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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gewährleistung der Abänderung von Art. 51, Abs. 2, der Verfassung des Kantons St. Gallen vom 16. November 1890, abgeändert durch Verfassungsnovelle vom 24. November 1910/5. Februar 1911.

(Vom 11. März 1921.)

Nach dem bisherigen st. gallischen Verfassungsrechte (Art. 51, Abs. 2, der Kantons Verfassung vom 16. November 1890, abgeändert durch Verfassungsnovelle vom 24. November 1910/5. Februar 1911, Sammlung der Bundes- und Kantonsverfassungen, S. 696, Nachtrag 8. 61) hatte jeder der 15 Bezirke auf je 1500 Einwohner ein Mitglied des Grossen Rates zu wählen, wobei ein Bruchteil von mehr als 750 Einwohnern zur Wahl eines weiteren Mitgliedes berechtigte. Im vorigen Jahre machte sich im St. Galler Volke eine Bewegung auf Verminderung der Zahl der Mitglieder des Grossen Rates geltend, die in zwei Volksinitiativen ihren Ausdruck fand. Die eine derselben ging auf Erhöhung der Repräsentationsbasis von 1500 auf 1800 Einwohner, während die andere bei der Bestimmung der Zahl der Mitglieder des Grossen Rates statt auf die Einwohner nur auf die Schweizerbürger abstellen und demnach auf je 1500 Schweizerbürger einen Abgeordneten in die Legislative entfallen lassen wollte. Der Grosse Rat beschloss in der Folge auf Antrag des Regierungsrates die beiden Initiativbegehren dem Volke in der Weise zur Abstim mung zu unterbreiten, dass zunächst in einer ersten grundsätzlichen Abstimmung darüber zu entscheiden war, ob überhaupt eine Verfassungsrevision stattzufinden habe. In einer gleichzeitig Torzunehmenden eventuellen Abstimmung sodann sollte das Volk sich darüber aussprechen, einerseits, welchem der beiden Initiativbegehren es den Vorzug gebe, und anderseits, ob die Revision dem Grossen Rate oder einem zu diesem Zwecke zu wählenden

418 Verfassungsrate zu übertragen sei. Diese Abstimmung fand am 19. Dezember 1920 statt. Die prinzipielle Frage, ob die Revision überhaupt vorzunehmen sei, wurde bei einem absoluten Mehr von 23,014 Stimmen mit 34,125 Ja gegen 11,902 Nein bejaht. In der eventuellen Abstimmung entschied sich das Volk zugunsten der zweitgenannten Initiative, wonach auf je 1500 Schweizerbürger ein Mitglied des Grossen Rates gewählt werden sollte; zur Vornahme der Revision wurde der Grosse Rat als zuständig erklärt. Gestützt auf diesen Volksentscheid arbeitete der Grosse Rat den neuen Verfassungsartikel aus; dieser wurde dem Volke am 20. Februar 1921 zur endgültigen Abstimmung vorgelegt und bei einem absoluten Mehr von 26,358 Stimmen mit 27,204 Stimmen gegen 25,511 Stimmen angenommen.

Mit Schreiben vom 26. Februar 1921 sucht nunmehr der Regierungsrat des Kantons St. Gallen die eidgenössische Gewährleistung der neuen Verfassungsvorschrift nach. Er verbindet damit die Bitte, es möchte die Angelegenheit von den eidgenössischen Räten in der ersten Woche der Aprilsession behandelt werden mit Rücksicht darauf, dass nach gesetzlicher Vorschrift die Neuwahl des Grossen Rates am 10. April 1921 stattfinden müsse.

Die alte und die neue Fassung von Art. 51, Abs. 2, der Kantonsverfassung des Kantons St. Gallen haben folgenden Wortlaut :

alt.

(Verfassungsnovelle vom 24. November 1910/5. Februar 1911.)

Jeder der 15 Bezirke hat auf je 1500 Einwohner ein Mitglied in den Grossen Rat zu wählen ; ein Bruchteil von mehr als 750 Einwohnern berechtigt zur Wahl eines weiteren Mitgliedes.

neu.

Jeder Bezirk hat auf je 1500 Einwohner, die das Schweizerbürgerrecht besitzen, ein Mitglied in den Grossen Rat zu wählen ; ein Bruchteil von mehr als 750 berechtigt zur Wahl eines weiteren Mitgliedes.

Wie aus den über die Entstehungsgeschichte der neuen Verfassungsbestimmung gemachten Ausführungen und aus der obenstehenden Gegenüberstellung der alten und der neuen Verfassungsvorschrift hervorgeht, befasst sich die vorliegende Revision von Art. 51, Abs. 2, der Kantons Verfassung mit der Repräsentationsbasis für die Wahlen in den Grossen Rat, indem nunmehr statt auf je 1500 Einwohner auf je 1500 Schweizerbürger ein Abgeordneter in den Grossen Rat gewählt werden soll. Diese Verfassungsrevision bewegt sich ausschliesslich auf dem Boden

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des kantonalen Staatsrechtes, denn die Bundesverfassung überlässt die Feststellung der Grundsätze über die Repräsentationsbasis für die Wahl der kantonalen Legislative den Kantonen.

Danach kann eine Verletzung von Bundesverfassungsrecht nicht in Frage kommen, und es ist die Gewährleistung ohne weiteres auszusprechen.

Wir beantragen Ihnen, durch Annahme des nachstehenden Beschlussesentwurfes die nachgesuchte Gewährleistung zu erteilen.

B e r n , den 11. März 1921.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Schnlthess.

Der Bundeskanzler: Steiger.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Gewährleistung der Abänderung von Art. 51, Abs. 2, der Verfassung des Kantons St. Gallen vom 16. November 1890, abgeändert durch Verfassungsnovelle vom 24. November 1910/5. Februar 1911.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 11. März 1921 über das am 20. Februar 1921 vom Volke angenommene Initiativbcgehren betreffend die Abänderung von Art. 51, Abs. 2, der Verfassung des Kantons St. Gallen vom 16. November 1890, abgeändert durch Verfassungsnovelle vom 24. November 1910 / 5. Februar 1911 (Wahl eines Mitgliedes des Grossen Rates auf je 1500 Schweizerbürger, statt auf je 1500 Einwohner) ; in Erwägung, dass die abgeänderte Verfassungsbestimmung nichts den Vorschriften der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthält ; in Anwendung von Art. 6 der Bundesverfassung, b eschliesst: 1. Dem abgeänderten Absatz 2 von Art. 51 der Verfassung des Kantons St. Gallen vom 16. November 1890, abgeändert durch Verfassungsnovelle vom 24. November 1910/5. Februar 1911 wird die Gewährleistung des Bundes erteilt.

2. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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11

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1388

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16.03.1921

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417-420

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