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Bundesblatt

73. Jahrgang.

Bern, den 26. Januar 1921.

Band I.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- and Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 60 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an die Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den konzessionsgemässen Ankauf der schweizerischen Seetalbahn durch den Bund.

(Vom 21. Januar 1921.)

Nach Art. 28 der am 21. Juni 1907 erteilten und am 12. Juni 1908 abgeänderten Konzession für die schweizerische Seetalbahn kann der Rückkauf der Bahn durch den Bund, oder, falls dieser auf die Ausübung seines Rückkaufsrechtes verzichten sollte, durch die Kantone Aargau und Luzern, unter Einhaltung einer dreijährigen Kündigungsfrist frühestens auf den 1. Januar 1922 und von diesem Zeitpunkte an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen.

Im Hinblick auf diese Konzessionsbestimmung ersuchten die Regierungen der genannten Kantone im Sommer 1918 den Bundesrat um Auskunft darüber, ob der Bund von seinem Rückkaufsrechte Gebrauch zu machen beabsichtige. Sie deuteten dabei an, dass, wenn dies nicht der Fall wäre, die Erwerbung der Bahn durch die Kantone Aargau und Luzern in Betracht käme. Der aargauische Regierungsrat machte noch besonders darauf aufmerksam, dass die Rückkaufsbedingungen der Konzession äusserst günstig seien und der Seetalbahn als elektrisch betriebener Bahn erhöhte Bedeutung zukomme, weshalb der Rückkauf durch den Bund ernstlich in Erwägung gezogen werden sollte.

Wir haben uns vor allem die Frage vorgelegt, ob es für den Bund nicht geraten sei, auf die Geltendmachung seines Rückkaufsrechtes bis zu dem Zeitpunkte zu verzichten, wo die Umstände gestatten werden, eine grössere, die Mehrzahl der für den Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. I.

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72 Rückkauf in Betracht kommenden Nebenbahnen umfassende Verstaatlichungsaktion durchzuführen. Dieser Zeitpunkt wird nach etwa zehn Jahren gekommen sein, da bis dahin für die meisten Unternehmungen der nächste konzessionsmässige Rückkaufstei'tnin heranrücken wird. Das Ergebnis der von unserm Eisenbahndepartement im Benehmen mit der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen vorgenommenen eingehenden Untersuchung zeigte aber, dass es sich für den Bund empfehle, den Rückkauf der Seetalbahn auf den nächstmöglichen Zeitpunkt durchzuführen, da sich bei längerem Zuwarten der Rückkaufswert der Bahn voraussichtlich bedeutend höher stellen würde.

Unter diesen Umständen erachteten wir es für geboten, dem Bunde jedenfalls die Möglichkeit der Erwerbung der Seetalbahn auf den 1. Januar 1922 zu wahren, und kündigten daher der Bahnunternehmung mit Schreiben vom 9. Dezember 1918 den Rückkauf auf diesen Zeitpunkt an.

Geschichte und Verhältnisse der Seetalbahn.

Schon im Jahre 1871 wurde einem Seetalbahnkomitee zuhanden einer zu gründenden Gesellschaft von den Kantonen Aargau und Luzern die Konzession für den Bau uod Betrieb einer Eisenbahn von Lenzburg oder Hunzenschwil nach Emmenbrücke erteilt. Die Eisenbahnkrisis, die in den folgenden Jahren über die Schweiz hereinbrach, liess jedoch die Eisenbahnbestrebungen des Seetales einstweilen nicht zum Ziele gelangen. Erst anfangs der 80er Jahre konnte zu ihrer Verwirklichung geschritten werden, nachdem es dem Gründungskomitee gelungen war, englische Finanzkreise für das Unternehmen zu interessieren.

Im April 1882 wurde die Konzession für die Seetalbahn einer englischen Gesellschaft übertragen und gleichzeitig in dem Sinne geändert, dass statt einer Linie auf eigenem Bahnkörper eine normalspurige und eingeleisige Strassenbahn vorgesehen wurde.

Bereits im Jahre 1883 konnte die Stammlinie Lenzburg-Emmenbrücke und im Jahre 1887 die Zweiglinie Beinwil-Reinach-Menziken, für die der Gesellschaft im Jahre 1886 die Konzession verliehen wurde, dem Betriebe übergeben werden. Im Jahre 1894 ging die Seetalbahn nebst der von der Gesellschaft im Jahre 1890 erworbenen Konzession für den Bau und Betrieb einer Linie von Lenzburg nach Wildegg durch Kauf von der englischen Lake Valley of Switzerland Railway Company zunächst an die ßankflrma Burkhardt & Cie. in Zürich und dann gegen eine Kaufsumme von 1,4 Millionen Franken an die schwei-

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zerische Seetalbahngesellschaft mit Sitz in Hochdorf über. Bei der Konzessionsübertragung wurden die Konzessionen für die einzelnen Linien durch einen einheitlichen Konzessionsakt ersetzt.

Die neue Gesellschaft schritt ungesäumt zur Erstellung der Linie Lenzburg-Wildegg, die bereits im Jahre 1895 eröffnet werden konnte. Im Jahre 1906 kam es zu einer Fusion der Seetalbahngesellschaft mit der Gesellschaft der im gleichen Jahre dem Betriebe übergebenen Reinach-Münster-Bahn. Um den durch diese Fusion geschaffenen Verhältnissen Rechnung zu tragen, wurden die bisherigen Konzessionen der Seetalbahn und der ReinachMünster-Bahn am 21. Juni 1907 durch eine neue einheitliche Konzession ersetzt, in der die Gesellschaft der Seetalbahn, einem von ihr gestellten Gesuche entsprechend, zur Einführung des elektrischen Betriebes ermächtigt wurde.

