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Bundesblatt

73. Jahrgang.

Bern, den 27. April 1921.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- und Postbestellungsgebühr".

Einrückungsgebühr : 60 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an die Buchdruckerei Stämpfli & Cie. in Bern.

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Bericht des Bundesrates über seine

Geschäftsführung im Jahre 192O.

Justiz- und Polizeidepartement.

I. Justizabteilung.

A. Bundesgesetzgebung.

I. Bundesverfassung. In den Geschäftsbereich der Justizabteilung fallen folgende auf Eevision der Bundesverfassung gerichtete Vorlagen : 1. Automobilverkehr und Luftschiffahrt (Art. 37bis ter und ). Am 28. Oktober 1920 hat die ständerätliche Kommission zu der am 4. Juni 1919 vorn Nationalrate beschlossenen Verfassungsrevisionsvorlage Stellung genommen. Am 8. Januar 1921 ist sie auf diese Beschlüsse zurückgekommen und hat sie durch andere ersetzt; über ihre neuen Anträge und die ihnen vom Ständerat gegebene Folge wird der nächste Geschäftsbericht Auskunft geben.

2. Spielbankinitiative (Art. 35). Am 21. März 1920 haben Volk und Stände zur Spielbankinitiative und zum Gegenvorschlag der Bundesversammlung Stellung genommen. Die Erwahrung der Volksabstimmung durch die Bundesversammlung steht noch aus (vgl. Bundesbl. 1920, II, 259; III, 566; IV, 279).

II. Übrige Bundesgesetzgebung. Es ist auf folgende, in den Geschäftsbereich der Justizabteilung fallende, nicht auf Eevision der Bundesverfassung gerichtete, gesetzgeberische Arbeiten hinzuweisen: 1. Ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e Folgen der f r u c h t l o s e n P f ä n dung und des Konkurses. Am 5. und 6. Januar 1920 hat die Einigungskonferenz gemäss Art. 6 des Bundesgesetzes über den Geschäftsverkehr stattgefunden. Der Antrag der Mehrheit dieser Konferenz wurde dann von beiden Bäten angenommen; damit waren die zwischen den früheren Schlussnahmen des Nationalrates und des Ständerates bestehenden Differenzen beigelegt. Am 29. April 1920 Bandesblatt.

73. Jahrg.

Bd. 11.

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324 wurde das Gesetz in der Schlussabstimmung von beiden Bäten angenommen. Nachdem die Referendumsfrist unbenutzt abgelaufen war, hat der Bundesrat mit Beschluss vom 9. Oktober 1920 das Inkrafttreten des neuen Gesetzes auf den 1. August 1921 festgesetzt (Amtliche Gesetzsammlung XXXVI, 636 f.). Das Justiz- und Polizeidepartement hat dann in einem Schreiben an die Eegierung jedes einzelnen Kantons die Wirkungen hervorgehoben, die das Inkrafttreten des BG betreffend die öffentlich-rechtlichen Folgen der fruchtlosen Pfändung und des Konkurses auf das bisherige kantonale Becht äussert.

2. Bürgerliches und Militär-Strafgesetzbuch. Während des Berichtsjahres ist eine Betätigung der eidgenössischen Bäte auf diesen Bechtsgebieten nicht in die Erscheinung getreten.

8. Bundesgesetz b e t r e f f e n d die Lotterien und lotterieähnlichen U n t e r n e h m u n g e n . Die ständerätliche Kommission hat am 24. August 1920 ihre Abänderungsanträge zur Vorlage des Bundesrates vom 18. August 1918 festgesetellt.

4. Eidgenössische V e r w a l t u n g s - und Disziplinarger i c h t s b a r k e i t . Am 3. Juni 1920 unterbreitete das Departement dem Bundesrate seine Anträge zu einigen Fundamentalfragen: der Kompetenzumschreibung (Enumeration oder Generalklausel); der Behandlung der Buudesratsentscheide; der Zolltarifstreitigkeiten ; der Organisation des Verwaltungsgerichts; den Kompetenzen und der Organisation des Disziplinargerichts.

Nach schriftlicher Vernehmlassung der Departemente und mündlicher Beratung wurden die Departemente eingeladen, die Streitigkeiten aus ihrem Geschäftskreise zu bezeichnen, die sich bei Annahme des Enumerationsprinzips zur Entscheidung durch das Verwaltungsgericht eignen. In den Monaten November, Dezember und Januar 1921 sind diese Berichte eingegangen.

5. Nichtrevidierte Teile des schweizerischen Obligationenrechts. Ende April 1920 ist der von Prof. Eugen Huber in Bern ausgearbeitete, von einer kleinen Kommission von Sachverständigen durchberatene Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend Revision der Titel XXIV bis XXXIII des schweizerischen Obligationenrechts und ein dazu gehöriger Bericht in deutscher Sprache im Druck erschienen. Der Entwurf umfasst die Teile des Gesetzes, dio bei seiner Anpassung an das schweizerische Zivilgesetzbuch im Jahre 1911 von der Revision noch ausgeschlossen
wurden (Handelsgesellschaften und Wertpapiere). Im Laufe des Berichtsjahres wurden Entwurf und Bericht ins Französische und Italienische übersetzt.

Der vom 27. Juli 1914 datierte Entwurf des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements zu einer Botschaft betreffend den

325 Beitritt der Schweiz zu dem am 23. Juli 1912 im Haag abgeschlossenen Abkommen über die Vereinheitlichung des Wechselrechts ist in deutscher und französischer Sprache neu aufgelegt worden.

Diese Gesetzgebungsmaterialien sind den interessierten Kreisen zur Verfügung gestellt worden. Das Justiz- und Polizeidepartement ist bereit, kritische Äusserungen und Abänderungsvorschläge zu den beiden Entwürfen entgegenzunehmen.

6. Revision des Art. 684 des schweizerischen Obligationenrechts. 'Das Bundesgericht (BGE 45, II, 658) zieht aus Art. 684 den Schluss, es sei nicht nur ein absolutes Verbot, aus der Genossenschaft auszutreten, sondern auch jede erhebliche Erschwerung des Austrittes als ungültig zu betrachten, sofern sie nicht durch den Genossenschaftszweck geradezu vorausgesetzt werde oder nur in der Aufstellung einer angemessenen Kündigungsfrist bestehe.

Gegen diese Peststellung richtete sich eine vom 9. Februar 1920 datierte Eingabe des schweizerischen Bauernverbandes. Sie wies darauf hin, dass die Auslegung des Bundesgerichts die Interessen zahlreicher, namentlich landwirtschaftlicher Genossenschaften, für die ein längeres Verbleiben der Mitglieder in der Genossenschaft ein unabweisbares Bedürfnis bilde, aufs schwerste verletzt oder geschädigt habe, und stellte das Begehren, der Bundesrat möge sofort eine Revision des Art. 684 OR in die Wege leiten. Die Eingabe des Bauernverbandes wurde unterstützt durch die im Nationalrat am 26. Februar 1920 eingebrachte Motion Stähli: «Der Bundesrat wird eingeladen, beförderlichst Bericht und Antrag einzubringen über die Frage, ob nicht Art. 684 des OR in dem Sinne abzuändern sei, dass Absatz 2 aufgehoben und die Möglichkeit geboten wird, den Austritt aus einer Genossenschaft statutarisch oder vertraglich von Bedingungen abhängig zu machen oder zeitlich zu beschränken.» Auch wenn Art. 684 im Sinne der gestellten Begehren revisionsbedürftig wäre, ist die postulierte Änderung des geltenden Rechts nicht so dringend, dass damit nicht bis zu der bevorstehenden Revision des Genossenschaftsrechtes zugewartet werden könnte. Die Bestimmung durch ein Spezialgesetz zu modifizieren, liegt um so weniger Veranlassung vor, als die Frage des Austrittes der Genossenschafter aus der Genossenschaft in einem innern Zusammenhang zu der rechtlichen Gestaltung der Genossenschaft
überhaupt steht. Unter diesen Umständen können wir davon absehen, uns heute die Frage voran legen, ob Art. 684 OR nach dem Postulate des schweizerischfin Bauernverbandes abzuändern sei*).

*) Immerhin verweisen wir auf die den Revisionsbegehren sachlich entgegenkommenden Bestimmungen der Art. 805 und 806 des Entwurfs eines Kundesuesetzes betreffend Revision der Titel 24--33 des Obligationenrechts und auf die auf S. 151 f. des dazugehörigen Berichtes enthaltenen Ausführungen.

326 III. Not-Gesetzgebung. Die hierher gehörigen Erlasse sind im XIV. und XV. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die von ihm auf Grund der Bundesbeschlüsse vom 3. August 1914 und 3. April 1919 getroffenen Massnahmen und in den Beilagen zu diesen Berichten besprochen worden.

B. Anwendung der Bundesverfassung.

l. Gewährleistung von Kantonsverfassungen (Art. 6 BV). In folgenden Fällen ist die Gewährleistung von kantonalen Verfassungsrevisionen von der Bundesversammlung ausgesprochen oder bei ihr beantragt worden: 1. Genf hat in der Volksabstimmung vom 11./12. Oktober 1919 die vom 13. September 1919 datierten Verfassungsgesetze über die Volkswahl der Abgeordneten in den Ständerat und die Gesamterneuerung des Grossen Bates im Jahre 1919 angenommen (Botschaft des Bundesrates vom 15. November 1919, Bundesbl. 1919, V, 391 ; Gewährleistung vom 6. Februar 1920, Gesetzsammlung XXXVI, 130).

2. S c h a f f h a u s e n hat in der Volksabstimmung vom 14. Dezember 1919 Art. 66, Ziffer 12, der Kantonsverfassung (Wechsel der Kekursinstanz für Steuerrekurse) abgeändert (Botschaft des Bundesrates vom 9. Januar 1920, Bundesbl. 1920, I, 11; Gewährleistung vorn 12. Februar 1920, Gesetzsammlung XXXVI, 129).

3. Aargau hat in der Volksabstimmung vom 21. Dezember 1919 den Art. 65 der Kantonsverfassung (Leistungen des Staates für das Volksschulwesen) abgeändert (Botschaft des Bundesrates vom 9. Februar 1920, Bundesbl. 1920, I, 223; Gewährleistung vom 3. März 1920, Gesetzsammlung XXXVI, 168).

4. Zürich hat in der Volksabstimmung vom 8. Februar 1920 Art. 31, Ziffer 5, der Kantonsverfassung (Ausgabenkompetenz des Kantonsrates) abgeändert (Botschaft des Bundesrates vom 12. März 1920, Bundesbl. 1920, I, 489; Gewährleistung vom 30. April 1920, Gesetzsammlung XXXVI, 279).

5. S c h a f f h a u s e n hat in der Volksabstimmung vom 21. März 1920 die Art. 3 und 92 der Kantonsverfassung (Stimmrecht der Aufenthalter) abgeändert (Botschaft des Bundesrates vom 7. Juni 1920, Bundesbl. 1920, III, 486: Gewährleistung vom 8. Oktober 1920, Gesetzsammlung XXXVI, 709).

6. Uri : Von der Landesgemeinde ist am 2. Mai 1920 die Abänderung des Art. 28 der Kantonsverfassung (Eingabetermin füi Volksbegehren) beschlossen worden (Botschaft des Bundesrates vom

327 7. Juni 1920, Bundesbl. Ili, 484; Gewährleistung vom 26. Juni 1920, Gesetzsammlung XXXVI, 380).

7. Glarus : Von der Landsgemeinde ist am 2. Mai 1920 die Abänderung der Art. 59 (Erhöhung der Appellationssumme) und 88 (Erhöhung des Maximalansatzes der Armensteuer) der Kantonsverfassung beschlossen worden (Botschaft des Bundesrates vom 2. Juli 1920, Bundesbl. III, 813; Gewährleistung vom 9. Oktober 1920, Gesetzsammlung XXXVI, 708).

8. Aargau hat in der Volksabstimmung vom 5. September 1920 das Initiativbegehren betreffend die Abänderung von Art. 28, Abs. l und 2, der Kantonsverfassung (Einführung der Verhältniswahl iür den Grossen Bat) angenommen (Botschaft des Bundesrates vom 9. Oktober 1920, Bundesbl. IV, 408; die Gewährleistung steht noch aus).

9. Tessin hat in der Volksabstimmung vom 14. November 1920 den Gegenvorschlag des Grossen Bates zum Initiativbegehren betreffend die neuen Verfassungsbestimmungen über die Wahl der politischen Behörden (Decreto legislativo di riforma parziale della costituzione circa le elezioni politiche, vom 4. Oktober 1920) angenommen (Botschaft des Bundesrates vom 31. Dezember 1920, Bundesbl. 1921, I, 1; die Gewährleistung steht noch aus).

II. Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 49 BV). Im Berichtsjahre hatte sich da« Departement von Amtes wegen mit einem Falle sia befassen, in dem eine Schulbehörde die Befreiung von der Teilnahme am Beligionsunterricht an die Bedingung geknüpf t-hatte, dass der Vater des Kindes sich religionslos erkläre. Diese Zumutung verstösst gegen Art. 49, Abs. 2 und 3, der Bundesverfassung, wonach lediglich eine Erklärung, dass das Kind den Beligionsunterricht nicht besuchen werde, verlangt werden darf.

IM. Begräbniswesen (Art. 53, Abs. 2, BV). Dem Departement ist im Berichtsjahre eine Eingabe zugegangen, worin darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ein Selbstmörder nach 9 Uhr abends beerdigt worden sei. Diese tatsächlichen Anbringen haben sich als richtig erwiesen ; damit stand fest, dass die Beerdigung eine unschickliche war. Der Bundesrat lud in der Folge die Kantonsregierung ein.

dafür zu sorgen, dass künftighin Art. 53, Abs. 2, BV beobachtet werde.

C. Anwendung von Gesetzen und Verordnungen.

I. Genehmigung von Erlassen zum Bundesgesetz Ober Schuldbetreibung und Konkurs (Art. 29 SchKG). Im Oktober des Berichtsjahres reichte der Kanton Tessin den Entwurf eines Dekrets betreffend Abänderung des Einführungsgesetzes vom 8. März 1911 zum

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Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz samt Botschaftsentwurf dem Departement zur vorläufigen Prüfung ein. Zweck der Eevision war, die Aufsicht über die Anwendung des Gebührentarifs durch die Betreibungs- und Konkursämter von der allgemeinen, durch die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Appellationsgerichtes ausgeübten Aufsicht zu trennen und dem kantonalen Justizdepartement zu übertragen. In Übereinstimmung mit der Sehuldbetreibungsund Konkurskammer des Bundesgerichtes war das Departement der Auffassung, dass die Teilung der Aufsichtskompetenzen unter zwei verschiedene Behörden mit Art. 18 SchKG nicht verträglich sei. Die nach Art. 29 des Bundesgesetzes erforderliche Genehmigung könnte daher dem Bundesrat nicht beantragt werden.

II. Rechtsstillstand. Von den Eegierungen der Kantone Bern, Solothurn, Thurgau und Luzern wurde wiederholt für einzelne Gebiete, die von der Maul- und Klauenseuche besonders stark heimgesucht wurden, auf Grund von Art. 62 des B G betreffend Schuldbetreibung und Konkurs die Zustimmung des Bundesrates zur Gewährung des Eechtsstillstandes nachgesucht.

Der Bundesrat hat schon wiederholt beim Auftreten der Maulund Klauenseuche Eeehtsstillstand bewilligt (vgl. Bundesbl. 1899, I, 359; 1901, II, 10). Er hielt die Anwendung des Art. 62 SchKG deshalb für begründet, weil die Seuche durch die Heftigkeit ihres Auftretens und die zu ihrer Bekämpfung angeordneten Massnahmen die Bevölkerung in eine Notlage versetzte, die sie an der normalen Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten hinderte.

Die Gewährung von Eechtsstillstand während der Seuchenepidemie des Jahres 1920 rechtfertigt sich jedoch nicht so sehr durch die ökonomische Notlage der Bevölkerung in den verseuchten Gebieten, als durch die faktische Unmöglichkeit der Vollziehung von Betreibungshandlungen gegenüber den von der Verkehrssperre betroffenen Personen. Um der weiteren Ausbreitung der Seuche entgegenzutreten, sind die schärfsten Massregeln getroffen worden; insbesondere ist in einzelnen Gemeinden der freie Verkehr der Personen in erheblichem Umfange oder sogar gänzlich stillgelegt oder an besondere behördliche Bewilligungen geknüpft worden. Wo solche Sperrmassnahmen bestanden, konnten auch die Organe des Betreibungswesens ihre amtlichen Verrichtungen nicht vornehmen. Von einer Notlage, die eine besondere Schonung rechtfertigte,
kann somit wohl gesprochen werden.

Gestützt auf diese Erwägungen hat der Bundesrat wiederholt für einzelne Gebiete der Kantone Bern, Solothurn, Thurgau und Luzern Eechtsstillstand gewährt.

329

Die Eegierungen der Kantone Bern und Luzern stellten an den Bundesrat das Gesuch, er wolle sie ermächtigen, für die von der Seuche betroffenen Gebiete ihres Kantons von Fall zu Fall Rechtsstillstand zu gewähren. Es handelte sich hier nicht um eine Zustimmung zu einem individuell bestimmten Rechtsstillstand, sondern um eine im voraus zu erteilende Ermächtigung zur Anordnung örtlich und zeitlich begrenzter Rechtsstillstände nach Massgabe der Notwendigkeit. Es mag Bedenken erwecken, durch eine so allgemein lautende Zustimmung die Gewährung von Rechtsstillständen in einem nicht zum voraus bestimmbaren Umfang zu ermöglichen. Dies lässt sich aber mit Rücksicht auf die Besonderheit des Grundes, aus dem die Massnahme verlangt wurde, rechtfertigen. Bei der beständig sich ändernden Verbreitung der Seuche erschien dieses Vorgehen als zweckmässig und unter der Voraussetzung, dass die Kantonsregierungen nur im Rahmen der Notwendigkeit Gebrauch machen, nicht bedenklich. Die Wirksamkeit einer solchen zum voraus erteilten Ermächtigung wurde unserseits zeitlich begrenzt. Die Kantonsregierungen, die gestützt auf eine solche Ermächtigung Rechtsstillstand bewilligtens hatten dem Departemente ihre Beschlüsse jeweilen mitzuteilen.

III. Genehmigung von Erlassen zum schweizerischen Zivilgesetzbuch (Art. 40, Abs. 2, ZGB und Art. 52 SchT z. ZGB). Folgende kantonale Erlasse sind vom Bundesrat im Berichtsjahre genehmigt worden: 1. Zürich. Abänderung des Gebührentarifs der kantonalen Verordnung über das Zivilstandswesen, vom 21. September 1911; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 9. Januar 1920.

2. Zürich. Abänderung der Verordnung des nürcherischen Obergerichts über die Geschäfte der Notariate und Grandbuchämter, vom 18. November 1911; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 16. Dezember 1920.

3. Bern. Abänderung des Dekretes betreffend das Zivilstandswesen, vom 28. November 1911; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 18. Mai 1920.

4. Uri. Abänderung des § 10 der Vollziehungsverordnung über das Zivilstandswesen, vom 30. Oktober 1913 (Gebührentarif); Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 13. April 1920 unter Vorbehalt einer verbesserten Wortfassung.

5. Glarus. Am 2. Mai 1920 von der Landsgemeinde beschlossene Abänderung des § 92 des Einführungsgesetzes zum ZGB (Gebührenerhöhung der Waisenämter) ; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 2. Juli 1920.

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6. Baselland. Vom Landrat am 28. Juni 1920 gefasster Beschluss betreffend Neuordnung des Gebührentarifs in der Verordnung über das Zivilstandswesen vom 13. November 1911 ; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 17. Juli 1920.

7. Schaff hausen. Verordnung betreffend die Aufsicht über die Stiftungen, vom 17. November 1919; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 19. Februar 1920.

8. Appenzell A.-Eh. Eegulativ betreffend die Einführung des Grundbuches in den Gemeinden des Kantons Appenzell A.-Eh., vom 26. April 1920; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 4. Mai 1920.

9. St. Gallen. Gesetz über den Zinsfuss für Grundpfandschulden, vom 26. März 1920; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 23. April 1920 unter Vorbehalt der Annahme des Gesetzes durch das Volk.

10. St. Gallen. Verordnung betreffend die Gebühren und Taggelder bei Grundpfandschätzungen, vom 23. Juli 1920; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 5. August 1920.

11. Thurgau. Verordnung über die grundbuchliche Behandlung der Korporationsteilrechte, vom 22. Dezember 1919; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 16. Januar 1920.

12. Waadt. Gebührentarif für Grundbuchsachen; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 3. August 1920.

13. Wallis. Verordnung über die Führung des kantonalen Grundbuches, vom 17. April 1920; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 4. Mai 1920.

o 14. Neuenburg. Gesetz vom 17. November 1919 betreffend die Abänderung des Art. 74 des Einführungsgesetzes zum ZGB vom 22. März 1910 (Bodenverbesserungen); Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 30. Januar 1920.

15. Neuenburg. Gesetz vom 4. Mai 1920 betreffend die Abänderung des Art. 97 des Einführungsgesetzes zum ZGB vom 22. März 1910 (Zinsfuss für Grundpfandschulden); Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 20. Juli 1920.

16. Neuenburg. Beschluss des Staatsrates des Kantons Neuenburg vom 26. Oktober 1920 betreffend Abänderung der Art. 26, 38 und 41 des Eeglementes über den Zivilstandsdienst, vom 18. Februar 1913; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 29. Oktober 1920.

17. Neuenburg. Beschluss des Staatsrates des Kantons Neuenburg vom 10. Dezember 1920 betreffend die Ergänzung des

Handelsregister-Eintragungen im Jahre 1920.

Beilage A. -- Annexe A.

Inscriptions au registre du commerce en 1920.

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386 451 452 389 410 465

46 31 25

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-AJunerkurtg- : Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf die bei den gebührenfreien Löschungen inbegriffeneii Konkurse.

6 (29) 51 (6)10 (62) (45) (37) (25) (29) 5 (30)

3

73 Ì2)16 (2)4 59 20)25 1 59 10)13 (1)3 i 39 (12)14 (4)4 45 18)20 (1)3 51 (5) 7 (1)1

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104 (2)12

239 142 146 71 88 97 76 128 95 87 81

92

346 (1)12 38 87 2 121 8 32 40 --.

110 19 294 49 -- 50 (1)18 332 126 --

40

510

266

466 630 508 449 419 487 440 395 377 335

333 340 203 177 170 264 224 225 215 201

4

71 125 130

77 101 149

129 195

232 279

43 45 71 36 21 23 26

13 24 (1) 7 (3)19 (1)15 (1)19 (2)17

3

39 169

275 272 345 342 385 411 399

20 19 26 19 -- -- --

81

30

803 631

1

-- -- -- -- -- -- --

137

56

116 102 g 503 210 541 258 227 839 162 353 1100

46 52

7

239

83 238 93 71 478

34 95 523

8 »771 4052

32

201 199 8 54 9 4

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6 5 5 47 5 -- .-- 1 -- 1

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17 3 27 9 9 2 9 32

669 133 2

15 49 45 110 63 33 107 7

112 119

1 10 5 6 11 --

8 -- --1

34

8 13 10

3

152 100 13 1

Eintragungen

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1

UebUhrenfrele Lb'schnngen Radiations gratuites

Vereine Associations

ÌChrfs i'ir.

Sociétés en nom collectif et en commandite

Raisons individuelles

Aktiengesellschaften, Kommandit-Aktiengesellschaften und Genossenschaften Sociétés par actions, sociétés en commandite par actions et sociétés coopératives

ItaclDdenil

Kollektiv- und KommanditGesellschaften

Einzelfirmen

2

62 38 17

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1 --

-- --

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1 --

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1

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23 13 5

7 14

17 1 5

21 18 254

261 120 (1)23 177 71 (1)16 136 45 45 198 47 (3)79 95 40 (2)45 130 52 (6)48 212 69 (4)47 184 (4)58 57 148 55 (1)41 72 173 64 156 57 (4)43

197 172 123 119 86 79 69 92 78 05 73

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4 5 6 14 9 S 7

7 5 2 4 6

48

6,953 4,931 1,228 40 571 121 150 286 233 504 787 1,911 389 305 587 44 1,842 77» 1,449 940 1.031 3,351 360 1,549 3,433

67,501 42,048 13,328 381 4,348 1,099 1,130 3,969 2,377 4,358 8,528

45

52 Zurich 93 Berne 95 Lucerne Uri

60 Schwyz -- Unterwald-le-Haut 25 Unterwald-le-Bas 13 Glaris 50 20

19,787 45

2,914 95 4,446 85 4,192 50

283 50 15,187 95

6,278 45 15,154 49 9,435 70 11,720 95

28,812 83 3,835 -- 15,878 35 35,934 95

Zoug Fribourg Soleure Bàie-ville Bàie-campagne Schaffhouse Appenzell Rh.-ext.

Appenzell Rh.-int.

St-Gall Grisons Argovie Thurgovie Tessin Vaud Valais Neuchâtel Genève

7 (383) 33,765 322,935 -- Total 1920 6 2 11 22 12 .28 14 9 6 13 45

(299) 33,482 (216) 24,350 (257) 18,665 (328) 18,085 (562) 13,780 (483) 14,183 (556) 17,891 (487) 17,640 (446) 16,840 (396) 16,571 (431) 16,136

309,081 235,682 25,097 21,461 15,957 17,425 22,217 23,148 21,724 20,797 19,434

1919 1918 80 1917 70 1916 30 1915 90 1914 60 1913 40 1912 90 1911 1910 -- 40 1909 25 17

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1

Remarque: Les chiffres entre parenthèses se rapportent nux faillites comprises dans les radiations non taxées.

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Beilage B. -- Annexe B.

Bestand der im Handelsregister eingetragenen Einzelfirmen, Handelsgesellschaften, Vereine, Stiftungen nnd nicht handeltreibenden Personen auf 81. Dezember 1919 und 1920.

Etat des raisons individuelles, sociétés commerciales, associations, fondations et non-commerçants inscrits au registre du commerce à la date du 31 décembre 1919 et 1920.

Einzelfirmen

Kantone

Baisons individuelles 1919

Zürich Bern Luzern uri Sohwyz Obwalden Nidwaiden Glarus Zug Freiburg Solothurn Baselstadt Baselland Schaffhausen Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh.

St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin Waadt . . .

Wallis . . .

Neuenburg Genf

5,320 6,162 1,550 199 648 159 175 385 255 1,884 947 1,646 246 501 848 121 2,961 1,391 1,568 1,624 2,541 . . . 5,443 369 1,575 2,693

1920

5,596 6,298 1,609 197 724 183 198 365 252 1,930 943 1,617 241 488 946 121 2,864 1,401 1,554 1,662 2,520 5,551 373 1,876 2,637

Aktiengesellschaften, KomKollektivBesonderes und Kommandit- mandit-Aktiengesellschaften Zweigund Genossenschaften Stiftungen Register Vereine Gesellschaften niederlassungen Sociétés anonymes, Sociétés en nom sociétésen commandite par Associations Fondations Succursales Registre collectif et spécial actions et sociétés en commandite coopératives 1919 1920 1919 1920 1919 1920 1919 1920 1919 1920 1919 1920 1,694 1,732 66 112 281 296 159 156 46 45 2,293 2,442 1,491 1,576 599 588 59 85 226 233 147 145 2 977 2 961 352 366 171 170 3 11 25 23 685 679 72 100 48 45 36 36 6 6 ·10 9 105 114 -- 2 154 165 21 20 5 6 37 .33 43 42 4 6 2 2 10 10 -i 45 46 50 50 6 6 97 100 5 9 171 189 10 11 10 10 .

5 59 56 2 2 119 122 3 4 30 30 19 19 171 188 2 3 726 741 216 221 50 47 245 255 32 43 49 49 605 625 154 150 43 43 567 584 117 123 64 88 144 152 370 417 106 112 77 72 1 3 18 17 1 1 268 280 87 94 8 10 153 158 40 38 16 19 -- 1 95 100 10 7 14 15 132 143 15 13 29 29 5 5 2 2 1 1 783 781 111 102 11 21 187 188 998 1 022 408 406 4 5 100 100 2 2 77 74 428 437 404 416 13 22 863 888 92 76 69 76 1 1 237 259 3 9 82 83 1 1 508 520 26 25 571 604 16 17 77 80 27 27 382 362 60 62 1 034 1 061 2 374 2 392 38 39 219 222 10 10 550 557 129 135 325 332 2 2 22 25 88 96 1 1 604 611 31 36 123 123 743 765 177 177 43 44 785 784 2,981 3,045 526 515 26 29 114 128 2 3

Zusammen 31. Dez. 1919/20 41,211 42,146 10,169 10,471 18,413 Zusammen

31. Dez. 1883

24,023

3,666

18,842

1,497

3,3423,299 134

384

552 1,8881,982 368

Zusammen Total 1919

9,859 11,661 2,858 299 933 255 277 678 468 3,068 2,075 2,908 717 805 1,099 173 5 051 2,410 3,010 2,481 3,674 9,668 936 3.296 7,127

Cantons

1920

10,379 11,886 2,958 293 1 031 276 300 684 471 3,149 2,108 2,981 726 807 1,212 171 4,978 2,425 3,033 2,559 3,672 9,832 964 3,632 7,141

Zurich Berne Lucerne Uri Schwyz Unterwald-le-haut Unterwald-le-bas Glaris Zoug Fribourg Ooleure Baie-ville Baie-campagne Schaffhouse Appenzell Rh.-ext.

Appenzell Rh.-int.

St-Gall Grisons Argo vie Thurgovie Tessin Vaud Valais Neuchâtel Genève

379 376 75,786 77,668 Totalau31déc.l919/20

2,052

31,740

Total au 31 déc. 1883

331

Réglementes über das Grundbuch, vom 25. September 1911; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 21. Dezember 1920.

18. Genf. Gesetz betreffend die Erhaltung von Naturdenkmälern und die Sicherung der Landschaften und Aussichtspunkte, vom 19. Juni 1920; Genehmigungsbeschluss des Bundesrates vom 31. Dezember 1920.

IV. Handelsregister. Über die Tätigkeit der Bundesverwaltungsbehörden bei Anwendung der Gesetzgebung über das Handelsregister ist folgendes zu berichten: 1. Im Jahre 1920 haben sich die Eintragungen in das Handelsregister nur wenig vermehrt. Von 33,482 im Jahre 1919 sind sie um 283 auf 33,765 gestiegen. Darauf entfallen 83 Zwangseintragungen (1919: 35), von welchen 28 durch die Registerführer (1919: 17), 38 durch die kantonalen Aufsichtsbehörden (1919: 12) und 17 durch die Bundesbehörden verfügt wurden (1919: 6). Wegen Konkurses wurden 378 Firmen gelöscht (1919: 299).

Am 81. Dezember 1920 waren im Handelsregister eingetragen 42,146 Einzelfirmen (1919:'41,211), 10,471 Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (1919: 10,169), 18,842 Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Genossenschaften (1919:18,413), 3299 Vereine (1919: 3342), 552 Stiftungen (1919: 384), 1982 Zweigniederlassungen (1.919: 1888), und im besondern Register (B) 376 nicht eintragspflichtige Personen (1919: 379); zusammen 77,668 (1919: 75,786; 1883: 31,740).

Die Verteilung dieser Ziffern auf die einzelnen Kategorien und Kantone ergibt sich aus den beigefügten zwei Tabellen A und B.

2. Die bezogenen Gebühren haben sich gegenüber 1919 ebenfalls gesteigert. Von Fr. 618,161.45 erhöhten sie sich um Fr. 27,741.02 auf Fr. 645,902. 47. Die hievon der Eidgenossenschaft zufallende Hälfte (Fr. 322,951. 45) stellt sich unter Abzug von einigen Beträgen, die pro 1919 zuviel bezahlt wurden,, auf Fr.'322,935. -- (1919: Fr. 309,081.25). Als Vergütung für die Veröffentlichungen aus dem Güterrechtsregister kommen noch hinzu Fr. 668.-- (1919: Fr. 468. --).

3. Gesuche um Bewilligung des Gebrauchs nationaler, territorialer und regionaler Bezeichnungen (Art. 5 der revidierten Verordnung II über das Handelsregister, vom 16. Dezember 1918) und von Firmen, die mit Rücksicht auf Art. l der zitierten Verordnung der Prüfung auf ihre Zulässigkeit bedurften, wurden im ganzen 185 eingereicht (1919: 314). Dazu waren 11 Pendenzen von 1919 zu
erledigen. In 113 von diesen 196 Fällen konnte dem Gesuche entsprochen werden; 50 Gesuche wurden abgewiesen und 26 fallen gelassen. Die übrigen 7 Gesuche sind noch pendent.

332

4. Eekurse wurden im ganzen 40 neu eingereicht (1919: 89); aus dem Vorjahr waren deren noch 21 hängig. Von diesen 61 Geschäften (1919: 49) konnten 50 erledigt werden (1919: 28), wobei in zwei Fällen der Entscheid durch den Bundesrat getroffen wurde (1919 in 8 Fällen); die übrigen 11 mussten auf das Jahr 1921 übertragen werden.

Aus den getroffenen Entscheiden ist hervorzuheben: a. Der Begriff des Gewerbes im Sinne von Art. 61, Abs. 2, ZGB setzt, soweit die rechtlichen Beziehungen des Gewerbetreibenden in Frage kommen, eine vorwiegend privatrechtliche und, soweit seine wirtschaftlichen Funktionen in Betracht fallen, eine prävalierend privatwirtschaftliche Tätigkeit voraus. Bewegt sich dagegen die Vereinstätigkeit in der Hauptsache auf dem Boden des öffentlichen Eechtes, so liegt ein Gewerbe nach Art. 61, Abs. 2, ZGB nicht vor, und es besteht daher auch keine Eintragspflicht (Entscheid des Justizund Polizeidepartements vom 14. September 1920 in Sachen Bezirksspital Fraubrunnen).

b. Eine Aktiengesellschaft, welche als Nachfolgerin einer Personenfirma die bisherige Firma mit dem Zusatz «vormals» in ihre Firma aufnehmen will, ist an die Vorschriften des Art. 10, Abs. 3, der revidierton Verordnung II betreffend das Handelsregister gebunden. Ihre Firma muss also die ausgeschriebene Bezeichnung «Aktiengesellschaft» enthalten (Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 15. November 1920 in Sachen «Papyrus Aktiengesellschaft vormals Samuel Fischer»).

5. Durch einen Spezialfall war das Departement veranlagst, dem Amt für das Handelsregister am 25. Januar 1920 folgende Weisung zu erteilen: Wie die physischen, so können auch die juristischen Personen nur einen Sitz haben. Besitzen sie neben der Hauptniederlassung noch andere geschäftliche Niederlassungen, so dürfen diese nur als Zweigniederlassungen ins Handelsregister eingetragen werden. Die Eintragung von Gesellschaften mit mehrfachem Sitz ist künftig zu verweigern.

V. Zivilstandsdienst. Über die Tätigkeit der Bundesverwaltungsbehörden bei Anwendung der Gesetzgebung über Zivilstand und Ehe ist folgendes zu berichten: 1. Kreissehreiben wurden erlassen: vom Bundesrate: am 18. Januar betreffend Verehelichung von Angehörigen der Tschechoslowakischen Eepublik (Bundesbl. 1920, I, 80); am 24. August betreffend Gebühren bei selbständiger Eheverkündung (Bundesbl. 1920, IV, 188) ;

333

aia 12. November betreffend den Verkündakt (Bundesbl. 1920, IV, 700); am 28. Dezember betreffend Ehescheidung Angehöriger der Tschechoslowakischen Eepublik (Bundesbl. 1921, I, 10).

vom Departemente : am 21. Juli betreffend die wichtigeren Entscheide und Verfügungen des Departementes im Jahre 1919 auf dem Gebiete des Zivilstandswesens (Bundesbl. 1920, IV, 64); am 24. August betreffend Gebühr für Ausstellung von Ehefähigkeitszeugnissen Angehöriger der Tschechoslowakischen Bepublik (Bundesbl. 1920, IV, 191).

2. Ä n d e r u n g e n der Zivilstandskreise sind uns im Berichtsjahre folgende mitgeteilt worden: Infolge Vereinigung der Gemeinde Bümpliz mit der Stadtgemeinde Bern ist der Zivilstandskreis Bümpliz zum Teil aufgehoben und mit demjenigen von Bern verschmolzen worden.

Desgleichen die Zivilstandskreise Madretsch und Mett, die mit Biel vereinigt worden sind. Der Zivilstandskreis Biel umfasst nunmehr ansser der Stadt Biel auch die frühern Gemeinden Leubringen (Evilard), Madretsch und Mett.

Der Zivilstandskreis Les Breuleux umfasst die Gemeinden Les Breuleux, Là Chaux-sur-Breuleux und die Sektionen der Gemeinde Muriaux: Cerneux-Veusil und Le Koselet.

Der Zivilstandskreis Saignelégier umfasst die Gemeinden Bémont, Saignelégier, Muriaux (ohne die Sektionen Cerneux-Veusil und Le Koselet).

Die Gemeinde Wyssachen (früher Wyssachengraben) ist vom Zivilstandskreis Eriswil abgelöst und zu einem eigenen Zivilstandskreise «Wyssachen» erhoben worden.

Die Gemeinde Le Pâquier (Kanton Freiburg) ist vom Zivilstandskreise Gruyères (Greyerz) abgelöst und zu einem eigenen Zivilstandskreise erhoben worden.

Der Sitz des Zivilstandskreises «Vufflens-le- Château» ist von Monnaz nach Vufflens-le-Chateau verlegt worden.

3. Eidgenössische Inspektionen. Im Jahre 1920 wurden einige Zivilstandsämter des Kantons St. Gallen, das dortige kantonale Zivilstandsarchiv und das Zivilstandsamt Basel-Stadt inspiziert.

Anlass zu besondern Aussetzungen war nicht vorhanden.

4. Kantonale Inspektionen. Im Berichtsjahre sind uns Eapporte über die kantonalen Inspektionen der Zivilstandsämter ans 22 Kantonen zugestellt worden. In zwei Kantonen sind, wegen

334

Überlastung der mit der Inspektion betrauten Beamten, im Jahre 1919 nur einige wenige Kreise inspiziert worden. Die Unterlassung soll im Jahre 1920 nachgeholt werden, worüber im nächsten Geschäftsbericht Auskunft erteilt werden wird.

Nach den kantonalen Berichten war der Gang des Zivilstandsdienstes im Jahre 1920 normal. Verstösse gegen die formellen Vorschriften finden zwar überall noch statt, wie dies bei der grossen Zahl kleiner und kleinster Zivilstandskreise, deren Beamte wenig Praxis besitzen, nicht anders zu erwarten ist. Doch darf festgestellt werden, dass die Verstösse von Jahr zu Jahr nicht nur an Zahl, sondern auch an Bedeutung abnehmen.

Aufgefallen ist, dass immer noch Trauungen minderjähriger Personen gemeldet werden, die nicht im Besitze der gesetzlich geforderten Einwilligungen waren.

5. Geschäftsstatistik. Die Zahl der vorn Amte für den Zivilstandsdienst im Jahre 1920 behandelten Geschäfte beträgt 2160.

Der Zivilstandsaktenaustausch zwischen der Schweiz und dem Auslande umfasste im Berichtsjahre: Nach dem Ausland gesandte Akten 19,226 darunter 726 Legitimationen.

Vom Auslande eingegangene Akten 2,695 Zusammen 21,921 Davon wurden beanstandet Unerledigt vom Vorjahr Zusammen

29 9 38

Erledigt wurden 18 so dass am 1. Januar 1921 noch 20 hängig waren.

Dem Auslande wurden zur Anmerkung in seine Eegister ausserdem 68 Akten (Ehescheidangsurteile, Legitimationen etc.) mitgeteilt.

Aus dem Auslande langten zur Anmerkung in schweizerische Zivilstandsregister 33 Akten ein. Die Beschaffung von Zivilstandsakten wurde von ausländischen Behörden bei der Schweiz in 282 Fällen und von den schweizerischen Behörden beim Auslande in 118 Fällen nachgesucht. Für Schweizerbürger im Auslande wurden 1121 Heimatscheine und 244 Ehefähigkeitszeugnisse beschafft. Es wurden 280 Übersetzungen von Zivilstandsakten erstellt.

Die Zunahme des aus der Beschaffung von kostenpflichtigen Zivilstandsakten und Heimatscheinen für im Auslande wohnhafte

335 Schweizerbürger resultierenden Geldverkehrs machte eine eigentliche zur Eegelung des letztern bestimmte Bechmmgsführung auf dem Amte notwendig. Diese umfasste im Berichtsjahre 1323 Geldgeschäfte.

Das eidgenössische Zivilstandsamt hat im Berichtsjahre 38 Todesfälle von Personen beurkundet, die zum grössten Teil als aktive Militärpersonen noch in Spitälern untergebracht waren; diese Eintragungen haben 110 Mitteilungen veranlasst. An Hinterlassene wurden ungefähr 100 kostenfreie Todesscheine abgegeben.

VI. Güterrechtsregister. Über das Güterrechtsregister ist folgendes mitzuteilen: 1. Mit Kreisschreiben vom 27. Dezember 1920 hat das Departement die kantonalen Aufsichtsbehörden über das Güterrechtsregister eingeladen, über ihre Geschäftsführung sowie über diejenige der ihnen unterstellten Güterrechtsregisterämter für das Jahr 1920 Bericht zu erstatten. Zugleich wurden sie ersucht, nach einem vom Departement aufgestellten Formular statistische Erhebungen über die Eintragungen im Güterrechtsregister vorzunehmen.

Zurzeit lässt sich ein Bild über die Gestaltung der güterrechtlichen Verhältnisse der in der Schweiz domizilierten Ehegatten nicht gewinnen, obschon diese Frage vom gesetzgebungspolitischen Standpunkte aus Interesse bietet. Die Statistik soll darüber Aufschluss erteilen, in welchem Umfange noch Unterstellungen unter das alte Recht bestehen und welche Güterstände an Stelle der Güterverbindung kraft Ehevertrages gewählt und eingetragen worden sind; ebenso auch über die durch richterliche Verfügung oder von Gesetzes wegen eingetretenen Änderungen des Güterstandes und die Verträge unter Ehegatten nach Art. 177 ZGB. Mit Rücksicht darauf, dass die erstmalige Bestandesaufnahme einzelnen Ämtern grössere Arbeit verursachen wird, wurde für die Einsendung der Zusammenstellung über die erfolgten Erhebungen eine Frist bis zum 1. Juni 1921 gewährt.

2. Aus der Rekurspraxis haben wir zu erwähnen: Eine Ehefrau hatte durch Ehevertrag ihrem Ehemann ihre sämtlichen Liegenschaften abgetreten. Der Vertrag wurde von der Vormundschaftsbehörde genehmigt (Art. 177 ZGB) und hernach im Güterrechtsregister und im Grundbuch eingetragen. Ein halbes Jahr später hob die vormundschaftliche Aufsichtsbehörde die Genehmigung von Amtes wegen auf, woraufhin der Güterrechtsregisterführer den Parteien mitteilte, dass er den
Güterrechtsregistereintrag löschen werde.

Eine dagegen gerichtete Beschwerde hat der Bundesrat gutgeheissen, weil der bereits erfolgte und für den Eigentumserwerb konstitutive Grundbucheintrag nur durch den Richter im Verfahren nach Art. 975

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ZGB gelöscht werden kann und durch die Löschung des Güterrechts registereinträges allein der Grundsatz der Übereinstimmung von Grundbuch und Güterrechtsregister verletzt, würde.

VII. Viehverpfändung. Nachträge zum Verzeichnis der Geldinstitute und Genossenschaften, die gemäss Art. 885 ZGB und der revidierten Verordnung betreffend die Viehverpfändung vom 80. Oktober 1917 (A. S., Bd. XXXIII, 913 ff.) befugt sind, im ganzen Gebiet der Eidgenossenschaft als Pfandgläubiger Viehverschreibungsverträge abzuschliessen (Bundesbl. 1918, III, 494 ff.), wurden publiziert am 26. Januar 1920 (Bundesbl. I, 162), 16. März 1920 (Bundesbl. I, 548), 16. April 1920 (Bundesbl. II, 270), 6. Mai 1920 (Bundesbl. II, 590), 10. November 1920 (Bundesbl. IV, 706).

Mit Kreisschreiben vom 16. November 1920 wurden die kantonalen Aufsichtsbehörden über die Viehverschreibungsämter gestützt auf Art. 4 der Verordnung betreffend die Viehverpfändun^ vom 80. Oktober 1917 ersucht, dem Departemente bis zum 20. Januar 1921 über ihre eigene Geschäftsführung und die jenige der ihrer Aufsicht unterstellten Verschreibungsämter im Jahre 1920 Bericht zu erstatten und gleichzeitig eine Zusammenstellung über die im ganzen Kanton erfolgten Viehverschreibungen einzusenden.

Diese Zusammenstellung, die nach einem vom Departement aufgestellten Formular zu erfolgen hatte, wurde von einigen Aufsichtsbehörden nicht richtig gemacht. Wir sahen uns genötigt, die Erhebungsformulare richtigstellen zu lassen, und sind daher nicht in der Lage, über die Zahl der am 1. Januar 1921 bestehenden Verschreibungen und die Summe der Pfandschulden Aufschluss geben zu können.

VIII. Geistiges Eigentum. Die Entscheide des Departements und des Bundesrates über Beschwerden, die sich gegen Verfügungen des Amtes für geistiges Eigentum richten, werden von der Justizabteilung vorbereitet. Darüber wird in anderem Zusammenhang (vgl. den Geschäftsbericht des Amtes hiernach) berichtet.

IX. Anwendung anderer Bundesgesetze. Auf diesem Bechtsgebiet ist aus der Tätigkeit der Justizabteilung während des Berichtsjahres folgendes zu erwähnen: 1. Im Eekursfall Molinari und Konsorten gegen das tessinische Kriegsgewinnsteuergesetz vom 22. Januar 1919 hatte der Bundesrat (Art. 189, Abs. 2, OG) zu entscheiden, ob der BEB betreffend die eidgenössische Kriegsgewinnsteuer, vom 18. September 1916,
implicite den Grundsatz enthalte, dass neben der eidgenössischen Kriegsgewinnsteuer eine gleichartige kantonale Steuer nicht erhoben werden dürfe. Der Bundesvat hat in seinem Entscheid vorn

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17. September 1920 diese Frage aus folgenden Gründen verneint.

Bis jetzt hat sich die Praxis an den Grundsatz gehalten, dass das Gebiet der direkten Steuern ganz den Kantonen überlassen bleibe.

Die eidgenössische Kriegssteuer und Kriegsgewinnsteuer stellen eine als vorübergehend gedachte Ausnahme von diesem Grundsatze dar.

Unter Vorbehalt der Art. 4, 81, 46 und 60 B V ist die Souveränität der Kantone mit Bezug auf die direkte Besteuerung eine unbeschränkte; sie können also auch eine Kriegsgewinnsteuer erheben. Wenn der Bund bei Einführung einer eidgenössischen Steuer die Kompetenz der Kantone zur Erhebung einer gleichartigen kantonalen Steuer ausschliessen will, stellt er dies durch eine ausdrückliche Vorschrift fest (vgl. z. B. Art. 41bl8 BV betreffend die Stempelsteuer). Dasselbe hätte auch geschehen müssen, wenn bei der Kriegsgewinnsteuer die Meinung geherrscht hätte, dass den Kantonen die Möglichkeit, ihrerseits eine solche Steuer zu beziehen, benommen sein solle. Der BBB vom 18. September 1916 enthält aber weder ausdrücklich noch stillschweigend eine Norm, die den Kantonen dieses Eecht nimmt.

Gestützt auf diese Erwägungen wurde der Eekurs abgewiesen.

2. Strafurteil des Polizeigerichts Basel-Stadt gegen den «verantwortlichen V e r t r e t e r » des eidgenössischen Ernährungsamtes. Mit Urteil vom 28. März 1919 hatte das Polizeigericht des Kantons Basel-Stadt den «verantwortlichen Vertreter» des eidgenössischen Ernährungsamtes der fahrlässigen Zuwiderhandlung gegen Art. 6 des BEB über die Höchstpreise für Getreide etc., vom 8. August 1916, schuldig erklärt und in contumaciam zu einer Busse von Fr. 200, eventuell zu 40 Tagen Gefängnis verurteilt. Die angebliche Widerhandlung bestand darin, dass das Ernährungsamt in zwei Zirkularen an die Kantonsbehörden erklärt hatte, dass es Hafer für Pferde nur dann liefere, wenn gleichzeitig eine entsprechende Menge von Hülfsfuttermitteln bezogen werde. Da das Polizeigericht durch die Durchführung des Strafverfahrens wegen einer Amtshandlung des Ernährungsamtes gegen die Bestimmungen des eidgenössischen Verantwortlichkeitgesetzes verstossen hatte, erhob der Bundesrat gemäss Art. 175, Ziff. l, OG beim Bundesgericht den Kompetenzkonflikt gegen das Polizeigericht des Kantons Basel-Stadt.

Unterm 27. März 1920 hat das Bundesgericht die Klage des Bundesrates
gutgeheissen und das Urteil des Polizeigerichts gegen den «verantwortlichen Vertreter» des eidgenössischen Ernährungsamtes aufgehoben (BGE 46, I, 48 ff.).

8. Einer von der eidgenössischen Linthkommission gegen den Eegierungsrat des Kantons St. Gallen eingereichten Beschwerde betreffend Besteuerung des Linthunternehmens lag folgender Tatbestand zugrunde : Durch Beschluss des Eegierungs-

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rates wurden 5 der Linthunternehmung gehörende Schutzwaldparzellen als öffentliche Waldungen im Sinne von Art. l des st. gallischen Gesetzes über das Forstwesen vom 12. März 1906 bezeichnet und in der Folge mit einem der Ertragsfähigkeit der Parzellen entsprechenden Anteil am Gehalte des Revierförsters belastet. Der Bundesrat ist auf die Beschwerde wegen Unzuständigkeit nicht eingetreten, nachdem das Bundesgericht in dem eröffneten Meinungsaustausch sich dem vom Bundesrat vertretenen Standpunkte angeschlossen hatte, dass unter «Bund» im Sinne von Art. 179 OG nicht nur, wie in der bisherigen Praxis angenommen worden war, das Rechtssubjekt zu verstehen sei, dessen Organisation durch die BV geordnet werde, der Begriff des Bundes vielmehr weiter zu fassen und demnach die Zuständigkeit des Bundesgerichts auch für Steuerstreitigkeiten, wie die vorliegende, gegeben sei.

4. Vollstreckung bundesgerichtlicher Urteile. Gestützt auf Art. 45 des BG über die Organisation der Bundesrechtspflege hatte sich der Bundesrat mit 3 Beschwerden wegen Nichtvollstreckung bundesgerichtlicher Urteile zu befassen. Eine Beschwerde wurde gutgeheissen, eine konnte, weil gegenstandslos geworden, abgeschrieben werden, und die dritte war am Ende des Berichtsjahres noch hängig.

X. Entscheid in einer Schadensersatzsache. In einem Anstand zwischen der Kreisdirektion II der Bundesbahnen und dem eidgenössischen Ernährungsamt betreffend Haftung für Vergiftung einer Viehsendung ist das Departement von beiden Verwaltungen um die Entscheidung des Streitfalles ersucht worden. Das Departement hat entschieden, dass die Bundesbahnen den gesamten Schaden zu tragen haben.

XI. Verschiedenes. Ausserdena wurden im Berichtsjahre von der Justizabteilung 145 Beschwerden, Eingaben, Anfragen und interne Verwaltungsgeschäfte, die sich auf nationale Verhältnisse bezogen, erledigt.

D. Internationales.

I. Vormundschaftswesen. Die Justizabteilung hatte sich im Berichtsjahr mit 39 Vormundschaftsfällen (1919: 39; 1918: 20) zu befassen. Hiervon waren 16 Fälle am Ende des Jahres noch unerledigt.

(l. Verlassenschaften. Die Justizabteilung wurde in 436 (1919: 886; 1918: 277) Verlassenschaftsfällen von Schweizern im Auslande und Ausländern in der Schweiz in Anspruch genommen. 253 Fälle wurden im Berichtsjahre erledigt, und 183 Fälle mussten auf 1921 übertrafen werden.

339 Ili. Vollstreckbarkeitserklärung von Kostenurteilen. Nach Massgabe von Art. 18 und 19 der internationalen Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht vom 17. Juli 1905 wurden 5 auf Ausstellung von Vollstreckbarkeitserklärungen für Kostenurteile gerichtete Begehren vermittelt, und zwar 3 für inländische und 2 für ausländische Kostenurteile. In 3 Fällen ist die Vollstreckbarkeitserklärung ausgestellt worden; ein Fall war am Ende des Berichtsjahres noch hängig, und ein weiterer Fall konnte abgeschrieben werden, da in Österreich für die Vollstreckung von Kostenurteilen sogleich um die Bewilligung ·der Exekution nachgesucht werden kann. Eine vorgängige Erwirkung der Vollstreckbarkeitserklärung ist nicht notwendig, da gemäss § 79 der österreichischen Exekutionsordnung ausländische Kostenent·scheidungen, sofern die Voraussetzungen der Art. 18 und 19 des Haager Prozessübereinkommens erfüllt sind, einen in Österreich vollstreckbaren Exekutionstitel darstellen.

