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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch der Frau Rosa Bubendorf, geb.

Christ, in Schönenbuch, Kanton Baselland.

(Vom 17. Mai 1901.)

Tit.

Frau Bubendorf hat, wie sie selbst zugiebt, am 12. Dezember 1900 versucht, durch den zehnjährigen, in ihrer Haushaltung lebenden Knaben Johann Baptist Fischer aus Leinen, Elsaß, zwei Schachteln Zündhölzchen mit gelbem Phosphor im Gewichte von 0,4 kg. sich bringen zu lassen. Objektiv liegt in dieser Handlung eine Übertretung des Art. 4 des Bundesgesetzes über die Fabrikation und den Vertrieb von Zündhölzchen vom 2. November 1898, und die im Polizeiverfahren von Frau Bubendorf gemachte Angabe, daß sie den Knaben angewiesen habe, die Ware ,,auf allfällige Anhaltung" zu verzollen, ist nicht nur an sich unglaubwürdig, sondern wird durch die im Rapporte des arretierenden Zolleinnehmers enthaltene Darstellung über den Versteck der Zündhölzchen unter Äpfeln im Schulsack des Knaben und über das versuchte Ableugnen des letztern geradezu widerlegt.

Das Bezirksgericht Ariesheim hat die Frau Bubendorf durch Urteil vom 19. März 1901 zu dem gesetzlichen Minimum von Fr. 100 Geldbuße verurteilt mit der Bestimmung, daß die Buße im Falle der Nichtbezahlung in zwanzig Tage Gefängnis umgewandelt werde. Die Verurteilte und ihr Ehemann stellen nun das Gesuch, daß diese Strafe ihr in Gnaden erlassen werden

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möge unter Hinweis auf die ärmlichen Verhältnisse der Familie und mit der Behauptung, sie habe von dem gesetzlichen Verbote der Einfuhr derartiger Zündhölzchen keine Kenntnis gehabt. Das Gesuch wird vom Gemeinderat Schönenbuch zur Genehmigung empfohlen.

Es ist zwar nicht glaubhaft, daß Frau Bubendorf sich der Unzulässigkeit des Bezuges der Zündhölzchen nicht bewußt gewesen sei, denn sonst hätte der Knabe Fischer nicht nötig gehabt, die Schachteln zu verstecken und unwahrerweise vorzugeben, er habe nur Äpfel in seinem Schulsack. Auf der ändern Seite aber erscheint das gesetzliche Strafminimum von Fr. 100 für Fälle der vorliegenden, geringfügigen Art entschieden zu hoch, weshalb es sich rechtfertigt, dem Gesuche durch angemessene Reduktion der Buße zu entsprechen.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den A nt r ag:

Es sei die vom Bezirksgerichte Ariesheim über Frau Bubendorf verhängte Geldbuße im Wege der Begnadigung auf Fr. 10 herabzusetzen, im Falle der Nichtbezahlung in zwei Tage Gefängnis umzuwandeln.

B e r n , den 17. Mai 1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der ßundespräsident:

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch der Frau Rosa Bubendorf, geb. Christ, in Schönenbuch, Kanton Baselland. (Vom 17. Mai 1901.)

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1901

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22.05.1901

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422-423

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