Die Linien der Seetalbahn weisen insgesamt eine Baulänge von 54,2 km auf, wovon 33,5 km auf Strecken entfallen, auf denen die Bahn als Strassenbahn ohne eigenen Bahnkörper erstellt ist.

In den Jahren 1909 und 1910 wurde die Bahn für den elektrischen Betrieb umgebaut. Die elektrische Kraft wird als Dreiphasen-Wechselstrom vom aargauischen Elektrizitätswerk bezogen und in einem Umformerwerk in Beinwil in EinphasenWechselstrom mit 5500 Volt Spannung und 25 Perioden umgewandelt.

Die Anlagekosten der Bahn beliefen sich im Zeitpunkt ihres Verkaufes durch die Lake Valley of Switzerland Railway Company auf Fr. 3,788,921. Die von der Gesellschaft der schweizerischen Seetalbahn bezahlte Kaufsumme von Fr. 1,400,000 wurde auf die einzelnen Kapitel des Baukontos dieser Gesellschaft im Verhältnis der Anlagekosten der früheren Unternehmung verteilt.

Die seither erfolgte Linienerweiterung, sowie die Verbesserung der Einrichtungen, vor allem die Einführung des elektrischen Betriebes, erforderten erhebliche noue Bauausgaben, infolgedessen der Baukonto auf Ende 1919 den Betrag von Fr. 7,285,195 erreichte.

Das Anlagekapital der Seetalbahn belauft sich Ende 1919 auf rund 7,4 Millionen Franken, bestehend aus Fr. 800,-000 Stammaktien, Fr. 1,800,000 Prioritätsaktien, Fr. 3,753,000 Obligationenanleihen und Hypothekarschulden und über l Million Franken Bankschulden.

Über die Entwicklung des Verkehrs gibt die folgende Zusammenstellung Aufschluss :

74 Jahr janr

Reisendo iteisenae

Ge äck Tiere P Gu',ep '

Wa en 9 ' ac|)sen

Bpulto ,onnen'

Betriebseinnahmen

auf den Kilometer der Betriebslä/nge

1889 1894 1900 1906 1913 1919

Anzahl

Tonnen

Anzahl

Anzahl

56,663 68,611 99,975 135,415 180,959 216,241

14,292 18,752 29,246 43,476 41,627 56,731

26,536 39,886 52,346 71,942 90,399 84,157

181,320 261,081 353,135 517,469 659,873 620,175

Fr.

5,680 6,813 10,113 13,963 16,737 27,110

Gründe für den Rückkauf.

Die Seetalbahn gehört zu den Nebenbahnen, deren spätere Verstaatlichung schon bei Erlass des Rückkaufgesetzes in Aussicht genommen und durch die in den Art. 3 und 4 niedergelegten Bestimmungen vorbereitet wurde (vgl. Bundesblatt 1897, Bd. IV, S. 210). Ihre Erwerbung durch den Bund kommt heute um so mehr in Betracht, als sie inzwischen durch die Einführung des elektrischen Betriebes erhöhte Bedeutung erlangt hat. Der Übergang der an ihren beiden Endpunkten an Hauptlinien des Bundesbahnnetzes anschliessenden Seetalbahn in das Eigentum des Bundes würde den Bundesbahnen gestatten, die Leitung des Verkehrs über den Weg durch das Seetal ausschliesslich nach dem Gesichtspunkte der Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit vorzunehmen.

Die Übernahme der Bahn hätte für die allgemeine Verwaltung der Bundesbahnen keine Mehrkosten zur Folge, indem die nötigen Arbeiten durch .das den Bundesbahnen zur Verfügung stehende Personal mitbesorgt werden könnten, ohne dass bei irgendeiner Abteilung mehr Personal angestellt werden müsste.

Eine Anzahl von Beamten der entbehrlich werdenden Verwaltungsund Dienstleitungsorgane der Seetalbahn dürfte jedoch geeignet sein, die durch den natürlichen Abgang bei den Bundesbahnen eintretenden Lücken auszufüllen.

Für die Vornahme des Rückkaufes auf den ersten in der Konzession hierfür vorgesehenen Termin spricht vor allem der Umstand, dass die Verstaatlichung auf den 1. Januar 1922 gegenüber längerem Zuwarten dem Bunde erhebliche finanzielle Vorteile bietet. Nach den Bestimmungen der einheitlichen Konzession für die Seetalbahn vom 21. Juni 1907 beträgt die Entschädigung für den Rückkauf, sofern dieser bis zum 1. Januar 1925 rechtskräftig wird, den 25fachen Betrag des durchschnittlichen Reinertrages

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der zehn Kalenderjahre, die der Rückkaufsankündigung unmittelbar vorangehen. In den für den Rückkauf auf den 1. Januar 1922 massgebenden zehn Jahren haben betragen : die Betriebsüberschüsse die Reinerträgnisse Fr.

Fr.

1909 76,045 28,272 1910 151,819 97,876 1911 231,455 178,607 1912 253,325 168,177 1913 . . ' . . .

