109

No 48

# S T #

Bunde sblatt

73. Jahrgang.

Bern, den 30. November 1921.

Band V

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, in Franken Im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr".

Einrückungsgebühr: 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an die Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

#ST#

1508

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurfe eines dringlichen Bundesbeschlusses über die Versorgung des Landes mit elektrischer Energie.

(Vom 22. November 1921.)

A. Kriegswirtschaftliche Massnahmen auf dem Gebiete der Elektrizitätsversorgung.

Während des Krieges zwang die Kohlennot den Bundesrat zu besondern Massnahmen auf dem Gebiete der Energieversorgung, welche sich auf die ausserordentlichen Vollmachten stutzten. Die Bundesratsbeschlüsse vom 21. August, 9. Oktober und 10. November 1917 regelten zunächst den Verbrauch au Kohle und elektrischer Energie. An Stelle dieser Beschlüsse erliess der Bundesrat später den ,,Bundesratsbeschluss vom 7. August 1918 betreffend die Elektrizitätsversorgung des Landes", der die Erzeugung, Verteilung und Abgabe elektrischer Energie regelte und das Volkswirtschaftsdepartement mit der Ausführung der Massnahmen zur Sicherstellung der Inlandversorgung betraute (Verfügung des Volkswirtschaftsdepartements vom 15. August 1918). Mit der Durchführung dieser Aufgaben wurde die Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft und nach ihrem Eingehen das Bureau für Elektrizitätsversorgung beauftragt.

Die Verordnung wurde sodann noch ergänzt durch den ,,Bundesratsbeschluss vorn 16. Dezember 1919 betreffend die Ergänzung des Bundesratsbeschlusses vom 7. August 1918 über die Elektrizitätsversorgung des Landes", der bestimmt, dass zur Beurteilung von Forderungen Dritter auf Ersatz des Schadens, den sie aus kriegswirtschaftlichen Massnahmen zur Versorgung des Inlandes mit elektrischer Energie erlitten haben, ein Schiedsgericht endgültig entscheide.

Mit Bundesratsbeschluss vom 8. April 1921 sind die Bundesratsbeschlüsse vom 7. August 1918 und 16. Dezember 1919 aufgehoben worden. Damit ist wieder der Rechtszustand vor dem Kriege geschaffen worden (siehe XVI. Neutralitätsbericht, Seite 24).

Bundesblatt.

73. Jahrg.

Bd. V.

9

110 B. Die gegenwärtige Lage der Energieversorgung des Landes, Während der Kriegsjahre hat der Ersatz der aus Wärme erzeugten Energie durch Energie aus "Wasserkräften ganz bedeutende Fortschritte gemacht. Wegen der hohen Kohlenpreise konnte die aus Wasserkräften erzeugte Energie auch da konkurrenzfähig werden, wo ihr dies vorher nicht möglich gewesen war. Die B e s c h a f f u n g von W i n t e r e n e r g i e konnte jedoch mit dieser Inanspruchnahme der Kraftwerke nicht Schritt halten, so dass ungefähr während drei Wintertnonaten die Kraftwerke den Ansprüchen der Kraftverbraucher nicht mehr zu entsprechen vermochten. Hieraus ergab sich die Notwendigkeit, den Energieverbrauch während der Niederwasserperioden behördlich zu regeln und einzuschränken.

Im verflossenen Winter blieb die Wasserführung unserer Gewässer bedeutend unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Ein Winterhochwasser, wie es sich besonders in den letzten Jahren wiederholt eingestellt hatte, blieb ebenfalls aus.

Für die Energieversorgung kommen in Betracht: 1. Bau ne u er K r a f t w e r k e . Auf nächsten Winter können voraussichtlich folgende Kraftwerke ganz; oder teilweise in Betrieb gesetzt werden: a) B r o c , b) A r n s t e g , c) K ü b l i s , d) L u n g e r n . Die Winterenergie aus den Kraftwerken Amsteg und Küblis muss wahrscheinlich ausschliesslich für Bahnzwecke verwendet werden. Broc und Lungern vermögen den Fehlbedarf des Landes natürlich .nicht zu decken.

2. A u s g l e i c h u n t e r den K r a f t w e r k e n . Das Verteilungsnetz ist gegenwärtig derart ausgebaut, dass ein Ausgleich bereits in weitgehendem Umfang verwirklicht werden kann. Wir verweisen auf Abschnitt D.

