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Übersicht der

Verhandlungen der vom 1. bis 3. Mai 1901 in Mailand zwischen den Delegierten von Italien und der Schweiz stattgehabten Konferenz betreffend die Zulassung des italienischen Viehs auf die Weiden des Kantons Graubünden und die Einfuhr schweizerischen Viehs auf italienisches Gebiet.

Die Delegierten des Königreichs Italien und der schweizerischen Eidgenossenschaft, nämlich: Für die Schweiz: Herr Oberst Potterat, eidgenössischer Viehseuchenkommissär, Herr M ü l l e r , Chef der Abteilung Landwirtschaft des eidgenössischen Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartements, Herr C a f l i s c h , Staatsrat des Kantons Graubünden; Für Italien:

Herr Kommandeur Professor Bartolomäus Moreschi, Direktor der zootechnischen Abteilung am königlichen Landwirtschafts-, Industrie- und Handelsministerium, Herr Ritter Professor Nikiaus L a n z i l o 11 i, Direktor der königlichen Veterinärschule in Mailand, Herr Ritter Dr. Jakob C a v a l l i n i , Provinzialrat von Como und königlicher Grenztierarzt in Chiasso,

425 haben, in gegenseitiger Übereinstimmung und im Interesse beider Länder, die nachfolgenden Bestimmungen für nützlich und zutreffend erachtet, durch welche diejenigen der ebenfalls in Mailand zwischen den Delegicrtsn der beiden Regierungen stattgehabten Konferenzen vom 12. bis 14. Mai 1891 ersetzt werden: I. Tiere des Pferdegeschlechts (Pferde, Maultiere, Esel), des Rindvieh-, Schaf- und Ziegengeschlechts, welche aus Italien stammen und nach den Weiden der Thäler des Misox und Calanca, von Münster, Puschlav und -- soweit diese Thäler nicht dem Einzugsgebiet des Rheins angehören -- auch nach dem Engadin und Bergeil bestimmt sind, werden bei den schweizerischen Zollämtern St. Maria, Zernez, Campocologno, Castasegna und Chiasso zur Einfuhr zugelassen, wenn die nachstehenden Bedingungen erfüllt sind.

Die Zulassung über andere Zollämter bleibt mit Rücksicht auf die gegen «'artigen Verhältnisse und aus viehseuchenpolizeilichen Gründen späterer Verständigung vorbehalten.

U. Vieh italienischer Herkunft, welches für die Sommerung auf schweizerischen Weiden bestimmt ist, muß 12 Tage vor der Abreise beim Sindaco der Aufenthaltsgemeinde eingeschrieben werden.

Die Eintragung muß enthalten : 1. den Namen, Vornamen und Wohnort des Eigentümers der Tiere; 2. den Namen und Vornamen des Führers der Tiere (sofern der Eigentümer dieselben nicht selbst begleitet) ; 3. die Gattung der Tiere; 4. die Anzahl der Tiere jeder Gattung; 5. den Ort, in dem die Tiere sich zur Zeit der Eintragung aufhalten ; fi. die Bezeichnung des Bestimmungsortes (Weide) der Tiere und der Gemeinde, zu der die betreffende Weide gehört; 7. den Weg, den die Tiere einzuschlagen haben, um die schweizerische Grenze zu erreichen, mit Angabe der Ortschaften, der Aufenthalte und der Dauer der Reise; 8. das Zollamt, über welches die Einfuhr nach der Schweiz stattfinden soll ; 9. die Bescheinigung, daß das betreffende Vieh seit wenigstens dreißig Tagen frei von jeder kontagiösen oder infektiösen BundesWatt. 53. Jahrg. Bd. III.

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426 Krankheit gewesen ist und daß seit ebenso langer Zeit im Herkunftsort keine dieser Krankheiten unter der betreffenden Tiergattung geherrscht hat.

III. Das vom Sindaco und vom Gemeindetierarzt unterzeichnete Einfuhrbegehren ist sofort an die Präfektur zu senden.

IV. Nach Eingang der Gesuche ordnet der Präfekt den Regierungstierarzt nach der Ortschaft ab, in der sich die zur Sommerung bestimmten Tiere befinden.

V. Daselbst angekommen, liegt dem Regierungstierarzte die Aufgabe ob: 1. jedes Stück Vieh zu untersuchen und sich zu überzeugen, daß die ganze Herde gesund und frei von ansteckender Krankheit ist, sowie daß dieselbe mit krankem Vieh nicht in Berührung gekommen ist; 2. jedes Stück Vieh mittelst eines geeigneten Apparates zu zeichnen, um dessen Identität festzustellen; 3. eine Liste der gezeichneten Tiere anzulegen und die Zeichen auf den Gesundheitsscheinen anzubringen.

VI. Acht Tage nach der ersten Untersuchung hat sich der Regierungstierarzt ohne besondere "Weisung wieder nach dem Aufenthaltsort der Tiere zu begeben, um daselbst eine zweite Untersuchung vorzunehmen.

