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Bundesblatt

73. Jahrgang.

Bern, den 7. September 1921.

Band IV.

Erscheint wöchentlich. Preis SO Fronten im Jahr, 10 Franken im Halbjahr zuzüglich ,,Nachnahme- and Postbestellungsgebühr".

Einrückungsgebühr : 50 Kappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an die Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Neuorganisation und Entwicklung des internationalen Wetterdienstes an der schweizerischen meteorologischen Zentralanstalt.

(Vom 2. September 1921.)

Die Frage der Neuorganisation des Schweiz. Wetterdienstes, die wir der Bundesversammlung durch gegenwärtige Botschaft unterbreiten, bedarf zunächst eines Rückblickes auf dessen bisherige Entwicklung bis heute.

Durch Bundesbeschluss vom 23. Christmonat 1880 wurde das meteorologische Bureau der Schweiz, naturforschenden Gesellschaft unter dem Titel Schweiz, meteorologische Zentralanstalt als ein dem Departement des Innern unterstelltes Bundesinstitut erklärt. Dasselbe übernahm die Aufgaben des bis zu jenem Zeitpunkte der meteorologischen Kommission der genannten Gesellschaft unterstellten Institutes, nämlich die Überwachung, Sichtung und Drucklegung der Beobachtungen des im Jahre 1864 durch die naturforschende Gesellschaft errichteten Schweiz, meteorologischen Stationsnetzes, sowie die Verarbeitung dieser Beobachtungen zu praktischen und wissenschaftlichen Zwecken.

Als eine neue Aufgabe des Institutes wurde im erwähnten Bundesbeschluss der Austausch von Witterungsdepeschen mit dem Ausland und Herausgabe eines täglichen Witterungsberichtes bezeichnet. Die Fortschritte der Meteorologie und die Verwertung der Erkenntnis derselben für die Wettervoraussage hatte gegen Ende der 70er Jahre zu einem täglichen Austausch von Wettertelegrammen zwischen den europäischen Staaten geführt, dem sich die Schweiz schon mit Rücksicht auf die Bedeutung der Wetterprognose für Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. IV.

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die Landwirtschaft und den Fremdenverkehr nicht entziehen konnte.

Die meteorologische Kommission der naturforschenden Gesellschaft zwar hatte sich in übergrosser Vorsicht der Einführung eines regelmässigen Wetterdienstes gegenüber ablehnend verhalten; das Departement des Innern aber setzte, dem Drucke der öffentlichen Meinung -- die sich in direkten Eingaben an den Bundesrat äusserte -- folgend, die Sache selbst in Gang, indem es den Leiter der Zentralanstalt mit der Organisation der telegraphischen Wetterberichte und Prognosen betraute; bereits vom Frühjahr 1879 an funktionierte dieser Dienst. Eine unmittelbare Folge der Einführung desselben war dann die bereits erwähnte Übernahme der meteorologischen Zentralanstalt als Bundesinstitut; nur unter staatlicher Obhut konnte dieselbe sowohl den ·wissenschaftlichen wie den praktischen Anforderungen, die an sie gestellt wurden, Genüge leisten.

Von da an ist der schweizerische Wetterdienst über' 40 Jahre lang in Organisation und Umfang ungefähr der nämliche geblieben.

Auf Grund der durch den Morsetelegraphen übermittelten Morgenbeobachtungen der wichtigsten europäischen Staaten wurde täglich eine Karte der Witterungsverhältnisse über dein Kontinent entworfen, die Tatbestände skizziert und eine Prognose gestellt; der «Wetterbericht der Schweiz, meteor. Zentralanstalt» enthält die autographische Koproduktion dieser Isobarenkarte, und von 1893 an auch noch ein Isothermenkärtchen wie jene von 8 Uhr morgens, ausserdem eine tabellarische Übersicht über die Morgen- und Mittagsbeobachtungen von 7 Uhr 30 und 13 Uhr 30 einer Auswahl schweizerischer Stationen. Ausser etwelcher Vermehrung der rapportierenden Auslandstationen war während dieses langen Zeitraumes die einzig nennenswerte Verbesserung des Wetterdienstes, dass 1901 die Ausgabezeit der Prognose von 14 Uhr auf vormittags 11 Uhr vorgerückt wurde; sie ward ermöglicht durch das vom Pariser Meteorologenkongress 1900 postulierte und auch erreichte frühere Eintreffen gewisser ausländischer Depeschen. Von 1906 an wurden auch die Wolkenbeobachtungen der Wetterprognose in vermehrtem Umfang dienstbar gemacht.

