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Bundesgesetz betreffend

Abänderung und Ergänzung des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 64 der Bundesverfassung, in Abänderung und Ergänzung des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 4. April 1921, beschliesst : I.

Der dritte Absatz von Art. 98 erhält folgende Fassung: Wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass zu seiner Sicherung die amtliche Verwahrung oder die Übergabe der Sachen an einen Dritten geboten sei, so hat der Betreibungsbeamte sie vorzunehmen.

II.

Art. 123 erhält folgenden Wortlaut: Wenn der Schuldner sich zu regelmässigen Abschlagszahlungen an das Betreibungsamt verpflichtet und die erste Zahlung geleistet bat, kann der Betreibungsbeamte die Verwertung hinausschieben.

Der Betreibungsbeamte setzt die Höhe und die Verfalltermine -der Abschlagszahlungen fest. Diese müssen mindestens einen Achtel der Betreibungssumme betragen. Sie sollen in der Regel monatlich geleistet, und die Verwertung darf nicht mehr als sieben Monate hinausgeschoben werden.

Der Aufschub fällt dahin, wenn die Abschlagszahlungen nicht pünktlich erfolgen.

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m.

Nach dem elften Titel werden folgende Bestimmungen eingcschoben : Zwölfter Titel.

Notstunduny.

Art. 317 a.

Die Vorschriften dieses Titels können unter ausserordentlichen Verhältnissen, insbesondere im Falle einer andauernden wirtschaftlichen Krise, von der Kantonsregierung mit Zustimmung des Bundesvates für die von diesen Verhältnissen betroffenen Schuldner eines bestimmten Gebietes und auf eine' bestimmte Dauer anwendbar erklärt werden.

Art. 317 b.

Bin Schuldner, der ohne sein Verschulden infolge der nach Art. 317 a bezeichneten ausserordentlichen Verhältnisse ausserstande ist, seine Gläubiger zurzeit voll zu befriedigen, kann von der Nachlassbehörde die Bewilligung einer Stundung (Notstundung) auf die Dauer von höchstens sechs Monaten verlangen.

Er hat zu diesem Zwecke mit seinem Gesuche die erforderlichen Nachweise über seine Vermögenslage zu erbringen, ein Verzeichnis seiner Gläubiger einzureichen, alle von der Nachlaßsbehörde verlangten Aufschlüsse zu geben und die sonstigen Urkunden vorzuleben, die von ihm noch gefordert werden.

Unterliegt der Schuldner der Konkursbetreibung, so hat er überdies dem Gesuche eine Bilanz und seine Geschäftsbücher beizulegen.

Art. 317 c.

Die Nachlassbahörde macht die für den Entscheid allfällig noch notwendigen Erhebungen und ordnet sodann, wenn das Gesuch sich nicht ohne weiteres als tinbegründet erweist, eine Verhandlung an, zu der sämtliche Gläubiger durch öffentliche Bekanntmachung vorgeladen werden; wenn nötig sind Sachverständige beizuziehen.

Die Gläubiger können vor der Verhandlung die Akten einsehen und ihre Einwendungen gegen das Gesuch auch schriftlich anbringen.

Die Nachlassbehörde kann die Stundungsbewilligung von der Leistung einer oder mehrerer Abschlagszahlungen abhängig machen.

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Art. 317 d.

Wo eine obere kantonale Nachlassbehörde besteht, kann der Entscheid vom Schuldner und jedem Gläubiger innerhalb zehn Tagen nach erhaltener Mitteilung an sie weitergezogen werden.

Zur Berufungsverhandlung sind der Schuldner und diejenigen Gläubiger vorzuladen, die an der erstinstanzlichen Verhandlung anwesend oder vertreten waren.

Die Berufung hat aufschiebende Wirkung.

Art. 317 e.

Die Nachlassbehörde ordnet sofort nach Anbringung des Begehrens die Aufnahme eines Güterverzeichnisses an. Unterliegt der Schuldner der Konkursbetreibung, so kann sie die in Art. 170 dieses Gesetzes vorgesehenen Anordnungen zur Sicherung der Gläubiger treffen.

Art. 317 /.

Ist die Stundung rechtskräftig bewilligt, so wird sie öffentlich bekanntgemacht, dem Betreibungsamt, bei Konkursbetreibung dem Konkursgericht und dem Grundbuchamt mitgeteilt.