3 . B e s s e r e A u s n u t z u n g d e r S a m m e l b e c k e n . Die bessere Ausnutzung der Sammelbecken steht heute im Vordergrund des 'Interesses. Bereits sind die Vorarbeiten für definitive Regulierungen gemäss Artikel 15 und 16 des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes in Angriff genommen (siehe Geschäftsbericht des Bundesrates für das Jahr 1920, Abschnitt Amt für Wasserwirtschaft). Der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband und der Verein schweizerischer Elektrizitätswerke haben in einer Eingabe auf die Wünschbarkeit hingewiesen, die von der Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft während der vergangenen Winter durchgeführten p r o v i s o r i s c h e n Massnahmen zur Erhöhung der Niederwassermenge auch im kommenden Winter anzuwenden.

lit Der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband hat sich anerboten, sich zu diesem Zwecke mit den Kantonsregierungen ins Einvernehmen zu setzen. Der Bundesrat hat diesem Vorgehen zugestimmt und die Kantone mit Kreisschreiben vom 9. August 1921 ersucht, die Bestrebungen des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes nach Möglichkeit zu unterstützen.

4. Die Ü b e r l e i t u n g von Winter energie in die Inné r Schweiz aus e n n e t b i r g i s c h e n G e g e n d e n , in w e l c h e n e i n Ü b e r s c h u s s an e l e k t r i s c h e r E n e r g i e v o r h a n d e n ist. Die Wirtschaftlichkeit eines solchen Vorgehens wurde bereits geprüft, als am 20. September 1920 ein Gesuch der Aktiengesellschaft ,,Motor" vorlag, aus dem Kanton Tessin 8000 Kilowatt Energie nach Italien ausführen zu dürfen. Leider haben sich keine Interessenten gefunden, welche sich zur Überleitung dieser Energie entschliessen konnten.

Die Bernischen Kraftwerke haben sich entschlossen, eine Starkstromleitung aus dem Wallis nach dem Kanton Bern zu erstellen, um dem Inlandbedarf nordwärts der Alpen auf die Dauer von 10 Jahren eine Quote von 8000 Kilowatt konstanter Winterenergie aus den Walliser Kraftwerken der Aluminium-Industrie A.-G. Neuhausen zur Verfügung zu stellen.

5. A u s t a u s c h von E n e r g i e m i t dem Ausland. Es ruuss die Frage geprüft werden, ob es den Werken, welche während der Sommermonate aus Wasserkräften gewonnene schweizerische Energie nach dem Ausland exportieren, nicht möglich sei, im Winter Energie einzuführen, welche im Ausland aus Kohlen erzeugt wird. Wie uns mitgeteilt wurde, sind Unterhandlungen schweizerischer Gesellschaften mit französischen Elektrizitätswerken im Gange, die aber noch nicht zu einem Àbschluss geführt haben. Immerhin steht zu erwarten, dass auf diese Weise für den Inlandkonsum eine gewisse Quote bereitgestellt werden könnte.

Zusammenfassend muss gesagt werden, dass mit Sicherheit im kommenden Winter nicht mit einem Zuwachs an Energie gerechnet werden kann, wie man dies wünschen möchte. Es steht zu befürchten, dass auch im kommenden Winter ausserordentlich tiefe Wasserstände eintreten werden, infolge des Mangels an reichlichen Niederschlagsmengen im Laufe des Jahres. Verbessert sich die wirtschaftliche Lage in unserer Industrie, was zu hoffen ist, so wird dies einen weitern Bedarf an elektrischer Energie zur Folge haben.

112

C. Massnahmen für den kommenden Winter.

Angesichts dieser Lage durfte auf eine behördliche Regelung der Energieversorgung im kommenden Winter nicht von vornherein verzichtet werden. Zur Besprechung der Lage berief das Departement des Innern auf den 28. Juli 1921 die eidgenössische Wasserwirtschaftskommission zu einer Konferenz nach Bern ein Die Kommission vertrat mit grosser Mehrheit die Ansicht, es sei den Räten der Entwurf zu einem dringlichen Bundesbeschluss vorzulegen, der die Verteilung und Abgabe der elektrischen Energie für den kommenden Winter regle. Der Bundesrat teilt nach Prüfung der Angelegenheit die Auffassung der Wasserwirtschaftskommission, dass die not wendigsten Massnahmen vorbereitet werden müssen, um einer allfälligen Krisis begegnen zu können.