Zwar hatte man bald bei uns, wie überall, erkannt, dass ein einmaliger täglicher Depeschenaustausch ungenügend sei für die synoptische Verfolgung der oft sehr kurzfristig ablaufenden Wetterphasen, und dass
Mittags- und Abenddepeschen für die Erkenntnis derselben und damit für die Zuverlässigkeit der kurzfristigen Prognosen von grossem Nutzen sein müssten. Aber bei den langen Umschlagszeiten des telegraphischen Verkehrs wären Abenddepeschen erst mitten in der Nacht in den Besitz der Zentralaastalt gekommen ; deren Abnahme und Verarbeitung hätte also zum mindesten Ver-

doppelung des damit beschäftigten Personals bedingt und die praktische Verwertung wenigstens wäre des spätem Zeitpunktes wegen nicht mehr möglich gewesen. So beruhigte man sich auch dann noch mit dem bisherigen System, als einige grössere Institute, wie die Deutsche Seewarte, mit Eücksicht auf die für die Schiffahrt wichtigen Sturmwarnungen trotz der geschilderten Schwierigkeiten einen eigenen Abenddienst eingerichtet hatten.

So war schon einige Jahre vor dem Krieg der Schweiz. Wetterdienst, dessen Einrichtung wie der ganze übrige meteorologische Dienst jahrzehntelang als vorbildlich gelten konnte, aus Eücksicht auf die beschränkten finanziellen Mittel, verglichen mit andern Ländern etwas in Eückstand geraten, und nur zufolge der Erfahrung und der Hingabe der damit Betrauten vermochte er den in unserm Lande sehr weitgehenden Anforderungen noch Genüge zu leisten. Kein anderes Institut hat, abgesehen von der regelmässigen Publikation von Wetterkarte und Prognose, so viele bezügliche Anfragen von Behörden und namentlich auch von Privatpersonen, Interessenten der Landwirtschaft, des Verkehrs, der Touristik zu erledigen wie die meteor. Zentralanstalt, an die sich mehr und mehr auch die verantwortungsvollen Auskünfte für den Schweiz, und ausländischen Luftverkehr anreihen, ebenso wie neuerdings die Wasserstandsvorhersagen für, die Eheinschiffahrt.

Während des Weltkrieges hat der Wetterdienst dann bei allen unsern Nachbarn eine durch die bald erkannte ungemein grosse militärische Wichtigkeit bedingte Umgestaltung erfahren. Die für den allgemeinen Wetterdienst daraus sich ergebenden Verbesserungen wurden auch nach dem Kriege beibehalten und weiter ausgebaut. Die Portschritte beruhen vor allem in der konsequenten Anwendung der Vorteile der drahtlosen Télégraphie. Sie ermöglichte einmal, der alten Forderung der Sachverständigen auf rasche Übermittlung der Beobachtungen nachzukommen, und bei ihrer Anwendung wird auch die Verwirklichung des andern Postulats · nach mehrmaligem Depeschenaustausch im Tage erleichtert, weil letzterer besser bewältigt werden kann als bei Benützung der überlasteten Hauptdrahtlinien.

Alle europäischen Staaten sind daher seit dem Kriege mehr oder weniger zur drahtlosen Übermittlung ihrer meteor. Beobachtungen übergegangen und haben die Organisation ihres Wetterdienstes jetzt auf
dieselbe fast ausnahmslos eingestellt.

