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Bundesblatt

73. Jahrgang.

Bern, den 14. Dezember 1921.

1515

Band V.

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Beschaffung neuer Beiträge für die Vollendungsarbeiten der Rheinregulierung von der Illmündung bis zum Bodensee.

(Vom 9. Dezember 1921.)

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Am 29. April 1921 hat die internationale Rheinregulierungskommission dem Bundesrate und der österreichischen Bundesregierung einen neuen Vorsehlag für die Fertigstellung der Bauten der internationalen Rheinregulierung eingesandt.

Ohne die Einwirkungen des Weltkrieges wären diese Bauten im Rahmen der bereits gemäss den Bundesbeschlüssen von 1893 und 1909 genehmigten Kredite beendigt worden ; wahrscheinlich wäre noch eine ansehnliche Summe übriggeblieben, die zur Erhaltung der Werke oder sonstwie Verwendung gefunden hätte.

Der Krieg und die mit diesem verbundenen wirtschaftlichen Folgen haben leider die Erreichung dieses Zieles verunmöglicht.

Die in Österreich in sichern Titeln deponierten Gelder sanken erschreckend im Wert, so dass bei Aufstellung des neuen Voranschlages auf 1. Januar 1920 mit einem Kursverlust von rund Fr. 4,779,000 gerechnet werden musste. Die Zahlungen beider Vertragsstaaten wurden während der Jahre 1916 bis und mit 1918 ganz eingestellt und die Arbeiten, für die man hauptsächlich auf die in der Schweiz angelegten Gelder angewiesen war, nur langsam gefördert.

Die jetzt in Ausführung begriffenen Bauten am unteren Ende des Diepoldsauer Durchstichs können mit dem noch verfügbaren Kredit (Fr. 3,743,000 auf Ende 1919) erstellt werden, aber für die Öffnung des Durchstiches am oberen Ende desselben, für die nachfolgenden Bauten in der oberen Strecke und für die teilweise schon ausgeführten der Zwischenstrecke müssen neue Mittel beschafft werden, wenn man die Arbeiten nicht auf unbestimmte Zeit ganz einstellen will.

Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. V.

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200 Es braucht nicht hervorgehoben zu werden, dass eine solche Einstellung schwere Nachteile zur Folge hätte; die bereits mit grossen Kosten erstellten Arbeiten im Diepoldsauergebiet würden längere Zeit ganz wirkungslos bleiben, die erhoffte Vertiefung würde ebenso lange verunmöglicht, die Überschwemmungen nicht verhindert, und die ganze Organisation mit ihrem gut eingeschulten, erfahrenen Personal würde aufgelöst, um später mit grosser Mühe wieder hergestellt zu werden.

Der finanzielle Stand des Unternehmens auf 1. Januar 1920 war folgender : I. Voranschlag 1893 Fr. 16,560,000

U.

,, 1909 Reservefonds rund Ausgaben auf Ende 1919

,, 12,986,000 ,, 853,400 zusammen Fr. 30,399,400 ,, 26,656,400 R e s t k r e d i t Fr. 3,743,000

Laut Vermögensausweis pro 1919 war an verfügbarem Geld in der Schweiz vorhanden rund Fr. 238,000 Ausstehende Zahlungen der Vertragsstaaten . . ,, 3,126,000 verfügbare Geldmittel Rechnet man die österreichischen Gelder, die Inventarbestände und Konti pro Diversi dazu von rund so erhält man wieder als Kreditrest wie oben.

Von der verfügbaren Bausumme von . .

wurden verbraucht seit Ende 1919: Ausgaben p r o 1920 . . . . F r . 938,600 mutmassliche Ausgaben pro 1921 ,, 1,525,400 verbleiben auf Ende 1921

Fr. 3,364,000

,, 379,000 Fr. 3,743,000 ,, 3,364,000

" 2,464,000 Fr. 900,000

Nach den in den Jahren 1920 und 1921 erstellten und in Aussicht genommenen Arbeiten sind noch die Bauten am oberen Ende des Diepoldsauer Durchstiches und an der daran anschliessenden oberen Strecke auszuführen, für welche die noch verfügbare Restsumme bei weitem nicht ausreicht, auch wenn die von den Vertragsstaaten noch zu leistenden Beiträge ganz und rechtzeitig einbezahlt werden.

201 Diese Beiträge belaufen sich, wie schon angegeben, auf Fr. 3,126,000, von denen im Jahr 1920 bereits Fr. 1,580,000 einbezahlt worden sind.

Für das Jahr 1921 haben die Schweiz, und Österreich je Fr. 400,000 und pro 1922 je Fr. 373,000 als Rest zu entrichten.

