dagegen möchte ich Sie wenigstens mit denjenigen Paragraphen vertraut machen, welche von den Petenten als verfaffungswidrig angegriffen werden, und selbst in ihrer Beschwerdesehrist I.itirt sind.

Tit.! Herr Gastwirth Kai.nex zum Adler machte auf dem Wege der Petition den ersten Versuch an den h. Bundesrath (unterm 15. Februar 1855) und stellte das Gesuch, dahin wirken zu wollen, dass die Schweizerische Verordnung, als der Bundesverfassung und dem freien Verkehr zuwide.r laufend, aufgehoben werde. Auf die suh 12. Juni 1855 von Seite des Kantons Schwyz erfolgte Vernehmlassung sprach sich der hohe Bundesin einem Schreiben vom 25. Juni 1856 folgenden Jnhaltes darü.ber aus : Jn dessen Auftrage die Buudeskauzlei.

Bundesblatt. Jahrg. XI. Bd. I.

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^ ,,Sie haben nnterm 1^7. .^nni 1.^5 Beschwerde erhoben ge^en das Rigi-^eglement, welches vom dortigen ^anton^rath nnterm ^z. November 1.^54 aufgestellt worden ist , und insbesondere haben ...^ie die Anficht ausgesprochen , daß der Art. 14 dieses .Reglements , welcher für den ^.ran^port von Personen und Sachen eine ae^sfe Tv..ir unter den Mitgliedern der ^rä^exgefellfchaft von Arth festet. mit der Bundesverfassung im Widerspruch stehen dürfte.

.,.^as von ^hnen angefochtene Reglement ist mit ähnlichen Forschriften anderer Kantone zusammen a.eprüfi worden . weßhalb sich der Entscheid bis dahin verzoa.ert hat.

..^n der ^ache selbst sollen wir .^hnen bemerken, daß nach der Ansicht des Bundesraths solche Clemente den ^xnndsaz festhalten müssen , einerseits , daß es dem .Weisenden gestattet sei . beliebig Führer oder Präger mit sich .^u bringen , und andererseits , daß es diesen mitgebrachten Führern oder Prägern unbenommen bleibe, von ihrem Bestimmungsorte ans wi.^er .^ükfra^t anzunehmen.

...^..as .^ia^eglem.mt vom ..^z. November 1.^4 enthält nun im ^. 1 ausdrük..

tich die Forschrift , daß , wenn Weisende ^fexde oder Präger mit sich bringen , sie ^ solcher bediene dürfen . ^hne daß die (Gesellschaften da^e^en ^inspraehen ^n machen berechtigt seien.

..^s rst somit dem erstexn dex oben ausgesprochenen ^..rundsä^ ein ^enüg.^ Methan. und nichts führt ^u der Annahme, daß es den mitgebrachten Jägern, wetche Personen oder Effekten von Axth nach dem .^i^i bringen , verboten sei, vom Rigi wieder ^ükfxacht aus^nnehmen.

.^^aben diese Grundsäze Anerkennung , so läßt sich ge^en die von ^hnen angesochtene ^ourordnnng um so weniger mit Grund erwa^ einwenden, als diese .^rdnung im Interesse der .Weisenden selbst Betroffen worden ist . und ..ls sie in die Kategorie derjenigen ^oli^l.versü^nu-en gehort . welche nach Art. 2.^ dex BundesVerfassung die Kantone. immerhin unter Vorbehalt der (Genehmigung de^ Bundes, ^u treffen befugt sind.

.,Au^ diesen ^xiinde^n hat der Bundesrath gesunden , daß ^hxem Rekurse gegen das mehxerwähnte Reglement keinem Fol^e ^e
Dieser wies den Gegenstand zur näheren Begutachtung an das
eidgenössische Handels.. und Zoltdepartement, welches nach näherer Würdigung und Prüfung der ^tkte , und erfolgter Vernehinlassung der Kantone Schwr^z iind Luzern, unterm l 3. August 1858 folgenden Antrag an den hohen Bundesrath zu stellen sich bewogen fand ..

,,^as Departement beantragt , den Detenten ^n antworten , daß , da seit der Schlnßnahme vom 11. ^uni 1^iz nichts ^eues sich ^getragen hat, dex Bundesrath die in ihrem Memorial entwitelten Gründe ni.cht in Betracht ^iel^en könne , um von seinem früher gefaßten ^eschluss^ in Betreff dex .^e^emente von ^ u z e r n und ^Schw^ ab^u^eh^n, und daß . wenn die Beschwexdefubrex glauben souten, mit dex Anschauungsweise de^ Bundesrathe^ sich nicht ^....frieden ^eben ^u kennen , es ihnen frei stehe, fie.h deßhalb an die .^undes.^exsammluna^ .^u wenden.^ Tit. 1 Dieß ist nun der geschichtliche Jnhalt des zur Behandlung vorliegenden ^Gegenstandes.

