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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Änderung der Organisation und Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen.

(Vom 16. Juni 1921.)

A. Einleitung.

Die Verwirklichung des Staatsbahngedankens in der Schweiz hat sich unter der Parole «Die Schweizerbahnen dem Schweizervolk» vollzogen. Hierbei spielten nicht nur rein politische oder parteipolitische Gründe, sondern vor allem auch wirtschaftliche Erwägungen eine grosse Eolle. Auch hatten eine Reihe von Begleiterscheinungen der Privatwirtschaft die allgemeine Unzufriedenheit erregt.

Der Misserfolg vorausgegangener Rückkaufsbestrebungen drückte dem Gesetz von 1897 einen deutlichen Stempel auf. Beferendumspolitische Erwägungen führten dazu, dass die der Volksabstimmung unterbreitete Vorlage in verschiedenen Punkten von der ursprünglichen Passung stark abwich. Den Männern, welche der Verstaatlichung der grossen schweizerischen Privatbahnen die Wege zu ebnen hatten, musste es vor allem darum zu tun sein, dem Staatsbahngedanken zum Durchbruch zu verhelfen; die der neuen Verwaltung zu gebende Form war dabei zwar ebenfalls von Bedeutung, sie durfte aber die Verwirklichung des Gedankens nicht verunmöglichen.

Von dieser Erkenntnis aus mussten manche Konzessionen in den Kauf genommen werden, die damals schon nicht unbedenklich erschienen. Die Zurücksetzung der Form gegenüber der Idee liess zum vornherein erwarten, dass in der Entwicklung und mehr noch im Wechsel der Verhältnisse in kurzer Zeit Bestrebungen sich geltend machen würden, auch die Form den tatsächlichen Bedürfnissen anzupassen.

Das Rückkaufsgesetz von 1897 stellte einen Rohbau dar; die innere Ausgestaltung in ihrer endgültigen Form -- dessen waren sich die Baumeister bewusst -- musste einer spätem Zeit vorbehalten

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bleiben. Wenn wir heute an sie herantreten, so können wir das in der beruhigenden Gewissheit tun, dass sich der Bau als solcher bewährt hat.

Der Kampf geht heute kaum mehr um den Staatsbahngedanken selbst. Auch diejenigen, welche damals als grundsätzliche Gegner der Verstaatlichung der Vorlage ihre Zustimmung versagten., und die im Vereine mit vielen Anhängern des Gesetzes von 1897 heute eine administrative Bundesbahnreform für erforderlich halten, möchten sie in ihrer Mehrheit doch auf der Grundlage der Staatsbahn durchführen. Das Postulat der Verpachtung der Bundesbahnen vereinigt eine nur wenig zahlreiche Anhängerschaft auf sich, und zwar nicht bloss wegen der von seinen Befürwortern unterschätzten Schwierigkeit der Durchführung, sondern namentlich wegen der unverkennbaren Vorteile des Staatsbahnbetriebes für unsere gesamte Volkswirtschaft.

Die Kritik an den Schweizerischen Bundesbahnen -- in ihrer Ebbe und Flut von den jeweiligen Zeitumständen und Wirtschaftsverhältnissen abhängig -- hat sich nur höchst selten gegen ihre Grundlagen gerichtet.

Sie strebte in ehrlichem Wollen eine Lösung an, welche die volkswirtschaftlichen Vorteile des Staatsbetriebes beibehalten, diesen aber gleichzeitig von den Nachteilen befreien möchte, die einem solchen Betriebe anhaften. Hätte man versucht, konkrete Vorschläge hierfür zu unterbreiten, so wären möglicherweise die Schwierigkeiten einer Neuordnung weniger unterschätzt worden.

Die Parole «Die Schweizerbahnen dem Schweizervolk» ist vielfach missverstanden worden in gutem Glauben und in Verkennung des Gegensatzes zwischen Staatsaufgabe und Privatwirtschaft.

Es ist eine nicht auf unser Land beschränkte Erscheinung, dass der einzelne Bürger in seinen Anforderungen dem Staate und dessen Betrieben gegenüber einen andern Massstab anlegt, als er es der Privatwirtschaft gegenüber zu tun pflegt. Von der Korporation des öffentlichen Eechtes im allgemeinen und vom Bunde im speziellen fordert man eine Berücksichtigung der allgemein volkswirtschaftlichen, den Grundsätzen der privaten Ökonomie vielfach widerstrebenden Interessen in einem Ausmasse, welches die wirtschaftliche Gestaltung des Betriebes zum vornherein erschwert. Die Gefahr, die in solchen Zumutungen an die Staatsbahn Hegt, wird leicht unterschätzt, weil der hinter dem Unternehmen stehende Staatskredit als
genügendes Gegengewicht für mögliche Eückschläge und ihre Folgen betrachtet wird. Gerät dann aber die Staatsbahnverwaltung wirklich in eine kritische Lage, so wird eine Ökonomie in der Betriebsführung

571 verlangt, die praktisch unmöglich ist. Unter den Fordernden sind daher neben den grundsätzlichen Staatsbahngegnern diejenigen am konsequentesten, welche den aus der Unmöglichkeit der Anwendung privatwirtschaftlicher Grundsätze sich ergebenden Mangel an Wirtschaftlichkeit des Betriebes dadurch beheben möchten, dass sie die Ursache, den Staatsbetrieb, zu beseitigen suchen, ohne das Staatseigentum anzutasten. Sie glauben dabei, von ihrer Warte aus gesehen, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden. Ihre Eechnung leidet indessen an dem Grundfehler, dass die einzige Form, in welcher der Vorschlag überhaupt durchführbar sein könnte -- nämlich die Verpachtung-- die Anwendung vorab privatwirtschaftlicher Grundsätze im Betriebe notwendig macht und damit alle Erwartungen vereitelt, welche in der Parole «Die Schweizerbahnen dem Schweizervolk» zum Ausdruck gelangen.