Für den Empfang drahtloser Nachrichten hatte die meteorologische Zentralanstalt im Jahre 1912, also in den Anfängen der drahtlosen Télégraphie, einen den damaligen Anforderungen genü-

genden Apparat (Drahtantenne auf dem Dache dea eidg. Physikgebäudes) aufgestellt und sich der Einrichtung mit grossem Nutzen wenigstens zur Abnahme der von der grossen Sendestation Eiffelturm aufgegebenen Eadiogramme bedient. Der Apparat ist aber heute von der Entwicklung der drahtlosen Télégraphie überholt; diese verlangt hochempfindliche Eahmenempfänger für ungedämpfte Wellen und letztere hinwieder einen von Induktionsstörungen absolut freien Aufstellungsort.

So ergibt sich die Tatsache, dass der Schweiz. Wetterdienst heute von dem immer mehr auf radiotelegraphischem Wege erfolgenden internationalen Nachrichtenaustausch abgeschnitten ist. Er kann heute nur noch die ungedämpften Wellen der Grossstation Eiffelturm abnehmen, und das auch nicht immer, da gewisse Versuche und Arbeiten des Physikalischen Institutes auch hierbei totale Störungen verursachen. Für den Empfang aller anderer Wetterdepeschen ist er auf Draht angewiesen, welcher dieselben bis Ende 1921, wenigstens teilweise und gegenüber den Eadiogrammen öfter beträchtlich verspätet, noch übermittelt. Die Folge davon sind häufige lückenhafte und für die Prognosenstellung kaum zu gebrauchende Wetterkarten ; und das in einem Zeitpunkte, wo andere meteorologische Institute schon aller Vorteile der viel rascheren, dreimal täglichen Eadiomeldungen teilhaftig sind.

So aufreibend und unbefriedigend das Arbeiten mit solchen unzulänglichen Mitteln für unsern Wetterdienst auch war, hiess es doch, sich für einige Jahre damit gedulden, bis die durch den Krieg verursachte völlige Desorganisation im internationalen Nachrichtenaustausch einigermassen überwunden und den neuen Verhältnissen angepasste internationale Vereinbarungen getroffen wären. Solche liegen jetzt vor: Es besteht zunächst als Direktive die internationale Pariser Konvention über Luftschiffahrt vom Oktober 1919, die sich besonders eingehend mit den neuen meteorologischen Anforderungen für den Luftverkehr belassi. Das politische Departement hat schon vor Jahresfrist die tunliche Anpassung an die Vorschriften als moralische Verpflichtung bezeichnet.

Die von Frankreich einberufene internationale Direktorenkonferenz (die massgebende Instanz auch für den internationalen Wetterdienst), die nach dem Kriege (ebenfalls in Paris ini Oktober 1919) tagte -- und an der die Schweiz durch zwei Delegierte
vertreten war --, hat sich, von wesentlich weitern, .das allgemeine Interesse ins Auge fassenden Gesichtspunkten aus, die Grundforderungen der internationalen Luftschiffahrtskonvention als grundsätzlich

zweckentsprechend zu eigen gemacht und eine besondere internationale Kommission eingesetzt, um auf Grund der neuen Bedürfnisse und technischen Mittel die neue internationale Wetterorganisation in eine praktisch ausführbare Gestalt zu bringen.

Die Resolutionen dieser Kommission (die im November 1920 in London getagt hat und auch von der Schweiz beschickt war) liegen nun vor und sind schon in Ausführung begriffen. Das Jahr 1921 ist zur praktischen Einführung der neuen Organisation in den einzelnen Ländern reserviert worden und mit Ende des Jahres 1921 sollen sie alle zur allgemein gültigen Durchführung bereit sein.

Alle Länder, mit Ausnahme der Schweiz, haben die Vorbedingungen zur Durchführung der neuen Organisation grösstenteils oder ganz schon in den letzten Jahren erfüllt und zögern nicht, sie auszuführen, ja verwirklichen sie praktisch fast alle schon jetzt, oder gehen noch darüber hinaus. Ein Land wie Norwegen, zum Beispiel, hat mit Rücksicht auf die Erweiterung seines Wetterdienstes, und zwar namentlich auch im Interesse der Landwirtschaft, den Kredit des meteorologischen Dienstes auf l1/* Million (in Goldfranken) hinaufgesetzt.