Im Hinblick auf diese Finanzlage sah sich die internationale .Rheinregulierungskommission veranlasst, eine neue Berechnung der noch zu deckenden Kosten aufzustellen.

Die Einsendung des neuen Voranschlages hätte schon im Jahre 1920 erfolgen sollen, erlitt aber aus verschiedenen Gründen eine Verzögerung, so dass die Vorlage erst Ende April 1921 den Vertragsstaaten zur Prüfung unterbreitet worden ist. Es sind zwei Voranschläge aufgestellt worden, ein allgemeiner im Betrage von Fr. 13,365,000 und ein reduzierter von Fr. 10,320,000, der nur die Arbeiten der Jahre 1920 und 1921, diejenigen am oberen Ende des Durchstiches und der in der oberen Strecke im Anschluss an die Eröffnung des Durchstiches und der nach derselben eintretenden Sohlen Vertiefung' zu erstellenden Bauten enthält, sowie endlich die Ausgaben für Verwaltung und für die Zwischenstrecke.

Diese auf 1. Januar 1920 aufgestellten Voranschläge sind in der Beilage l angegeben.

Über die in diesen Voranschlägen bezeichneten Arbeiten am Durchstich und an der oberen Strecke können nachstehende Angaben gemacht werden.

Diepoldsauer Durchstich.

Der Aushub des Mittelgerinnes auf der Torfstrecke war bis Ende 1919 zum grössten Teil vollzogen, doch blieben- damals noch zirka 142,000 m 3 abzutragen. Zur Erleichterung der Einleitung in den Durchstich wird eine Rampe von 8,30 % Gefalle stehen gelassen, die am Ende der Torfstrecke l,so m über der Projektsohle liegt. Die Beseitigung dieses Keils von etwa 42,000 m8 erfolgt später, wenn die Vertiefung genügend fortgeschritten und eine starke, plötzlich einsetzende Kiesbewegung nicht mehr zu befürchten sein wird.

Der Abtrag am Durchstichende von zirka 633,700 m8 wird für die Anschüttungen zur Windereinfüllung der Baggergrube bei Kriesern und zur Ablagerung auf hierfür gepachteten Depotplätzen verwendet.

202

Ferner müssen die Parallelgräben instandgestellt werden, wobei allfällige Verbreiterungen auf der Landseite vorzunehmen sind.

Als Uferschutz sind 3604 m Vorgrund, 3610 m Böschungspflaster und 46 Stück Traversen zu erstellen, wofür die Steine hauptsächlich dem Montlingerbruch entnommen werden. Reservesteine können auch aus dem Abbruch der alten Wuhre gewonnen werden, wenn diese Arbeit sich als lohnend herausstellt.

Da die Sondierungen an der Einleitungsstelle ergeben, dass auf Sohlenhöhe an gewissen Stellen Letten und Laufletten vorkommt, so wird dem Normalprofil gemäss eine Unterlage von Faschinen erforderlich sein ; auch sind noch zirka 12,000 m 8 Reservesteine aus dem Bruch aufzubringen.

Was die Wiederherstellung der Strassenverbindung anbelangt, so sind ausser dem Strassenunterhalt noch Änderungen an den Ausdehnungseinrichtungen der drei Durchstichsbrücken anzubringen.

Zur Eröffnung und Gangbarmachung des Durchstiches sind verschiedene Massnahmen zu treffen, um den Eintritt des Rheinwassers zu erleichtern. ' Die Diepoldsauer Gewässer werden durch eine Pumpenanlage beseitigt, bis die spätere Ableitung durch den alten Rheinlauf in die Abzugsgräben auf österreichischem Gebiet hergestellt sein wird.

Obere Strecke.

Der Vollendung des Diepoldsauer Durchstiches schliesst sich als letztes wichtiges Glied der Rheinregulierung die Normalisierung der oberen Strecke an, deren oberes Ende laut Staatsvertrag mit der Einmündung der III zusammenfällt. Diese Arbeit, die bereits begonnen worden ist, umfasst die Erstellung von Vorgründen, Wuhrgräben und Traversen, um die Leitwerke nach Linienführung und Tiefe in der richtigen Lage auszubauen. Zum Schutze der dem Fluss abgewonnenen Vorländer werden aus Ersparnisgründen die Uferdeckungen als Rollwuhre erstellt werden.

Als provisorische Massnahmen kommen Wolfsche Pfahlwände und Schüttungen für Transportwege in Betracht.

