89 # S T #

1365

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession der elektrischen Strassenbahn von Steffisburg über Thun und das rechte Seeufer nach Interlaken.

(Vom 24. Januar 1921.)

Mittels Eingabe vom 23. November 1920 stellt die Betriebsdirektion der elektrischen Bahn Steffisburg-Thun-Interlaken das Gesuch um Änderung ihrer Konzession in dem Sinne, dass für die Strecke Thun-Interlaken die Führung der zweiten Wagenklasse gestattet werde. Gleichzeitig ersucht sie um entsprechende Abänderung bzw. Ergänzung des Art. 18, Abs. l, durch Festsetzung der Taxe einfacher Fahrt für die zweite Klasse auf höchstens 25 Rappen und für die dritte Klasse auf höchstens, 15 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Zur Begründung des Gesuches wird geltend gemacht, dass seit Eröffnung der Bahn der Mangel der zweiten Wagenklasse sich von Jahr zu Jahr immer mehr fühlbar gemacht habe. Aus betriebstechnischen Gründen sei es der Bahnverwaltung früher nicht möglich gewesen, diesem Bedürfnis Rechnung zu tragen.

Durch die nunmehrige Fahrplangestaltung bzw. » Zugsformation und Anschaffung von neuem Rollmaterial sei sie jetzt in die Lage versetzt worden, an diese Frage herantreten zu können.

Nach unserer Ansicht liegt ein wirkliches und dringendes Bedürfnis zur Einführung der zweiten Klasse in die Züge der rechtsufrigen Thunerseebahn zurzeit nicht vor. Diese Bahn hat durchaus den Charakter einer Trambahn, deren Verkehr sich in der Hauptsache zwischen einzelnen Ortschaften abwickelt. Der durchgehende Verkehr über die ganze Strecke Thun-Interlaken nimmt einen verhältnismässig geringen Prozentsatz des Gesamtverkehrs für sich in Anspruch. Ein Vergleich mit den übrigen schweizerischen Strassenbahnen mit elektrischem Betrieb neigt, dass diese Bahnen, mit einer einzigen Ausnahme, nur die dritte

90

Wagenklasse führen. Von den Strassenbahnen mit Dampfbetrieb haben nur drei die zweite Wagenklasse. Bei diesen wird aber die zweite Klasse nur sehr wenig benützt.

Die Einführung der zweiten Klasse hätte den schweren Nachteil, dass in den betreffenden Zügen mehr totes Gewicht geführt werden müsste. Und an Tagen starken Verkehrs, namentlich an Sonntagen, würde die Durchführung der Klassendisziplin wohl gänzlich ausgeschlossen sein. Heute geht das allgemeine Bestreben dahin, die höhern Wagenklassen soweit möglich zu vermindern, wenn nicht ganz zu beseitigen.

Gegen das Begehren der Steffisburg-Thun-Interlaken-Bahn wellen wir jedoch grundsätzlich nicht Widerspruch erheben. In Anlehnung an unser Vorgehen in frühern Fällen beantragen wir daher, es sei dem Bundesrat die Ermächtigung zu erteilen, die Einführung einer zweiten Wagenklasse zu bewilligen, sobald sich das Bedürfnis hierfür zeigen sollte. Dabei hätte auch der Bundesrat die Höchsttaxe für diese Klasse festzusetzen.

Wir beantragen ferner, für die Personenbeförderung in der bestehenden dritten Klasse die Taxe von 10 auf höchstens 15 Rappen per Kilometer der Bahnlänge zu erhöhen.

Die Art. 17 und 18, Abs. l, der Konzession sind im nachstehenden Beschlussentwurfe dementsprechend abgeändert bzw.

ergänzt. Auch sind die Art. 29 und 30 der Fassung der neuern Konzessionen angepasst.

Der Regierungsrat des Kantons Bern, dem die vorgeschlagenen Konzessionsänderungen zur Vernehmlassung mitgeteilt wurden, erklärt in seinem Schreiben vom 6. Januar 1921, dass ihm dieselben zu keinen Aussetzungen Anlass geben.