Wenn die Anzahl der Tiere sicli ohne berechtigten Grund vermindert hat, oder wenn'die Herde sich nicht mehr am nämlichen Ort befindet oder aber, wenn der Gesundheitszustand derselben nicht durchaus zufriedenstellend sein sollte, so hat der Tierarzt die Aushingabe des Gesundheitsscheines zu verweigern.

Werden anläßlich der zweiten Untersuchung die Tiere als frei von ansteckenden Krankheiten befunden, so wird der genannte Tierarzt das Ursprungszeugnis vom Sindaco visieren lassen und dasselbe alsdann aushändigen.

VII. Die sanitarische Überwachung und die Kontrolle der nach der schweizerischen Grenze ziehenden Herden werden durch die Tierärzte der Regierung und der Gemeinden ausgeübt.

Werden in der Gegend, welche die Herden zu durchziehen haben, Fälle von ansteckenden Krankheiten konstatiert, so haben die vorgenannten Tierärzte die nötigen Maßregeln zu treffen, damit die Herden Wege benutzen, welche keine Infektionsgefahr bieten.

427 Der Transport der zur Sommerung bestimmten Tiere hat wo immer möglich mittelst Eisenbahn zu erfolgen. Die Behörde jedes Landes wird bezüglich der Anwendung dieser Maßnahme die nötigen Anordnungen treffen. Eine Bescheinigung des Gemeindetierarztes hat zu bezeugen, daß der zum Transport verwendete Wagen vor dessen Beladung mit Tieren gereinigt und desinfiziert worden ist.

VIII. Bei der Ankunft am Zollamt wird das Vieh durch den schweizerischen Grenztierarzt untersucht. Zu diesem Zwecke sind die in Art. I erwähnten Zollämter alljährlich vom 10. bis 30. Juni geöffnet.

Wird anläßlich dieser Untersuchung ein einziger Fall einer kontagiösen oder infektiösen Krankheit, im besondern der Maulund Klauenseuche, konstatiert oder wird das Ursprungszeugnis als vorschriftswidrig befunden, so wird jede Einfuhr von Sömmerungsvieh in die Schweiz über das fragliche Zollamt unverzüglich für die Dauer von sieben Tagen eingestellt.

Das zur Sommerung in der Schweiz angenommene Vieh hat am Bestimmungsort eine vierzehntägige Quarantäne zu bestehen.

IX. Vieh schweizerischer Herkunft wird zur freien Einfuhr nach Italien zugelassen, wenn die Tiere frei von jeder ansteckenden Krankheit an die italienische Grenze gelangen und wenn für sie Ursprungs- resp. Gesundheitszeugnisse vorgewiesen werden, welche vom zuständigen Viehinspektor ausgestellt worden sind.

Diese Zeugnisse sind wie folgt auszustellen: a. für die Tiere des Pferde- und Rindviehgeschlechts Zeugnisse nach Formular A der Vollziehungsverordnung vom 14. Oktober 1887, enthaltend das Signalement des Tieres, sowie Namen und Wohnort des Eigentümers; b. für Tiere des Ziegen-, Schaf- und Schweinegeschlechts Zeugnisse nach Formular B, enthaltend Bezeichnung der Tiergattung, der Anzahl der Tiere, sowie Namen und Wohnort des Eigentümers ; c. für die zur Winterung bestimmten Tiere, Zeugnisse nach Formular C, auf blauem Papier, enthaltend für jede einzelne Tiergattung die unter litt, b erwähnten Angaben.

In jedem Zeugnis hat der zuständige Viehinspektor zu bezeugen, daß das zugehörige Tier oder die zugehörigen Tiere mit keiner ansteckenden Krankheit behaftet sind, daß dieselben aus

428 Ställen kommen, über welche keine den Vieh verkehr einschränkenden Maßnahmen verhängt sind, sowie aus einer Ortschaft, welche seit zwanzig Tagen frei von ansteckenden Krankheiten gewesen ist.

X. Wird durch den italienischen Grenztierarzt bei einem zur Einfuhr vorgeführten Tiere das Vorhandensein einer ansteckenden Krankheit nachgewiesen, so kann die italienische Regierung das betreffende Zollamt für die Einfuhr von schweizerischem Vieh schließen, jedoch nur auf die Dauer von sieben Tagen, vom Zeitpunkt der Konstatierung der Krankheit an gerechnet.

XL Es gilt als abgemacht, daß bezüglich der Einfuhr von italienischem Schlachtvieh nach der Schweiz der bestehende Zustand unverändert bleibt, mit der Beschränkung immerhin, daß hierdurch die Schweiz in ihrer Gesetzgebung über Viehseuchenpolizei nach keiner Richtung hin gebunden wird.

XII. Die vorstehenden Abmachungen sind von beiden Parteien so lange einzuhalten, als dieselben nicht sechs Monate zum voraus von der einen oder anderen Seite gekündigt werden.

M a i l a n d , den 4. Mai 1901.

Im Namen der Delegierten der schweizerischen Eidgenossenschaft: (L. S.)

sig. Potterat.

Im Namen, der Delegierten des Königreichs Italien : (L. S.) sig. B. Moreschi.

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22.05.1901

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