Es ist bereits angedeutet worden, dass die Intensität der Forderung einer Bundesbahnreform in hohem Masse von den wirtschaftlichen Zeitumständen abhängig ist. In Zeiten der Hochkonjunktur, die durch günstige Kechnungsabschlüsse auch auf die Bundesbahnen zurückwirken, und einer aufsteigenden Entwicklung, deren Vorteile tarif- und fahrplanpolitisch der Öffentlichkeit zugute kommen, erheben sich die Stimmen nur leise und vereinzelt, welche die Verwaltungsorganisation verändert wissen möchten oder ihr gar die Schuld daran beimessen, dass die Ergebnisse nicht noch günstiger sind. Brechen aber wirtschaftliche Krisen aus, welche die Ergebnisse schmälern und bei längerer Dauer oder grösserer Schwere die Verwaltung zwingen, zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichtes eine Einnahmenvermehrung durch Tariferhöhungen und eine Ausgabenverminderung durch Fahrplaneinschränkungen und dergleichen in die Wege zu leiten, dann setzt die Kritik lebhafter und verschärft ein und richtet sich zunächst gegen die bestehende Verwaltungsform, weil man vermutet, es seien hier die grössten Ersparnisse mit der geringsten Eigeneinbusse zu erzielen.

Dass die gegenwärtige Organisation der Verwaltung der Bundesbahnen schwerfällig ist, wird von niemand bestritten. Schon das Eückkaufsgesetz vom 15. Oktober 1897 trug als Kompromissgesetz, wie erwähnt, die Keime für die spätem Anfeindungen der dadurch geschaffenen Verwaltungseinrichtung in sich. Die zur Zeit der Privatbahnen
herrschenden Verhältnisse wurden, um damit ver-> bundene Interessen der Bevölkerung möglichst zu schonen, in ziemlich weitgehendem Masse beibehalten. Dies hatte zur Folge, dass die Staatsbahnorganisation auch noch mit gewissen Mängeln des frühern Systems belastet wurde, an denen sie zum Teil heute noch zu tragen hat. Die Städte, die bisher Sitz einer Privatbahndirektion waren,

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erhielten wiederum einen Direktionssitz, wodurch sich die für ein einheitliches Eisenbahnnetz von nicht ganz 8000 km unverhältnismässig grosse Zahl von 20 Direktoren ergab. Diese DirektorenHypertrophie führte aber unwillkürlich zu einem grossen BeamtenStab und allen damit verbundenen Nachteilen.

Das Eückkaufsgesetz hatte auch die Verwaltung viel zu reichlich mit Instanzen und Dienststellen ausgestattet, und deshalb wurde ihr Geschäftsgang umständlich und schleppend, zum Schaden der Arbeitsfreudigkeit im Innern der Verwaltung und zum Ärger der Bevölkerung. Man gewinnt den Eindruck, dass einzelne dieser Instanzen den Verwaltungsapparat allein schon dadurch belasten, dass sie gefragt sein wollen und ihnen berichtet werden muss. Sie vermehren auch die Kontrollarbeit, da jede Dienststelle von einer andern überwacht wird, eine Tätigkeit, die sich in einer geordneten Verwaltung nicht vermeiden lässt, die aber nicht notwendig das Mass und den Umfang zu erreichen braucht, zu dem sie sich bei den Bundesbahnen ausgewachsen hat.

Die grosse Zahl der Instanzen und Dienststellen hatte aber auch die weitere sehr unliebsame Wirkung, dass zum Nachteil des Unternehmens das Verantwortungsgefühl geschwächt wurde, indem bei fast allen Entschliessungen mehrere Instanzen mitzuwirken haben und schliesslich keine allein die volle Verantwortung trägt.

Die Trennung der Geschäftsführung zwischen der Generaldirektion und den Kreisdirektionen, nach welcher sich die Kreisdirektoren naturgemäss in erster Linie als Vertreter ihrer Kreise betrachteten, führte häufig zu Gegensätzen im Innern der Verwaltung und zu Eivalitäten unter den Kreisen selbst. Solche Beibungen schaden dem Ansehen der Verwaltung nach innen und nach aussen.

Die Dienstvorschriften über die Obliegenheiten und Befugnisse der einzelnen Dienststellen Hessen von Anfang an der Initiative wenig Spielraum. Wenn sich im Laufe der Zeit Missgriffe und Fehler zeigten, begnügte man sich nicht mit einer Belehrung oder Bestrafung der Fehlbaren, sondern schuf neue Kautelen, um derartige Vorkommnisse zu verhindern. Dadurch wuchs die Zahl der Vorschriften fast ins Ungemessene. Übereifrige oder ungeschickte Vorgesetzte rissen nicht selten auch solche Befugnisse an sich, die nach den Vorschriften den Untergebenen gehörten und ebensogut von diesen hätten ausgeübt werden
können. Dadurch wurde die Selbständigkeit der einzelnen Dienststellen derart eingeengt, dass gerade unter den besten und tüchtigsten Elementen der Verwaltung sich häufig tiefgreifender Missmut und Verdrossenheit geltend machten.

Derartige Misstände können bei einer staatlichen Verwaltung .in der Begel leichter und rascher um sich greifen als bei einer

5.73 privaten .Unternehmung, weil es der Staat.sinstitution, die durch Gesetze, Verordnungen und andere Bücksichten gebunden ist, viel .schwerer fällt, sich-rechtzeitig solcher Krankheitserscheinungen und ihrer Verursacher zu erwehren. Sie treten aber auch stärker hervor, weil die Kritik einer öffentlichen Unternehmung gegenüber viel schärfer, andauernder und rücksichtsloser einsetzt.

Wenn auch nicht ausschliesslich, so fallen doch zu einem wesentlichen Teil die von uns genannten und sonst noch bestehenden Mängel den Schwächen des bisherigen Organisationsgesetzes zur Last. Die Leitung des Unternehmens hat, und das soll hier anerkannt werden, ^tets mit grosser Aufopferung alles aufzubieten gesucht, um die sich zeigenden Schwierigkeiten zu überwinden und das. Unternehmen möglichst heil durch die Krisis der letzten Jahre hindurchzuführen.

