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Vollzugsprobleme im Tierschutz Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 5. November 1993 " vom 26. Januar 1994

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Allgemeines

Die Thematik des Tierschutzes allgemein und besonders des Vollzugs der Tierschutzgesetzgebung hat über die Behandlung des Bereichs der Tierversuche im Zusammenhang mit mehreren Volksinitiativen hinaus die eidgenössischen Räte, den Bundesrat, die Bundesverwaltung und die Kantonsbehörden und die Öffentlichkeit wiederholt beschäftigt. Der Bundesrat begrüsst es deshalb, dass die Geschäftsprüfungskommissionen vorerst des Nationalrates, anschliessend mit dem vorliegenden Bericht diejenige des Ständerates, sich eingehend mit der Problematik befasst haben.

Der Bericht beurteilt vertieft und kritisch die Vollzugsproblematik im Tierschutz, Er ist schwerpunktmässig auf die Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren, auf die Schlachtung sowie auf einige Fragen der Heimtierhaltung ausgerichtet. Diese Themen werden umfassend dargestellt und zeigen die Vielschichtigkeit der Problematik.

Der Bericht enthält grundsätzliche Überlegungen zum Verhältnis Bund-Kanton sowie zur Mensch-Tier-Beziehung. Er legt zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der aktuellen Situation vor und nennt neben den bestehenden Problemen auch die positiven Auswirkungen der Tierschutzgesetzgebung. Der Bundesrat stimmt im wesentlichen der Analyse der Problematik und den Schlussfolgerungen des Berichtes zu.

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Stellungnahme zu den einzelnen Empfehlungen

Im folgenden werden die Empfehlungen des Berichtes der Geschäftsprüfungskommissionen im Wortlaut aufgeführt; anschliessend folgt die Stellungnahme des Bundesrates.

Nachkontrolle Empfehlung l der GPK: Die Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 26. August 1992 (BB1 1993 II 310) werden bestätigt (Prüfungsaufträge in bezug auf das Verbot von Kastenständen und Brustgurtenanbindung für Sauen, das Verbot des Schnäbelcoupierens bei Küken, der Ersatz des Schwanz-

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coupierens bei Ferkeln auf der Grundlage neuer Forschungsbemühungen für eine tiergerechte Haltung von Ferkeln, der restriktive Verzicht auf Tageslicht bei der Hühnerhaltung, das Verbot der Einzelhaltung von über drei Wochen alten Kälbern - mit Ausnahme der Anbindehaltung in kleinen Betrieben des Berggebiets -, die Beschäftigung von Schweinen, ein tiergerechtes Haltungssystem für Wachteln, die rasche Entscheidung über noch nicht bewilligte Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen nach Abschluss der laufenden Revision der Tierschutzverordnung, der strengere Gebrauch der Mittel der Oberaufsicht und die Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe im Rahmen der hängigen Revision der Tierschutzverordnung).

Diese Empfehlungen betreffen grossteils die laufende Revision der Tierschutzverordnung und sind bis anhin noch nicht erfüllt.

Stellungnahme des Bundesrates: Das Bundesamt für Veterinärwesen hat unter Beizug externer Experten in mehreren Arbeitsgruppen amtsinteme Textentwürfe zur Revision der Tierschutzverordnung ausgearbeitet, welche die im Bericht enthaltenen Anregungen miteinbeziehen (u. a. Revision einiger Vorschriften zur Rindvieh-, Schweine- und Geflügelhaltung; Regelung der Pferde-, Schaf- und Ziegenhaltung sowie der Zucht von Tieren; Regelungen zur Heimtierhaltung, zu Tiertransporten, zur Schlachtviehbetäubung, zu Eingriffen und verbotenen Handlungen an Tieren sowie zur Wildtierhaltung). Miteinbezogen in die Vorarbeiten wurden die Präzisierung einiger unbestimmter Rechtsbegriffe und der Grundsatz der Beschränkung gewisser baulicher Vorschriften auf Neu- und Umbauten.

Es wird bei der Weiterbearbeitung der Verordnungsentwürfe noch überprüft, wie weitere Empfehlungen des Berichtes, wie das vermehrte Setzen qualitativer Ziele, Zielvereinbarungen, Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung, die Verbesserung kantonaler Vollzugsstrukturen und die klarere Ausgestaltung der Oberaufsicht des Bundes, realisiert werden können und ob diese Anliegen auf Verordnungsstufe geregelt werden können. Eine Vemehmlassung bei den interessierten Kreisen zur Verordnungsrevision ist für Sommer 1994 vorgesehen. Das weitere Vorgehen und die Beschlüsse über die Verordnung werden von den vorgängigen Abklärungen und vom Ergebnis der Vemehmlassung abhängen.

Die vorgesehenen, erweiterten Tierschutzregelungen erfordern einen
Mehraufwand in personeller Hinsicht und bei Sachmitteln bei Bund und Kanton, insbesondere auch für den Bereich der Information der Tierhalter Über die neuen Vorschriften.

Die Bereitstellung vermehrter Mittel ist allerdings im gegenwärtigen Zeitpunkt schwierig.

Allgemeine Fragen Empfehlung 2: Das Tier ist keine Sache: Falls der Parlamentarischen Initiative Loeb im Nationalrat keine Folge gegeben wird, sollte der Bundesrat prüfen, wie den Grundsätzen der Tierethik (vgl. Ziff. 3.1) rechtliche Gestalt verliehen werden kann.