Für einzelne Strecken des Vorgrundes und für einen Teil der Traversen ist ein Aushub im Kiesgrund erforderlich, und da wo die Querbauten den tiefsten Talweg durchschneiden, wird ein Aufbau aus grobem Bruchschutt erstellt und die Krone abgepflästert. Das für die Uferschutzbauten nötige Steinmaterial wird

203

auf der schweizerischen Seite dem Steinbruch bei Montlingen und auf dem österreichischen Gebiet einem Steinbruch bei Koblach entnommen.

Vom Gesamtbedarf von zirka 62,300 m 8 für die Vorgründe wird mutmasslich 1/6 durch den Abbruch alter Wuhre gedeckt werden können. Für das Rollwuhr sind 42,000 m3 und für die Traversen 7800 m 3 erforderlich, wozu noch ein Reservevorrat von 10,000 m 8 für den künftigen Unterhalt zu rechnen ist.

Ähnlich wie bei der Zwischenstrecke sind die vom Hochwasser kaum mehr überspühlten Wuhre, Traversen und Vorländer anschliessend an den Durchstich auf etwa 800 m Länge abzutragen und tieferzusetzen, um beim Durchstichsende einen allmählichen Übergang in die normalisierte obere Strecke zu erzielen.

Im Gesamtvoranschlag ist auch eine Sohlenschwelle in der 111 vorgesehen, die aber, weil nicht dringlich, im reduzierten Voranschlag weggelassen worden ist.

Das sind die Bauten, die den Gegenstand der neuen Vorlage bilden und die, bei allfälliger Annahme des reduzierten Voranschlages später gestützt auf die inzwischen gemachten Erfahrungen über die Wirkungen des Durchstiches noch auszubauen und zu ergänzen sein würden, wozu zum Abschluss des grossen Werkes ein endgültiges Projekt aufzustellen und zu subventionieren wäre.

Wenn man nun von diesen Voranschlägen von Fr. 13,365,000 Fr. 10,320,000 den Ende 1919 noch vorhandenen Kredit von ,, 3,743,000 ,, 3,743,000 abzieht, so bleibt als Mehrfordernis Fr. 9,622,000 Fr. 6,577,000 für welche neue Staatsbeiträge zu beschaffen sind.

Über die Ausführung der seit Ende 1919 im Gange befindlichen und noch auszuführenden Bauten ist dem zum Projekt gehörenden technischen Bericht folgendes zu entnehmen : Zivischenstrecke.

a. Rechtes Ufer. Mit Ausnahme der allfälligen Ergänzung der Vorgründe ist die Arbeit an der Mittelwasserrinne beendigt.

b. Linkes Ufer. Die Abtragung der Vorländer, die Ergänzung des Vorgrundes kommen auch hier in Betracht und sind zum Teil schon ausgeführt oder in Ausführung begriffen (1920/21).

204 Diesen Arbeiten schliesst sich die Grangbarmachung der Zwischenstrecke, d. h. die allfällige Beseitigung von Kiesanschwemmungen, an, wofür im Voranschlag ein Pauschalbetrag von Fr. 200,000 aufgenommen worden ist.

Die in früheren Voranschlägen vorgesehene Vorlandbrücke zur Hauptbrücke Au-Rheindorf fällt als überflüssig weg, weil das Durchflussprofil für Hochwasser an jener Stelle genügt.

Diepoldsauer Durchstich.

Bis Ende 1919 sind die Hauptarbeiten am Durchstich beendigt worden. Bis Ende 1921 wird die Ausleitung am unteren Ende in der Hauptsache ebenfalls fertig, so dass für die Bauperiode 1921/23 die bereits vorbereiteten Einleitungsarbeiten am oberen Ende des Durchstiches in Aussicht genommen werden können. Im Frühjahr 1923 würde der Rhein in sein neues Bett eingeführt und im folgenden Jahr der fertige Ausbau, mit Ausnahme der Abänderung des Altarmes, bewerkstelligt.

Für die Aushubarbeiten wird in der Hauptsache Baggerbetrieb vorgesehen, dagegen nicht für den Abtrag des alten Rheinbinnendammes und dem Strassendamm längs der Böschach.

Abtrag und Auffüllung mit 273,200 bzw. 278,300 m 8 gleichen sich ungefähr aus.

* * * Die Gegenüberstellung der von den Regierungen bisher genehmigten Kredite mit den am 1. Januar 1920 ergangenen Kosten (siehe Beilage II: Stand auf Ende 1919) ergibt bei einzelnen Posten Überschreitungen, von denen, abgesehen von den Kursverlusten auf Baufonds, die hauptsächlichste die Verwaltungskosten betrifft.