Wir empfehlen Ihnen daher die Annahme des nachstehenden Bundesbeschlussentwurfes und benützen auch diese Gelegenheit, Sie unserer vorzüglichen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 24. Januar

1921.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Schulthess.

Der Bundeskanzler :

Steiger.

91

(Entwurf.)

Bundesbeschlusg betreffend

Aenderung der Konzession der elektrischen Strassenbahn von Steffisburg über Thun und das rechte Seeufer nach Interlaken.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Betriebsdirektion der elektrischen Bahn Steffisburg-Thun-Interlaken vom 23. November 1920, 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 24. Januar 1921, beschliesst: I. Die durch Bundesbeschluss vom 19. Dezember 1905 (E. A. S. XXI, 328) erteilte und durch Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1914 (E. A. 8. XXX, 256) abgeänderte Konzession für eine elektrische Strassenbahn von Steffisburg über Thun und das rechte Seeufer nach Interlaken wird neuerdings wie folgt abgeändert : Die Art. 17, 18, Abs. l, 29 und 30 erhalten folgende neue Fassung : Art. 17. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse führen, deren Bauart vom Bundesrat genehmigt werden muss. Wenn sich das Bedürfnis hierfür zeigen sollte, kann der Bundesrat die Einführung einer zweiten Wagenklasse gestatten.

Art. 18, Abs. 1. Für die Beförderung von Personen kann eine Taxe von höchstens 15 Rappen für den Kilometer der Bahnlänge bezogen werden. Im Falle der Einführung einer zweiten Wagenklasse setzt der Bundesrat die Taxe für diese Klasse fest.

Art. 29. Der nach gegenwärtiger Konzession zulässige Höchst· betrag der Beförderungspreise ist verhältnismässig herabzusetzen,

92

wenn der auf das Aktienkapital entfallende Jahresgewinn in sechs aufeinanderfolgenden Jahren im Durchschnitt und für jedes einzelne der drei letzten Jahre 6 °/o übersteigt, sofern nicht die Gesellschaft den Bedürfnissen der Bevölkerung durch Gewährung anderer Preiserleichterungen oder durch Einführung von Verkehrsverbesserungen genügend Rechnung trägt. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 2 °/o des Aktienkapitals nicht erreicht, erlangt die Gesellschaft ein Anrecht auf angemessene Erhöhung des nach gegenwärtiger Konzession zulässigen Höchstbetrages der Beförderungspreise. Über das Mass der Erhöhung entscheidet die Bundesversammlung.

Art. 30, Die Gesellschaft ist verpflichtet : a. für Äufnung eines Reservefonds, dessen Mittel zur Bestreitung ausserordentlicher Ausgaben infolge von Naturereignissen, Unfällen und Krisen, sowie zur Deckung allfälliger Fehlbeträge dienen sollen, zu sorgen durch jährliche Rücklage von mindestens 5 °/o des Jahresgewinnes, bis 10 °/o des Aktienkapitals erreicht sind ; b. für das Personal eine Krankenkasse einzurichten oder es bei einer Krankenkasse zu versichern ; c. für das Personal eine Dienstalterskasse oder Pensionskasse zu gründen, wenn der Jahresgewinn in drei aufeinanderfolgenden Jahren 4 °/o des Aktienkapitals übersteigt ; d. die Reisenden bei einer Anstalt oder einem Eisenbahnverband gegen diejenigen Unfälle zu versichern, für die sie gemäss den geltenden gesetzlichen Bestimmungen haftpflichtig ist.

II. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses, der am 1. März 1921 in Kraft tritt, beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession der elektrischen Strassenbahn von Steffisburg über Thun und das rechte Seeufer nach Interlaken. (Vom 24. Januar 1921.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1921

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

04

Cahier Numero Geschäftsnummer

1365

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

26.01.1921

Date Data Seite

89-92

Page Pagina Ref. No

10 027 816

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.