Die v e r f a s s u n g s m ä s s i g e G r u n d l a g e für das Eingreifen des Bundes in das Gebiet der Elektrizitätsversorgung ergibt sich aus Art. 24 bis der Bundesverfassung, dessen letzter Absatz lautet: ,,Der Bund ist befugt, gesetzliche Bestimmungen über die Fortleitung und die Abgabe der elektrischen Energie zu erlassen."

Auf Grund des Art. 24 bis ist das Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916 erlassen worden. Über das in Frage kommende Gebiet enthält dieses Gesetz nur vereinzelte Bestimmungen. Im Zusammenhang mit dem letzten Absatz des Verfassungsartikels stehen die Art. 8, 9 und 10.

Sollte der Bund dauernd in das Gebiet der Elektrizitätsversorgung und -Verteilung eingreifen, so wäre hiefür der Weg des Bundesgesetzes zu beschreiten. Wir glauben indessen nicht, dass dies notwendig sei. Es ist zu erwarten, dass mit dem fortschreitenden Ausbau unserer Wasserkräfte, besonders durch die vermehrte Schaffung von Staubecken, in verhältnismässig kurzer Zeit, selbst während der Periode des Niederwassers, genügend Energie zur Versorgung des Landes vorhanden sein wird, sodass ein behördliches Eingreifen sich erübrigt.

Zur Stunde sind demnach dringliche Massnahmen, die aber bloss vorübergehender Natur sind, notwendig, weshalb wir Ihnen die Form des dringlichen Bundesbeschlusses vorschlagen. Dieser Bundesbeschluss soll nur für die Dauer der kritischen Zeit, d. h.

bis zum nächsten Frühjahr gültig sein.

Sollten sich Bedenken geltend machen, eine Materie durch dringlichen Bundesbeschluss zu regeln, die eigentlich in einem

113 Gesetz geordnet werden sollte, so darf daran erinnert werden, dass die Bundesversammlung schon mehrfach diesen Weg beschritten hat. "Wir verweisen auf die Bundesbeschlüsse vom 3. August 1914 betreffend die Ausgabe von Fünffrankenbanknoten (s. Gesetzsammlung, Bd. XXX, S. 349), vom 23. Dezember 1914 betreffend Massnahmen zur sofortigen Vermehrung der Einnahmen des Bundes (s. Gesetzsammlung, Bd. XXX, S. 672), ferner auf die beiden Bundesbeschlüsse vom 31. März 1906 und 24. März 1909 über die Abgabe inländischer Wasserkräfte ins Ausland ; die beiden letztgenannten hängen mit der Energieversorgung zusammen.

Mit Rücksicht darauf, dass die Gültigkeitsdauer bis zum 30. April 1922 beschränkt werden soll und dass die vorgeschlagene Massnahme eine ausnahmsweise Regelung auf einem Gebiete bildet, wo eine endgültige Gesetzgebung nicht notwendig erscheint, rechtfertigt sich der Erlass eines dringlichen Bundesbeechlusses, indem der gewünschte Zweck erreicht und einer allfällig schwierigen Lage begegnet wird.

D. Bemerkungen zu den einzelnen Artikeln.

Art. l verpflichtet die Werke zu gegenseitiger A u s h i l f e mit elektrischer Energie, welche Aushilfe sich während den vergangenen Jahren bewährt und es ermöglicht hat, ein entlegenes Absatzgebiet aus einem andern zu versorgen. Dabei hat die zuständige Behörde (Art. 6) die Bedürfnisse der verschiedenen Absatzgebiete zu berücksichtigen und die Interessen möglichst auszugleichen. Ist in einem Gebiet z. B. genügend Energie vorhanden, so dass keine Einschränkungen notwendig wären,, sind in einem andern dagegen ganz erhebliche Einschränkungen notwendig, so sollen unter Umständen im ersten Absatzgebiet ebenfalls gewisse Einschränkungen vorgenommen werden, um das andere bedürftige Gebiet besser versorgen zu können. Die technischen Einrichtungen für diese gegenseitige Aushilfe sind heute schon zu einem grossen und für unsere Elektrizitätsversorgungwichtigen Teil vorhanden ; die ^Schweizerische Kraftübertragung A.-G." in Bern, der die meisten grösseren Elektrizitätswerke der Zentral- und Ostschweiz angehören, sowie die ,,Energie-OuestSuisse" (EOS) in Lausanne bezwecken, den Austausch von Energie zu vermitteln.