Und was auch immer für Mängel der Verwaltung anhaften, so ist deren guter Wille und deren absolute Integrität nie in Zweifel gesogen worden.

Von der Notwendigkeit, die Organisation unseres grössten Begieunternehmens einfacher und damit wirtschaftlicher zu gestalten, "waren die Behörden längst überzeugt. Dafür sprechen die schon vor mehr als einem Dezennium begonnenen Studien und die seither ausgearbeiteten Projekte, auf die wir im folgenden zu sprechen kommen.

B. Die bisherigen Keformfoestrebungen.

Die ersten Betriebsjahre der Bundesbahnen standen unter dem Zeichen einer günstigen Verkehrsentwicklung und brachten eine erfreuliche und stetige Steigerung der Einnahmen. Die Verwaltung war dabei in der Lage, dem Publikum über die bei der Eisenbahnverstaatlichung in Aussicht genommenen Verkehrserleichterungen hinaus durch Tarifmassnahmen aller Art und durch Fahrplanverbesserungen in weitestem Masse entgegenzukommen. Unter diesen Umständen wurden in diesen ersten Jahren keine Klagen laut, die den Euf nach einer Verwaltungsreform geweckt hätten. Die kurze Dauer des Staatsbahnbetriebes hätte ein abschliessendes Urteil über den Gang der Verwaltung ohnehin nicht gestattet. Immerhin ist es bezeichnend, dass die ständerätliche Kommission für die Vorberatung des Jahresvoranschlages der Bundesbahnen schon am 30. August 1902 in einem Berichte an den Ständerat den Antrag stellte, den Bundesrat zur Prüfung der Frage einzuladen, ob es nicht angezeigt sei, das Eückkaufsgesetz in dem Sinne abzuändern, dass das vom Verwaltungsrate aufzustellende Jahresbudget nur der Genehmigung des Bundesrates und nicht derjenigen der Bundesversammlung bedürfe.

Bundesblatt.

73. Jahrg.

Bd. III.

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574 Eine lebhafte Kritik der Bundesbahnverwaltung setzte ein, als sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und den Ausgaben von Jahr zu Jahr ungünstiger gestaltete -- der Betriebskoeffizient stieg 1908 auf 72jsa % -- und die Verwaltung genötigt war, zur Herstellung des gestörten Gleichgewichtes umfassende Sparmassnahmen zu ergreifen. Als die Generaldirektion im Juni 1908 dem Bundesrate den Entwurf einer neuen Vollziehungsverordnung zum Eückkaufsgesetz vorlegte, in dem sie im Hinblick auf den Übergang der Gotthardbahn an den Bund und auf das Anwachsen der Geschäftslast überhaupt die Erhöhung der Zahl der Generaldirektoren von fünf auf sieben beantragte, nahm die Presse Anlass, die Mängel der Verwaltungsorganisation von neuem eingehend zu erörtern. Der Bundesrat trat auf den Entwurf nicht ein und beauftragte das Eisenbahndepartement mit der Prüfung der Frage, ob nicht, wenn nötig auf dem Wege der Gesetzesrevision, in der Organisation der Bundesbahnverwaltung erhebliche Vereinfachungen und Ersparnisse erzielt werden könnten. Auch die Bundesbahnkommission des Nationalrates wies bei der Behandlung des Voranschlages für das Jahr 1909, sowie des Geschäftsberichtes und der Bechnung für 1908 auf die Notwendigkeit von Beforrnen hin, die insbesondere die Erzielung von Ersparnissen und eine engere Verbindung der Bundesbahnen mit dem Bundesrate anzustreben hätten.

Einer Einladung des Eisenbahndepartementes Folge gebend* legte die Generaldirektion im März 1909 einen ersten Entwurf für ein neues Bückkaufsgesetz vor, der eine weitgehende Zentralisation der Verwaltung bezweckte. Die öffentliche Meinung zeigte sich jedoch einer Beorganisation in diesem Sinne wenig geneigt. Man wünschte im Gegenteil, dass den Kreisdirektionen mehr Bewegungsfreiheit eingeräumt und auf diese Weise der schwerfällige Geschäftsgang vereinfacht und Doppelarbeit vermieden werde. Auch die Bundesversammlung wies auf diesen Weg, indem sie bei der Behandlung des Voranschlages für das Jahr 1910 die Einladung an den Bundesrat richtete, zu prüfen, ob nicht die Dienstabteilung des Bauwesens vereinfacht und den Kreisdirektionen mit Bezug auf die von ihnen auszuführenden Bauten grössere Kompetenzen eingeräumt werden sollten.

Da in der Folge die Gesetzesrevision angesichts der inzwischen eingetretenen Besserung der Finanzlage der Bundesbahnen als
weniger dringlich erachtet wurde und der von der Generaldirektion im Jahre 1909 vorgelegte Gesetzesentwurf zudem bei der im Parlament zutage getretenen Stimmung keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, verschob das Eisenbahndepartement vorläufig die Weiterbehandlung der Angelegenheit.

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Ende 1912 stellte die Generaldirektion das Gesuch an das Eisenbahndepartement, es möchte ihr Gelegenheit gegeben werden, ihre Vorschläge vom März 1909 einer nochmaligen Durchsicht und Prüfung zu unterziehen. Das Departement antwortete der Generaldirektion in zustimmendem Sinne und legte ihr gleichzeitig nahe, ito neuen Entwurf die Kreiseisenbahnräte und die Kreisdirektioneu beizubehalten und eine Vereinfachung des Dienstganges durch Beseitigung jeder Doppelarbeit anzustreben. Als Ergebnis ihrer Studien übermittelte die Generaldirektion im Dezember 1918 dem Eisenbahndepartement zwei neue Gesetzesentwürfe für die Eeorganisation der Bundesbahnen, wovon der eine die Beibehaltung der Kreisbehörden vorsah, der andere aber die Abschaffung der Kreisdirektionen in ihrer bisherigen Form und der Kreiseisenbahnräte vorschlug.