IV. Verschiedenes. Das Departement hatte sich im Berichtsjahre ausserdem mit 81 Eingaben und Anfragen, die sich auf internationale Verhältnisse bezogen, zu befassen. Davon wurden 18 Fälle .auf das Jahr 1921 übertragen.

E. Gutachten und Mitbericate.

Das Departement und die Abteilung haben im Berichtsjahre ·über Fragen der Gesetzgebung und Eechtsanwendung sowie des nationalen und internationalen Eechts in 149 (1919: 147; 1918: 174) Fällen Gutachten und Mitberichte erstattet. 10 Fälle mussten auf «das Jahr 1921 übertragen werden.

II. Grundbuchamt.

A. Allgemeines.

Das Justiz- und Polizeidepartement hatte im Laufe des Jahres 1917 die Vorarbeiten für die A u f s t e l l u n g des allgemeinen Planes über die D u r c h f ü h r u n g der Grundbuchvermes:sungen abgeschlossen. Wegen der damals eingetretenen Teuerung und Geldentwertung haben wir einstweilen mit der Genehmigung des Vermessungsplanes und dessen Kenntnisgabe an die Kantone zugewartet. Durch die seither eingetretene Veränderung der Verhältnisse ist eine Neuberechnung der Kosten und für eine Eeihe von TCantonen eine Verschiebung des Zeitpunktes für den Beginn der Vermessung notwendig geworden. Das Grundbuchamt hat daher im Berichtsjahr das Vermessungsprogramm umgearbeitet. Nachdem die erforderlichen Verhandlungen zwischen den einzelnen Kantonen und einem Delegierten des Grundbuchamtes über die Festsetzung *der Kosten, den Zeitpunkt des Beginns und die Dauer der GrundBundesblatt. 73. Jahrg. Bd. II.

23

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buchvermessungen abgeschlossen waren, unterbreitete das Justizund Polizeidepartement den Programmentwurf den Kantonsregierungen zur Venehmlassung. Bis Ende des Berichtsjahres haben sich bereits 18 Kantonsregierungen mit dem Entwurfe einverstanden erklärt. Da auch von den übrigen Kantonen eine zustimmende Antwort zu erwarten ist, dürfte es möglich sein, das allgemeine Vermessungsprogramm im Laufe des Jahres 1921 in Kraft zu setzen.

Das Grundbuchamt hat 81 Güterzusammenlegungen begutachtet und dafür die Erhöhung des jeweiligen Bundesbeitrages, der sich aus der voraussichtlichen Ersparnis durch die Zusammenlegung der Grundstücke bei der Grundbuchvermessung ergibt, berechnet. Von diesen Zusammenstellungsunternehmungen, die sich auf ein Gebiet von 4077 ha beziehen, entfallen auf die Kantone Zürich 4, Bern 4, Obwalden Ü, Basel-Landschaft 2, Schaffhausen 2, Graubünden 2, Aargau 3, Thurgau l, Tessin l und Waadt 10.

B. Grimdbachweseii.

1. An der Anlage des Grundbuches wurde in den im Geschäftsbericht für das Jahr 1919 genannten Kantonen weiter gearbeitet. Mit den Vorarbeiten wurde auch in den Kantonen Luzern und St. Gallen begonnen, so dass nunmehr in allen Kantonen, dieNeuvermessungen oder brauchbare frühere Vermessungen aufweisen, und wo somit die Bedingungen für die Einführung des Grundbuches vorhanden sind, daran gearbeitet wird.

2. Rekurse. Im Berichtsjahre sind 14 Grundbuchbeschwerden gegen Entscheidungen kantonaler Aufsichtsbehörden behandelt worden (gegenüber 8 im Jahre 1919). 9 Rekurse wurden als unbegründet abgewiesen; in 4 Fällen konnte mangels Zuständigkeit auf die materielle Behandlung nicht eingetreten werden, und eine Beschwerde wurde nachträglich zurückgezogen. Aus den Entscheidungen ist hervorzuheben: a. Mit Beschluss vom 30. Januar haben wir eine Beschwerde von Notar A. Wirth in Wohlen, gegen Aargau, als unbegründet abgewiesen. Die aargauische Notariatsordnung schreibt in Art. 33, Abs. 2, vor : «Bedarf eine Partei für das Rechtsgeschäft der Einwilligung eines Dritten, so haben beide bei der Beurkundung als Partei mitzuwirken, und es kann der eine für den andern nicht als Bevollmächtigter handeln.» Diese Bestimmung der Notariatsordnung verlangt somit beispielsweise vom Notar die Prüfung darüber, ob im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der freie Wille einer Ehefrau zur Eingehung eines
Vertrages auch wirklich vorhanden ist. Hierbei soll sich die Urkundsperson nicht allein an den Ehemann und an die von ihm vorgelegte, von der Ehefrau unterzeichnete Vollmachtsurkunde

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halten; vielmehr soll die Ehefrau beim Vertragssohluss entweder persönlich mitwirken oder doch einen andern Bevollmächtigten als ihren Ehemann wählen.

Trotz dieser Bestimmung hatte Notar Wirth einen Kaufvertrag verurkundet und beim Grundbuchamt Baden eingereicht, wobei der Ehemann sowohl als Vertreter der Ehefrau handelte als auch seine eigene, nach Güterrecht erforderliche Zustimmung zum Vertragsschluss erklärte. Der Grundbuchverwalter wies diesen Vertrag zurück, und die aargauischen Aufsichtsbehörden schützten diese Verfügung.

"Dagegen beschwerte sich Notar Wirth beim Bundesrat und behauptete, dass jene Bestimmung der aargauischen Notariatsordnung bundesrechtswidrig sei. Wir teilten zwar die Ansicht des Beschwerdeführers, dass nach den Vorschriften des ZGB bei der Güterverbindung der Ehemann sehr wohl als Vertreter und Bevollmächtigter seiner Ehefrau einen Vertrag schliessen und .zugleich für sich persönlich seine eigene nach Güterrecht erforderliche Zustimmung zum Vertragsschluss erklären kann. Die angefochtene Vorschrift der aargauischen Notariatsordnung geht somit über die Ordnung des ZGB hinaus. Wir haben aber weiter angenommen, dass es den Kantonen auf Grund ihres Gesetzgebungsrechtes über die öffentliche Beurkundung gestattet sein muss, in dieser Weise über das Bundeszivilrecht hinauszugehen und dessen Vorschriften derart zu ergänzen.

b. In der Beschwerdeangelegenheit Notar Otto M a y b a c h in Bern, gegen Bern, war die Frage zu entscheiden, ob die von der Urkundsperson auf dem Pfandtitel ausgestellte Bescheinigung über die Zuweisung eines Namenschuldbriefes in der Erbteilung an einen bestimmten Erben genüge, um diesen Erben im Gläubigerregister einzutragen. In Übereinstimmung mit der kantonalen Aufsichtsbehörde haben wir diese Frage verneint. Im Gegensatz zum Erbgang, wo sich die Eechtsnachfolge der Erben als Universalsukzession von Gesetzes wegen vollzieht und deshalb ohne weiteres amtlich festgestellt und bescheinigt werden kann, erscheint die Erbteilung als eine Auseinandersetzung unter den Erben, die sich in einer Beihe von Eechtsgeschäften und Eechtshandlungen äussert. Deshalb müssen auch, die Formen eingehalten werden, die vom Privatrecht für die Einzelnachfolge in die Gegenstände und die Eechte des Nachlasses aufgestellt worden sind. Zu diesen Eegeln gehört die Bestimmung des
Art. 869 ZGB, wonach die Übertragung von Namenpfandtiteln durch Übergabe des Titels in Verbindung mit einer von den Erben oder ihrem Vertreter unterzeichneten Abtretungserklärung auf dem Titel vorzunehmen ist. Diese wertpapierrechtliche Form kann nicht durch eine notarielle Bescheinigung auf dem Titel ersetzt

342 werden. Die Beschwerde musste deshalb mit Entscheid vom 9. März abgewiesen werden.

c. Mit Entscheid vom 18. Mai haben wir eine Beschwerde von Notar Dr. M. Cohn in Basel, gegen Basel, als unbegründet erklärt.

Dr. Cohn hatte einen Pfandvertrag verurkundet, wonach die Eheleute Speck-Buser eine in ihrem Miteigentum stehende Liegenschaft für ein Darlehen verpfändeten, das dem Ehemann von der Schweizerischen Volksbank zugesichert worden war. Das Grundbuchamt beanstandete diesen Vertrag, weil in der Verpfändung von Frauengut für eine Schuld des Ehemannes eine Interzession im Sinne von Art. 177, Abs. 8, ZGB erblickt werden müsse und zur Gültigkeit des Vertrages daher die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde erforderlich sei.

Die Aufsichtsbehörden des Kantons Basel-Stadt bestätigten diese Auffassung des Grundbuchamtes, und wir haben uns ihr ebenfalls angeschlossen. Stellt man auf den Zweck der Gesetzesvorschrift ab, so wird man ohne weiteres dazu gelangen, die Verpfändung von Frauengutsgrundstücken für eine Schuld des Ehemannes der Bürgschaft gleichzustellen und eine Interzession anzunehmen. Anders hätte nur dann entschieden werden müssen, wenn die Ehefrau gemeinsam nüt dem Ehemann das Darlehen empfangen, einen Teil der persönlichen Schuldpflicht übernommen und für diese Schuld ihren Miteigentumsanteil verpfändet hätte; denn in diesem Falle läge eben eine Verpfändung für eine eigene Schuld vor, und von einer Interzession zugunsten des Ehemannes könnte nicht mehr die Bede sena. Da die Beteiligten jedoch selber auf eine derartige Umgehung der Gesetzesvorsehrift verzichtet haben, war der Grundbuchverwalter berechtigt, ohne der richterlichen Zuständigkeit vorzugreifen, bei den Parteien auf die vorsichtigere Lösung hinzuwirken und die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde zum Pfandvertrag zu verlangen.

d. Mit Beschluss vom 28. Mai haben wir die Beschwerde der Association coopérative immobilière in Genf, gegen Genf, als unbegründet abgewiesen. Diese Genossenschaft hatte im Jahre 1898 bei Anlass einer Handänderung die verkaufte Liegenschaft mit einer Dienstbarkeit betreffend Gewerbebeschränkung und Wirtschaftsverbot belastet, jedoch weder damals noch bei der Anlegung des Grundbuches deren Eintragung im Grundbuch verlangt. Erst im Jahre 1920, als ein späterer Erwerber des Grundstückes eine Wirtschaft eröffnete,
stellte die Genossenschaft beim Grundbuchamt Genf das Gesuch um Eintragung der Dienstbarkeit. Sie wurde aber mit ihrem Begehren abgewiesen, weil die Zustimmung des belasteten Grundeigentümers fehlte. Während die Aufsichtsbehörde des Kantons

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Genf überhaupt die Eintragung einer solchen Gewerbebeschränkung als Dienstbarkeit im Sinne von Art. 781 ZGB verneinte, erklärten wir eine derartige Dienstbarkeitseintragung zwar für zulässig. Wir gelangten jedoch gleichwohl zur Abweisung der Beschwerde, weil es nicht Sache der Grundbuchbehörden sein kann, sich in die streitigen Eechtsbeziehungen der Parteien einzumischen und über den Fortbestand der Dienstbarkeit, auch zu Lasten des gegenwärtigen Eigentümers, zu urteilen. Dies ist Sache des zuständigen Eichters, den die dienstbarkeitsberechtigte Genossenschaft anrufen und von dem sie die Eintragungsverfügung erwirken mag, die geeignet ist, die fehlende Zustimmung des belasteten Grundeigentümers zu ersetzen.

e. Frau Bellamy in Paris war in der Eigenschaft einer Vorerbin als Eigentümerin eines Grundstückes im Grundbuch von Genf eingetragen; zugunsten der vorhandenen oder noch zu erwartenden Kinder der Frau Bellamy als Nacherben im Sinne von Art. 488 ZGB war eine Verfügungsbeschränkung im Grundbuch vorgemerkt. Da der einzige Sohn der Frau Bellamy im Jahre 1914 gestorben war, verlangte sie am 28. Mai 1920 vom Grundbuchamt die Löschung der Verfügungsbeschränkung im Grundbuch, indem sie ein ärztliches Zeugnis beibrachte, dass keine weitern Kinder mehr zu erwarten seien.

Das Grundbuchamt wies das Begehren ab und wurde von der genferischen Aufsichtsbehörde in seinem Verhalten geschützt. Auch wir pflichteten mit Beschluss vom 27. September der Verfügung des Grundbuchamtes bei. Es ist Sache der zuständigen Vormundschaftsbehörde, gegebenenfalls die zum Schütze der Nacherben angeordnete Beistandschaft aufzuheben und die Zustimmung zur Löschung der Vormerkung im Grundbuch zu geben.

/. Mit Entscheid vorn 10. Dezember haben wir eine Beschwerde von Notar 0. Haller in Baden, gegen A a r g a u , als unbegründet abgewiesen. Notar Haller hatte einen Pfandvertrag verurkundet und bei dieser Gelegenheit die Anmerkung von Zugehör laut besonderm Verzeichnis im Grundbuch nachgesucht. Das Grundbuchamt Baden verweigerte die Anmerkung, weil unter anderm auch 8 Stück Grossvieh und Schweine als Zugehörstücke zur verpfändeten Liegenschaft aufgeführt waren. Die aargauischen Aufsichtsbehörden billigten die Verfügung des Grundbuchverwalters, während der Beschwerdeführer geltend machte, das Grundbuchamt sei nicht befugt, eine
Prüfung der Zugehöreigenschaft vorzunehmen. Wir haben uns der Auffassung der aargauischen Grundbuchbehörden angeschlossen und in Bestätigung unserer bisherigen Praxis grundsätzlich daran festgehalten, dass der Grundbuchverwalter bestimmte Voraussetzungen bei seiner Verantwortlichkeit zu prüfen verpflichtet ist, die Prüfung anderer

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Voraussetzungen dagegen unterlassen kann, ohne class man ihm dieses Verhalten zum Verschulden anrechnen und ihn verantwortlich machen dürfte. Doch ist der Grundbuchverwalter auch im letzterwähnten Fall befugt, eine Anmeldung abzuweisen, wenn ihm das Fehlen einer solchen Voraussetzung oder andere Mängel aus den eingereichten Akten ersichtlich oder sonst bekannt sind.

Von der Mitteilung weiterer Auszüge aus den Grundbuchentscheidungen glauben wir im Interesse einer Kürzung des Geschäftsberichtes Umgang nehmen zu dürfen, insbesondere auch im Hinblick auf den Umstand, dass die wichtigeren Entscheide in der schweizerischen Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht, Jahrgang 1920, S. 51--59, 94--107, veröffentlicht worden sind.

3. A n f r a g e n und Gutachten. Die Zahl der Anfragen aus dem Gebiete des Grundbuchwesens, die von kantonalen Behörden, Grundbuchämtern, Urkundspersonen und andern Interessenten gestellt Avorden sind, hat im Berichtsjahr wiederum zugenommen.

Das Grundbuchamt hat über 145 Bechtsf ragen Auskunft erteilt oder Gutachten erstattet.

C. Vermessungswesen.

1. Im Jahre 1920 wurden folgende kantonale Ausführungsbestimmungen betreffend die Grundbuchvermessungen erlassen und vom Justiz- und Polizeidepartement genehmigt: a. die Anweisung des Eegierungsrates des Kantons Zürich betreffend die Behandlung der öffentlichen Gewässer und Strassen und der Waldungen bei der Durchführung der Grundbuchvermessungen, vom 18. Juni 1920; b. das Reglement des Staatsrates des Kantons Freiburg über die Nachführung der Grundbuchpläne, vorn 12. Juni 1920; a. die Vermessungs- und Katasterinstruktion des Kegierungsrates des Kantons Basel-Landschaft, vom 28. Juni 1920.

2. Im Laufe des Jahres führte das Grundbuchamt gemeinsam mit den kantonalen Vermessungsbehörden und Vertretern der Sektionen des schweizerischen Geometervereins die Taxationen der Vermessungen von 55 Gemeinden durch. Für 24 weitere Gemeinden, die für die Inangriffnahme der Vermessung in Aussicht genominen waren, musste die Taxation auf das Frühjahr 1921 verschoben worden.

Bei diesen Taxationsarbeiten wurden die Instruktions und Massstabgebiete festgesetzt und die Voranschläge für die Vermessungskosten aufgestellt. Von den taxierten Gemeinden fallen auf die Kantone Zürich 2, Bern 6,'Luzern 7, Freiburg l, Basel-Landschaft 8, Schaffhausen l, St. Gallen 4, Graubünden 2, Aargau 6, Thurgau 3,

345 'Tessin l, Waaclt 12, Wallis l und Genf 6. Das Vermessungsgebiet ·dieser Gemeinden beträgt 28,206 ha und enthält 84,000 Grundstücke und 15,000 Gebäude. Die voraussichtlichen Kosten der 55 Vermessungen werden Fr. 1,530,000 betragen und der Bundesbeitrag ·daran Fr. 1,118,000. Über 5478 ha des Vermessungsgebietes, in dem die Güterzusammenlegung notwendig ist, wurde diese in Verbindung mit der Grundbuchvermessung in Angriff genommen. Bei der gleichzeitigen Durchführung dieser beiden Unternehmungen ist es möglich, die vermessungstechnischen Arbeiten der Güterzusammenlegung so «inzurichten, dass sie für die Grundbuchvermessung verwendet werden können. Dadurch werden die Arbeiten der Parzellarverinessung vermindert und an deren Kosten erhebliche Ersparnisse erzielt.

Die meisten Vermessungen, die taxiert wurden, konnten noch vor Ablauf des Jahres vergeben werden.

In Ausführung unseres Beschlusses vom 6. Januar 1920, wonach in Zukunft an die Kosten der Versicherung der besondern Polygonpunkte die in Art. l, lit. fr bis d, des Bundesbeschlusses vom 5. Dezember 1919 vorgesehenen Beträge auszurichten sind, hat das Grundbuchamt im vergangenen Jahre die Kosten der Polygonpunktversicherungen von 64 Vermessungen taxiert, die bereits vor dem Inkrafttreten dieses Beschlusses vergeben waren, deren Arbeiten aber nach dem 1. Januar 1920 ausgeführt wurden.

3. Im Jahre 1920 wurden 18 Triangulationen und 348 Parizellarvermessungen sowie 2 Waldvermessungen als Grundbuchvermessungen anerkannt. Unter den Parzellarvermessungen befinden sich 266 ältere Vermessungen des Kantons Freiburg, die nur provisorisch anerkannt wurden, da sie im Laufe der Zeit, vornehmlich in Verbindung mit den Güterzusammenlegungen, erneuert werden müssen. Bis anhin werden sie zur Führung des Grundbuches noch in nützlicher Weise verwendet werden können. Wir verweisen im übrigen auf die nachfolgende tabellarische Zusammenstellung.

4. G e o m e t e r p r ü f u n g e n . Die Prüfungskommission hielt im Berichtsjahr nur eine Sitzung ab. Es fanden vom 6.--15. April theoretische Prüfungen in Lausanne und vom 19.--30. April praktische Prüfungen in Bern statt.

Zu den theoretischen Prüfungen hatten sich 22 Kandidaten .angemeldet. Davon bestanden 12 die Prüfung mit Erfolg, 3 Kandidaten zogen ihre Anmeldungen zurück, 7 Kandidaten haben die Prüfung nicht
bestanden.

Zu den praktischen Prüfungen hatten sich 19 Kandidaten eingefunden, die alle die Prüfung mit Erfolg ablegten und als Grundibuchgeometer patentiert werden konnten.

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21 -- 800 -- -- -- 444 Obwalden . . .

92 -- -- 34 -- Nidwaiden . . .

230 -- -- -- Glarus . . . .

515 -- -- -- -- Zug 207 -- -- --4 1386 Freiburg . . .

65 -- 1,603 -- Solothuru . . .

492 791 -- -- Baselstadt . . .

37 31 -- -- --4 Baselland . . .

131 -- 427 -- -- 243 -- Schaffhausen . .

298 -- 1 -- Appenzell A.-Rh.

241 -- -- -- Appenzell I.-Rh. .

168 3 -- -- St. Gallen . . .

1,903 231 -- 26 · -- .Graubünden . .

5,563 253 -- 14 -- Aargau . . . .

29 -- 1,395 613 -- Thurgau. . . .

151 -- 863 12 -- Tessin . . . .

2,445 9 --7 -- -- Waadt . . . .

2,784 65 2580 -- -- Wallis . . . .

3,357 5 -- -- Neuenburg . . .

712 712 --2 -- -- Genf 246 -- -- -- 34,869

3479 4058 635

1386

in VermesVor dem Im Jahre 1920 bezahlte sung oder in Noch zu Jahre 1920 Bundesbeiträge flir Ergänzung vermessen bezahlte begriffenes Bundes- Triangulation Parzellar- Nachführung beiträge IV. Ordnung vermessung Gebiet a 1 ca. km

ca. km

129 887 209 -- 32 73 -- -- _

1,350 3,083 1,170

113 -- 5 56 31 51 -- 119 172 148 80 19 233 147 -- 20 2,524

1,421

Fr.

Fr.

Fr.

620,589 611,559 115,133 5,292 16,677 59,963 8,880

12,953

32,641

7,705

98,768 41,236

20,340

712 224

125,977 5,998 62,614 198,205 43,604 29,320 30,535 376,966 98,893 609,950 228,065 5,008 532,935 18,030 31,881 19,890

28,231

3,855,964

175,827

670 747 279 196 515 207 791 32 236 267 189 165 1,527 5,124

605 620 2,417 2,479 3,205

-- --

-- -- -- --

3,221

-- -- -- 9,371

-- -- -- --580 -- -- 48,516

-- -- 9,890 -- -- -- 118,652 125,468 59,094 54,283

-- 30,181 3,919 21,891 12,419 17,323 -- --

;

Total

Fr.

8,262 88,758 1,444

-- -- -- -- -- --

--

1,727 8,648 1,105 1,193 .--

-- 695

4,120

53,856 187,526 50,385

-- --

3,221

-- -- -- 29,711 1,727 8,648 10,995 1,773

-- --

--

171,288 126,163 97,420 6-1,858 21,891 63,942 81,271 5,105 1,540

160,494

977,815

8,145 3,151

-- 24,922 26,601 63,948 -- -- ! 5,105 -- 1,540 641,494



34?

III. Polizeiabteilung.

A. Allgemeines.

1. Die G e s a m t z a h l der G e s c h ä f t e , welche zur Behandlung gelangten, beträgt nach Ausweis der Eegistratur 6611 (1919 ·.

5961, 1918: 6155).

Eine Verminderung haben, wie schon letztes Jahr, die Deserteur und Eefraktärgeschäfte erfahren, während infolge der allmählichen Festigung des internationalen Verkehrs die Auslieferungen, Strafverfolgungen, Eequisitorien und Aktenzustellungen sich auch in diesem' Berichtsjahr wieder stark vermehrt haben.

Die Abwicklung der Geschäfte, in welchen wir mit ausländischen Behörden in Verbindung treten mussten, erfolgte auch in diesem Berichtsjahr, verglichen mit der Vorkriegszeit, mit erheblichen Verzögerungen. Immerhin ist, ausser in den Heimschaffungsfällen, eine langsame Besserung allenthalben feststellbar.

B. Yerträge und Übereinkünfte.

2. Wie sich aus den Geschäftsberichten der Jahre 1913, 1915 und 1916 (Bundesbl. 1914/1, S. 362, 1916/1, S. 321, 1917/2, S. 189) ergibt, sind mit Brasilien, Bulgarien, Uruguay und Columbien Verhandlungen zum Abschluss von Auslieferungsverträgen angeknüpft worden. Die Eegierungen dieser Länder haben sich aber auch im Berichtsjahr nicht zu den ihnen in jenen Jahren von uns vorgelegten Vorschlägen oder Gegenvorschlägen geäussert.

Der Eegierung von Uruguay liessen wir die Angelegenheit in Erinnerung bringen, da ein Spezialfall die Wünschbarkeit des Abschlusses eines Auslieferungsvertrages mit diesem Staat deutlich in Erscheinung treten liess.

3. Hinsichtlich der A n w e n d b a r k e i t o'der Unanwendbarkeit von internationalen Übereinkommen in ElsassLothringen, die von der Schweiz unterzeichnet wurden und die Polizeiabteilung interessieren, verweisen wir auf die Veröffentlichung im Bundesbl. 1920, Band 4, S. 374 ff.

4. Durch Notenaustausch zwischen dem Bundesrat und der britischen Gesandtschaftwurdedie A u s d e h n u n g des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und Grossbritannien vom 26. November 1880, sowie der Übereinkunft vom 29. Juni 1904 betreffend eine Erweiterung von Art. XVIII des erwähnten Auslieferungsvertrages auf die unter britischem Protektorat stehen-

348

den malayischen Bundesstaaten Perak, Selangor, Negri Sembilan und Pahang vereinbart. Das Abkommen ist am 2. Juli 1920 in Wirksamkeit getreten. Der schweizerischen Gesandtschaft in London, dem schweizerischen Bundesgericht und den kantonalen Behörden wurde das Abkommen, letzteren mit den nötigen Instruktionen, notifiziert (vgl. unsern letztjährigen Geschäftsbericht, Bundesblatt 1920, Bd. 2, S. 63).

5. Veranlagst durch einen besonclern Fall liessen wir durch unsere Gesandtschaft in Born der italienischen Begierung eine Revision der Erklärung zum schweizerisch - italienischen Auslieferungsvertrag vom 22. Juli 1868 betreffend die Entschädigung der Zeugen, deren persönliches Erscheinen vor den Gerichtsbehörden des andern Staates nötig ist, in Anregung bringen. Wir hoffen, im nächsten Geschäftsbericht über die Erledigung der Angelegenheit Mitteilung machen zu können.

6. Der Niederlassungs- und Konsularvertrag der Schweiz mit Italien vom 22. Juli 1868 (A. S. IX. 706 ff.) und -die Erklärung zwischen der Schweiz und Italien vom 6./15. Oktober 1875 (A. S. n. F. I, 745 ff.) betreffend gegenseitige unentgeltliche Verpflegung armer Erkrankter wären am 81. Dezember 1920 abgelaufen; sie sind im Berichtsjahr bis 31. Dezember 1921 verlängert worden und bleiben dann, kündbar von 3 zu 3 Monaten, weiter in Geltung.

7. Die französische Regierung Hess durch ihre hiesige Botschaft ihre Bereitwilligkeit erklären, allgemein gegen Kostenersatz, auf die Durchführung der armenrechtlichen Heimschaffung von solchen ITrauenspersonen zu verzichten, die ursprünglich die französische Staatsangehörigkeit besassen, aber durch Heirat Schweizerinnen geworden sind und die in Frankreich wegen Geisteskrankheit auf öffentliche Kosten interniert werden müssen, wenn von der Schweiz in umgekehrten Fällen Gegenseitigkeit beobachtet werde.

Da die Prüfung des französischen Vorschlages ergab, dass dessen Anwendung nicht in allen Fällen den gewollten humanen Zweck völlig erfüllen könnte und zudem die generelle Regelung der Kostenfrage ernste Schwierigkeiten bereitet hätte, beantworteten wir gemäss Beschluss des Bundesrates den französischen Vorschlag dahin, dass wir denselben im Prinzip annähmen, uns jedoch vorbehielten, seine Anwendbarkeit von Fall zu Fall zu prüfen.

8. Die österreichische Regierung hat dem Bundesrat mitteilen lassen, dass die Republik Österreich seit ihrem Bestand die Verpflichtungen, die sich aus gewissen Kollektivverträgen

449 ·ergeben, tatsächlich ununterbrochen erfüllt habe, obgleich sie als neu entstandener Staat an die Bestimmungen dieser Verträge nach ·den Grundsätzen des Völkerrechts nicht gebunden wäre. Unter diesen Verträgen interessiert die Polizeiabteilung als die für den internationalen Eechtshilfeverkehr in Zivil- und Handelssachen zuständige Stelle, die internationale Ü b e r e i n k u n f t b e t r e f f e n d das Zivilprozessrecht vom 17. Juli 1905.

·9. Die Gegenrechtserklärung zwischen der Schweiz und Japan betreffend die Zustellung von Aktenstücken und die Vollziehung von Eequisitorien in Zivil- und Handelssachen, wovon im letztjährigen Geschäftsbericht bereits die Eede war (Bundesbl.1920, Bd. 2, S. 64), ist durch die zustimmende Antwort der japanischen Bégierung rechtswirksam geworden. Den kantonalen Behörden wurde
C. Auslieferungen und Strafverfolgungen.

10. Die Z a h l der A u s l i e f e r u n g s f ä l l e im Berichtsjahr belauft sich auf 187 (1919: 95, 1918: 51). Von der Schweiz wurden bei fremden Staaten 112 (1919: 57) und vom Ausland bei der Schweiz 75 (1919: 38) Begehren anhängig gemacht. Weiterhin gingen drei Anträge fremder Staaten um D u r c h t r a n s p o r t von Angeschuldigten durch die Schweiz ein und wurden von uns bewilligt. Zur Durchführung sind sie im Berichtsjahr nicht gelangt.

Von den durch die S c h w e i z bei a u s w ä r t i g e n S t a a t e n g e s t e l l t e n 112 Begehren gingen an Prankreich 58, Deutschland 24, Österreich 13, Italien 8, Belgien 2, Spanien 3, England, Holland, San Marino, Finnland je l Begehren.

In 68 Fällen wurde unsern Gesuchen entsprochen, in 15 Fällen blieben die Verfolgten unentdeckt, 15 Begehren wurden zurückgezogen, 7 Begehren wurden abgelehnt, und 7 Fälle waren am Ende des Jahres noch hängig.

Die Ablehnungen erfolgten in einigen Fällen, weil sich ergab, dass die Requirierten Angehörige des angegangenen Staates waren, und in andern, weil die Handlungen, wegen deren die Auslieferung begehrt wurde, als im ersuchten Staate verübt angesehen wurden.

In den letzteren Fällen wurden in den angesprochenen Staaten Strafverfahren gegen die Angeschuldigten eingeleitet. Ein besonderer Fall ist weiter unten gesondert behandelt.

Von den 75 A u s l i e f e r u n g s g e s u c h e n des A u s l a n d e s entfallen auf Frankreich 20, auf Deutschland 34, auf Österreich 4,

350 auf Italien 18, auf Ungarn, die Tschechoslowakei, Dänemark und!

Serbien je ein Begehren.

Davon wurden 49 Begehren (drei durch das Bundesgericht), bewilligt, l Begehren wurde wegen Verjährung der Strafverfolgung (durch das Bundesgericht) abgelehnt, in 15 Fällen wurden die Requirierten nicht gefunden, in 8 Fällen erfolgte Bückzug der Begehren,, in 4 Fällen konnte auf die gestellten Ansuchen nicht mehr eingetreten werden, weil die Verfolgten vor Eingang des Auslieferungsbegehrens.

' infolge Ablaufes der Haftfrist in Freiheit gesetzt wurden und die Schweiz verlassen hatten. In 2 Fällen erfolgte kurzhändige Auslieferung durch die Kantone, l Begehren war am Ende des Jahres noch nicht erledigt.

Die Kosten, welche gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes über die Auslieferung vom 22. Januar 1892 an die Kantone vergütet wurden,, beliefen sich auf Fr. 4174. 90 (1919: Fr. 2615. 25).

11. Bei der Bepublik San Marino beantragten wir unter üusicherung der Gegenseitigkeit die Auslieferung des L. M., der in der Schweiz wegen betrügerischen Bankerotts, eventuell wegen Betruges und Veruntreuung verfolgt war. Die zuständige Behörde von San Marino erklärte, die Auslieferung nicht bewilligen zu können, weil das Delikt des betrügerischen Bankerotts der Gesetzgebung der Republik unbekannt und M. der andern Delikte nur eventuell angeschuldigt sei. Die Auslieferung wegen Betruges und Veruntreuung könne in Frage kommen bei Vorlage eines gerichtlichen Erkenntnisses, durch das bewiesen würde, dass M. wegen dieser Delikte verurteilt worden sei. Ein solches Urteil beizubringen, war nicht möglich.

11. wurde dann immerhin aus San Marino ausgewiesen und konnte später anderswo festgenommen werden.

12. Die tschechoslowakische G e s a n d t s c h a f t beantragte die Auslieferung eines wegen Unterschlagung verfolgten F. B. und stützte sich dabei auf den Auslieferungsvertrag zwischen der Schwein und Österreich-Ungarn vom 10. März 1896. Im Einverständnis mit dem Politischen Departement erklärten wir', auf dieser Basis auf das Begehren nicht eintreten zu können, da die seinerzeit mit der Donaumonarchie abgeschlossenen Verträge unseres Erachtens nicht ohne weiteres auf die Sukzessionsstaaten angewendet werden könnten.

Wir stellten der Gesandtschaft in Aussicht, für den Fall einer Gegeiiseitigkeitszusicherung dem gestellten Begehren
näherzutreten. Dio Gesandtschaft erklärte daraufhin, dass die tschechoslowakische Regierung der Schweiz gegenüber in A u s l i e f e r u n g s sachen Gegenrecht üben werde. Die Auslieferung des R.

wurde hierauf bewilligt.

351 13. Österreich ersuchte um die Auslieferung eines B. H. wegen Betruges, eventuell Veruntreuung, ferner wegen Kaubes, eventuell "wegen Anstiftung dazu. Die Auslieferung wurde von uns wegen der beiden erstem Delikte bewilligt, wegen der beiden letztern Straftaten dagegen verweigert. Die A b l e h n u n g der Auslieferung .wegen Raubes erfolgte, weil H. in Zürich, wo er sich in Haft befand, den Alibibeweis erbringen konnte. Für den Tatbestand der Anstiftung wurden in den Auslieferungsbelegen bestimmte, die Tatbestandsmerkmale enthaltenden Angaben nicht vorgebracht.

14. Auf Ansuchen des Kantons Baselstadt beantragten wir bei Finnland, gestützt auf einen ausführlichen Haftbefehl, die Auslief erung eines wegen Unterschlagung in hohem Betrag verfolgten W. P. Der Kegierung von Finnland genügte der eingesandte Beleg nicht, sie verlangte die Vorlage von Untersuchungsurkunden, «welche beweisen, dass der Mann wirklich eines Verbrechens schuldig sei».

Die Eegierung von Finnland glaubt demnach, in Auslieferungssachen ein ähnliches Beweisverfahren anwenden zu sollen, wie dies sonst nur in Grossbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika üblich ist. Wegen der Umständlichkeit dieses Verfahrens verzichtete der Kanton Baselstadt auf die Auslieferung des Delinquenten.

15. Über den U m f a n g der S a c h a u s l i e f e r u n g nach Massgabe von Art. 9 des s c h w e i z e r i s c h - d e u t s c h e n Auslieferungsvertrages vom 24. Januar 1874 und von Art. XI des Auslief erungsvertrages mit Ö s t e r r e i c h vom 10. März 1896 findet zurzeit mit den Eegierungen von Deutschland und Österreich ein Meinungsaustausch statt, da sich gezeigt hat, dass diese Vertragsbestimmungen nicht einheitlich ausgelegt werden. Wir sind noch nicht in der Lage, über die definitive Regelung dieser Frage Bericht zu erstatten.

16. Anlässlich eines Auslieferungsfalles mit Baden wurde die Frage der Spezialität der A u s l i e f e r u n g aufgeworfen, was uns veranlasste, mit Kreisschreiben vom 14. Dezember 1920 den kantonalen Behörden die folgenden Weisungen zugehen zu lassen: Der Grundsatz der Spezialität der Auslieferung hat in den Auslieferungsverträgen der Schweiz mit dem Ausland eine verschiedene Begelung erfahren. Doch sehen die meisten Verträge vor, dass mit oder ohne Zustimmung der fremden Regierung wegen anderer vor
der Auslieferung begangener Delikte, für welche die Auslieferung nicht bewilligt wurde, verfolgt und bestraft werden kann, wenn der Ausgelieferte ausdrücklich seine Einwilligung erklärt. Den Vertragsbestimmungen soll von den kantonalen Behörden peinlich nachgelebt ·werden. Besonders soll nicht unterlassen werden, die Zustimmung der iremden Regierung, wo sie verlangt wird, durch die Vermittlung der

352 Polizeiabteilung zu erwirken. In einzelnen Verträgen der Schweiz mit dem Ausland ist der persönliche Verzicht des Ausgelieferten auf Innehaltung der Spezialität nicht vorgesehen (Deutschland, Grossbritannien, Italien). Doch geht die Praxis, besonders im Verkehr mit Deutschland, dahin, bei Zustimmung des Ausgelieferten dessen Verfolgung wegen weiterer Delikte (Vertrags- oder anderer Delikte) für zulässig zu erachten. Wir sind grundsätzlich geneigt, diese Praxis beizubehalten, doch soll die weitergehende Verfolgung nur stattfinden: a. wenn der Ausgelieferte freiwillig und in Kenntnis der Rechtslage, d. h. nachdem die Bestimmungen des in Betracht kommendtiii Auslieferungsvertrages bekanntgegeben worden sind, den Verzicht auf Innehaltung der Spezialität erklärt, 6. wenn der allfällige, durch Vollmacht legitimierte Rechtsbeistand des Ausgelieferten sich dem Verzicht anschliesst (vgl. Art. 7, Absatz l und 3, des Auslieferungsgesetzes von 1892) und c. wenn die Regierung desjenigen Staates, welcher die Auslieferung gewährt hatte, ihre Zustimmung zur weitern Verfolgung ebenfalls erteilt.

Der Widerruf der abgegebenen Zustimmungserklärung durch den Ausgelieferten und seinen Rechtsbeistand ist zulässig, solange die Mitteilung der fremden Regierung über ihr Einverständnis nicht eingelangt ist. Nach diesem Zeitpunkt muss die Zustimmung des Ausgelieferten und seines Anwaltes als unwiderruflich angesehen werden, so dass die Durchführung des weitern Verfahrens, soweit die Zustimmung reicht, erfolgen kann.

17. Ausser der im vorstehenden Abschnitt behandelten Frage wurden im Kreisschreiben vom 14.' Dezember 1920 die Kantone auf andere der Aufklärung und strafferer Regelung bedürftige Punkte des Auslieferungsverkehrs hingewiesen.

a. Den kantonalen Behörden wurde der Weg vorgezeichnet, welcher bei F a h n d u n g s - und V e r h a f t s b e g e h r e n b e i m A u s l a n d am ehesten zum Erfolg zu führen verspricht.

b. Den Kantonen wurden Verhaltungsmassregeln gegeben für die Fälle p r o v i s o r i s c h e r V e r h a f t u n g von Personen, die sich in der Schweiz befinden und im Ausland strafrechtlich verfolgt sind. Irn Allgemeinen empfahlen wir grössere Zurückhaltung als.

bisher zu beobachten, um die Verfolgten bei der oft lange verzögerten Stellung der Auslieferungsbegehren nicht zu langer Haft aussetzen
zu müssen.

c. Den Kantonen wurde in Erinnerung gebracht, dass vom Ausland steckbrieflich verfolgte Ausländer, deren Auslieferung in Frage kommen könnte, in der ausschliesslichen Verfügungsgewalt der Bundesbehörden stehen, sobald sie der Polizeiabteilung signalisiert seien und nicht etwa von kantonalen Behörden strafrechtlich verfolgt

31f>3 werden. Die kantonalen Behörden wurden eingeladen, von vorzeitigen Abschiebungen solcher Personen Umgang zu nehmen und auf persönliche Freilassungsbegehren Verhafteter nicht von sich aus einzutreten. Gleichzeitig erklärten wir die k u r z h ä n d i g e A u s l i e f e r u n g für unzulässig, weil die Auslieferangsbegehren auf diplomatischem Weg gestellt werden müssen und Art. 29 des Bundesgesetzes über die Auslieferung von 1892, der die Auslieferung brevi manu vorsieht, nicht in Betracht kommen könne, da das Auslieferungsgesetz den Verträgen nicht derogiere. Die Eegierungen der drei angrenzenden süddeutschen Staaten Baden, Württemberg und Bayern haben ihren Behörden ebenfalls untersagt, zu kurzhändigen Auslieferungen Hand zu bieten.

18. Von der Schweiz sind bei auswärtigen S t a a t e n 56 (1919: 42; 1918: 19) Anträge auf s t r a f r e c h t l i c h e Verfolgung von Angehörigen derselben, die nach Verübung von Delikten in der Schweiz in ihren Heimatstaat geflüchtet waren, gestellt worden, und zwar bei Frankreich 11, bei Deutschland 84, bei Österreich 3, bei Italien 6, bei Schweden und der Tschechoslowakei je eines.

Nur in 16 Fällen erfolgte die gerichtliche Verurteilung der Angeschuldigten, in 7 Fällen wurde das Verfahren eingestellt, oder die Angeschuldigten wurden freigesprochen, in weiteren 7 Fällen blieben die Täter unentdeckt. 26 Fälle waren am Ende des Jahres noch nicht erledigt. Im allgemeinen wickeln sich die den Behörden fremder Staaten übertragenen Strafverfolgungsfälle sehr schleppend ab..

Gesuche um s t r a f r e c h t l i c h e V e r f o l g u n g von Schweiz e r n , die sich nach Begehung strafbarer Handlungen im Ausland nach der Schweiz geflüchtet hatten, wurden im Berichtsjahr 28 (1919: 26, 1918: 10) gestellt. Davon entfallen auf Frankreich 8, auf Deutschland 18, auf Luxemburg und Ungarn je eines.

Es erfolgten 12 Verurteilungen und 4 Einstellungen des Verfahrens oder Freisprüche, 11 Fälle waren am Jahresende noch pendent.

In einem (im folgenden Artikel geschilderten) Fall wurde von unsdie Übernahme der Strafverfolgung abgelehnt.

19. Ein in Zürich wohnhafter Schweizerbürger H. B. hat im Mai 1920 dem deutschen Ausfuhrverbot zuwider eine Anzahl photographischer Artikel über Weil-Leopoldshöhe nach Basel ausgeführt,, wo sie ihm im badischen Zollamt wieder abgenommen wurden.
Wegen Übertretung des deutschen Ausfuhrverbotes wurde gegen B.

beim Amtsgerichte Lörrach ein Strafverfahren anhängig gemacht..

Zu seiner Entlastung produzierte B. in diesem Prozess beim badischen Zollamt Basel eine Faktur der Firma A. S. in Zürich, wonach diese ihm die fraglichen Gegenstände verkauft hätte. Die Rechnung*

354 ·war für die genannte Firma von einem J. S. quittiert. Die badische JRegierung machte nun geltend, die Bechnung sei gefälscht und von J. S. auf Anstiften des B. hin ausgestellt worden; sie beantragte ·daher, da B. und S. Schweizerbürger waren, diese möchten wegen Fälschung einer'Privaturkunde bezw. wegen Anstiftung hierzu und wegen Gebrauchs einer gefälschten Urkunde in der Schweiz strafrechtlich verfolgt werden.

Die Prüfung ergab, dass die Fälschungshandlung, die Anstiftung und der Gebrauch der Fälschung zweifellos zur Verdeckung der Übertretung des deutschen Ausfuhrverbots begangen wurden, demnach nicht selbständige Straftaten darstellten, sondern mit dem den deutschen Strafanspruch begründenden Atisfuhrdelikte als k o n n e x angesehen werden mussten. Da die Zuwiderhandlung gegen ein Ausfuhrverbot kein Auslieferungsdelikt bildet, die Ausübung des stellvertretenden Strafrechts im internationalen Verkehr jedoch auf solche Delikte beschränkt ist, l e h n t e n w i r , ini Einverständnis mit der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, das gestellte S t r a f v e r f o l g u n g s b e g e h r e n ab.

20. Die deutsche Staatsangehörige Frau A., welche in Deutschland auf unsern Antrag hin wegen eines in der Schweiz verübten Deliktes zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war, reichte in Deutschland ein G n a d e n g e s u c h ein. Bevor diesem entsprochen wurde, liess die deutsche Eegierung anfragen, ob die schweizerischen Behörden mit der vorgesehenen Begnadigung einverstanden seien. Diese erfolgte erst, nachdem der Kanton Zürich, welchem der Strafanspruch zukam, sich mit der Massnahine einverstanden erklärt iatte.

21. Im letzten Geschäftsbericht (Bundesbl. 1920, Bd. 2, S. 67) wurde darauf hingewiesen, dass wir die in Deutschland erfolgte Niederschlagung von S t r a f v e r f a h r e n gegen Deutsche, die in der Schweiz delinquiert und deren Strafverfolgung wir bei Deutschland beantragt hatten, nicht als eine in unserem Sinne rechtsgültige Erledigung durch die zuständigen Gerichtsbehörden anerkennen .könnten. Durch weitere Fälle veranlasst, wurden wir bei den Eegie·rungen von Deutschland und Italien vorstellig und teilten diesen mit, dass wir den schweizerischen Behörden solchenfalls die Freiheit -wahren mussten, die Verfolgung gegen die in Betracht kommenden Personen in der Schweiz wieder
aufzunehmen.

Die deutsche Eegierung widersprach unsern Ausführungen nicht.

Die italienische Eegierung dagegen glaubte sich unserer Auffassung nicht anschliessen zu können. Sie machte geltend, dass dem ;Staat, in welchem das Delikt begangen worden sei, völlig frei stehe,

355 die Strafverfolgung des Täters beim Heimatstaat zu beantragen.

Sei der Antrag auf Strafverfolgung aber gestellt, so sei die Delegation des jus puniendi ihrer Natur nach unwiderruflich: der Täter unterstehe dann ausschliesslich den Gesetzen des Heimatstaates. Dem ersuchenden Staat mangle jedes Aufsichtsrecht über die Tätigkeit der Gerichte des Heimatstaates, und die Erledigung des dort eingeleiteten Strafverfahrens könne nicht vom Willen des ersuchenden Staates abhängig sein. Ob der im Heimatstaat angehobene Prozess mit Verurteilung, Freispruch oder Niederschlagung endige, richte sich einzig und allein nach den Prozesstatsachen und deren Wertung im heimatlichen Eecht.

Eine ähnliche Auffassung wie die italienische vertritt auch die französische Begierung. Auch sie lehnte die von uns vertretene Theorie ab und begründete dies mit folgenden Worten: «En posant le principe de la compétence pénale personnelle, le législateur français a agi dans le plein et libre exercice de sa souveraineté. La compétence personelle par rapport à la compétence territoriale est concurrente et subsidiaire, mais non subordonnée: elle ne s'exerce pas par délégation d'une souveraineté étrangère. Elle s'affirme en vertu de la souveraineté qui l'institue.» Wir werden im nächsten Geschäftsbericht Gelegenheit haben, in der Angelegenheit weitere Mitteilungen zu machen.

D. Rogatorien und Zustellungen.

22. Die Polizeiabteilung hatte sich im internationalen Verkehr mit der Übermittlung von 528 (1919: 309) gerichtlichen Eogatorien zu befassen. Hiervon bezogen sich 269 auf Zivilangelegenheiten und 221 auf Strafsachen, 38 Fälle betrafen Geschäfte allgemeiner Natur.

Ausserdem vermittelte die Abteilung die Zustellung von 2511 (1919: 1748) Gerichtsakten.

Vom Ausland sind 163 (1919: 57) Eogatorien und 1693 (1919: 940) Gerichtsakten zur Vollziehung bzw. Zustellung in der Schweiz eingelangt, während 327 (1919: 252) schweizerische Eogatorien und 818 (1919: 808) Gerichtsakten nach auswärtigen Staaten zu übermitteln waren.

23. Eine kantonale Behörde teilte mit, dass viele deutsche E e c h t shilfebegehren betreffend Übertretung der deutschen Eeichsv e r o r d n u n g über die K a p i t a l f l u c h t eingingen, die sich in der Mehrzahl der Fälle auf Überschreitungen der Grenze bei Basel bezögen. Es wurde daher die Frage aufgeworfen, ob das Übereinkommen mit Baden vom 12. November 1853 betreffend den Vollzug des Art. 16 des Vertrages vom 27. Heumonat 1852 über die WeiterBundesblatt. 73. Jahrg. Bd. II.

2+

356

führung der badischen Eisenbahnen durch schweizerisches Gebiet (A. S., Bd. V, S. 77 ff.) die schweizerischen Behörden verpflichte, Eechtshilfebegehren fraglicher Art zu vollziehen.

Wir erwiderten, allerdings habe sich die Schweiz durch den Art. 7 jenes Übereinkommens verpflichtet, auf Ersuchen der badischen Behörden «wegen Übertretung der Ein-, Aus- und Durchgangsabgaben des Zollvereins auf dem Bahnhof zu Basel» bestimmte Eechtshilfedienste zu leisten. Wie aber der Wortlaut jenes Art. 7 sowie der übrige Inhalt der Übereinkunft beweise, komme die Eechtshilfeleistung ausschliesslich für die im Bahnhof Basel zur Ausführung gelangten eigentlichen Zollvergehen in Frage, ohne dass ein weitergehendes Zugeständnis von schweizerischer Seite vorläge.

Als ein Zollvergehen könne jedoch die Übertretung der deutschen Verordnung betreffend Kapitalflucht, wenn schon an sich ebenfalls ein Fiskaldelikt darstellend, nicht gelten. Deshalb seien wir durch die erwähnte Übereinkunft vom 12. November 1853 nicht gebunden, den badischen Behörden bei Übertretungen der Kapitalfluchtsverordnung Eechtshilfe zu leisten.

24. Wir machten im Berichtsjahr die Wahrnehmung, dass deutsche Gerichtsbehörden A k t e n z u s t e l l u n g e n an schweizerische Empfänger direkt durch die Post vornahmen. Wir Hessen deshalb die Aufmerksamkeit der deutschen Eegierung darauf hinlenken,, dass wir für die Bewirkung von Aktenzustellungen im schweizerischdeutschen Verkehr die Erklärungen zwischen der Schweiz und Deutschland vom L/13. Dezember 1878 und 30. April 1910 über die Vereinfachung des Eechtshilfeverkehrs als massgebend betrachten,, wonach bei Aktenzustellungen die schweizerischen und deutschen Gerichtsbehörden sich gegenseitig in Anspruch nehmen sollten. Da zudem ein Abkommen zwischen der Schweiz und Deutschland im Sinne von Art. 6 (Ziffer l und Schlusssatz) der Haager Übereinkunft betreffend das Zivilprozessrecht vom 17. Juli 1905 nicht bestehe, so hielten wir die Zustellung von Akten an Personen in der Schweiz durch die Post nicht für zulässig. Wir liessen auch daran erinnern, dass die deutsche Eegierung in den Jahren 1909 und 1918 ihrerseits die Übermittlung von Aktenstücken durch schweizerische Behörden an Personen in Deutschland durch die Post für unzulässig erklärt habe.

Die deutsche Eegierung pflichtete dem von uns eingenommenen
Standpunkt bei.

25. Auf Anfrage kantonaler Behörden über den Vollzug fremder Eechtshilfebegehren bei Übertretung von Ausfuhrverboten wiesen wir zunächst darauf hin, dass nach unserer Auffassung den Übertretungen der Warenausfuhrverbote (im Gegensatz,

357

zu den Geldausfuhrverboten) nicht oder zum mindesten nicht vorwiegend der Charakter von Fiskaldelikten zukomme. Es sei aber der Grundsatz zu beachten, dass Eechtshilfe dann nicht geleistet werde, wenn die Handlung, fût die solche gefordert werde, im ersuchten Staate nicht strafbar sei. In der Schweiz unterlägen nun dem allgemeinen Ausfuhrverbot nur noch eine geringe Anzahl von Waren. Die Tendenz gehe im allgemeinen auf Aufhebung der Ausfuhrbeschränkungen. Der Export aller ausfuhrfreien Waren bleibe in der Schweiz jedenfalls straflos, weshalb fremde Eechtshilfebegehren in Ausfuhrsachen, die sich.auf derartige Waren beziehen, von unsern Behörden nicht vollzogen werden können. Obschon diese Fälle die grosse Mehrzahl bilden, würden doch die kantonalen Behörden nicht davon entbunden, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die ausgeführte Ware auch bei uns dem Verbot unterliege und daher ein Delikt begangen sei. Diese Prüfung wäre sehr schwierig und müsste entweder zu konstanten verzögernden Eückfragen an die Bundesbehörden oder zu ungleichmässiger Praxis führen. Die Schwierigkeit würde durch die vielfach unklare oder doch sehr allgemeine Fassung der fremden Ansuchen noch vergrössert. Aus diesen Gründen und da auch im Einzelfall der da und dort vorhandene fiskalische Nebencharakter weder von den kantonalen noch von den Bundesbehörden genau abgeschätzt werden könne, gelangten wir dazu, die Ablehnung der ausländischen Eechtshilfebegehren, denen Ü b e r t r e t u n g e n von A u s f u h r v e r b o t e n (Geld und Warenausfuhr) zugrunde liegen, zu verfügen.

Die Kantone wurden angewiesen, für die Eechtshilfe in Strafsachen folgende Grundsätze zur Anwendung zu bringen: 1. Zulässig ist die Vollziehung von Eechtshilfebegehren in Strafsachen, denen Tatbestände gemeinrechtlicher oder zum mindesten vorwiegend gemeinrechtlicher Natur zugrunde liegen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um die Übertretung ordentlicher oder ausserordentlicher Gesetzesvorschriften handelt.

2. Abzulehnen sind Begehren, die sich auf Angelegenheiten mit vorwiegend politischem, militärischem und fiskalischem Charakter beziehen.