Diese Mehrkosten im Betrage von rund Fr. 689,400 mussten entstehen, weil der für im Unternehmen von nahezu 30 Jahren Bauzeit bewilligte Kredit von Fr. 168,429. 53 unmöglich ausreichen konnte, um die Kommissionskosten, die Auslagen für die Bauleitung und für das Zentralbureau zu decken.

Im neuen Voranschlag ist hierfür eine Summe von Fr. 400V000 aufgenommen worden.

Die Prüfung der neuen Vorlage durch das eidgenössische Oberbauinspektorat, auf dessen Anregung die Aufstellung des reduzierten Voranschlages gemacht worden war, ergab, dass es

205 sich mit Rücksicht auf die jetzigen, immer noch schwierigen Arbeitsverhältnisse empfohlen hätte, zuerst nur die Kredite für die in diesem Voranschlage aufgeführten dringlichsten Arbeiten zu verlangen und später für die gänzliche Vollendung der Rheinregulierung den beiden Regierungen eine auf die inzwischen gemachten Erfahrungen gestützte, mit tunlichst grösster Sicherheit berechnete Schlussvorlage zu unterbreiten.

Bevor aber das Oberbauinspektorat sich über solche Fragen endgültig aussprechen konnte, war es genötigt, mit den technischen Organen der österreichischen Bundesregierung und mit der internationalen Rheinregulierungskommission in Fühlung zu treten.

Zu diesem Zwecke wurde von dieser Amtsstelle eine Zusammenkunft zur vorgängigen vertraulichen Besprechung der Vorlage in technischer und finanzieller Beziehung vorgeschlagen.

Dank dem Entgegenkommen der leitenden Beamten des österreichischen Bundesministeriums für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten in Wien und des Präsidenten der internationalen Rheinregulierungskommission in St. Gallen fand in den Tagen vom 8. bis 12. Juli 1921 eine solche Besprechung in Rorschach statt, in Verbindung mit einer Besichtigung der noch auszubauenden Rheinstreeke.

Da von den Vertretern Österreichs darauf hingewiesen wurde, dass es der Regierung ihres Landes nicht möglich sein dürfte, die gerade in den nächsten Jahren erforderlich werdenden hohen Baumittel zur Verfügung zu stellen, so wurde der Gedanke, vorläufig nur einen Teilvoranschlag zur Berücksichtigung vorzuschlagen, fallengelassen und die Prüfung des Gesamtvoranschlages gemeinsam vorgenommen.

Nach Anhörung des schweizerischen Bauleiters wurden die einzelnen Posten nachgesehen und einzelne derselben auf Grund nachträglicher Erklärungen vermindert.

Diese Reduktionen betreffen hauptsächlich den Aushub im Mittelgerinne im Diepoldsauer Durchstich, auf den Strecken 0 bis Hm 7, und 50--61,46 mit Fr. 50,000 bzw. Fr. 150,000, zusammen mit Fr. 200,000, indem man annahm, das betreffende Material könne abgeschwemmt, anstatt künstlich ausgehoben werden. Die andern Posten beziehen sich auf Regie und Bauaufsicht Fr. 5000, auf dem Einheitspreis für Vorlandsabtrag in der oberen Strecke Fr. 18,000 und für Verschiedenes in derselben Strecke Fr. 2000.

Diese in Abzug zu bringenden Summen betragen zusammen Fr. 225,000, so dass der Gesamtvoranschlag von Fr. 13,365,000 sich endgültig auf Fr. 13,140,000 beziffern wird.

206

Zieht man von dieser Summe den noch verfügbaren Kredit von rund Fr. 3,740,000 ab, so erhält man als Gesamtsumme der noch zu beschaffenden Baumittcl Fr. 9,400,000, statt wie vorher Fr. 9,622,000. Es würde also auf jeden der beiden Vertragsstaaten einen Teilbetrag von Fr. 4,700,000 entfallen.

Von dieser Summe müssen zirka 3,4 Millionen Franken in den nächsten vier Jahren für die Eröffnung des Diepoldsauer Durchstiches zur Verfügung gestellt werden. Die ganze Bauzeit wird zu etwa zehn Jahren angenommen.

Im Verlauf der Besprechung wurde vom Präsidenten der internationalen Rheinregulierungskommission sowie auch vom Oberbauinspektor erklärt, dass Schweizerischerseite ganz besonders darauf Wert gelegt werde, die Arbeiten am Durchstich und in der oberen Strecke auf Grund des bisherigen Staatsvertrages und des bereits genehmigten Projektes zur Ausführung zu bringen, um die volle Auswirkung des mit so grossen Kosten verbundenen Diepoldsauer Durchstiches erzielen zu können.