220,052 149,781 1914 178,986 105,318 1915 245,689 185,946 1916 319,794 278,997 1917 366,049 300,481 1918 496,739 422,892 im Durchschnitt

253,995

191,634

In dem massgebenden Zeitraum ist somit der Betriebsüberschuss auf das 6 J /2fache, der Reinertrag beinahe auf das 15fache des Jahres 1909 gestiegen.

Diese auffallende Änderung der Ertragsverhältnisse findet ihre Erklärung darin, dass zu Anfang dieses Zeitraumes die Seetalgegend, vor allem Hochdorf mit seiner reichen Industrie, von einer schweren wirtschaftlichen Krisis betroffen worden ist. Eine Anzahl Fabriken, die zum Zwecke gegründet worden waren, der Bahn Verkehr zuzuführen, gerieten in finanzielle Bedrängnis, und die Bahngesellschaft, die sich an diesen Unternehmungen finanziell beteiligt hatte, erlitt grosse Verluste, die angesichts des eingetretenen Verkehrsrückganges für sie doppelt empfindlich waren. Dazu kam, dass der im Jahre 1909 begonnene Umbau der Bahn für den elektrischen Betrieb weit grössere als die vorgesehenen Geldmittel erforderte. Zudem wies der elektrische Betrieb in den ersten Jahren noch Störungen auf, was die weitere Verwendung von Dampflokomotiven nötig machte.

Eine Besserung der Verhältnisse trat erst im Jahre 1911 ein, als die Schwierigkeiten des elektrischen Betriebes überwunden waren und eine grosse industrielle Unternehmung (Sehokoladefabrik Peter, Cailler, Kohler) in Hochdorf eine Filiale gründete.

Nun folgte eine Zeit des Aufblühens, die nur im Jahre 1914 durch den Krieg eine vorübergehende Hemmung erlitt.

In den letzten Jahren hat die Gesellschaft sodann aus dem elektrischen Betrieb ihrer Linien insofern besondere Vorteile ge-

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zogen, als sie die vom Bundesrate bewilligten ausserordentlichen Taxzuschläge anwenden konnte, ohne mit der gleichen Betriebsverteuerung rechnen zu müssen wie die Dampf bahnen.

Wie oben angegeben, beträgt der durchschnittliche Reinertrag der Jahre 1909--1918 Fr. 191,634. Es ergibt sich somit bei Kapitalisierung dieses Betrages zu 4°/o ein Ertragswert von Fr. 4,790,850. Hierzu hätte, im Einklang mit dem Vorgehen bei den früheren Bahnrückkäufen, eine Vergütung für vorhandene Materialvorräte und Ersatzstücke, soweit diese den Bedarf für drei Monate übersteigen, zu treten, wogegen dei: Betrag eines im Zeitpunkt des Überganges bestehenden Hülfskassedefizites, sowie nach den geltenden Konzessionsbestimmungen der Betrag des Erneuerungsfonds und allfällige durch den Erneuerungsfonds nicht gedeckte Minderwerte der Anlagen in Abzug zu bringen wären.

Angesichts der stetigen erheblichen Entwicklung des Verkehrs der Seetalbahn müsste bei der Vornahme des Rückkaufes in einem spätem Zeitpunkte mit einer beträchtlich höhern Entschädigung gerechnet werden. Dies gilt selbst für den Fall, dass sich der Verkehr in den folgenden Jahren gegen alle Voraussicht nicht weiter entwickeln, sondern nur auf der heutigen Höhe halten sollte. Für das Jahr 1919 weist die Unternehmung einen Betriebsüberschuss von Fr. 467,400 und einen Reinertrag von Fr. 450,000 auf, und für das Jahr 1920 werden ungefähr die gleichen Ziffern erreicht werden. Fielen diese beiden Jahre in den für die Berechnung des durchschnittlichen Reinertrages massgebenden Zeitraum, so erhöhte sich der Ertragswert gegenüber dem oben angegebenen Betrag von 4,79 Millionen Franken um nahezu 2 Millionen Franken. Eine Änderung zugunsten des Bundes wäre auch dann nicht zu erwarten, wenn der Rückkauf auf den 1. Januar 1925 oder einen späteren Zeitpunkt verschoben würde, obwohl dann als Rückkaufspreis nur noch das 22y2fache des in Betracht kommenden Reinertrages zu zahlen wäre. Der Vorteil der Anwendung eines höheren Prozentsatzes für die Kapitalisierung des Reinertrages vermöchte den Nachteil bei weitem nicht auszugleichen, der sich daraus ergäbe, dass an Stelle der für die Berechnung des Ertragswertes massgebenden Dekade mit verhältnismässig niedrigen Reinerträgnissen eine spätere Periode von 10 Jahren mit höherem Reinertrag zu berücksichtigen wäre.

Die obigen Ausführungen
dürften beweisen, dass es sich für den Bund empfiehlt, von dem Rechte der Verstaatlichung der Seetalbahn auf den 1. Januar 1922 Gebrauch zu machen. Wenn auch vorauszusehen ist, dass sich der Betrieb durch die Bundesbahnen teurer stellen wird als der bisherige Privatbetrieb -- dies

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schon wegen der höheren Ansätze der Besoldungen des Personals -- so darf doch selbst im Falle des Ausbleibens einer weiteren Steigerung der Erträgnisse mit einem Betriebsüberschuss gerechnet werden, der für die Verzinsung des für die Bahn zu bezahlenden Kaufpreises genügen wird. Dies darfauch für den Fall angenommen werden, dass die von uns vorgenommene Berechnung des Rückkaufspreises, die von der Unternehmung in mehreren Punkten beanstandet wird, im Laufe der Verhandlungen oder infolge richterlichen Entscheides eine Änderung im Sinne einer etwelchen Erhöhung der Kaufsumme erfahren sollte.