Es ist klar, dass die Schweiz mit ihrem einst vorbildlichen Wetterdienst nicht zurückstehen darf; sie hat die Verpflichtung, diesen internationalen Abmachungen -- wenigstens soweit es ihre Mittel erlauben -- auch ihrerseits Nachachtung zu verschaffen. Dabei muss mit allem Nachdruck auf folgendes aufmerksam gemacht werden. Wir haben nicht etwa die Wahl, unsern Wetterdienst den Neuerungen anzupassen oder ihn in der bisherigen, gänzlich überholten Organisation beizubehalten. Denn nach dem Beschlüsse der Londoner Konferenz werden die bisherigen Drahtnachrichten nach dem Infunktiontreten der neuen Organisation sukzessive eingestellt werden, und der Schweiz. Wetterdienst, ausserstande, die Wellen der modernen Sender aufzunehmen, würde überhaupt ohne alle ausländischen Nachrichten bleiben und seine Tätigkeit damit ganz einstellen müssen.

Wenn wir das nicht wollen -- was für ein Land wie das unsrige, in welchem die Beanspruchung des Wetterdienstes anerkanntermassen die grösste war, unzulässig ist --, dann müssen jetzt, nachdem durch die internationalen Übereinkommen eine klare Situation gechaffen ist, unverzüglich die notwendigen Massnahmen getroffen werden, um unsern
Wetterdienst in den Stand zu setzen, an den von allen übrigen Instituten als solchen begrüssten und schon verwirklichten, oder im Stadium der Verwirklichung befindlichen Fortschritten teilnehmen zu lassen. Die Schweiz hat sogar ein wesentlich grösseres Interesse an Wetternachrichten als viele ihrer

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Nachbarstaaten; man braucht nur die Bedeutung zu erwähnen, welche bei den am meisten frequentierten Zugstrassen der barometrischen Depression die englischen und französischen Depeschen für uns haben.

Nach reiflicher Prüfung der Vorschläge der Direktion der meteorologischen Zentralanstalt und in Übereinstimmung mit der eidg. meteorologischen Kommission beantragen wir unverzügliche Teilnahme der Schweiz an der von den in Paris und London beschlossenen Neuorganisation des internationalen Wetterdienstes, d. h.

1. die täglich drei- bis viermalige Abgabe der Beobachtungen der vereinbarten schweizerischen Stationen in dem geforderten Umfang und mit der notwendigen Easchheit (Badiotelegraphie) und 2. Abnahme und Verarbeitung der dreimal täglichen vom Aüslande durch Eadiogramme zu übermittelnden Wetternachrichten.

Damit wird unser Schweiz. Wetterdienst in den Stand gesetzt, die Witterungsberichte und Prognosen wieder auf den nämlichen Grundlagen wie die meteorologischen Institute der übrigen Staaten aufzustellen und der Öffentlichkeit in nützlicher Frist bekannt geben zu können, soweit erforderlich eventuell ebenfalls unter Verwendung der Badiotelegraphie.

Die geplante Umgestaltung erheischt folgendes: 1. Benützung der im Bau befindlichen drahtlosen Senderstation bei Bern. Diese ist im Vertrag mit der Marconi-Gesellschaf t vorgesehen und wird voraussichtlich Fr. 3500--4000 erfordern. Dieser Betrag wäre zu verdoppeln ohne das besondere Entgegenkommen der internationalen Organisation, welche uns schon jetzt und bis auf weiteres für die Verbreitung eines Teils unserer Wetternachrichten eine Grossstation (Eiffelturm) kostenlos zur Verfügung stellt.

2. Instrumentale Ausrüstu»g.

a. Drahtlose Empfangsapparate. Notwendig ist eine vollständige Ausrüstung mit 2 modernen hochempfindlichen Bahmenempfängern mit der ganzen Wellenskala und einem Antennenempfänger für kurze Wellen; dazu eine Akkumulatorenladeeinrichtung. Totale Kosten inkl. Installation 25,000 Franken.

b. Ergänzung der instrumentalen A u s r ü s t u n g der für den internationalen Austausch bestimmten SchweizerStationen durch folgende Apparate : eNephoskope, 4 Pluviographen. 2 Barographen, l Begistriertheodolit. Kosten ca.