Art. 2 verpflichtet die Werke, alle Energiequellen auszuschöpfen, bevor Sparmassnahmen vorgenommen werden. Man

114

könnte sich fragen, ob eine solche Bestimmung nicht über den Wortlaut der Verfassung hinausgehe, da diese nur von ,,Fortloitung und Abgabe11, nicht aber von der ,,Erzeugung" spricht.

Hierzu ist folgendes zu bemerken : Dein Bunde steht, wie bereits ausgeführt wurde, nicht bloss das Recht zu, die rein technischen Fragen zu regeln, wie dies im Stark- und Schwach-.

Stromgesetz von 1902 geschah, sondern er ist auch befugt, über die wirtschaftliche Seite gesetzliche Bestimmungen zu erlassen.

Eine befriedigende Regelung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist aber kaum denkbar, wenn die Erzeugung vollständig unberücksichtigt bleiben müsste. Insbesondere könnte der vorliegende Bes.chlussentvvurf seinen Zweck gar nicht erfüllen, wenn die Erzeugung nicht einbezogen würde.

Art. 3. Die Verhältnisse in den einzelnen Absatzgebieten sind allerdings verschieden, es dürfte sich aber doch empfehlen, die allgemeinen Richtlinien anzudeuten, nach denen die zuständigen Behörden die Einschränkungen anordnen sollen. In erster Linie soll die Luxus- und Reklamebeleuchtung eingeschränkt werden.

Ferner werden die Elektrizitätswerke verhalten werden können, Heizkörper und Warmwasseranlagen ganz oder teilweise auszuschalten.

Der Bedarf an motorischer Energie sollte möglichst gedeckt werden. Sind auch hier Einschränkungen notwendig, so müss der Lage auf dem Arbeitsmarkt Rechnung getragen werden.

Art. 4. In den neuern Ausfuhrbewilligungen wurde stets die Bedingung aufgenommen, dass die Energie ausführenden Werke verpflichtet seien, die Energielieferung an die ausländischen Abonnenten mindestens in gleichem Umfange einzuschränken, wie dies gegenüber ihren inländischen Konsumenten gehandhabt wird.

In den altern Bewilligungen ist diese Klausel nicht enthalten, allein die Stromlieferungsverträge zwischen dem schweizerischen Lieferanten und dem ausländischen Bezüger sehen in der Regel doch Einschränkungen in bedeutendem Umfange vor. Wir hielten es für gerechtfertigt, eine allgemeine Bestimmung in den Beschluss aufzunehmen.

Art. 5. Diese Bestimmung zum Schutze der Abonnenten rechtfertigt sich deshalb, weil den Konsumenten nicht wohl zugemutet werden kann, den Minimalbetrag, oder, wenn im Lieferungsvertrag statt eines solchen eine Pauschalsumme festgesetzt ist, diese voll zu entrichten, wenn das Werk die Lieferungen herabsetzt.

Der ordentliche Richter wird freilich öfters bei seinen Entscheiden auf Expertise abstellen müssen. Dies ist aber auch auf

115

andern Gebieten der Fall. Wir halten dafür, es sei von dem ordentlichen Verfahren nicht ohne Not abzugehen. Schon die Vollziehungsverordnung des Volkswirtschaftsdepartements vom 15. August 1918, Art. 8, erklärte neben der Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft auch die ordentlichen Gerichte für zuständig.

Die Möglichkeit der schiedsgerichtlichen Erledigung ist ja ohne weiteres zulässig.

Art. 6 und 7. Nachdem die Abteilung für industrielle Kriegswirtschaft aufgelöst war, hat sich das eidgenössische Departement des Innern, dem der Vollzug des eidgenössischen Wasserrechtsgesetzes obliegt, mit den Fragen der Energieverteilung befasst.