Rechtliche Grundlagen und Verfahren für den Rückkauf.

Nach Art. 3 des Rückkaufgesetzes ist der Bundesrat ermächtigt, andere als die im Art. 2 bezeichneten Eisenbahnen, falls deren Erwerbung ohne unverhältnismässige Opfer erreichbar ist, mit blosser Zustimmung der Bundesversammlung zu verstaatlichen, sofern es sich um Linien handelt, die wegen ihrer volkswirtschaftlichen oder militärischen Bedeutung den Interessen der Eidgenossenschaft oder eines grösseren Teiles ihres Gebietes dienen.

Für den Rückkauf von Bahnen, die diesen -Bedingungen nicht genügen, bedarf es dagegen nach Art. 4 des Rückkaufgesetzes in jedem Falle des Erlasses eines besonderen Bundesgesetzes.

Die Seetalbahn kann, wenn sie auch für die von ihr bediente Gegend, insbesondere für das Aufblühen und Gedeihen der dort angesiedelten Industrien, von höchstem Werte ist, nicht zu den Eisenbahnen gezählt werden, die" wegen ihrer volkswirtschaftlichen oder militärischen Bedeutung den Interessen der Eidgenossenschaft oder eines grösseren Teiles ihres Gebietes dienen. Ihre Verstaatlichung kann daher gemäss Art. 4 des Rückkaufgesetzes nur auf Grund eines besonderen Bundesgesetzes vollzogen werden.

Wie bereits erwähnt, haben die bisherigen schriftlichen und mündlichen Verhandlungen mit der Gesellschaft der Seetalbahn zu keiner Verständigung über den Rückkaufspreis geführt. Sollte sich auch bei den weiteren Verhandlungen keine Einigung erzielen lassen, so würden die Streitpunkte vom Richter zu entscheiden sein. Im Hinblick darauf, dass der Rückkauf auf den 1. Januar 1922 angekündigt ist, ergibt sich für den Bundesrat die Notwendigkeit, Ihnen jetzt schon den Entwurf eines Rückkaufgesetzes vorzulegen, obwohl unter den obwaltenden Umständen die Höhe des Rückkaufspreises noch nicht genau angegeben werden kann. Mit der Annahme des Gesetzesentwurfes würden die rechtlichen Grundlagen für die Durchführung des Rückkaufes geschaffen

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und der Übergang der Seetalbahn in das Eigentum und den Betrieb der Bundesbahnen auf den 1. Januar 1922 auch für den Fall ermöglicht, dass die Höhe des Rückkaufspreises in diesem Zeitpunkt noch nicht festgesetzt sein sollte.

Kückkaufsverhandlungen und besondere Verhältnisse.

Über den Gegenstand des Rückkaufes und über die Festsetzung des Kaufpreises enthält die der Seetalbahn am 21. Juni 1907 erteilte einheitliche Konzession folgende Bestimmungen : ,,Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung keine Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen..

Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1925 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalenderjahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen ; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1925 und 1. Januar 1940 erfolgt, den 22V2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1940 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.a Unsere auf Grund dieser Bestimmungen vorgenommene Berechnung des Kaufpreises wird, wie oben erwähnt, von der Gesellschaft der Seetalbahn beanstandet. Die Einwendungen der Bahnunternehmung beziehen sich in der Hauptsache auf folgende Punkte.

1. E r t r a g s r e c h n u n g im a l l g e m e i n e n . Die Konzession bezeichnet als zeitliche Grundlage der Reinertragsrechnung die zehn Jahre, die dem Zeitpunkt, in dem der Bund den Rückkauf ankündigt, unmittelbar vorangehen. Diesen Zeitpunkt bestimmt die Konzession durch die Vorschrift, dass der Unternehmung vom Entschluss des Rückkaufes drei Jahre vor dessen Eintritt Kenntnis zu geben ist. Da der Bundesrat gemäss dieser

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Vorschrift der Bahnunternehmung am 9. Dezember 1918 den Rückkauf auf den 1. Januar 1922 angekündigt hat, sind als konzessionsmässige Berechnungszeit die Jahre 1909--1918 in Betracht zu ziehen. Die Bahngesellschaft stellte zunächst das Begehren, die Jahre 1909 und 1910, in denen sich der Übergang vom Dampf- zum elektrischen Betrieb vollzog, von der Ertragsrechnung auszuschliessen und ausserdem auch für das Jahr 1914, dessen Betriebsergebnis unter den Einwirkungen des Krieges gelitten habe, den Reinertrag des Jahres 1913 in die Ertragsrechnung einzusetzen. Im Laufe der Verhandlungen Hess die Gesellschaft das Begehren angesichts der ablehnenden Haltung unserer Vertreter fallen, verlangte aber dagegen, dass die Ertragsrechnung so berichtigt werde, wie sie sich gestaltet hätte, wenn die Bahn während der ganzen Rechnungsperiode elektrisch betrieben worden wäre. Zu diesem Zwecke seien von den Betriebsausgaben der Jahre 1909 und 1910 je Fr. 50,000 abzuziehen, da sich der Betrieb in diesen beiden Jahren wegen der Verwendung von Dampfkraft und Elektrizität nebeneinander gegenüber dem rein elektrischen Betrieb um den genannten Betrag jährlich höher gestellt habe. Es entspreche der Billigkeit, auf diese Weise die auf den Doppelbetrieb zurückzuführenden, für die Unternehmung ungünstigen Faktoren aus der Ertragsrechnung auszuschalten. Nach unserer Auffassung ist das Begehren auch in dieser Form angesichts des klaren Wortlautes der Konzession als unbegründet zu erachten. Ein Entgegenkommen liesse sich nicht einmal aus Billigkeitsgründen rechtfertigen, da die angeblich ungünstige Einwirkung des Doppelbetriebes in den Jahren 1909 und 1910 in der Ertragsrechnung reichlich dadurch ausgeglichen wird, dass die Unternehmung die vom Bundesrate bewilligten ausserordentlichen Taxzuschläge in den in die Rechnungsperiode fallenden Jahren 1915--1918 in gleicher Höhe wie die Dampfbahnen anwenden konnte, obwohl ihre Betriebsergebnisse von den Kohlenpreiserhöhungen nicht beeinflusst wurden.