Fr. 5000.

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8. Vermehrung des Personals der Zentralanstalt.

Naturgemäss verlangt die vorgeschlagene Erweiterung des Wetterdienstes eine angemessene Personalvermehrung. Die Arbeitskraft des bisherigen Personals ist schon voll in Anspruch genommen. Als Mindestbedarf ergibt sich: l wissenschaftlicher Assistent(Kl. IV--III), I Beobachter (Kl. V--IV), l Zeichner (Kl. VI), l Schaltbeamter (Kl. VI), 2 Telegraphistinnen (Kl. VI) nebst zeitweisem Ersatz für den Schaltbeamten und die beiden Telegraphistinnen.

Der wissenschaftliche Teil des bisher täglich einmaligen Wetterdienstes, der in die Vormittagsstunden fiel, wurde bisher fast ausschliesslich vom Direktor selbst besorgt; derselbe wurde aber dadurch in seinen eigentlichen Direktorialfunktionen in beinahe unzukömmlicher Weise beeinträchtigt. Der in Zukunft dreimal tägliche Wetterdienst, von dem ausserdem der Abenddienst (ca. 6 l/2--9 % Uhr abends) ausserhalb der gewohnten Bureauzeit, fällt, verlangt als Minimum die Anstellung eines wissenschaftlichen Assistenten; dabei wird das übrige wissenschaftliche Personal immer noch stark herangezogen werden müssen für Ablösung an dem Samstags und Sonntags weitergehenden Dienst.

Unbedingt notwendig ist die endliche Anstellung eines wissenschaftlich vorgebildeten Beobachters. Trotzdem der meteorologischen Zentralanstalt schon seit drei Jahrzehnten -- seit ihrer Unterbringung im eidg. Physikgebäude -- ausser ihren frühern mehr statistischen Aufgaben auch die Funktionen eines meteorologischen Observatoriums I. Ordnung für die Schweiz obliegen, musste sie bisher als eigentlicher Beobachter in viel zu weitgehender Weise den Abwart in Anspruch nehmen, weil das bisherige beschränkte Personal nicht für die ausserhalb der Dienststunden liegenden Beobachtungstermine verwendet werden konnte. Die Einführung der neuen Organisation, welche Ergänzungetermine und namentlich auch eingehende Beobachtungen verlangt, macht es notwendig, wenigstens teilweise zu dem überall üblichen System der Beobachtung durch zweckmässig vorgebildetes Personal überzugehen. Der Observator wird auch die von der internationalen Organisation und dem Luftverkehr geforderte Strömungsmessung in den obern Luftschichten durch die Pilotballonmethode besorgen müssen, nachdem es sich gezeigt hat, dass die Schweiz. Flugplätze, welchen diese Aufgabe zugedacht war, dieselbe
nicht zur Lösung brachten.

Die beiden genannten Beamten sollen zum wissenschaftlichen Personal der Anstalt gehören und von uns ernannt werden.

Der neue Wetterdienst verlangt gleichzeitig mit der Depeschenankunft ihre sofortige Übersetzung und Übertragung einerseits in

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Arbeitskarten, anderseits in Karten, die zur Reproduktion bestimmt eind. Dieses wird die grösste Zeit des neuen Zeichners ausfüllen; ·was übrig bleibt soll zur Vervielfältigung des Wetterbulletins *) verwendet werden, sowie zur gelegentlichen Aushilfe bei Schreibarbeiten. Besonders aber wird dieser Zeichner im Sinne möglichster Ökonomie als Ersatzmann für die radiographische Depeschenaufnahme ausgebildet werden müssen, da die Anstalt sonst mit den vorgesehenen Telegraphistinnen nicht auskäme.

Wie hiernach ausgeführt wird, erfordert die Störung der Radiogramme im eidg. Physikgebäude die Benutzung eines · ausserhalb desselben gelegenen E,aumes für die Aufstellung der Empfangsapparate. Die Bedienung der Umschaltanlage nach der meteorologischen Zentralanstalt muss einem geübten Telegraphisten übertragen werden (Schaltbeamten).