3. Abzulehnen sind Begehren, denen Handlungen zugrunde liegen, die in der Schweiz straflos sind.

4. Abzulehnen sind im Verkehr mit Deutschland Eechtshilfebegehren, wenn der Angeschuldigte Schweizer ist und
sich nicht in der Gewalt der deutschen Behörden befindet (dies gemäss Art. 12 des schweizerisch-deutschen Auslieferungsvertrages und weil, wie sich mehrfach gezeigt hat, Deutschland diese Praxis ebenfalls strikte anwendet).

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5. Abzulehnen ist insbesondere die Eechtshilfe bei Übertretung von Ausfuhrverboten.

26. Die italienische Kegierung hat sich auf unsere Anfrage damit einverstanden erklärt, dass der direkte Verkehr zwischen den schweizerischen Obergerichten und den italienischen Appellhöfen, wie er jetzt für Zivil- und Strafsachen besteht, auch auf die neuerworbenen italienischen Gebietsteile ausgedehnt werde. Es kommen in Betracht: 1. für die Venezia Giulia der Appellhof in Triest, 2. für die Venezia Tridentina der Appellhof in Trient.

Zum erstem gehören: Tribunale Circolare di Trieste, Tribunale Commerciale Marittimo di Trieste, Tribunale Circolare di Fola, Tribunale Circolare di Gorizia. Zum letztern gehören: Tribunale Circolare di Trento, Tribunale Circolare di Bolzano und Tribunale Circolare di Eovereto.

Die kantonalen Behörden wurden entsprechend verständigt.

E. Heimschaffungen.

27. Die Zahl der Anträge auf Heimschaffung verlassener Kinder und Kranker oder hilfsbedürftiger Personen belief sich im Berichtsjahr auf 296 (1919: 282), umfassend' 405 Personen.

Von der Schweiz wurden an das Ausland 254 Begehren gestellt, die 850 Personen betrafen, nämlich 25 verlassene Kinder und 325 Kranke oder Hilfsbedürftige. Hiervon entfielen auf Italien 125, auf Frankreich 69, auf Österreich 11, auf Deutschland 18, auf Polen 6, auf Serbien 9, auf Rumänien 5, auf die Tschechoslowakei 5, auf England 8, auf Dänemark 2, auf Belgien, Bulgarien, Griechenland, Spanien, Türkei und Ungarn je l Begehren.

Die vom Ausland anher gerichteten Heimschaffungsbegehren beliefen sich auf 42 Fälle (1919: 44) und umfassten 55 Personen, nämlich 8 verlassene Kinder und 52 Kranke oder Hilfsbedürftige, 27 dieser Gesuche gingen aus Frankreich, 7 aus Italien, je 2 aus Amerika, Österreich, Belgien und Bulgarien ein.

Das Tempo des Heimschaffungsverkehrs weist im Berichtsjahre leider keine Besserung, vielmehr eine Verschlechterung auf. Die Heimschaffungsbegehren nahmen im Jahre 1920 bis zur Erledigung mit Italien im Durchschnitt 176 Tage (1919: 159), mit Frankreich 150 Tage (1919: 99), mit Deutschland 79 Tage (1919: 47) und mit Österreich 122 Tage (1919: 94) in Anspruch.

28. Die im Jahre 1918 mit Frankreich vereinbarte Beschränkung der Übergabe heimzuschaffender Personen nach

359 und von Frankreich auf den Bahnhof Vallorbe war eine Massnahnie, die sich aus der Schwierigkeit ergab, während des Krieges an andern Stellen die Grenze zu überschreiten ; seither hat die Massnahrue ihre Berechtigung eingebüsst. Sie wurde daher auf unsern Antrag hin im Einverständnis mit der französischen Eegierung wieder aufgehoben. Die Übergabe heimzuschaffender Personen im Verkehr mit Frankreich kann demnach wieder an den üblichen Grenzstellen Genf, Vallorbe, Les Verrières respektive Pontarlier, Pruntrut respektive Delle und nun auch in Basel respektive St. Ludwig stattfinden, wobei die Wahl des Übergabeortes dem die Heimschaffung vollziehenden Staat freigestellt sein soll.

P. Ausweisschriften.

29. Häufig kam es vor, dass Schweizer im Ausland versäumten, sich nach Vorschrift von Art. 40 ff. des Konsularreglements bei der zuständigen schweizerischen Vertretung anzumelden und sich in die Konsulatsregister immatrikulieren zu lassen. Sehr zahlreich waren auch die Passverluste, die ihrerseits der missbräulichen Verwendung von Ausweispapieren Vorschub leisteten. Weiterhin wurden vielfach die Vorschriften über die militärische Anmeldung bei den schweizerischen Gesandtschaften und Konsulaten, über den militärischen Urlaub, sowie die Leistung des Militärpflichtersatzes missachtet.

Um diesen Übelständen entgegenzuwirken, haben wir uns, nach Fühlungnahme mit den andern in Betracht kommenden Departementen, zur Herausgabe eines in allen Landessprachen gedruckten, sogenannten Passzettels entschlossen, der von den schweizerischen Passbehörden des !n- und Auslandes in jeden ihnen vor Augen kommenden alten oder neuen Pass eingeklebt wird und auf die bestehenden Vorschriften aufmerksam macht.

G. Rekurse.

a. Betreffend Verletzung der Niederlassungsverträge und gegen kantonale Ausweisungsverfügungen.

80. Wir hatten uns im Berichtsjahr mit 14 Bekursen wegen Verletzung der Niederlassungsverträge zu beschäftigen.

Die Fälle fanden folgende Erledigung: l Beschwerde wurde gutgeheissen, 9 Beschwerden wurden abgewiesen, auf 3 Beschwerden wurde wegen Verspätung nicht eingetreten, l Beschwerde war am Schluss des Geschäftsjahres noch hängig.

Ferner wurden 70 Bekurse von Ausländern wegen Ausweisungsverfügunge'n k a n t o n a l e r Behörden auf Grund von

360

Art. 27 der Verordnung über die Kontrolle der Ausländer vom 17. November 1919 anhängig gemacht, davon 7 von Deserteuren und Eefraktären.

Die Eekurse wurden wie folgt erledigt: l Beschwerde wurde gutgeheissen, 37 Beschwerden wurden als unbegründet abgewiesen, 20 Beschwerden wurden erledigt durch Nichteintreten zufolge Nichterschöpfung des kantonalen Instanzenzuges, 12 Beschwerden waren am Ende des Berichtsjahres noch hängig.

31. Aus den Entscheidungen heben wir die folgenden Erwägungen grundsätzlicher N a t u r besonders hervor: Rekursfrist.

a. Auf einen Eekurs kann nur dann eingetreten werden, wenn er sich gegen einen Entscheid der letzten kantonalen Instanz richtet und rechtzeitig (Art. 178, Ziff. 8 Organisationsgesetz) eingereicht wurde. Wenn die oberste kantonale Instanz Eintreten verweigerte, weil eine kantonale Eekursfrist nicht eingehalten wurde, hat sich die1 eidgenössische Eekursinstanz zunächst auf die Prüfung dieser Frage zu beschränken. Ergibt sich aus dem kantonalen Eecht, dass die oberste kantonale Instanz mit Eecht nicht eingetreten ist, dann ist der kantonale Instanzenzug nicht erschöpft, der Entscheid der untern kantonalen Instanz vielmehr rechtskräftig geworden, und infolgedessen kann auch die eidgenössische Eekursbehörde nicht auf den Eekurs eintreten (Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 29. Juni 1920).

b. In einem Entscheid hat der Bundesrat es abgelehnt, die Frist des Art. 178, Ziff. 3, Organisationsgesetz, von der Einreichung oder der Ablehnung eines Wiedererwagungsgesucb.es bei der obersten kantonalen Instanz an zu berechnen. Die Frist beginnt zu laufen mit Mitteilung desjenigen kantonalen Entscheides, gegen welchen es kantonal keine Weiterziehung mehr gibt; ein Wiedererwägungsgesuch vermag das Eechtskräftigwerden dieses Entscheides nicht zu hemmen, weil es keinen Eechtsanspruch auf erneute Prüfung schafft ; es kann nicht im Belieben des von der Ausweisung Betroffenen liegen, Fristablauf und Eintritt der Eechtskraft einseitig zu beeinflussen und allenfalls durch'stets erneuerte Wiedererwägungsgesuche die Frist illusorisch zu machen.

Örtliche Zuständigkeit.

c. Da besondere Bestimmungen fehlen, muss angenommen werden, die Behörde desjenigen Ortes sei für die Ausweisung zuständig, wo das gesamte Verhalten des Ausländers am besten

361 beurteilt werden kann, also diejenige des Niederlassungsortes (beim Fehlen von Niederlassung: des Wohn- bezw. hauptsächlichsten Aufenthaltsortes). Die einmal begründete örtliche Zuständigkeit wird durch Wegzug nach Einleitung des Verfahrens nicht hinfällig (Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 26. Oktober 1920).

Sachliche Zuständigkeit und Geltungsbereich.

d. Der Bundesrat ist zuständig zum Entscheid aller Eekurse, in denen eine Verletzung niederlassungsvertraglicher Bestimmungen behauptet wird. Art. 102, Ziff. 8, Bundesverfassung, Art. 189 Organisationsgesetz. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Eekurs sich gegen eine Landesverweisung oder Verweigerung der Niederlassung richte. Voraussetzung der Zuständigkeit des Bundesrates ist jedoch, dass der Bekurrent überhaupt berechtigt sei, sich auf den Niederlassungsvertrag zu berufen, dass er unter dessen Schutz stehe; das ist nicht der Fall bei Deserteuren und Eefraktären, da diese sich beim Eintritt in die Schweiz bezw. während ihrer Anwesenheit nicht in Übereinstimmung mit unsern Polizeivorschriften befanden. Ihre Duldung beruht lediglich auf Angemessenheitserwägungen, keineswegs aber auf einem niederlassungsvertraglichen Rechtsanspruch. Deserteure und Eefraktäre können sich also auf die Niederlassungsverträge überhaupt nicht berufen (Bundesratsentscheid vom 30. November 1920, Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 6. Juli 1920).

e. Schieber, Wucherer etc. im Sinne von Art. 27, Abs. l, der Verordnung vom 17. November 1919 sind durch den Bundesrat auszuweisen. Die hier in Betracht fallenden Tatbestände können allerdings auch bei der Begründung von Ausweisungen gemäss Art. 27, Abs. 2, oder nach kantonalem Eecht mitverwendet werden, da sie den Zweck des Aufenthaltes und die Persönlichkeit des Ausländers illustrieren. Wenn aber ausschliesslich oder hauptsächlich aus solchen Gründen ausgewiesen werden soll, dann ist die Zuständigkeit des Bundesrates gegeben.

/. Deserteure und Eefraktäre. Der Grund ihrer Duldung fällt weg mit erfolgter Amnestie. Ob diese auf den einzelnen Fall Anwendung finde, ist im Eekursverfahren nachzuprüfen. Es kommen Fälle vor, wo diese Frage schwer zu entscheiden ist, so z. B. bei Italienern.

Solange der Ausländer aber nicht sicher amnestiert ist, bezw. bei richtigem Verhalten Amnestie erwirken
könnte, kann er nicht wegoder ausgewiesen werden, es sei denn auf Grund von Art. 17 des Bundesratsbeschlusses vom 29. Oktober 1918 betreffend die fremden Deserteure und Eefraktäre (Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 6. Juli 1920).

362 g. Art. 27 der Verordnung vom 17. November 1919 gibt den Kautonen in Abs. 2, Satz 2, die Möglichkeit der Ausweisung aus den dort genannten Gründen; diese Ausweisung gilt ohne weiteres für dio ganze Schweiz. Die Kantone können auch Ausweisungen nach kantonalem Eecht für die ganze Schweiz gültig machen dadurch, dass sie sich auf die Verordnung berufen (Art. 28, Abs. 1). Ein Rekurs bestriftdie Gültigkeit dieser Bestimmungen für solche Ausländer, die vor Bestehen der eidgenössischen Fremdenpolizei in die Schweiz gekommen sind. Dies wurde zurückgewiesen; es ist kein Grund einzusehen, warum die Art. 27 und 28 der Verordnung vom 17. November 1919 nicht auf alle Ausländer Anwendung finden sollten (Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 10. Juni 1920).

h. Niederlassung ist nicht Voraussetzung der Ausweisung gcmäss Art. 27 und 28 der Verordnung. Beim Vorliegen der gesetzlichen Ausweisungsgründe kann auch der blosse Aufenthalter, auch der nur Tolerierte, ausgewiesen werden. Auseinanderzuhalten sind Aus- und Wegweisung; wer gültige Niederlassung besitzt, kann nur ausgewiesen werden; wer dagegen bloss die Bewilligung zu vorübergehendem Aufenthalt oder Toleranz besitzt, kann weggewiesen (Fristablauf, Art. 9 der Verordnung) oder ausgewiesen (Art. 27 der Verordnung) werden; letzteres gleichfalls, weil nicht einzusehen wäre, warum die weitergehenden Wirkungen der Ausweisung nicht auch auf diese Ausländer sollten Anwendung finden können, sofern nur die gewichtigeren Gründe der Ausweisung verwirklicht sind (Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 4. Januar 1920).

\

Verfahren.

i. Bekanntlich können die Kantone durch Anrufung von Art. 27 und 28 der Ausländerverordnung den Ausweisungen auf Grund kantonalen Eeehtes Geltung für das gesamte Gebiet der Schweiz erteilen ; dem betroffenen Ausländer steht dann aber auch der Eekurs an das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement offen. Dieses hat nun entschieden, dass in solchen Fällen der Eekurs nur dann geschützt werden kann, wenn die Anwendung des kantonalen Ausweisungsrechtes als eine willkürliche erscheint (Entscheid des Justiz- und,, Polizeidepartements vom 23. März 1920).

fc. Eechtskraft administrativer Entscheide. Ein Kanton hatte einen Ausländer ausgewiesen, diesen Beschluss einige Jahre später wieder aufgehoben, bald darauf aber den Betreffenden erneut ausgewiesen, aus Gründen, die schon zur Zeit des Wiederaufhebungsbeschlusses bestanden, aber nur teilweise bekannt und in Berücksichtigung gezogen waren. Es stellte sich die Frage, ob nicht die

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Bechtskraft der Wiederaufhebung der erneuten Ausweisung im Wegestand. Der Bundesrat verneinte dies. Administrative Entscheidesind nicht in gleicher Weise wie gerichtliche Urteile der Eeehtskraft fähig. Es handelt sich um Entscheide, die mit Bücksicht auf die öffentliche Ordnung ergingen. Solche müssen revidierbar sein, wenn-, ihre Voraussetzungen sich ändern (Entscheid des Bundesrates vom 28. Dezember 1920).

l. Ausweisung und gerichtliche Landesverweisung. Die Ausweisung ist nicht eine Strafe, sondern eine administrative Massnahme;.

der Grundsatz ne bis in idem kann daher einer Ausweisung auf Grund von Delikten nicht entgegenstehen, auch wenn das sie beurteilendeGericht von der Ausweisungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat (Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 26. März: 1920).

Art. 27, Abs. 2, der Verordnung.

m. Ungenügender Ausweis über einen einwandfreien und den Interessen der Schweiz nicht zuwiderlaufenden Zweck de? Aufenthalte» bildet einen selbständigen, für sich allein genügenden Ausweisungsgrund. Die Auffassung, dass dieser Grund nur zusammen mit einem der unmittelbar vorher in Art. 27, Abs. 2, genannten polizeilichen Verstösse genügen könne, ist, in Übereinstimmung mit der bisherigen gefestigten Praxis, zurückgewiesen worden (Entscheiddes Bundesrates vom 6. Dezember 1920).

n. Widerhandlung gegen die Weisungen der Polizeibehörden..

Nicht jede geringfügige Widerhandlung kann genügten. Lärmmachen in einer Wirtschaft und darauffolgende Weigerung, einem Polizeimann auf den Posten zu folgen, würde für sich allein die Ausweisung nicht gerechtfertigt haben (Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements.

vom 10. Juni 1920).

Kantonales Ausweisungsreeht.

o. Neuchâtel, loi sur la police des habitants du 17 mars 1908, Es ist nicht zu beanstanden, dass ernstgemeinte Todesdrohungen alssittenpolizeilicher Ausweisungsgrund (mauvaises moeurs) behandelt werden. Daran ändert die Tatsache nichts, dass die auf Grund der Drohungen eingereichte Strafklage zurückgezogen worden ist (Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 10. Juni 1920).

Niederlassungsverträge.

p. Deutscher, Art. 2. Dieser Artikel will eine erschöpfende Aufzählung der Aus- und Zurückweisungsgründe geben. Nach der Natur der Sache kann diese aber nur wenig präzis sein, d. h. sie muss sich, mit sehr allgemeinen Wendungen behelfen; eine solche liegt vor in den «sonstigen polizeilichen Gründen». Der vieldeutige Ausdruck

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«polizeilich» muss hier in seinem weitesten Sinne gefasst werden, denn die Bestimmung beschränkt den Staat in der Ausübung von .Souveränitätsrechten, und diese Beschränkung kann nur insoweit als gewollt angesprochen werden, als aus dem Text mit Notwendigkeit .auf sie geschlossen werden muss. Unter die sonstigen polizeilichen Gründe fallen daher auch solche fremdenpolizeilicher und wirt. schaftspolizeilicher Natur (Entscheid des Bundesrates vom 30. November 1920).

q. Ein Deutscher wurde wegen Gefährdung der Kechtssicherheit ausgewiesen. Solche Gefährdung, z. B. durch Ausstossen ernstgemeinter Drohungen, bildet zweifellos einen polizeilichen Auswei·sungsgrund gemäss Art. 2 des Niederlassungsvertrages (Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 23. März 1920).

Asylreeht.

r. Immer wieder müssen ganz irrige Auffassungen mit Bezug auf das sogenannte Asylrecht zurückgewiesen werden. Von einem Asylrecht kann nur gesprochen werden als von einem Eechte des Staates, Asyl zu gewähren, wie z. B. im bekannten Wohlgemuthandel in Präge stand. Dagegen waren Literatur und Praxis -stets einmütig in der Zurückweisung der immer wieder geltend gemachten Auffassung des Asyls als eines öffentlich-rechtlichen An·spruches des Ausländers auf Asylgewährung. Das Asyl beruht, nicht anders als die Toleranz, nicht auf einem Eechtssatz, sondern nur auf einer, allerdings grundsätzlichen, Angemessenheitserwägung, ist lediglich, wie Burckhardt, Kommentar zur Bundesverfassung, II. Aufl., S. 649, sagt, eine Maxime schweizerischer Politik. Für Militärflüchtlinge (Deserteure und Eefraktäre) kommt Asyl nicht in Betracht; sie werden toleriert aus Gründen ganz anderer Natur (Entscheid des Justiz- und Polizeidepartements vom 15. Juli 1920).

In einem allerdings nicht zum Entscheid gelangten Falle hat die Polizeiabteilung die Ansicht ausgesprochen, dass sich auf Asyl nicht ·mehr berufen könne, wer nach seinem Eintritt in die Schweiz die Polizeibehörden irregeführt oder sich ihrer Kontrolle entzogen hat; auch vom politischen Flüchtling muss, wenn er einmal in der Schweiz Ist, die Einhaltung aller bestehenden Eechtsvorschriften, insbesondere ;aber der fremdenpolizeilichen Vorschriften, verlangt werden.

b. Beschwerden gegen Verweigerung 4er Einreise, gegen Ablehnung der Verlängerung des Aufenthaltes und gegen Einsprachen betreffend
Niederlassung etc.

Die Instruktion dieser Fälle liegt bei der der Polizeiabteilung unterstellten Eekursabteilung (Geschäftbericht für 1919, Bundesbl.

1920, II, S. 91).

365 32. Vom 1. Januar bis 31. Dezember 1920 sind 842 Eekurse «ingegangen, von denen 309 wegen Inkompetenz der Zivilrekursabteilung an andere zuständige Instanzen, hauptsächlich an die Militärrekursabteilung, weitergeleitet werden mussten.

464 Eekurse fanden ihre Erledigung durch motivierte Entscheide des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements.

69 Eekurse, die zum überwiegenden Teil im Laufe des Monats Dezember 1920 eingingen, wurden als Tendenzen ins neue Jahr übernommen.

Die Erledigung der Eekurse ging hinsichtlich der Zeitdauer in anormaler Weise vor sich. Bückstände hatten wir keine zu verzeichnen.

Die Behandlung von Niederlassungsrekursen bildet den Hauptbestandteil der Tätigkeit der Zivilrekursabteilung. Von 239 Eekursen wurden 58 gutgeheissen, 14 teilweise und 167 gänzlich abgewiesen.

Befristete Aufenthaltsgesuche wurden 18 gutgeheissen, 29 dagegen abgelehnt.

Von Wiedererwägungsgesuchen gegen Eekursentscheide in Niederlassungs- und Aufenthaltsangelegenheiten wurden 9 gutgeheissen und 12 abgelehnt.

Bei Verlängerungsgesuchen halten sich Gutheissung und Ablehnung die Wage (8 : 7), das gleiche ist von Dauervisabegehren zu sagen; das Verhältnis ist 4 : 3 .

Beschwerden wegen Ansetzung von Ausreisefristen sind 19 gutgeheissen und 40 Fälle abgewiesen worden.

5 Eekurse betreffend Aufhebung der Grenzsperre wurden abgewiesen.

l Eekurs betreffend Aufhebung einer Gesandtschaftsverfügung '(Verweigerung des Einreisevisums) wurde geschützt.

16 Eekurse mussten wegen verpasster Eekursfrist zurückge-wiesen werden.

Eine grosse Anzahl Eekurse (54) fanden infolge Eüekzuges der Eekursbegehren oder vorbehaltloser Zustimmung der Zentralstelle für Fremdenpolizei zu den Eekursanträgen ihre summarische Erledigung durch Abschreibung der Eekurse.

Die Ein- und Ausgänge sonstiger Korrespondenzen betragen 3834 Stück.

In vorliegender Statistik wurde nur das Hauptbegehren eines Hekurses berücksichtigt, in den meisten Fällen findet indessen eine JKumulierung der Begehren statt.

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H. Heimatlosigkeit.

33. Unter dieser Bubrik erwähnen wir sowohl die Fälle eigentlicher Heimatlosigkeit, in denen ein Bürgerrecht überhaupt nicht, besteht, ein solches also neu begründet werden sollte, als auch die Bürgerrechtsangelegenheiten, bei welchen der Besitz eines Bürgerrechts behauptet wird, die Anerkennung desselben jedoch noch erwirkt werden muss.

Während des Berichtsjahres wurden 41 Bürgerrechtsfälle behandelt. Am Ende des Jahres waren noch deren acht hängig.

Es handelte sich in einem Falle um einen Schweizer, der vor 50 Jahren nach Belgien ausgewandert ist. Seine Geburt in der Schweiz konnte nachgewiesen werden. Die Bestimmung seiner Heimatzngehörigkeit -- es kommt dabei eine kleine tessinische Gemeinde in Frage -- stiess aber auf Beweisschwierigkeiten.

In einem andern Falle hatte eine Schweizerin im damals deutschen Elsass einen unehelichen Knaben geboren, der dann vom Vater, einem Süddeutschen, anerkannt wurde. Nach der deutschen Gesetzgebung hat der Knabe durch die Anerkennung die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erworben. Nach dem damals geltenden schweizerischen öffentlichen Becht hätte der Uneheliche auch nicht das Bürgerrecht des Vaters erhalten. Die Abteilung kam daher zum Schlüsse, der Knabe sei nach der Heimat der Mutter zuständig.

Unter den infolge des Krieges aus Bussland zu uns verschlagenen Personen befand sich ein Knabe, den ein Schweizer nach russischem Becht gültig adoptiert hatte. Die Adoption verschafft aber nach schweizerischem öffentlichen Becht nicht die Staatsangehörigkeit des Adoptierenden. Dem Knaben konnte daher das Schweizerbürgerrecht nicht zuerkannt werden.

Die Abteilung behandelte ferner 13 Heimatlosenfälle, wovon 6 im Berichtsjahre nicht zur Erledigung kamen. Es darf vorausgeschickt werden, dass Fälle von. Heimatlosigkeit aus schweizerischen Verhältnissen sozusagen nicht entstehen.

Die Ursachen der Heimatlosigkeit in den behandelten Fällen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Eine erste Gruppe von Heimatlosenfällen ist den Kriegsfolgen zuzuschreiben. Durch die verworrenen politischen Verhältnisse in Osteuropa sind zahlreiche Personen staatenlos geworden.

Die Schweiz lehnt selbstverständlich jegliche Verantwortung für solche Fälle ab.

Die Hauptursache der gegenwärtig in der Schweiz entstehenden Heimatlosenfälle ist jedoch auf die englische Gesetzgebung zurück-

367

zuführen. Das ausserhalb des Königreiches geborene uneheliche Kind einer Engländerin erwirbt nicht die englische Staatsangehörigkeit.

In einem Falle hat jedoch die Abteilung von den britischen Behörden erwirkt, dass ein solches Kind in den Beisepass seiner Mutter einbezogen wurde.

Es sind ferner drei andere Fälle hängig, welche uneheliche Kinder ·betreffen, wobei die Mütter amerikanischer, deutscher und russischer Abstammung sind und ein Erwerb der Staatsangehörigkeit der Mutter ,aus verschiedenen Gründen als ausgeschlossen erscheint.

Endlich ist ein Fall vorgekommen, bei dem schweizerische Ver.hältnisse und Beziehungen ausschlaggebend erschienen und daher die Eigenschaft eines «schweizerischen» Heimatlosen ohne weiteres gegeben war. Der Kanton Bern hat einem 46jährigen Manne, der seit 40 Jahren im Kanton wohnt, das Bürgerrecht verliehen. Der Betreffende wurde als fünfjähriger Knabe einer bernischen Gemeinde zugeführt und dort erzogen. Ausweisschriften besass er nie. Aus der Geburtseintragung in Paris durfte jedoch geschlossen werden, er stamme von einem Bürger der betreffenden Gemeinde ab. Formell ist zu betonen, dass der Kanton Bern die Einbürgerung von sich .aus vornahm. Das Heimatlosenverfahren nach dem eidgenössischen Gesetz ist nicht notwendige Voraussetzung zu einer Einbürgerung .aus Gründen der Heimatlosigkeit, es ist vielmehr nur ein Zwangsmittel, um die Kantone zur Einbürgerung anhalten zu können. Diese können also schon von sich aus Heimatlosenfälle erledigen. Es muss .aber verlangt werden, dass solche Fälle der eidgenössischen Behörde mitgeteilt werden, damit gegen eine mögliche Umgehung der Vorschriften des Bundesgesetzes betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechts und den Verzicht auf dasselbe Einspruch erhoben werden kann.

J. Strafvollzug.

34. Vollstreckung bei auf Grund von B u n d e s s t r a f recht durch kantonale Gerichte ausgefällten Strafen.

Der Stellungnahme der Polizeiabteilung in mehreren Fällen ist folgendes von grundsätzlicher Bedeutung zu entnehmen: Das Bundesrecht (Organisationsgesetz, Art. 146 und 148) unterscheidet zwei Gruppen von Straffällen, deren Beurteilung und Verfolgung den kantonalen Justizbehörden übertragen wird: a. (OG, Art. 146) Übertragung ex lege, ein für allemal, b. (OG, Art. 148) Übertragung durch individuellen Beschluss des Bundesrates. Im -erstem Falle steht die Vollstreckung ausschhesslich dem Kanton zu {siehe Geschäftsbericht des eidgenössischen Justiz- und Polizeide-

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parlements 1919, S. 50/51), bei der Grappe l dagegen verfügt über die Vollstreckung der Bund, d. h. die Polizeiabteilung (siehe Geschäftsbericht 1919, S. 52). Darauf lässt auch die Eegelung der Rechtsmittelergreifung schliessen (Art. 158 OG). Die Fälle der Gruppe fr bleiben bis zum rechtskräftigen Urteil unter der Kontrolle des Bundesrates, der, anders wie bei der Gruppe a, durch selbständige Ergreifung der Rechtsmittel Entscheide von untern und Uberweisungsinstanzen anfechten kann. Dabei gilt jedoch notwendigerweise eine Ausnahme in einem Fall der Konkurrenz eidgenössischen und kantonalen Strafrechts. Auch für diese Konkurrenz gilt Art. 33 Bundesstrafrecht, siehe Bundesgerichtliche Entscheidungen, Bd. XXXIV/I, S. 118r ohne dass daneben kantonale Kombinationsnormen in Betracht fallen könnten ; entscheidend ist demnach, auf welchen der mehreren im konkreten Fall vorliegenden Straftatbestände das höchste Strafmaximum angedroht ist. Ist dieser Tatbestand ein kantonaler, zieht das Bundesstrafrecht den kürzern, dann muss das Urteil wie ein ausschliesslich auf kantonalem Recht beruhendes behandelt werden, dann ist die Vollstreckung, wie auch die Begnadigung, stets Sache des Kantons. Das Umgekehrte gilt natürlich, wenn bei Anwendung der Kombinationsnorm das kantonale Recht den kürzern zieht (siehe Kreisschreiben des Bundesrates vom 21. Mai 1909, Bundesbl. 1909, Bd. III, S. 707).

Gilt demnach für die Urteilsvollstreckung die Regel, dass diesein den Fällen der Gruppe a (Art. 146 OG) Sache des Kantons, in den Fällen der Gruppe b (Art. 148 OG) aber Sache des Bundes ist (mit der erwähnten Ausnahme der Konkurrenz zugunsten des kantonalen Rechts), so ist es ganz anders bei der Begnadigung: nach der Praxis der Bundesversammlung steht dieser die Kompetenz der Begnadigung zu mit Bezug auf alle in Anwendung eidgenössischen Strafrechtes gefällten Urteile (also entfällt hier die Unterscheidung der beiden Gruppen). Nun hat sich aber in verschiedenen Fällen des Berichtsjahres die Frage gestellt, ob Strafumwandlung, bedingte Entlassung und ähnliche Einrichtungen k a n t o n a l e n R e c h t e s neben der bundesrechtlichen Begnadigung Anwendung finden können.

Sie ist aus folgenden Gründen zu verneinen: Wenn der Unterschied zwischen Vollstreckung und Begnadigung nicht überhaupt preisgegeben werden soll, muss daran
festgehalten werden, dass beide in einem begrifflichen Gegensatz stehen: Die Begnadigung ist ihrem Wesen nach das Gegenteil von Vollstreckung, nämlich Verzicht auf, diese; die Vollstreckung kann nichts ändern am Urteil, jedes minus gegenüber dem Urteil ist Begnadigung. Das Urteil beruht auf Bundesrecht, die Strafen sind daher bundesrechtlich zu verstehen und demgemäss zu vollstrecken. Straf Umwandlung, bedingte Ent-

369 lassung und dergleichen kennt das Bundesrecht nicht, bezw. es kennt dafür nur die Form der Begnadigung (siehe hierzu unten:: IV, G, Ziff. 24). Nicht massgebend ist dabei, ob das kantonale Eecht diese Einrichtungen als Vollstreckungsbestandteile betrachtet; für das Bundesrecht sind sie es nicht, sofern sie ein minus darstellen, gegenüber dem Buchstaben des Urteils. Der Umfang des bundesrechtlichen Begnadigungsrechtes bestimmt sich nicht nach den kantonalen Begriffen der Vollstreckung, sondern ausschliesslich nach.

Bundesrecht.

E. Automobile.

35. Statistik. Seit Kriegsende hat das Automobilwesen eine ungeahnte Entwicklung erfahren. Im Jahre 1914 zählte man in der Schweiz ungefähr 6000 Kraftwagen, Lastwagen inbegriffen, und.

5000 Motorräder. Die eidgenössische Statistik auf den 1. Juni 1920 weist folgende Zahlen auf: Personenwagen 8902 Lastwagen 8331 Motorräder 8179 Die Anzahl der Motorfahrzeuge hat sich also seit Kriegsbeginn ungefähr verdoppelt.

36. Während des Berichtsjahres war die Polizeiabteilung berufen, verschiedene Bestimmungen des Automobilkonkordates von 1914 auszulegen. · a. Ein Kanton hat angefragt, ob nicht die durch den Art. 17 A. K. vorgeschriebene besondere Bewilligung für L e h r f a h r t e n , nur für das Gebiet des sie ausstellenden Kantons gültig sei. Wir kamen zum Schlüsse, dass diese einschränkende Auslegung sich nicht rechtfertige und dass eine solche Ermächtigung für das Gebiet sämtlicher Konkordatskantone Gültigkeit habe.

b. Gewisse Kantone pflegen unserer Abteilung ihre Verfügungen betreffend den E n t z u g von F a h r b e w i l l i g u n g e n mitzuteilen. In einem Kreisschreiben haben wir die Kantone auf den Wortlaut des.

Art. 19 A. K. aufmerksam gemacht. Danach bezeichnet der Bundesrat eine Amtsstelle zur Führung des Zentralregisters für die Kraftfahrzeuge. Diesem Amte sollen die Kantone den Entzug von Fahrbewilligungen anmelden, und diese Stelle hat die Pflicht, die andern Kantone davon in Kenntnis zu setzen. Es ist vereinbart worden, dassdiese Mitteilung durch Veröffentlichung im Schweizerischen PolizeiAnzeiger zu erfolgen habe. Die Sektion für Motorwagendienst der Generalstabsabteilung ist gegenwärtig mit dieser Amtsverrichtung.: betraut.

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c. Der Kanton Baselstadt hat die Frage aufgeworfen, wie es mit der Steuer eines A u t o m o b i l i s t e n zu halten sei, welcher während des S t e u e r j a h r e s seinen Wohnsitz in einen andern K a n t o n verlegt. Hat der neue Kanton dasEecht, die Steuer pro rata zu beziehen, und ist der Kanton des früheren Wohnsitzes zu .Bückerstattung verpflichtet, oder gilt die Taxe als ein für allemal bezahlt? Der Kanton Bern hat die absolute Steuerhoheit der Kantone in bezug auf die Automobilbesteuerung geltend gemacht und die Zulässigkeit einer interkantonalen Vorschrift bestritten. Die Kontroverse ist jedoch durch einen Entscheid des Bundesgerichtes erledigt (A. S. 44, I, S. 11). Unser höchster Gerichtshof hat den kantonalen Automobiltaxen den Charakter einer Steuer und nicht den einer -einfachen Gebühr zugesprochen. Die Bestimmungen über die Doppelbesteuerung sind daher anwendbar. Das Gericht hat ferner, um einen praktischen Massstab zu gewinnen, entschieden, dass für den Kanton · des neuen Wohnsitzes bei Wohnsitzwechsel im Lauf e des Jahres das Bechi zur Steuererhebung nach 90 Tagen und für jedes begonnene Quartal entstehe.

d. Der Kanton Schaffhausen hat die Frage gestellt, ob er die Automobilsteuer vom Geschäftsführer einer Fabrik für den Wagen erheben dürfe, den seine in Deutschland gelegene Firma ihm für ·seine Geschäftsfahrten zur Verfügung stelle. Die Abteilung hat .zunächst festgestellt, dass die internationale Übereinkunft über den Automobilverkehr in bezug auf Steuern nichts vorschreibt. Der Art. 21 · des Konkordates allerdings sieht eine Steuerbefreiung von 8 Monaten für den fremden Automobilisten unter Vorbehalt der Gegenseitigkeit ·seitens seines Heimatstaates vor. Im konkreten Fall handelt es sich um einen bleibenden Zustand und nicht um den einmaligen Übergang von einem Staat in einen andern. Es ist daher zu prüfen, =ob die A u t o m o b i l s t e u e r nur vom E i g e n t ü m e r (im vorliegenden Falle von der Firma, deren Sitz in Deutschland ist) erhoben werden · oder auch von einer a n d e r n Person verlangt werden kann, d.h.

von derjenigen, welche regelmässig ü b e r den Wagen v e r f ü g t .

Die Abteilung hat die letzte Lösung als richtig erachtet. Die Steuer hat tatsächlich nicht den Charakter einer Mobiliarsteuer, für deren Anlage die Eigentumsverhältnisse ausschlaggebend wären,
es handelt · sich vielmehr um eine öffentlich-rechtliche Abgabe als Gegenleistung für die Zulassung zum Verkehr. Diese Taxe beruht auf der tatsäch'lichen Benutzung des Wagens und soll grundsätzlich von demjenigen bezogen werden, welcher regelmässig über das Automobil verfügt und '.seine Verwendung bestimmt, im konkreten Falle von dem in der Schweiz wohnenden Geschäftsführer. Der Kanton Schaffhausen ist .daher grundsätzlich zur Steuererhebung berechtigt.

371 e. Das Militärdeparternent hat ein Gutachten über die Steuerbefreiung der M i l i t ä r r a d f a h r e r gemäss Art. 61 des Konkordates erstattet. Diese Befreiung gilt nur für die den Eadfahrerformationen zugeteilten Mannschaften.Sie können dieses Eecht nur beanspruchen, sofern sie auf ihrem Ordonnanzrad fahren. Wenn sie ein Privatrad benutzen, so müssen sie für dasselbe die Taxe entrichten. Die Frage wird für militärische Motorradfahrer nicht praktisch, weil der Bund am Ende des Dienstes die Maschine zurückzieht. Im übrigen ist das Ausleihen von Militärrädern durch das Reglement verboten. Ein Nichtmilitär kann sich daher nicht auf die Befreiung berufen und insbesondere nicht mit dem Dienstbüchlein des Militärradfahrers, der ihm sein Ead geliehen hatte, sich ausweisen.

37. Im Jahre 1920 hat die Abteilung zum erstenmal seit 1914 ·eine neue Ausgabe der «Zusammenstellung der Verordnungen über den Autoinobilverkehr in der Schweiz» veröffentlicht.

Das Verzeichnis der gesperrten Strassen und die besonderen kantonalen Vorschriften hatten zahlreiche Veränderungen erfahren, und der Text musste zum grössten Teil neu gesetzt werden. Man hat in der einen Auflage den französischen und den englischen und in der andern den deutschen und den italienischen Text vereinigt. Die Kantone sind ferner nach geographischen Gesichtspunkten und nicht mehr nach ihrer offiziellen Bangordnung angeordnet. Die Karte ist vervollkommnet worden. Die Kantone mit Sonntagsfahrverbot sind darauf durch eine besondere Farbe kenntlich gemacht worden. Wir rechneten für 1920 mit dem Eintritte von 5000 fremden Automobilfahrern.

Die wirkliche Zahl ist bedeutend geringer geblieben, so dass die Auflage von 4000 Exemplaren kaum verbraucht werden wird.

38. K a n t o n a l e Gesetzgebung. Die Kantone haben eine ziemlich rege gesetzgeberische Tätigkeit in bezug auf den Automobilismus entfaltet. Die Sonntagsfahrverbote für die Sommermonate haben sich verallgemeinert. Die Polizeiabteilung hat versucht, eine gewisse Einheitlichkeit zu erreichen und dem von der Polizeidirektorenkonferenz aufgestellten Vorschlag, d. h. dem Verbot von 12 Uhr mittags bis 6 Uhr abends für die Periode vom 1. Mai bis zum 30. September, zum Durchbruch zu verhelfen. Elf Kantone haben diesem Vorschlage zugestimmt, nämlich Solothurn, Aargau, Thurgau, Zürich, Zug, Schwyz,
Baselland, Appenzell Ausser-Ehoden, St. Gallen, Schaffhausen und Neuenburg. Die Westschweiz hat etwas abweichende Verfügungen getroffen: Genf hat ein Verbot von l Uhr mittags bis 7 Uhr abends eifessen, dabei jedoch vier Hauptverkehrsstrassen offen gelassen. Waadt hat abgestuft: Verbot von 12 Uhr mittags bis 7 Uhr abends vom 1. Mai bis zum 31. August und von 12 Uhr mittags bis 6 Uhr abends von da an bis zum 15. Oktober. Bern ist Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. IL

25

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später gefolgt und hat das Fahren vom 15. Mai bis 15. August von 12 Uhr mittags bis 7 Uhr abends, vom 15. August bis 30. September von 12--6 Uhr verboten. Luzern endlich hat sich entschlossen, von l Uhr bis 6^2 Uhr zu verbieten, und zwar vom 15. Juni hinweg bis zum 30. September. Fügt man noch hinzu, dass Glarus ein gesetzliches Verbot von 9 Uhr bis 6 Uhr für die Monate Mai bis September besitzt und dass die beiden Unterwaiden den Autoverkehr am Sonntag überhaupt verbieten, so kommt man zu einem wahrlich mehr als buntscheckigen Bild, besonders wenn man bedenkt, dass die Feiertage von Kanton zu Kanton verschieden sind. Die wirtschaftlichen Interessen des Landes verlangen gebieterisch, dass diesem Zustande baldmöglichst abgeholfen werde.

Vier Kantone : Aargau, Glarus, Zug und Zürich, haben Lastwagen und Autoanhängewagen mit eisernen Badreifen vom Verkehr ausgeschlossen.

39. K o n k o r d a t von 1914. Die Glarner Landsgemeinde vom Mai 1920 hat den Beitritt des Kantons zum Konkordat beschlossen. Zur heutigen Stunde gehören alle Kantone mit Ausnahme von Zug, Unterwaiden (Ob- und Nidwaiden), Graubünden und Genf dem Konkordat an. Während des Jahres 1920 ist ein Missverständnis aufgeklärt worden. Seinerzeit hatte der Kanton Genf den förmlichen Beitritt zum Konkordat erklärt. Im Laufe des Jahres bestritt er jedoch seine Mitgliedschaft. Der scheinbare Widerspruch konnte gelöst werden : Der Grosse Bat des Kantons Genf hat zu wiederholten Malen den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Beitrittsbeschlusses verschoben, so dass er nie in Bechtskraft erwachsen ist.

Es war ernstlich die Bede davon, eine teilweise oder sogar allgemeine Bevision des Konkordates vorzunehmen. Ein Kanton stellte den Antrag, die Formel des Art. 7 zur Berechnung der Motorstärke zu revidieren. Die gegenwärtige Formel entspricht einer Tourenzahl von ungefähr 1200 pro Minute. Die meisten modernen Motoren haben jedoch eine viel höhere Tourenzahl. Die Erhöhung des Koeffizienten 0,3 auf 0,4 ist vorgeschlagen worden. Ohne vollkommen zu sein, kommt die neue Formel der wissenschaftlichen Wahrheit näher als die alte. Die erstaunliche Zunahme der Lastwagen hat die Bevisionsbedürftigkeit der gesetzlichen Bestimmungen über die schweren Kraftwagen fühlbar gemacht. Die Techniker sind aber noch nicht in allen Punkten einig. Die Studien werden fortgesetzt. Man
hielt es für angebracht, die Begelung der Frage zu verschieben und die Abänderungen auf die Bevision der Art. 7 (Formel) und 22 (Erhöhung der Gebühr für internationale Fahrausweise) zu beschränken. Der Bundesrat hat die Teilrevision am 16. Dezember

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genehmigt, nachdem alle Kantone ihre grundsätzliche Zustimmung erteilt hatten.

40. Ve r f a s s u n g s r e v i s i o n . Die Verfassungsrevision zum Zwecke der Übertragung der Gesetzgebungskompetenz betreffend das Automobilwesen auf den Bund hat im Berichtsjahre entscheidende Fortschritte gemacht, nachdem die Vorlage zehn Jahre zwischen den beiden Eäten hin und her wanderte. Es wird gestattet sein, in diesem Zusammenhang kurz zu erwähnen, dass die Bevisionsvorlage in der Februarsession 1921 von der Bundesversammlung .angenommen wurde. Sie wird am 22. Mai dem Volke unterbreitet werden. Die Polizeiabteilung hat im Jahre 1920 die Vorarbeiten für die künftige eidgenössische Gesetzgebung nach Kräften gefördert.

L. Polizeitrausportwesen.

41. Das vom Bundesrat am 21. Juni 1909 genehmigte und seit I. Januar 1910 gültige Eeglement b e t r e f f e n d die Polizeit r a n s p o r t e wurde auf den 81. Januar 1921 gekündigt. Dasselbe bleibt indessen über diesen Zeitpunkt hinaus bis auf weiteres noch in Kraft, soweit keine Neuausgabe veröffentlicht wird.

Die im Abschnitt VI des erwähnten Reglements (I. Nachtrag) unter Ziffer l, lit. d, verzeichneten Taxen für Polizeitransporte im Transitverkehr Iselle di T r a s q u e r a - D o m o d o s s o l a und Pino Trozano-Luino sind mit Gültigkeit vom 1. Januar 1321 modifiziert worden.

Ferner haben auf Ende des Berichtsjahres die «Bestimmungen und Fahrpreise für Polizeitransporte auf den Bodenseestrecken Eorschach-Lindau, E o m a n s h o r n - L i n d a u , Romanshorn -Friedrichshafen, Eorschach - F r i e d r i c h s h a f e n und u m g e k e h r t » , gültig vom 1. März 1915, die Abänderung erfahren, dass, statt der halben Grundtaxen der Bundesbahnen, die halben Taxen für den II. Platz des Bodenseepersonentarifs (Querverkehr) massgebend sein sollen. Damit soll im Bodenseetransportverkehr der schweizerische T a r i f i e r u n g s g r u n d s a t z für Pol i z e i t r a n s p o r t e (halbe tarifmässige Taxe für III. Wagenklasse == II. Schiffsplatz) zur Durchführung gebracht werden. Der Bundesrat hat am 28. Dezember 1920 diese Abänderung mit Anwendung auf den 1. Januar 1921 genehmigt.

M. Zigeunerwesen.

42. Im Laufe des Berichtsjahres hatte sich die Polizeiabteilung wiederum mit der I d e n t i f i z i e r u n g von schriftenlosen Zigeunern zu befassen. Infolge der strengern Massregeln, welche

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von den kantonalen Polizeibehörden und den eidgenössischen Grenzwachtorganen gegen diese lästigen Eindringlinge angewendet werden, ist in der Schweiz eine leichte Abnahme derselben zu konstatieren.

Drei im Lande herumziehende schriftenlose Familien konnten identifiziert und nach der Beschaffung von gültigen Ausweispapieren ihrem Heimatstaate zugeführt werden. Leider hat das seit einigen Jahren im Einverständnis mit der kantonalen Polizeidirektorenkonferenz eingeführte System, während der Identifikationsdauer die männlichen Zigeuner in der bernischen Strafanstalt Witzwil zu internieren und im dortigen Landwirtschaftsbetrieb arbeiten zu lassen, insofern eine Änderung erlitten, als diese Anstalt insbesondere wegen der Seuchegefahr Zigeuner nicht mehr aufnehmen wollte. Auch die Asyle der Heilsarmee in Genf und Zürich, wo die weiblichen Zigeuner und Kinder interimistisch versorgt werden konnten, weigerten sich, solche Personen in Pflege zu nehmen, weil die betreffenden Zufluchtshäuser mit andern Insassen angefüllt waren. Die Leute mussten daher teils in anderen Strafanstalten, teils im Asyl des Basler Frauenvereins in Basel untergebracht werden.

Um gegen Einwanderung und Durchzug der Zigeuner eine Garantie zu schaffen, haben wir die Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen eingeladen, ihrem Bahnpersonal die bundesrätliche Verfügung vom 11. Juli 1906 in Erinnerung zu bringen, in welcher die B e f ö r d e r u n g von Zigeunern auf den schweizerischen T r a n s p o r t a n s t a l t e u untersagt ist.

N. Aufenthaltsnachforschungen.

43. Während des Berichtsjahres wurden wir in 78 (1919: 82) Fällen von schweizerischen Behörden und Privaten ersucht, Nachforschungen nach dem Schicksal ihrer im Ausland unbekannt abwesenden Landsleute zu veranlassen. Durch Vermittlung unserer diplomatischen Vertretungen konnten die Nachforschungen in 22 Fällen mit Erfolg durchgeführt werden ; in 9 Fällen blieben diese resultatlos. 47 Fälle waren am Schlüsse des Jahres noch pendent.

Ausserdem liefen bei uns von Seiten unserer Gesandtschaften und Konsulate 51 (1919: 17) Gesuche um N a c h f o r s c h u n g e n nach schweizerischen Staatsangehörigen in der Schweiz ein. In 22 Fällen sind die Vermissten eruiert worden; in 10 Fällen blieben die Nachforschungen ohne Erfolg. Am Ende des Jahres waren noch 19 Fälle pendent.

Die Gesamtzahl der Nachforschungsfälle des Auslandes, die bei uns anhängig gemacht worden sind, beträgt 92 (1919: 49).

Von diesen sind 85 behandelt worden, für die übrigen waren wir nicht

375 zuständig; 22 Fälle hatten Erfolg, während in 35 Fällen die Nachforschungen erfolglos blieben. 28 Fälle waren am Ende des Jahres noch pendent.

0. Zentralpolizeibureau.

Erkennungsdienst.

44. Die anthropometrische Zentralregistratur enthielt .Ende 1920: 48,215 (1919: 47,543) anthropometrische Signalemente. Die Fingerabdruckregistratur enthielt Ende 1920: 44,115 Daktybogen (1919: 38,476).

Der mit diesen Eegistraturen im Zusammenhang stehende Nachrichtendienst weist auf: Eingänge: 1685 (1919: 1569), A u s gänge: 2587 (1919: 2071). Es wurden 99 Personen, die anlässlich ihrer Verhaftung einen falschen Namen angegeben hatten, identifiziert (Vorjahr: 35).

Zentralstraf en register.

45.1. Von den Kantonen wurden Urteilsauszüge eingesandt: a. betreffend Angehörige des eigenen Kantons. . . 10,702 b.

» » anderer Kantone . . . .

8,723 c.

» Ausländer 2,511 II. Vom Bundesgericht sind Urteilsauszüge eingegangen: a. gegen Schweizerbürger 48 b. » Ausländer 38 III. Von Militärgerichten: a. gegen Schweizerbürger 1,049 b. » Ausländer 198 IV. Von der eidgenössischen Kommission für wirtschaftliche Straffälle 418 V. Von ausländischen Behörden gelangten an Auszügen von Strafurteilen gegen schweizerische Angehörige anher , .689 Zusammen 24,356 Die an ausländische Behörden gesandten Urteilsauszüge betrafen : Belgier 8 Deutsche 1077 Franzosen 270 Italiener 808 Liechtensteiner 34 Niederländer .

11 Österreicher 196 Tschechoslowaken 101 Angehörige anderer Staaten . . . . ' . . .

49 Zusammen 2554

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Von den 689 im Auslande gegen Schweizerbürger ausgesprochenen und unserem Bureau mitgeteilten Straf urteilen entfallen auf: Belgien 8 Deutschland 485 Frankreich 176 Italien l Luxemburg l Österreich 18 Serbien l Tschechoslowakei 4 Am Ende des Berichtsjahres enthielt das Zentralstrafenregister 399,764 Strafurteilsanzeigen (Vorjahr 372,884).

VI. Straf berichte wurden ausgestellt: 46,660 (Vorjahr 43,850).

VII. Dem schweizerischen Militärdepartement wurden 285 Urteile über schweizerische Wehrmänner, welche von bürgerlichen Gerichten zu schwereren Strafen verurteilt worden sind, mitgeteilt zwecks eventueller Ausschliessung derselben aus der Armee nach Art. 17 M. 0.

VIII. Der Eückfall von «bedingt Verurteilten» wurde in 284 Fällen (Vorjahr 288) den in Betracht fallenden kantonalen Gerichtsbehörden gemeldet.

IX. An Gebühren für Ausstellung von Auszügen aus dem Strafenregister zu privaten Zwecken wurden vereinnahmt Fr. 8508. 56 (Vorjahr 1619.10).

Schweizerischer Polizei-Anzeiger.

46. Der Schweizerische Polizei-Anzeiger umfasste für das Jahr 1920 im ganzen 800 Nummern mit 14,878 Artikeln auf 2248 Seiten.

Dazu kommen die üblichen Halbjahresregister mit je 130--150 Seiten. Die Ausschreibungen betreffend die Fremdenpolizei wurden in einer besondern Beilage zum S. P.-A. («Bekanntmachungen betreffend die Fremdenpolizei») veröffentlicht, umfassend 64 Nummern mit 522 Seiten und 3157 Artikeln. Jeder Nummer der Beilage war ein alphabetisches Namenregister beigegeben; ferner wurden sieben Sammelregister dazu herausgegeben, enthaltend die Namen sämtlicher ausgeschriebenen Personen (Umfang je 12--88 Seiten).

Der S. P.-A. und die Beilage zusammen enthalten auf 2770 Seiten Text 17,535 Artikel (1919: 2676 Seiten mit 18,006 Artikeln).

Infolge des Buchdruckerstreikes Ende 1920 konnte der S. P.-A. eine Woche lang nicht erscheinen.

Die Erhöhung des jährlichen Bezugspreises des S. P.-A. von Fr. 8. 70 auf Fr. 20 per Exemplar wurde allseits als begründet anerkannt und hat keine Reduktion der Auflage zur Folge gehabt.

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Die Auflage des S. P.-A. betrug auf Ende 1920: 1440 Exemplare in deutscher und 810 Exemplare in französischer Sprache, zusammen 2250 Exemplare; dazu die Beilage mit 2750 Exemplaren in deutscher und 1010 Exemplaren in französischer Sprache, zusammen 3760 Exemplare (in der Auflage inbegriffen eine bescheidene Anzahl Eeserveexemplare).

Zentralstelle für Fremdenpolizei.