Ebenso sei daran festzuhalten, dass durch die einheitliche Leitung der internationalen Rheinregulierungskommission die Anordnungen an beiden Ufern der oberen Strecke so getroffen werden, dass die Ausbildung der Flusssohle im Sinne der Vertiefung keine Beeinträchtigung erleide.

Übrigens ist der gemeinsam geprüfte und bereinigte Voranschlag getnäss dieser Richtlinien ausgearbeitet worden, so dass an den frühern technischen Bestimmungen durch die neue Vorlage nichts geändert wird als die Berechnung der Kosten.

Die Vertreter Österreichs erklärten sich bereit dahin, zu wirken, dass dem schweizerischen Bundesrat sobald als möglich die Stellungnahme ihrer Regierung unter Beifügung bestimmter Anträge bekanntgegeben werde.

Inzwischen wurde das Protokoll dieser Verhandlungen vom überbauinspektorat dem eidgenössischen Departement des Innern und von diesem dem Bundesrate mitgeteilt.

Am 7. Juli 1921 richtete die Regierung des Kantons St. Gallen das offizielle Nachsubventionsgesuch für die Vollendung der Rheinregulierung an den Bundesrat und machte diesen auf die seit dem Kriege stark verschlimmerte Finanzlage des Kantons und der Rheingemeinden aufmerksam.

Im Hinweis auf die für die Mehrkosten am Diepoldsauer Durchstich, gemäss Bundesbeschluss vom 8. Juni 1909 bewilligte Subvention von 90 °/o, ersucht die Regierung um Zusicherung

207

eines Bundesbeitrages von 90 °/o an den Gesamtbetrag des schweizerischen Anteils am II. Nachtragskredit. Sie betont, dass die Ursache dieser Mehrkosten ausschliesslich auf die Kriegsfolgen zurückzuführen ist und der Kanton ganz machtlos war, den bedeutenden Kostenüberschreitungen entgegenzuwirken.

Mit Note vom 12. Oktober abhin teilte die österreichische Gesandtschaft dem eidgenössischen Politischen Departement mit, dass die österreichische Bundesregierung bereit sei, an der Vollendung der Rheinregulierung nach dem bisherigen Verfahren mitzuwirken. Die österreichische Regierung gehe dabei von der Voraussetzung aus, dass die Schweiz die nach den Baufortschritten erforderlichen Mittel ohne Zinsansprüche vorschussweise bereitstellen solle und zugestehe, dass die ratenweise Rückzahlung des österreichischen Anteils von einem später noch zu vereinbarenden, den valutarischen Verhältnissen Rechnung tragenden Zeitpunkte an beginne.

Der Bundesrat beschloss am 25. Oktober 1921 auf Antrag des eidgenössischen Departements des Innern, es sei der österreichischen Gesandtschaft in Bern durch das Politische Departement den Empfang ihrer Note vom 12. Oktober zu verdanken und ihr mitzuteilen, dass der Bundesrat, ohne jetzt schon in irgendeiner Weise die zu treffenden Vereinbarungen zwischen den beiden Staaten zu präjudizieren, die Gesandtschaft ersuche bei ihrer Regierung dahin zu wirken, dass bezügliche k o n k r e t e Vorschläge über die Zahlungsmodalitäten und Bedingungen in möglichster Bälde dem schweizerischen Bundesrate unterbreitet werden, damit hierseits an die Prüfung derselben geschritten und diese Angelegenheit zum Abschlüsse gebracht werden könne.

Die Antwort erfolgte mit Verbalnote vom 31. desselben Monats, wonach die österreichische Regierung dem bei der Zusammenkunft in Rorschach gemeinsam bereinigten Kostenvoranschlage von Fr. 13,140,000 der Nachtragsvorlage zustimmt und mit Rucksicht auf die valutarische Lage ihres Landes sich verpflichten würde, von einem später noch zu vereinbarenden Zeitpunkt an ihren Anteil ohne Zinsvergütung in folgenden Jahresraten zu leisten : in den ersten 6 Jahren je Fr. 100,000 ,, ,, weitem 6 ,, ,, ,, 150,000 ,, ,, - ,, 6 ,, ,, ,, 200,000 und ,, ., letzten 8 ,, ,, ,, 250,000 Diese Jahresleistungen würden in zwei gleichen Halbjahresraten einbezahlt werden.