Stellungnahme: Der Nationalrat hat am 17. Dezember 1993 der Parlamentarischen Initiative Loeb Folge gegeben. Damit muss das Anliegen von der zuständigen Kommission überprüft werden.

Empfehlung 3: Die Massstäbe des Tierschutzgesetzes und der Tierschutzverordnung sind besser aufeinander abzustimmen. Einerseits sind dort, wo im Vollzug Unklarheiten aufgetreten sind, einzelne Verordnungsvorschriften zu präzisieren.

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Ebenso ist die Verordnung in gewissen Bereichen zu ergänzen (Schweinehaltung) und auf andere auszudehnen (Pferdehaltung, Schlachtung). Grundsätzlich sollten aber Gesetz und Verordnung in gleicher Weise vor allem qualitative Ziele vorgeben. Für die konkrete Verwirklichung dieser Ziele sind Verfahren der Mitwirkung für Betroffene und Fachorganisationen zu schaffen, ergänzt durch die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung der so ausgehandelten Ergebnisse (Vcrfahrensrechte anerkannter Verbände und Organisationen), Stellungnahme: Zum Stand der Revision der Tierschutzverordnung wird auf die Ausführungen zu Empfehlung l verwiesen. Die Einführung eines Beschwerderechtes und anderer Formen von Verfahrensrechten für Verbände müsste auf Gesetzesstufe erfolgen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Parlament und Volk im Zusammenhang mit der Volksinitiative «zur drastischen und schrittweisen Einschränkung der Tierversuche (Weg vom Tierversuch!)» die Einführung der Verbandsbeschwerde im Bereich der Tierversuche abgelehnt haben. Andere Verfahrensrechte wie die Einführung eines Tieranwaltes (Ombudsmann) oder des Verbandsklagerechtes (Recht einer Organisation, als Privatklägerin ein Strafverfahren einzuleiten), sind prüfenswert, erscheinen aber dem Bundesrat im jetzigen Zeitpunkt nicht vordringlich.

Die Mitwirkung von Fachorganisationen mit ausgewiesener Sachkompetenz erscheint für den Vollzug spezifischer Aufgaben zweckmässig, muss jedoch noch vertieft geprüft werden. Sie kann in die Arbeiten bei der Revision der Tierschutzverordnung miteinbezogen werden. Die Ausbildung von Tierpflegepersonal ist schon heute privaten Organisationen übertragen, was grundsätzlich als zweckmässiges Modell beurteilt wird. Für die Revision der Tierschutzverordnung sind weitere analoge Elemente vorgesehen.

Empfehlung 4: Die Aufsichtskompetenzen der Bundesbehörden sind klarer zu formulieren und konsequenter zu handhaben. Insbesondere benötigt das Bundesamt für Veterinärwesen ein Inspektionsrecht im Schlachtbereich. Seine Befugnis, dem Bundesanwalt das Eingreifen eines kantonalen Rechtsmittels gegen Strafurteile im Tierschutzbereich zu beantragen, ist vermehrt zu nutzen.

Stellungnahme: Die genauere Umschreibung der Oberaufsicht des Bundes ist ein wichtiger Aspekt, welcher noch vertieft zu prüfen ist. Es wird ferner überprüft, ob
allfällige Regelungen auf Gesetzesstufe nötig sind oder ob Verordnungsanpassungen ausreichen.

Es ist zu erwarten, dass eine vermehrte Ausgestaltung und Wahrnehmung der Oberaufsicht des Bundes nicht in allen Kantonen begrüsst wird. Die angeregten Konferenzen des Bundes mit den Kantonen - einerseits neu die für den Tierschutz zuständigen Staats- und Regierungsrätinnen und -rate mit dem EVD, andererseits wie bereits bisher und noch intensiver die Kantonstierärzteschaft und die weiteren kantonalen Vollzugsbehörden mit dem Bundesamt für Veterinärwesen - sind geeignete Diskussionsgremien, um Vollzugsstrategien und neue Regelungen zu erarbeiten, Bei den Beratungen des Lebensmittelgesetzes wurden wiederholt Anträge gestellt, in den Bereichen Schlachttiere und Kontrolle des Schlachtens auch den Tierschutzaspekt einzubeziehen. Die Anträge wurden im Parlament abgelehnt, um eine Vermischung der Zielsetzungen und der teilweise unterschiedlichen Verfahren zu vermeiden. Bei den Beratungen um die Ausführungsbestimmungen wird diese Tren-

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nung neuerdings gefordert, namentlich weil die Schlachttieruntersuchung nach Lebensmittelgesetzgebung durch Gebühren finanziert wird, nach Tierschutzgesetzgebung jedoch zu Lasten der öffentlichen Hand geht. Es wird deshalb überprüft werden, ob analoge Verfahrensregelungen in die Tierschutzgesetzgebung aufgenommen werden sollen.

Artikel 36 des Lebensmittelgesetzes vom 9. Oktober 1992 (BEI 7992 VI 117) enthält den allgemeinen Auftrag an den Bund zur Beaufsichtigung des Vollzugs des Gesetzes. In den anschliessend aufgeführten Vorgehensweisen ist die Inspektion an Ort und Stelle nicht erwähnt. Sollte sie institutionalisiert werden, müsste sie, soweit sie Tierschutzaspekte betrifft, im Tierschutzgesetz verankert werden.