Nachdem die Herren Petenten , abgewiesen vom h. Bundesrathe . an die h. Bundesversammlung xeeurriren, liegt es in der Aufgabe der Petitions.Eommission, zu untersuchen,. ob und wie weit vorliegende Regleniente mit der schweizerischen Bundesverfassung im Einklauge stehen.

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2ll Tit.! Da die Petitious..Eommission mit den Ansichten der Herren Petenten sich nicht vollends einigen kann, so nehme ich die Freiheit, Sie auch mit den Rechtsgründen der Herren Petenten vertraut zu machen.

Tit.! Bezüglich der sut.. 7. Mai 1858 Seitens des hohen Standes Luzern in Zweifel gezogenen Frage, ob die Bundesbehörde kompetent sei, zu sprechen, ob das fragliche Reglement mit der schweizerischen Bundesverfassung sich vertrage, geht die Petitions .. Eommifsion mit der .Ansicht . der Herren Petenten vollkommen einig. (Art. l ihrer Rechtsgründe.)

Die Bundesverfassung garantirt je^em aufrechtstehenden Schweizerbürger seine ihm zuständigen Rechte, und der Bund hat die Berechtigung und Verpflichtung, gegen jede Verkümmerung solcher Rechte einzuschreiten.

Wird nun behauptet , daß diesem oder jenem Rechte in einzelnen Kantonen ziI nahe getreten werde, daß die Gleichheit der Schweizer vor dein Gesetze nicht existire . daß die Freiheit des Verkehrs beeinträchtigt fei ^e. , so müssen die Bnndes^ehörden untersuchen und durch ihren Beschluß die Ver..

fassiing ausrecht erhalten.

^n A r t . 2, Litt. a der angeführten Rechtsgründe will man in den erwähnten Reglenienten einen Verstoß gegen ^. 4 der Bundesverfas.

fung finden. Derselbe lautet: ,,Alle .^chwei.^r find vor dem (Geseze gleich. ^s gibt in de.r ^chwei^ keine Untexthanenverhältnisse , keine Vorrechte des ^rts , der Geburt , der Familien oder Personen.^

Tit.! Die Petitions- kommission vermag wahrhaftig nicht, diefen Verstoß zu entziffern. Jeh will ihn gerade da aufsuchen, wo ihn die Herren Petenten zu finden glaube^.

^. 3 der Schweizerischen und Luzernischen Verordnung lautet: ,,Jeder Bürger und Niedergelassene, der unbescholtenen Rufes ist, ,,in einer dieser Ortschaften wohnt, und die erforderlichen Eigenschaften ,,zur Erfüllung feines Berufes. fei es als Pferdehalter oder Träger, besizt, ,,ist berechtigt. in die Gesellschaft zu treten....

Tit.! Wo iit da dem ^. 4 nicht entsprochen^ Worin liegt in dieser Gesellschaft ein Vorrecht, da jedem der Eintritt gestattet ist..

^. 29 der Bundesverfassung räumt den Kantonen das Recht ein , über die Ausübung von Handel und Gewerbe polizeiliche Verfügungen zu treffen.

Gehen nun wohl die Kantone Luzern und Schw^ .zu weit, wenn sie mit der Gründung einer Gesellschaft zum Schutz und zur Sicherheit der Reisenden die nöthige Garantie darbietet .^ Geht man zu weit, wenn man durch Erstellung einer Tourordnung einen geregelten Transport d..r Reisenden er.zweken will..'

Geht man zu weit, wenn man eine Gesellschaft solcher Männer bilden will, bei denen Unordnung, Zänkereien und Betrug in Hintergrund treten.

Die Herren Petenten s.nden aber (im Art. 2, Litt. h) noch ein zweites Bedenken und glauben , fragliche Verordnungen widersprechen noch ferners den ^. 29 und 38 der Bundesverfassung, welche Handels.. und Gewerbs-

2l2 sreiheit proelamiren. und die Abschaffung von Vorrechten für den Transport von Personen und Waaren verordnen.

Tit.! Die Petitions .. kommission findet diese Bemerkung vollends unbegründet, und beruhigt sich mit dem h. Bundesrathe in verschiedenen Artikeln der vorliegenden Reglemente.

,,Z. B. erlaubt Art. t in der Schw.^zerverordnung den Reisenden, ,,wenn sie Pferde oder Träger mit sich bringen , so mögen sie sich solcher ,,bedienen, ohne daß die Gesellschaften dagegen Einsprache zu machen be-

rechtigt^nd.