208 Die obgenannten Jahresbeiträge wären als Minimalleistungen zu betrachten, die nach Massgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit Österreichs Steigerungen erfahren könnten, so dass die aufzubringende Gesamtsumme von Fr. 4,700,000 eventuell in weniger als 26 Jahren getilgt würde.

Im Falle der schweizerische Bundesrat diesem Vorschlag zustimmen sollte, wäre die österreichische Regierung bereit, die bezüglichen Bestimmungen in einem zwischen beiden Staaten abzuschliessenden Staatsvertrage niederzulegen, der, abgesehen von den neuen finanziellen Festsetzungen, im wesentlichen unter Übernahme aller bisher nicht überholten Bestimmungen des frühern Vertrages vom Jahre 1892 aufzubauen sein würde.

Gemäss Bundesratsbeschluss vom 15. November 1921 wurde der österreichischen Regierung durch die schweizerische Gesandtschaft in Wien mitgeteilt, dass hierseits von den erwähnten Erklärungen in der österreichischen Note vom 31. Oktober 1921 Kenntnis genommen worden sei und dass sich der ßundesrat vorbehaltlich der Genehmigung durch die Bundesversammlung mit dem vorgeschlagenen Abzahlungsverfahren einverstanden erklären könne, wenn die erste dieser Zahlungen mit dem Jahre 1925 beginne.

Er nimmt ferner davon Kenntnis, dass die österreichische Regierung bereit ist, mit der Schweiz einen auf dem frühern Abkommen vom Jahre 1892 aufzubauenden neuen Staatsvertrag abzuschliesserj, und sieht der Einsendung eines bezüglichen Entwurfes entgegen.

Zur Sicherstellung der Bautätigkeit im nächsten Winter wird die österreichische Regierung, vorgängig der Einsendung dieses Vertragsentwurfes, um telegraphische Mitteilung ersucht, dass sie mit der ununterbrochenen Fortsetzung der Arbeiten am Diepoldsauer Durchstiche im Sinne der vorgelegten Nachsubventionsvorlage einverstanden sei.

Das Wiener Bautenministerium antwortete per Telegramm vom 28. November 1921, dass die österreichische Regierung die schweizerische Stellungnahme betreffend Fortführung der internationalen Rheinregulierung dankend zur Kenntnis nehme und mit dem Beginn der Ratenzahlung im Jahre 1925, sowie mit der ununterbrochenen Fortsetzung der Diepoldsauer Durchstichsarbeiten einverstanden sei.

Nach Empfang dieser Erklärung lag für den Bundesrat kein Grund mehr vor, mit der Erteilung der Baubewilligung für die Fortsetzung der Eröffnungsarbeiten am obera Ende des Diepoldsauer Durchstiches noch länger zu zögern, und er ersucht die eidgenös-

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sischen Räte diesem durch die Arbeitslosenfürsorge bedingten Vorgehen noch nachträglich ihre Zustimmung zu geben.

Inzwischen werden die Verhandlungen mit Österreich über den Abschluss eines neuen Staatsvertrages fortgesetzt, welcher später der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet werden soll.

In der Annahme, dass es kaum möglich sein wird die Subventionsfrage für die Vollendung der internationalen Rheinregulierung in der Dezembersession dieses Jahres zu erledigen, hält es der Bundesrat für geboten, dass ihm für die Beschaffung der für die Ausführung der Durchstichsarbeiten erforderlichen Mittel von der Bundesversammlung jetzt schon die Ermächtigung gegeben werde Vorschüsse im Sinne des im Beschlussentwurf (Art. 3) enthaltenen Antrages zu entrichten.

Was nun die Bemessung des Bundesbeitrages anbelangt, so hofft, wie schon erwähnt, die Regierung des Kantons St. Gallen, dass Bundesrat und Bundesversammlung in freundeidgenössischer Weise, wie im Jahre 1909, 90 °/o der neuen auf die Schweiz enfallenden Mehrkosten übernehmen werden.

Hierauf ist zu bemerken, dass gemäss Bundesbeschluss vom S. Juni 1909, in Abänderung des Art. 4 des Bundesbeschlusses vom 29. März 1893, der für die als notwendig erkannten Mehrkosten das gleiche Beitragsverhältnis (80 %) w'e bei der ersten Subvention vorsieht, dem Kanton St. Gallen an die Mehrkosten des Diepoldsauer Durchstiches, aber nur an diese, soweit sie die Summe von Fr. 9,169,000 übersteigen, ein Bundesbeitrag von 90 % bewilligt worden ist.