In bezug auf das Beschwerderecht des Bundes gegen Strafurteile der kantonalen Gerichte ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesamt für Veterinärwesen zwar den Antrag stellt, der Entscheid über die Einreichung eines Rechtsmittels aber in der Kompetenz der Bundesanwaltschaft liegt. Nach bisheriger Praxis wird ein kantonales Rechtsmittel nur bei krassen Fehlentscheiden ergriffen. Zudem besteht verfahrensmässig das Problem, dass die Frist zum Einlegen eines Rechtsmittels nur 10 Tage ab Mitteilung an die Bundesanwaltschaft beträgt (Art. 267 des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege; SR 312.0). Die Bestimmung wird derzeit revidiert, voraussichtlich werden künftig andere Fristen bestehen (BB1 1993 III 669).

Insgesamt erachtet der Bundesrat die Empfehlung als prüfenswert. Die Verstärkung und der Ausbau der Oberaufsicht des Bundes würde jedoch eine personelle Aufstockung beim Bundesamt für Veterinärwesen bedingen. Der Bundesrat hält nicht zuletzt deshalb die Schaffung geeigneter, personell ausreichend dotierter Vollzugsstrukturen auf kantonaler Ebene und die Aus- und Weiterbildung der kantonalen Vollzugsbehörden für mindestens ebenso wichtig wie den Ausbau der Kompetenzen des Bundes.

Empfehlung 5: Dem Bundesamt für Veterinärwesen sind zur Erfüllung seiner Aufgaben im Bereich der Oberaufsicht, der Information und der Ausbildung das nötige Personal und die erforderlichen Finanzen zuzuteilen. Einen Zusatzaufwand erfordert insbesondere die Erfüllung der Aufklärungsarbeit, die in Zukunft vermehrt zu leisten sein wird, wenn die hier vorgeschlagene Vollzugskonzeption verwirklicht werden soll
(im übrigen ist die Prüfstelle für Stalleinrichtungen für Rindvieh und Schweine an der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Tänikon wieder in die Lage zu versetzen, ihre Stammfunktion der Prüfung und Entwicklung von Stalleinrichtungen voll wahrzunehmen). Die benötigten Stellen sind innerhalb des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes zu verschieben.

Stellungnahme; Eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, um bestimmte Zielgruppen zu informieren und zu motivieren, deckt sich mit den Bestrebungen des EVD und seines Bundesamtes für Veterinärwesen. Das Bundesamt ist auch daran, seine neue Stabsstelle Public Relations für alle Bereiche des Amtes aufzubauen. Im Budget 1994 des Amtes sind die Kredite für eine vermehrte Informationstätigkeit entsprechend dem Antrag der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates aufgenommen worden. Ein Informationskonzept wird ausgearbeitet. Das EVD wird sich dafür einsetzen, dass in den kommenden Jahren für die verstärkte, gezielte und professionelle Informationstätigkeit noch vermehrte Finanzmittel budgetiert werden können.

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Die hierfür notwendigen Kredite werden vom Bundesamt auf einige hunderttausend Franken jährlich geschätzt. Zur verbesserten Erfüllung seiner Aufgaben im Bereich der Oberaufsicht, der Information, der Ausbildung und der damit verbundenen, fachtechnisch oft schwierigen Übersetzungen in die Amtssprachen würde das Bundesamt für Veterinärwesen neben Sachkrediten vier zusätzliche Stellen benötigen.

Die Problematik, dass die Prüfstelle für Stalleinrichtungen des Bundesamtes für den Bereich Rindvieh- und Schweinehaltung an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Betriebswirtschaft und Landtechnik FAT in Tänikon stark durch die Beratung für Kantone und Tierhalter beansprucht wird und ihrer eigentlichen Stammfunktion (Prüfung von Stalleinrichtungen auf Tiergerechtheit) zugeführt werden sollte, kann bestätigt werden. Die gleiche Problematik trifft auch auf die Prüfstelle für Stalleinrichtungen für Hausgeflügel und Kaninchen an der Schweizerischen Geflügelzuchtschule SGS in Zollikofen zu. Die neuen Entwicklungen in der Geflügelhaltung müssen im Hinblick auf die Tierschutzproblematik begleitet werden. An beiden Prüfstellen des Bundesamtes besteht hier ein Bedarf nach mindestens je einer zusätzlichen Stelle.

Zu den aufgeführten Personalbedürfnissen kommt die Schaffung der im Bericht erwähnten zwei Stellen für den Bereich der Tierversuche im Zusammenhang mit der Revision der Tierschutzgesetzgebung von 1991 hinzu.

Insgesamt ergibt sich aus dem dargestellten Aufgabenausbau beim Bundesamt für Veterinärwesen ein Zusatzbedarf von acht Stellen. Deren Beschaffung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt - in Anbetracht der Sparbemühungen des Bundes - schwierig.

Das EVD wird sich im Rahmen seiner beschränkten Möglichkeiten darum bemühen. Es ist jedoch unmöglich, diesen zusätzlichen Stellenbedarf durch Stellenverschiebungen innerhalb des EVD zu decken. Dieses muss in den nächsten Jahren mit nahezu unverändertem oder gar vermindertem Stellenbestand bereits den Aufgabenausbau zahlreicher anderer Bereiche bewältigen (so unter anderem des Sekretariats der Kartellkommission, der Arbeitslosenversicherung, des Arbeitsmarktes, der Revitalisierungsprogramme, des Zivildienstes sowie der Wohnbau- und Eigentumsförderung).