Um das im XIV. und XV. Neutralitätsbericht Gesagte nicht zu wiederholen, wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen.

Die Zahl der Grenzübertritte von Ausländern (Ein- und Ausreisen im grossen Grenzverkehr) vom 1. Janua* bis zum 81. Dezember 1920 beträgt total 1,154,000. In dieser Zahl sind inbegriffen 330,000, also ca. 30 %, Durchreisen. Sie setzt sich zusammen aus 589,000 Einreisen und 565,000 Ausreisen, so dass ein Einreiseüberschuss von 24,000 Ausländern bleibt. Von diesen 24,000 in der Schweiz verbliebenen Ausländern sind 11,042 im Besitze von kurzfristigen Aufenthaltsbewilligungen ; 12,958 Ausländer haben von den Kantonen mit Zustimmung der Zentralstelle Niederlassungsbewilligungen erhalten.

Die Zahl der von der Zentralstelle als Niederlassungsgesuche behandelten Fälle beträgt 22,603. Es ist wiederum zu betonen, dass die Zahl der tatsächlich gestellten Niederlassungsgesuche eine bedeutend grössere ist. Um den Zudrang der Ausländer zur Niederlassung pro 1920 in der Schweiz zahlenmässig zu bestimmen, wären zu den 22,603 durch die Zentralstelle behandelten Gesuchen hinzuzuzählen einmal alle diejenigen Gesuche, die von Ausländern wohl als Niederlassungsgesuche gestellt wurden, aber nur mit einer Bewilligung zu befristeter Einreise ihre Erledigung fanden (diese Fälle figurieren in den statistischen Aufzeichnungen betreffend Bewilligung .zu befristetem Aufenthalt) ; ferner wären hinzuzuzählen alle diejenigen Niederlassungsgesuche, die von bereits eingereisten Ausländern direkt bei den Gemeinde- und kantonalen Behörden mündlich oder schriftlich gestellt, jedoch ohne weiteres zurückgewiesen wurden oder durch Bewilligung zu einem verlängerten Aufenthalt ausscheiden. Die Anzahl dieser Gesuche dürfte besonders in den grössern Städten eine nicht unerhebliche sein. Die Zentralstelle erhält leider hiervon keine Mitteilungen ; es können darum bestimmte Zahlen nicht genannt werden.

Am 16. Dezember 1920 erliess das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ein Kreisschreiben an die Kantone betreffend die Erneuerung von abgelaufenen Niederlassungsbewilligungen, das folgende Ausführungen enthält: «Die erstmalige Prüfung der Niederlassungsgesuche von Ausländern muss meistens erfolgen, bevor der betreffende Ausländer

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durch eine längere Anwesenheit in der Schweiz den zuständigen Behörden Gelegenheit gegeben hat, seine Persönlichkeit und namentlich den wirklichen Zweck der Wohnsitznahme in der Schweiz genau kennen zu lernen. Die Zentralstelle für Fremdenpolizei hat sich deshalb veranlasst gesehen, die ersten Niederlassungsbewilligungen*) in der Begel -- gewöhnlich auf ein Jahr -- zu befristen. Während dieses Jahres seiner persönlichen Anwesenheit wird es in den meisten Fällen möglich sein, festzustellen, ob der Ausländer sich unsern Gesetzen, Sitten und Anschauungen anpassen kann und will, was namentlich von Bedeutung ist im Hinblick auf die kommende Einbürgerungsgesetzgebung; denn es ist anzunehmen, dass viele dieser Niedergelassenen späterhin Kandidaten für die Erwerbung des schweizerischen Kantons- und Gemeindebürgerrechts abgeben werden.

Die Befristung der Niederlassungsbewilligungen durch die Zentralstelle erfüllt natürlich nur dann ihren Zweck, wenn nach Ablauf der bewilligten Niederlassungsdauer der betreffende Fall einer erneuten ernsthaften Prüfung unterzogen wird. Bei dieser Prüfung ist im besondevn festzustellen, ob dei betreffende Ausländer nicht seinen Wohnsitz geändert hat, ob er die Bedingungen, die seinerzeit zur Niederhssungsbewilligung geführt haben, tatsächlich noch erfüllt, ob die Verhältnisse hinsichtlich des Arbeitsmarktes keine Veränderung erfahren haben und ob gegen seine persönliche Führung keine Einwendungen gemacht werden müssen.

Nach Vornahme dieser zweiten Prüfung wird es in der Eegel möglich sein, darüber zu entscheiden, ob eine Erneuerung der Niederlassungsbewilligung verweigert werden muss und der betreffende Ausländer das Land zu verlassen hat, oder ob ihm die Bewilligung nun unbefristet erteilt werden kann. (Da die Ausweisschriften in der Eegel befristet sind und auch die unbefristete Niederlassungsbewilligung bei Ablauf und Nichterneuerung derselben dahinfällt, ist der Schrifteneuipfangsschein stets nur auf die Gültigkeitsdauer der Ausweisschriften auszustellen.) In allen denjenigen Fällen jedoch, wo bei der Erteilung der Niederlassungsbewilligung der Arbeitsmarkt in Berücksichtigung gezogen werden musste -- also bei unselbständig Erwerbenden -- oder wo die erste Bewilligung an eine Bedingung geknüpft werden musste, die noch nicht erfüllt ist, oder von deren zukünftigen
Erfüllung die zuständigen Behörden noch nicht überzeugt sind, oder endlich wenn der Niedergelassene den Zweck seines Aufenthaltes in der Schweiz oder seinen *) Unter ,,Niederlassung" ist auch der kantonale Begriff des ,,langdauernden Aufenthaltes" zu verstehen (vgl. Art. 19, Abs. 2 der Verordnung über die Kontrolle der Ausländer vom 17. November 1919).

379^ Wohnsitz geändert hat, wird es notwendig sein, auch die über ein Jahr hinaus erneuerte Niederlassungsbewilligung zu befristen.

Damit ist die Möglichkeit gegeben, einen Ausländer, der seinen Verpflichtungen unserm Lande gegenüber nicht nachkommt, der durch seine Anwesenheit den Arbeitsmarkt belastet oder sich unsern Verhältnissen nicht anpassen kann, durch einfache Verweigerung der Erneuerung seiner Niederlassungsbewilligung im nahen Zeitpunkte des Ablaufs derselben zum Verlassen des Landes zu bewegen, ohne dass schwerwiegende Tatsachen vorliegen müssen, die eine Ausweisung rechtfertigen.» Es dürfte ohne weiteres klar sein, dass, wenn schon bei der ersten Prüfung des Gesuches bei den kompetenten Behörden gewisse Bedenken obgewaltet haben, die zur Befristung der Bewilligung führen mussten, eine weitere Kontrolle des Ausländers über sein Tun und Lassen notwendig ist. Es soll aber nicht jeder Einzelfall von der Zentralstelle wieder bis in alle Details behandelt werden. Der Zweck ist vielmehr der, eine Kontrolle darüber auszuüben, dass die kompetenten Kantons- und Gemeindeorgane ihrerseits die Prüfung richtig vornehmen. Sind der Zentralstelle oder dem Niederlassungskanton Tatsachen bekannt geworden, die ein weiteres Verbleiben des Ausländers in der Schweiz als unerwünscht erscheinen lassen, so gibt die Zentralstelle dem Niederlassungskanton oder umgekehrt der Kanton der Zentralstelle hiervon Kenntnis.

Die Arbeitslosigkeit veranlagst die Zentralstelle für Fremdenpolizei zu grosser Zurückhaltung bei der Erteilung von Einreisebewilligungen oder Aufenthaltsverlängerungen zum Zwecke der Ausübung eines Berufes. Auch die für die Einreise von Bauarbeitern geschaffenen Erleichterungen (Erteilung des Visums durch das Konsulat in eigener Kompetenz bei Vorliegen einer Anstellung sowie der zustimmenden Begutachtung der zuständigen schweizerischen Gemeindebehörde) mussten dahin abgeändert werden, dass die Zustimmung der kantonalen Behörden vorliegen muss. Die Kantone sind angewiesen worden, in jedem einzelnen Falle das kantonale Arbeitsamt zu begrüssen.

Für die Einreise von Dienstboten wurde dieselbe Massnahme getroffen.

Ebenso wurde das Spezialeinreiseverfahren für den Kanton Graubünden bis auf weiteres sistiert.

Da sich bereits über 3000 mittellose Bussen in der Schweiz aufhalten, die der öffentlichen
Wohltätigkeit zur Last fallen, und die Ausschaffung russischer Staatsangehöriger wegen der Weigerung anderer Staaten, sie zu übernehmen, in der Begel unmöglich ist, musste

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«ur Sicherstellung eventuell entstehender öffentlich-rechtlicher Ansprüche die Einreise von russischen Staatsangehörigen von der Leistung einer Kaution abhängig gemacht werden.

Die Zahl der durch Vermittlung von schweizerischen Hilfskomitees zu einem Erholungsaufenthalt in die Schweiz einreisenden Ferienkinder und anderer Ausländer ist zurückgegangen, indem die Meldungen für Freiplätzo nicht mehr so zahlreich sind wie früher und 0s dBn Komitees vielfach an den nötigen Barmitteln fehlt, die Aktion weiterzuführen. Ebenso hat der Durchreiseverkehr von Auswanderern (Ost--West) und Eückwanderern (West--Ost) stark abgenommen.

Die bisherigen Erfahrungen, die mit den durch den Bundesratsbeschluss vom 9. Juli 1920 betreffend Abänderung der Verordnung vorn 17. November 1919 über die Kontrolle der Ausländer geschaffenen Erleichterungen der Meldepflicht gemacht worden sind, sind nicht derart, dass sie ein Zurückkommen auf die frühern strengem Vorschriften rechtfertigen. Die Zahl der sich unberechtigt in der Schweiz aufhaltenden Ausländer hat bedeutend abgenommen, was nicht zum mindesten auf eine bessere Kontrolle durch die Kantone und die Gemeinden zurückzuführen ist.

Mit der Erstellung der Ein- und Ausreisefichen durch die Konsulate sind gute Erfahrungen gemacht worden. Dadurch, dass die Erstellung derselben nicht mehr durch die Grenzposten zu erfolgen hat, ist einerseits eine raschere Abfertigung der Eeisenden an der Grenze und anderseits eine Eeduktion des Personalbestandes der Grenzposten erzielt worden.

Für den kleinen Grenzverkehr ist seit Mitte Dezember für den Verkehr Basel-Lörrach an Stelle des Passes die einfachere Passierkarte eingeführt worden. Mit Baden sind Unterhandlungen im Gange, die Passierkarte auf der ganzen badischen Grenze einzuführen. Die Einbeziehung des anliegenden deutschen Gebiets jenseits des Bodensees in den kleinen Grenzverkehr scheiterte bis heute an dem Widerstande Württembergs und Bayerns. Auch mit Frankreich sind Besprechungen betreffend eine einheitliche Kegelung des kleinen Grenzverkehrs an der Westgrenze im Gange. Die schweizerischen Behörden lassen sich auch bei diesen Besprechungen vom Grundsatze leiten, dass der kleine Grenzverkehr im Interesse der Wiedereinführung der vorkriegszeitlichen engen Beziehungen der Grenzanwohner der beiden Länder möglichst zu erleichtern sei.

Zu den mit Frankreich, England, Nordamerika und Belgien abgeschlossenen Vereinbarungen betreffend Spezialvisum ist die mit Holland gekommen.

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IV. Bundesanwaltschaft.

A. Personelles.

Auf 1. Mai 1920 ist Herr Oberrichter Bäschlin als ausser«rdentlicher Bundesanwalt zurückgetreten. Ebenso haben die ausserordentlichen Untersuchungsrichter Dr. Bickel, Dr. v. Grebel, Dr.

Münch und Appellationsrichter Graz mit der Aufhebung der Strafbestimmungen gegen den verbotenen Nachrichtendienst ihre Funktionen beendigt. Mit Beschluss des Bundesrates vom 6. Juli wurde die Stellvertretung des Bundesanwaltes in der Weise geregelt, dass -der erste Adjunkt, Herr Kodier, die Polizeisachen, insbesondere die Geschäfte der politischen Fremdenpolizei, und der zweite Adjunkt, Herr Lüthi, die Geschäfte strafrechtlicher Natur besorgen.

B. Bundesstrafrecht.

a. Sundesgesetz Ober das Bundesstrafrecht vom 4. Februar 1853.

1. Über die Untersuchung wegen Verbrechen gegen die innere und äussere Sicherheit des Landes (Art. 86 f., 45 f., sogenannte Bolschewikiuntersuchung) wurde im letztjährigen Geschäftsbericht mitgeteilt, dass die Untersuchung Ende 1919 abgeschlossen worden sei, dass aber hierüber noch nicht berichtet werden könne, weil ein Teil des Schlussberichtes der Untersuchungsrichter und der Bericht des Bundesanwaltes erst Anfang 1920 erstattet worden seien und der Entscheid des Bundesrates zur Zeit der Abfassung des Berichtes noch ausstehe.

Die Untersuchung wurde eingeleitet durch folgenden Beschluss des Bundesrates vom 12. November 1918: «Es wird eine gerichtliche Untersuchung gegen die Personen eröffnet, die an einem Unternehmen zur Störung oder Gefährdung der innern oder äussern Sicherheit und der verfassungsmässigen Ordnung beteiligt waren oder zu diesen Verbrechen aufgefordert haben (Art. 36 f., 45 f. BStE).» Die Untersuchung verfolgte den Zweck, festzustellen, ob und in welcher Weise die Sovietmission, die in der Schweiz lebenden ausländischen Bolschewisten und Schweizerbürger an einem solchen Unternehmen beteiligt waren.

a. Die Erhebungen über die Tätigkeit der Sovietmission -sind dadurch erschwert worden, dass die Mission am 12. November 1918 aus der Schweiz ausgewiesen und ihr gestattet wurde, sämtliches Aktenmaterial ohne Kontrolle mitzunehmen, sowie dadurch, dass ·das Politische Departement der Untersuchungsbehörde die Einwilli-

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gung znr Einsichtnahme in die im russischen Gesandschaftsgebäude zurückgelassenen Papiere verweigerte. Durch diese Massregel, mit welchen schweizerischerseits das Völkerrecht beobachtet wurde, ist der Untersuchung von vornherein das wichtige Beweismateriai verloren gegangen. Sie musste sich auf die Einvernahme einiger wegen Krankheit in Bern zurückgebliebener Mitglieder der Sovietmission und der Inhaber der mit der Mission in Verbindung stehenden Stellen (Eotes Kreuz, russische Telegraphenagentnr, russisches Propagandabureau «Bussische Nachrichten», Promachosverlag), sowie auf Nachforschungen über den Geldverkehr der Mission und mit Erhebungen über Personen, die mit der Mission verkehrten, beschränken. Unter diesen Verumständungen war es unmöglich, den aktenmässigen Nachweis dafür zu erbringen, dass die Sovietmission in Verbindung mit Ausländern oder Schweizerbürgern an einem Unternehmen zum gewaltsamen Umsturz der Bundesverfassung und der Bundesbehörden teilgenommen oder ein solches Unternehmen vorbereitet habe. Es konnte einzig festgestellt werden, dass die Mission eine gross angelegte und wohl organisierte revolutionäre Propaganda getrieben hat. In dieser Beziehung sind aus den Feststellungen der Untersuchung folgende Tatsachen hervorzuheben: Die Sovietmission unterhielt in Bern das Propagandabureau «Bussische Nachrichten» und die «Bussische Telegraphenagentur».

Diese Agentur, der die Gattin des Missionschefs Berzine vorstand,, sandte der russischen Telegraphenagentur in Berlin (Westnick) Nachrichten über die Arbeiterbewegung in der Schweiz und den Entente-Staaten zur Weiterleitung nach Bussland. Das Propagandabureau «Bussische Nachrichten» wurde von der Mission gleich nach ihrer Ankunft in Bern gegründet und zuerst vom Missionsmitglied Samjatin, später von James Beich, geleitet. Das Bureau gab in deutscher und französischer Sprache die «Bussischen Nachrichten» heraus, die den Zweck verfolgten, die schweizerische und ausländische Presse und Privatinteressenten über die kulturellen und politischen Zustände in Bussland zu informieren und dadurch Propaganda für die Sovietrepubhk und ihre Einrichtungen zu machen. Die Nachrichten wurden von Kurieren auf die Gesandtschaft gebracht und von dieser an das Bureau weitergeleitet. Daneben gab das Bureau die «Sozialistische Korrespondenz» für die sozialistische
Parteipresse heraus, und zwar unter dem Nanien von Nationalrat Platten, weil die Mission die Verpflichtung eingegangen war, sich der politischen Agitation zu enthalten. Alle erforderlichen Geldmittel erhielt Beich durch den Generalkassier der Mission, Dr. Schklowsky. Die Hauptaufgabe des Bureaus war aber die Herausgabe revolutionärer Broschüren, die durch die Kuriere aus Bussland an die Mission und von

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'hier an das Propagandabureau kamen. Das Bureau besorgte die Übersetzung und zum Teil den Vertrieb. Für die Drucklegung und den Verlag setzte sich das Bureau durch Vermittlung von Platten mit dem sogenannten Promachosverlag (Buchdruckerei Jordi in Belp bei Bern) in Verbindung. Mit der Drucklegung waren noch eine Eeihe anderer Druckereien beschäftigt, die zum Teil durch den -Generalbevollmächtigten der Sovietmission, Dr. Welti in Basel, bezahlt wurden. In vielen Promachosbroschüren zeichnete Platten als Herausgeber. Mit dem Propagandabureau verkehrten viele Schweizer ·und Ausländer, die in der revolutionären Bewegung hervorgetreten sind. Das Bureau wurde über Streikbewegungen auf dem laufenden gehalten. Im Bureau fand sich auch ein von Miljutin -- der mit der Sovietmission ausgewiesen wurde und später Mitglied des obersten Volkswirtschaftsrates in Moskau war -- herrührender und zur Publikation im Bulletin bestimmter Aufsatz «Der Bundesrat gegen Sovietïussland» vor, worin dem Bundesrate vorgeworfen wird, er habe sich als kurzsichtig und vollkommen unfähig erwiesen und dürfe nicht auf seinem Posten bleiben, die schweizerischen Arbeiter werden wohl wissen, daraus die nötigen Folgerungen zu ziehen. Mit der Sovietmission stand auch das von Dr. Bagotzky geleitete russische Eote Kreuz in Beziehungen. Es wurde sofort nach Eröffnung der Untersuchung eine Haussuchung daselbst angeordnet. Ein zwingender Beweis dafür, dass Dr. Bagotzky unter den Bussen in der Schweiz bolschewistische Propaganda trieb, und namentlich der Nachweis, dass er unter Schweizern oder gegen die Schweiz revolutionäre Propaganda getrieben habe, konnte nicht erbracht werden. Über den Geldverkehr konnte die Untersuchung nur ein unvollständiges Ergebnis liefern. Die Mission bezog aus Moskau durch die Kuriere Papiergeld, das sie in der Schweiz auswechselte. Es konnten wegen der Zurückhaltung der Banken mit Auskünften nur wenige Auswechslungsstellen ermittelt werden. Der in Bern praktizierende Rechtsanwalt Lifschitz hat im Auftrage von Dr. Schklowsky in der Zeit vom 31. Juli bis 12. Oktober 1918 Beträge von 1,700,000 Rubel und Dr. Schklowsky vom 2. bis 13. August 1918 Beträge von 765,000 Rubel ausgewechselt. Über die Verwendung des Geldes konnte mit Ausnahme der Auslagen für die oben erwähnte Propaganda nichts Bestimmtes festgestellt werden.
Die Untersuchung hat sich auch mit den von Serge Persky veröffentlichten Instruktionen der Sovietregierung an die Sovietmission für gewaltsame Angriffe gegen Verfassung und Behörden des Bundes und der Kantone beschäftigt. Es handelt sich um eine von der Sovietregierung Anfang November 1918 an ihre Vertreter und Agenten im

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Ausland gesandte Instruktion, sowie um eine Instruktion, welche die Sovietregierung Ende Oktober 1918 durch einen Kurier zum Sovietgesandten Joffe nach Berlin schickte, der sie wenige Tage vor ihrer Ausweisung der Sovietmission in Bern zugestellt habe. Der Inhalt dieser Instruktionen darf nach der Veröffentlichung durch die Presse als bekannt vorausgesetzt werden. Für die Glaubwürdigkeit der von Persky vorgewiesenen Dokumente liegt ein hohes Mass von Wahrscheinlichkeit, kaum aber eine solche Gewissheit vor, dass ein urteilendes Gericht darauf abstellen könnte. Nach den Anweisungen, die Lenin vor seiner Abreise aus der Schweiz seinen schweizerischen Anhängern gegeben hat (vgl. seinen Abschiedsbrief an die Schweizer Arbeiter und seine Wegleitung über die Aufgabe seiner Gesinnungsgenossen als Vertreter der Zimmerwalder Linken in der sozialdemokratischen Partei der Schweiz), und nach den bekannt gewordenen Einmischungen der Sovietvertreter in die gesamte Weltpolitik liegen diese Instruktionen durchaus im Bereich der Möglichkeit. Aber auch wenn die Echtheit der Dokumente mit aller Sicherheit festgestanden wäre, so hätten sie nicht als Grundlage einer Strafverfolgung gegen bestimmte Angeschuldigte dienen können, da der Nachweis, dass bestimmte Schweizerbürger oder die der Untersuchungsbehörde zur Verfügung gestandenen Mitglieder der Sovietmission hiervon überhaupt Kenntnis gehabt haben, nicht erbracht werden konnte.

Mit der Sovietmission verkehrten verschiedeneSchweizer, insbesondere Nationalrat Platten, dessen Frau auf der Gesandtschaft arbeitete. Bei Platten, Welti, Lifschitz und andern Personen wurden sofort nach Eröffnung des Strafverfahrens Haussuchungen angeordnet, die aber keine Anhaltspunkte für die Annahme eines Zusammenarbeitens mit den Bussen auf Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens oder eines Aufruhrs gegen die Bid. genossenschaft ergaben.

1). Die Untersuchung erstreckte sich sodann auf viele Ausländer, meist russischer Staatsangehörigkeit, die sich durch revolutionäre Propaganda, insbesondere durch Vorbereitung der Lehren des Bolschewismus, bemerkbar machten und von denen einige mit Lenin in Beziehung standen. Ein solcher Agent hinterlegte bei einer Bank in Genf 500,000 Eomanoffrubel, die er von einem Vertreter der Sovietregierung für bolschewistische Propaganda im Ausland
erhalten hatte. Das Geld wurde von der Untersuchungsbehörde beschlagnahmt. Von der Untersuchungsbehörde wurden auch Fr. 40,000 und 110,000 Papierrubel beschlagnahmt, die einer russischen revolutionären Partei gehörten und zur revolutionären Propaganda in der Schweiz bestimmt waren.

385 e. Die Untersuchung richtete ihre Aufmerksamkeit auch auf die Tätigkeit der Kommunisten in der Schweiz, insbesondere auf die Agenten, die von ausländischen Parteien nach der Schweiz gesandt wurden.

d. Die Untersuchungsrichter und die Bundesanwaltschaft waren, übereinstimmend der Auffassung, dass die Untersuchung eingestellt werden müsse. Die in den Instruktionen der Sovietregierung in Aussicht genommenen gewaltsamen Angriffe gegen die Verfassung und die Staatsbehörden des Bundes und der Kantone hätten zweifellos als Hochverrat und Aufruhr verfolgt werden können. Da aber den Dokumenten Perskys nicht volle Beweiskraft zukommt und keine Angeschuldigten vorhanden sind, die nachweisbar von diesen Instruktionen Kenntnis hatten -- zumal die Mitglieder der Sovietmission bis auf einige untergeordnete Personen schon vor Einleitung der Untersuchung ausgewiesen wurden -- brauchte diese Frage nicht näher untersucht zu werden. Im übrigen war den Beschuldigten nur die Teilnahme an der revolutionären Propaganda nachweisbar.

Die Hauptbeteiligten, der Chef und die leitenden Persönlichkeiten der Sovietmission, konnten nicht verfolgt werden, weil sie vor Einleitung der Untersuchung über die Grenze gebracht wurden. Die Tätigkeit der in die Untersuchung einbezogenen Personen konnte als Landesverrat (Art. 36 f. BStB) schon deshalb nicht verfolgt werden, weil die revolutionäre Propaganda in unserm Lande nicht im Interesse einer fremden Macht zum Nachteil der Eidgenossenschaft betrieben wurde und nicht die .Gefahr eines Krieges mit Bussland in sich schloss.

Die revolutionäre Propagandatätigkeit bezweckte den Umsturz als Teilaktion der Weltrevolution und konnte deshalb nicht als Landesverrat, sondern als Verbrechen gegen die verfassungsmässige Ordnung und die innere Sicherheit (Art. 45 f. BStE) in Betracht kommen. Es handelt sich um die Vorbereitung eines gewaltsamen Angriffs gegen die Verfassung und die Behörden des Bundes. Diese allgemeine revolutionäre Propagandatätigkeit bildete nicht die Aus^ führung einer bestimmten hochverräterischen oder aufrührerischen Angriffshandlung im Sinne der Art. 45 und 40. Als Unternehmen nach Art. 45 erscheint, wie nach dem gemeinen deutschen und dein französischen Eechte (attentat), eine Angriffshandlung, die wenigstens einen Anfang der Ausführung bildet. Auch nach der weitesten
Auslegung des Begriffes Unternehmen nach § 81 des Eeichsstrafgesetzbuches muss es sich zum mindesten um unmittelbar an das Versuchsgebiet angrenzende Vorbereitungshandhmgen handeln. Solche stehen aber hier nicht in Frage. .Eine besondere Strafbestimmung gegen die

386 Vorbereitungshandlungen als solche enthält das Bundesstrafrecht im Gegensatz zu andern Gesetzgebungen nicht. Die Propagandatätigkeit konnte auch nicht als Aufreizung zu Hochverrat und Aufruhr (Art. 48 BStE) verfolgt werden. Nach Art. 48 wird die öffentliche Aufreizung zu Hochverrat und Aufruhr, wenn sie erfolglos geblieben ist, nach den Bestimmungen über den Versuch bestraft. Aus dieser von der heutigen Wissenschaft und Gesetzgebung verlassenen Auffassung der erfolglosen Aufreizung als Versuch des Verbrechens folgt, dass sie auf eine bestimmte hochverräterische oder aufrührerische Angriffshandlung gehen muss. Die im Untersuchungsverfahren festgestellte revolutionäre Propaganda der Sovietmission, ihrer Anhänger und der Kommunisten, die die allgemeine Bearbeitung der Geister auf den Umsturz und nicht die Aufreizung zu einem bestimmten Verbrechen gegen die verfassungsmässige Ordnung und die innere Sicherheit zum Zwecke hat, wird deshalb von dieser Strafbestimmung nicht erfasst. Es wurde endlich auch geprüft, ob die Ausländer, die sich an der revolutionären Propaganda beteiligten, nicht wegen völkerrechtswidriger Handlungen gegen die Schweiz (Art. 89 BStE) verfolgt werden können. Als völkerrechtswidrige Handlung erscheint nicht jeder Verstoss gegen die Eegeln des geschriebenen und ungeschriebenen Völkerrechtes, sondern nur ein friedensstörender und friedensgefährdender Angriff auf die Existenz und die Ehre des fremden Staates. Die revolutionäre Propaganda der Eussen in der Schweiz könnte als friedensgefährdender Angriff gegen die Existenz der Schweiz in Betracht kommen. Die schweizerische Praxis hat aber bisher in Übereinstimmung mit der vorherrschenden Meinung der Wissenschaft die Auffassung vertreten, dass nur der unmittelbare, bereits in ein wirklich gefährliches, der Vollendung nahes Stadium getretene, gewaltsame Angriff sagen Verfassung und Territorialbestand des fremden Staates bestraft werden soll, nicht aber die Vorbereitung hochverräterischer Unternehmungen und namentlich nicht die Schaffung blpsser psychischer Voraussetzungen für eine Umwälzung im fremden Staate. Es könnten zudem nur die Ausländer und von diesen nur diejenigen, die mit der Mission nicht ausgewiesen wurden und die nur eine untergeordnete Eolle spielten, wegen völkerrechtswidriger Handlungen verfolgt werden.

Aus diesen
Gründen beschlossen die Untersuchungsrichter und die Bundesanwaltschaft die Einstellung der Untersuchung.

e. Eine besondere Erwähnung bedürfen die Erhebungen betreffend den Generalstreik vom N o v e m b e r 1918 und das sogenannte Memorial Grimm. Da bei Beginn der Untersuchung erhebliche

387 Bedenken darüber bestanden, ob der Aufruf zum Generalstreik vom 11, November 1918 an sich als Aufreizung zu Hochverrat und Aufruhr (Art. 48) und der Generalstreik an sich als ein Unternehmen zum gewaltsamen Umsturz der Bundesverfassung oder zur gewaltsamen Vertreibung der Bundesbehörden (Art. 45) oder als Zusammenrottung zum gewaltsamen Widerstand gegen Bundesbehörden oder Bundesbeamte (Art. 46) verfolgt werden könne, wurde mit der Militärjustiz vereinbart, dass diese die im Aufruf enthaltenen und während des Generalstreiks begangenen militärischen Vergehen verfolgen solle und dass sich die bürgerlichen Untersuchungsbehörden vorbehalten, den Aufruf und den Generalstreik als Teilerscheinung der ganzen revolutionären Bewegung zu verfolgen, wenn in der militärgerichtlichen Untersuchung oder durch die von der Bundesänwaltschaft oder den eidgenössischen Untersuchungsrichtern angeordneten polizeilichen Feststellungen der Nachweis erbracht würde, dass die Streikbewegung mit den Umtrieben der Bussen im Zusammenhange stehe oder eine hochverräterische oder aufrührerische Angriffshandlung im Sinne der Art. 45 und 46 bilde. Die militärgerichtliche Untersuchung hat nach dieser Bichtung keine Aufklärung gebracht. Die übrigen Erhebungen 'liessen die Zweifel bestehen, ob der Streik bereits als Anfang der Ausführung eines gewaltsamen Unternehmens -angesehen werden könne. Angesichts dieser Sachlage kamen die Untersuchungsrichter und die Bundesanwaltschaft überein, von einer gerichtlichen Verfolgung wegen Hochverrates, Aufruhrs oder Aufforderung hierzu Umgang zu nehmen.

Über den revolutionären Charakter des Generalstreiks bestand nie ein Zweifel, er ist übrigens durch den von Platten am Moskauer Kongress vom März 1919 erstatteten Bericht besonders hervorgehoben worden (vgl. die «Kommunistische Internationale» vom Juli · 1919).

Das sogenannte Memorial Grimm, d. h. der von Nationalrat Grimm verfasste «Entwurf betreffend die Generalstreikfrage an die Konferenz vom I.März 1918», befand sich in den Akten eines beim Territorialgericht V hängigen Prozesses und wurde der Bundesanwaltschaft im Juli 1919 eingesandt. Das Memorial ist ein Entwurf iür die Durchführung eines Generalstreiks, der der Konferenz der Geschäftsleitung der sozialdemokratischen Partei der Schweiz, des Oltener Aktionskomitees und des Gewerkschaftsbundes
vom 1./8. März 1918 vorgelegt würde. In diesem Entwurf wird die Anwendung der ausserparlamentarischen Kampfmittel in vier Phasen eingeteilt: «l. Allgemeine Agitation in Volks- und Demonstrationsversammlungen, durch die Presse, Broschüren, Flugblätter, Aufrufe usw. 2. Steigerung der Agitation durch Demonstrationsversammlungen während der ArBundesblatt. 73. Jahrg. Bd. II.

26

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beitszeit. 8. Steigerung der Aktion durch den befristeten allgemeinen^ Streik und seine eventuelle Wiederholung. 4. Die Anwendung des allgemeinen Streiks als unbefristete Massnahme, die zum offenen revolutionär^ Kampf und in die Periode des offenen Bürgerkrieges überleitet.» Da das Memorial nicht zu einem bestimmten gewaltsamen Angriffe gegen die Bundesverfassung und die Bundesbehörden auffordert,, sondern ein allgemeines Programm für den revolutionären Kampf aufstellt, dessen Vorbedingungen noch abzuwarten sind, trifft die Strafbestimmung des Art. 48 nicht zu. Dagegen könnte es sich fragen, ob das Bekanntwerden des Memorials nicht Anlass zur gerichtlichen Verfolgung der Urheber des Generalstreiks vom November 1918 gab,, da damit dargetan worden ist, dass ein Führer der Streikbewegung den Generalstreik als Einleitung zum Bürgerkrieg auffasst und weil die Massenaktionen unmittelbar vor dem Streik sich genau nach dessen Programm abwickelten. Die Bundesanwaltschaft und die Untersuchungsrichter hielten dafür, dass das gerichtliche Verfahren wegen Hochverrat, Aufruhr und Aufreizung hierzu nicht fortgeführt werden solle, weil im Aufruf vom 11. November 1918 zum Streik und zu militärischen Verbrechen, nicht aber zum gewaltsamen Angriff gegen die Bundesverfassung und die Bundesbehörden aufgefordert wurde und weil während des Generalstreiks nachweisbar keine Gewaltakte im Sinne der Art. 45 und 46 begangen wurden, der gerichtliche Beweis dafür, dass durch den Streik ein gewaltsamer Angriff gegen Bundesverfassung und Bundesbehörden im Sinne der Art. 45 und 46 unmittelbar zur Ausführung gebracht werden sollte, nicht vorlag und weil die rechtlichen Bedenken über die Verfolgbarkeit von Vorbereitungshandlungen fortbestanden. Dazu kam der umstand, dass das Memorial erst geraume Zeit nach der militärgerichtlichen Verurteilung der hauptsächlichsten Streikführer bekannt geworden ist.

Die Bundesanwaltschaft und die Untersuchungsrichter wiesen in ihren Berichten darauf hin, dass die Untersuchung mit aller Deutlichkeit die Mangelhaftigkeit der Bestimmungen des Bundesstrafrechtes betreffend die Verbrechen gegen die verfassungsmässige Ordnung und die innere Sicherheit des Landes ergeben habe und dass zum wirksamen Schütze der Verfassung insbesondere Strafbestimmungen · gegen die Vorbereitung von Hochverrat und Aufruhr,
gegen die politischen Streike und gegen die Aufreizung zu Verbrechen gegen die verfassungsmässige Ordnung und die innere Sicherheit nötig seien.

/. Der Bundesrat stimmte am 27. Februar 1920 der Einstellung des Verfahrens zu. Zugleich verfügte er gestützt auf Art. 102, Z. 10, BV die Einziehung der im Promachosverlag mit Unterstützung durch die Sovietmission erschienenen revolutionären Propaganda

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literatur, sowie der im Bureau der «Kussischen Nachrichten» beschlagnahmten Druckschriften und Schriftstücke. Gestützt auf die nämliche Verfassungsbestimmung wurden die zur revolutionären Propaganda bestimmten 500,000 Eubel eingezogen und die Beschlagnahme der andern Propagandagelder bis auf weiteres aufrechterhalten. Die in die Untersuchung einbezogenen Ausländer wurden wegen ihrer revolutionären Propaganda gestützt auf Art. 70 BV aus der Eidgenossenschaft ausgewiesen, was schon in den beiden letzten Geschäftsberichten mitgeteilt worden ist.

; 2. Die Bundesanwaltschaft kam im Berichtsjahre oftmals in die Lage, die Anwendbarkeit der Art. 41 f. betreffend Verbrechen gegen f r e m d e Staaten zu prüfen, so bei der Absendung eines Drohtelegrammes an den in Luzern weilenden englischen Premierminister Lloyd George, bei Beschwerden wegen Beschimpfung von Gesandtschaftssekretären und wegen Zusendung anonymer Schmähbriefe.

Hierbei wurde über den Begriff der «andern völkerrechtswidrigen Handlung» im Sinne des Art. 41 folgendes festgestellt: Der Ausdruck ist nach dem Wesen und der Eechtsentwicklung der Verbrechen gegen fremde Staaten dahin auszulegen, dass sich die Strafandrohung bloss gegen die unmittelbaren gewaltsamen Angriffe gegen die Verfassung des fremden Staates richtet. Die strafbaren völkerrechtswidrigen Handlungen werden nach ihrer rechtsgeschichtlichen Entwicklung unterschieden in Angriffe auf die Existenz und in Angriffe auf die Ehre des fremden Staates. Nur diese friedensgefährdenden und friedenstörenden Angriffe werden in den Strafgesetzgebungen und in der Wissenschaft als strafbar erklärt, insbesondere : die Angriffe gegen den Territorialbestand, die Eegierungsform und die Verfassung, die Beleidigung fremder Völker, Eegierungen und Staatsoberhäupter, die Beleidigung und Misshandlung der Gesandten, die Beschimpfung der Hoheitszeichen. Der Staat hat die völkerrechtliche Pflicht, dafür zu sorgen, dass auf seinem Gebiete nicht Handlungen begangen werden, die gegen den innern und äussern Bestand des fremden Staates, die persönliche Unversehrtheit der fremdstaatlichen Vertretungsorgane, gegen die Hoheitszeichen des fremden Staates oder die fremden Staatsangehörigen gerichtet sind.

Um solchen Handlungen vorzubeugen und, für den Fall, dass sie doch vorkommen, dem fremden Staate durch die Bestrafung
Genugtuung geben zu können, erlässt der Staat Strafbestimmungen gegen Verbrechen gegen fremde Staaten, soweit nicht in den Strafdrohungen gegen gemeine Verbrechen bereits ein genügender Straf schütz enthalten ist. In keiner einzigen Strafgesetzgebung werden .allgemein

390 Verstösse gegen Sätze des geschriebenen und ungeschriebenen Völkerrechts bestraft, es sind einzig die erwähnten Angriffe auf die Existenz und die Ehre des fremden Staates unter Strafe gestellt. Es geht daher nicht an, den Ausdruck «andere völkerrechtswidrige Handlung» in dem Sinn auszulegen, dass damit jeder Verstoss gegen das Völkertecht zu bestrafen ist. Die Schweiz stünde mit einer solchen allgemeinen Strafbestimmung einzig da. Wir dürfen den Interessen auswärtiger Staaten und Staatsregierungen nicht einen weitergehenden Strafschutz bieten, als sie uns gewähren können. Alle Strafgesetzgebungen sind in der Aufnahme von Strafdrohungen betreffend die Verbrechen gegen fremde Staaten sehr zurückhaltend, so auch dçr Entwurf zum schweizerischen Strafgesetzbuch. Die beiden Kategorien der Verbrechen gegen fremde Staaten haben sich in der Gesetzgebung und in der Wissenschaft so scharf ausgeprägt, dass angenommen werden muss, das Bundesstrafrecht habe die Angriffe auf die Existenz des fremden Staates in Art. 41 und die Angriffe auf die Ehre in den Art. 42 und 43 abschliessend geordnet. Bei dieser in der Literatur ausdrücklich vertretenen Auffassung kommt Art. 41 für einen Angriff auf die Ehre überhaupt nicht in Frage. Will man aber nicht soweit gehen und unter die «andern völkerrechtswidrigen Handlungen» auch Angriffe gegen die Ehre subsumieren, so können nur solche Angriffe in Betracht kommen, wie sie in der Wissenschaft und in der Strafgesetzgebung herausgebildet worden sind und nicht bereits in den Art. 42 und 48 unter Strafe gestellt sind, wie die Beschimpfung eines fremden Hoheitszeichens (vgl. Gerland, Feindliche Handlungen gegen befreundete Staaten, in der Vergleichenden Darstellung des deutschen und ausländischen Strafrechts, Bes. Teil, Bd. I, S. 111 f., insbesondere 122, 142, 158,167, 244, 246; Lammasch, Über politische Verbrechen gegen fremde Staaten, in der Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, Bd. III, S. 376, insbesondere 377, 384, 404, 407, 426 f.; Zürcher, Erläuterungen zum Vorentwurf, S. 401 ; Max Huber, Der Schutz der militärischen und völkerrechtlichen Interessen im schweizerischen StGB, S. 36; Gutachten der Bundesanwaltschaft in Sachen Schöller vom 4. Februar 1918; Gutachten von Prof. Burckhardt vorn 12. Februar 1918 in der nämlichen Sache).

In bezug auf Art. 42 wurde
angenommen, dass ein an eine Gesandtschaft gerichteter anonymer Schmähbrief nicht als öffentliche Beschimpfung verfolgt werden könne, weil nach der Bechtsprechung des Bundesgerichts (Bundesstrafgericht in Sachen Benaud-Charrière vorn 22. Mai 1920, Anklagekammer in Sachen Jester vom 4. April 1917) von einer öffentlichen Beschimpfung nur die Bede sein könne, wenn sie zur Kenntnis eines unbestimmten und unbegrenzten Personen-

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kreises gelangen konnte, was bei einem an eine Behörde gerichteten Schriftstück nicht zutrifft. ; Bei Art. 43 wurde festgestellt, dass die.

Strafbestimmung nur angewendet werden könne, wenn ein diplomatischer Agent mit Eepräsentativcharakter (Missionschef oder sein Stellvertreter) beschimpft oder misshandelt worden ist.

· 8. Wegen unbefugter Teilnahme an Wahlyerhandlungen (Art. 49 in Verbindung mit dem Bundesgesetz betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen vom 19. Juli 1872) wurden 3 Fälle an die Gerichte gewiesen.

4. Über das Strafverfahren gegen Trostel und Konsorten wegen gewaltsamer B e f r e i u n g des auf Befehl der Heerespolizei und des eidgenössischen Untersuchungsrichters Bickel verhafteten Arbeitersekretärs Wyss (Art. 50 BStß) wurde im letztjährigen Geschäftsberichte Mitteilung gemacht. Am 23. April 1920 verurteilte das Bundesstrafgericht die Angeklagten Dettwiler und Truninger zu 4 Monaten Gefängnis und Fr. 100 Busse, den Angeklagten Meier zu zwei Monaten Gefängnis und Fr. 100 Busse, den Angeklagten Frey zu drei Wochen Gefängnis und Fr. 40 Busse, den Angeklagten Hürlimann zu acht Tagen Gefängnis und Fr. 20 Busse. Der Angeklagte Trostel wurde unter Kostenauflage freigesprochen, weil das Gericht annahm, dass Trostel wohl mit grober Fahrlässigkeit gehandelt habe, dass aber der Nachweis für den auf gewaltsame Befreiung gerichteten Anstiftungsvorsatz nicht mit Sicherheit erbracht sei.

5. Wegen Amtsvergehen (Art. 53, lit. d und /, 54, 57, 58, in Verbindung mit Art. 61) wurden 11 Fälle, begangen durch Postangestellte, und 9 Fälle, begangen durch andere eidgenössische Beamte und Angestellte, an die Gerichte gewiesen. Wegen kleinerer Dienstvergehen konnten 39 Fälle auf dem Disziplinarwege erledigt werden.

Drei Beamte mussten wegen Vergehen gegen das kantonale Eecht den kantonalen Strafbehörden überwiesen werden.

Besonderer Erwähnung bedarf der Fall eines Aushilfskanzlisten der schweizerischen Gesandtschaft in Wien, der sich der.

Unterschlagung namhafter Geldbeträge schuldig machte. Da der fehlbare Angestellte als Gesandtschaftsbeamter von der Gerichtsbarkeit des ausländischen Staates befreit war und in der Schweiz keinen Wohnsitz hatte, wurde er den Strafbehörden seines Heimatkantons Zürich zur Verfolgung und Beurteilung überwiesen, die die Strafverfolgung gestützt auf § 3
des zürcherischen Strafgesetzbuches.,, wonach Auslandsverbrechen aus völkerrechtlichen Gründen verfolgt werden können, übernahmen (vgl. auch Bundesbl. 1905,1, 734, Nr. 11).

6. Wegen Bestechung (Art.-56) wurden zwei Beamte den Gerichten überwiesen. Im einen Falle handelt es sich um eine Verfehlung, die mit einem Tage Gefängnis gesühnt wurde. Über den

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Bestechungsfall Kirchhofer, der sich noch im Untersuchungsstadium befindet, wird im nächsten Jahresbericht nach Abschluss des Verfahrens Bericht erstattet werden.

In vier Fällen wurde gegen Drittpersonen eine gerichtspolizeiliche Voruntersuchung durchgeführt, weil sie an Beamte Geldbeträge von Fr. 20 oder Fr. 50 einsandten, die aber zurückgewiesen wurden. Diese Untersuchungen wurden eingestellt, weil der Bestechungsvorsatz nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte und weil nach der Praxis vieler kantonaler Gerichte der Versuch der aktiven Bestechung nicht strafbar ist, weil das Bundesstrafrecht den Dritten, der dem Beamten Geschenke gibt, nur als «Mitschuldigen» am Vergehen des Beamten bestraft (vgl. den letztjährigen Geschäftsbericht und BGE 23, II, 1338). Wir behalten uns vor, in Zukunft die Namen der Schenkgeber, die strafrechtlich nicht verfolgt werden können, im Geschäftsbericht zu veröffentlichen.

Der im letzten Geschäftsbericht erwähnte Bestechungsfall Teuber und Konsorten ist immer noch bei den bernischen Gerichten hängig.

7. Mit Entscheid vom 20./22. Mai 1920 verurteilte das Bundesstrafgericht den Advokaten Eenaud-Charrière und den Kaufmann Bechtel wegen Versuchs der Verleumdung von Mitgliedern des Bundesrates (Art. 59). Eenaud-Charrière und Bechtel machten dem Agenten Eizzo, im Zusammenhang mit einem auf die Angelegenheit Caillaux und Bolo Bezug nehmenden Eapport, Mitteilungen über das angebliche Bestehen zweier Dossiers, von denen das Berner Dossier den Beweis enthalte, dass Caillaux vor dem Kriege mit deutschen Persönlichkeiten an der Gründung einer internationalen Bank in der Schweiz teilgenommen habe und dass Mitglieder des Bundesrates sich mit gewissen Deutschen an der Vorbereitung eines von der Schweiz aus geschürten Staatsstreiches beteiligt hätten.

Eenaud schrieb über den Inhalt des Berner Dossiers einen Bericht, den Bechtel dem Journalisten Perri überbrachte. Die Angeklagten hielten Perri für einen Mittelmann des Agenten Eizzo und der französischen Behörden. Sie behaupteten ihm gegenüber, dass Mitglieder des Bundesrates von Deutschland für geleistete Dienste Geld bezogen hätten.

8. Wegen Fälschung von Bundesakten (Art. 61 in Verbindung mit der Verordnung über das militärische Kontrollwesen) wurden 38 Fälle zur gerichtlichen Verfolgung überwiesen.

An den eidgenössischen
Untersuchungsrichter für die französische Schweiz wurde der Fall eines Camionneurs gewiesen, der auf Frachtbriefen der Bundesbahnen die amtlichen Eintragungen betreffend Zoll- und Frachtgebühren durch Beifügung neuer Ziffern und Erhöhung der Gesamtsumme abänderte, diese Frachtbriefe

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seinen Auftraggebern vorwies und von ihnen die eigenmächtig erlohten Zoll- und Bahnspesen mit seiner Camionnagegebühr einkassierte. Die Untersuchung ist noch im Gange.

Über den Begriff der Bundesakten haben sich bei den kantonalen Strafbehörden Meinungsverschiedenheiten ergeben, insbesondere darüber, ob Stempel und Siegel und ob auch öffentliche Urkunden, die von einem kantonalen Beamten gestützt auf ein Bundesgesetz ausgestellt werden (Viehgesundheitsscheine, Zivil-standsakten), darunter fallen. Es sei deshalb über den Begriff der Bundesakten hier grundsätzlich folgendes festgestellt: Nach dem "bundesgerichtlichen Entscheid in Sachen Eutishauser (BGE 39, I, Nr. 89) bedeuten die Ausdrücke «Schriften» und «Bundesakten» in Art. 61 dasselbe. Bundesakten sind demnach Schriften, die unter dem Namen, der Unterschrift oder dem Siegel einer Bundesbehörde ·oder eines Bundesbeamten verfasst sind. Dabei bleiben jedoch die besondern Bestimmungen der Spezialgesetzgebung vorbehalten, die, -wie Art. 114 und 116 des Postgesetzes bezüglich Postwertzeichen, Postchecks, Poststempel und Postsiegel, der Strafandrohung des' Art. 61 neue Tatbestände unterstellen oder, wie Art. 30 des BG über Maas und Gewicht, ausdrücklich Eichzeichen, Stempel und Schablonen zu Eichzwecken als Bundesakten bezeichnen. Soweit ein Tatbestand .aus dem Gebiete der öffentlichen Urkundenfälschung von der Strafdrohung des Art. 61 nicht erfasst wird, fällt er unter das kantonale ·Strafrecht. Dies gilt insbesondere für die Anfertigung echter, aber inhaltlich unwahrer Bundesakten (Falschbeurkundung) und für die Verfälschung von Urkunden, die nicht von einem Bundesbeamten, ·sondern von einem kantonalen Beamten, aber gestützt auf ein Bundesgesetz ausgestellt werden.

Die Anwendbarkeit des Art. 61 auf die Nachahmung litauischer Postwertzeichen musste abgelehnt werden, weil Litauen noch nicht Mitglied des Weltpostvereins war und die Aus·dehnung des Bundesstrafrechts auf die Nachahmung ausländischer Postwertzeichen einzig, gestützt auf den Weltpostvertrag erfolgt ist.

9. Wegen Übertretung der Landesverweisung (Art. 68) ·wurden 4 Fälle den Gerichten überwiesen.

10. Gefährdung des Eisenbahn-, Tramway-, Post;und Dampfschiffverkehrs (Art. 67 abgeändert durch Bundesbesohluss vom 5. Juni 1902).

Im Jahre 1920 kamen zur Behandlung: 219 Gefährdungen des Eisenbahnverkehrs, 146 » » TramwayVerkehrs, 2 » » Dampfschiffverkehrs, 8 » » Post Verkehrs, zusammen 870, zerfallend in;

394

65 absichtliche G e f ä h r d u n g e n , wie: Legen von Gegenständen auf das Geleise (16), Steinwürfe (84), Schiessen gegen Züge (6), Bahnbeschädigung (9), und 805 fahrlässige Gefährdungen, wie: Zusamnienstösse (62),.

Entgleisungen (28), Zusammenstoss mit Fuhrwerken oder Automobilen (179), Verletzungen von Pahrgästen und Bahnpersonal (14), Entlaufen von Wagen (8), Vieh auf dem Geleise (4), Gegenstände auf dem Geleise (6), unbefugtes Manipulieren an Bahneinrichtungen (2), unbefugtes Verschieben von Wagen (7).

Hierv.on wurden den Kantonen zur gerichtlichen Beurteilung überwiesen: 58 Fälle absichtlicher und 189 Fälle fahrlässiger Gefährdungen, während in den übrigen Fällen das Justiz- und Polizeidepartement von der Einleitung eines gerichtlichen Strafverfahrens wegen Fehlens des Straftatbestandes Umgang nahm.

Die Zahl dieser Vergehen ist in den letzten Jahren, hauptsächlich durch, das Überhandnehmen des Automobilverkehrs, stark gestiegen, wie folgende Zusammenstellung zeigt: 1890: 131 Fälle, 1900: 172, 1910: 280, 1914: 283, 1915: 205, 1916: 267, 1917: 250, 1918: 268, 1919: 808, 1920: 870.

b. Bundesgesetz betreffend Ergänzung des Bundesstrafrechts vom 12. April 1894 (Sprengstoffgesetz).

11. Die Bundesanwaltschaft hatte sich im Berichtsjahre mit 5 Fällen zu befassen. Der schwerste betrifft das Bombenattentat auf das amerikanische Konsulat in Zürich, begangen in der Nacht vom 8./4. März 1920. Trotz eifriger Nachforschungen konnte der Täter bis zur Abfassung dieses Berichtes nicht ermittelt werden.

Die gerichtspolizeiliche Voruntersuchung wird fortgesetzt. Die wegen der Herstellung und Aufbewahrung von Bomben in der Feuerwerkfabrik «Kadium» in Plan-les-Ouates bei Genf und der Versenkungvon Bomben bei Versoix eingeleitete gerichtspolizeiliche Voruntersuchung führte zu einer Einstellung des Verfahrens wegen Sprengstoffverbrechen, dagegen zu einer Überweisung der Beschuldigten an die kantonalen Behörden wegen Widerhandlung gegen die Verordnung betreffend den Besitz, die Aufbewahrung und den Verkehr mit Sprengmaterial vom 20. Mai 1920. Der frühere technische Direktor der Fabrik, Crétin, stellte in den Jahren 1914 und 1915 Bomben her, um sie einer der kriegführenden Mächte als Kriegsmaterial zu liefern.

Verschiedene Mustersendungen wurden zurückgewiesen und die Bomben hierauf im Fabrikgebäude versteckt. Im
Mai 1920 wurden die Bomben durch den Delegierten des Verwaltungsrates Advokat Guinand und den technischen Direktor Villari auf dem Automobil des erstem nach Versoix gebracht und im See versenkt. Im Oktober

395 erstattete Villari hierüber Anzeige bei der Bundesanwaltschaft.