Die mit dem Kriegsausbruch verbundene ausserordentliche Inanspruchnahme des Bundesrates führte zu einer nochmaligen Hinausschiebung der Verwaltungsreform. Im Dezember 1914 reichten allerdings Herr Nationalrat Studer und 15 Mitunterzeichner eine Motion ein, womit der Bundesrat eingeladen werden sollte, die Revision des Eückkaufsgesetzes vom 15. Oktober 1897 vorzubereiten und im Laufe des Jahres 1915 den eidgenössischen Bäten seinen Bericht und seine Anträge zu unterbreiten. Die Motion gelangte jedoch erst im Jahre 1918 zur Behandlung. Sie wurde vom Nationalrat erheblich erklärt, vom Ständerat aber abgelehnt.

Schon vorher, im Juni 1917, hatte das Eisenbahndepartement die Angelegenheit wieder in Fluss gebracht durch die an die Generaldirektion gerichtete Einladung, nochmals zu prüfen, ob und in welcher Weise das Bückkaufsgesetz abzuändern sei. Die Generaldirektion kam der Einladung durch Aufstellung eines neuen Gesetzesentwurfes nach, den sie im August 1917 zunächst dem Verwaltungsrate unterbreitete. Als wichtigste Änderungen gegenüber dem geltenden Gesetz waren in diesem Entwurfe die Aufhebung der Kreiseisenbahnräte, die Ersetzung der Kreisdirektionen durch Kreisinspektionen und die Zentralisation der Werkstätten und Materialverwaltungen vorgesehen.

Die ständige Kommission des Verwaltungsrates unterzog die Vorschläge der Generaldirektion bereits am 28. August 1917 einer ersten Beratung. Sie beschloss nach einem vorläufigen Meinungsaustausch, zunächst den Kreiseisenbahnräten Gelegenheit
zur Ansichtsäusserung über die Vorlage zu geben.

Die Kreiseisenbahnräte bestritten die Notwendigkeit einer Reform der Verwaltung nicht; einzelne bezeichneten sie sogar als dringend. Sie waren aber übereinstimmend der Ansicht, der Entwurf

576 der, Generaldirektion gehe in der Centralisation. der Verwaltung zu weit und .entbehre auch der nötigen Ausführlichkeit, weshalb er nicht geeignet sei, .als Grundlage für die Beratung der Beorganisationsfrage zu dienen, Von diesem Standpunkte aus verlangten die Kreis: eisenbahnräte, dass .die Vorlage der Generaldirektion durch eine ge nauere Umschreibung der Organisation, der Aufgaben und Befug» nisse der Kreisinspektionen ergänzt und ein neuer, auf dem Grundsatze der Dezentralisation der Verwaltung beruhender Entwurf unter Mitwirkung der Kreis direktionen aufgestellt werde..

In einem an den Verwaltungsrat gerichteten Ergänzungsbericht vom 10. August 1918 nahm die Generaldirektion Stellung zu den Aussetzungen und Begehren der Kreiseisenbahnräte und gab gleichzeitig Kenntnis vom Ergebnis 'der Besprechungen, die sie mit den Kreisdirektionen über die Organisationsfrage gepflogen hatte. Mit dem Bericht legte die General direkt ion einen revidierten. Gesetzesentwurf vor, der im wesentlichen an den Bichtlinien des frühern Entwurfes festhielt und dessen wichtigste Neuerung darin bestand, dass er die Ausgestaltung der ständigen Kommission als besonderes Organ der Verwaltung vorschlug.

'· Bei der in weiten Kreisen -herrschenden Abneigung gegen eine vermehrte Zentralisation der Verwaltung war vorauszusehen, dass die von der Generaldirektion vorgeschlagene Lösung auf unüberwindlichen Widerstand stossen und sich nicht verwirklichen lassen werde. Diese Überlegung bestimmte den Präsidenten des Verwaltungsrates, Herrn Ständerat von Arx, der ständigen Kommission, im Juni 1919 einen eigenen Entwurf vorzulegen, der sich weniger als die bisherigen Vorschläge von dem geltenden Gesetz entfernte und sich auf die Verbesserungen und Vereinfachungen beschränkte, deren Durchführung ohne Durchbrechung der Grundsätze, der bestehenden Organisation möglich schien. Der Verwaltungsrat, die Generaldirektor!, die Kreiseisenbahnräte und die Kreisdirektionen waren als Organe der Verwaltung beibehalten, und zwar der Verwaltungsrat und die Kreiseisenbahnräte mit der bisherigen Mitgliederzahl. Statt fünf Generaldirektoren waren drei bis vier vorgesehen, und bei jeder der fünf Kreisdirektionen sollte ein Direktor an die Stelle des Kollegiums von drei Direktoren treten.

. Im Laufe ihrer Beratungen über die Eeformfrage holte dio
ständige Kommission des Verwaltungsrates von Herrn Professor Dr. Speiser in Basel ein Gutachten ein über die grundlegenden Gesichtspunkte für die Vereinfachung der Verwaltung. In diesem Gutachten wurde die .gänzliche Beseitigung der Kreisdirektionen als unzweckmässig bezeichnet und vorgeschlagen, als Ziel der : Reorr

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ganisation die Ausgestaltung der ständigen Kommission an Stelle des Verwaltungsrates anzustreben. Ferner wurde darin empfohlen, die Bundesbahnverwaltung in eine organische Verbindung mit dem Eisenbahndepartement zu bringen, was dadurch geschehen könne, dass man diesem Departemente die Kompetenzen des Verwaltungsrates übertrage und ihm die ständige Kommission als beratendes Kollegium angliedere. Die Kreiseisenbahnräte wären bei der vorgeschlagenen Umwandlung des Verwaltungsrates als Vertreter der regionalen und lokalen Interessen beizubehalten.