Empfehlung 6: Der Vollzug des Tierschutzes ist vermehrt über die Mittel der Information und der Ausbildung bei den
Tierhaltern und in der Öffentlichkeit zu fördern. Bund und Kantone haben hier zusammenzuwirken. Die Kürzung im Budget des Bundesamtes für Veterinärwesen für 1994 und in der anschliessenden Finanzplanung zum Bereich Information und Öffentlichkeitsarbeit ist daher rückgängig zu machen (Kompensation innerhalb des Departementes). Eine wichtige Aufgabe haben auch die landwirtschaftlichen Beratungsstellen. Schliesslich sind die Schulen im Hinblick auf den Naturkundeunterricht durch geeignete Informationsmittel für den Tierschutz zu sensibilisieren.

Für sämtliche Tierhalter ist eine angemessene Ausbildung vorzusehen. Dies gilt für sämtliche Nutztierhalter und gewerbliche Heimtierhalter (Handel und Tierheime), aber auch für private Heimtierhalter je nach Tierart und nach Grosse des von ihnen betreuten Tierbestandes. Die Ausbildung ist im Bereiche der Landwirtschaft vor allem durch die, landwirtschaftlichen Schulen zu vermitteln, kann aber auch durch Tierzuchtverbände und andere Fachorganisationen angeboten werden.

Stellungnahme: Zu Information und Motivation der Tierhalter wird auf die Ausführungen zu Empfehlung 5 verwiesen. Die Mittel für vermehrte Öffentlichkeitsarbeit

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wurden aufgrund des Beschlusses der beiden Räte im Budget 1994 durch Verschiebungen zu Lasten der Forschungskredite innerhalb des Bundesamtes für Veterinärwesen beschafft.

Es ist vorgesehen, das Informationskonzept und die geplanten Informationstätigkeiten des Bundesamtes mit Vertretern des kantonalen Vollzugs abzusprechen.

Künftige Informationsmittel des Bundesamtes sollen neben den Kantonen auch landwirtschaftlichen Beratungsstellen, landwirtschaftlichen Schulen, Tierhalterorganisationen, Tierhaltern usw. zur Verfügung stehen.

Für die Behandlung des Themas Tierschutz in Schulen hat das Bundesamt für Veterinärwesen im Jahr 1991 das Buch «Tierschutz - ein Lehrmittel» herausgegeben (EDMZ, 3000 Bern, Nr. 720.150 d). Dessen Verbreitung soll noch durch weitere Ausschreibungen gefördert werden. Die Übersetzung ins Französische steht derzeit in Vorbereitung. Ferner hat das Bundesamt einen Videofilm über tiergerechte Milchviehhaltung ausarbeiten lassen und einen Videofilm über tiergerechte Schweinehaltung in Auftrag gegeben. Weitere derartige Informationsmittel sind geplant.

Für das Personal in Tierheimen, Zoofachgeschäften, Versuchstierhaltungen und Wildtierhaltungen werden heute gestützt auf Artikel 8 der Tierschutzverordnung l -3jährige Ausbildungsgänge zum Erwerb des Fähigkeitsausweises für Tierpfleger angeboten. Es bestehen Bestrebungen, diese Ausbildungsgänge zunehmend zu verbessern, auszubauen und den Anforderungen einer BIGA-Benifslehre anzugleichen. Die Bereitschaft des BIGA zur Anerkennung des Tierpflegerberufes besteht grundsätzlich, doch müssen die heutigen Ausbildungsgänge entsprechend angepasst werden, was den Willen und die Bereitschaft der Tierhalterorganisationen voraussetzt. Verhandlungen zwischen den Ausbildungsorganisationen und dem BIGA sind im Gang, Eine Ausbildung sämtlicher Tierhalter, einschliesslich privater Heimtierhalter und sämtlicher Nutztierhalter, erscheint zwar wünschenswert, sie ist aber schwer realisierbar. Sie sollte nicht in erster Linie gesetzgeberisch gefordert, sondern durch ein reichhaltigeres Angebot an Ausbildungskursen auf freiwilliger Basis unter Mitwirkung privater Organisationen erreicht werden. Die Landwirtschaftliche Beratungszentrale in Lindau, LBL, und der Service de Vulgarisation Agricole in Lausanne, SRVA, die Schweinegesundheitsdienste, SGD, die
Schweizerische Geflügelzuchtschule SGS in Zollikofen und weitere Stellen können im Bereich der Nutztierhaltung wichtige Aufgaben erfüllen.

Vermehrte Informationstätigkeit bedingt für Bund, Kantone und Tierhalterorganisationen einen Mehraufwand in personeller und finanzieller Hinsicht. Im Rahmen der verfügbaren Mittel werden allerdings kaum alle wünschbaren Tätigkeiten realisiert werden können.

Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Information eine wichtige, flankierende Aufgabe zur Durchsetzung des Tierschutzes bildet, dass aber auf verbindliche Vorschriften, auf Kontrollen im Vollzug und gegebenenfalls auf Sanktionen beim Vorliegen von Missständen in vielen Bereichen nicht verzichtet werden kann.