Es wurde vermutet, dass diese Bomben mit den von den Anarchisten Cavadini und Weil unter Mithülfe von Bertoni im Sommer 1917 zu < Crétin gebrachten Bomben im Zusammenhang stehen. Die Identität der Genfer Bomben mit dem Sprengmaterial des Zürcher Bombenprozesses ist nicht festgestellt. Es konnten keine Anhaltspunkte dafür erbracht werden, dass die Beschuldigten von den Aufträgen der Zürcher Anarchisten und des Bertoni an Crétin Kenntnis hatten, noch weniger, dass sie von den verbrecherischen Zwecken, denen die bestellten Bomben dienen sollten, wussten. Die Verwendung von Bomben durch die Armee einer kriegführenden Macht zu Kriegszwecken kann nicht als Verbrechen gegen die Personen oder Sachen im Sinne des Sprengstoffgesetzes angesehen werden. Es kann deshalb hier auch nicht von einer Herstellung und Aufbewahrung von Sprengstoffen zu verbrecherischen Zwecken gesprochen werden.

Anders wäre es, wenn derjenige, der die Bomben in der Schweiz herstellt oder aufbewahrt, selbst im Auslande, ohne Angehöriger des fremden Heeresverbandes zu sein, sie zu Kriegszwecken verwenden wollte. Dagegen wurden die Beschuldigten wegen Widerhandlung gegen die genannte Verordnung verfolgt, weil sie es unterlassen haben, bei der Polizeibehörde den Besitz von Kriegsbomben anzugeben und eine Bewilligung für den Besitz, die Aufbewahrung und den Transport einzuholen. Eine Verfolgung wegen fahrlässiger Gefährdung des Dampfschiffverkehrs kam nicht in Frage, da die im See versenkten Bomben nach dem Expertengutachten keine Gefahr bilden.

c. Bundesgesetz betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen vom 24. Juni 1902.

12. Wegen Beschädigung und Störung elektrischer Anlagen wurden 53 Fälle an die Gerichte gewiesen.

d. Bundesgesetz Über die schweizerische Nationalbank vom 6. Oktober 1905.

18. Es gelangten zwei Fälle zur Behandlung, wo die in der Wochenbeilage einer Tageszeitung erschienenen Abbildungen der 1000 Fr.Note als Banknote vorgewiesen wurde. Im einen Falle gelangte das Gericht zu einer Freisprechung von der Anschuldigung auf Widerhandlung gegen Art. 70, weil jede betrügerische Absicht fehlte. Im zweiten Falle, der zugleich den Tatbestand des Betruges nach kantonalem Eecht erfüllte, war die Ermittlung der Täterschaft nicht möglich.

Im Dezember 1920 versuchte ein Italiener, in S. Maria im Münstertal dreiundzwanzig gefälschte Tausendlirenoten zu wechseln. Das<

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Vergehen musste nach kantonalem. Rechte verfolgt werden, weil das Nationalbankgesetz sich nicht auf ausländische Banknoten 'bezieht. Die Strafbestimrnungen dieses Gesetzes bezwecken einen einheitlichen Strafschutz der Nationalbanknoten; ein Antrag auf Ausdehnung der Strafbestirnmungen auf ausländisches Papiergeld wurde im Nationalrat ausdrücklich abgelehnt (vgl. Stenographisches Bulletin 1905, 586/7, Bbl.1904, IV, 498,1899, II, 214,1894, III, 610, 1890, III, 1041).

C. Bundesstrafpolizei.

Notverordnungsrecht.

14. Aus dem Gebiete der. Bundesstrafpolizei und des Notverordnungsrechts brachten das Departement und die Bundesanwaltschaft bei kantonalen Behörden vier Fälle zur Anzeige. Ein Fall betraf das Bundesgesetz vom 25. Juni 1885 betreffend Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens, ein zweiter das Bundesgesetz vom 24. Juni 1904 betreffend die Überwachung der Einführung und der Verwendung von Brieftauben, ein dritter den Bundesratsbeschluss vom 30. August 1918 über Ursprungsausweise, ein vierter den Bundesratsbeschluss vom 18. März 1915 betreffend das Verbot des Agiohandels mit Gold- und Silbermünzen der lateinischen Münzunion. Ferner wurde eine Reihe Anfragen beantwortet, in sieben Fällen die Erhebung der Kassationsbeschwerde beim Bundesgericht in Erwägung gezogen und in vier Fällen das Rechtsmittel vom Departement eingelegt.

Die der Bundesanwaltschaft gestützt auf den Bundesratsbeschluss vom 10. Dezember 1917 betreffend Einsendung kantonaler Entscheide zahlreich eingesandten Entscheide in eidgenössischen Strafsachen wurden überprüft und jeweils an die Abteilung der Bundesverwaltung, deren Geschäftskreis berührt wurde, weitergeleitet.

15. Bundesgesetz b e t r e f f e n d Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens vom 25. Juni 1885. Personen, die dem Bundesgesetz in einer in Art. 11 näher umschriebenen Weise zuwiderhandeln, werden «von Amtes wegen oder auf Klage hin den kantonalen Gerichten zur Bestrafung überwiesen». Nach dem Entscheide des Bundesgerichtes (Kassationshof) vom 5. Dezember 1919 in Sachen Stamm (A. S. 45, I, 886) soll diese Überweisung, auch im Falle der Privatklage, durch den Bundesrat oder die von ihm delegierte Behörde erfolgen. Privatklagen oder Anzeigen sind demnach ebenfalls bei der Bundesbehörde und nicht direkt bei der kantonalen Behörde anzubringen. Dies ist für die Strafverfolgung Voraussetzung.

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Im Anschlags an den Entscheid des Kassationshofes stellten ·wir näher fest, dass überweisende Behörde das Justizdepartement ist. Art. 12, Ziff. 9, des Bundesratsbeschlusses vom 17. November 1914 bezieht sich allerdings in erster Linie auf die Überweisung der Bundesstrafsachen, die in die Zuständigkeit des Bundesstrafgerichts fallen, aber gemäss Art. 125, AI. 2, Organisationsgesetz den kantonalen Behörden überwiesen werden können. Weder der Wortlaut noch die ratio des genannten Art. 12, Ziff. 9, sprechen aber dagegen, dass das Departement auch die Fälle überweise, die von vornherein ausschliesslich in die Zuständigkeit der kantonalen Gerichte fallen, jedoch zur Anhebung einer Strafverfolgung der besondern Überweisung durch eine Bundesbehörde bedürfen.

16. Bundesgesetz über Mass und Gewicht vom ·24. Juni 1909. Einem Kaufmann gegenüber, der entgegen Art. 25 des Bundesgesetzes und Art. 12 der Vollziehungsverordnung vom 12. Januar 1912, bzw. vom 4. September 1914, Wein bei fassweisem Verkauf in ungeeichtem Passe abgegeben hatte, hielt die kantonale Strafgerichtsbehörde dafür, es falle ihm weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last ; er habe das Fass nie gesehen und annehmen dürfen, sein Verkäufer habe es eichen lassen.

Der Entscheid gab infolge der grundsätzlich gehaltenen Erwägungen Anlass, im Wege der Kassationsbeschwerde den Begriff des Formaldeliktes und die Frage nach dem subjektiven Tatbestand bei Polizeiübertretungen zu erörtern. Die Beschwerde wurde gut·geheissen und vom Kassationshof in allgemeiner Weise festgestellt, dass bei Verwaltungsdelikten, bei denen eine ausdrückliche Verweisung auf die allgemeinen Bestimmungen des Bundesstrafrechtes fehlt, jedenfalls blosse Fahrlässigkeit zum Verschulden genüge.

Diese Fahrlässigkeit werde zudem beim Vorhandensein des objektiven Tatbestandes vermutet, so dass es Sache des Angeschuldigten sei, diese Vermutung durch.den Nachweis besonderer Entschuldigungsgründe zu entkräften. (Kassationshof in Sachen Giolivano vom 21. Oktober 1920.)

Eine weitere Kassationsbeschwerde war zu Ende des Berichtsjahres beim Bundesgericht noch hängig.

17. Bundesgesetz b e t r e f f e n d den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1905. Die zwei im Berichtsjahr beim Bundesgericht eingereichten Kassationsbeschwerden waren Ende 1920 noch nicht erledigt.

18. Verordnung vom 10. August 1914 und Bundesratsbeschluss vom 18. April 1916 gegen die Verteuerung von Nahrungsmitteln und andern unentbehrlichen Be-

398

darfsgegenständen. Die Bundesanwaltschaft hatte, gestützt auf den Bundesratsbeschluss vom 18. Juni 1916 (A. S. n. F. XXXII,.

202), in 34 Strafverfahren den Gerichtsstand zu bestimmen oder zu Anklage- und Aufhebungsanträgen Stellung zu nehmen.

In zwei Fällen kam es zu Berufungserklärungen an oberinstanzliche kantonale Strafbehörden, in einem Falle zur Kassationsbeschwerde an das Bundesgericht.

Gestützt auf Art. 27 der Verordnung über die Kontrolle der Ausländer vom 17. November 1919 wurde in 15 Fällen die- administrative Ausweisung von Ausländern aus dem Gebiete der Eidgenossenschaft in Erwägung gezogen und in Anwendung von Art. 70 der Bundesverfassung die Ausweisung in 5 Fällen vollzogen. Die übrigen Geschäfte wurden zur weitern Behandlung zum Teil an diekantonalen Behörden, zum Teil an die eidgenössische Zentralstelle für Fremdenpolizei gewiesen.

19. Verordnung b e t r e f f e n d S t r a f b e s t i m m u n g e n für den Kriegszustand vom 6. August 1914. Im Berichtsjahre' wurden die letzten zwei Fälle wegen Widerhandlung gegen Art. 5 dieser Verordnung durch Entscheid der Anklagekammer des Bundesgerichtes, erledigt; Beurteilungen durch das Bundestrafgericht oder Überweisungen neuer Fälle an die ausserordentlichen eidgenössischen, Untersuchungsrichter fanden nicht mehr statt. Mit Beschluss vom 26. April 1920 hat der Bundesrat den Bundesratsbeschluss betreffend den Nachrichtendienst zugunsten fremder Mächte vom 22. Februar 1916 (Übertragung der Spionageprozesse an das Bundesstrafgericht) aufgehoben; die Verordnung vom 6. August 1914 wurde durch Bundesratsbeschluss vom 14. September 1920 ausser Kraft gesetzt. Seit der Übertragung der Spionageangelegenheiten an die bürgerlichen Organe (März 1916) hat die Bundesanwaltschaft 1207 polizeiliche Voruntersuchungen geführt, die ausserordentüchen eidgenössischen, Untersuchungsrichter hatten 814 Fälle' zu behandeln, und in 150 Fällen kam es zur Beurteilung durch das Bundesstrafgericht, welches 387 Angeklagte verurteilt und 61 freigesprochen hat, während es gegenüber 14 Angeklagten das Verfahren aufgeschoben oder eingestellt hat (vgl. Näheres hierüber XV. Neutralitätsbericht, Bbl. 1920,.

Bd. IV, S. 594 ff.).

D. Kantonales Strafrecht.

20. In kantonalen Strafsachen hatte sich die Bundesanwaltschaft in elf Fällen zu betätigen (Veranlassung von Straf Verfolgungen ^ Schriftenwechsel mit kantonalen Behörden in hängigen Strafsachen, Beantwortung von Eingaben Dritter).

399

E. Widerhandlungen gegen eidgenössische Fiskalgesetze.

21. Im Berichtsjahre gelangten zur Beurteilung an die Gerichte: % Straf fälle betreffend das Zollgesetz, l Straffall betreffend das Zollgesetz und das Alkoholgesetz, l Straffall betreffend das Postregal.

F. Gesetzgebung.

22. Entgegen dem Beschlüsse des Bundesrates vom 19. Dezember 1919 (vgl. den letztjährigen Geschäftsbericht, Bundesanwaltschaft A,
Mit der Bevision des Bundesstrafprozesses wurde Herr Professor Carl Stooss in Wien beauftragt. Die Bundesanwaltschaft erstattete mehrere Berichte über die Beformbedürftigkeit des geltenden Bechtes.

0. Begnadigung.

23. Die Bundesanwaltschaft hat im Jahre 1920 über 252 Begnadigungsgesuche Antrag gestellt (1919: 803, 1918: 175, 1917: 153, 1916: 107, 1915: 86). Die den Gesuchen zugrunde liegenden Verurteilungen betrafen: Gefangenenbefreiung l Fall Versuch der Verleumdung von Bundesräten 2 Fälle Bundesaktenfälschung, teils in Verbindung mit andern Vergehen 7 » Unbefugtes Hinsetzen einer Unterschrift auf ein Initiativbegehren l Fall Postdelikte, Unterschlagung und Diebstahl l » Eisenbahn-, Postwagen- und Tramgefährdung 4 Fälle Sprengstoffverbrechen 4 » Bestechung l Fall Schuldhafte Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes 20 Fälle Beschädigung einer elektrischen Anlage . . . . . . .

l Fall Übertretung des Lebensmittelpolizeigesetzes l » » » Jagdgesetzes 31 Fälle » » Fischereigesetzes 2 » » » Forstgesetzes - . . . .

9 » » » Viehseuchenpolizeigesetzes . . . . . .

l Fall » » Absinth ver botes .

2 Fälle

400

Übertretung des Notverordnungsrechtes, wie Ausfuhrschmuggel (81), Spionage (6), Fremdenpolizei (30), Vorschriften über Milchversorgung (12) usw 164 Fälle Für die Berichte über diese Begnadigungsgesuche verweisen wir im allgemeinen auf das Bundesblatt 1920 (II, 806 ff.; III, l ff.; IV, 499 ff.; V, 81 ff.).

24. Das Begnadigungswesen hat im Berichtsjahr eine bemerkenswerte Erweiterung erfahren, indem die Bundesversammlung in der Februarsession 1920 im Einverständnis mit dem Bundesrat grundsätzlich die Möglichkeit der Begnadigung unter einer Bedingung und der gnadenweisen Umwandlung von Strafen in mildere Strafarteli bejahte. Die Wirkung und das Verfahren der Begnadigung werden bekanntlich zurzeit geregelt durch die Art. 169--174 des Bundesstrafprozesses vom 17. August 1851, die allerdings nur Bezug nehmen auf die «von einer Assise oder dem Kassationsgerichte» ausgefällten Urteile, jedoch von der Praxis ausser in Militärstrafsachen auf sämtliche eidgenössische Begnadigungssachen angewendet werden. Nach Art. 174 bewirkt die Begnadigung «die ganze oder teilweise Aufhebung der Strafe». Die frühere Begnadigungspraxis brachte diese Bestimmung im allgemeinen lediglich zur Anwendung im Sinne unbedingter, ganzer oder teilweiser A u f h e b u n g . Als Ausnahme erscheint, dass die Bundesversammlung im Falle Fatton Gefängnisstrafe wegen Zollumgehung zur Hälfte erliess unter der Bedingung, dass der Verurteilte sich vor Ablauf des Jahres bei der zuständigen Behörde zur Verbüssung des Bestes der Strafe stelle (Bbl. 1897, III, 991). Ferner wurde in einer militärgerichtlichen Strafsache vom Bundesrat eine Zuchthausstrafe in Gefängnisstrafe von gleicher Dauer umgewandelt und hierin lediglich ein teilweiser Erlass erblickt (Bbl. 1896, II, 516). In neuerer Zeit sodann wurde die Frage nach der Möglichkeit der beiden Massnahmen je nach den Verumständungen des zur Erörterung stehenden Falles als gegenstandslos offen gelassen oder aber die bedingte Begnadigung wie die Umwandlung in mildere Strafarten unter Berufung auf den Wortlaut von Art. 174 des Bundesstrafprozesses als unzulässig abgelehnt. Für diese Auffassung wäre weiterhin geltend zu machen, dass der Strafgesetzentwurf in Art. 420 die Umwandlung in mildere Strafarten neben dem ganzen oder teilweisen Erlass besonders aufführt und dass der Entwurf eines Begnadigungsgesetzes
von 1906 die bedingte Begnadigung ausdrücklich regelte. Anderseits erachtet die Theorie sowohl die bedingte Begnadigung wie die Strafenumwandlung als im Wesen der Begnadigung Inbegriffen und wird mehrfach in der Literatur die Zulässigkeit beider Möglichkeiten bereits für das geltende Bundesrecht bejaht.

Wenn Bundesversammlung und Bundesrat heute der letztgenannten Auffassung Geltung verschafft haben, 'so bedeutet dieser

401

Entscheid im Begnadigungsrecht -- mag die Interpretation von Art. 174 des Bundesstrafprozesses auch etwas extensiv erscheinen -- jedenfalls eine Massnahme, die einem wirklichen BedürfnisEechnung trägt.

Im Berichtsjahre wurde die bedingte Begnadigung mit Bezug auf Gefängnisstrafen in 24 Fällen, die Umwandlung einer Gefängnisstrafe in Busse in einem Falle beantragt. Gewährt wurde die bedingte Begnadigung von der Bundesversammlung mit Bezug auf Gefängnisstrafen in 26 Fällen, mit Bezug auf Busse in einem Falle.

Eine Umwandlung von Strafen fand nicht statt.

25. Die Frage der Zuständigkeit zur Begnadigung im Bundesrecht und der Abgrenzung zu gerichtlicher Strafverwandlung und zum Erlass eines Zwölftels der Strafzeit nach kantonalem Recht führte in zwei Fällen zu einem Meinungsaustausch mit den betreffenden Kantonsregierungen. Mit Schreiben vom 26. Juni 1920 hat der Begierungsrat des Kantons Thurgau der vom Justizdepartement vertretenen Auffassung beigepflichtet, wonach in eidgenössischen Strafsachen die thurgauischen Gerichte nicht zuständig sind, Begnadigungs- oder Strafverwandlungsgesuchen zu entsprechen. Die thurgauischen Gerichte wurden eingeladen, inskünftig auf derartige Gesuche nicht einzutreten, was auch gelte für Konkurrenzfälle eidgenössischen und kantonalen Rechts, soweit das der Gesamtstrafe zugrunde liegende schwerste Vergehen und damit die Gesamtstrafe selbst dem Bundesrechte angehöre. Der Erlass eines Zwölftels der Strafzeit betrifft den Fall Calarne (Bbl. 1920, V, 84). Am 21. August 1920 erklärte die Direktion der Polizei des Kantons Bern, mit unserer Auffassung grundsätzlich einig zu gehen. Wir hatten ausgeführt, dass sich in Konkurrenzfällen die Zuständigkeit zur Begnadigung nach dem Wesen der Gesamtstrafe richte, diese im Falle Calarne dem Bundesrechte angehöre und ein Erlass der Strafe ausschliesslich der Bundesversammlung vorbehalten sei.

H. Auslieferung.

26. Gestützt auf Art. 23 des Bundesgesetzes betreffend die Auslieferung gegenüber dem Auslande vom 22. Januar 1892 unterbreitete die Bundesanwaltschaft in streitigen Auslieferungssacheri dem Bundesgericht Anträge in fünf Fällen.

J. Outachten und Mitberichte.

27. Das Departement und die Bundesanwaltschaft erstatteten im Berichtsjahr in 32 Fällen Gutachten und Mitberichte über Fragen aus dem Gebiet des Strafrechts und Strafprozesses.

402

E. Unterdrückung des Mädchenhandels und Bekämpfung der Verbreitung unzüchtiger Veröffentlichungen.

28. Als Zentralstelle der Schweiz für Unterdrückung des Mädchenhandels und Bekämpfung der Verbreitung unzüchtiger Veröffentlichungen wurde die Bundesanwaltschaft in 25 Fällen zur Mithülfe bei bezüglichen Nachforschungen oder Massnahmen in Anspruch genommen.

L. Politische Polizei.

29. Wegen anarchistischer, bolschewistischer und antimilitaristischer Propaganda und anderweitiger Gefährdung der allgemeinen Sicherheit wurden im Berichtsjahre 8 Personen aus der Schweiz ausgewiesen (siehe die bezüglichen Publikationen im schweizerischen Polizeianzeiger). Zahlreiche Fälle wurden in Verbindung mit der eidgenössischen Zentralstelle für Fremdenpolizei durch polizeiliche Ausschaffung erledigt.

80. Auf Grund des im Geschäftsberichte 1919 bereits erwähnten Bundesratsbeschlusses vom 23. Dezember 1919 betreffend Massnahmen gegen die revolutionäre Propagandaliteratur hat der Bundesrat im Jahre 1920, auf Antrag der Bundesanwaltschaft, die Einziehung von mehreren, in grossen Mengen aus dem Ausland eingeführter Druckschriften, die den Umsturz der bestehenden staatlichen Ordnung verherrlichen oder androhen, beschlossen.

M. Naturalisationen.

81. Im Jahre 1920 hatte die Bundesanwaltschaft 8408 beim Politischen Departement eingelaufene Gesuche um Erteilung der bundesrätlichen Einbürgerungsbewilligung zu begutachten.

V. Versicherungsamt.

Die Tätigkeit des Versicherungsamtes besteht hauptsächlich in der eigentlichen Ü b e r w a c h u n g der V e r s i c h e r u n g s gesellschaften in technischer, juristischer und f i n a n z i e l l e r Hinsicht. Diese Arbeit findet zum Teil ihren Niederschlag in dem jährlichen Bericht über den Stand und die Tätigkeit der privaten Versicherungsunternehmungen in der Schweiz.

Derjenige über das Jahr 1918 wurdo auf Besehluss des Bundesrates vom 11. Oktober 1920 veröffentlicht. Es ist dies der 33.

Bericht, der seit Einführung der Staatsaufsicht über die privaten Versicherungsunternehmungen erschienen ist. Der rund '300 Seiten

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starke Band enthält wie bisher zwei Hauptabschnitte. Der erste umfasst mehrere Kapitel über die verschiedenen in der Schweiz betriebenen Versicherungszweige und hebt die wichtigsten Zahlen aus den Jahresrechnungen und Bilanzen der Gesellschaften hervor. Graphische Darstellungen und zahlenmässige Zusammenstellungen erleichtern den Überblick über die behandelten Fragen.

Eine besondere Untersuchung wurde der Grippe-Epidemie, die im Jahre 1918 wütete, gewidmet. Der zweite Teil enthält statistische Tabellen über die finanzielle Lage der konzessionierten Gesellschaften. Als dritten Teil kann man die im Anhang abgedruckten Beilagen betrachten, nämlich ein alphabetisches Verzeichnis der unter Bundesaufsicht stehenden Versicherungsgesellschaften, mit Angabe der von ihnen betriebenen Zweige, der Generalbevollmächtigten und Rechtsdomizile, und die auf die PrivatversicheruDg bezüglichen Gesetze und Verordnungen. Dieser Bericht erlaubt dem Leser, sich über den Stand und die Entwickelung der privaten Versicherung in unserem Lande ein Bild y,u machen. Er ist im Buchhandel erhältlich (Kommissionsverlag A. Francke & Cie. in Bern).

Im Jahre 1920 hatte die Aufsichtsbehörde fünf n e u e K o n z e s s i o n s g e s u c h e zu prüfen. Vier schon im Vorjahr hängige ·Gesuche wurden ins Jahr 1920 hinübergenommen. Keines dieser neun Konzessionsgesuche konnte im Sinne einer Konzessionserteilung erledigt werden. Zwei davon wurden zurückgezogen.

Eine der gesuchstellenden Gesellschaften sprach den Wunsch aus, ·es möchte die Erteilung der Konzession vorläufig aufgeschoben werden. Drei der Gesuche wurden dem Bundesrat erst im Laufe ·des letzten Vierteljahres 1920 unterbreitet. Die drei übrigen Konzessionsgesuche mussten durch weitere Ausweise ergänzt werden ; bis zum Jahresende waren diese Materialien noch nicht im Besitz der Aufsichtsbehörde.

Die K ö l n i s c h e U n f a l l - V e r s i c h e r u n g s - A . - G . i n Köln hat mit der K ö l n i s c h e n F e u e r - V e r s i c h e r u n g s A.-G. in Köln fusioniert. Erstere Gesellschaft befand sich bereits im Besitze der eidgenössischen Konzession. Die beiden genannten Gesellschaften erhielten am 23. Juli 1920 vom Bundesrat die Bewilligung zur Ausübung des Versicherungsgeschäftes in der Schweiz unter der neuen Firma C o l o n i a , Kölnische Feuer- und
Unfall-Versicherungs-Aktien-Gesellschaft. Ihr Tätigkeitsfeld umfasst zurzeit die Zweige Unfall, Haftpflicht, Glas, Wasserschaden, Einbruchdiebstahl, Sturmschäden, Kaution und Valoren.

Anfangs November 1920 beschloss die Generalversammlung ·der T e u t o n i a , Versicherungsaktiengesellschaft in Leipzig, die ßundesblatt. 73. Jahrg. Bd. II.

27

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F u s i o n mit dem N o r d s t e r n , Lebens-Versicherungs-AktienGesellschaft in Berlin-Schöneberg, welcher seine Zustimmung gab.

Der Nordstern verpflichtete sich, in Leipzig eine Zweigniederlassung unter der Firma ,, T e u t o n i a , L e i p z i g e r N i e d e r lassung des N o r d s t e r n , Lebens-VersicherungsA k t i e n - G e s e l l s c h a f t " zu errichten. Der Bundesrat hat dieser Fusion am 6. Dezember 1920 zugestimmt. Die Teutonia besass die Konzession zum Geschäl'tsbetrieb in der Schweiz, nicht aber der Nordstern. Letztere Gesellschaft hat nun ein Konzessionsgesuch eingereicht, doch konnte über dasselbe im Jahr 1920 nicht mehr beschlossen werden. Für die Zwischenzeit von der vollzogenen Fusion an bis zur Erteilung der Konzession wurde der Nordstern ermächtigt, in der Schweiz auf Grund der Tarife der Teutonia zu arbeiten.

Der Bundesrat hat ferner am 3. September 1920 die Schweizerische U n f a l l v e r s i c h e r u n g s - A k t i e n - Ges e l l s c h a f t in Winterthur zur Aufnahme der F e u e r - R ü c k v e r s i c h e r u n g ermächtigt.

Nach Art. 18 des Bundesgesetzes über die Kautionen der Versicherungsgesellschaften vom 4. Februar 1919 kann jede inoder ausländische Gesellschaft mit Zustimmung des Bundesrates ihren schweizerischen Versicherungsbestand ganz oder teilweise mit Rechten und Pflichten auf eine andere konzessionierte Gesellschaft übertragen. Mehrere Gesellschaften, alle ausländischen Ursprungs, haben von dieser Möglichkeit der f r e i w i l l i g e n Ü b e r tragung ihres schweizerischen Versicherungsb e s t a n d e s Gebrauch gemacht. Der Bundesrat hat folgenden Übertragungen zugestimmt: 1. am 12. März 1920 der Übertragung des Unfall-Portefeuilles der Gesellschaft ,,Le Soleil-Sécurité Générale et Responsabilité civile réunies" in Paris auf die ,,La Suisse", Lebensund Unfallversicherungs-Gesellschaft in Lausanne ; 2. am 4. Juni 1920 der Übertragung des Lebensversicherungsbestandes der ,,Compagnie du Soleil"1, französische Lebensversicherungsaktiengesellscbaft in Paris, auf die ,,La Suisse", Lebens- und Unfallversicherungs-Gesellschaft in Lausanne ; 3. am 4. Juni 1920 der Übertragung des Lebensversicherungsbestandes der ,,The Equitable Life Assurance Society of thè United States" in New York auf die ,,La Suisse", Lebens- und Unfallversicherungs-Gesollschaf't in Lausanne; 4. am 23. November ,1920 der Übertragung des Unfallversicherungsbestandes der ,,Teutonia", Versicherungsaktien-

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gesellschaft in Leipzig, auf die Basler LebensversicherungsGesellschaft in Basel ; 5. am 21. Dezember 1920 der Übertragung des Feuer- und Einbrucbdiebstahl-Portefeuilles der ,,Aachener und' Münchenera, Feuer-Versicherungs-Gesellschaft in Aachen, auf die Basler Feuer-Versieherungs-Gesellschaft in Basel.

Die Portefeuilleübertragung gemäss Art. 18 des erwähnten Gesetzes hat das E r l ö s c h e n der s c h w e i z e r i s c h e n K o n z e s s i o n für die ihr Portefeuille übertragenden Gesellschaften zur Folge. Die übernehmenden Gesellschaften treten in allen Teilen an Stelle der zedierenden Gesellschaften, die aus der eidgenössischen Staatsaufsicht ausscheiden. Der Bundesrat hat jeweilea seine Zustimmung zur Übertragung nur erteilt, wenn er die Interessen der Gesamtheit der schweizerischen Forderungsberechtigten für ausreichend gewahrt hielt.

Eine besondere Art der Übertragung ist diejenige, welche in § 2 der allgemeinen Konzessionsbedingungen vorgesehen ist.

Die fragliche Bestimmung lautet: ,,Für jedes Übereinkommen, wodurch der Versicherungsbestand der Unternehmung in seiner Gesamtheit oder in einzelnen Abteilungen an eine andere Versicherungsunternehmung übertragen wird, und für jedes Übereinkommen, wodurch die konzessionierte Unternehmung den gesamten Versicherungsbestand einer andern Gesellschaft oder einzelne Abteilungen desselben erwirbt, ist die Genehmigung des Bimdesrates einzuholen. tt Ziffer 2 der allgemeinen Konzessionsbedingungen weicht von Art. 18 des Gesetzes über die Kautionen insofern ab, als sie sich auch auf die Abtretung des ausländischen Portefeuilles einer konzessionierten Gesellschaft auf eine andere bezieht, während der vorgenannte Art. 18 sich nur auf die freiwillige Übertragung des schweizerischen Versicherungsbestandes bezieht. Im Jahre 1920 hat die B a s l e r L e b en sy e r s i c h e r u n g s - G e s e l l s c h a f t ihren italienischen Bestand aus dem Einzelunfallgeschäft auf die H e l v e t i a , Schweizerische Unfall- und Haftpflicht-Versicherungsanstalt in Zürich, übertragen.

Gemäss Ziffer 2 der allgemeinen Konzessionsbedingungen wurde der Abtretungsvertrag dem Bundesrate zur Genehmigung unterbreitet, welche dieser am 2. Juli 1920 erteilte.

Bereits im Jahre 1912 hatte die P h o e n i x Assurance Company Limited in London auf ihre schweizerische Konzession
für die Feuerversicherung (direktes Geschäft) verzichtet. Im Jahre 1920 leistete sie den Nachweis, dass' alle ihre Verträge im direkten Schweizergeschäf't abgewickelt seien, und ersuchte

406

infolgedessen um H e r a u s g a b e der K a u t i o n . Dieses Gesuch wurde gemäss Art. 9, Abs. 3, des Aufsichtsgesetees vom 25. Juni 1885 und Art. 7 der Verordnung vom 12. Oktober 1886 öffentlich bekanntgemacht. Da keine Einsprachen einliefen, wurden die als Kaution hinterlegten Titel der Gesuchstellerin zurückerstattet. Diese Unternehmung ist daher künftig der eidgenössischen Staatsaufsicht nicht mehr unterstellt.

Bemerkt sei noch, dass im Laufe des Jahres 1920 die Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft in Basel, die einzige Gesellschaft, welche bis jetzt in der Schweiz H o c h w a s s e r s c h ä d e n v e r s i c h e r t e , bis auf weiteres auf den Betrieb dieses Versicherungszweiges verzichtet hat.

Unter Berücksichtigung aller dieser Mutationen befanden sich auf Ende 1920 106 Gesellschaften unter der Aufsicht des Bundesrates (1919: 111). Zehn von diesen sind zum Abschluss neuer Verträge nicht mehr befugt; gleichwohl bleiben sie bis zur vollständigen Abwicklung ihres Schweizerportefeuilles der Staatsaufsicht unterstellt (Art. 9, Abs. 3, des Aufsichtsgesetzes).

Von den 96 konzessionierten sind 21 Gegenseitigkeits- und 75 Aktiengesellschaften, 33 schweizerische und 63 ausländische.

Davon betreiben die Lebensversicherung 26, die Unfall- und Haftpflichtversicherung 19, die Feuerversicherung 28, die Betriebsverlustversicherung 14, Mietverlust 23, Glas 15, Wasserschäden 14, Einbruchdiebstahl 26, Kaution 4, Kredit l, Vieh 4, Hagel 2, Transport 26 (davon 3 nur Autokasko), die 'Rückversicherung 5.

Das Amt wurde ferner um Auskunft über die verschiedensten das Versicherungswesen betreffenden Fragen ersucht. Die mit dem Publikum gewechselte Korrespondenz hat sich gegenüber dem Jahre 1914 mehr als verdoppelt. Das Amt erteilt die gewünschte Auskunft, sei es mündlich, sei es schriftlich, gerne, soweit ihm dies das Amtsgeheimnis und die ihm als Aufsichtsbehörde auferlegte Unparteilichkeit erlauben. Häufig wird das Amt von Drittpersonen um die Entscheidung von Versicherungsstreitigkeiten privatrechtlicher Natur angegangen. Allein das Versicherungsamt ist nicht zuständig, derartige Streitfragen zwischen Versicherungsgesellschaften und Versicherten zu entscheiden (Art. 13 des Aufsichtsgesetzes). Dagegen glaubte das Amt mit seiner Meinung nicht zurückhalten zu sollen, wo ihm die Entscheidung
der Rechtsfrage unzweideutig erschien. Es hatte sich auch zuhanden anderer Abteilungen der Zentralverwaltung gutachtlich zu äussern. Dagegen lehnte es stets die Abfassung von Gutachten für Gerichtsbehörden oder Privatpersonen ab.

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Aus den zahlreichen Anfragen aus dem Publikum geht hervor, dass die Beunruhigung der Versicherten in bezug auf das Los ihrer Versicherungen noch lange nicht gehoben ist. Diese begann sich sofort bei Beginn des Weltkrieges geltend zu machen, und zwar bei den bei ausländischen Gesellschaften Versicherten. Die Hoffnung, dass nach Sehluss der Feindseligkeiten dio Lage sofort oder doch nach und nach wieder normal werde, hat sich nicht erfüllt. Auch die Versicherten können sich der allgemeinen Unruhe nicht entziehen, sondern werden fortwährend in Atem gehalten. Die ohnehin vorhandenen Befürchtungen wurden noch verstärkt durch Zeitungsartikel, in denen die Lage der ausländischen, namentlich der deutschen Gesellschaften als erschüttert dargestellt wurde. Dieses Jahr waren die in der Presse erschienenen beunruhigenden Mitteilungen besonders zahlreich.

Wir können uns nicht enthalten, zu bemerken, dass sie oftmals entstellte Angaben enthielten. Die fraglichen Einsendungen bringen der Sache der Versicherten durchaus keinen Nutzen.

Besonders das S i n k e n der W e c h s e l k u r s e bildet einen Hauptgegenstand der Befürchtungen der Versicherten. Diese stellen sich die bange Frage, ob angesichts der veränderten Verhältnisse die ausländischen Versicherer noch imstande sein werden, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Namentlich in der Lebensversicherung ist die Beunruhigung am grössten, denn unsere Bevölkerung wendet diesen Fürsorgeeinrichtungen bedeutende Mittel zu. Da es sich im allgemeinen um langfristige Verträge handelt, ist es begreiflich, wenn die Anspruchsberechtigten sich die Frage vorlegen, ob sie in einer verhältnismässig fernen Zukunft auch wirklich in den vollen Besitz des versicherten Kapitals gelangen werden.

Natürlich ist eine Voraussage über die Zukunft unmöglich.

Es darf jedoch erwähnt werden, dass bis zur Stunde die ausländischen Unternehmungen ihren in der Schweiz eingegangenen Verpflichtungen stets nachgekommen sind. Auch kann in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass die Lebensversicherungsgesellschaften -- sie haben die meisten Angriffe zu erdulden --, abgesehen von ganz besonderu Umständen, mit den in der Schweiz eingehenden Prämien einstweilen genügende Mittel zur Erfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen zur Verfügung haben: Der Bundesratsbeschluss vom 26. Dezember 1919
betreffend die Folgen der Währungsentwertungen für Aktiengesellschaften und Genossenschaften findet auch auf die Versicherungsgesellschaften Anwendung. Art. 8, Abs. 2, des Beschlusses ermächtigt den Bundesrat, für die Bilanzaufstellung derselben allgemeine

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Anordnungen oder besondere Verfügungen zu treffen, die von den gesetzlichen Bestimmungen des Obligationenrechts und den Vorschriften des Bundesratsbeschlusses abweichen. Eine im Frühling des Geschäftsjahres zusammengetretene Konferenz von Vertretern der Lebensversicherungsgesellschaften und anderer Fachleute sprach sich einhellig in dem Sinne aus, es möge den einzelnen schweizerischen Gesellschaften Gelegenheit geboten werden, ihre finanzielle Lage, namentlich im Hinblick auf den Stand der Wechselkurse und auf die Kompensation durch stille Reserven, dem Versicherungsamte nachzuweisen. Dieses Verfahren wurde dann auch befolgt. Soweit die Bilanzen nach Geldsorten nicht ausgeglichen waren, musste jeweilen die hinreichende Deckung der überschiessenden Teile nachgewiesen werden. Mit Genehmigung des Bundesrates wurde 'sodann einzelnen Gesellschaften die A bweichuDg von den gesetzlichen Bilanzierungsvorschriften gestatte t.

Um eine irrtümliche Würdigung der Zahlen der 1919er Bilanz auszuschliessen, wird die einlässliche Berichterstattung über die Abweichungen nähern Aufschluss geben.

Seit 1919 gemessen die Versicherten die Vorteile des am 1. Juni 1919 in Kraft getretenen B u n d e s g e s e t z e s ü b e r die K a u t i o n e n der V e r s i c h e r u n g s g e s e l l s c h a f t e n .

Wir mussten allerdings die Erfahrung machen, dass vielfach im Publikum die Meinung bestand, die vom Gesetz verlangten Garantien könnten sofort nach dessen Inkrafttreten oder kurze Zeit nachher beschafft werden. Dem ist nicht so. Gewiss hätten sich die den Bestimmungen des genannten Gesetzes unterworfenen ausländischen Gesellschaften in normalea Zeiten beeilt, sofort die verlangten Hinterlagen in vollem Umfange zu leisten. Allein angesichts der gestörten Wirtschaftslage ist es nicht zu umgehen, dass den beteiligten Unternehmungen zur vorschriftsgemässen Belegung ihrer Kautionen lange Fristen gewährt werden. Wenn sie sich den Forderungen des Gesetzes nicht sofort unterwerfen können, so sind daran wiederum die zersetzten Wechselkurse schuld. Wir haben hier in erster Linie die ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften und unter ihnen wieder im besondern die deutschen im Auge. Das Gesetz verlangt von ihnen die Hinterlegung des auf ihren schweizerischen Versicherungsbestand entfallenden Deckungskapitals, vermehrt um
einen angemessenen Zuschuss. Drei Vierteile der Kaution haben aus Schweizerwerten zu bestehen. Es ist den betroffenen Gesellschaften in dieser Stunde unmöglich, diese Hinterlage von Schweizertiteln im gesetzlic hen Verhältnis zu leisten. Sie besitzen nicht genügend Schweizerwerte unter ihren Aktiven. Die Anschaffung derselben jedoch

Tab

Kautionen der ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften.

Deckungskapital ihres schweizer. Versicherungsbestandes auf Ende 1919 und Zusammensetzung der entsprechenden Hinferlage auf 31. Dezember 1920.

- I.

NB. Sämtliche Beträge beziehen sich auf den Nennwert der Titel; auch sind überall die Originalwährungen angegeben. Es bedeuten; Fr. = Schweizerfranken; Mk. = deutsche Reichsmark; fr. = franc français ; fr. b. = franc belge ; öKr. = alte österr.-ung. Krone ; öfl. = alter österr.-ung. Gulden ; £ = Livre ste rling ; hollfl. = holländ. Gulden.

Das auf 31. Dez. 1919 zurückzustellende schweizer. Deckungskapital beträgt

Gesellschaften

Auf schweizer.

Verträge gewährte Darlehen und Vorauszahlt! ngen

Schweizerische Werte

Durch für Verträge für Verträge Grundpfand in in der Kantone lautend auf lautend auf sicherSchweizer- ausländ.

und Schweizer- ausländische des Bundes gestellte franken Währung.

Gemeinden Forderungen franken Währungen

Deutsche : Gothaer Lebensversicher.-Bank .

Leipziger Lebensvers.-Gesellschaft Karlsruher Lebensversicherung .

Fr.

16446 138 Mk.4031 866 28 252 528 Mk. i 392817 21 764 608 Mk. 913 364 292 048 Mk, 8 820

9 S02 792 5 104 206

Concardia, Coin Stuttgarter Lebensversich.-Baok .

Friedrich Wilhelm, Berlin . . .

Atlas, Ludwigshafen a. Rh.

Fr.

1 5 2 6 9 7 2 Mk. 157 430 2 003 763 Mk. 31 508 l 423 745 3980 761 043 3233S7

Mk. i 525268 30354272 öKr.i57255 \z 437 297 Mk.'sS 070 fr.b.

I 640 £ 560 (Mk. i 711 Mk. 195 319 I S326S45J öKr. II 741 } 866372 \öKr. 20 >

i 876 429

31 920 408 331

2 158470 131 078036

Fr.

2 070 OOO

i 845 ooo l 565 ooo 56 ooo i 074 ooo 63 ooo

Fr.

50000

7 609 250

2 799 203 7497 167

91679 112479

10219 745

667 034

Le Phénix Paris

15054209

240 177

L'Urbaine. Paris

6

5 3 9 287

257 55°

63 229 596

204 158 2 109 301

. .

Österreichische : Anker, Wien

3353631

Englische : T h e Norwich Union . . . .

T h e General, London . . . .

H933939 4 202 882 IC 136 821

Amerikanische : The New York The Guardian, New York . . .

Zusammen

--

: --

I5907I

i 172 747 131 384 i 304 13»

i 403 931 238 705 16 439 503 Mk. 86 190 i 642 636 15001 919 233 »37 587 12 510 212

3 929 *9i Mk. 86 190

deutsche

Mk.

5 105 ooo 451 ooo

2 300 ooo i 229 ooo

13 469 500

--

66 ooo

i 700 ooo

2 750 600

}-

379 ooo

--

--

-- --

34 643 loo

7 704 500

i 794 500

244 500

320 ooo 454 5°° 774 500

i 036 500 696 ooo

6 208 500 2 159 500 8 368 ooo

53I8935 0

I 984813 2 500 OOO

5 342 ooo

475 ooo

·i 312699 124 500826

«3 570 850 österr.-ung.

Staatspapiere !'

14831 ooo Hypoth. Darlehen Sonstige auf Pariser Staatspapiere Liegenschaften fr.

i öfl. i 647 400 20 ooo Ifr. 433900 3 864 o67J » fr.

loo ooo y 8 672 500 » I OOO OOO öfl. 2 260 ooo £ 33 ooo » 408 ooo 4478 ioo| öKr. 112 ooo |fr. 61 700 fr.

118500

387 400 10838 150

3 311 ooo I 971 500

235 ooo ( 7 404 500 71000 < wovon 500 000 (Bankobligatioiitn

--

9 014000

460 ooo

Französische Rententitel

25 660 ooo

22 OOO OOO 27606422

ö K.r. 5 366 200 > · 9 260 984 IV k. l ooo ooo

3l6 4OO

i 237 ooo

Mk.

38 952 449

IOO OOO

2 247 200<

Durch deutsche Grundpfander sichergestellte Forderungen

Mk.

20 883 459

81 300

fr.

665 009 72518 207013

Darlehensforderungen ö iterreichisch- an deutsche Stadtungarische gemeinden

r'"

300 ooo i 200 ooo 8 865 950

85 ooo 126 ooo

560

22 289 985

Staatspai liere

525 ooo

200 ooo 371 ooo

Fr.

i 454 500 3 381 ooo

fr.

Comp. d'Assur. Générales, Paris.

Ausländische Werte

Obligationen

365 250

Mk. 8 667 454 9 786 780 Mk. 248 719 öKr.

20 öKr. 168 996 fr.b.

i 640

S.

Französische :

La Caisse paternelle, Paris

Bis zum 31. Dezember 1920 hi iterlegte Kautionen:

I 732 500

i 700 ooo 785 ooo

19567717 --

}

5 794 497

--

-- -- franz. Emission 1 Londoner Emissionen Britische schwedischer Kriegsanleihe skandinavische aussereurop. und russischer Staatsanleihen Staatsanleihen Staatspapiere & £ £ fr.

225 ooo 526 350 18 loo 50 ooo i 126 ooo 115 loo 225000 18 loo 641 450 50000 I 126000 Verschiedene Österr.-ung.

Britische Anleihe der deutsche Wertschriften Staatspapiere Kriegsanleihe Stadt Rotterdam Mk.

hollfl.

£ 130 600 722000 48 ooo 468 200 öfl.

255 ooo 48 ooo 468 200 1 30 600 722 ooo

I 538 500 i 525 ooo 3 063 500 13983000 16 227 500

83 399 850

- {

5 794 497

409 wäre nur unter enormen finanziellen Opfern möglich. Die erlittenen Verluste würden zudem schliesslich auf die Versicherten selbst zurückfallen. Es handelt sich hier um Millionen von Franken. Angesichts dieser Sachlage enthalten die Kautionen der deutschen Gesellschafton zurzeit noch hauptsächlich Werte ihres Heimatstaates. Sie haben dieselben jedoch innert einer gewissen Reihe von Jahren im verlangten Verhältnis durch Schweizerwerte zu ersetzen. Die Aufsichtsbehörde verliert die Interessen der Versicherten durchaus nicht aus den Augen, auf der andern Seite darf sie jedoch nicht zu unmöglichen Massnahmen greifen, welche den Gesamtinteressen, die sie zu wahren hat, zuwiderlaufen. Tabelle l gibt Auskunft über den Stand der von den ausländischen Lebensversicherungsgesellschaften auf 31. Dezember 1920 geschuldeten Kautionen und die dafür hinterlegten Werte nach ihrem Nominalwert.

In einer misslichen Lage befinden sich diejenigen Versicherten, welche seinerzeit ihre Versicherung in der Schweiz, jedoch auf Grund einer fremden Währung, abgeschlossen haben. Dabei sind wiederum die Inhaber von Markpolicen am meisten benachteiligt.

Der Versicherer stützt sich auf die Prinzipien des Vertragsrechts und beansprucht das Recht, die Versicherungssumme in der vertraglichen Währung auszubezahlen. Man begreift daher die schlimme Lage desjenigen, der fast alle seine Prämien zu den Vorkriegskursen einbezahlt hat und heute bei der Fälligkeit als Versicherungssumme, nach ihrer Kaufkraft bemessen, eine direkt lächerlich kleine Summe erhält. Man kann sich fragen, ob es dem Versicherer erlaubt sei, sich lediglich auf die Vertragsklauseln zu stützen, oder ob er nicht gestützt auf Verfügungen öffentlich rechtlicher Natur, u. a. gestützt auf die Bestimmungen des Aufsichtsgesetzes, gehalten ist, in der Währung desjenigen Staates zu erfüllen, in welchem der Vertrag zustande gekommen ist. Dies ist eine sehr heikle Frage, zu deren Beantwortung in erster Linie die Gerichte zuständig sind ; wir behalten uns immerhin administratives Einschreiten jedenfalls da vor, wo Versicherungen in ausländischer Währung unter Missachtung bestehender Vorschriften abgeschlossen wurden.

Ziffer 9 d e r a l l g e m e i n e n K o n z e s s i o n s b e d i n g u n gen schreibt vor, dass die in den Policen festgesetzten Versicherungssummen in
Frankenwährung ausgedrückt werden müssen.

Am 21. Dezember 1920 hat der Bundesrat entschieden, dass diese Vorschrift auf die T r a n s p o r t v e r s i c h e r u n g nicht Anwendung finden kann. Es muss dem vorwiegend internationalen

410

Charakter der Transportversicherung Rechnung getragen werden.

Das Risiko ist hier nicht örtlich festgelegt ; es erstreckt sich auf alle die Länder, welche die versicherten Waren passieren. Da gegenwärtig die Wechselkurse plötzlichen Schwankungen unterworfen sind, sind die Exporteure und Importeure grossen Kursverlusten ausgesetzt, wenn die Entschädigung für beschädigte oder verloren gegangene Waren in einer andern Währung als der für den Verkaufspreis vereinbarten ausbezahlt wird, sobald nämlich der Kurs dieser Währung höher ist als derjenige des Landes, in welchem die Entschädigung ausgerichtet wird. Es war wünschenswert, dass der Kaufmann seinen Berechnungen eine gewisse Stabilität zu geben in der Lage war. Zu diesem Zwecke musste ihm die Möglichkeit geboten werden, die Versicherung in der passenden Währung abzuschliessen.

Der Bericht der nationalrätlichen Kommission über die Geschäftsführung des Bundesrates im Jahre 1919 stellte fest, dass die Versicherten nicht genügend geschützt seien, indem infolge des Sinkens der Kaufkraft des Geldes und der Valutaschwankungen die Versicherungssummen den neuen Verhältnissen nicht mehr angepasst seien. Nach vorgenommenem Studium der Frage hat der Bundesrat in seiner Sitzung vom 22. Oktober 1920 das Versicherungsamt ermächtigt, in der Presse eine Mitteilung erscheinen zu lassen, in welcher die Inhaber von Versicherungspolicen eingeladen werden, angesichts der Entwertung des Geldes und damit auch der Versicherungssummen N a c h v e r s i c h e r u n g e n abzuschliessen, um wenn möglich das versicherte Kapital auf eine Höhe zu bringen, welche der Kaufkraft der beim Abschluss der Versicherung beantragten Geldsumme entspricht und die Erreichung des gewollten Versicherungszweckes garantiert.

Wie im Vorjahr veröffentlichen wir, weil unsere Jahresberichte erst später erscheinen können, vorweg zwei Tabellen, von denen die eine orientiert über die in der Schweiz im Jahre 1919 in den verschiedeneu Versicherungszweigen eingenommeneu Bruttoprämen, wobei zwischen einheimischen und fremden Gesellschaften unterschieden wird, die andere über die Bewegung der Kapitalversicherungeii in der Schweiz im Jahre 1919 auf dem Gebiete der Lebensversicherung. Ohne Zweifel werden einzelne dieser Zahlen nachträglich noch eine Änderung erfahren, da wir noch nicht von allen Gesellschaften
die endgültigen Angaben besitzen. Doch werden die Änderungen nur unbedeutend sein, die genauen Zahlen werden in unserem Bericht über das Jahr 1919 enthalten sein.

411 Tabelle 2.

In der Schweiz eingenommene Bruttoprämien im Jahre 1919.

Davon entfallen auf

Versicherung»zweig

Prämien

Leben Unfall . . .

Feuer Transport . .

Andere Zweige Zusammen

schweizerische Gesellschaften

ausländische Gesellschaften

Fr.

82,458,587 19,664,119 19,793,341 24,065,394 8,148,489

Fr.

53,361,100 17,585,978 16,117,739 16,091,997 6,672,793

Fr.

29,097,486 2,078,142 3,675,602 7,973,397 1,475,696

154,129,930

109,829,607

44,300,323

Das Versicherungsamt sah sich gezwungen, dem Bundesrat die Verhängung einer O r d n u n g s b u s s e gegenüber einer säumigen Versicherungsgesellschaft zu beantragen. Obschon mehrmals und unter Bussandrohung gemahnt, den gewohnten statistischen Jahresbericht vorzulegen, fühlte sich die fragliche Gesellschaft nicht einmal bemüssigt, auf die Aufforderungen der Behörde zu antworten. Der Bundesrat machte von seiner ihm durch Art. 10 des Aufsichtsgesetzes eingeräumten Kompetenz Gebrauch und verhängte eine Busse von Fr. 200 über sie.

Im Berichtsjahr gelangten mehrere Klagen wegen u n e r l a u b t e r A u s ü b u n g des V e r s i c h e r u n g s g e s c h ä f t e s in der T r a n s p o r t b r a n c h e vor die Aufsichtsbehörde, ohne dass es jedoch möglich war, die Fehlbaren dem Richter zu überweisen, sei es, dass die nötigen Beweismittel nicht geliefert wurden, sei es, dass die beanstandeten Tatsachen die Herstellung eines strafbaren Tatbestandes im Sinne des Aufsichtsgesetzes nicht ermöglichten. Es muss hier bemerkt werden, dass es auf dem Gebiete der Transportversicherung ausserord entlich schwierig ist, das Anwendungsgebiet der Versicherungsgesetzgebung genau abzugrenzen. Dieser Versicherungszweig entzieht sich nach verschiedenen Richtungen hin den gesetzlichen Bestimmungen. So kann z. B. der schweizerische Importeur, welcher seinen Korrespondenten im Ausland beauftragt, die im Ausland gekauften Waren im Ausland zu versichern, ohne Zweifel nicht der Übertretung, der Bestimmungen des Aufsichtsgesetzes beschuldigt werden.

Tabelle 3.

t to

Lebensversicherung. Bewegung der Kapitalversicherungen in der Schweiz im Jahre 1919. Direktes Geschäft.

Neu abgeschlossene Versicherungen im Jahre 1919

Gesellschaften

Policen 7 schweizerische . . .

1 0 deutsche . .

98,840

. . . .

11 französische .

1 österreichische 5 englische . . . .

3 amerikanische Total

Summen Fr. 246,931,336

5,644

,,

37,687,780

1,373

,,

13,761,235

54

485,329

469 2 106,382

Fr. 4,321,921 ,, 62.121 Fr. 303,249,722

Bestand der Kapitalversicherungen am 31. Dezember 1919 Policen 399,933 259 3 3 1 63,203 2,150 19 1 3 17,928 12 773 18 9,831 3,925 495,593 2.409 16 40 1 3

Summen 1,045,513,122 Schweiz. Fr.