Damals stellte sich der Bundesrat auf den Standpunkt, dass dem Kanton St. Gallen kein Recht zustehe vom Bunde eine andere Verteilung der Mehrkosten am obern Durchstiche zu verlangen und dass die Übernahme von weitern 10 °/o an die Kosten dieses Werkes nur aus Billigkeitsgründen geschehen könne.

In ihrer Eingabe vom 7. Juli 1921 beruft sich die Regierung von St. Gallen auf diesen Beschluss, ohne aber von diesem ein Recht für die gewährte Vergünstigung abzuleiten.

Es liegt in der Tat für die eidgenössischen Behörden keinerlei Verpflichtung vor von dem ursprünglichen Beitrag von 80 °/o abzuweichen, besonders wenn in Berücksichtigung gezogen wird, welche bedeutenden Lasten dem Bunde durch die Finanzierung des schweizerischen Anteils an der II. Nachforderung und durch das Abkommen mit Österreich aufgebürdet werden.

210 Trotzdem glauben wir den eidgenössischen Räten in Anbetracht der schwierigen Lage, in der sich der Kanton St. Gallen gegenwärtig infolge der vermehrten Rheinregulierungskosten und der ihn schwer bedrückenden Arbeitslosigkeit befindet, empfehlen zu sollen der Kantonsregierung entgegenzukommen, ihrem Gesuche zu entsprechen und den Bundesbeitrag für alle in der neuen Vorlage bezeichneten Vollendungsarbeiten auf 90 °/o der wirklichen Kosten bis zum Höchstbetrag von Fr. 4,230,000. als 90 % von Fr. 4,700,000, festzusetzen.

Der st. gallische Anteil würde sich demnach auf J /io dieser letztern Summe, also auf Fr. 470,000 beziffern.

Bei Annahme einer Bauzeit von 10 Jahren würden die jährlichen Anzahlungen für den Bund auf je Fr. 450,000 während der ersten neun Jahre und auf Fr. 11BO,000 für das letzte Jahr festgesetzt. Die Jahresraten des Kantons St. Gallen würden für die ersten neun Jahre je Fr. 50,000 und für das zehnte Jahr Fr. 20,000 betragen (Art. 2 des Beschlussentwurfes).

Es ergibt sich daraus, dass zur Beschaffung der für die Fortsetzung der Rheinregulierung noch erforderlichen Summen den beteiligten Staaten ganz bedeutende Leistungen zugemutet werden und dies zu einer Zeit, wo sie im allgemeinen aussergewöhnlich stark belastet sind ; anderseits würde durch das Versagen ihrer Hilfe das ganze Unternehmen, für das schon so grosse Opfer ' gebracht worden sind, auf Jahre hinaus in seiner Auswirkung gehemmt, was im Interesse des Rheintales sehr zu bedauern wäre.

Diese Erwägungen führen uns dazu Ihnen nachfolgenden Beschlussentwurf zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Genehmigen Sie die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 9. Dezember 1921.

Im Namen des Schweiz. Bündesrates, Der Bundespräsident:

Schulthess.

Der Bundeskanzler:

Steiger.

Voranschläge der internationalen Rheinregulierungskommission auf 1. Januar 1920.

Bezeichnung der Arbeiten B. Bauauslagen: /. a. Zwischenstrecke, rechtes Ufer & linkes .

. . .

1 Vorlandabtrag .

2 Ergänzung des Uferschutzes 3 Gangbannachung 4. Verschiedenes 8°/o . . . . · 11. Diepoldsauer Durchstich.

1 A b - u n d Anrasung . . .

. . .

2 flrdarbeiten Aushub .

· .

Auffüllung .

. . .

3. Uferschutz 4 Strassenverbindungen .

.

. . .

5. Gangbarmachung .

.

.

.

6. Regie- und Bauaufsicht 7. Erhaltung nach der Bauzeit .

. . .

8. Unvorhergesehenes HL Obere Strecke.

1. Provisorische Bauroassnahmen 2. Kiesarbeiten 3. Uferschutz .

.

4. Abtrag der Vorländer u. Tiefersetzen der Wuhre 5. Kunstbauten (111) .

6. Verschiedenes

Fr.

278,296. -- 20,125. -- 200,000. -- 41,579. --

Reduzierter Voranschlag Fr.

280,000

10,000

10.000

540,000

. 490 300. -- 4,181 211. 50 820 215. -- 1,452,800. -- 26,000. -- 755 000. -- 465,000. -- 400,000. -- 299,473. 50 310,800. -- 456,000. -- 2,070,720. -- 308,990. -- 40,000. -- 338,490. --

Fr.