Empfehlung 7: Für den Tierschutz ist ein klares Vollzugskonzept zu entwickeln, das einen Leistungsauf trag an die Kanlune funnuliert. Die Anforderungen an den Vollzug sind einheitlicher zu gestalten, als dies heute der Fall ist. Beispielsweise sollten periodische Erhebungen zum Stand des Tierschutzes in allen Nutztierhaltungen und gewerblichen Heimtierhaltungen vorgesehen werden.

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Stellungnähme: Zu einem Vollzugskonzept im Tierschutz wird auf die Ausführungen zur Oberaufsicht des Bundes und zur Informationstätigkeit (Empfehlungen 4-6) sowie zu den kantonalen Vollzugsstrukturen (Empfehlung 8) verwiesen. Die Frage eines Leistungsauftrags an die Kantone wird im Rahmen der Revision der Tierschutzverordnung geprüft. Wesentlich sind dabei auch die Informationstagungen und Ausbildungskurse des Bundes zusammen mit den Kantonen, wo vermehrt gemeinsam Vollzugsstrategien erarbeitet werden sollen. Anzustreben ist auch eine Förderung der Eigenverantwortlichkeit der Kantone und die Ausstattung der kantonalen Vollzugsbehörden mit einem kompetenten, unabhängigen Mitarbeiterstab.

Gestützt auf Artikel 16a der Tierschutzverordnung (Änderung vom 23. Oktober 1991; AS 7997 2349) haben die Kantone auf Ende 1995 den Stand der Anpassungen der Tierhaltungen an die Tierschutzvorschriften zu ermitteln und dem Bundesamt für Veterinärwesen Bericht zu erstatten. Nach der Ratifikation des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Heimtieren (BB1 7992 V 1003) durch die Schweiz am 3. November 1993 wird voraussichtlich eine Meldepflicht für den Betrieb von Tierheimen eingeführt werden. Dadurch wird die Aufsicht im Rahmen des Vollzugs der Kantone erleichtert.

Dem Bundesrat erscheinen periodische Erhebungen in Tierhaltungen, verbunden mit Informations- und Beratungstätigkeit, als zweckmässiges Mittel des Vollzugs der Tierschutzgesetzgebung. Im Bereich der Wildtierhaltungen und Versuchstierhaltungen sind sie gemäss Tierschutzverordnung bereits jährlich, im Bereich des Zoofachhandels alle zwei Jahre vorgeschrieben. Der Bericht der Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren «Vollzug Tierschutzgesetz» von 1991 empfiehlt Erhebungen in Nutztierhaltungen ausdrücklich (Bundesamt für Veterinärwesen, 3097 Liebefeld-Bern). Wie häufig solche Erhebungen zum Stand des Tierschutzes in Nutztierhaltungen und in gewerblichen Heimtierhaltungen vorzusehen sind, muss noch eingehend geprüft werden. Der erhebliche personelle und finanzielle Aufwand für die Kantone dafür ist mitzuberücksichtigen, und in den Kantonen muss der politische Wille dazu vorhanden sein.

Empfehlung 8: In organisatorischer Hinsicht sind die Kantone zu verpflichten, eine gewisse Konzentration der Vollzugsorgane auf eine Stelle pro Kanton
vorzunehmen. Erforderlich ist zumindest eine zentrale Koordinationsinstainz als Fachstelle für Tierschutz sowie eine geeignete Vollzugsstruktur. Zusätzlich zu den praktizierenden Tierärzten sind Kontrollinstanzen in unabhängiger Stellung zu schaffen.

Eine jährliche Konferenz der kantonalen Direktoren, die für den Tierschutz zuständig sind, soll dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement gestatten, das Gespräch zum Tierschutz auf Regierungsebene zu führen und den Kantonen dabei helfen, ihre Vollzugsstrategien zu harmonisieren.

Stellungnahme: Die geltende Tierschutzgesetzgebung lässt den Kantonen eine grosse Freiheit bei der Organisation des kantonalen Vollzugs. In mehreren Kantonen sind durch starke Aufteilung der Vollzugsaufgaben Lösungen getroffen worden, die nicht befriedigen. Der Bundesrat hält das Schaffen von starken Vollzugsstrukturen im Kanton mit gut ausgebildeten, unabhängigen Mitarbeitern in ausreichender Zahl im Rahmen von kantonalen Tierschutz-Fachstellen als eine wichtige Voraussetzung zur Durchsetzung des Tierschutzgesetzes und zur Breitenwirkung.

Solche Fachstellen bedingen in manchen Kantonen eine Personalaufstockung. Der Vorsteher des EVD ist gerne bereit, periodisch mit den leitenden kantonalen Regierungsvertretern die anstehenden Tierschutzprobleme zu erörtern, wenn dies auch von den Kantonen als wünschenswert erachtet wird.

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Empfehlung 9: Die Möglichkeiten der Vernetzung des Tierschutzes mit andern Politikbereichen gemäss Ziffer 4 dieses Berichtes sind besser zu nutzen. In allen Verfahren um Erteilung von Bewilligungen oder um Gewährung von Subventionen - einschliesslich der Direktzahlungen -, die geeignet sind, den Tierschutz zu berühren, sind die kantonalen Tierschutzbehörden beizuziehen. Ökologisch begründete Direktzahlungen nach Artikel 3 li des Landwirtschaftsgesetzes sind nur aufgrund einer Überprüfung der Tierschutzmassnahmen des Gesuchstellers durch die kantonalen Tierschutzbehörden zu gewähren.