· Wie bereits oben bemerkt, sind in den letzten Jahren zwei Gesellschaften ins Leben getreten, welche sich im besondern den A u s g l e i c h der Energie unter den Werken zur Aufgabe gemacht haben". Die Werke besitzen auf diesem Gebiet bereits eine ansehnliche Erfahrung. Der Präsident des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätswerke erklärt,, die meisten Werke seien bereit, die gegenseitige Aushilfe von sich aus zu regeln. Wir glauben die Möglichkeit der freiwilligen Verständigung sollte nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Sind die Erfahrungen in dieser Hinsicht günstig, so wird man davon absehen können, auf diesem Gebiete ein besonderes Gesetz zu erlassen. Dass indessen für die Durchführung der vorgesehenen Massnahmen die Mitwirkung einer B e h ö r d e doch vorgesehen werden muss, liegt auf der Hand. (Vgl. Vollziehungsverordnung des Volkswirtschaftsdepartements vom 15. August 1918, Art. 5.) Diese Überlegungen haben -dazu geführt, Ihnen für. Art. 6 die vorgeschlagene Fassung zu ·empfehlen.

.

Bei der Anordnung und Durchführung von Sparmassnahmen ist eine unmittelbare Aufsicht der Behörde unerlässlich, da diese Massnahmen in das freie Vertragsrecht b e i d e r Parteien eingreifen.

Es kann hier auf zweierlei Weise vorgegangen werden. Die zuständige Behörde verfügt über alle Massnahmen und führt auch die Kontrolle durch ohne Mitwirkung der Werke oder ihrer Vertretung. Das hierfür notwendige Personal müsste natürlich dem bereits sehr belasteten Amt für Wasserwirtschaft des eidgenössischen Departements des Innern beigegeben werden. Wir möchten diesen Weg, wenn möglich, schon aus Gründen der Sparsamkeit vermeiden.

Wir schlagen Ihnen daher vor, die Arbeit
zwischen den Behörden und den Werken zu teilen. Die Durchführung der Massnahmen selbst würde der Vertretung der Werke, dem Generalsekretariat des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätswerke übertragen. Der

116 Verband ist bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Die Behörden behalten die Oberaufsicht und kontrollieren die Massnahmen, ändern sie, wenn nötig, ab oder heben sie auf. Auch hierfür muss natürlich das notwendige Personal vorhanden sein. Wir verhehlen uns nicht, dass gegen die Übertragung einer solchen Aufgabe an einen Verband Bedenken erhoben werden können. Da jedoch neben der Überwachung der Tätigkeit des Generalsekretariates durch die Behörden gemäss Art. 7 gegen die vom Generalsekretariat getroffenen Massnahmen an das eidgenössische Departement des Innern Beschwerde geführt werden kann, dürften die allgemeinen Interessen genügend gewahrt sein.

Das Verhältnis zwischen den Behörden und dem Generalsekretariat würde in einer Vollziehungsverordnung des Bundesrates näher geregelt. Sollte sich in der Folge zeigen, dass diese Übertragung nicht zweckmässig wäre, so soll die Möglichkeit bestehen, den zuerst genannten Weg zu ibeschreiten.

Art. 8 enthält die Straf bestimmung im Falle von Zuwiderhandlungen und überbindet die Verfolgung und Beurteilung den Kantonen.

Art. 9. Es wurde bereits ausgeführt, dass der Bundesbeschlnss als vorsorgliche Massnahme dringlich erklärt werden sollte.

Je nach der Lage unserer Industrie und nach der Wasserführung unserer Gewässer muss er vielleicht nicht angewendet werden. Je nach den Verhältnissen kann aber die Anwendung bei Eintritt der Wasserklemme (Januar) geboten erscheinen.

Auf alle Fälle müssen wir gerüstet sein, damit nicht eine unbefriedigende Lage geschaffen wird.

Mit dem 30. April 1922 soll der Bandest eschluss ohne weiteres dahinfallen.

Wir empfehlen Ihnen die Annahme unseres Antrages.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 22. November

1921.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates.

Der Bundespräsident:

Schulthess.

Der Bundeskanzler: Steiger.