· · In den Monaten Juni und Juli 1919 unterzog die ständige Kommission des Verwaltungsrates die Beformfrage auf Grund der vorliegenden Entwürfe und Vorschläge einer einlässlichen Prüfung und stellte die ^Richtlinien für einen" neuen Entwurf fest, der von der Generaldirektion ausgearbeitet und von der ständigen Kommis.siori im März 1920 mit wenigen Änderungen dem Verwaltungsrate vorgelegt wurde.

: Angesichts der durch den Krieg herbeigeführten misslichen Finanzlage der Bundesbahnen, die wiederholte Taxerhöhungen, Einschränkungen in den Zugsleistungen und .andere den Verkehr belastende Massnahmen nötig machte, war inzwischen der Kuf nach einer Beschleunigung der Bundesbahnreform immer dringender geworden. Er fand seinen Widerhall auch in den eidgenössischen Bäten. Im Dezember 1919 reichten Herr Nationalrat Bothpletz und 22 Mitunterzeichner im Nationalrate eine Motion ein, womit der Bundesrat erneut eingeladen wurde, beförderüchst zu berichten, wie die vom ganzen Schweizervolk als dringend notwendig erkannte Beorganisation der schweizerischen · Bundesbahnen im Sinne der Vereinfachung des Verwaltungs- und Arbeitsapparates raschesten« durchgeführt werden könne. Die Motion wurde, nachdem sich der Vorsteher des Eisenbahndepartementes zur Entgegennahme bereit erklärt hatte, vom Nationalrat am 29. April 1920 erheblich erklärt.

Der Verwaltungsrat der Bundesbahnen hatte inzwischen zunächst den fünf Kreiseisenbahnräten Gelegenheit gegeben, zu der Vorlage seiner ständigen Kommission Stellung zu nehmen. Sämtliche sprachen sich für eine Bevision im Sinne der Dezentralisation aus und verlangten die Beibehaltung der Kreiseisenbahnräte und eine Erweiterung ihrer Kompetenzen. Neben den Kreiseisenbahnräten wurde auch das Personal angehört, das an der Beorganisationsfrage
begreiflicherweise den lebhaftesten Anteil nimmt. Es befürwortete die Ersetzung der bisherigen fünf Kreise durch drei Betriebskreise mit je drei Kreisabteilungen. Ferner trat es dafür ein, dass die Mitgliederzahl des Verwaltungsrates und der ständigen Kommission

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.herabgesetzt werde. Als Hauptübel der bestehenden Organisation bezeichnete es den Umstand^ dass viel zu viel Doppelarbeit geleistet und den örtlichen Dienststellen zu wenig Selbständigkeit und Verantwortung überlassen werde.

Der Verwaltungsrat behandelte die Vorlage seiner ständigen Kommission im Oktober 1920. Wir beschränken uns hier darauf, die wichtigsten Ergebnisse der Beratungen mitzuteilen. Zunächst ist hervorzuheben, dass ein bei der Eintretensfrage gestellter Antrag, als Grundlage für die Detailberatung nicht den Entwurf der ständigen Kommission zu verwenden, sondern auf den Entwurf der Generaldirektion vom August 1918 zurückzugreifen, abgelehnt wurde. Der die allgemeinen Bestimmungen enthaltende Abschnitt I und der die Befugnisse der Bundesversammlung und des Bundesrates umschreibende Abschnitt II gaben dem Bäte zu keinen Bemerkungen Anlass.

Bei dem von den Organen der Verwaltung handelnden Abschnitt III wurden Anträge auf Abschaffung der Kreisdirektionen und der Kreiseisenbahnräte gestellt. Beide Anträge wurden verworfen. Das gleiche Schicksal erlitt ein Antrag des Personalvertreters, die Personalkommission als Organ der Verwaltung zu bezeichnen. Ebenso wurden zwei Anträge, die eine Verminderung der Zahl der Verwaltungsräte bezweckten, mit grossem Mehr abgelehnt. Auch der Antrag, die Zahl der Kreise von fünf auf drei zu vermindern, vermochte nicht durchzudringen. Dagegen stimmte der Verwaltungsrat der Zentralisation der Materialverwaltung und der Werkstätten mit grosser Mehrheit zu. In der Schlussabstimmung wurde die Vorlage der ständigen Kommission mit einigen unwesentlichen Änderungen gutgeheissen.

Der so bereinigte Gesetzesentwurf ist dem Eisenbahndepartement am 2. November 1920 zugegangen.

Die Beformvorschläge des Verwaltungsrates wurden in der Öffentlichkeit nicht günstig aufgenommen. Man machte dem.Verwaltungsrate zum Vorwurf, dass er am Bestehenden allzu ängstlich iestgehalten und dabei unterlassen habe, die Änderungen vorzuschlagen, die durchgeführt werden müssten, wenn das angestrebte Ziel einer Vereinfachung und Verbesserung der Verwaltung wirklich erreicht werden solle. Auch das Eisenbahndepartement konnte sich dem Eindrucke nicht verschliessen, dass nur eine durchgreifendere Venvaltungsreform die erhofften Vorteile wirklich zu bringen vermöge. Wie schon bei der Beantwortung
der Motion Bothpletz in Aussicht gestellt worden war, berief das Departement zur Beratung der Reorganisationsfrage eine Expertenkommission, der neben Eisenbahnfachleuten der Bundesbahnen und der grossen Privatbahnen die in Organisationsfragen erfahrensten Vertreter aller Berufszweige, .sowie ein Pevsonalvertreter angehörten. Diese Expertenkommission

579 trat im März dieses Jahres zu einer mehrtägigen Sitzung zusammen und besprach eingehend die Richtlinien, die für die Eeform der Bundesbahnverwaltung zu empfehlen seien. Unter Berücksichtigung dieser Ratschläge arbeitete das Eisenbahndepartement einen Gesetzesentwurf aus, welcher der Expertenkommission Ende Mai dieses* Jahres mit dem Vorentwurf für eine Vollziehungsverordnung zur Begutachtung vorgelegt wurde. Die Experten waren in sämtlichen Hauptpunkten mit den Vorschlägen des Eisenbahndepartementes einverstanden.