Stellungnahme: Die Empfehlung zur stärkeren Vernetzung des Tierschutzes mit anderen betroffenen politischen Bereichen, insbesondere in der Landwirtschaft, ist ein zweckmässiges, flankierendes Mittel zur Durchsetzung des Tierschutzes, Die Erfüllung der Tierschutzvorschriften und anderer gesetzlicher Bestimmungen als Voraussetzung zur Gewährung von Beiträgen und Krediten aus Öffentlichen Mitteln, wie Meliorationsbeiträge, Viehhalterbeiträge, Tierhalterbeiträge, Investitionskredite sowie Direktzahlungen nach den Artikeln 3 la und 3 le des Landwirtschaftsgesetzes, ist eine gesetzliche Verpflichtung. Das EVD und seine Bundesämter für Landwirtschaft sowie für Veterinärwesen werden sich bei den Kantonsbehörden dafür einsetzen, dass die Vollzugspraxis in diesem Bereich konsequent und koordiniert vorgeht und jeweils die Einhaltung der Tierschutzauflagen überprüft.

Nutztierhaltung Empfehlung 10: Die bisherigen Bemühungen um den Tierschutz in der Nutztierhaltung sind fortzusetzen. Das Schwergewicht in der Vollzugsstrategie ist dabei aber von den Investitionen auf die Betriebsfragen und auf das Verhältnis von Mensch und Tier zu verschieben. Priorität verdienen die drei «B»-Forderungen: Beleuchtung mit Tageslicht, Bewegung, Beschäftigung. Neue bauliche Anforderungen sind nur für Neubauten und Umbauten mit erheblichem Bezug zu den Stalleinrichtungen vorzusehen.

Stellungnahme: Die Anliegen der Empfehlung können unterstützt werden. Sie werden im Rahmen der Revision der Tierschutzverordnung, der Informationstätigkeiten und der Bemühungen um bessere kantonale Vpllzugsstrukturen (Empfehlungen l, 5, 6, 7 und 8) miteinbezogen. Die Forderung nach Verbesserung der Mensch-Tier-Beziehung ist zwar schwer und nicht kurzfristig umsetzbar,
aber als langfristiges Ziel anzustreben. Sie benötigt langfristige Konzepte und Informationsstrategien und ist als gesellschaftlicher Prozess aufzufassen.

Empfehlung 11: Die Abkehr von der Konzeption des Tierschutzes als Polizeiaufgabe und die Hinwendung zu Information, Aufklärung und Ausbildung verlangt, dass der bisherige Verzicht auf finanzielle Beiträge an Tierschutzmassnahmen überdacht wird. Zumindest ist der indirekte Weg über bestehende Instrumente der Finanzierungsbeihilfe flexibler zu nutzen als bis anhin. Beispielsweise ist zu prüfen, ob für kleinere Sanierungen unterhalb der Subventionierungsgrenze durch Investitionskredite auch Kleinbeiträge als Motivationshilfe gewährt werden können. Grundsätzlich ist am Prinzip der Eigenverantwortung der Tierhalter für die Erfüllung des Tierschutzes festzuhalten. Die Bereitschaft zu Tierschutzaufwendungen ist jedoch durch eine bessere Organisation der kantonalen Unterstützung und Beratung zu heben; dabei ist auch dafür zu sorgen, dass Subventionen nicht nur für teure Anlagen gewährt werden, damit kostengünstige Varianten nicht benachteiligt sind.

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Stellungnahme: Der Empfehlung kann im Grundsatz zugestimmt werden; die Realisierung muss noch weiter abgeklärt werden. Allerdings ist zu bedenken, dass vom Parlament immer wieder die Aufhebung sogenannter Bagatellsubventionen gefordert wurde.

Empfehlung 12: Auslaufbetriebe, das heisst solche, die in absehbarer Zeit aufgelöst werden müssen, weil für den Tierhalter keine Nachfolge in Sicht ist, sollten in bezug auf den Tierschutz anders behandelt werden als Familienbetriebe, die voraussichtlich weiterbestehen werden. Für Auslaufbetriebe sind pragmatische Lösungen zu suchen.

Stellungnahme: Mit der Teilrevision der Tierschutzverordnung von 1991 wurde diese Empfehlung zumindest für Milchviehhaltungen umgesetzt. Der Empfehlung kann grundsätzlich zugestimmt werden.

Empfehlung 13: Meldepflichten über festgestellte Verletzungen der Tierschutzvorschriften sind generell für alle Tierärzte, alle Betriebsberater und Milchinspektoren vorzusehen. Die Meldungen sollen primär keine polizeiliche Funktion erfüllen, sondern Anstoss für Beratung, Ausbildung und Motivationsbemühungen der Tierschutzbehörden bilden.

Stellungnahme: Die Empfehlung dürfte in bezug auf die Meldepflicht bei einem Teil der genannten Berufskreise auf Widerstand stossen. Hingegen ist die Funktion der Beratung durch diese Kreise als sehr wichtig einzustufen und zu fördern. Die Frage muss weiterverfolgt werden, namentlich in bezug auf eine Meldepflicht nach vorheriger erfolgloser Mahnung zu Tierschutzfällen. Wie in den Ausführungen zu Empfehlung 8 dargestellt wird, ist die Schaffung starker kantonaler Vollzugsstrukturen als wirksames Vollzugsmittel hervorzuheben.