438,300. -- 4,048,911. 50 325.215. -- 1,123,800. -- 26,000. -- 610,000. -- 395,800. -- 200,000. -- 251,973. 50

540,000

7,420,000

240,000. -- 232,000. -- 1,093,500. -- 308,990. -- ,525,000 13,365,000

195,510.--

2,070,000 10,320,000

211

Zusammen

Beilage 1.

Gesamtvoranschlag Fr.

400 000

Abschnitte des Baukontos

I. Kommission. Bauleitung, Zentralbureau II. Fussacher-Durchstich ,, Nachtragsarbeiten III. Diepoldsauer-Durchstich . . . .

IV. Zwischenstrecke, rechtes Ufer . .

V.

,, linkes ,, . .

VI. Obere Strecke, .rechtes Ufer . . . i VII.

,, linkes ,, . . .j VIII Verschiedenes .

IX. Kranken- und Unfallversicherung .

X . Internationale Expertise . . . .

XI. Kursverluste auf Baufonds . . .

Bestkredit auf 1. Januar 1920 Mehrerfordernis

. . . .

Beilage II.

Von den Regierungen genehmigte Kredite

Ergangene Kosten auf 1. Januar 1920

Überschreitungen

Kreditreste

Bereinigter Gesamtvoranschlag

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

168 429: 53 9.167,269.87 25,200. -- 18,412,000. -- 773,700. -- 582,700: --

857 865 61 9,167,269. 87 23,875. 22 12,633,657. 39 755,173. 37 531,882.53

689,436 08

1,050,000. --

156,230. 84

-- .--

123,366 66 59,400. -- 37,307. 77 -- .--- 30,399,373'. 83 26,656,408. 70 3,742,965. 13

400 000 --. --

--. -- --. -- --. -- --. --

151 293 89 274 660 55 5,669. 09 65,069. 09 --.-- 37,307. 77 2,153,416. 46 2,153,416. 46 26,656,408. 70 2,999,815, 52

--

1,324. 78 5,778.342. 61 18,526. 63 50,817. 47

8,685,000 10,000 540,000

893,769. 16

3,505,000

--. -- --. -- --. -- 6,742,780. 65 2,999,815. 52

3,742,965. 13

-- -- -- 13,140.000 3,740,000 9 400 000 .

212

Internationale Rheinregulierung. Stand auf Ende 1919.

213

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton St. Gallen fUr die Vollendungsarbeiten der Rheinregulierung von der Illmündung bis zum Bodensee.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Bundesbeschlüsse vom 27. März 1893 betreffend Beitrag an den Kanton St. Gallen und vom 26. Juni 1893 betreffend Ratifikation des Staatsvertrages mit Österreich-Ungarn, des Staatsvertrages vom 30. Dezember 1892, des Bundesbeschlusses vom 8. Juni 1909 betreffend Beitrag für die Fortsetzung der Rheinregulierungsarbeiten, eines Schreibens der Regierung des Kantons St. Gallen vom 7. Juli 1921, einer Botschaft des Bundesrates vom 9. Dezember 1921, auf Grund des Art. 23 der Bundesverfassung, bescbliesst: Art. 1. Dem Kanton St. Gallen wird für die Vollendung der Rheinregulierungsarbeiten ein weiterer Bundesbeitrag von 90 °/o der wirklichen Kosten bewilligt, bis zum Höchstbetrag von Fr. 4,230,000 als 90 °/o des schweizerischen Anteils von Fr. 4,700,000, d. h. der Hälfte der Gesamtvoranschlagssumme von Fr. 9,400,000.

Art. 2. Bei Annahme einer Bauzeit von zehn Jahren werden die jährlichen Zahlungen für den Bund auf Fr. 450,000 für die ersten neun Jahre und auf Fr. 180,000 für das letzte Jahr festgesetzt.

Die vom Kanton .St. Gallen zu bezahlenden Raten betragen für die gleiche Zeitdauer je Fr. 50,000 bzw. Fr. 20,000.

214 Art. 3. Der Bundesrat wird ermächtigt mit der Bundesregierung von Österreich ein Abkommen über die vorschussweise Entrichtung des diesem Staate zur Last fallenden Anteils von Fr. 4,700,000 zu treffen und zur Bestreitung der laufenden ßauausgaben vorläufig die nötigen Vorschüsse zu leisten.

Art. 4. Dieser Beschluss tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 5.

beauftragt.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung desselben

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Beschaffung neuer Beiträge für die Vollendungsarbeiten der Rheinregulierung von der Illmündung bis zum Bodensee. (Vom 9. Dezember 1921)

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Jahr

1921

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1515

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14.12.1921

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199-214

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