117

(Entwurf.j

Bundesbeschluss über die

Versorgung des Landes mit elektrischer Energie.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in der Absicht, im Winter 1921/22 eine genügende und gleichmässige Versorgung des Landes mit elektrischer Energie zu sichern; gestützt auf Art. 24 bls , Schlussalinea, der Bundesverfassung; nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrates vom 22. November 1921 ; beschliesst: Art. 1. Bei Energieknappheit sind die Werke verpflichtet, Verpflichtung sich gegenseitig mit elektrischer Energie auszuhelfen, soweit es der Werke zu die technischen Einrichtungen gestatten und soweit dies im Interesse gegenseitiger Aushilfe.

einer möglichst gleichmässigen Versorgung des Landes notwendig ist.

Art. 2. Die Werke sind verpflichtet, ihre Energiequellen, Erzeugung Energie namentlich auch ihre kalorischen Reserven voll auszunutzen, be- der und Einvor die Stromlieferung eingeschränkt werden darf.

schränkungen.

Reichen die auf hydraulischem und kalorischem Wege erzeugte Energie sowie die Aushilfsenergie zur Deckung des Bedarfes nicht mehr aus, so sind die Werke berechtigt, die Energielieferung nach Massgabe der folgenden Bestimmungen einzuschränken oder in einzelnen Fällen vorübergehend einzustellen.

Art. 3. Die Einschränkungen sind so durchzuführen, dass Art der Eineine die allgemeinen Interessen des Landes möglichst wahrende schränkungen.

Verteilung der elektrischen Energie gesichert bleibt.

In erster Linie ist der Strom da einzusparen, wo der Konsument keine erheblichen wirtschaftlichen Nachteile erleidet.

Den besondern Verhältnissen der einzelnen Betriebe soll nach Möglichkeit Rechnung getragen werden.

·118 Einschränkung der Ausfuhr elektrischer Energie.

Abänderung von Verträgen.

Durchführung der Massnahmen.

Beschwerde.

Übertretungen.

Vollzug.

Art. 4. Diejenigen Werke, die Strom ins Ausland abgeben, sind verpflichtet, die Lieferung mindestens im gleichen Umfange einzuschränken wie im Inland.

Art. 5. Falls die Sparmassnahmen mehr als vierzehn Tage dauern, so haben die Werke Minimalgarantien und Pauschalbeträge entsprechend der dem Konsumenten auferlegten Einschränkungen herabzusetzen.

Im Streitfalle entscheidet der ordentliche Richter.

Art. 6. Der Bundesrat trifft die zur Durchführung dar Aushilfe und der Einschränkungen erforderlichen Massnahmen.

Er ist ermächtigt, das Generalsekretariat des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätswerke mit der Durchführung dieser Massnahmen zu beauftragen.

Die besonderen Anordnungen betreffend die Durchführung von Einschränkungen im Betriebe der Eisenbahnen bleiben dem Bundesrate vorbehalten.

Das Generalsekretariat hat dem eidgenössischen Departement des Innern von den getroffenen Massnahmen jeweilen Kenntnis zu geben. Das Departement kann diese Massnahmen aufheben oder abändern.

Art.'?. Macht der Bundesrat von der in Art. 6, Abs. 2, erwähnten Befugnis Gebrauch, so kann gegen die vom Generalsekretariat getroffenen Massnahmen innert zehn Tagen beim eidgenössischen Departement des Innern Beschwerde geführt werden.

Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie ihr von der Beschwerdeinstanz zuerkannt wird.

Art. 8. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Bundesbeschlusses sowie gegen die in Anwendung dieses Beschlusses getroffenen Verfügungen werden mit Geldbusse bis auf Fr. 10,000 bestraft.

Der erste Abschnitt des Bundesgesetzes vom 4. Februar 1853 über das Bundesstrafrecht findet Anwendung.

Die Beurteilung und Verfolgung der Übertretungen liegt den Kantonen ob.

. Art. 9. Dieser Bundesbeschluss wird als dringlich erklärt; er wird am 1. Januar 1922 rechtswirksam und tritt am 30. April 1922 ausser Kraft.

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug dieses Beschlusses beauftragt.

_->4g~>_

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurfe eines dringlichen Bundesbeschlusses über die Versorgung des Landes mit elektrischer Energie. (Vom 22.

November 1921)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1921

Année Anno Band

5

Volume Volume Heft

48

Cahier Numero Geschäftsnummer

1508

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

30.11.1921

Date Data Seite

109-118

Page Pagina Ref. No

10 028 152

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.