Empfehlung 14: Der Bund sollte seinen Einfluss auf die Lehrpläne der landwirtschaftlichen Schulen dahingehend geltend machen, dass Tierschutz überall unterrichtet wird.

Stellungnahme: Der Einbezug des Tierschutzes in die landwirtschaftliche Ausbildung ist ein wichtiges Element zur Durchsetzung des Tierschutzes. Im Rahmen der laufenden Revision der Verordnung über die landwirtschaftliche Berufsbildung und der Detail-Lehrpläne dazu soll diesem Anliegen Rechnung getragen werden.

Anzustreben ist auch eine vermehrte Berücksichtigung des Tierschutzes in anderen Ausbildungsbereichen, namentlich in den Ausbildungsgängen für Tierärzte und Agronomen.

Empfehlung 15: Der Bund sollte darauf
hinwirken, dass grundsätzlich sämtliche Bauern die landwirtschaftlichen Schulen besuchen oder eine gleichwertige Ausbildung machen, die jedem Tierhalter die erforderlichen Tierhalterkenntnisse vermitteln.

Stellungnahme: Durch ein Angebot an geeigneten Ausbildungskursen an landwirtschaftlichen Schulen und mittels der Kurse der Landwirtschaftlichen Beratungszentrale LBL in Lindau sowie des Service Romand de Vulgarisation Agricole, SRVA, in Lausanne kann diese Empfehlung teilweise erfüllt werden. Gesetzgeberische Regelungen mit einem Obligatorium erscheinen dem Bundesrat indessen nicht vordringlich. Wesentlich ist jedoch, dass auch die Ausbildung mit Kleinvieh, wie Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel, miteinbezogen wird.

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Empfehlung 16: Für importiertes Fleisch und Fleischwaren ist eine Deklarationspflicht einzuführen, Stellungnahme: Eine solche Regelung ist weiter zu prüfen, da sie die Eigenverantwortung der Konsumentinnen und Konsumenten fördern würde. Sie ist heute schon realisiert bei Gemüse und Früchten. Eine Deklarationspflicht wurde auch im Bericht «Ausgleich unterschiedlicher Produktionsbedingungen an der Grenze», den eine Arbeitsgruppe der Bundesverwaltung 1990 vorgelegt hat, als zweckmässig, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten realisierbar, aufgeführt (Bundesamt für Landwirtschaft, Viehwirtschaftliche Produktion, 3003 Bern). Die Empfehlung ist weiter zu verfolgen.

Nach Artikel 20 Absatz l des Lebensmittelgesetzes vom 9. Oktober 1992 ist der Abnehmer auf Verlangen über die Herkunft (Produktionsland) von Lebensmitteln zu informieren. Nach Artikel 21 kann der Bundesrat vorschreiben, dass diese sowie weitere Angaben obligatorisch auf den Kennzeichnungen der Verpackungen anzubringen sind. Eine Kontrolle ist allerdings nicht einfach. In der Praxis dürften sich bei Fleischerzeugnissen und bei Fertigmahlzeiten Probleme ergeben. Es ist vorgesehen, in der Lebensmittelverordnung entsprechende Vollzugsbestimmungen aufzunehmen.

Schlachtung Empfehlung 17: Das Bundesamt für Veterinärwesen sollte in Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden ein Schlachthofkonzept entwickeln, welches für den Tierschutz einen einheitlichen Massstab an alle Betriebe anlegt und geeignete Kontrollen vorsieht sowie die Stellung und die Ausbildung des Schlachtpersonals fördert.

Gestützt darauf ist die Schlachtung in der Tierschutzverordnung zu regeln. Ebenfalls regelungsbedürftig sind die Tiertransporte, insbesondere jene zu den Schlachthöfen. Schliesslich ist durch geeignete Massnahmen der Verdrängungswettbewerb unter den Schlachthöfen in der Schweiz einzudämmen.

Stellungnahme: Mit der Revision der Tierschutzverordnung, welche neben klareren Vorschriften zur Schlachtviehbetäubung und zu Tiertransporten auch die Ausbildung des Personals und Kontrollen regeln soll, kann der Empfehlung Rechnung getragen werden. Ein Konzept für den Vollzug soll mit den Kantonen geprüft werden. Wesentlich sind auch im Bereich des Tierschutzes bei Tiertransporten und im Schlachthof eine verstärkte Ausbildung des Personals in Schlachthöfen sowie geeignete
Vollzugsstrukturen in den Kantonen. Dies bedingt auch mehr Personal bei den Vollzugsbehörden.

Die Ausführungsbestimmungen zum Lebensmittelgesetz vom 9. Oktober 1992 bringen detaillierte Vorschriften für Bau, Einrichtung und Betrieb von Schlachtanlagen. Damit soll die unlautere Konkurrenz durch Betriebe mit geringeren Gestehungskosten eingeschränkt werden. Erschwerend ist allerdings, dass in der Schweiz Überkapazitäten in den Schlachtanlagen bestehen, die mit den sinkenden Tierzahlen und dem sinkenden Fleischkonsum noch zunehmen werden und die Konkurrenzsituation verschärfen können.

Empfehlung 18: Vorschriften über die Schlachtung haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Betäubungsanlagen verbessert werden und die Zuführung zur Schlachtanlage tiergerechter gestaltet wird.