2. E r n e u e r u n g s f o n d s . Vom kapitalisierten durchschnittlichen Reinertrag der Jahre 1909---1918 wäre nach den Konzessionsbestimmungen zur Ermittlung des Rückkaufspreises der Betrag der Erneuerungs- und Reservefonds in Abzug zu bringen.

Es ist jedoch schon bei den früheren Rückkäufen anerkannt worden, dass der besondere Reservefonds
als Eigentum der Aktionäre zu betrachten ist und dessen Abtretung an den Bund nicht in Frage kommt. Die in den letzten Jahren erteilten Konzessionen sehen demgemäss auch nur den Abzug des Erneuerungsfonds vor. In Übereinstimmung hiermit ist auch gegenüber der

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Seetalbahn von Anfang an lediglich der Anspruch auf Abtretung des Erneuerungsfonds geltend gemacht worden.

Wie bei früheren Verstaatlichungen bildet die Frage des Erneuerungsfonds wieder einen Hauptstreitpunkt, und zwar bestehen Meinungsverschiedenheiten sowohl hinsichtlich der Höhe der in die Ertragsrechnung als Ausgaben einzustellenden jährlichen Einlagen in den Fonds als auch in bezug auf den Fondsbestand, der gemäss Konzessionsvorschrift an den Bund überzugehen hat, d. h. vom Ertragswert abzuziehen ist. Nach den Forderungen der Bahngesellschaft hätte der Bund die Wahl zwischen zwei Berechnungsarten. Nach der einen würden die in den Jahren 1909--1918 vorgenommenen Einlagen in den Erneuerungsfonds in ihrem vollen Betrage als Ausgaben in die Ertragsrechnung eingestellt, wogegen aber der Bund auf die Übergabe des Fonds zu verzichten hätte. Bei der anderen Berechnungsart würde davon ausgegangen, dass sowohl die Einlagen in den Fonds als der dem Bunde zu übergebende Fondsbestand ertragsfähige Aktivwerte darstellen, deren Zinsen und Zinseszinsen bei der Festsetzung ihres Betrages zu berücksichtigen wären. Dem Bunde wäre nach diesem Rechnungsverfahren ein Fondsbestand abzutreten, der bei Fortsetzung der jährlichen Einlagen und unter Hinzurechnung von Zinsen und Zinseszinsen bis zu dem jeweiligen Zeitpunkt, wo der Oberbau, die elektrischen Anlagen, das Rollmaterial und die Gerätschaften wegen Abnützung erneuert werden müssen, einen den untergehenden Werten gleichkommenden Betrag erreichen würde. Anderseits wären als Fondseinlagen unter den Ausgaben der Ertragsrechnung nur die Beträge einzustellen, die mit Zins und Zinseszinsen auf den 1. Januar 1922 den Betrag des in der angegebenen Weise ermittelten, ' dem Bunde abzutretenden Fondsbestandes ergeben.

Die erste Berechnungsart musste angesichts der einschlägigen Konzessionsbestimmung, die den Abzug des Erneuerungsfonds vom Ertragswert vorschreibt, abgelehnt werden. Dagegen erklärten wir uns bei den Rückkaufsverhandlungen zu einem Entgegenkommen im Sinne des zweiten Vorschlages unter dem Vorbehalt bereit, dass sich eine Verständigung auch über alle übrigen Streitfragen erzielen lasse.

3. P o s t e n t s c h ä d i g u n g . Für die neun Jahre 1909 bis 1917, die einen unter 4 °/o stehenden Reinertrag ergaben, sind der Seetalbahn aus der eidgenössischen Postkasse im Sinne von Art. 4 des Nebenbahnengesetzes für die Beförderung der Poststücke, Postkondukteure und Postwagen Zuschüsse ausgerichtet

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worden, die sich im Mittel der zehnjährigen Periode auf den Be.trag von Fr. 16,845 belaufen. Die Bahngesellschaft nimmt den Standpunkt ein, diese Zuschüsse seien als eine Vergütung für die ihr nach dem Eisenbahngesetz obliegenden Transportleistungen zugunsten der Postverwaltung aufzufassen und demnach in der Ertragsrechnung als Einnahmenposten einzustellen. Nach unserer Auffassung sind dagegen die erwähnten Zuschüsse nicht zu den eigentlichen Transporteinnahmen zu rechnen, sondern als Subventionen des Bundes zu betrachten, die den Nebenbahnen beim Vorhandensein gewisser, zum voraus gesetzlich umschriebener Voraussetzungen aus der Postkasse zugewendet werden. Dieser Auffassung gemäss haben wir das Begehren der Bahnverwaltung, das darauf hinausgeht, den Aktionären der Gesellschaft den Genuss der Postsubvention auch für die Zeit nach dem Rückkauf, in Form des Zinsenertrages des entsprechenden Teiles der Rückkaufssumme, zu sichern, grundsätzlich abgelehnt. Immerhin haben wir uns für den Fall einer Verständigung über die übrigen Streitfragen auch in diesem Punkte zu einem Entgegenkommen bereit erklärt.