Für die eigentliche Abnahme der Radiogramme ist die Anwesenheit von gleichzeitig 2 Radiotelegraphistinnen während mindestens je 3 Stunden dreimal im Tage erforderlich. Die bisherige Drahttelegraphistin, die übrigens als Haupttätigkeit die Stationsreduktion besorgt, wird weiterhin die Schweiz. Drahtstationen zu bedienen haben und zusammen mit dem Zeichner bei der Radiotélégraphie aushelfen müssen. Unter diesen Voraussetzungen glaubt die Direktion der Anstalt, mit der Neueinstellung von 2 Telegraphistinnen auszukommen. Die Zwischenstunden derselben werden ausgefüllt sein mit der Beihilfe der Vervielfältigung der täglichen Wetterkarten, sowie mit der Korrespondenz. Letztere hat sich im Laufe der Jahre vervielfacht, ohne dass dafür eine eigene Hilfskraft vorhanden wäre; es müssen immer einzelne Angestellte dafür in einer oft sehr störenden Weise herangezogen werden. Auch für die Aushilfe bei der Berechnung der meteorologischen Beobachtungen sind diese beiden Telegraphistinnen anzulehren.

Für zeitweisen Ersatz des Schaltbeamten und der beiden Telegraphistinnen (Sonntagsdienst, Urlaub und Krankheit) ist die ' Summe von Fr. 4000--5000 ins Budget einzustellen.

Mit den genannten Neueinstellungen sollte der erweiterte Wetterdienst durchgeführt werden können. Dieselben sind, wie schon gesagt, das zu fordernde Minimum und auch mit ihnen wird der Schweiz.

Wetterdienst nur mit 50--70 % der anderswo -- und zwar auch an kleineren Instituten -- für diese Funktionen als notwendig erachteten
Beamtenzahl arbeiten.

*) NB. Der hier vorgesehene Modus der eigenen Herausgabe des Wetterbulletins wird in den bezüglichen bisherigen Budgetposten eine ganz.

wesentliche Ersparnis (im Augenblick nicht genauer einschätzbar) ermöglichen (ca. Fr. 5000-8000).

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Es ist hier daran zu erinnern, dass es sich beim Wetterdienst um einen Dienst handelt, bei dem nicht wie bei andern Verschiedenes zeitlich zusammengefasst oder verschoben werden kann, sondern dessen tägliche ungestörte Abwicklung von Minute zu Minute garantiert sein muss.

4. Notwendigkeit der Raumvermehrung.

Die geplante Erweiterung setzt als erste Bedingung Raumvermehrung für die meteorologische Zentralanstalt voraus. Schon für den bisherigen Betrieb waren die derselben im Jahre 1889 im Südflügel des obersten Stockwerkes des eidg. Physikgebäudes zugewiesenen Räume seit langem zu klein geworden, was begreiflich erscheint, wenn man sich daran erinnert, dass dem Institut seither ausser seiner durch die normale Entwicklung bedingten Vergrösserung ein ganz neuer Dienstzweig, die Erdbebenbeobachtungen, angegliedert worden war. Nur mit allerlei Einschränkungen und Improvisationen konnten die Räume bisher noch genügen; was speziell den Wetterdienst betrifft, so spielt sich der ganze Telegraphen- und Telephondienst in ein e m Räume ab, in dem auch noch mehrere andere, dabei nicht beteiligte Personen arbeiten und die Auskunftsuchenden empfangen werden müssen, und der Abnehmeapparat der drahtlosen Télégraphie musste im Zimmer des Direktors aufgestellt werden als dem noch geeignetsten der zur Verfügung stehenden Räume Es ist unter den heutigen Verhältnissen wohl ausgeschlossen, diesem Raummangel durch den Bau eines eigenen Gebäudes abzuhelfen. In normalen Zeiten hätte man vielleicht um so eher an diese Lösung gedacht, als sie schon vor 20 Jahren ins Auge gefasst worden war, um der Anstalt ein ausserhalb des eigentlichen Stadtgebietes gelegenes Gebäude zu Observatoriumszwecken zu geben. Fast alle andern Staaten besitzen solche, und nur die sonst sehr freie und günstige Situation des Physikgebäudes am Zürichberghang macht das Verbleiben des Institutes in demselben möglich.