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Stellungnahme: Die Anpassung der Regelungen erfolgt im Rahmen der laufenden Revision der Tierschutzverordnung, wie in den Ausführungen zu Empfehlung l ausgeführt wird. Wesentlich sind auch in diesem Bereich Information, Ausbildung und Kontrollen, Empfehlung 19: Mit einer obligatorischen Schlachttieruntersuchung ist dafür zu sorgen, dass die Tierkontrolle vor dem Schlachten systematisch genutzt wird, um Mängel in der Nutztierhaltung in den Herkunftsbetrieben zu beheben.

Stellungnahme: Die obligatorische Schlachttieruntersuchung ist in den Ausführungsbestimmungen zum Lebensmittelgesetz vom 9. Oktober 1992 vorgesehen. Sie stösst jedoch bei den Verwertem und teilweise auch bei den Vollzugsbehörden auf Widerstand, weil sie mit finanziellem und personellem Mehraufwand verbunden ist. Soweit bei der Schlachttieruntersuchung Tierschutzaufgaben zu erfüllen sind, kann ihr Aufwand nicht über Gebühren abgegolten werden, wie auch in den Ausführungen zu Empfehlung 4 dargelegt wird.

Heimtierhaltung Empfehlung 20: Gestützt auf das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren sollte der Bundesrat die Qualzucht näher definieren und verbieten.

Stellungnahme: Die Empfehlung wird im Rahmen der Revision der Tierschutzverordnung mitberücksichtigt.

Empfehlung 21: Im Bereich der Heimtierhaltung sind besondere Anstrengungen zur Information und Motivation der Öffentlichkeit über Belange des Tierschutzes notwendig.

Stellungnahme: Der Bundesrat ist der Auffassung, dass im Bereich der Heimtierhaltung die Informationstätigkeit von besonderer Bedeutung ist. Das Bundesamt für Veterinärwesen wird entsprechende Konzepte ausarbeiten. Es muss aber mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass solche Tätigkeiten ohne zusätzliches Personal und ohne weitere Sachmittel nicht realisiert werden können, Empfehlung 22: Für den Handel und die Werbung mit Tieren sind nicht nur geeignete Räume, Gehege und Einrichtungen zu verlangen, sondern neben der entsprechenden Ausbildung der Gewerbetreibenden auch deren Pflicht zur Information und Beratung der Käufer in Belangen des Tierschutzes.

Stellungnahme: Die Empfehlung kann grundsätzlich unterstützt werden. Sie soll im Rahmen der Revision der Tierschutzverordnung miteinbezogen werden.

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Gesamtwertung des Berichtes

Der Bundesrat unterstützt die Stossrichtung des Berichts und ist mit den Schlussfolgerungen weitgehend einverstanden. Er hält Verbesserungen im Tierschutzbereich für notwendig. Einzelne Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission sind noch vertieft zu prüfen.

Inbesondere unterstützt der Bundesrat die Ansicht, dass Verbesserungen im Tierschutz nicht in erster Linie durch striktere staatliche Regelungen und Kontrollen, sondern durch vermehrte, geeignete Information und Motivation der Tierhalter, 656

durch Verbesserung der kantonalen Vollzugsstrukturen, durch ein verbessertes Verhältnis zwischen Bund und Kantonen sowie durch weitere flankierende Massnahmen erreicht werden können.

Der Bundesrat weist aber auch darauf hin, dass in manchen Bereichen des Tierschutzes auf präzise, gesetzliche Regelungen, auf Mindestanforderungen für Tierhaltungen auch in baulicher Hinsicht und auf Kontrollen durch die Vollzugsbehörden nicht verzichtet werden kann, wenn dem Tierschutz Nachachtung verschafft werden soll. Alle diese Massnahmen bedeuten aber für die Behörden einen Mehraufwand in personeller und finanzieller Hinsicht und müssen daher vom politischen Willen der zuständigen Parlamente und Vollzugsbehörden sowie vom einzelnen Bürger getragen werden. Der Wunsch nach ihrer Realisierung stösst an die Grenzen der gegenwärtigen prekären finanziellen Verhältnisse von Bund, Kantonen und Gemeinden.

Der Bundesrat begriisst es, dass der Bericht die Vielschichtigkeit und Vernetzung der Probleme beim Vollzug des Tierschutzes ausgewogen aufzeigt und überdies darstellt, wie weitreichend die Verantwortung von uns allen gegenüber dem Tier ist.

Der Bundesrat dankt der Kommission und allen Beteiligten für die sorgfältige und konstruktive Arbeit. Er hat sich am 29. November 1993 bereit erklärt, das Postulat der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates «Tierschutz, Vollzugskonzept» (93.3524) entgegenzunehmen, das im Zusammenhang mit dem Inspektionsbericht eingereicht worden ist. Der Bundesrat wird ferner auf Ende Juni 1995 einen weiteren Bericht über die zu den Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission getroffenen Massnahmen erstatten.

26. Januar 1994

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Stich Der Bundeskanzler: Couchepin

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Vollzugsprobleme im Tierschutz Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 5. November 1993 1) vom 26. Januar 1994

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Foglio federale

Jahr

1994

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

08

Cahier Numero Geschäftsnummer

93.082

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

01.03.1994

Date Data Seite

646-657

Page Pagina Ref. No

10 052 928

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