4. Die ü b r i g e n die E r t r a g s r e c h n u n g b e r ü h r e n den S t r e i t p u n k t e sind nicht von grosser finanzieller Tragweite. Es ist zu erwarten, dass sich im Falle einer Verständigung über die Hauptfragen auch über diese Streitpunkte untergeordneter Bedeutung ohne allzu grosse Schwierigkeiten eine Einigung 'erzielen lassen wird.

Zur Ermittlung des Rückkaufspreises ist vom Ertragswert gemäss Konzessionsvorschrift ausser dem Erneuerungsfonds auch der Betrag des Unterschiedes zwischen dem wirklichen Werte und dem Werte eines vollkommen befriedigenden Zustandes der im Erneuerungsfonds nicht berücksichtigten Rückkaufsobjekte abzuziehen. Hinsichtlich des Zustandes der Bahn ist zu bemerken, dass eine von den Organen unseres Eisenbahndepartementes und der Bundesbahnen gemeinsam mit einer Vertretung der Regierungen der Kantone Aargau und Luzern sowie der Bahngesellschaft vorgenommene Untersuchung das Bestehen gewisser Mängel ergeben hat. Es würde somit ein entsprechender Betrag für Minderwerte der im Erneuerungsfonds nicht berücksichtigten Objekte von der Rückkaufssumme abzuziehen sein, falls die Mängel auf den Zeitpunkt des Überganges der Bahn an den Bund nicht beseitigt sein sollten.

Das Personal der Seetalbahn soll, soweit es noch voll dienstfähig ist, in den Dienst der Bundesbahnen übernommen werden.

82 Es hätte demnach auch die Hülfskasse für das Personal mit allen Aktiven und Passiven auf den Bund überzugehen. Falls eine auf.

den Abtretungstag aufzustellende versicherungstechnische Bilanz einen Fehlbetrag ergeben sollte, wäre dieser von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

Nach der Konzession bildet die Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören, wozu auch die vorrätigen Materialien zu rechnen sind, den Gegenstand des Rückkaufs. Bei den früheren Rückkäufen ist der Grundsatz aufgestellt worden, dass im Zeitpunkt der Übernahme der Bahn durch den Bund Materialien und Ersatzstücke in dem für eine regelmässige ßetriebsführung erforderlichen Masse vorhanden sein sollen, und zwar wurde dieses Mass bei den zum Ertragswert angekauften Hauptbahnen nach dem Bedarf für mindestens drei Monate bestimmt. Darüber hinausgehende Bestände wurden vom Bund besonders vergütet. Diesem Verfahren entsprechend ist bei den Rückkaufsverhandlungen mit der Seetalbahn vereinbart worden, dass der Bund die im Zeitpunkt des Eigentumsüberganges vorhandenen Materialien und Ersatzstücke gegen Vergütung übernehmen würde, unter Abzug eines den Kosten für den Bedarf für drei Monate gleichkommenden Betrages von Fr. 40,000.

Angesichts der heutigen Verhältnisse des Geldmarktes ist bei den Rückkaufsverhaudlungen auch die Zahlung eines Teiles des Kaufpreises durch Übernahme der konsolidierten Anleihen der Seetalbahn-Gesellschaft durch den Bund in Erwägung gezogen worden. Diese bestehen aus einem auf den 30. Juni 1930 rückzahlbaren 4°/oigen Hypothekaranleihen I. Ranges vom 1. Juli 1904 im Betrage von 1,7 Millionen Franken und einem auf den 31. Dezember 1927 rückzahlbaren 4y2%igeu Hypothekaranleihen II. Ranges vom 16. März 1908 im Betrage von 2 Millionen Franken. Wir machten der Gesellschaft das Anerbieten, ihr für die dem Rückkäufer aus der Übernahme der Anleihen erwachsenden Zinsvorteile ein Aufgeld im Betrage des sich bei einem Zinsfuss von 6 °/o gegenüber einer Verzinsung der Anleiben zu 4 % und 4'/2 °/o ergebenden Zinsunterschiedes zu vergüten., Die Gesellschaft bezeichnet dieses Anerbieten als ungenügend. Falls sie bei den weiteren Verhandlungen dabei beharren sollte, so wird es sich empfehlen, auf die Übernahme der Anleihen zu verzichten. Obwohl es geboten ist, im gegenwärtigen Zeitpunkt jede nicht unabweisliche
Beanspruchung des Kapitalmarktes zu vermeiden, so würden doch die Schwierigkeiten der Geldbeschaffung durch die Aufnahme der für die Barzahlung des Rückkaufspreises erforderlichen Mittel nicht derart erschwert, dass sich aus diesem Grunde

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die Vergütung eines höheren als des von uns anerbotenen Aufgeldes für die Übernahme der Anleihen rechtfertigen liesse.