2,730,111 Mark 232,000 franz. Fr.

70,000 Kronen 137 holl. Fl.

430,864,214 Schweiz. Fr.

22,525,528 Mark 617,000 Kronen 10,000 belg. Fr.

1,147 £ 137,780,775 Schweiz Fr.

173,300 franz. Fr.

10,087,975 Schweiz. Fr.

960,000 Kronen 84,212,661 Schweiz. Fr.

41,100,640 Schweiz. Fr.

1,749,559,387 Schweiz. Fr.

25,255,639 Mark 415,000 franz. und belg. Fr.

1,647,000 Kronen 137 holl. Fl.

1,147 £

413 Das Versicherungsamt hat über die Frage der staatlichen Mobiliarversicherung einen Bericht zu verfassen. Zufolge der seinerzeit erheblich erklärten M o t i o n H o f m a n n betreffend die Schaffung einer Mobiliarversicherungsanstalt mit oder ohne Staatsmonopol hatte das Justiz- und Polizeidepartement zwei Experten mit der Abfassung von zwei Denkschriften beauftragt.

Diese sind bereits ausgearbeitet und dem genannten Departement vorgelegt worden. Dem Versicherungsamt war es bis heute noch nicht möglich, seinen Schlussbericht abzugeben.

Der Nennwert der geleisteten K a u t i o n e n sämtlicher Gesellschaften betrug Ende 1919

1920

Zunahme (+) f_j

Abnahme

Fr.

84,515,600.-- 89,880,600.-- + 5,365,000.-- M.

120,685,719.72 153,859,074.31 -j- 33,173,354. 59 ausländ. Fr. 23,874,213.41 30,090,114.01 -f 6,215,900.60 österr. Fl. 8,059,400. -- 8,059,400. -- -- österr. Kr. 8,478,200.-- 5,478,200.-- -- 3,000,000.-- L. it.

136,600.-- 1,005,000.-- + 868,400.-- holl. Fl.

764,000.-- 742,000.-- -- 22,000.-- £ 868,200.-- 873,150.-- -f 4,950.-- Die schweizerischen Werte setzen sich wie folgt zusammen : Eidgenössische Anleihen Fr. 10,610,500 Schweizerische Bundesbahnanleihen ,, 19,337,000 Obligationen verstaatlichter Privatbahnen . ,, 26,974,100 Obligationen von Kantonen ,, 11,293,500 Obligationen von Städten ,, 4,290,500 Obligationen staatlich garantierter Banken und Unternehmungen ,, 341,000 7. Obligationen von Privatbahnen und -banken ,, 575,000 8. Hypotheken ,, 16,407,500 :9. In bar ,, 51,500 1.

2.

3.

4.

5.

6.

Zusammen wie oben Fr. 89,880,600 Über die Zusammensetzung der ausländischen Werte orientiert die nachfolgende Übersicht:

414 Staatspapiere und Oblig. von Städten, Wertschriften mit Privatbanken und Staatsgarantie -bahnen

Herkunft der Titel

M.

. . 12,467,250.--

Deutsche

. 21,389,516.70

Fr.

--

5,794,497.--

--

--

--

--

--

--

--

--

--

--

--

F\.

4,590,400.--

Kommunaldarlehen

M.

M.

M.

1,060,000.-- 14,831,000.-- 124,500,824.31

Fr.

Französische

Hypothekenbriefe

Kr.

Österreichische

5,478,200.-- M.

1,000,000.-- Fr.

218,500.FI.

Ungarische . . 3,469,000.--

£ Englische

. .

772,050.-- L. it.

Italienische . . 1,005,000.-- Fr.

Russische *) . . 1,433,900.--- Fr.

1,253,700.--

£

Verschiedene .

101,100.--

-- --

--

--

--

-- --

--

--

--

--

--

--

-- hol]. Fl.

--

--

--

--

--

742,000.--

*) Französische Emission.

Die Vermehrung einzelner Geldarten ist der Tatsache zuzuschreiben, dass diejenigen Gesellschaften, die zur Anlegung einer Valutareserve verpflichtet wurden, ihre Depots in fremder Währung ergänzen mussten, und zwar mangels schweizerischer Werte mit ausländischen Titeln, weil die bereits hinterlegten Papiere infolge eines neuen Kurssturzes eine Werteinbusse erlitten hatten. Daraus ergibt sich für eine längere Übergangszeit ein verhältnismässiges Anwachsen der ausländischen Werte gegenüber den schweizerischen.

Nach Art. 25, Absatz 2, des Bundesgesetzes über die Kautionen der Versicherungsgesellschaften vom 4. Februar 1919 kann die in Art. 12, Absatz 2, des Aufsichtsgesetzes vom 25. Juni 1885 festgesetzte Staatsgebühr angemessen erhöht werden ; sie darf jedoch für die einzelne Gesellschaft nicht mehr als 2 °/oo der jährlich in der Schweiz eingenommenen Prämien betragen. Seit dem Jahre 1886 ist der gegenwärtige Höchstansatz der Staatsgebühr von l °/oo der in der Schweiz eingenommenen Brutto-

415 prämien nie geändert worden. Infolge der allgemeinen Teuerung haben die wichtigsten Ausgabeposten des Versicherungsamtes (Druck des Jahresberichtes, Besoldungen usw.) eine bedeutende Zunahme erfahren. Durch das Inkrafttreten des Kautionengesetzes selbst hat sich die Aufsicht ausgedehnt, und damit sind neue Ausgaben verbunden. Unter diesen Umständen musste eine Erhöhung der Staatsgebühr Platz greifen. Der Bundesrat hat daher am 29. Oktober 1920 die von den Versicherungsgesellschaften zu erhebende, jährliche Staatsgebühr auf I 1 /2%>o der in der Schweiz «ingenommenen Prämien festgesetzt. Für diejenigen Gesellschaften, deren Prämieneinnahme den Betrag von Fr. 20,000 nicht erreicht, wurde die Mindestgebühr von Fr. 20 auf Fr. 30 erhöht.

Die aus der erhöhten Staatsgebühr herrührenden E i n n a h m e n beliefen sich im Jahre 1920 auf Fr. 233,636.85.

Ferner hat der Verkauf des Jahresberichtes des Versicherungsamtes, der Sammlung von Entscheidungen schweizerischer Gerichte in privaten Versicherungsstreitigkeiten und verschiedener anderer Drucksachen Fr. 7059. -- eingetragen. Das Total der Einnahmen betrug Fr. 240,895. 85. Die. auf das Amt entfallenden ' A u s g a b e n beliefen sich im Berichtsjahr auf Fr. 216,686.63.

Der Einnahmenüberschuss betrug demnach Fr. 24,209. 22.

VI. Amt für geistiges Eigentum.

Allgemeines.

I. Im Berichtsjahr sind beigetreten : 1. Rumänien, und zwar mit Wirkung ab 6. Oktober: a. der am 14. Dezember 1900 und 2. Juni 1911 revidierten Verbandsübereinkunft zum Schütze des gewerblichen Eigentums, vom 20. März 1883 ; ft. der am 14. Dezember 1900 und 2. Juni 1911 revidierten Übereinkunft betreffend die internationale Eintragung der Fabrik- oder Handelsmarken, vom 14. April 1891.

2. Der revidierten Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, vom 13. November 1908: Griechenland, mit Wirkung ab 9. November, unter Vorbehalt folgender Bestimmungen der Berner Übereinkunft vom 9. September 1886 : .a. des Art. 5 an Stelle von Art. 8 der revidierten Übereinkunft (Übersetzungsrecht) ;

416

b. des Art. 7 an Stelle von Art. 9 der revidierten Übereinkunft (Zeitungs- und Zeitschriftenartikel) ; c. des Art. 9 an Stelle von Art. 11 der revidierten Übereinkunft (Aufführungsrecht).

Die Republik Österreich, mit Wirkung ab 1. Oktober.

Polen, mit Wirkung ab 28. Januar.

Die Südafrikanische Union, mit Wirkung ab 1. Mai, unter Vorbehalt von Art. 14 der Übereinkunft vom 9. September 1886, sowie der durch Zusatzabkommen vom 4. Mai 1896 abgeänderten Ziffer 4 des Schlussprotokolles zur Übereinkunft vom 9. September 1886 an Stelle von Art. 18 der revidierten Übereinkunft (Übergangsbestimmung).

3. Dem Zusatzprotokoll vom 20. März 1914 zur revidierten Berner Übereinkunft : .Norwegen, Republik Österreich, Polen, Südafrikanisch© Union und Tunis.

Die Republik Österreich hat ausdrücklich anerkannt, das» sie mit Wirkung ab 1. Januar 1909 (Beitritt des alten Österreich) sowohl dem auf der Übereinkunft von 1883/19001911 beruhenden allgemeinen Verband zum Schütze des gewerblichen Eigentums, als dem auf der Übereinkunft von 1891/1900/1911 beruhenden engem Verband betreuend internationale Eintragung von Fabrik- oder Handelsmarken angehört.

II. Am 30. Juni wurde in Bern von der Schweiz und andern Ländern ein internationales Abkommen zur Erhaltung oder Wiederherstellung durch den Weltkrieg geschädigter gewerblicher Eigentumsrechte unterzeichnet, das am 30. September in Kraft getreten ist. Über den Inhalt des gewisse Fristerstreckungen gewährenden Abkommens sei auf die Botschaft, mit der es der Bundesversammlung vorgelegt worden ist (Bundesblatt 1920, IV, 89), und auf die Gesetzessammlung (XXXVI, 642) verwiesen. Dem Abkommen sind im Berichtsjahr beigetreten : Brasilien, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien (mit Vorbehalt), die britischen Kolonien Ceylon und Trinidad, Japan, Marokko (französisches Pi otektoratsgebiet), Norwegen (mit Vorbehalt), Österreich, Polen, Schweden (mit Vorbehalt), Schweiz, Spanien, Tschecho-Slovakei und Tunis.

III. Durch Beschluss vom 26. Oktober (A. S. XXXVI, 731) hat der Bundesrat den Ablauf der durch seine Beschlüsse vom 23. Juni 1915 (A. S. XXXI, 246) und vom 11. Februar 1916 (A. S. XXXII, 33) in Sachen des gewerblichen Eigentums gewährten Fristerstreckungen festgesetzt. Er hielt sich hiebei im

417

wesentlichen an die Fristverlängerungen, welche in dem unter II' hievor erwähnten Abkommen vorgesehen sind. Wir verweisen im übrigen auf die Erörterung des Beschlusses vom 26. Oktoberim XV. Neutralitätsbericht (Bundesblatt 1920, IV, 595).

IV. Der Entwurf eines neuen Bundesgesetzes über das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst (Botschaft vom 9. Juli 1918; siehe Bundesblatt 1918, III, S. 571) ist im Berichtsjahr vom Ständerat in der Herbst- und in der Dezembersession durchberaten worden.

V. Ende des Jahres 1920 gehörten an : 1. Dem V e r b a n d zum S c h ü t z e des g e w e r b l i c h e n E i g e n t u m s , gemäss der Ü b e r e i n k u n f t vom 20. März 1883, a b g e ä n d e r t d u r c h Z u s a t z a b k o m m e n v o m 14. D e z e m b e r 1900: Belgien, Brasilien, Dänemark (mit den Ferör-Inseln), Deutschland, die Dominikanische Republik, Frankreich (mit Algier und Kolonien), Grossbritannien (mit dem australischen Staatenbund, sowie mit Ceylon, Neuseeland, Tobago und Trinidad), Italien, Japan, Kuba, Marokkofranzösisches Protektoratsgebiet), Mexiko, Niederlande (mit Niederländisch-Indien, Surinam und Curaçao), Norwegen, Österreich, Poleo, Portugal (mit Azoren und Madeira), Rumänien, Schweden, Schweiz, Serbien, Spanien, Tschecho-Slovakei, Tunis, Ungarn und Vereinigte Staaten von Amerika.

2. Der Ü b e r e i n k u n f t b e t r e f f e n d das V e r b o t falscher H e r k u n f t s b e z e i c h n u n g e n a u f W a r e n , vom 14. A p r i l 1891: Brasilien, Frankreich, Grossbritannien, Kuba, Marokkofranzösisches Protektoratsgebiet), Portugal, Schweiz, Spanien und Tunis.

3. Der Ü b e r e i n k u n f t b e t r e f f e n d die i n t e r n a t i o n a l e Eintragung der Fabrik- oder Handelsmarken,, v o m 14. A p r i l 1891, a b g e ä n d e r t d u r c h Z u s a t z a b k o m m e n v o m 1 4 . D e z e m b e r 1900: Belgien, Brasilien, Frankreich, Italien, Kuba, Marokko (französisches Protektoratsgebiet), Mexiko, Niederlande,.

Österreich, Portugal, Rumänien, Schweiz, Spanien,TschechoSlovakei, Tunis und Ungarn.

Bis Ende des Jahres 1920 sind den am 2. Juni 1911 revidierten Vereinbarungen beigetreten : der revidierten Verbandsübereinkunft zum Schütze des gewerblichen Eigentums :

418 Belgien, Brasilien, Dänemark (mit den Ferör-Inseln), Deutschland, Dominikanische Republik, Frankreich, Grossbritannien (mit Ceylon, Neuseeland, Tobago und Trinidad), Italien, Japan, Marokko (französisches Protektoratsgebiet), Mexiko, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Spanien, TschechoSlovakei, Tunis, Ungarn und die Vereinigten Staaten von Amerika ; der revidierten Übereinkunft betreffend das Verbot falscher Herkunftsbezeichnungeu auf Waren: Brasilien, Frankreich, Grossbritannien (mit Ceylon, Neuseeland, Tobago und Trinidad), Marokko (französisches Protektoratsgebiet), Portugal, Schweiz, Spanien und Tunis ; der revidierten Übereinkunft betreffend die internationale Eintragung der Fabrik- oder Handelsmarken : Belgien. Brasilien, Frankreich, Italien, Marokko (französisches Protektoratsgebiet), Mexiko, Niederlande, Österreich, Portugal, Rumänien, Schweiz, Spanien, TschechoSlovakei, Tunis und Ungarn.

Dem Verband zum Schütze des Urheberrechts a n W e r k e n d e r L i t e r a t u r u n d K u n s t gehörten Ende d e s Jahres 1920 an: Belgien, Dänemark (mit den Ferör-Inseln), Deutschland, Frankreich (mit Algier und Kolonien), Griechenland, Grossbritannien (mit Kolonien und Besitzungen, der Insel Cypern und verschiedenen Schutzstaaten), Haiti, Italien, Japan, Liberia, Luxemburg, Marokko (französisches Protektoratsgebiet), Monaco, Niederlande (mit NiederländischOstindien, Surinam und Curaçao), Norwegen, Österreich, Polen, Portugal (mit Kolonien), Schweden, Schweiz, Spanien (mit Kolonien) und Tunis.

Bis Ende 1920 sind beigetreten: der revidierten Berner Übereinkunft vom 13. November 1908 : Alle Verbandsländer mit Kolonien und Besitzungen, ausgenommen die britische Besitzung Kanada; dem Zusatzprotokoll vom 20. März 1914 zur revidierten Berner Übereinkunft : Dänemark, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien (mit der Südafrikanischen Union), Japan, Luxemburg, Monaco, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz, Spanien und Tunis.

419

Personal.

Neugewählt wurden : Als technische Experten II. Klasse die Herren Michele A. Besso, von Zürich, Alexander Massen, von Montreux (Waadt), Evarist Rampa, von Poschiavo (Graubünden), und Arnold Stierlin, von Schaffhausen ; als Kanzlisten II. Klasse die Herren Alfred Falconnier, von Goumoöns und Rossenges (Waadt), und Hermann Roth, von Kreuzungen (Thurgau) ; als Kanzleigehülfinnen Frl. Eugenie Brandt, von Renan (Bern), und Frl. Fanny Voirol, von Les Genevez (Bern).

Befördert wurden von Kanzleigehülfen zu Kanzlisten II. Klasse Frl. Emma Müller und Herr Eugen Ramseyer.

Herr A. Bugnion, technischer Experte II. Klasse, ist aus dem Amt und der Bundesverwaltung ausgetreten.

Erfindungspatente.

Im Berichtsjahr wurden dem Departement 4 Beschwerden gegen die Zurückweisung von Patentgesuchen und l sonstige Eingabe eingereicht. Von den Beschwerden wurde l zurückgezogen, l teilweise gutgeheissen ; 2 konnten noch nicht erledigt werden. Die sonstige Eingabe wurde erledigt.

Eine Beschwerde aus dem Jahr 1919 gegen die Zurückweisung eines Patentgesuches wurde vom Departement abgewiesen.

Statistik.

A. Allgemeine Informationen.

Hinterlegte Gesuche

1919

1920

6519

6632

wovon :

für Hauptpatente ,, Zusatzpatente

Zurückgezogene Gesuche . . . . . . .

Zurückgewiesene Gesuche Beanstandungen betreffend pendente Gesuche wovon : I. Beanstandungen II.

III.

,, weitere ,,

Zur Erledigung der I. Beanstandung gewährte Fristverlängerungen Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. II.

6136 383

6160 472

429 17 7163

662 21 7506

4680 1729 564 190

4815 1945 559 187

(Moratorium) 28

420 Eingetragene Patenta wovon : Hauptpatente Zusatzpatente

.

.

.

Stundungen für die 3 ersten Jahresgebühren Jahresgebührenmahnungen Bezahlte Jahresgebühren .

. . .

fv ,

1 . Jahresgebühren 2 .

3.

,, 4.

,, 5 6.

7.

8.

,, 9 10,, 11.

.

12.

,, 13,, 1 4 .

15.

,,

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

. . .

.

.

.

.

.

.

.

.

. .

. .

.

.

.

.

.

f von Patenten Übertragungen < ,, , , , 0 0 l von Patentgesuchen .

Lizenzen Verpfändungen Firma- und Namensänderungen Vertreteränderungen Teilweise Verzichtserklärungen Nichtigkeitserklärungen : teilweise gänzliche .

Löschungen wovon : Hauptpatente Zusatzpatente

191d 4083

1920 4139

3855 228 56 807 17841 6121 2335 1480 1198 1075 1196 1094 841 687 557 443 330 242 146 96 297 126 41 1 22 255 2

3839 300 36 1069 18628 6166 3178 1738 1159 939 933 1003 918 681 550 465 373 258 173 94 457 134 25 7 6 527 3

1 262

2 253

226 36 2

240 13 4

Beschwerden gegen Gesuchszurückweisung .

B. Verteilung der in den Jahren 1919 und 19*W eingtitragenen Patentgesuche und Patente nach Läiidem.

1920 1919 2771 = 42 % , , ( Schweiz 3467 = 53 % 0 , Patentgesuche | Augland 3Q52 = ^ ^ 3861

= 58%

6632 2060 = 50 % Schweiz 64 = 36 °/° . . /^ Ausland ~TM* 1489 _ 0/0 2079 = 50 °/0 Zusammen 4083 Zusammen 4139 Zusammen

Patente ralente

6519 Zusammen

421 Verteilung für das Ausland Länder

19 19

19 20

aesuche Patente Gesuche Patente

Europa.

8 Belgien 60 Bulgarien Dänemark u n d Kolonien . . . . 45 34 Deutschland 1248 692 Finnland Frankreich und Kolonien 517 214 Griechenland , 2 Grossbritannien und Kolonien .

314 161 Italien 151 54 1 Luxemburg 53 Niederlande und Kolonien 29 49 Norwegen 14 104 55 Österreich Polen Portugal . . .

Rumänien 6 2 Russland 80 56 Schweden 1 Serbien 22 9 Spanien Tschecbo-Slovakei 1 Türkei 20 13 Ungarn

99 1 29 1489 4 687 1 444 214 1

47 53 86 1

32 20 876 2 300 3 231 106 1 49 39 39

1 4 101 1 32 22

3 1 67 1 11 13

18

13

Andere Erdteile.

16 9 3 2 Afrika Amerika : 30 16 7 20 Kanada 2 Kuba 1 1 1 Mexiko 7 6 4 2 Südamerika Vereinigte Staaten von Amerika 321 125 451 226 Asien : 1 China .

2 3 5 3 Japan .

9 7 16 8 Australien .

. . . .

1 7 12 Neuseeland Zusammen 3052 1489 3861 2079

422

Muster und Modelle.

Eine Beschwerde aus dem Jahr 1919 gegen die Zurückweisung eines Hinterlegungsgesuches wurde vom Departement abgewiesen.

Angesichts der vom Bundesrat bis auf weiteres gewährten Fristerstreckung für die Bezahlung von Schutzverlängerungsgebühren wurden bezügliche Mahnungen nicht erlassen.

3 Hinterlegungsgesuche mit 3 Gegenständen wurden abgewiesen und 19 Gesuche mit 23 Gegenständen wurden zurückgezogen.

A. Tabelle für die drei Schutzperioden.

Hinterlegungen

Gegenstände

Perioden

1919 I. Periode (wovon versiegelt) II. Periode HI. Periode Übertragungen Lizenzen Verpfändungen Firmaänderungen . . . .

Löschungen (ganzer Depotinhalt) .

Löschungen (teilweiser Depotinhalt) Löschungen (infolge Nichtigkeitserklärung)

1920

1919

1920

118l1 1002 2 181,579 252,814 709 531 162,607 236,046 133 142 19,056 6,804 77

106

86 4

47 2

9,064 28,070 5 4

3 196

21 34,324 37,250 1

207 1

186

260

1 Wovon 209 mit 175,805 Stickereimustern = 97% aller hinterlegten Gegenstände.

2 Wovon 218 mit 249,205 Stickereimustern = 98 % »Her hinterlegten Gegenstände.

423 B. Verteilung für die I. Periode nach Ländern.

Hinterlegungen

Gegenstände

Länder 1919

1122

Schweiz

59

Ausland

1920

1919

1920

952 181,444 252,705 50

135

109

Zusammen Verteilung für das Ausland.

Belgien China . . . : . . .

Dänemark Deutschland Frankreich und Kolonien .

Grossbritannien u. Kolonien' Italien Norwegen Österreich Schweden Spanien Tschecho-Slowakei .

Ver. Staaten von Amerika

1181

1002 181,579 252,814

2 2

2

2

3

Zusammen

59

50

135

109

1 4 26 15 3 5 1

1 1 3 20 15 3 2 1 2

5 91 18 4 11 1

1

1 3 50 42 4 2 1 2 1

2

Fabrik- und Handelsmarken.

Im Berichtsjahr wurden dem Departement eingereicht : 5 Beschwerden gegen die Zurückweisung von Eintragungsgesuchen, l Beschwerde gegen die Verweigerung des Schutzes einer international eingetragenen Marke, 5 Begehren um Löschung von Markeneintragungen, wovon 3 sich auf die nämliche Marke bezogen, l sonstige Eingabe.

Von den 5 erstgenannten Beschwerden wurde l gutgeheissen, l abgewiesen, ebenso das gegen diese Abweisung gerichtete Wiedererwägungsgesuch ; 3 Beschwerden konnten im Berichtsjahr nicht mehr erledigt werden.

424 Die Beschwerde gegen die Verweigerung des Schutzes einer internationalen Marke wurde abgewiesen.

Vier bezüglichen Begehren entsprechend hat das Departement, gestützt auf Art. 14, Ziffer 2, des B. G. betreffend den Schutz der Fabrik- und Handelsmarken, die Löschung von zwei Marken angeordnet.

Das fünfte Löschungsbegehren wurde abgewiesen und die sonstige Eingabe erledigt.

Statistik.

A. Allgemeine Informationen.

1919 1920

Zur Eintragung angemeldete Marken 2850 Eintragungsgesuche, deren Marken eine vertrauliche Mitteilung veranlasst haben 511 Ungeordnete Eintragungsgesuche . · 1077 Zurückgezogene oder zurückgewiesene Eintragungsgesuche 114 Eingetragene Marken 2659 wovon : übertragene Marken Marken, deren Hinterlegung erneuert wurde

.

.

.

423 196

2914 437 1075 125 2724 310 164

Erneuerungsmahnungen .' .

549 702 Firmen- oder Domiziländerungen etc 43 111 Gelöschte Marken : mangels Erneuerung 530 661 auf Ansuchen der Hinterleger 33 78 infolge Urteils oder auf Anordnung des Departementes 2 5 Widerrufene Löschungen f Abkommen vom 30. Juni 1920) -- l Bei dem internationalen Bureau eingetragene Marken '.'1575 2284 Internationale, zum schweizerischen Schütze nicht zugelassene Marken 8 17 Internationale, für das Gebiet der Schweiz gelöschte Marken : auf Ansuchen der Hinterleger -- l infolge Urteils -- -- Beschwerden · 2 ' 6

425 S. Verteilung der auf dem schweizerischen Amte und auf dem internationalen Bureau eingetragenen Marken nach War entlassen.

Nationale Eintragung

Warenklassen 1919

1920

Internationale Eintragung

1865/1920 1919

1. Nahrungsmittel etc. . 284 348 2. Getränke etc. . . .

89 108 3. Tabak etc.

. . . 111 213 4. Heilmittel etc.

515 516 5. Farben, Seifen etc. . 330 321 6. Textilprodukte etc. . 236 199 7. Papierwaren etc..

123 92 8. Heizung, Beleuchtung etc. 135 120 9. Baumaterialien etc. .

22 25 10. Möbel etc 91 63 1l. Metalle, Maschi nen etc. 220 279 12. Uhren etc 480 411 13. Diverses . . . .

23 29

6,872 226 2,223 126 3,326 75 6,656 344 5,277 287 4,372 128 1,476 41 1,676 53 581 22 978 42 3,349 158 11,455 50 358 23 Zusammen 2659 2724 48,5991575

1920 1893/1920

263 246 139 523 422 123 97 88 24 77 187 54 41 2284

3,602 2,673 1,189 5,216 3,310 1,859 749 1,170 445 652 1,718 739 477 23,799

C. Verteilung der auf dem schweizerischen Amte und auf dem internationalen Bureau eingetragenen Marken nach Ländern.

Länder Kationale Eintragung Internationale Eintragung 1919

Schweiz . .

Ägypten . .

Argentinien .

Belgien . .

Chile . . .

Dänemark Deutschland .

Frankreich .

Grossbritannien Indien (brit.)

Italien . . .

Japan .

Kanada Kolumbien Kuba

. .

. .

.

. .

.

4 .

.

.

1920 1865/1920

2077 1886:36,020

.

6 264 8 162 1

1 1 2

7 313 21 183 3 1

--

41 13 137 2 50 6,367 1,737 2,161 3 51 4 9 1 7

1919

1920 1893/1920

297 350 3,836

96 133 1,308

728 1051 11,413

54

42

690

62

426 Länder

Nationale Eintragung 1919

Marokko (franz. Pr.) .

Neuseeland . . . .

Niederlande . . . .

Norwegen . . . .

Österreich . . . .

Portugal Queensland . . . .

Rumänien . . . .

Russland . . . . .

Schweden . . . .

Spanien Transvaal . . . .

Tscheche-Slowakei . .

Tunis Türkei Ungarn Vereinigte Staaten von Amerika Vereinigte Staaten von Brasilien Vereinigte Staaten von Mexiko Viktoria Zusammen

1920

1 4

1 1 7 2

16 1

9 1

2

6

1865/1920

2 54 19 555 7 1 1 30 152 85 1 8

Internationale Eintragung 1919

1920 1893/1920

191 325

2,748

38 37

66 39

1,842 433

126

209

1,140

2

14

16 14

1 34 2 2 175 112 277 1,035 5 4 95 45 3 5 27 2 1 3 2659 2724 48,599 1575 2284 23,799

Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst.

Vom Amte wurden im Berichtsjahre 125 obligatorische und 23 fakultative Einschreibungen vorgenommen.

427

Militärdepartement.

I. Teil, Verwaltung und Rekrutierung.

I. Allgemeines.

Die Armee konnte im Berichtjahre vollständig demobilisiert ^werden. Die letzten im Aktivdienste stehenden Teile der Armee, die zur Sicherung der Grenzen aus Freiwilligen gebildeten Formationen ·der Bewachungstruppe und Heerespolizei, wurden in zwei Etappen ·am 24. Juli und 81. August vollständig entlassen. Der mit den umfangreichen Liquidationsarbeiten betraut gewesene Stab der Be·wachungstruppe und Heerespolizei konnte schliesslich am 25. November ebenfalls entlassen werden. Die Grenzbewachung und die Passkontrolle wurde nach Auflösung und Entlassung der militärischen Organisation von der Fremdenpolizei und den Organen der Zollverwaltung übernommen.

Die vollständige Démobilisation der Armee bildete die Voraussetzung für den Bundesratsbeschluss vom 14. September 1920 betreffend die Aufhebung des Aktivdienstzustandes; die Neutralitätsberichte geben nähern Aufschluss über die Massnahmen für die Demobilmachung, über den Abbau in der Militärverwaltung und die Liquidation der aus der Aktivdienstzeit stammenden Arbeiten und .Einrichtungen. (Vgl. Neutralitätsberichte XIV, XV, Bundesblatt 1920, Band III, Seite 285, und Band IV, Seite 597 ff.)

Mit Bundesratsbeschluss vom 20. September 1920 ist die aus 'den besondern Verhältnissen des Krieges heraus entstandene Abteilung für Transporte des eidgenössischen Militärdepartements aufgelöst worden; die Aufgaben dieser Abteilung sind von der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen übernommen worden.

Mit Bundesratsbeschluss vom 18. Juni 1920 wurde bestimmt, ·dass die sanitarische Überwachung des internationalen Eeisendenverkehrs an der Grenze bis auf weiteres durch die Organe des Bundes, d. h. durch das dem Volkswirtschaftsdepartement unterstellte Gesundheitsamt durchgeführt werde, mit andern Worten, es wurde Bundesblatt.

78. Jahrg. Bd. H.

29

428

mit diesem Bundesratsbeschluss ein eidgenössischer Grenzsanitätsdienst geschaffen; damit ging der von der Abteilung für Quarantänen während ihres Bestehens schon besorgte Seuchenabwehrdienst im internationalen Eeisendenverkehr an das Gesundheitsamt über.

Die Abteilung für Quarantänen konnte deshalb auf 80. Juni 1920 aufgehoben werden.

Mit dem Aufhören des Krieges zeigte sich überall das Bestreben,, die errungenen Portschritte in der Luftschiffahrt dem friedlichen Verkehr dienstbar zu machen; der Schweiz stellte sich die Aufgabe,, zu dieser neuen Art des Verkehrs Stellung zu nehmen und an die Lösung aller Fragen heranzutreten, die damit verbunden sind. Bis dahin galt als einzige gesetzliche Vorschrift über den Luftverkehr Artikel 17 der Verordnung betreffend Handhabung der Neutralität der Schweiz vom 4. August 1914, wonach das Aufsteigen und das Fahren mit irgendwelcher Art von Luftfabrzeugen, die nicht der schweizerischen Armee angehörten, in unserm Luftraum nur mit Einwilligung des eidgenössischen Militärdepartementes gestattet und das Eindringen von Luftfahrzeugen vom Ausland her in unsern Luftraum verboten war. Massgebend waren bei diesem Erlasse naturgemäss die militärischen Interessen. Durch die Erlasse des Militärdepartementes vom 18. Juli 1919 betreffend die provisorische Regelung des Luftverkehrs in der Schweiz und vom 1. August 1919 betreffend provisorische Vorschriften für den Luftverkehr in der Schweiz wurde das Luftfahrwesen bereits dem zivilen Verkehr dienstbar gemacht; es konnte sich dabei aber nur um einen Notbehelf vorübergehenden Charakters handeln. Im Bundesratsbeschluss vom 27. Januar 1920 betreffend die Ordnung des Luftverkehrs in der Schweiz, hat dann das zivile Luftfahrwesen eine vorläufige gesetzliche Regelung erfahren; damit ist auch die Zivilaviatik von der Militäraviatik in der Schweiz getrennt worden. Das neu geschaffene Luftamt untersteht dem Post- und Eisenbahndepartement.

Durch Bundesratsbeschluss vom 17. September 1920 ist die Leitung dea sozialen Fürsorgedienstes in der Armee der Generalstabsabteilung des Militärdepartementes übertragen und damit eine Friedensorganisation der aus dem Aktivdienste herausgewachsenen Fürsorgetätigkeit geschaffen worden. Wir verweisen auf das über diese Angelegenheit in der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die
Bewilligung von Nachtragskrediten für das Jahr 1920, zweite Folge, auf. Seiten 55 und 56 sub. lit. / Gesagte.

Die militärische Arbeit wurde im Berichtjahre, was Rekruten- und Kaderschulen anlangt, im allgemeinen im gesetzlichen Umfange wieder aufgenommen und durchgeführt. Durch Budgetbeschluss der Räte waren überdies auch die Mittel bewilligt zur Ab-

429

haltung von Wiederholungskursen für den jüngsten Auszugsjahrgang.

Diese Wiederholungskurse konnten dann aber nur zum kleinsten Teil durchgeführt werden, weil die Ausdehnung der Maul- und Klauenseuche dazu zwang, auf das Aufgebot von Truppen zu verzichten!

Dagegen fanden taktische Kurse in der Dauer von zehn Tagen für alle Kommandanten von. der Einheit an aufwärts statt. Sie haben zum grössten Teil mit sehr gutem Erfolg gearbeitet; die dabei gemachten Erfahrungen haben aber auch deutlich gezeigt, wie rasch Mangel an dienstlicher Übung früher Gelerntes und Erworbenes vergessen lässt, wie wenig das Getriebe einer Armee rasten darf, wenn es nicht rosten soll, und wie ausserordentlich notwendig daher diese taktischen Kurse waren, die wenigstens unsern Truppenkommandanten Gelegenheit zu militärischer Arbeit gaben.

Die Studien zur Beform unseres Militärwesens wurden auf breiter Grundlage an die Hand genommen, um es sowohl, der veränderten Weltlage als den finanziellen Mitteln des Landes anzupassen. Es handelt sich um manche schwierige Frage, deren Lösung eingehender und sorgfältiger Prüfung bedarf. Wir haben Sorge getragen, dass auch die Öffentlichkeit von den neuen Gedanken und Plänen Kenntnis erhält und sich dazu äussern kann.

Von den gesetzgeberischen Erlassen des Jahres 1920, die das Militärwesen betreffen, sind hauptsächlich die nachstehenden hervorzuheben : Bundesbeschluss betreffend militärische Fussbekleidung vom 11. Februar 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Abänderung des Heeres (Truppen Ordnung) vom 9. Januar 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Tagesportion pro 1920 für den Instruktionsdienst vom 16. Januar 1920.

Bundesratsbeschluss über die Aufhebung der Verordnung betreffend Schiessfertige vom 16. Januar 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Änderung der Ausführungs- und Zusatzbestimmungen zu den Vorschriften über Militärtransporte vom 20. Januar 1920.

Bundesratsbeschluss über die Änderung der Verordnung vom 14. Januar 1910 betreffend die Kosten für Stellvertretung von Lehrern im Militärdienste vom 28. Januar 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Entschädigungen für die Aushebungskommissionen vom 6. Februar 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Entschädigung der Stellvertreter der Divisionswaffenkontrolleure vom 27. Februar 1920.

430

Bundesratsbeschluss über die Abänderung des Eegulativs betreffend die Aufsicht über die Handfeuerwaffen durch die Divisionswaffen kontrolleure vom 27. Februar 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend das Schiesswesen ausser Dienst vom 5. März 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Eekrutenaushebung und den Beginn der Militärdienstpflicht vom 25. November 1919.

Bundesratsbeschluss über die Abänderung der Verordnung betreffend den Ankauf der Kavalleriepferde und über das eidgenössische Kavallerieremontendepot vom 16. März 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Einschränkung der durch Notverordnungsrecht für die Zeit des Aktivdienstes geschaffenen Kompetenzen der Militärgerichte vom 26. März 1920.

Bundesratsbeschluss vom 30. März 1920 über die Abänderung des BEB. vom 20. September 1919 betreffend die Ausrichtung von Eeiseentschädigungen an die auf Grund des Mobilmachungsbeschlusses vom 1. August 1914 zur Dienstleistung aus dem Auslande eingerückten Schweizerbürger.

Bundesratsbeschluss über die Ausführungsvorschriften zum Bundesbeschluss betreffend militärische Fussbekleidung vom 18. April 1920.

Bundesratsbeschluss vom 4. Mai 1920 über die Abänderung der Art. 6, 9 und 10 der Verordnung betreffend die ständigen Angestellten und das Hülfspersonal des Kavallerieremontendepots und der Pferderegieanstalt vom 9. November 1909.

Bundesratsbeschluss über die Aufhebung von Bundesratsbeschlüssen betreffend die Grenzpolizei und Quarantänemassnahmen gegenüber entlassenen Soldaten der kriegführenden Armeen vom 7. Mai 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Vergütung an die Gemeinden für die Mobilmachungsverpflegung vom 7. Mai 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend Abänderung des dritten Absatzes von Art. 14 der Vollziehungsverordnung zum Militärversicherungsgesetz (Sitzungsgeld der Mitglieder der Pensionskommission) vom 1. Juni 1920.

Bundesratsbeschluss vom 4. Juni 1920 über die Abänderung der Verordnung vom 5. Mai 1908 betreffend die besondern Entschädigungen der Instruktoren, Beamten und Angestellten der Befestigungen.

Bundesratsbeschluss betreffend die Entschädigung für requirierte Motorwagen vom 2. Juli 1920.

431

Bundesratsbeschluss über die Abänderung der Verordnung betreffend die Taggelder und Keiseentschädigungen der Mitglieder der eidgenössischen Kommissionen vom 9. Juli 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Abänderung der Verordnung über das Eechnungswesen der Militärjustiz vom 20. Juli 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Futterration vom 8. August 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die italienische Ausgabe des MilitärAmtsblattes vom 6. August 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Wiederholungskurse und die taktischen Kurse pro 1920 vom 5. August 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Abänderung der Verordnung über die Mannschaftsausrüstung vom 11. August 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Entschädigung für die Aushebungskommissionen vom 11. August 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend das Verbot des Tragens fremder Uniformen in der Schweiz, vom 20. August 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Entschädigung der MotorwagenSchatzungskommissionen vom 10. September 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Aufhebung des Aktivdienstzustandes der schweizerischen Armee vom 14. September 1920.

Bundesratsbeschluss betreffend die Aufhebung der Abteilung für Transporte des eidgenössischen Militärdepartementes vom 20. September 1920.

Bundesratsbeschluss vom 27. September 1920 betreffend die Vollziehungsverordnung zu Art. 202 der Militärorganisation.

Bundesratsbeschluss betreffend die Verpflegungszulagen an die militärischen Untersuchungsrichter und Gerichtsschreiber vom 12. Oktober 1920.

Bundesratsbeschluss vom 27. September 1920 betreffend Ergänzung 'der Verordnung vom 29. Juli 1910 über die Mannschaftsausrüstung.

Bundesratsbeschluss betreffend die Ausrichtung des Gehalts an eidgenössische Beamte, Angestellte und Arbeiter während des Militärdienstes vom 22. Oktober 1920.

Bundesratsbeschluss vom 6. September 1920 betreffend provisorische Abänderung von Art. 12, lit. b, des Bundesgesetzes vom 21. Oktober 1909 über die Organisation des Militärdepartementes (Militärr Versicherung).

Im fernem erwähnen wir folgende Verfügungen des eidgenössischen Militärdepartements :

432 Verfügung vom 9. Januar 1920 betreffend die Ausführung der Verordnung über den militärischen Motorwagendienst und der provisorischen Organisation des Militärflugwesens.

Verfügung vom 10. Januar 1920 betreffend die Nichteinberufung , von Wehrmännern wegen der Maul- und Klauenseuche.

Verfügung vom 15. Januar 1920 betreffend die Eevisionsmusterung 1920.

Verfügung vom 19. Januar 1920 betreffend den Vollzug der militärischen Gefängnisstrafe.

Verfügung vom 20. Januar 1920 betreffend die Berittenmachung der Kompagniekommandanten und Adjutanten der Infanterie.

Verfügung vom 20. Januar 1920 betreffend Militärtransporte auf Eisenbahnen und Dampfschiffen.

Verfügung vom 29. Januar 1920 betreffend Auslandsurlaub.

Verfügung vom 3. Februar 1920 betreffend Mietgeld und Transportbestimmungen für Dienstpferde.

Verfügung vom 4. Februar 1920 betreffend die Waffen- und Kleiderinspektion 1920.

Verfügung vom 19. Februar 1920 betreffend Ergänzung der Tauglichkeitsvorschriften für die sanitarische Eevisionsmusterung der ' im Jahre 1920 auszubildenden Eekruten.

Verfügung vom 21. Februar 1920 betreffend die Munitionsabgabe an das Schiesswesen ausser Dienst im Jahre 1920.

Verfügung vom 12. März 1920 betreffend die Nichteinberufung von Wehrmännern wegen der Maul- und Klauenseuche.

Verfügung vom 24. März 1920 betreffend Mietgeld und Transportbestimmungen für Maultiere.

Verfügung vom 16. April 1920 betreffend militärische. Fussbekleidung (Tarif preise).

Verfügung vom 27. April 1920 betreffend die Eekrutierung 1920.

Verfügung vom 80. April 1920 betreffend die Aufhebung von Erlassen.

Verfügung vom 81. Mai 1920 betreffend die Wiederholungskurse und die taktischen Kurse 1920.

Verfügung vom 7. Juni 1920 betreffend die Inspektion der Mobilmachungsvorbereitungen.

Kreisschreiben betreffend die Schiessausbildung von bisher nicht schiesspflichtigen Wehrmännern vom 7. Juni 1920.

Kreisschreiben betreffend die militärische Fussbekleidung vom 15. Juni 1920.

433

Weisungen betreffend Verhütung der Verschleppung der Maul- und Klauenseuche durch Schulen und Kurse aller Waffen und Truppen vom 15. Juli 1920.

Verfügung betreffend das Verfahren bei der Desinfektion zur Verhütung der Verschleppung der Maul- und Klauenseuche vom 4. August 1920.

Verfügung betreffend die Benützung der Waffenplatzschiessstände durch Schiessvereine vom 15. Juli 19.20.

Verfügung betreffend die Übungstruppen für die Offiziersschulen der Infanterie im Jahre 1920 vom 23. August 1920.

Verfügung vom 3. August 1920 betreffend ein neues Modell für Kartentaschen.

· Terfügung vom 24. August 1920 betreffend die Ausbildung in den Eekrutenschulen.

Verfügung vom 1. Oktober 1920 betreffend die Dienstleistung militärgerichtlich oder disziplinarisch bestrafter oder ihres Grades entsetzter Unteroffiziere.

Verfügung vom 19. Oktober 1920 betreffend die Portofreiheit für Wehrmänner im Dienst.

Verfügung betreffend den Übertritt Dienstpflichtiger in die Landwehr und den Landsturm und den Austritt aus der Wehrpflicht vom 8. November 1920.

Verfügung vom 16. November 1920 betreffend das Schiessprogramm - 1921.

Verfügung vom 3. Dezember 1920 betreffend die Munitionsabgabe an das Schiesswesen ausser Dienst im Jahre 1921.

Verfügung vom 2. Dezember 1920 betreffend Beschaffung und Abgabe von Zahnbürsten.

Reglement für die Abgabe von Motorlastwagen, Verfügung vom 7. Dezember 1920.

Verfügung vom 23. Dezember 1920 betreffend die Aushebung der wehrpflichtigen Schweizer im Auslande.

1920 wurden folgende Eeglemente und Dienstvorschriften neu herausgegeben: Grundlagen für die Gefechtsausbildung in den Schulen und Kursen des Jahres 1920, deutsch und französisch.

-Artillerie-Beglement I 1919, Allgemeines, französisch.

-Artillerie-Beglement II1919, Artillerie-Instrumente und Verbindungsdienst, französisch.

434

Artillerie-Beglement III 1919, Feldartillerie, französisch.

Artillerie-Beglement VI, Gebirgsartillerie, vom 14. Dezember 1920,.

deutsch.

Vorschriften für die Kenntnis und Bedienung der automatischen Kühlvorrichtung des Maschinengewehres, vom 11. März 1920,.

deutsch und französisch.

Anhang II zu den Vorschriften für die Festungsartillerie, IV. Teil 1914, vom 11. März 1920.

Lehrbuch für die Sanitätsmannschaft, 17. revidierte Auflage 1920.

Arzneitaxe für Lieferungen an die Militärverwaltung vom 1. Juli.

1920, zweisprachig.

Instruktion über die Verwaltung der Schulen, Kurse und Übungen.

1920, deutsch und französisch.

Ferner wurden an periodischen Publikationen ausgegeben:.

Militär-Amtsblatt, 8 Nummern mit 186 Seiten und Begister.

Mutationen im Offizierskorps und im Beamtenpersonal der Militärverwaltung (Beilage zum Militär-Amtsblatt), Nr. 8--18, 96 Seiten,, zweisprachig.

Schultableau 1920, in 2 Teilen, deutsch und französisch.

Offiziersetat auf 81. März 1920, dreisprachig.

Armee-Einteilung auf 81. März 1920, dreisprachig.

Letztere zwei Druckschriften wurden im Sinne der Beduktion> des Umfangs umgearbeitet. Sie umfassen nun auch die Landsturmtruppen. Der besondere Landsturm-Offiziersetat wurde fallen gelassen.

II. Personelles.

Beamtenpersonal.

a. Kanzlei.

Es wurden gewählt: Als Departementssekretär Oberstlieutenant i. Gst. Walter Kissling, von Bern, bisher Adjunkt der Kanzlei des Militärdepartements ·;.

zum Adjunkten rückte vor Dr. jur. Hans Hasenfratz, von Frauenfeld, bisher Kanzleisekretär I. Klasse, welcher ersetzt wurde durch Dr. jur. Hans Trüb, von Maur, bisher provisorischer Beamter der Kriegsmaterialverwaltung.

b. Generalstabsabteilung.

1. Oberstdivisionär Sonderegger ist mit Amtsantritt auf 1. Januar 1920 zum Chef der Generalstabsabteilung gewählt worden.

435

Auf gestelltes Ansuchen ist Oberst i. Gst. Chavannes Kob. entlassen worden.

Oberst i. Gst. Dormann Leo wurde zum Oberstdivisionär ernannt und übernahm das Kommando der 5. Division.

Oberst i. Gst. Eoost Heinrich wurde zum Waffenchef der Infanterieernannt.

Oberst i. Gst. de Loriol Gaston trat ins Instruktionskorps der Infanterie zurück.

An ihre Stellen wurden als Sektionschefs berufen: Oberst d. I. Frey Hans, von Zurzach, bisher Instruktionsoffizier der Infanterie.

Oberstlieutenant i. Gst. Odier Alfred, von Genf, bisher Instruktionsoffizier der Infanterie.

Oberstlieutenant i. Gst. Häberlin Ernst, von Berg (Thurgau), bisher Instruktionsoffizier der Infanterie.

Major i. Gst. Combe Gustave, von Orbe, bisher Instruktionsoffizier der Infanterie.

Oberlieutenant Duflon Ernest ist auf gestelltes Begehren alsKanzlist I. Klasse entlassen worden.

Als Kanzlisten I. Klasse wurden gewählt: Weiss Willy, von St. Aubin, Streit Eudolf, von Belpberg.

2. Sektion für Festungswesen.

Hauptmann Fries Emil, welcher die Stelle des Buchhalterkassiers des Festungsbureaus St. Gotthard provisorisch inné hatte, wurde definitiv an diese Stelle gewählt.

Oberlieutenant Maurer Walter, Kanzlist I. Klasse des Festungsbureaus St. Gotthard wurde zum Adjunkten der Fortverwaltung Airolo gewählt ; an seine Stelle als Kanzlist I. Klasse trat Oberlieutenant Imobersteg Samuel.

Nach der Wahl des Fortverwalters von Airolo, HauptmannGubler Friedrich,- zum Instruktor der Festungstruppen, wurde diese^ Stelle durch Oberlieutenant Widmann Karl besetzt und an die dadurch freigewordene Stelle eines Adjunkten der Fortverwaltung von Andermatt wurde Oberlieutenant Walder Karl gewählt.

Beim Festungsbureau St.-Maurice wurde an die durch die Wahl des Oberlieutenants de Montmollin zum Instruktor der Festungstruppen freigewordene Stelle eines Kanzleisekretärs I. Klasse

436

Major Klunge Albert und an die vakante Stelle eines Kanzlisten I. Klasse Oberlieutenant Magnenat Henri gewählt.

Beim Schiesskartenbureau für Befestigungen trat Hauptmann Sturzenegger Hugo infolge seiner Wahl zum Verifikator der Abteilung für Landestopographie aus seiner Stelle als Topograph II. Klasse aus.

c. Abteilung für Infanterie.

Der langjährige Waffenchef der Infanterie, Oberstkorpskommandant Peter Isler, der im Frühjahr 1920 noch sein SOjähriges Dienstjubiläum hatte feiern können, ist entsprechend seinem Ansuchen vom Bundesrate auf 15. November entlassen worden. Er wurde ersetzt durch Oberst Heinrich Boost, vorher Sektionschef der Generalstabsabteilung.

Ferner wurde, ebenfalls auf gestelltes Ansuchen, Oberst Fisch als Sektionschef für Vorunterricht und Schiesswesen auf 80. November entlassen. Als Nachfolger wurde Oberstlieutenant i. Gst.

Hermann Blaser, vorher Bureauchef der Abteilung für Genie, gewählt.

d. Abteilung Kavallerie.

Bureau der Abteilung: Durch Bundesratsbeschluss vom 20. Februar 1920 ist das Gesuch des Obersten Vogel um Entlassung als Waffenchef der Kavallerie per 20. Februar 1920 genehmigt worden.

In seiner Sitzung vom 28. März 1920 hat der Bundesrat als Waffenchef der Kavallerie gewählt: Oberstlieutenant i. Gst. Wilhelm Favre, -bisher Instruktionsoffizier der Kavallerie. Oberstlieutenant Favre hat sein Amt am 1. März 1920 angetreten und ist durch Bundesratsbeschluss vom 11. Mai 1920 zum Obersten der Kavallerie befördert worden.

Kavallerie-Kemontendepot: Das Kommando des Kavallerie-Eemontendepots führte bis 30. Juni 1920 interimistisch Oberstlieutenant Schué, Instruktionsoffizier der Kavallerie. Ab 1. Juli trat an seine Stelle ebenfalls als interimistischer Kommandant Major i. Gst. Haccius.

e. Abteilung für Genie.

Der Sektionschef für Verkehrstruppen ist auf 1. März 1920 aus dem Aktivdienstverhältnis entlassen worden und hat den Dienst auf der Abteilung wieder aufgenommen.

437

f. Abteilung für Sanität.

Der Kanzlist I. Klasse, Clémençon Abel, ist infolge seiner Wahl als Kanzleisekretär II. Klasse beim eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement auf 10. Mai 1920 ausgetreten; als Ersatz ist mit Amtsantritt auf 15. Mai 1920 gewählt worden: Oberlieutenant Jaques Hermann, Quartiermeister z. D., von Ste-Croix.

Der Best des seit der Kriegsmobilmachung angestellten Ausiülfspersonals der Abteilung ist per 81. Dezember 1920 entlassen worden.

Bugen Vodoz, von La Tour-de-Peilz, und Dr. Max Pfotenhauer sind aus dem Dienste der Militärversicherung ausgeschieden, «rsterer infolge eines Augenleidens und letzterer infolge Todes.

Als Beamte der Militärversicherung wurden gewählt: Dr jur. Alfred Schorno, von Steinen (Schwyz), als Bureauchef ·der allgemeinen Dienstabteilung; Georg Eyffel, von Stäfa, als Chef ·der administrativen Sektion; Dr. jur. Max Schmied, von Bern, als Ohef der juristischen Sektion, Auf 81. Dezember 1920 arbeiteten auf der Militärversicherung 8 Beamte und 112 Aushülfen, gegenüber 10 Beamten und 164 AusMlfen auf 81. Dezember 1919.

g. Oberkriegskommissariat.

Auf 1. Januar 1920 wurde der im Jahre 1842 geborene Kanzlist I. Klasse Karl Schweizer zu den Beamten mit reduzierter Verwendung "versetzt.

Im Dezember 1920 ist der Adjunkt des Verpflegungs- und Ma.gazinbureaus, Samuel Kröpf, gestorben.

Gewählt wurde als Kanzlist I. Klasse: Ernst Bieler, von Basel.

Der bisherige Buchhalter II. Klasse, Hans Glauser, von Mötsoh"wil, ist zum Buchhalter I. Klasse befördert worden.

h. Kriegstechnische Abteilung.

Infolge Todesfall sind ausgeschieden: Oberst Eubin E., Direktor der eidgenössischen Munitionsfabrik 'Thun, und Oberst von Stürler L., Direktor der eidgenössischen Waffenfabrik Bern, und auf gestelltes Ansuchen hin ist als Ingenieur II. Kl.

-entlassen worden: Frei E.

Es wurden gewählt: Als Direktor der eidgenössischen Munitionsfabrik Thun: Major Keller H., Thun, bisher Adjunkt der genannten Fabrik; als Kanzlei-

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Sekretär I. Klasse: Fürsprech Barfuss R., bisher provisorischer Beamter; als Chemiker der Sektion für Munition: Dr. Bettschart A.; als Kanzlist I. Klasse der eidgenössischen Munitionsfabrik Thun:.