Mit allem Nachdruck empfahlen sie die Bestellung eines Verwaltungsrates von nicht mehr als 11 Mitgliedern und daneben, als Bindeglied zwischen der Verwaltung und den verschiedenen regionalen, politischen und wirtschaftlichen Interessentenkreisen, konsultative Eisenbahnräte.

Ferner befürworteten sie die Einteilung des Bundesbahnnetzes in drei Kreise, von denen jeder einen Kreisdirektor mit neu umschriebenen Aufgaben erhalten soll, den unmittelbaren Verkehr zwischen den Abteilungsvorständen der Generaldirektion und der Kreisdirektionen und die Zuteilung abschliessender Befugnisse an die mittlern und untern Organe der Verwaltung.

C. Die hauptsächlichsten Gesichtspunkte für die Reorganisation.

1. Allgemeines.

Das Hauptziel der Reorganisation muss, und darin gehen alle bisherigen Reformvorschläge einig, vor allem eine erhebliche Vereinfachung des schwerfälligen Verwaltungsapparates sein, um eine raschere Geschäftsbehandlung und möglichst weitgehende Ersparnisse zu erzielen.

Es muss danach getrachtet werden, jede unnötige Doppelarbeit zu vermeiden, die Kontrolle auf das unumgänglich Notwendige zu beschränken und jede überflüssige Berichterstattung zu beseitigen.

Die Verwaltung sollte schon in ihrem innern Aufbau, ihrer Organisation einfacher, natürlicher und sparsamer ausgebildet werden, damit sich diese bewährten Eigenschaften der ganzen Geschäftsführung der Verwaltung einprägen, ohne dass sie durch äussern Zwang oder gar erst durch die Not der Zeit in sie hineingetragen werden müssen. Die Zahl der Instanzen und der Direktoren, überhaupt der ganze Beamtenstab, muss nach Möglichkeit vermindert werden, denn darin liegt das wirksamste Mittel, die Verwaltung zu vereinfachen und sie vor einer ungesunden Bureaukratie zu bewahren. Für die Ökonomie der Arbeitskräfte, die überall zu beobachten ist, muss oben das gute Beispiel gegeben werden.

580 Über diese allgemeinen Eichtlinien kann kaum mehr eine Meinungsverschiedenheit bestehen Die Ansichten gehen erst auseinander,, .wenn es sich um die Peststellung der Verwaltungsform handelt.

Es sind daher auch in dieser Hinsicht einige grundsätzliche Erwägungen notwendig. Die Generaldirektion hat in ihrem Berichte vom 6. August 1917, welchen sie ihrem, eine stärkere Zentralisation vorsehenden Reorganisationsentwurf beigab, ausdrücklich erklärt, dass sie diejenige Organisation vorschlage, die nach ihrer Überzeugung vom . S t a n d p u n k t e der Verwaltung aus als die zweckmässigste und vorteilhafteste Lösung zu betrachten sei. Es liege weder in ihrer Aufgabe, noch entspreche es ihrer Stellung als Verwaltungsbehörde, bei Ausarbeitung des Entwurfes Erwägungen der Opportunität oder Eücksichten auf politische oder regionale Anschauungen mitsprechen zu lassen. Die Ansicht, der durch diese Bemerkungen Ausdruck verliehen wird, ist verständlich, sie kann aber nicht ausschliesslich wegleitend sein für die weitere Behandlung der Beorganisationsfrage, denn die Bundesbahnverwaltung ist schliesslich nicht Selbstzweck, sondern sie hat dem Lande zu dienen und muss sich infolgedessen bis zu einem gewissen Grade nach seinen politischen Anschauungen, seinen Bedürfnissen und Auffassungen richten. Es liegt auch im ureigensten Interesse einer derartigen öffentlichen Verwaltung, dass sie sich den übrigen Landeseinrichtungen möglichst anschliesst und dadurch Gegensätze und Konflikte vermeidet, die ihr die Aufgabe nur erschweren und sie unbeliebt machen können. Eine gewisse Popularität ist unerlässlich für eine Eisenbahnverwaltung, die wie kaum eine andere Unternehmung mit den Behörden des Lande» und seiner Bevölkerung in fortwährender Berührung steht. Ihre Einrichtungen dürfen daher den Anschauungen des Landes nicht widersprechen.

2, Vergleiche mit den Organisationen ausländischer Bahiwerwaltu/ngen*

Die Eichtigkeit der Auffassung, dass sich die Organisation einer Staatsbahnverwaltung nach den übrigen Staats- und Verwaltungseinrichtungen ihres Landes zu richten habe, wird auch durch das Studium der Eisenbahnverwaltungen unserer Nachbarländer bestätigt. Die Organisationen dieser Verwaltungen weichen sehr stark voneinander ab und lassen sich nicht auf unser Land und seine Staatsbahnverwaltung übertragen. Wir müssen in dieser Hinsicht ebenso selbständig vorgehen, wie dies die andern Staaten getan haben. In den am Weltkriege beteiligt gewesenen Ländern vollzieht sich zudem infolge der vielfachen Umwälzungen, die der Krieg mit sich gebracht 'hat, auch in den Organisationen der Eisenbahnverwaltungen manche

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tiefgehende Wandlung, ohne dass es jetzt schon möglich wäre, sich über die Art und den Erfolg dieser Veränderung einen klaren Überblick zu verschaffen.

Es führt auch zu Irrtümern, wenn versucht werden will, auf Grund des üblichen, zur Veröffentlichung gelangenden Zahlenmaterials statistische Vergleichungen über die Eisenbahnorganisationen anzustellen. Die verschiedenen Statistiken stimmen in ihren Grundlagen und ihrer Darstellungsweise nicht überein, und sehr häufig verursachen auch verschiedenartige Bezeichnungen der gleichen Sache oder Tätigkeit ein ganz unzutreffendes Bild. Wenn z. B. darauf hingewiesen wird, dass die grossen französischen Bahngesellschaften von einem einzigen Generaldirektor, ohne Mitwirkung weiterer Direktoren, geleitet werden, so ist nicht zu übersehen, dass die zahlreichen obern Funktionäre dieser Bahngesellschaften zwar nicht den Titel eines Direktors, aber gleiche Aufgaben und in der Begel auch weit grössere Befugnisse haben als die Direktoren unserer Bundesbahnen. Wir legen Wert darauf, dies hier zu erwähnen, da man nicht selten derartigen unzutreffenden Vergleichungen begegnet.