Besonders zu erwähnen bleibt noch, dass die Seetalbahn im Jahre 1904 der Gemeinde Münster und weitern Beteiligten für die Leistung einer Subvention von Fr. 180,000 an den Bau der Linie Reinach-Münster vertraglich die Beteiligung an einem allfälligen Gewinn auf dem Betriebe dieser Linie, sowie einige andere, hauptsächlich tarifarische Begünstigungen zugesichert hat.

Die Subvenienten haben von uns die Zusicherung verlangt, dass die Bundesbahnverwaltung im Falle der Verstaatlichung der Seetalbahn die von -der Gesellschaft ihnen gegenüber eingegangenen Verpflichtungen in vollem Umfange übernehmen würde. Diesem Ansuchen konnte nicht entsprochen werden, da der Bund nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht gehalten ist, bei der Verstaatlichung einer Bahn in die Verpflichtungen einzutreten, die von der Bahnunternehmung zugunsten Dritter ausserhalb der Konzession übernommen wurden. Wir haben die Subvenienten demgemäss darauf verwiesen, sich wegen der Ablösung ihrer Rechte mit der Gesellschaft der Seetalbahn direkt zu verständigen. Diese hat übrigens bei den Rückkaufsverhandlungen anerkannt, dass es ihre Sache sei, sich mit der Gemeinde Münster und den Mitbeteiligten auseinanderzusetzen.

Zum Schlüsse sind noch die besonderen Verhältnisse zu erwähnen, die sich aus der Anlage der Seetalbahn als Strassenbahn ergeben. Die Bedingungen unter denen die Benützung der öffentlichen Strassen für den Bau und Betrieb der Seetalbahn zugestanden ist, sind niedergelegt: a. für das Gebiet des Kantons Aargau im aargauischen Grossratsbeschluss vom 21. Mai 1907; b. für das Gebiet des Kantons Luzern im Pflichtenheft vom 25. Februar 1882, genehmigt vom Grossen Rate des Kantons Luzern am 9. März, vom Bundesrate am 27. Mài 1882.

Die einheitliche Konzession der Seetalbahn vom 21. Juni 1907 bestätigt in Art. 6 ausdrücklich die Weitergeltung dieser Bedingungen unter Vorbehalt entgegenstehender Vorschriften der Konzession und der Bundesgesetzgebung. In diesem Umfange sind die Bedingungen für die Strassenbenützung nach einem Gutachten unseres Justizund Polizeidepartementes gleich zu bewerten, wie wenn sie einen Bestandteil der Konzession selbst bildeten. Sie' würden daher mit dem Rückkauf der Bahn nicht dahinfallen, sondern gemäss Art. 9 des Rückkaufgesetzes weiter gelten, soweit sie mit dem Bestände und Betriebe der Bahn in unmittelbarem Zusammenhange stehen.

84

Anlässlich der obenerwähnten Erhebungen über den Zustand der Bahn hoben die Vertreter der Regierungen der Kantone Aargau und Luzern hervor, dass der Zustand und der Unterhalt der Strassen in verschiedener .Hinsicht den Bedingungen nicht genügen, unter denen die Benützung der Strassen für den Bau und Betrieb der Bahn gestattet worden sei. Sie erklärten dabei, die beiden Kantone behielten sich die Wahrung aller ihnen zustehenden Rechte vor. Der Bund würde als Ruckkäufer der Seetalbahn somit genötigt sein, einen den Kosten für die bedingungsgemässe Instandstellung der Strassen entsprechenden Abzug von der Rückkaufssumme geltend zu machen, falls die Bahnunternehmung bis zum Zeitpunkt des Überganges der Bahn an den Bund nicht selbst für die Beseitigung der von den Kantonsregierungen festgestellten Mängel sorgen sollte.

Zusammenfassend geben wir folgende Übersicht über die bisherigen Ergebnisse der Rückkaufsverhandlungen:

Rückkaufspreis nach den ersten Berechnungen rund . . . . .

Rückkaufspreis unter Berücksichtigung der im Laufe der Verhandlungen gemachten Zugeständnisse Hierzu kommen: Vergütung für die Abtretung der den Bedarf für drei Monate übersteigenden Materialvorräte im voraussichtlichen Wert von . .

Aufgeld im Falle der Übernahme der Anleihen

Angebot des Bundes Fr.

Forderung der Bahngesellschaft Fr.

4,440,000

6,960,000

5,124,750

5,450,530

360,927

360,927

369,000

464,000

Zusammen 5,854,677 6,275,457 Davon wären abzuziehen : a. der Betrag allfälliger im Zeitpunkt des Überganges der Bahn an den Bund bestehender Minderwerte der Anlagen, soweit sie durch den Erneuerungsfonds nicht gedeckt sind; b. ein allfälliger durch eine auf den gleichen Zeitpunkt aufgestellte versicherungstechnische Bilanz nachgewiesener Fehlbetrag der Hülfskasse des Personals.

Beizufügen ist noch, dass alle Zugeständnisse von beiden Seiten nur im Hinblick auf eine Verständigung über den ganzen

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Rückkauf gemacht sind ' und im Falle der Anrufung des Richters zurückgezogen würden.

Bei den Rückkaufsverhandlungen hat die Gesellschaft der Seetalbahn den Wunsch geäussert, die Übernahme der Bahn durch den Bund möchte um 2--3 Jahre hinausgeschoben werden.