Wo die Verhältnisse es angemessen erscheinen lassen, wird ein Sachwalter bezeichnet, der sofort ein Inventar über sämtliche Vermögensbestandteile aufzunehmen, die Geschäftsführung des Schuldners zu überwachen und im allgemeinen dafür zu sorgen hat, dass der Schuldner keine die gleichmässige Befriedigung der Gläubiger beeinträchtigenden Verfügungen trifft.

Art. 317 g.

Die Stundung hat die Wirkung einer Nachlassstundung gemäss Art. 297 dieses Gesetzes.

Der Schuldner darf während der Stundung keine Eechtshandlungen vornehmen, die einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer begünstigen.

Die in Art. 286 und 287 bestimmte .Frist von sechs Monaten verlängert sich um die Dauer der Stundung.

Art. 3177t.

Die Stundung bezieht sich nicht auf Forderungen unter Fr. 50 sowie auf Forderungen, die gemäss Art. 219 dieses Gesetzes in der ersten Klasse angewiesen werden.

Doch ist für diese Forderungen während der Dauer der Stundung auch gegen den der Konkursbetreibung unterstehenden Schuldner nur die Betreibung auf Pfändung oder auf Pfandverwertung möglich.

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Art. 317 i.

Innerhalb der gemäss Art. 317 a bestimmten Frist kann die Nachlassbehörde auf Ersuchen des Schuldners die ihm gewährte Stundung für höchstens vier Monate verlängern, wenn die Gründe, die zu ihrer Bewilligung geführt haben, ohne sein Verschulden noch fortdauern.

Der Schuldner hat zu diesem Zwecke der Behörde eine Ergänzung des Gläubigerverzeichnisses und, sofern er der Konkursbetreibung unterliegt, der Bilanz einzureichen.

Die Nachlassbehörde gibt den Gläubigern durch öffentliche Bekanntmachung von dem Verlängerungsbegehren Kenntnis und setzt ihnen eine Frist an, binnen welcher sie schriftlich Einwendungen gegen das Gesuch erheben können. Wurde ein Sachwalter bezeichnet, so ist er zum Bericht einzuladen.

Nach Ablauf der Frist trifft die Nachlassbehörde ihren Entscheid.

Dieser unterliegt der Weiterziehung gemäss Art. 317 d. Die obere Nachlassbehörde entscheidet auf Grund der Akten. Die Verlängerung der Stundung wird gemäss Art. 317 / bekanntgemacht.

Art. 317 fc.

Die Stundung ist auf Antrag eines Gläubigers oder des Sachwalters nach vorheriger Anhörung des Schuldners von der Nachlassbehörde zu widerrufen, 1. wenn der Schuldner die ihm allfällig vorgeschriebenen Abschlagszahlungen nicht pünktlich leistet, ·2. wenn er den Weisungen des Sachwalters zuwiderhandelt oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer begünstigt, 3. wenn ein Gläubiger den Nachweis erbringt, dass die vom Schuldner der Nachlassbehörde gemachten Angaben falsch sind, oder dass er imstande ist, alle seine Verbindlichkeiten zu erfüllen.

Über das Begehren um Widerruf ist der Schuldner mündlich oder schriftlich einzuvernehmen. Die Nachlassbehörde entscheidet, nach Vornahme der allfällig noch notwendigen Erhebungen, auf Grund der Akten, ebenso im Falle der Weiterziehung die obere Nachlassbehörde. Der Widerruf der Stundung wird gemäss Art. 317 f bekanntgemacht.

Wird die Stundung nach Ziffern 2 oder 3 widerraten, so darf eine Nachlassstundung gemäss Art. 295 dieses Gesetzes nicht mehr bewilligt werden.

519 Art. 317 l.

Will der Schuldner während der Notstundung einen Nachlassvertrag anstreben, so ist der Nachlassvertragsentwurf mit dem Gutachten des Sachwalters und den andern Aktenstücken vor Ablauf der Stundungsfrist einzureichen. Eine Nachlassstundung gemäss Art! 295 dieses Gesetzes kann nach Ablauf der Notstundung innert Halbjahresfrist nicht mehr verlangt werden.

IV.

Der bisherige zwölfte Titel (Übergangsbestimmungen) wird zum dreizehnten Titel.

V.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

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