Moser F., bisher Angestellter der genannten Fabrik; als Kanzlist L Klasse der eidgenössischen Waffenfabrik Bern: Brand E., bisher Angestellter der genannten Fabrik.

i. Kriegsmaterialverwaltung.

Es wurden gewählt: Als Divisions-Waffenkontrolleur Hauptmann Senn, Heinrich ; als Zeughaus-Verwalter I. Klasse in Zürich, Major Steiger, Herrn..

Auf sein Gesuch hin wurde unter Verdankung der geleisteten.

Dienste als Zeughaus-Verwalter I. Klasse von Zürich entlassen: Oberst J. Lichti.

k. Landestopographie.

Direktor Held hat infolge Erkrankung Ende Februar die Tätigkeit niedergelegt und ist entsprechend seinem Gesuche auf Ende des" Jahres als Direktor der Abteilung für Landestopographie entlassen worden ; die Stelle ist noch nicht wieder besetzt. Der Chef der Sektion für Topographie, E. Leupin, ist auf sein Ersuchen hin entlassenworden; als Nachfolger wurde Ingenieur Schneider, Ingenieur der Sektion für Geodäsie, gewählt.

[HL Wehrpflicht.

Gesetzlicher Vorschrift gemäss wären auf 1. Januar 1920 die Rekruten des Jahrganges 1900 in das dienstpflichtige Alter getreten.

Es ist aber im Berichtjähre erst der Jahrgang 1899 ausgebildet und; der Jahrgang 1900 ausgehoben worden. Wir verweisen auf das unter «IV. Rekrutierung» hiernach Angeführte.

Militärdienstpflicht und Altersklassen.

Gestützt auf die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation und des Vollzugsbeschlusses des Bundesrates vom 2. Dezember 1907 wurden folgende Anordnungen, getroffen : Übertritt in die Landwehr.

1. Mit dem 81. Dezember 1920 traten in die Landwehr: a. die im Jahre 1882 geborenen Hauptleute; b. die im Jahre 1888 geborenen Ober lieutenants und Lieutenants t

439

«. die Unteroffiziere aller Grade, die Gefreiten und Soldaten des Jahrganges 1888 von allen Truppengattungen mit Ausnahme der Kavallerie;
2. Militär-Hufschmiede der Landwehr können nach Bedarf zu Dienstleistungen im Auszuge kommandiert werden.

Übertritt in den Landsturm.

8. Mit dem 31. Dezember 1920 traten in den Landsturm: a. die im Jahre 1876 geborenen Hauptleute; ·b. die im Jahre 1880 geborenen Oberlieutenants und Lieutenants; ·c. die Unteroffiziere aller Grade und die Gefreiten und Soldaten aller Truppengattungen des Jahrganges 1880.

Austritt aus der Wehrpflicht.

4. Mit dem 81. Dezember 1920 traten aus der Wehrpflicht:
IY. Bekratierung.

Am 25. November 1919 hat der Bundesrat den im folgenden ^Wortlaut von den eidgenössischen Eäten genehmigten Beschluss .gefasst: 1. Die Aushebung der Wehrpflichtigen findet in dem Jahre statt, in dem der Wehrpflichtige das zwanzigste Altersjahr zurücklegt.

440

2. Die Militärdienstpflicht beginnt mit dem Jahre, in dem das einundzwanzigste Altersjahr vollendet wird.

3. Dieser Beschluss gilt vorläufig für das Jahr 1920.

Diese Festsetzung des aushebungspflichtigen und des dienstpflichtigen Alters bedeutet eine Abänderung der gesetzlichen Bestimmungen in den Art. 4 und 2 MO ; sie war konsequenterweise notwendig mit Eücksicht auf den Bundesratsbeschluss vom 7. Dezember 1918, der vorschrieb, dass im Jahre 1919 nur diejenigen Eekruten in die Eekrutenschulen aufzubieten seien, die im Jahre 1918 einrückungspflichtig waren. Die Folge dieses letztern Bundesratsbeschlusses wäre nun bei der gesetzlichen Ordnung der Dinge die gewesen, dass im Jahre 1920 die beiden Eekrutenjahrgänge 1899 und 1900 hätten ausgebildet werden müssen, was sich als unmöglich erwies, weil e& hierfür sowohl am erforderlichen Instruktionspersonal als auch an den unumgänglich notwendigen Waffenplatzeinrichtungen fehlte, ganz abgesehen davon, dass das Budget durch die Ausbildung zweier Jahrgänge allzusehr belastet worden wäre. Die Ausbildung des Jahrganges 1900 musste daher notgedrungen auf das Jahr 1921 hinausgeschoben werden. Deshalb wurde auch der Jahrgang 1900 nicht nach gesetzlicher Vorschrift im Jahre 1919 ausgehoben, sondern die Aushebung auf das Jahr 1920 verschoben.

Diese Ordnung wird aus den angeführten Gründen voraussichtlich auch in Zukunft beibehalten werden müssen. Zu bemerken ist, dass die Kursberichte beinahe ohne Ausnahme sich sehr günstig über den Einfluss des erhöhten Alters der Eekruten aussprachen.

Die pädagogischen und turnerischen Prüfungen kamen, wie in den Kriegsjahren, auch bei der Eekrutenaushebung 1920 in Wegfall.

Für die sanitarische Beurteilung der im Jahre 1920 ausgehobenen Eekruten des Jahrganges 1900 fanden die vom Departement am 29. Dezember 1919 genehmigten verschärften Tauglichkeitsvorschriften Anwendung. Diese Bestimmungen wurden auch angewendet auf die in frühern Jahren ausgehobenen Eekruten, die im Jahre 1920 ihre Eekrutenschule zu bestehen hatten. Zu dem Zwecke hat der Bundesrat das Departement mit Beschluss vom 9. Januar 1920 ermächtigt, eine nochmalige sanitarische Musterung der einrückungspflichtigen Eekruten vorzunehmen.

Hinsichtlich der für die Leitung und Durchführung deï Eekrutierungsarbeiten beigezogenen Aushebungsoffiziere verweisen wir auf die Verfügungen des Militärdepartementes vom 15; Januar und 27. April 1920.

44 î

2, Teil, Unterricht.

I. Yonmterricht.

a. Turnwesen.

Die im Bericht vom letzten Jahr angekündigte Inspektion des Turnunterrichts in den kantonalen Lehrerbildungsanstalten ist im Gange und wird bis zum Frühjahr 1921 abgeschlossen. Ihre Eesultate sollen bereits im laufenden Jahr in einer Konferenz der Seminarturnlehrer verwertet werden.

Lehrerturnkurse wurden von den Kantonen Appenzell A.-Eh.

und Graubünden veranstaltet.

Luzern führte einen Kurs für Turnlehrerinnen durch.

Zu den Lehrerturnvereinen, die bereits im letzten Berichtjahre bestunden, sind keine neuen hinzugekommen; hingegen weisen die bestehenden fast überall eine Zunahme der Mitglieder auf.

Die unter der Aufsicht der eidgenössischen Turnkommission im Entstehen begriffene Arbeit über Ziele, Mittel und Methoden der physischen Erziehung geht ihrer Vollendung entgegen.

Die Frage der Turnlehrerbildung und der Schaffung eines eidgenössischen Turnlehrerdiploms ist in einer Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren und der Vertreter der schweizerischen Hochschulen behandelt worden. Sie wird gegenwärtig von der eidgenössischen Turnkommission weiter verfolgt.

b. Militärischer Vorunterricht.

In 14 Kantonen sind Kurse des turnerischen oder bewaffneten Vorunterrichts durchgeführt worden. Im Momente der Berichterstattung sind noch die Berichte aus 3 Kantonen ausstehend.

Die mittlern Schülerzahlen betragen, für den turnerischen Vorunterricht 17,329 Schüler, für den bewaffneten Vorunterricht 1892 Schüler. Die Zahl der letztern ist gegenüber dem Vorjahre zurückgegangen, weil nur mehr Jünglinge vom 18. Altersjahre an in diese Kurse aufgenommen werden, während im Vorjahre stark 50 % der Schüler Jüngern Jahrgängen angehörten. Für das laufende Jahr ist eher wieder eine Zunahme zu erwarten, indem in verschiede^ nen Kantonen neue Ausschüsse sich zur Wiederaufnahme dieser Kurse gebildet haben.

Die im letzten Geschäftsbericht erwähnten Skikurse fanden überall grossen Anklang. An Wünschen, auch im laufenden Winter Vorunterrichtskurse mit Skifahren zu veranstalten, hat es nicht gefehlt, und es ist zu erwarten, dass sich die Winterkurse fest einleben werden. .

442

Jungschützenkurse sind in bedeutender Zahl durchgeführt -worden; doch fehlen uns zurzeit noch genaue Angaben.

c. Kadettenkorps.

In den Kadettenkorps wird der Unterricht immer mehr nach 4er sportlichen Betätigung hin umgestaltet. Dort, wo die Korps mit den lokalen Verhältnissen eng verknüpft sind, werden sie trotzdem ihre bisherige äussere Gestalt beibehalten.

II. Rekruten- and Kaderschulen.

A. Generalstabsabteilung.

L Generalstab.

Es fanden drei Generalstabskurse statt: 1. Generalstabskurs I, I. Teil, in der Dauer von 80 Tagen.

Der Kurs wurde in Bern abgehalten und schloss mit einer achttägigen "Übungsreise. Es beteiligten sich daran 22 Offiziere der verschiedenen Waffengattungen (12 von der Infanterie, 8 von der Kavallerie, 5 von der Artillerie, l vom Genie, l von den Festungstruppen).

2. Generalstabskurs II, für neuernannte Generalstabsoffiziere, in der Dauer von 44 Tagen, wovon die ersten vier Wochen in Sursee, die letzten zwei Wochen auf einer Übungsreise im Tessin.

Er war von 14 Generalstabs-, 2 Infanterie- und l Artillerie-Offizieren besucht.

3. Der Generalstabskurs III, in der Dauer von 28 Tagen, bestund in einer operativen Übung und wurde in Bern und Aarau .abgehalten. Teilnehmer: 35 Offiziere. Ausserdem wohnten den Übungen die Kommandanten der Heereseinheiten bei.

4. Zu den Abteilungsarbeiten wurden mehrere Offiziere «des Generalstabes und der verschiedenen Waffengattungen komjnandiert.

u. Motorwagendienst.

Es wurden abgehalten: 1. Unteroffiziersschule in Yverdon, vom 8. August bis 1. September. Von den 15 eingerückten Schülern konnten 11 zur Beförderung empfohlen werden.

2. 2 technische Kurse: la. in Thun, vom 7. September bis 4. Oktober.

Ï&. in Liestal, vom 12. Oktober bis 10. November.

In diesen Kursen wurden ausgebildet: 8 Offiziere und 12 Unteroffiziere der französischen Schweiz, l Offizier und 6 Unteroffiziere der italienischen Schweiz, .15 Offiziere und 25 Unteroffiziere der deutschen Schweiz.

443

8. Fahrprüfungen.. Zu denselben wurden aufgeboten 110 Mann, davon haben die Prüfung bestanden 95 Mann, die im Laufe des März als Chauffeure in den Motorwagendienst eingeteilt wurden.

IH. Militärflugwesen.

Die Grundsätze des provisorischen Organisationsentwurfes blieben mit geringen Änderungen in Kraft.

1. Flieger. Eine ' Fliegerschule* farid nicht statt. Der Ersatz der Monatsflieger musste deshalb- aus- dem Eeservefliegerkorps gestellt werden. Die Auswahl dieses Ersatzes und das Training dieser Leute musste sehr sorgfältig geschehen. Infolge der geringen Zahl .geeigneter Eeserveflieger konnte vom Monat März, an die budgetierte Zahl von 30 Monatsfliegern nicht mehr erreicht werden; der Abgang durch Übertritt zur Zivilaviatik, durch Bücktritt und Tod überstieg «den Zuwachs.

Es trainierten am 1. Januar 1920 Abgang während des Jahres: 9 Piloten, Zuwachs während des Jahres: 7 Piloten.

Am 31.'Dezember im Training

31 Piloten

29 Piloten

Die Ausbildung der Flieger, deren Pensum durchschnittlich 10 Flugstunden pro Monat betrug, erstreckte sich in der Hauptsache auf die Förderung der Sicherheit. Grosses Gewicht wurde gelegt .auf die Ziellandung, ferner auf das Zusammenarbeiten im Geschwader.

Es wurden ausgeführt total 12,380 Flüge in 3532 Flugstunden.

An Brüchen sind zu verzeichnen: 2 Brüche leichter Natur, 3 Kopfstände (davon l Notlandung), 2 Capotagen (Notlandungen), l Sturz beim Einfliegen (Apparat zerstört).

Bei keinem dieser Brüche oder Stürze sind Verletzungen von Personen vorgekommen.

Ausserdienstliche Abstürze mit tötlichem Ausgang: 2 (l mit Zivilflugzeug, l mit Privatapparat).

2. Beobachter. Es wurde ein 60 Tage dauernder Beobachterkurs abgehalten. Daran nahmen 15 Offiziere teil; ein weiterer nur -während der letzten 3 Wochen. 14 Offiziere konnten nach der Schlussprüfung zu Beobachteroffizieren ernannt werden. Eine weitere Ernennung erfolgte auf Grund einer Nachprüfung erst im Februar 1921.

Buodesblatt. 73. Jahrg. Bd. II.

30

444

Bestand des Beobachterkorps am 1. Januar 19 Beobachter,.

davon im Training 18 Beobachter.

Abgang durch Kückversetzung zur Stammeinheit : 2 Offiziere. .

Infolge Auslandurlaub nicht im Training: 2 Offiziere.

Zuwachs: 14 Offiziere.

Bestand auf 1. Dezember 81 Beobachter Davon im Training 28 Beobachter Die Beobachterübungen begannen im März in Dübendorf und Thun und wurden während des ganzen Jahres durchgeführt. T>&& Hauptgewicht in der Ausbildung wurde auf Eekognoszierung und auf die Photographie gelegt. Sodann wurde mit der Funkentelegraphie begonnen.

Wegen Mangel an Einrichtungen konnte in Thun die Funkerinstruktion und die Photographie nicht in dem Masse durchgeführt werden, wie es nötig wäre.

Infolge häufigen schlechten Wetters an den auf ein bestimmtes Datum angesetzten 2 Übungstagen pro Monat konnte oft der Flugdienst nicht ganz absolviert werden, so dass die Beobachter in, diesem Fache etwas zu kurz gekommen sind.

B. Infanterie.

I. Instruktionskorps.

Bestand Nach Voranschlag Ende 192Q Kreisinstruktoren und Kommandanten der Zentr'al-

und Schiessschulen Stabsoffiziere Hauptleute Subalternoffiziere Spielinstruktoren . . :

8 71 17 2 15

7 64 15 -- 15

Zusammen 118

101

Veränderungen im Jahre 1920.

Es wurden befördert : 3 Oberstlieutenants zu Obersten, 4 Majore zu Oberstlieutenants und l Hauptmann zum Major.

In Zuwachs kam ein 1919 als Sektionschef zur Generalstabsabteilung übergetretener, 1920 zum Instruktionskorps zurückgekehrter Oberst; ferner l neugewählter Spielinstruktor.

445

In Abgang kamen dagegen: l Oberst, 2 Oberstlieutenants und l Major infolge Wahl als Sektionschefs der Generalstabsabteilung; l Major infolge Wahl als Verwalter eines eidgenössischen Zeughauses; l Hauptmann infolge Ernennung zum Kommandanten der Fliegerabteilung; l Oberst ist gestorben und l Oberstheutenant und 2 Majore sind ausgetreten.

Die Zahl der Instruktoren mit reduzierter Verwendung ging infolge zweier Todesfälle von 25 auf 23 zurück. Diese 23 Offiziere werden auf 1. Januar 1921 von der Versicherungskasse übernommen, II. Rekratenschulen.

In die Schulen des Jahres 1920 rückte der Jahrgang 1899 ein.

Zur Ausbildung von Füsilieren, Schützen und Begimentsmitrailleuren wurden in den Divisionskreisen l und 6 je 8, in den Kreisen 2, 3 und 4 je 4 und im Kreise 5, einschliesslich Festungsinfanterie, 6 Schulen abgehalten. Die Ausbildung der Eegimentsmitrailleure erfolgte in der Weise, dass den Schulen für Füsiliere und Schützen Mitrailleurkompagnien angegliedert wurden.

Dazu fanden statt 3 Eekrutenschulen für fahrende Mitrailleure, l für Eadfahrer und 2 für Säumer.

Zur Ergänzung der Telephonpatrouilleu der Bataillone und Eegimenter sind ferner 2 Fachschulen für Telephonsoldaten in der Dauer von 27 Tagen abgehalten worden. Die dafür in Aussicht genommenen Füsilier- und Schützenrekruten wurden am 40. Tage aus den Eekrutenschulen entlassen, um nachhher in die Fachschulen einzurücken und dort ihre Spezialausbildung zu erhalten.

III. Kaderschulen.

a. Spezialkurse für Waffenunteroffiziere und Büchsenmaclier.

Es wurde auch dieses Jahr nur ein Kurs abgehalten. Die Zahl der Teilnehmer betrug 4 Unteroffiziere und 56 Büchsenmacher, zusammen also 60 Mann (1919: 4 Unteroffiziere und 34 Büchsenmacher, zusammen 38 Mann).

b. Unteroffiziersschulen.

Jeder Eekrütenschule ging eine Unteroffiziersschule voraus.

Entsprechend der Zahl der Eekrutenschulen haben daher in den Divisionskreisen l und 6 je 3, in den Kreisen 2, 3 und 4 je 4 und im Kreise 5, einschliesslich Festungsinfanterie, 6 Unteroffiziersschulen für Füsiliere, Schützen und Eegimentsmitrailleure stattgefunden.

Ferner wurden abgehalten 3 Unteroffiziersschulen für fahrende Mitrailleure, l für Eadfahrer und 2 für Säumer.

Das Fähigkeitszeugnis zum Korporal erhielten 1060 Mann (1919: 595 Mann; 1913, im letzten Jahre vor dem Kriege: 2241 Mann).

446

c. Offiziersschulen.

Die Bestände waren wiederum klein, sogar noch kleiner als letztes Jahr.

Das Fähigkeitszeugnis zum Lieutenant erhielten: Füsiliere und Schützen: 114, Mitrailleurs: 16, total 180 (1919: 144,1918, im letzten Jahr vor dem Krieg: 319).

Dazu kommen 12 Infanteriefouriere, welche nach mit Erfolg bestandener Offiziersschule der Verpflegungstruppen das Fähigkeitszeugnis zum Lieutenant-Quartiermeister erhielten (1919: 17).

d. Schiessschulen und Schiesskurse.

Die Schiesskurse sind auch 1920 ausgefallen; dagegen wurden 6 Schiessschulen für Oberlieutenants abgehalten.

Die Zahl der Teilnehmer ist aus nachstehender Tabelle ersichtlich.

Zugehörigkeit der Inf.Offiziere nach Divisionen

Teilnehmer O) _Q

Schulen.

01

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1

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Schiessschulen f.

Oberlieutenants

(1918 **)

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·) Militärflieger.

**) 1919 sind keine Schulen abgehalten worden.

e. Taktische Kurse.

Im Eahmen der Divisionen wurde je ein taktischer Kurs II für höhere Offiziere und im Rahmen der Brigaden des Auszuges je ein taktischer Kurs I für Majore und Hauptleute abgehalten.

IV. Zentralschalen.

Die Zentralschule I wurde, wie in den Vorjahren, divisionsweise, unter Leitung der Divisionskommandanten, abgehalten.

Auch die Zentralschule II wurde wiederum durch einen Armeekorpskommandanten kommandiert.

Die Teilnehmerzahl ergibt sich aus nachstehender Tabelle.

Bestände der Zentralschulen.

Zentralschule I .

(1919

0

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1 195 196 124 13 36 12 11 99 9 22 6 9

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c. Nach Divisionen

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Zusamm

b. Nach Truppengattungen

O)

liegertrupi

a. Nach Graden

o

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196 162 34 18 22 33 31 35 26 13 18 196 153 134 19 21 21 21 22 24 21 8 15 153)

Zentralschule II : 1. Teil, für Hauptleute, exkl.Sanität (1919

-- 34 -- 1 31 --

34 32

24 -- 18 2

4 8

3 3 -- -- 1 3 -- --

34 32

31 31

3 1

2 .2 1 7

2. Teil, für Hauptleute, inkl. Sanität (1919

-- 46 -- 1 42

46 43

23 -- 18 2

4 8

3 3 -- 1 3

46 43

43 42

3 1

2 2

__

13 11

4 9

3 7 1 6 5 2

8 7

7 5

6 2

2 5

34 32)

7 10 6 7

7 3

3 7

46 43)

5 5

*.

*7

448

V. Schiesswesen ausser Dienst.

Durch Beschluss vom 5. März 1920 führte der Bundesrat die seit dem Jahre 1916 suspendiert gewesene Schiesspflicht, mit Wirkung vom Jahre 1920 hinweg, wieder ein. Gleichzeitig wurden die Verordnung und das Schiessprogramm vom Jahre 1913 für die Jahre 1920 und 1921 unverändert in Kraft erklärt. An Munition wurden für jedes schiessende Mitglied den Vereinen 40 Patronen für die obligatorischen Übungen, 18 Patronen für fakultative Übungen gratis abgegeben. An Barbeiträgen wurden vergütet : Fr. l für jeden Teilnehmer an den obligatorischen Übungen und 40 Eappen für jeden Teilnehmer an den fakultativen Übungen. Die Entschädigung an die Schiessvereine für jeden ausgebildeten Jungschützen betrug Fr. 6.

Welchen Aufschwung das ausserdienstliche Schiessen wieder nahm, geht aus dem Munitionsverbrauch hervor. Im Vorjahre wurden an Gratis- und Kauf munition an die Vereine 16,885,448 Gewehrpatronen und 771,051 Pistolen- und Revolverpatronen abgegeben.

Im Berichtjahre betrug die Abgabe: Gratismunition: 12,954,936 Gewhrpatronen Kauf munition: 20,051,230 Gewhrpatronen mi 1,884,989 Pistolen- u. Revolverpatronen Zusammen: 88,006,166 Gewhrpatronen und 1,384,989 Pistolen-u.Revolverpatronenm Die Berichterstattung ist noch nicht abgeschlossen.

C. Kavallerie.

I. Instruktionskorps.

Nach Voranschlag Bestand Stabsoffiziere 114 (inkl. Kdt. ad Hauptleute int. des Kav.Subalternoffiziere . . . .

Rem.-Dep.)

Trompeterinstruktoren . .

2 Zusammen

16

Ende 1920

] 3 (inkl. Kdt. ad

int. des Kav-.

Eem.-Dep.)

2 15

Instruktoren mit reduzierter Verwendung: 3 Stabsoffiziere.

Beförderungen im Berichtjahre: 2 Hauptleute zu Majoren.

Abgang: l Stabsoffizier infolge Ernennung zürn Waffenchef der Kavallerie.

l Stabsoffizier infolge Hinscheid.

Auslandskommandierung : l Hauptmann ab 1. November 1920 durch das eidgenössische Militärdepartement für 2 Jahre an die «Ecole supérieure de guerre», Paris, kommandiert.

449

n. Remontendepot und Bemontenkurse.

a. Die Organisation und der Betrieb des Remontendepots bildeten im Berichtjahre Gegenstand eingehender Studien. Es wird vor allem auch angestrebt, die Akklimatisatiorisperiode für die frisch importierten Pferde zweckmässiger auszunützen und damit die Dauer der Akklimatisation selber wie auch die Dauer der Dressur abzukürzen, derart, dass die Pferde wesentlich früher als bisher den Eeiterrekruten abgegeben werden können. Daraus wird eine sehr erhebliche Ersparnis erzielt werden; kommt doch infolge der hohen Löhne un'd Futterpreise das Pferd pro Tag den Bund heute auf zirka Fr. 9 zu ·stehen.

Soweit möglich, wird schon jetzt in diesem Sinne gearbeitet; um das Ziel aber vollends zu erreichen, wird das Bemontendepot hinsichtlich Personal und hinsichtlich Einrichtung noch einigen Ausbau zu erfahren haben. In personeller Hinsicht ist ein wesentlicher Schritt schon bei der Aufstellung des Budgets pro 1921 getan worden ·durch die Bewilligung der Kredite für den Adjunkten des Depottommandanten und für weiteres absolut notwendiges Personal.

b. Kavalkrie-Bemontendepot und Kavalleriepferde.

Das Kavallerie-Bemontendepot zählte am 31. Dezember 1920 «inen Personalbestand von 501 Mann, wovon 6 Beamte, 25 ständige Angestellte (nach Art. 28 des Organisationsgesetzes), 13 Handwerker.

96 Bereiter und Fahrer und 345 Pferdewärter ; ausserdem 2 Assistenzpferdeärzte, l Bureauaushülfe und 10 Kavallerie-Unteroffiziere und -Soldaten als Hülfsbereiter (für Bemontenvorbereitungskurs) sowie '3 Bereiteroffiziere.

JBeobachtungs- und K u r a n s t a l t s p f e r d e standen zu Beginn des Berichtjahres in der Kuranstalt . . 71 Einlieferung pro 1920: «. aus Schulen und Kursen (Eekrutenpferde und solche eingeteilter Kavalleristen inklusive 2 Pferde- vom Tierspital Zürich) 52 b. von den Besitzern direkt eingeliefert (auf Beobachtung) 430 553 Hiervon wurden den Beitern als geheilt zurückgegeben, als Ersatz- und Besérvepferde eingeteilt, ausrangiert oder abgeschlachtet 497 In Behandlung befinden sich Ende 1920 noch. . . . 56 Zusammen wie oben: 553

450 Total der Kuranstaltstage . . . . 21,871 Durchschnittliche Dauer der Behandlung eines Pferdes . . . . 39,7 Tage gegenüber 1919 (65, 5 ), somit eine Reduktion um 25, 8 Tage.

Die Kategorie der R e d r e s s u r p f e r d e zählte am Anfang des Jahres 1920 . 18 Pferde zu diesen wurden eingeliefert . . . . 118 » 131 Pferde Davon standen auf 1. Januar 1921 noch 11 Pferde in Redressur.

c. Remontenkurse.

Es fanden ira Berichtjahre 4 Remontenkurse auf den Plätzen Aarau, Zürich und Bern statt. Ausserdem wurde im KavallerieRemontendepot mit Hülfsbereitern aus der Truppe (Freiwillige) vom 5. Juli bis 80. September ein Remontenvorbereitungskurs abgehalten. Schliesslich wurden infolge Personalmangel im KavallerieRemontendepot der eidgenössischen Pferderegieanstalt Thun in zwei Abteilungen (während der Sommermonate und im OktoberNovember) eine Anzahl Kavallerie-Remonten zur Ausbildung übergeben.

ni. Rekrutenschulen.

Im Berichtjahr wurden gemäss Schultableau auf den ordentlichen Waffenplätzen 4 Kavallerie-Rekrutenschulen abgehalten.

IV. Kaderschulen.

a. Unteroffiziersschule.

Die Kavallerie-Unteroffiziersschule fand im März/April 1920 in Bern statt.

, ... .

E i nsma gerücZur

57 Dragoner (inklusive Trompeter) Guiden . . . . . . 34 16 Mitrailleure Zusammen 107

B e f ö r d s i n d

geschlagen

51 33 15 99

Zahl der weitergebildeten Offiziere: 7 Oberlieutenants.

b. Offiziersschule.

Die Offiziersschule der Kavallerie wurde mit normaler Dauer im September/November 1920 abgehalten.

451 Eingerückt sind

,

7 9 3

Zusammen

19

Dragonerkorporale .

Guidenkorporale . . . .

Mitrailleurkorporale . . .

Zur Beförderung wurden vorgeschlagen

7 9 3 19

Von diesen 19 zur Beförderung vorgeschlagenen Unteroffizieren wurden ernannt: 11 zu Dragonerlieutenants, 5 zu Guidenlieutenants und 3 zu Mitrailleur lieutenants.

c. Kavallerie-Mitrailleur-Büchserkurs. · In dem im Dezember 1920 in der eidgenössischen Waffenfabrik Bern abgehaltenen Kurs wurden 2 Offiziere und 10 Rekruten weitergebildet.

d. Kavallerie-Sattlerkurs.

Im Anschluss an die Rekrutenschule IV fand im KavallerieEemontendepot Bern ein Kavallerie-Sattlerkurs statt, zu dem 13 Kavalleriesattler einrückten.

e. Taktische Kurse.

Es fanden im Berichtjahre statt: Ein Kurs für Patrouillenführer in gesetzlicher Dauer mit 22 Teilnehmern.

Ferner zwei Kurse- für Stabsoffiziere und Schwadronskommandanten in der abgekürzten Dauer von je 10 Tagen mit zusammen 51 Teilnehmern.

Alle drei Kurse bestanden in Übungsreisen.

/. Spezialschiessschule für Kavallerie-Offiziere.

Diese Schule konnte im Berichtjahre infolge Streichung des erforderlichen Kredites nicht abgehalten werden.

D. Artillerie.

I. Instruktionspersonal.

Bestand Nach Voranschlag Ende 1920 Stabsoffiziere Hauptleute.

. . .

Subalternoffiziere . .

Trompeterinstruktoren . .

Hülfspersonal . . .

1 l

> .

Zusammen

10 27

9

3--4 13

3 13

43--44

35

452 1 Major hat demissioniert.

2 Hauptleute wurden zu Majoïen befördert.

l Hauptmann wurde neu gewählt.

l Oberlieutenant wurde zum Hauptmann befördert.

Instruktoren mit reduzierter Verwendung.

7 Stabsoffiziere.

l Unteroffizier des Trompeterinstruktorpersonals.

Auslandskommandierung: Keine.

4 l l l 5

II.Rekrutenschulen..

Zahl der Schulen: Feldartillerierekrutenschulen.

Feldhaubitzrekrutenschule.

Gebirgsartillerierekrutenschule.

Fussartillerierekrutenschule.

Trainrekrutenschulen.

m. Kaderschulen.

a. Unteroffiziersschule.

Eingerückt Zur Beförderung sind empfohlen 377 842 67 59

Artillerie Train Zusammen

444

401

Zahl der weitergebildeten Offiziere: 28.

, .

, , Eingerückt Zur Beförderung

b. O f f i z i e r s s c h u s i n d | i n d

Feldhaubitzen . . . .

Gebirgsartillerie . .

Fussartillerie Traintruppe . . . .

: : OA \ 90 : : : : : : : : :J 17

Zusammen

107

empfohlen 9 10 3 15 92

Zahl der weitergebildeten Offiziere: 13.

c. Schiesskurs I Feldartillerie.

Teilnehmer: 66 Subalternoffiziere als Schiessende und 10 Subalternoffiziere als Zugführer.

d. Schiesskurs II Feldartillerie.

Teilnehmer: 7 Stabsoffiziere und 28 Hauptleute, 5 Subalternoffiziere als Zugführer.

453 e. Schiesskurs für Haubitzen.

Teilnehmer: 8 Stabsoffiziere und 18 Subalternoffiziere, 2 Snbalternoffiziere als Zugführer.

/. Schiesskurs für Gebirgsartillerie.

Teilnehmer:

5 Stabsoffiziere, 6 Hauptleute u n d 2 g. Schiesskurs für Fussartillerie.

Teilnehmer: 8 Stabsoffiziere, 2 Hauptleute und 13 Subalternoffiziere, 4 Subalternoffiziere als Zugführer.

h. Mechanikerkurs I und II.

Zahl der ausgebildeten Mechaniker: 44.

.

E. Abteilung für Genie.

I. Instruktionskorps.

Bestand Stabsoffiziere Hauptleute Subalternoffiziere Hülfspersonal

Nach Voranschlag 5 2 1 5 Zusammen

Ende 1920 6

18

1 5

12

l Hauptmann wurde zum Major befördert.

l Hauptmann wurde zu den Instruktoren mit reduzierter Verwendung versetzt.

II. Rekrutenschulen.

2 l l 3

Zahl der Schulen: Feldsappeurrekrutenschulen.

Gebirgssappeurrekrutenschule.

Pontonierrekrutenschule.

Pionierrekrutenschulen (Tg.-, Sig.- und Funkenpioniere).

Die Feldscheinwerferpionierrekruten wurden bei den Festungstruppen ausgebildet.

454 m. Kaderschulen.

a.

Untei'offiziersschulen.

Eingerlickt Zur Beförderung sind empfohlen 57 45 18 14 39 88 24 22

Sappeure und Mineure Pontoniere . . . : Pioniere Trainsoldaten und Säumer Zusammen 6.

138

119

Offiziersschule.

In die Offiziersschule sind 18 Schüler eingerückt, die alle zur Beförderung empfohlen wurden.

c. Technischer Kurs.

Es fand ein technischer Kurs für subalterne Offiziere mit 19 Teilnehmern statt.

d. Pontonierfahrvereine.

Im Berichtjahre ist die Zahl der Sektionen des schweizerischen Poutonierfahrvereins gleich geblieben. Der Verband zählt auch heute 86 Sektionen. Die Anzahl der zum Bezüge der Bundessubvention berechtigten Mitglieder ist von 1484 auf 1270 gesunken.

Die Berichte über die Tätigkeit der Sektionen gaben zu keiner» besondern Bemerkungen Anlass.

Schiffsmaterial und Geräte wurden den Pontonierfahrvereinen wie früher abgegeben.

F. Festungstruppen und Festungsbesatzungen.

I. Instruktionskorps.

Bestand Nach Voranschlag Ende 1920 Stabsoffiziere 5 4 Hauptleute 2 2 Subalternoffiziere -- l Zusammen 7 7 Instruktoren mit reduzierter Verwendung: l Stabsoffizier.

Mutationen: Major Long wurde auf sein Gesuch hin entlassen, Major Bluntschli wurde zum Oberstlieutenant befördert. Zwei freigewordene Stellen wurden durch Hauptmann Gubler Friedrich, Fortverwalter, in Airolo, und Oberlieutenant de Montmollin Louis, Kanzleisekretär I. Klasse des Festungsbureaus St-Maurice, besetzt.

455 II. Rekrutenschulen.

Es fanden 4 Eekrutenschulen statt, und zwar: Schule I auf Monte Ceneri für die Eekruten der beweglichen Festungsartillerie der St. Gotthardbesatzung sowie der Festungsartillerie; Kp. 1/11 und der Talwehr Gondo.

Schule II in Andermatt und Cadenazzo für die Fahrer- und Säumerrekruten der Festungsbesatzungen St. Gotthard. und St-Maurice.

Schule III in Airolo für die Eekruten der Panzerartillerie, der Festungs · pioniere, der Festungsscheinwerferpioniere des St. Gotthard, sowie der Scheinwerferpioniere der Feldarmee.

Schule IV in Savatan für die Eekruten der Festungstruppen von St-Maurice, sowie einen Teil der Artillerierekruten der St. Gotthardbesatzung und die Trompeterrekruten der Festungstruppen St. Gotthard und St-Maurice.

III. Kaderschulen.

a. Unteroffizierssclmlen.

Es wurden zwei Unteroffiziersschulen abgehalten, wovon eine in Savatan für die Festungstruppen von St-Maurice, sowie einen Teil der Panzerartillerie der St. Gotthardbesatzung und eine auf Monte Ceneri für die bewegliche Festungsartillerie der St. Gotthardbesatzung, die Festungsartillerie-Kompagnie 1/11 und die Talwehr von Gondo.

Eine dritte Unteroffiziersschule musste auf das Jahr 1921 verschoben werden.

b. Offiziersschulen.

Es fand eine Offiziersschule statt, in deren erstem Teile die Offiziersschüler der Festungstruppen St. Gotthard und St-Maurice in Andermatt vereinigt waren, währenddem der zweite Teil in Airolo und in St-Maurice getrennt abgehalten wurde.

c. Scliiesskurse.

Anschliessend an die Offiziersschule wurde je ein Schiesskurs in Airolo, auf Monte Ceneri und in Dailly abgehalten, woran die neu ernannten Lieutenants und die übrigen dazu verpflichteten Subalternoffiziere teilnahmen.

d. Taktische Kurse und e. Büchsenmaciierkurse für Festungsmitrailleure fanden im Berichtjähre keine statt.

456

6. Sanitätstruppen.

L Instruktionspersonal.

Bestand Nach Voranschlag Ende 1920 Stabsoffiziere 6 7 Hauptleute 4 3 Subaltemoffiziere l l Hülfspersonal 4 4 Zusammen 15 15 Ein Hauptmann wurde im Laufe des Jahres krankheitshalber zu den Instruktoren mit reduzierter Verwendung versetzt.

« II. Rekrutensehulen.

Es wurden auf dem Waffenplatz Basel 2 Schulen abgehalten, und zwar gleichzeitig init den Schulen für die Train- resp. Säumerrekruten. Die Schule I war Gebirgsschule, sie dislozierte für die letzten 8 Wochen nach dem Gotthardgebiete.

ni. Kadersehulen.

a. Gefreitenschulen.

Vorgesehen und abgehalten wurden 10 Schulen, wovon 6 in Basel, je 2 in Genf und Locamo, letztere für italienisch sprechende Gefreitenschüler. Zu Gefreiten wurden befördert 180 Sanitätssoldaten.

b. Unteroffiziersschulen.

Es fanden 2 Schulen statt, je eine in Basel und Genf. Befördert wurden 129 Mann, wovon 61 Medizin- und Pharmaciestudenten.

c. Offiziersschulen.

Es fanden 8 Offiziersschulen, alle in Basel, statt. Es wurden ernannt: 88 Militärärzte, 9 Mih'tärapotheker, 0 Eegimentszahnärzte.

d. Taktisch-klinische Kurse.

Es fanden 2 taktisch-klinische Kurse, je einer in Basel und Genf, statt.

e. Kurs für dienstleitende Sanitätsoffiziere.

Es fand l Kurs in Basel statt unter dem Kommando des Oberfeldarztes.

457 IV. Freiwilliges Hülfswesen.

A. Das Schweizerische Rote Kreuz

zählte auf Ende 1920: 41,065 Einzel- und 1062 Korporativmitglieder..

Der Bestand der Zweigvereine bleibt sich gleich. Das Vermögen des Schweizerischen Eqten Kreuzes betrug auf den gleichen Zeitpunkt Fr. 696,947. 87; es hat sich somit gegenüber dem Vorjahre um Franken 81,913. 64 vermehrt. Die Zweigvereine haben ein Gesamtvermögen angegeben von Fr. 692,499 ; es kann daher auch hier eine Vermehrung konstatiert werden im Betrage -von Fr. 78,844.70.

Die Zahl der Kolonnen ist die gleiche geblieben und beträgt zurzeit 17. Da die bisherigen Vorschriften den an die Kolonnen gestellten Anforderungen nicht mehr entsprechen, wurden durch eine Kommission neue Vorschriften ausgearbeitet, die im Frühjahr 1921 in Kraft treten können.

Einzelne Kolonnen fanden noch Verwendung bei den letzten Kranken- und Verwundeten-Austauschzügen fremder Kriegsgefangener. Eine Schwester war während des ersten Vierteljahres noch tätig als Bevierschwester der Militärstation St. Maria ( Graubünden) B. Samariterwesen.

Der schweizerische Samariterbund zählte auf Ende 1919 353 Sektionen mit zusammen 16,581 Aktivmitgliedern, davon 4444 männlichen und 12,137 weiblichen Geschlechts. Ausserdem ist eine Anzahl von Samaritervereinen dem Schweizerischen Boten Kreuz direkt angeschlossen.

Die Zentralkasse wies auf Ende des Berichtsjahres ein Barvermögen von Fr. 5000 auf. Im Jahre 1919 erhielt der Samariterbund von der schweizerischen Eidgenossenschaft eine Subvention von Fr. 800 und vom Schweizerischen Eoten Kreuz Fr. 2400; zudem, hat das Schweizerische Eote Kreuz im Berichtjahr für das Samariterwesen eine Summe von Fr. 44,397 ausgegeben.

G. Militär Sanitätsvereine.

Der schweizerische Militärsanitätsverein besteht aus allen in der Schweiz existierenden Militärsanitätssektionen, deren Zahl 25beträgt mit 2250 Mitgliedern. Hiervon sind dienstpflichtig: 849 bei den Sanitätstruppen und 126 bei andern Truppengattungen.

Das Gesamtvermögen des schweizerischen Militärsanitätsvereins betrug auf Ende des Berichtjahres 1919 Fr. 10,748. 80. Von der Eidgenossenschaft erhielt der Militärsanitätsverein eine Subvention, von Fr. 1500, vom Eoten Kreuz Fr. 500.

458

H. Veterinärtruppe.

I. Offiziersschule.

In der Offiziersschule, die vom 27. April bis 12. Juni 1920 in Thun stattfand, wurden 20 Unteroffiziere zu Offizieren ausgebildet.

H. Technischer Kurs für Truppenpferdeärzte.

Derselbe wurde im Berichtjahre wieder nicht abgehalten.

m. Hufschmiedkurs I. Abteilung.

In dem vom 23. September bis 19. November in Thun abgehaltenen Hufschmiedkurse wurden 72 Bekruten zu Militär-Hufschmieden ausgebildet.

Die in diesem Kurse gemachten Erfahrungen haben abermals bewiesen, dass die für die Instruktion zur Verfügung stehende Zeit von zusammen nur 58 Tagen ungenügend ist. Die von Jahr zu Jahr auffälliger werdende, mangelnde Vorübung der jungen Leute bringt es mit sich, dass mit den Anforderungen bis an die Grenze des Leistungsvermögens des einzelnen gegangen werden muss. Hierin noch weiter zu gehen, könnte nicht mehr verantwortet werden. Wie mit andern Mitteln Abhülfe geschaffen werden könnte, wird geprüft.

IV. Hufschmiedkurs II. Abteilung.

In diesem Kurse, der in der Zeit vom 24. November bis 9. Dezember in Thun stattfand, konnten von den 52 Teilnehmern 48 Mann mit den «Abzeichen für gute Hufschmiede» ausgezeichnet und von diesen überdies noch 15 zum Hufschmiedgefreiten und 20 zum Hufschmiedkorporal vorgeschlagen werden.

J. Verpflegungstruppen, Kommissariatsoffiziere, Quartiermeister und Fouriere.

I. Instruktionspersonal.

Bestand

Nach Voranschlag

Stabsoffiziere Hauptleute .Subalternoffiziere Angestellter

4 l 2 l Zusammen

Ende 1920

4 l -- l

459

II. Rekrutenschulen.

Es fanden zwei Bekrutenschulen statt. Die erste diente der Ausbildung der Metzger-, Magaziner- und Trainrekruten; in die zweite waren die Bäckerrekruten einberufen.

in. Kaderschulen.

o. Unteroffiziersschulen.

Vorgängig den beiden Bekrutenschulen fand je eine Unteroffiziersschule statt, in die zusammen 71 Gefreite und Soldaten eingerückt sind. Davon erhielten 62 Mann das Fähigkeitszeugnis zum Korporal.

b. Fourierschulen.

Im Berichtjahre haben zwei Schulen stattgefunden. Insgesamt sind 159 Unteroffiziere aller Truppengattungen eingerückt. Davon konnten 148 Mann definitiv und 6 Mann bedingungsweise zur Beförderung zum Fourier vorgeschlagen werden. Die bedingungsweise Vorgeschlagenen haben vor der Beförderung in einem praktischen Dienste den Nachweis zu erbringen, dass sie den Anforderungen gewachsen sind.

c. Offiziersschule.

1. Offiziersschüler der Verpflegungstruppen.

Die Offiziersschule wurde von 8 Unteroffizieren des Verpflegungstrain besucht, welche alle zur Beförderung vorgeschlagen werden konnten.

2. Quartiermeisteraspiranten.

Es sind 14 Fouriere allei: Truppengattungen eingerückt, welche alle zur Beförderung zum Qua.rtiermeister empfohlen werden konnten.

d. und e. Quartiermeisterschule und Fachkurse.

Es fanden weder eine Quartiermeisterschule noch Fachkurse statt.

IV. Wiederholungskurse.

In die Wiederholungskurse wurden einberufen sämtliche Gefreiten und Soldaten, die in den Jahren 1918 und 1919 als Bekruten ausgebildet wurden, sowie diejenigen des Jahrganges 1898 und jüngere, die im Jahre 1917 die Rekrutenschule bestanden hatten, überdies das erforderliche Kader.

Es fanden zwei Kurse statt: Kurs I für Angehörige der Bäckerkompagnien; Kurs II für die Mannschaften der Verpflegungs- und Gebirgsverpflegungs-Abteilungen.

, Bundesblatt.

73. Jahrg.

Bd. II.

31

460

III. Militärwissenschaftliche Abteilung an der Eidgenössischen Technischen Hochschule im Jahre 1920.

Die militärischen Fächer an der allgemeinen Abteilung (Freifächerabteilung) wurden von Seiten der Studierenden der Eidgenössischen Technischen Hochschule stark belegt. Besonders ist hier hervorzuheben, dass die Teilnehmerzahl an den Infanterieschiessübungen in den drei Semestern Winter 1919/20, Sommer 1920 und Winter 1920/21 gegenüber den Vorjahren 1914 bis 1919 sich sehr stark vermehrt, rund verdreifacht hat. Im Sommersemester 1920 betrug die Teilnehmerzahl 160, darunter 16 Studierende der Militärschule.

Der Verlauf des Unterrichts war normal, mit Ausnahme des Eeitunterrichts, welcher im 4. Quartal ausgesetzt werden musste, da kein Eeitlehrer für diese Zeit erhältlich war.

. Die Zahl der regulären Studierenden betrug 13.

Im Sommersemester wurde der militärische Turnunterricht als Lehrfach versuchsweise eingeführt.

Dieser Vorgang ist als Versuch aufzufassen, die jungen Instruktionsaspiranten als Militärturnlehrer auszubilden. Die bisherigen Eesultate lassen ausser allem Zweifel erkennen, dass bei richtiger Durchführung das gestellte Ziel an der Militärschule erreicht werden kann.

3, Teil.

Dienstabteilungen und Dienstzweige.

I. Landesbefestigung.

Der Bau der im vorigen Jahr nicht ganz vollendeten permanenten Anlagen wurde zu Ende geführt und die Aufräumungs- und Liquidationsgeschäfte nahezu erledigt.

II. Abteilung für Sanität.

1. Bureau der Abteilung.

Von den wichtigsten Fragen, die das Bureau der Abteilung insbesondere beschäftigten, seien erwähnt: Verwertung der Lehren aus der Kriegszeit für die zukünftige Instruktion.

Sanitätsdienst - in Quarantäne- und Transportangelegenheiten in Verbindung mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt.

461 Kasernen- und Armeehygiene, ebenfalls in Verbindung mit dem eidgenössischen Gesundheitsamt.

Verschärfte Tauglichkeitsvorschriften für die Rekrutenaushebung.

2. Gesundheitsdienst und Krankenpflege in Schulen und Kursen.

Beim Diensteintritte wurden die Rekruten einer strengen sanitarischen Musterung unterworfen, um alle Leute auszuscheiden, welche entweder von Folgen überstandener Grippe nicht vollständig hergestellt oder aus andern Gründen nicht voll diensttauglich waren.

Der Gesundheitszustand der Truppen war ein guter und die Zahl der Infektionskrankheiten eine sehr geringe.

3. Militärversicherung.

Geschäftstätigkeit.

I. Behandlungsfälle.

1919 303 6 968

Wehrmäimer 1920 240 -- 63 5 644 -- 1 324

Es w u r d e n v e r p f l e g t : Im Militärspital Thun In Zivilspitälern Militärsanatorien inkl. Bekonvaleszentenstationen Nur Mil.-Sanatorien (3486) . . .

In häuslicher Behandlung . . . .

Zusammen

4.157

2058

-- 2099

3,143 14.57Ì

2,726 10,668

-- 417 -- 3,903

Anzahl der Pflegetage: In Zivilspitälern inkl. Militärspital Thun .

In Militärsanatorien.

In häuslicher Behandlung . . . . .

Zusammen

381,678 282958 175,000 839,636

191,650 170782 226,540 588,972

--190,028 -- 112176 + 51,540 --250,664

Am 81. Dezember 1920 befanden sich noch in Bundespflege: In Zivilspitälern inkl. Militärspital Thun . .

299 Mann In Militärsanatorien 412 » ' In häuslicher Behandlung 786 » Zusammen 1497 Mann gegenüber 2085 Mann am 81. Dezember 1919.

462 Im Jahre 1920 wurden uns neu gemeldet von denen abgelehnt werden mussten. . .

und noch unentschieden blieben

5070 Fälle 89 48 137

die restlichen verteilten sich in: Militärsteuer-Befreiungsgesuche in alte im Berichtjahr erledigte Fälle. . .

in Pensionsfälle in diverse Entschädigungsgesuche . . . .

in Neuerkrankungen

" 4933 Fälle

551 69 21 8 4284 4933 Fälle

Von diesen 4284 neuerkrankten Militärpatienten stammte eine sehr erhebliche Zahl aus den Bewachungstruppen. Es erkrankten im Dienst 3271 und nach dem Dienst 1013 an folgenden, in 5 Kategorien ausgeschiedenen Krankheiten: I. Tuberkulose und andere Lungenkrankheiten . 799 II. Magen-, Darm- und Nierenleiden, H e r z k r a n k heiten 596 III. Infektionskrankheiten 1271 IV. Nervenleiden 144 V. Diverse (Unfälle, Blutkrankheiten etc.) . . . 1474 Zusammen 4284 An T o d e s f ä l l e n hatten wir im Berichtjahre zu verzeichnen: 145 Fälle (gegenüber 160 im Vorjahre). 105 Todesfälle sind auf tuberkulöse Affektionen zurückzuführen.

Bis zum 31. Dezember 1920 wurden eingereicht und behandelt an Militär s t euer-Befreiungsgesuchen: 154 aus den Jahren 1914 bis 1919, 551 aus dem Jahre 1920, zusammen 705, wovon 541 in zustimmendem Sinne an dio kantonalen Militärdirektionen weitergeleitet werden konnten.

II. Sanatoriumsdienst.

In den Militärsanatorien, deren Zahl im Laufe des Jahres infolge Aufhebung von Beatenberg (auf Ende Atigust) von 7 auf 0 reduziert wurde, sind 2058 Patienten verpflegt worden mit zusammen 170,782 Pflegetagen. Der Durchschnitt beträgt 83 Pflegetage pro Mann (gegen 80 im Vorjahr).

463

Verpflegt wurden in: Wehrmänner Pflegetage Arosa 530 50,639 Baden 164 '8,255 Beatenberg (bis Ende August) 251 13,308 Davos 140 13,136 Locamo (Juli und August geschlossen) . . . . 156 9,365 Leysin 467 41,851 Seeburg . 350 34,228 Zusammen pro 1920 2058 170,782 gegenüber pro 1919 3486 282,958 Die Kurkosten -- exklusive Krankengelder -- betrugen Franken 2,209,332. 32.

III. Pensionswesen.

Im Jahre 1920 sind eingereicht worden: Hinterlassenenpensionsgesuche Invalidenpensionsgesuche

272 406

Zusammen 678 Die eidgenössische Pensionskommission erledigte in 14 Sitzungen 316 Fälle von Invaliden und 183 Fälle von Hinterlassenen, total 499, gegen 1676 von 1919.

Eekurse: 145, prozentual = 29,05 % gegen 584 = 34,8o % von 1919.

Es verteilen sich die von der Pensionskommission behandelten Fälle wie folgt: In Fällen von

. , ...

Invaliden

316

Eltern und Geschwister

+

90

499 Im fernem wurden behandelt: Revisionen und Mutationen Auskaufsgesuche Wiedererwägungs- und Erhöfaungsgesuche . . . .

Fälle nach Pensionsgesetz von 1874 Zusammen

Witwen und Kinder

+

93 1919 1920 181 218 12 10 10 25 15 15 218 268

Von diesen 268, von der eidgenössischen Pensionskommission im Jahre 1920 behandelten Fällen von Revisionen und Mutationen, Auskaufsgesuchen, Wiedererwägungs- und Erhöhungsgesuchen, Fällen

464

nach Pensionsgesetz, wurden alle gernäss den Anträgen der Militärversicherung behandelt, ausser einem Gesuch um Erhöhung der Abfindungssumme, welches abgelehnt wurde.

IV. Exkurse.

Eekurse beim eidgenössischen Versicherungsgericht.

a. In Behandlungsfällen: 1919 1920 Anzahl der Berufungen 569 380 Entscheide und Urteile.

Vom Gericht gutgeheissen, ganz oder teilweise . .

Vom Gericht abgewiesen Abgeschrieben infolge Anerkennung oder Bückzug b. In Pensionsfällen: Eekurse von Invaliden Eekurse von Hinterlassenen

Urteile.

Berufungen vom Gericht geschützt: In Fällen von Invaliden In Fällen von Hinterlassenen Berufungen vom Gericht abgewiesen: In Fällen von Invaliden In Fällen von Hinterlassenen

54 Fälle 52 » 74 » 180 Fälle

101 Fälle 44 » Im Jahre 1920 ' 145 » 1919 584

51 101 152 36 80

lïë" Zusammen 268 Fälle 4. Eidgenössisches Armee-Sanitäts-Magazin in Bern.