Unter der Voraussetzung, dass für die Festsetzung des Rückkaufspreises der durchschnittliche Reinertrag der Jahre 1909--1918 massgebend bliebe, für die Berechnung der verschiedenen in Betracht kommenden Abzüge und der Vergütung für Materialvorräte und Ersatzstücke aber auf den Zeitpunkt der Übernahme der Bahn abgestellt würde, hätte diese Hinausschiebung des Eigentumsüberganges für den Bund keine Nachteile zur Folge.

Einer Vereinbarung in diesem Sinne würden somit keine Bedenken entgegenstehen, falls damit eine Verständigung über die verschiedenen Streitpunkte ermöglicht werden könnte.

Entwurf des Rückkaufgesetzes.

Art. l stellt fest, dass die Seetalbahn auf dem Wege des konzessionsgemässen Rückkaufes verstaatlicht werden soll.

Art. 2 beauftragt den Bundesrat, den Rückkauf auf den 1. Januar 1922 durchzuführen, immerhin in der Meinung, dass es ihm anheimgestellt bleibt, die Übernahme der Bahn durch den Bund auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, falls sich hierdurch eine Verständigung mit der Bahnunternehmung über die verschiedenen Streitpunkte ermöglichen lassen sollte.

Art. 3 ermächtigt den Bundesrat zur Festsetzung von Entfernungszuschlägen für die Tarifberechnung. Die konzessionsmässigen Höchsttaxen der Seetalbahn waren von jeher höher als die im Tarifgesetz der Bundesbahnen festgesetzten Grundtaxen.

Im Jahre 1916 wurde die Seetalbahn auf dem Wege der Konzessionsänderung ermächtigt, für den Verkehr ihrer Linien die Tarife der Bundesbahnen anzuwenden und dabei die wirklichen Entfernungen bei der Taxberechnung für die Beförderung von Personen und Reisegepäck um 45 */o, für die Beförderung von Gütern und lebenden Tieren um 90 °/o zu erhöhen. Im gegenwärtig gültigen Tarif der Seetalbahn sind die für die Bundesbahnen geltenden Grundtaxen unter Erhöhung der wirklichen Entfernungen um 35 °/o für den Personen- und Gepäckverkehr und um 82 % für den Güter- und Tierverkehr eingerechnet.

Bei der Prüfung der Frage, ob sich der Rückkauf in finanzieller

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Hinsicht als zweckmässig erweise, wurde von der Voraussetzung ausgegangen, es würde den Bundesbahnen durch die Ermächtigung zur Beibehaltung der Entfernungszuschläge ermöglicht werden, sich die Erzielung des für 'die Festsetzung des Rückkaufspreises uiassgebenden Reinertrages auch für die Zukunft zu sichern. Der Art. 3 bezweckt, für die Beibehaltung der Entfernungszuschläge die gesetzliche Grundlage zu schaffen.

Wir empfehlen Ihnen die Annahme des beiliegenden Entwurfes zu einem Bundesgesetz betreffend den konzessionsgemässen Ankauf der Seetalbahn durch den Bund und benützen den Anlass, Sie unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

. B e r n , den 21. Januar

1921.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der ßundespräsident:

Schulthess.

Der Bundeskanzler: Steiger.

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(Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

den konzessionsgemässen Ankauf der schweizerischen Seetalbahn durch den Bund.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, 1. nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 21. Januar 1921, 2. in Anwendung von Art. 23 und 26 der Bundesverfassung und in Ausführung des Art. 4 des Bundesgesetzes vom 15. Oktober 1897 betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen, beschliesst: Art. 1. Der Bund erwirbt auf dem Wege des Rückkaufs gemäss den Bestimmungen der Bundesgesetzgebung und der Konzession der Gesellschaft der schweizerischen Seetalbahn die Eisenbahnlinien Wildegg-Lenzburg-Emmenbrücke und BeinwilMünster, die mit dem Übergang an den Käufer Bestandteile des Netzes der schweizerischen Bundesbahnen bilden werden.

Art. 2. Der Bundesrat wird mit der Durchführung · des Rückkaufes auf den 1. Januar 1922 beauftragt. Er ist jedoch ermächtigt, mit der Gesellschaft der Seetalbahn im Falle der Verständigung über den Rückkauf einen späteren Zeitpunkt für den Übergang der Bahn in das Eigentum des Bundes zu vereinbaren.

Art. 3. Der Bundesrat wird ermächtigt, im Sinne der Art. 8 und 13 des Bundesgesetzes betreffend das Tarifwesen der schweizerischen Bundesbahnen vom 27. Juni 1901 für die beiden Linien Zuschläge zu den wirklichen Stationsentfernungen zu bewilligen.

Diese Zuschläge sollen so bemessen werden, dass beim Betriebe der Linien durch die Bundesbahnen für gleiche Transportmengen annähernd die bisherigen Transporteinnahmen erzielt werden.

Allgemeine Änderungen der für die Bundesbahnen geltenden Tarifgrundlagen, die nach dem Rückkauf der beiden Linien eintreten, finden auf diese ebenfalls Anwendung: Art. 4. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt.

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Bundesblatt. 73. Jahrg.

Bd. I.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den konzessionsgemässen Ankauf der schweizerischen Seetalbahn durch den Bund. (Vom 21.

Januar 1921.)

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Jahr

1921

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1

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04

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1364

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

26.01.1921

Date Data Seite

71-88

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