3. Stellung der Bundesbahnverwaltung zur allgemeinen Bundesverwaltung.

Unter den besondern Gesichtspunkten, die für die Reorganisation in Frage kommen, ist zunächst die Stellung der Bundesbahnen zur allgemeinen Bundesverwaltung zu erörtern. Bei Erlass des Eückkaufsgesetzes vom 15. Oktober 1897 wurde eine weitgehende Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Bundesbahnverwaltung als eine politische und wirtschaftliche Notwendigkeit bezeichnet und dieser Grundsatz auch allgemein anerkannt. Die bisherigen Erfahrungen haben dieser Auffassung recht gegeben, und heute muss hieran auch aus verwaltungsteehnischen Erwägungen festgehalten werden. Ein Unternehmen von der Art, der Ausdehnung und der Bedeutung der Bundesbahnen bedarf grösserer Bewegungsfreiheit als die übrigen, den einzelnen Departementen des Bundesrates unmittelbar unterstellten Verwaltungszweige des Bundes, denen bei weitem nicht der gleiche kommerzielle und industrielle Charakter zukommt. Wir sind der Ansicht, dass auch von staatsrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Gesichtspunkten aus betrachtet keine Veranlassung zu einer Änderung dieser Seite der Organisation vorliegt, sofern im übrigen dem Bundesrate die ihm nach der Verfassung zukommende Stellung auch der Verwaltung der Bundesbahnen gegenüber gewahrt bleibt.

582 Die Unterstellung der Bundesbahnen unter die direkte Leitung dos Eisenbahndepartementes halten wir auch deshalb nicht für zweckmässig, weil dadurch eine zu starke, nicht wirklich notwendige Belastung des Eisenbahndepartementes und damit auch des Bundesrates mit den unendlich vielen und mannigfaltigen Einzelheiten des Bahnbetriebes verbunden wäre. Es ist auch nicht wünschbar, dass sich die oberste Exekutive des Landes früher und mehr mit Meinungverschiedenheiten und Auseinandersetzungen über technische und Verwaltungsfragen zu befassen habe, als dies bisher geschehen ist.

Wir könnten aber auch einer gänzlichen Selbständigkeit der Bundesbahnen, etwa nach dem Vorbilde der Nationalbank oder der Unfallversicherungsanstalt, nicht das Wort reden, da der Zusammenhang zwischen unsern Bundesbahnen und unserer Volkswirtschaft 'ein engerer und vielseitigerer ist. Auch der Umstand, dass das Budget der Staatsbahn grösser ist oder grösser sein kann als das ganze übrige Staatsbudget, legt es nahe, dem Parlament und der Landesregierung einen gewissen Einfluss auf deren Geschäftsgebaren einzuräumen.

Wir halten es daher auch für unerlässlich, dass der Bundesrat das Recht habe, der Bundesbahnverwaltung die ihm im Interesse des Landes notwendig scheinenden Weisungen zu erteilen, eine Befugnis, die ihm unseres Erachtens heute schon als Ausfluss seines Aufsichtsrechtes zustand.

4. Zentralisation oder Dezentralisation.

Eine weit wichtigere Bolle als die im vorstehenden Kapitel behandelte staatsrechtliche Stellung der Bundesbahnen spielt in der Verwaltungsreform der Streit um Zentralisation oder Dezentralisation. Wir kommen damit zu der Frage, die für weite Kreise den Angelpunkt des ganzen Eeorganisationsproblems bedeutet und die es bisher verunrnöglicht hat, zu einer allgemein Anklang findenden Lösung zu gelangen. Es ist daher notwendig, diese grundsätzliche Seite der Bundesbalmreform klarzustellen, bevor auf die Einzelheiten des Gesetzesentwurfes eingetreten wird. Wir haben schon im allgemeinen Teil dieses Abschnittes darauf hingewiesen, dass eine öffentliche Verwaltung und insbesondere eine Eisenbahnverwaltung danach trachten müsse, sich den übrigen Einrichtungen ihres Landes und den Anschauungen seiner Bevölkerung möglichst anzupassen. Damit ist aber auch gesagt, dass für unsere Bundesbahnverwaltung weder die reine Zentralisation noch die feine Dezentralisation in Frage kommen kann.

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Die Zusammensetzung unseres Landes aus verschiedenen Eassen-und Sprachstämmen, sowie dessen staatsrechtliche Struktur macht läufig eine individuelle Behandlung der einzelnen Landesteile notwendig. Die Bundesbahnen stehen mehr als jede andere Verwaltung in fortwährendem Verkehr mit den Behörden der Kantone und Gemeinden und namentlich auch mit ihren Transportgebern. Ihre Verwaltung darf daher nicht zu sehr zentralisiert sein, wenn sie den Terschiedenartigen Bedürfnissen der einzelnen Landesgegenden, Verkehrszentren, Berufsgruppen u. dgl. gerecht werden will.

Anderseits ist aber eine Eisenbahnverwaltung wiederum geizwungen, ihre Einrichtungen und ihr Verfahren in vielfacher Richtung einheitlich zu gestalten. Den Eeisenden und Frachtgebern muss die Verwaltung im ganzen Lande die gleiche Behandlung zuteil werden lassen; dem Personal gegenüber muss überall der gleiche Massstab angelegt werden. Von allen Zweigen der Verwaltung, wo immer sie ihren Sitz haben, ist die gleiche Sparsamkeit und Bücksicht auf das Gesamtunternehmen zu verlangen, und über die für den Ausbau des Netzes verfügbaren Mittel muss nach einheitlichen Gesichtspunkten, die den Bedürfnissen des ganzen Bundesbahnnetzes Eechnung tragen, verfügt werden. Auch für die Bildung des Fahrplanes und die Betriebsführung muss das kaum 8000 km umfassendo Bundesbahnnetz bis zu einem gewissen Grade ein Ganzes bilden.