Es muss also die Notwendigkeit in Betracht gezogen werden, der meteorologischen Anstalt die zu ihrer Ausdehnung erforderlichen Lokale durch eine Vergrösserung des Gebäudes zu verschaffen, in dem sie untergebracht ist. Anderseits hat uns der Schulrat der Eidg. Technischen Hochschule dringende Begehren um Erweiterung der Räume für den Unterricht in der Physik ein gereicht, welche ganz ungenügend geworden sind.

Wir beabsichtigen daher, das Projekt einer Erweiterung des Physikgebäudes studieren zu lassen, das einerseits diesen von uns

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als begründet erfundenen Begehren entspricht und anderseits auch der meteorologischen Zentralanstalt die notwendigen Eäume verschafft. Bis dieses Projekt angenommen und ausgeführt ist, muss die meteorologische Anstalt sich mit den jetzigen Lokalien und einigen besondern Einrichtungen behelfen, welche ihr gestatten, für eine beschränkte Zeit, die in unserer Botschaft dargelegten Erweiterungen des Dienstes auszuführen.

Für die Aufstellung der hochempfindlichen Aufnahmeapparate dagegen muss ausserhalb des Physikgebäudes ein störungsfreier Eaum gemietet werden, da nicht nur der vor einem Jahre direkt an das Physikgebäude verlegte städtische Tram, sondern auch die vielerlei elektrischen Maschinen im Gebäude durch Induktionsstörungen die Abnahme der ungedämpften Wellen nachgerade unmöglich machen. Aus diesem Baume werden die Morsezeichen, unter Verstärkung durch das Mikrophon, per Telephon zur Zentralanstalt weitergeleitet; hier erst erfolgt dann deren Abnahme durch die Telegraphisten.

Gestützt auf das Angebrachte, beehren wir ans, Ihnen den folgenden Entwurf eines Bundesbeschlusses für Bewilligung der nötigen Kredite zur Erweiterung des meteorologischen Dienstes zu unterbreiten. Die Lösung der Lokalfrage wird Gegenstand einer weitern Vorlage, bilden.

B e r n , den 2. September 1921.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Schnithess.

Der Bundeskanzler: Steiger.

11 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Erweiterung des Dienstes der schweizerischen meteorologischen Zentralanstalt in Zürich.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 2.September 1921, beschliesst: Art. 1. Der Dienst der Schweiz, meteorologischen Zentralanstalt in Zürich wird auf die Einführung und Benutzung der drahtlosen Télégraphie entsprechend der internationalen Organisation erweitert.

Art. 2. Für die zu dem Zweck nötigen Einrichtungen werden ·dem Departement des Innern beziehungsweise der Direktion der Zentralanstalt folgende Kredite bewilligt: a. Einmaliger: Für vollständige Ausrüstung mit zwei modernen Rahmenempfängern samt Akkumulatorenladeeinrichtung und Installation; Ergänzung der instrumentellen Ausrüstung der für den internationalen Depeschenaustausch bestimmten Schweizerstationen sowie für die erste Einrichtung dieser Apparate Fr. 82,000.

b. Ständige: a. Für Personalvermehrung gemäss Art. 3 hiernach Fr. 29,000; b. Entschädigung für Stellvertretung und Lokalmiete Fr. 5050.

Art. 8. Zur Besorgung des erweiterten Dienstes .wird die Direktion der Zentralanstalt zu einer Vermehrung des Dienstpersonals ermächtigt, welche die Anstellung folgender Personen umfasst: ·eines wissenschaftlichen Assistenten. . IV.--III. Besoldungsklasse eines Beobachters.

V.--IV.

» eines Schaltbeamten (Telegraphist) . .

VI.

» eines Zeichners VI.

» zweier Telegraphistinnen VI.

» Art. 4. Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft. Der Bundesrat ist mit dessen Ausführung beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Neuorganisation und Entwicklung des internationalen Wetterdienstes an der schweizerischen meteorologischen Zentralanstalt. (Vom 2. September 1921.)

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07.09.1921

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