Der Artikel 13 derselben Verordnung sagt: ,,Will ein Reisender die Pferdel..alter oder Träger sich selbst wählen, ,,so mag dieses geschehen.^ Art. 1 4 der Luzernischen Verordnung bemerkt serner : ,,Jeder Reisende darf die mit sich gebrachten Wegweiser, Träger und ,,Pferde .zu seiner Bedienung ferner beibehalten..^ Die Petitions- kommission vermag nirgends in diesen Artikeln eine Beschränkung der Handels^. und Gewerbsfreiheit zu erbliken.

Endlich verweisen die Herren Petenten auf ein Reglement im BernerOberland , welches den Reifenden sowohl, als den Bediensteten vollständig entspreche.

Die Petitions^.Eommission spricht einem solchen Reglemente ihr.. volle Anerkennung aus, glaubt aber nicht, die Kantone Schw.^z und Luzern zur Annahme desselben anhalten zu können; sie hat nur zu untersuchen, ob und wie weit vorliegende Verordnung mit der Bundesverfassung im Einklange stehe.

Schließlich kann die Petitions^ominiiston ihr Befremden nicht unterdrüben, daß diese Reenrsbeschwerde.von Wirthen und Pferdeführern, nicht aber von Reisenden selbst ^efübrt wird., gerade dieser l.tmstand läßt mehr oder weniger Privatadresse durehbliken, welches Eoneurrenz beseitigen, ja gerade für sieh einen Vortheil suchen möchte.

Würde dem Gesuche der Herren Peteuten entsprochen. so wäre leicht zu befürchten. daß das Transportwesen unter dem Aushängeschild u n hedingter F r e i h e i t faktisch zuni Monopol dienen würde.

D^e Petitions - .kommission findet sich daher bewogen , nach näherer Prüfung der Alten, folgenden Antrag zustellen: D i e s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s v e r s a in m l u n g , in Erwägung , daß ^. 29 der Bundesverfassung den Kantonen das Recht einräumt, über die Ausübung von Handel und Gewerbe polizeiliche Verfügungen zu treffen ; in Erwägung, daß der Erlaß einer solchen Polizei^ Verordnung um so zweimaliger erscheint , indem dieselbe i^i Jnteresse der Reisenden liegt, und diesen den nötigen Schutz darbietet ;

2I3 in Erwägung, daß nur durch Aufstellung einer Tourordnung ein geregelter Transport ans den Rigi ermöglicht werden kann. indem sonst dieser Transport nur in den Bereich weniger Jnteressirten gezogen , die Zahl der Pferdehalter vermindert und dadurch erfolgen müßte, daß bei frequentem Besuche der Reisenden Mangel an Transportmitteln fühlbar würde ; in Erwägung endlich , daß in vorliegenden Reglementen nichts entgalten ist, was dem Sinn und Geiste der Bundesverfassung widerspricht,.

beschließt: Es werden die Petenten in ihrem Gesuche abgewiesen und der bun-

desräthliche Beschluß vom 13. Aiigust 18!58 wird aufrecht erhalten.

Namens der Kommission, Der Berichterstatter: J. Kaiser .Die .kommission bestand aus den Herren :

A. D. Ae.pli, in S... Gallen.

J. K. ai fer, in Stanz.

J.. W i n k le r, in Luzern.

Fx. Bürli, in Baden.

(Herr Briatte war abwesend).

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nationalräthlichen Kommission über den Rekurs der Wirthe vom Rigi, betreffend die Führer- Und Transportreglemente der Kantone Schwyz Und Luzern.

(Vom 1 9. Jänner 1 859.)

Um vielfach und feit Jahren laut gewordenen Klagen üt..er ZudringIichkeit, Belästigung und ost unredliches Benehmen von Seite der Führer.

Träger und Pferdehalter in den Rigigemeinden gegenüber den Reisenden Abhülfe zu thun. erließ der Regierungsrath von L u z e r n bereits in deu Jahren l842, 1851 und 1852 reglenientarifche Vorschriften, durch.welche die nöthige polizeiliche Fürforge zu Gunsten der Reisenden getroffen wurde.

Jm Jahr 1854 sah die Regierung fich veranlaßt, diese Reglemente einer Revision zu unterwerfen und derselben einen vom Gemeindrath W e g g i s eingeholten Entwurf zu Gründe zu legen.

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I. Bericht der ständeräthlichen Kommission über den Rekurs der Wirthe vom Rigi, betreffend die Führer- und Transportreglemente von Schwyz und Luzern. (Vom 14.

Januar 1859.)

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1859

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19.03.1859

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