Die Zahl der vom Armeesanitätsmagazin ausgeführten Materialspeditionen von Sanitätsmaterial beträgt 1576 gegen 2185 im Vorjahre, naturgemäss eine Abnahme, da mit Ausnahme der Bewachungskompagnien keine Truppen regelmässig mehr im Dienste standen und auch keine Wiederholungskurse stattfanden. Gleichwohl waren die zu bewältigenden Arbeiten wesentlich vermehrt durch den Abbau

465 der Bewachungstruppen und deren sam'tätsdienstlichen Einrichtungen und die Sortierung und Instandstellung des von diesen zurückgesandten Sanitätsmaterials.

Mit Sanitätsmaterial mussten teilweise neu ausgerüstet werden die fahrenden Mitrailleur-Abteilungen, ferner musste das Sanitätsmaterial der 10 Militärsanitätsanstalten in verschiedener Beziehung noch ergänzt und erweitert werden. Das gleiche gilt für sämtliche Arzttaschen des Korpsmaterials und für das Material der Platzärzte.

Ausserordentliche Bereitstellungen und Speditionen von Sanitätsmaterial verursachte die Versorgung der Militärsanatorien, Quarantänestationen und die von der Abteilung für Transporte organisierten Waren' und Emigrantenzüge mit Sanitätsmaterial (Arzneimittel, Desinfektionsmittel u. a.).

Aus dem gesamten Korpssanitätsmaterial wurden, soweit noch vorhanden, die nicht haltbaren Arzneien zurückgezogen, um auch in dieser Beziehung die für Friedenszeiten geltenden Zustände wieder herzustellen. Die für die obligatorische Pockenschutzimpfung notwendige Vaccine wurde bereitgestellt, sachgemäss gelagert und an sämtliche Eekrutenschulen abgegeben.

Im Laboratorium sind ausgeführt worden: Prüfungen von Maximalfieberthermometern 4960; Analysen von Chemikalien, Arzneimitteln, Verbandstoffen und Desinfektionsmitteln 50.

Im Monat Februar erfolgte der Umzug des Armeesanitätsmagazins aus den ungenügenden Bäumlichkeiten an der Spitalackerstrasse nach der Baracke B an der Blumenbergstrasse. In den neuen Bäumlichkeiten ist es seit langen Jahren zum ersten Male möglich, die Beserven an Sanitätsmaterial sachgemäss und in guter Ordnung zu lagern. Manche vorgekommene ernstliche Unannehmlichkeit in bezug auf den Nachschub an Sanitätsmaterial, ganz besonders während der Kriegsmobilmachung oder Grippezeit, hätte sehr wahrscheinlich vermieden werden können, wenn die bessere Unterbringung des Armeesanitätsmagazins früher hätte erfolgen können.

III. Teterinärwesen.

1. Veterinärdienst.

Zu ausserordentlichen Dienstleistungen sind 51 Veterinäroffiziere kommandiert worden. Überdies kamen in Schulen und Kursen 32 Zivilpferdeärzte zur Verwendung.

466

Der Gesamtkrankenbestand belief sich auf 2470 Pferde. Dabei sind die in Schulen und Kursen sowie später noch in einer Kuranstalt oder bei einem Zivilpferdearzt behandelten Pferde nur einmal gezählt. Ausserdem sind in der vorerwähnten Zahl 2750 im KavallerieEemontendepot behandelte Eemonten-, Depot- und Beobachtungspferde, sowie 271 ausser Dienst behandelte Regiepferde nicht inbegriffen.

Dienstlich wurden behandelt: a. in Schulen und Kursen 2470 Pferde b. in Kuranstalten 657 » c. bei Zivilpferdeärzten 25 »

2. Bezahlte Entschädigungen.

a. Für 9 umgestandene Pferde Fr. 23,600 b. für 42 übernommene, zum Abschlachten verkaufte oder versteigerte Pferde » 69,310 Erlös aus denselben Fr. 22,950 Verlust an denselben (an a und b zusammen) . . Fr. 69,960 c. an Abschätzung für 561 Pferde » 62,304 d. an Kurmietgeld für die Kuranstaltspferde . . . » 24,626 e. an Behandlungskosten für die Kuranstaltspferde und 25 von Zivilpferdeärzten behandelten Pferde » 175,601 Die in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember für umgestandene und übernommene Pferde, für Abschätzungen und Kuranstaltskosten erwachsenen Gesamtauslagen betragen somit total F r a n k e n 332,491.

Ausser den angeführten Beträgen wurden im gleichen Zeiträume noch für im Mittel 80 rationsberechtigte Offiziere (von Truppenkommandanten und Generalstabsoffizieren) Fr. 153,271 an Wartungsgebühren und Futtervergütungen für wirklich gehaltene Dienstpferde zur Zahlung angewiesen (1919 für im Mittel 108 Offiziere Fr. 186,265. 50).

IV. Oberkriegskommissariat.

a. Kommissariatswesen.

1. Verpflegung.

Auf den ständigen W a f f e n p l ä t z e n stellen sich die Preise im Durchschnitt wie folgt:

467 1919

1 kg Brot 1 » Fleisch 100 » Hafer 100 » Heu 100 » Stroh Eationsvergütung für die rationsberechtigten Offiziere id.

1920

Fr. -- . 64,583 Fr. -- . 69,514 » 4. 38 » 4. 06 »61.83 »53.30 » 25.75 » 25.83 »18.66 »14.50 »

4. 50 » 4. 50 (Vom 1. Januar bis 31. Juli.)

(Fr. 4. -- vom 1. August bis 31. Dezember.)

Die Tagesportion betrug im Berichtjahr pro Mann: a. im Instruktionsdienst: Brot Fleisch Entschädigung für Gemüse, Milch, Käse, Salz, Kochholz etc

650 g 320 g 65 Rp.

b. bei der M o b i l m a c h u n g : Vom I.Jan, bis 6. Mai Vom 7. Mai bis 3 I.Dez.

Brot 300g 600g und Ersatz für 300 g Brot, bestehend aus : Kartofl'eln , Grüngemüse oder andern Ersatzmitteln im Werte von 20 Rp.

Fleisch 300 g 300 g frische Milch 3 dl t ode|02dl |TMch j 3dl gerösteter Kaffee . . . .

20 g \ koiade. / 15 g Trockengemüse (Eeis, Bohnen, Erbsen, Teigwaren, Mais, Gerste usw.) . . . 150 g 150 g Salz und Gewürze nach Bedarf; c. für die B e w a c h u n g s t r u p p e : Vom 1 . Januar bis zur Auflösung Im Hochgebirge Brot 500g 600g Fleisch 200 g Vergütung für Gemüse und Holz Fr. 1. 50 Extrazulage für aufgelöste Kompagnien 10--40 Ep.

468

d. Die Mundportionsvergütung für Militärs, die sich an keinem Truppenhaushalt beteiligen konnten, betrug Fr. 2 pro Tag.

e. Die Entschädigung an Gemeinden für d-ie Mobilmachungsverpflegung, einschliesslich des für die Zubereitung erforderlichen Brennmaterials, betrug: Vom 1. Januar bis 6. Mai . . Fr. 2. --· pro Tagesportion Vom 7. Mai bis 31. Dez »2.20 » » Die Futter ration betrug pro Pferd und pro Tag: vom 1. Januar bis 31. Dezember: Hafer kg 4y2

für Pferde

Heu Futterstroh kg kg 5 3

für Maultiere 2 4 3 Ab 3. August wurde die Haferration für Dienstpferde in allen Wiederholungskursen, sowie für eine bestimmte Zeit der Bekrutenschulen und für die Kaderschulen auf 5 kg pro Tag erhöht, die Haferration für die Eemonten während der Dressurperiode auf 5% kg.

Als Stallstreue wurde, solange die Vorräte ausreichten, Torfstreue abgegeben, und zwar 12 kg pro Pferd und pro Woche.

Bezüglich der Lebensmittelvorräte des eidgenössischen Oberkriegskommissariates ist zu bemerken, dass der Bedarf der Militärschulen und -kurse nicht genügte, um die zum grössten Teile noch aus der Kriegsmobilmachungszeit stammenden Verpflegungsmittel rechtzeitig umzusetzen.

Im Inland wurden diese Vorräte nicht begehrt. Dagegen gelang es dem Oberkriegskommissariat, in Verbindung mit dem eidgenössischen Ernährungsamt, die nachbezeichneten Verkäufe ins Ausland abzuschliessen :

Deutsch-österreichische Lebensmitteleinfuhrstelle in Wien . .

Ernährungsamt, Paketversand .

Ernährungsamt, Kinderhilfskomitee Hilfskomitee für die hungernden Völker Konfiserie- und Biskuitfabrik Bern Internationales Botkreuz, Stettin Zusammen

Fleischkonserven Portionen

Portionen

Suppenkonserven Portionen

48,700

600,000 2,000

150,000 600

---

80,000

--

--

21,700

8,000

10,000

25,000 --

--

58,700

728,700

158,600

Zwieback

469

Deutsch-österreichische Lebensmitteleinfuhrstelle, Wien . .

Ernährungsamt, Paketversand .

Hilfskomitee für die hungernden Völker Zusammen Erbsmehl q

Deutsch- österreichische Lebensmitteleinfuhrstelle in Wien . . . 600 Hilfskomitee für d. hungernden Völker . . 10 Zupnik, Wien . . . . -- Ernährungsarnt Mono . -- Ernährungsamt . . . . -- Zusammen 610

Reis

HeferflockePollgersteA

q

q

q

1000 --

1900 50

800 15

900 --

-- 1000

20 1970

55 870

15 915

q

Kichererbsen 1

Dörr- Kartoffel- Juobst mehl lienne q q q

Kondensmilch Büchsen

1800

821

--

--

279,000

-- -- -- ' -- 1800

-- -- -- 12 833

-- --

-- -- --

11,700 14,400 · -- -- 305,100

150 -- 150

318 318

Anschaffungen von Zwieback, Fleisch- und Suppenkonserven wurden nicht gemacht, und andere wichtige Proviantartikel wurden, soweit der Vorrat erschöpft war, nur für den laufenden Bedarf, zumeist aus den Vorräten des eidgenössischen Ernährungsamtes angekauft. Das trifft ausschliesslich zu für die Ergänzung der Hafervorräte.

Von den auf den Mobilmachungsplätzen magazinierten Notportionen wurde ein Teil in die eidgenössischen Armeemagazine zurückgenommen.

Heu und Stroh. Das eidgenössische Oberkriegskommissariat war auch im Jahre 1920 gezwungen, futternotleidenden Kantonen Heu und Stroh zu verschaffen. Die Versorgung erfolgte zum Teil aus den Vorräten der eidgenössischen Armeemagazine, zum Teil ab Schweizergrenze aus den noch im Jahre 1919 in Italien und Jugoslawien abgeschlossenen, aber noch nicht restlos ausgeführten Heuankäufen.

Mit Ausnahme einer speziellen Vertragslieferung von Heu aus Italien für die Versorgung der Kantone Freiburg und Tessin im Frühjahr 1920, wurde im Berichtjahre der Bedarf an Heu und Stroh für die Militärverwaltung ausschliesslich im Inland gedeckt. Die Heubeschaffung aus Italien war fortgesetzt mit erheblichen Schwie1 rigkeiten verbunden; einige Anstände sind noch jetzt nicht erledigt.

R

<""-te

470

Es wurden für die Zivilversorgung abgegeben: 1. ab eidg. Armeemagazinen 2. ab Schweizergrenze Zusammen

Heu

Stroh

3,390 q 29,444 q 82,884 q

6751 q -- 6751 q

2. Magazinwesen.

An erheblichen Veränderungen am Bestände der Magazine sind folgende zu erwähnen: 1. Der Heuschuppen am Bahngeleise der Station MüllheimWigoltingen wurde, weil entbehrlich geworden, mit Kaufbrief vom 5. Oktober 1920 für Fr. 20,000 verkauft.

2. Die am 1. Februar 1919 vom Etappendienst übernommenen Magazine in Bothkreuz und auf dem Triebschenmoo^ in Luzern wurden im Laufe des Jahres 1920 liquidiert.

3. Zur richtigen Unterbringung der zahlreichen Fuhrwerke und der zwei Motorlastwagen, welche dem Magazinbetrieb dienen, wurde dem Getreide- und Proviantmagazin der eidgenössischen Armeemagazine in Thun ein Fuhrwerk- und Autoschuppen mit Dienstwohnung für die Magazinverwaltung angebaut.

3. Kasernenwesen.

In Bière wurde ein Gebäude für Wäscherei mit Wäsche- und Tröckneräumen in Angriff genommen; auf Jahresschluss war das Gebäude unter Dach. Auf den übrigen eidgenössischen Waffenplätzen sind einige bauliche Verbesserungen und untergeordnete Herstellungsarbeiten ausgeführt worden.

4. Ausländische Militärpensionen.

An Pensionen, von neapolitanischem und römischem Dienste herrührend, sind uns zuhanden der berechtigten Pensionäre Franken 2810.10 zugekommen.

Auf Ende 1920 waren noch 8 pensionsberechtigte Personen vorhanden.

b. Lehrerstellvertretung und c. Notunterstützung.

Über die Verwendung der Kredite wird in gewohnter Weise im Berichte zur Staatsrechnung Auskunft gegeben.

Die Notunterstützungen, die auf den Bewachungsdienst zurückzuführen sind, fallen zu Lasten des Kontos «Bewachungstruppen».

V. Kriegsmaterial.

A. Neuanschaffungen.

(Kriegstechuische Abteilung.

Über die Tätigkeit der kriegstechnischen Abteilung liegt ein Spezialbericht bei den Akten.

47t

B. Unterhalt.

(Kviegsmaterialvcrwaltung.)

1. Bewaffnung.

Es wurden in diesem Jahre zum ersten Male wieder seit 1914 geuiäss Art. 99 und 100 MO gemeindeweise Inspektionen für alle 3 Heeresklassen durchgeführt. Infolge der Grippe im Frühjahr und der später sehr stark ausgebreiteten Maul- und Klauenseuche konnten in den meisten Kantonen diese Inspektionen nur zum Teil vorgenommen werden. Da im Jahre 1920 nur der Jahrgang 1898 zu Wiederholungskursen einberufen werden sollte, die übrigens dann infolge der Maul- und Klauenseuche ebenfalls in der Hauptsache wegfielen, so war die Zahl der Inspektionspflichtigen eine sehr grosse. lin allgemeinen war das Resultat dieser Inspektionen ein befriedigendes.

Zum ersten Male seit 1915 konnte wieder den im Laufe des Jahres neuernannten Offizieren und unberittenen hohem Unteroffizieren die Pistole verabfolgt werden. Dagegen erlaubten die Bestände es noch nicht, mit der Umbewaffnung derjenigen Offiziere und unberittenen höhern Unteroffiziere zu beginnen, die seit 1915 mit dem Eevolver hatten ausgerüstet werden müssen.

2. Persönliche Ausrüstung.

Erstmals wurden nun im Jahre 1920 in Anwendung des Bundesbeschlusses vom 5. April 1919 sämtliche Rekruten direkt auf die Waffenplätze aufgeboten und in den dortigen Zeughäusern nicht nur, wie während des Aktivdienstes, eingekleidet, sondern auch ausgerüstet und bewaffnet. Selbstverständlich muss sich diese Neuerung, bei der es sich übrigens vorläufig nur um einen Versuch handelt, wie jede andere erst einleben und ist noch einiger Verbesserungen fähig. Im allgemeinen jedoch hat sie sich bewährt.

Durch Bundesbeschluss vom 11. Februar 1920 wurde die Grundlage für die Berechnung dei: vom Bund den Kantonen für die Instandstellung und den Unterhalt der gebrauchten Bekleidung und Ausrüstung zu zahlenden Entschädigung geändert. Statt dass, wie bis dahin, dieselbe prozentual zum Wert der Rekrutenausrüstung bemessen wird, wird den Kantonen nunmehr ein Betrag von Fr, 4 für jeden im Auszug, Landwehr und Landsturm eingeteilten Wehrmann, dür dessen Ausrüstung sie zu sorgen haben, entrichtet. Der Betrag von Fr. 4 ist allerdings unter der Voraussetzung bestimmt worden, dass im Jahre 1920 Wiederholungskurse stattfinden. Diese sind dann bekanntlich weggefallen; nichtsdestoweniger haben wir die Auszahlung des ganzen Betrages angeordnet. Für das Jahr 1920
hat dies eine Ausgabe von Fr. 1,306,624 ausgemacht.

Durch den Bundesbeschluss betreffend militärische FussbeMeidung vom 11. Februar 1920 wurde die Schuhabgabe neu geregelt und dem Friedensverhältnis angepasst. Neu gegenüber den

472 vorkriegszeitlichen Bestimmungen ist namentlich die Vorschrift, dass jeder Eekrut ein Paar Schuhwerk, je nach seiner Einteilung Marsch- oder Bergschuhe oder auch Stiefel, unentgeltlich erhält.

Dagegen hat der Wehrmann später nur noch auf einen einmaligen Bezug von Schuhen der nämlichen Art, wie die unentgeltlich bezogenen, zu herabgesetztem Preise Anspruch; und zwar nach 85 Diensttagen für Marsch- und Bergschuhe und 100 Diensttagen für Stiefel.

Überdies können die Wehrmänner jederzeit zu dienstlichem Gebrauch Ordonnanzschuhe zum Tarifpreis erwerben. Der Tarifpreis wurde festgesetzt auf -Fr. 38 für Marschschuhe, Fr. 48 für Bergschuhe, Franken 65 für Kavalleriestiefel, der herabgesetzte Preis auf Fr. 22 für Marschschuhe, Fr. 28 für Bergschuhe, Fr. 38 für Kavalleriestiefel.

Es wurde von 262 neuernannten Offizieren von der Vergünstigung zum Bezug einer Mannschaftsuniform, bestehend aus l Waffenrock, l Paar Eeithosen ohne Besatz, l Paar Wadenbinden und l Käppi zum Vorzugspreise von Fr. 100, gemäss Bundesratsbeschluss vom 11. Oktober 1918 betreffend vermehrte Leistungen des Bundes bei der Ausrüstung der Offiziere, Gebrauch gemacht. Es handelte sich hierbei im wesentlichen um einen Teil der im Jahre 1919 ernannten 432 Offiziere, so dass also 65 % der neu ernannten Offiziere sich diese Vergünstigung zunutzen gemacht haben. Überdies sind noch 285 Bestellungen von Offizieren zur Lieferung von einzelnen Bekleidungsgegenständen zum Tarifpreise eingegangen und ausgeführt worden. .

3. Korpsmaterial.

Zeugliausbetriéb und Materialunterhalt.

Im Berichtjahre wurden folgende Zeughausneubauten bezogen: In Sitten ein Neubau für das Korpsmaterial eidgenössischer Einheiten jenes Korpssammelplatzes und in Bülach ein Zeughatis für Schulmaterial. Zu Beginn des Jahres konnte auch die neue Zeughausanlage in Bergün übernommen werden. Dadurch erfolgte eine Entlastung des Zeughauses in Bevers.

Der Bezug der neuen Munitionsmagazine in der Binachtfluh bei Altdorf konnte in der Hauptsache zu Ende geführt werden, was die Bäumung der im Verlaufe der Kriegsjahre im Zentralraume, bei Näfels und bei Ölten, erstellten Munitionsnotschuppen erlaubte. Von diesen wurden die kleinern, die für die Lagerung von anderm Material nicht in Betracht fallen konnten, verkauft; die grössern Schuppen bei Goldau, Seewen, und Altdorf dienen
nunmehr der Magazinieruug von Reservefuhrwerken, wahrend diejenigen bei Näfels zur Aufnahme von Sanitätsbaracken Verwendung finden sollen. Infolge der Dislokation einer grossen Zahl von Reservefuhrwerken in die vorerwähnten ehemaligen Munitionsschuppen konnten wiederum mehrere grössere Mietobjekte in der Zentralschweiz gekündigt werden.

473

In den Zeughäusern der Korpssammelplätze handelte es sich infolge des Nichtstattfindens der Wiederholungskurse nur um den normalen Unterhalt des Korpsmaterials. Diese Arbeiten wurden mit einem Minimum an Personal durchgeführt. Wesentlich anders gestalteten sich die Verhältnisse in denjenigen Zeughäusern, in welchen ausser dem Korps- und Schulmaterial die grossen Materialreserven untergebracht sind. Dort musste vieles, das bei den grossen Ablieferungen während der Kriegsjahre nur provisorisch unter Dach hatte gebracht werden können, neu geordnet und frisch magaziniert werden.

Aber auch in diesen Zeughäusern konnten die Personalbestände nach und nach reduziert werden. Das eidgenössische Zeughaus Kriens besorgte die Ausrüstung der Bewachungstruppen sowie den Materialnachschub an diese, übernahm den Eückschub und erstellte die bezüglichen Abrechnungen.

4. Munition.

Die Lieferung von Munition an Schulen und Kurse gibt zu 'keinen besondern Bemerkungen Anlass. Das Abrechnungsverfahren wurde neu geordnet; die den Kriegsbeständen zur Abgabe an Schulen und Kurse und als Gratismunition für das freiwillige Schiesswesen entnommene Munition wird nunmehr zu 30 % der Tarifpreise, d. h.

zum Inventarwert, verrechnet, in den Kriegsbeständen durch Neufabrikation jedoch nur soweit ersetzt, als der Erlös des Vorjahres hierzu ausreicht.

An das Schiesswesen ausser Dienst wurde die im Schiessprogramm von 1913 vorgesehene Gratismunition geliefert und ferner Munition zu den reduzierten Preisen von 5 Eappen die Patrone 90/03,10 Eappen die Patrone 11 und 8 Eappen die Eevolver- und die Pistolenpatrone kaufweise abgegeben. Schützenfeste, Ehr- und Freischiessen und andere derartige Anlässe mit nicht genehmigtem Schiessplane erhielten die Munition zu den Tarifpreisen.

Es gelangten an das Schiesswesen ausser Dienst zur Abgabe: 1919

1920

Gewehrpatronen 90/03 2,790,925 6,791,299 Gewehrpatronen 11 13,544,518 25,468,878 Pistolenpatronen 583,420 1,001,480 Eevolverpatronen 187,631 318,686 Die Lieferungen erfolgten durch die Zeughäuser. Der Verkauf durch die patentierten Munitionsverkäufer blieb auch im Bericht jähre sistiert.

An Metzger und Schlachthäuser wurden zu Schlachtzwecken durch das eidgenössische Munitionsdepot Thun verkauft: Pistolenpatronen 2,520 Eevolverpatronen . .

146,840

474

TI. Abteilung für Landestopographie.

Die aus finanziellen Gründen im Jahre 1919 ihren Anfang nehmenden zahlreichen Übertritte von Ingenieuren und Geometern in den Dienst anderer, bessere finanzielle Bedingungen gewährender Verwaltungen und in die Privattätigkeit haben sich bis zum Frühjahr 1920 fortgesetzt. Der Abgang betrug in den 18 Monaten vom 1. April 1919 bis 30. April 1920 2 Topographen und 7 (44 %) Geodäten. Infolge dieses starken Abganges an eingeübtem und des Ersatzes durch ungeübtes Personal, z. T. auch infolge der für Triangulationsarbeiten ausserordentlich ungünstigen Witterung ist die Jahresleistung des Vermessungsdienstes wesentlich unter derjenigen normaler Jahre geblieben. Das Jahr 1920 war in dieser Hinsicht das ungünstigste des vergangenen Jahrzehntes. Das Auftreten der Maul -und Klauenseuche zwang zu zahlreichen Verschiebungen des Vermessungspersonals und beeinflusste dadurch das Ergebnis der Feldarbeit ebenfalls sehr nachteilig.

A. Sektion für Geodäsie.

1. Triangulation m. Ordnung.

Die Triangulation der 2 Kantone Schwyz und Glarus ist beendet und den Kantonen abgeliefert. Damit ist bis Ende 1920 die Triangulation von 8 Kantonen abgeliefert.

Diejenige der Kantone Zug, Freiburg, Waadt, Baselland, Baselstadt, Solothurn, Aargau, Obwalden, Nidwaiden und Genf ist dem Abschluss nahe und wird 1921 beendet werden. St. Gallen und Uri sind in Bearbeitung. Die Feldarbeiten sind in der Hauptsache für alle Kantone beendet, ausser für Tessin, Graubünden, Bern, Wallis und Neuenburg.

Es sind 1920 (1919) 270 (275) Punkte rekognosziert, 279 (355) versichert und signalisiert und 221 (413) beobachtet worden. Die Neutriangulation erstreckt sich Ende 1920 auf 92 % der Bodenfläche der Schweiz.

2. Landesnivellement.

Im Berichtjahre sind die Strecken Delsberg-Delle, Brig-GletschHospenthal und1 Gletsch-Grirnsel-Brienz, zusammen 167 km (1919 212 km), nivelliert worden. Ende 1920 sind 87 % des Landesnivellements ausgeführt.

Die Strecken Castione - Bernardino - Splügen-Beichenau und Süs-Flüela-Klosters, total 163 km, wurden durch Setzen von 137 neuen und die Kontrolle von 244 Punkten früherer Nivellemente für das 1921 auszuführende Nivellement vorbereitet.

Die Gebrauchshöhen der nivellierten Linien Göschenen-Bellinzona-Chiasso-Locarno-Brissago-Landesgrenze und Andermatt-Oberalp-Chur-Sargans sind bereinigt worden. Bis 1920 sind die Höhen für S Kantone veröffentlicht worden, für 3 Kantone sind sie in Arbeit.

475 3. Grundbuchtriangulation IV. Ordnung.

Die Triangulation IV. Ordnung durch die Kantone, die in den letzten Jahren stark zurückgeblieben war, scheint, wohl infolge Erhöhung der Bundessubventionen, wieder im Zunehmen begriffen zu sein.

Von der Landestopographie konnte die Genehmigung und Subventionierung von 19 (1919 8) geprüften Triangulationen mit 2668 (1608) Punkten beantragt werden. Sie verteilen sich auf die Kantone Zürich, Freiburg, St.. Gallen, Aargau, Thurgau, Waadt und Wallis.

Im Kanton Tessin hat die Landestopographie gemäss abgeschlossenem Vertrag die Triangulation IV. Ordnung weitergeführt und die Feldarbeit der 3 Gruppen Malcantone, Airolo, Piano di Magadino mit 370 Punkten erledigt. Zum Abschluss gelangten die Operate Taverne, Gordola, Capriasca, Gambarogno, Locamo, Chiasso.

Im Kanton Wallis wurde durch die Landestopographie die Feldarbeit der Gruppe St-Maurice (Bekognoszierung, Signalisierung, Beobachtung von 116 Punkten) beendet und die Berechnungen zu 2 /8 ausgeführt.

4. Sekundäre Nivellemente.

Für Zwecke der Triangulation III. Ordnung und des Amtes für Wasserwirtschaft wurden die Nivellemente der Strecken Col des Boches-Saut du Doubs, La Chaux-de-Fonds-Biaufond, NoirmontLa Goule und Saignelegier-Goumois, zusammen 36,5 km, ausgeführt; mit finanzieller Unterstützung der Kantone für Zwecke der Triangulation III. und IV. Ordnung, des Amtes für Wasserwirtschaft und für allgemeine technische Zwecke die Strecken Biasca-OlivoneLukmanier-Disentis, Lugano-Agno-Ponte Tresa-Fornasette und AgnoBioggio-Taverne, zusammen 114 km, nivelliert.

5. Spezialarbeiten.

Auf Ansuchen von Behörden und Unternehmungen sind ausgeführt worden: Für die Stadt Luzern die Kontrolle des Präzisions nivellements in Engelberg zur Feststellung allfälliger Senkung von Gebäuden infolge von Grundwasserentnahme für das Elektrizitätswerk Engelberg der Stadt Luzern; für die S. B. B. ein Präzisionsnivellement längs des Druckstollens des Bitomwerkes ; für die Bündner Kraftwerke eine trig.-polygon.-nivel. Aufnahme am Saaser Butsch; für die Elektrischen Unternehmungen Freiburg Deformationsfeststellungen (1. Beobachtung) an der Staumauer des Jogne-Werkes (Broc).

B. Sektion für Topographie.

Als Ersatz nicht mehr genügender Aufnahmen der Siegfried karte sind auf 3 Blättern 1:25,000 10,5 km2 und auf 2 Blättern 1:50,000 81,4 km2, total 91,9 km2, neu aufgenommen worden.

Buodesblatt.

73. Jahrg.

Bd. U.

32

476

45 weitere Blätter dieser Karten sind revidiert oder nachgetragen worden.

Durch eine Photogrammetergruppe wurden ausgeführt: Kontrollaufnahmen bei Eüschegg für die Untersuchungen über Fehler toleranzen der Grundbuchübersichtspläne; die Aufnahme des Übersichtsplanes der Gemeinde Erlenbach (i. S.); Aufnahmen im Bergell über 292 km2 für die topographische Karte 1:50,000.

Die der Landestopographie übertragene Verifikation der Aufnahme von Grundbuchübersichtsplänen erstreckte sich auf 11 Gemeindepläne im Massstab l : 5000 mit einem Areal von 114,9 km2 und l Gemeindeplan im Massstab l : 10,000 mit einem Areal von 11,2 km2.

Für die Juragewässerkorrektion wurde die Leitung und Verifikation der Aufnahme des «Grossen Mooses» (Kt. Bern und Freiburg) im Massstab 1:5000 über eine Bodenfläche von 62,1 km2 ausgeübt, für die Abteilung für Artillerie die Leitung und Verifikation der Aufnahme dés Übersichtsplanes des Waffenplatzes Bière l : 10,000 von 6;1 km2 Fläche.

Die Berechnungsarbeiten für die Aufstellung der Genauigkeitsforderung für Situations- und Höhendarstellung bei den Originalübersichtsplänen sind so weit gefördert worden, dass sie im Frühjahr 1921 zum Abschluss kommen werden.

['':

: C. Sektion für Kartographie.

Nachstehend verzeichnete Karten sind für die Reproduktion redaktionell bearbeitet bzw. die Stichvorlagen ausgeführt worden: Karten 1:25,000 und 1:50,000 48 Blätter » 1:100,000 14 » Spezialkarten 16 » Zusammen 78 Blätter D. Sektion für Reproduktion.

1. Von der Stich- und L i t h o g r a p h i e a b t e i l u n g w u r d e n bearbeitet: 1:25,000 und 1:50,000 Neustiche beendet 3 Blätter l : 25,000 und l : 50,000 Neustiche nicht beendet . . .

6 » 1:25,000 und 1:50,000 Stich von Nachträgen beendet 53 » 1:25,000 und 1:50,000 l Kilometerkoord.-Netz . . . 242 » 1:25,000 und 1:50,000 Aufstich beendet 23 » 1:100,000 Nachträge l » 1:200,000 Nachträge der Ausgabe 4 4 » Verschiedene Massstäbe, Spezialkarten, vollendet . . 16 » Zusammen 348 Blätter (Das l Kilometerkoordinaten-Netz ist auf allen Stichplatten der Karte 1:25,000 eingetragen).

477

2. Die Kartendruckerei erstellte folgende Neuausgaben: 1:25,000 und 1:50,000 Einzelblätter 169 Blätter 1:25,000 und 1:50,000 Zusammengesetzte Umdrucke.

4 » 1:50,000 l Kilometerkoordinaten-Netz 57 » 1:100,000 Einzelblätter 8 » 1:100,000 Zusammengesetzte Umdrucke l » 1:100,000 Zusammengesetzte Umdrucke: l Kilometerkoordinaten-Netz 10 » Verschiedene Massstäbe, Spezialkarten, vollendet . . 93 » Zusammen 337 Blätter (Das l Kilometerkoordinatennetz ist auf allen zusammengesetzten Umdrucken der topographischen Karte l : 100,000 eingetragen).

Sie lieferte (einschliesslich 10,000 Bogen Postwertzeichen hoher Taxen) 333,193 Abzüge von Kupfer, Stein und Aluminium, welche 1,228,662 Drucke erforderten.

3. Das photographische Eeproduktionsatelier erstellte: 502 Glas- und Papiernegative, 79 Übertragungen auf Druckplatten, 2806 Kopien verschiedener Art.

E.

Kartenverwaltung.

Die Abgabe von Karten und Drucksachen entspricht annähernd den normalen Vorkriegsjahren; sie übersteigt die Abgaben des Jahres 1913.

Verwendung der Karten und Drucksachen.

1. an Kantone, gemäss Verträgen .

2. an eidgenössische Behörden und Verwaltungen, gemäss Verfügungen des Militärdepartementes und für eigenen Gebrauch . . . .

Formulare für eigenen Gebrauch . .

3. an eidgenössische Behörden und Verwaltungen sowie an diverse für militärische, pädagogische, wissenschaftliche und gemeinnützige Zwecke, gemäss Verfügungen des Militärdepartements Übertrag

Mit Verrechnung

Ohne Verrechnung

Zusammen

3,655

2,376

6,031

-- --

3,287 17,282

3,287 17,282

4,778 8,433

-- 22,945

4,778 3Î7378

478

Übertrag

Mit Ver- Ohne Verrechnung rechnung 8,483 22,945

4. an die Armee, aktiver Dienst, Militärschulen und Kurse, direkt . . .

11,867 5. an das Publikum, direkt und durch die Depots und Verkaufsstellen. Karten und Kataloge . . '.

76,742 6. Freiexemplare an Diverse, gemäss Verfügung des Militärdeparternents -- Kataloge und Übersichtsblätter . .

-- 7. Karten auf Bestellung für verschiedene Zwecke, zu vereinbarten Preisen, an Diverse 255,627 Postwertzeichen (Bogen) 10,000 8. Ausrangiert und Austausch .

-- In 7855 Posten abgegeben zusammen 862,669

Zusammen 31,878

1,869

13,236

--

76,742

2,708 10,552

2,708 10,552

3,761 259,388 -- 10,000 20,849 20,849 62,184 424,853

Gegenüber dem Jahr 1919 ergibt sich ein +187,944 --9,158 +178,791 VII. Direktion der Pferderegieanstalt.

a. Pferderegieanstalt.

Der Inventarbestand der Pferde betrug: Ende 1919: 764 Pferde » 1920: 795 » somit 31 Pferde Vermehrung pro 1920.

Das Inventar weist folgende Mutationen auf: Zuwachs: 90 Ankauf von Eemonten, 2 Eegiefohlen, 14 Rückkäufe, 106 Pferde.

Abgang: 22 Verkauf an Offiziere, 46 Ausrangierungen, 7 Umstehen, 75 -- 31 Pferde Vermehrung wie oben.

479 Die kleine Zahl der an Offiziere verkauften Pferde rührt daher, dass der Verkauf immer noch auf rationsberechtigte Instruktionsoffiziere beschränkt ist.

Diensttage der Pferde. Das Total der bezahlten Diensttage der Pferde in Schulen und Kursen des Instruktionsdienstes sowie beim Grenzbewachungsdienst pro 1920 betrug 155,821 (1919: 114,965).

Die Diensttage verteilen sich auf die verschiedenen Waffengattungen wie folgt: Generalstabskurse 1,418 Zentralschulen 7,968 Infanterie 7,181 Kavallerie 150 Artillerie 112,139 Genie 4,483 Festungstruppen 3,166 Sanität .

8,410 Verpflegungstruppen 5,451 Veterinärtruppen 1,115 Bewachungstruppen 4,340 Zusammen wie umstehend 155,821 Unbezahlte Diensttage in Offiziersreitkursen 6,215 Kuranstaltstage:

für Eegiepferde 10,780 » Artilleriebundespferde u. Maultiere 562 » Lieferanten und Privatpferde 1,075 Zusammen 12,417 (1919: 7^486) Mietweise A b g a b e von P f e r d e n an O f f i z i e r e . Ausser der Verwendung der Eegiepferde in Unterrichtskursen sind im Berichtjahre an 633 Offiziere Pferde für berittenen Militärdienst abgegeben worden (1919: 583).

Freiwillige O f f i z i e r s r e i t k u r s e . Für 12 freiwillige Offiziersreitkurse sind im Berichtjahre 146 Eegiepferde zur Verfügung gestellt worden. Mehreren Gesuchen konnte nicht entsprochen werden, weil der für die Transportkosten vorgesehene Kredit erschöpft war.

E e m o n t e n a n k ä u f e . Im Jahre 1920 wurden angekauft: 90 Eemonten in Irland. Infolge Eeduktion der Ankaufskredite konnte unser Eemontenbedarf nicht in der vorgesehenen Weise ergänzt werden.

480

b. Depot der Artillerie-Bundespferde.

Bestand des Depots zu Beginn des Jahres . . .

Zuwachs: Ankauf im Februar/März 1920 . . .

Übernahme vom Depot der spanischen Importmaultiere (1. Mai 1920) . .

Abgang: Versteigert 47 Ausrangiert und vergütet . . .

l An die Verkäufer zurück . . . 2

Pferde

Maultiere

-- 51

-- --

--

5 5

50 -- Bestand auf 31. Dezember 1920 l -- Das verbleibende Artilleriebundespferd Nr. 46 wird auf das Jahr 1921 übertragen.

Die Verwendung der Artilleriebundespferde und Maultiere in Schulen und Kursen und ini Grenzbewachungsdienst pro 1920 ergab 9581 Diensttage.

c. Pferdelieferung.

Mit dem 1. Januar 1920 hat die Friedenspferdelieferung, welche seit August 1914 während der Dauer des Aktivdienstes durch das Eequisitionsverfahren abgelöst wurde, ihre Tätigkeit wieder aufgenommen.

Es wurden, wie früher, drei L i e f e r u n g s k r e i s e gebildet, mit folgender Begrenzung: Ostschweiz, umfassend die Kantone Aargau, Basel, Zürich, Schwyz, Schaffhausen, Thurgau, St. Gallen, Appenzell, Glarus, Zug und Graubünden.

Zentralschweiz, umfassend die Kantone Bern, Luzern, Uri, Unterwaiden, Tessin, Oberwallis, Solothurn und Freiburg (deutscher Teil).

Westschweiz, umfassend die Kantone Waadt, Neuenburg, Genf.

Unterwallis und Freiburg (französischer Teil).

Als P f e r d e l i e f e r u n g s o f f i z i e r e funktionierten: Für den Kreis der Ostschweiz: Kav.-Oberstlieutenant G. von Salis in Jenins (Stellvertreter: Kav.-Hauptmann Eich. Anderegg in Azmoos bei Trübbach, St. Gallen).

Für den Kreis der Zentralschweiz: Die Organe der eidgenössischen Pferderegieanstalt.

Für den Kreis der Westschweiz: Art.-Oberst J. Yersin in Gland bei Nyon (Stellvertreter: Train-Oberst Müllegg in Murten).

Die vor dem Kriege im Amt gestandenen Lieferungsoffiziere der Ost- und Westschweiz mussten infolge Todesfall ersetzt werden. Mit der Besetzung des durch Demission freigewordenen Postens eines Lieferungsoffiziers der Zentralschweiz haben wir bis dahin noch zugewartet.

481 Mietpreis.

Für die Pferde und Maultiere in allen Schulen und Kursen betrug das Mietgeld einheitlich Fr. 4 per Tag.

Bei Distanzen von über 30 km (Domizil des Lieferanten, und Annahme- bzw. Abgabeplatz.der Truppe) erfolgte der Bahntransport der Pferde (ohne Begleiter) zu Lasten des Bundes.

Es sind im Berichtjahre geliefert worden (fortlaufend gezählt): Für Eekrutenschulen u. Kaderkurse 2019 Mietpfefde u. 128 Maultiere, » Wiederholungskurse. . . . . 433 » » -- » Zusammen 2452 Mietpferde u. 128 Maultiere.

Hiervon entfallen: auf die Ostschweiz 1185 Pferde und 43 Maultiere » » Zentralschweiz . . . .

895 » » -- » » » Westschweiz 372 » » 85 » Zusammen

2452 Pferde und 128 Maultiere

Von den gelieferten Pferden und Maultieren sind aus diversen Ursachen innerhalb der ersten 5 Diensttage zurückgewiesen worden : aus Eekrutenschulen 51 oder 2,3, % der Lieferung aus Wiederholungskursen . . . 3 » 0,69 % » » Wenn auch der grösste gleichzeitige Bedarf an Mietpferden die Zahl 1000 nicht stark überschritten hat (vor dem Krieg 4000--4500 Pferde), so war die Einmietung doch zeitweilig mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Das Angebot' war im Verhältnis zum Bedarf ungenügend. Bei dem im Lande herrschenden Pferdemangel resp.

Eückgang an Pferden ist ein annähernd ausgeglichenes, wirklich gut qualifiziertes Material für den Militärdienst auf freiwilligem Wege schwer zu bekommen, zumal die Pferde im Privatdienst rentablere Verwendung finden. Die ungenügende Einfuhr infolge der häufigen Grenzsperre und die Überhandnähme der Motorfahrzeuge sind Faktoren, welche die Pferdehaltung ungünstig beeinflussen. Die im allgemeinen ökonomisch gut gestellten Besitzer von Pferden aus Landwirtschaftskreisen vermieten ihre Pferde bei irgendwie fühlbarem Selbstbedarf an Zugkraft nur ungern oder gar nicht, da .sie in ihren Arbeiten nicht gehemmt sein wollen.

Die durch die starke Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche erforderlichen seuchenpolizeilichen Massnahmen hatten zur Folge, dass grössere Pferdeeinzugsgebiete ausgeschaltet werden mussten.

Es war daher auch mit Eücksicht auf die Pferdelieferung angezeigt, dass die Wiederholungskurse in der Hauptsache nicht abgehalten wurden.

482

Die Eückgabe der Pferde aus den Unterriobtskursen ging im grossen ganzen ordnungsgemäss vonstatten. Offensichtliche Fälle von Vernachlässigung des Pferdernaterials sind nicht vorgekommen.

Von den vielen durch die Verhältnisse (Grippe, Viehseuche) bedingten Verschiebungen und Abänderungen abgesehen, darf der Gang der Pferdelieferung im abgelaufenen Jahre als ein normaler bezeichnet werden.

TIII. Militärjustiz.

1. Allgemeines.

Zu Beginn des Jahres waren sowohl die geschäftliche Belastung der Militärgerichte als auch das sachliche Jurisdiktionsgebiet der Militärjustiz noch sehr umfangreich. Das Hauptaugenmerk der Geschäftsleitung wurde daher einerseits auf die möglichst rasche Aufarbeitung der noch hängigen Geschäfte und anderseits auf die Zurückführung des Kompetenzkreises der Militärjustiz auf den Umfang der Vorkriegszeit gerichtet.

Für die Erfüllung, der erstem Aufgabe, die namentlich in der Erledigung der noch sehr zahlreichen und umfangreichen Verfahren in Schmuggelsachen, in welche in einzelnen Prozessen sogar bis zu 50 Angeklagte einbezogen waren, mussten zunächst neben den Divisionsgerichten noch die 4 Territorialgerichte im Dienste behalten werden. Diese konnten dann immerhin auf den 25. Mai ebenfalls ausser Funktion gesetzt werden. Von jenem Zeitpunkte an wurde die Militärrechtspflege wie in Friedenszeiten wieder ausschliesslich "von den Divisionsgerichten, und zwar ohne ständig in den Dienst aufgebotene Offiziere, besorgt. Auf Ende Juli wurden auch die noch bestehen gebliebenen ständigen Gerichtskanzleien aufgehoben, so dass in der Gerichtsorganisation wieder der Vorkriegszustand hergestellt war.

Der erate grosse Schritt für die Zurückführung des Inhaltes der Militärgerichtsbarkeit auf den Vorkriegszustand erfolgte durch den Bundesratsbeschluss vom 26. März 1920 betreffend die Einschränkung der durch Notverordnungsrecht für die Zeit des Aktivdienstes geschaffenen Kompetenzen der Militärgerichte. Er trat auf den 1. April in Kraft und beseitigte die militärgerichtliche Zuständigkeit für die Verfolgung der Widerhandlungen gegen die Ausfuhrverbote und die Anwendbarkeit der Ziffer 8 des Art. l MStGO, d. h. die Unterstellung der Zivilpersonen unter die Militärgerichtsbarkeit mit Bezug auf Delikte an Personen oder Sachen der Armee. Der Bundesratsbeschluss vom 14. September 1920 betreffend die Aufhebung des Aktivdienstzustandes der schweizerischen Armee hob sodann noch die Verordnung betreffend Strafbestimmungen für den Kriegszustand vom

485 6. August 1914 auf und übertrug die Ahndung der Widerhandlungen gegen die Verbote der Einfuhr von Waffen, Sprengstoffen und Zündmitteln, des Handels mit Munition etc. den bürgerlichen Behörden.

Auf den 15. März 1920 fand die periodische Neuwahl der Mitglieder der Divisions- und der Territorialgerichte, die während der Zeit des Krieges unterblieben war, wieder statt. Die Divisionsgerichte' wurden mit wenigen Ausnahmen aus Angehörigen des Auszuges zusammengesetzt, wobei Bücksicht getragen wurde auf die gleichmässige; Vertretung, sowohl der drei Infanteriebrigaden und der übrigen Waffen der Division, wie auch auf die in den betreffenden Divisionskreisen rekrutierten Armeetruppen und auf die den einzelnen Divisionskreisen angehörenden Kantone. Diese Art der Bekrutierung der Militärrichter ermöglicht es nun, das Gericht auch bei; einem Dienste ausserhalb des Divisionskreises mit den ordentlichen Bichtern und Ersatzmännern zu besetzen, sodass die Beiziehung, ausserordentlicher Ersatzmänner vermieden werden kann.

Die Zahl der Justizoffiziere betrug im Beginn des Geschäftsjahres 159.

Im Laufe des Jahres wurde l Offizier neu zur Militärjustiz versetzt, bis zum Schlüsse des Jahres kamen aber infolge Todes, sanitarischer Ausmusterung, Entlassung aus der Wehrpflicht etc. wieder 8 Offiziere in Abgang, so dass für den Beginn des Jahres 1921 151 verbleiben.

2. Umfang der Militärstrafrechtspflege.

Aus dem Geschäftsjahr 1919 wurden noch 1684 pendente Geschäfte übernommen. Zu diesen kamen im Laufe des Jahres neu hinzu 18463030' In dieser Zahl sind 503 vorläufige Beweisaufnahmen Inbegriffen.

Die Zahl der hängig gewesenen ordentlichen Strafverfahren betrug somit 2527" Von diesen wurden erledigt: durch Verfügung des Oberauditors 335 von den Gerichten 2109 so dass am Ende des Jahres noch Geschäfte hängig waren.

Zusammen 2444 83

4*4

Von den vorläufigen Beweisaufnahmen wurden 487 erledigt, .so dass 16 in das Jahr 1921 übernommen werden mussten.

Die verbleibenden Geschäfte verteilen sich auf die verschiedenen Gerichte wie folgt: Div.-Gericht l ordentliche Verfahren 15 Beweisaufnahmen 8 » 2a, b » » 18 » l » 3 » » 18 » 5 » 4 » » 17 » 3 » 5a, b » » 10 » 2 » 6a, b » » 10 » 2 83

16

In den durch den O b e r a u d i t o r gemäss Art. 122 MStGO erledigten 335 Fällen wurde das Verfahren gegen 234 Personen gänz·lich eingestellt, 69 Angeschuldigte wurden zur disziplinarischen Bestrafung überwiesen, 32 Angeschuldigte wurden wegen mangelnder oder infolge der Bundesratsbeschlüsse vom 26. März oder 14. September 1920 dahingefallener Zuständigkeit den bürgerlichen Behörden zur Weiterverfolgung überwiesen.

Ausserdem hat das Oberauditorat noch in 59 weitern Fällen, entgegen den Anträgen der Auditoren, die gerichtliche Behandlung der Sache verfügt. Die sämtlichen Verfügungen des Oberauditors betrafen 238 Militärpersonen und 156 Zivilpersonen.

Von den durch die Gerichte beurteilten Angeklagten waren Militärpersonen 787 Zivilpersonen 1322 Von den Militärpersonen wurden verurteilt 595 freigesprochen 95 und zur disziplinarischen Bestrafung überwiesen 97 Die Zahl der rnilitärgerichtlich behandelten Militärpersonen übersteigt diejenige des Vorjahres sehr wesentlich. Das ist aber nicht auf eine grössere Kriminalität unter den in den Dienst aufgebotenen oder im freiwilligen Dienste gestandenen Truppen zurückzuführen, ·sondern auf die Tatsache, dass zahlreiche Verfahren gegen Leute, welche während der Kriegszeit mit Urlaub unter der Verpflichtung, · doch zu den Ablösungsdiensten einzurücken, ins Ausland gegangen waren, sich dann aber nicht mehr um ihre militärischen Pflichten gekümmert hatten, erst in diesem Jahre zu Ende geführt werden konnten. Sodann sind im Berichtjahre auch zahlreiche Eefraktäre aus dem Auslande, welche weder im Jahre 1914, noch zu den spätem

485

-Ablösungsdiensten eingerückt waren, in die Heimat zurückgekehrt, '.so dass sie wegen ihrer Dienstverweigerung zur Eechenschaft gezogen werden konnten.

Bei den im Dienste begangenen Delikten nehmen die Vermögens·delikte einen auffallend hohen Prozentsatz ein.

Von den Zivilpersonen, welche den Gerichten überwiesen "worden waren, wurden verurteilt 1129 freigesprochen 74 üur disziplinarischen Bestrafung überwiesen 6 ·den bürgerlichen Behörden zur Weiterverfolgung überlassen 113 Zusammen

1322

Hier handelte es sich in über 90 % der Fälle um Zuwiderhandlung gegen die Ausfuhrverbote.

Das Militärkassationsgericht hatte sich mit 26 Kassationsbeschwerden und 2 Bevisionsgesüchen zu befassen. Von den Kassationsbeschwerden wurden 21 abgewiesen und 5 begründet erklärt, ein Fall wurde zur neuen Beurteilung an die erste Instanz zurückgewiesen, in 3 Fällen die Strafe ermässigt und in einem Fall unter anderer .rechtlicher Würdigung des Tatbestandes das von der ersten Instanz ausgesprochene Strafmass belassen. Die beiden Eevisionsgesuche wurden abgewiesen.

Das Kassationsgericht stellt fest, dass die Divisions- und Territorialgerichte im allgemeinen ihres Amtes mit Einsicht und Gründlichkeit gewaltet haben, und dass den besondern Umständen jeweilen innert des Eahmens der gesetzlichen Bestimmungen gebührend Rechnung getragen wurde, dass jedenfalls auch der oft gehörte Vorwurf übermässiger Strenge nicht begründet sei.

Die Gerichte haben vom Eechte der E m p f e h l u n g von Verurteilten zur bedingten Begnadigung in 16 Fällen Gebrauch gemacht, in 15 Fällen wurde dem Antrage durch den Bundesrat ,- entsprochen.

Von -den in den Vorjahren gewährten bedingten Begnadigungen wurden nach Ablauf der Bewährungsfrist im Berichtjahre 72 als definitiv erklärt, in 15 Fällen musste infolge Rückfälligkeit die be· dingte Begnadigung widerrufen und die Verbüssung der erlassenen .Strafen angeordnet werden.

Von Verurteilten wurden 446 Begnadigungsgesuche eingereicht. In 73 Fällen wurde durch definitive Herabsetzung der Strafe ganz oder teilweise den Gesuchen entsprochen, in 35 weitern Fällen "wurde die ganze oder ein Teil der Strafe bedingt erlassen. Die übri;gen Gesuche wurden abgewiesen.

486

4, Teil, Militärwerkstätten.

(I--V unter der kriegstechnischen Abteilung.)

I.

II.

III.

IT.

V.

Konstruktionswerkstätte in Thun.

Pulverfabrik in Wiinmis.

Munitionsfabrik in Thun.

Munitionsfabrik in Altdorf.

Waffenfabrik in Bern.

Ein ausführlicher Bericht über die Militärwerkstätten befindet sich bei den Akten.

Tl. Pulververwaltung.

(Der Kriegsmaterialverwaltuüg unterstellt.)

Fabrikation.

Es wurde Jagd- und Sprengpulver verschiedener Sorten angefertigt : von der Pulvermühle La Vaux 38,460 kg » » » Chur 36,628 kg Zusammen 75,088 kg Die Fabrikation wurde in beiden Pulvermühlen im Eahmen der schwachen Nachfrage gehalten.

Verkauf.

Der Pulververkauf betrug 98,944 kg, wovon 1000 kg zur Lieferung an die Munitionsfabrik Thun gelangten.

Gegenüber dem Vorjahre weist der Verkauf an Private 1877 kg und gegenüber dem veranschlagten Quantum 61,556 kg weniger auf, was sowohl auf die noch immer flaue Bautätigkeit als auf die stetsfühlbarer werdende Konkurrenz der privaten Sprengstoffindustrie zurückzuführen ist.

Im Hinblick auf die Steigerung der Arbeitslöhne wurden die Preise für das Jagdpulver auf Mitte des Jahres erhöht, doch konnten gleichzeitig infolge des Sinkens der Eohmaterialpreise die Verkaufspreise für Sprengpulver reduziert werden.

Zur Erzielung von Ersparnissen wurde das Pulverdepot Kriens ·aufgehoben und der bisherige 2./3. Bezirk, der von jenem Depot aus bedient worden war, auf die Verkaufsbezirke La Vaux und Chur aufgeteilt. Es bestehen nunmehr für den Vertrieb des Schwarzpulvers nur noch diese zwei Bezirke, welche den Verwaltern der Pulvermühlen in La Vaux und in Chur unterstellt sind.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Jahre 1920.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1921

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

17

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.04.1921

Date Data Seite

323-486

Page Pagina Ref. No

10 027 921

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Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

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