Dass auf diesen Gebieten die Einheitlichkeit für den guten Gang der Verwaltung unerlässlich sei, wird selbst von den ausgesprochenen Gegnern einer Zentralisation nicht in Abrede gestellt. Daraus ergibt sich aber auch, dass man auf die Bundesbahnverwaltung nicht ohno weiteres und ohne weitgehende Einschränkung die Anschauungen übertragen kann, die man je nach der persönlichen Auffassung bezüglich Zentralisation odei* Dezentralisation in der übrigen Staatsverwaltung als politisches Ideal ansieht. Die Verwaltungsreform der Bundesbahnen bedarf aus Gründen, die sich aus dem Wesen der Eisenbahnverwaltung ergeben, einer besondern Einschätzung, die' von der rein politischen verschieden ist, und wir würden es als einen Fehler betrachten, wenn man in der Frage der Bundesbahnreform den Axiomen Zentralisation oder Dezentralisation allzu grosse politische Bedeutung beimessen wollte. Wir halten vielmehr dafür, dass es richtiger sei, diese Ausdrücke,
namentlich soweit es sich dabei um 'Schlagworte handelt, beiseite zu lassen und vorurteilsfrei zu erwägen, inwieweit in der Verwaltung der Bundesbahnen im Interesse dieser Verwaltung und des Landes eine einheitliche Leitung unerlässlich ist und inwieweit den äussern Organen der Verwaltung, zu denen auch die Kreisdirektionen zu rechnen sind, ohne Nachteil das freie Verfügungsrecht gelassen werden kann. Dabei sei, um

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Missverständnissen vorzubeugen, ausdrücklich erwähnt, dass uns eine möglichst weitgehende Selbständigkeit und Unabhängigkeit der äussern Organe als zweckmässig und geboten erscheint.

5. Die Vermehrung der Selbständigkeit und Verantwortung der äussern Dienststellen.

Die Vermehrung der Selbständigkeit und Verantwortung der äussern Dienststellen ist nach unserm Dafürhalten eines der wichtigsten Mittel, um die durch die Eeorganisation angestrebte Vereinfachung der Bundesbahnverwaltung zu erzielen. Wir haben schon in der Einleitung bei der Besprechung der Mängel der heutigen Verwaltungseinrichtung darauf hingewiesen, wie umfangreich mit der Zeit die Vorschriften über die Obliegenheiten und Befugnisse der einzelnen Dienststellen geworden sind, wie hier und da ungeschickte Vorgesetzte Befugnisse an sich rissen, die ihren Untergebenen zustanden, und wie dadurch die Selbständigkeit der einzelnen Dienststellen eingeengt und mannigfacher Missmut hervorgerufen wurde. Es ist daher durchaus an der Zeit, in dieser Hinsicht gründlich Abhilfe zu schaffen, und wir geben dieser Absicht auch im Gesetzesentwurfe (Art. l, Absatz 2) deutlich Ausdruck. Die Vermehrung der Befugnisse der einzelnen Dienststellen sichert einen einfachem und raschern Geschäftsgang und wird zur Erhöhung der Arbeitsfreudigkeit des Personals beitragen.

Das Eisenbahndepartement widmet dieser Seite der Beform die grösste Aufmerksamkeit und hat auch schon die nötigen Schritte unternommen, um unter Mitwirkung des Personals feststellen zu lassen, auf welchem Gebiete und in welchem Masse eine Erweiterung der Befugnisse der mittlern und untern Dienststellen der Verwaltung möglich ist. Für die obern Dienststellen haben Gesetz, Vollziehungsverordnung und die vom Verwaltungsrat zu erlassenden Dienstorganisationen das Nötige vorzukehren.

6, Umfang der Gesetzesrevision.

Das Bückkaufsgesetz vom 15. Oktober Ì897 besteht seinem Inhalte nach aus zwei Hauptteilen, den Bestimmungen über die Erwerbung der Eisenbahnen durch den Bund und den Vorschriften über die Organisation der Bundesbahnverwaltung.

Im Interesse einer baldigen Durchführung der Verwaltungsreform erachten wir es für angezeigt, alle Erörterungen, die 'mit dem Zweck unserer Vorlage nicht in unmittelbarem Zusammenhange stehen, beiseite zu lassen. Demgemäss sind in den Gesetzesentwurf nur die O r g a n i s a t i o n beschlagende Bestimmungen aufgenommen worden.

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Die Art. l--4, 6 und 9 des Gesetzes betreffend die Erwerbung der Eisenbahnen, desgleichen die Schlussbestimmung Art. 49 werden daher von der Revision nicht berührt; sie bleiben unverändert fortbestehen. Ferner haben wir davon abgesehen, den Abschnitt II., 4. «Allgemeine Bestimmungen», Art. 40--47 des bestehenden Gesetzes, der die Anstellungs- und Dienstverhältnisse der Beamten und Angestellten der Bundesbahnen regelt, in den Gesetzesentwurf zu übernehmen, da vorgesehen ist, diese Verhältnisse in Zukunft durch das neue Besoldungsgesetz für das Bundespersonal einheitlich für die ganze Bundesverwaltung zu ordnen. Bis zum Erlass dieses neuen Besoldungsgesetzes werden für das Bundesbahnpersonal die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen Anwendung finden.

D. Die einzelnen Bestimmungen des Gesetzesentwurfes.

1. Allgemeine Bestimmungen.

Zu Art. 1. Mit der im ersten Absatz gegebenen Anweisung soll ein für allemal klargestellt werden, dass bei unserm grössten nationalen Verkehrsunternehmen weder ein rein fiskalischer Betrieb, wobei die Interessen der Allgemeinheit hintangesetzt werden müssten, noch ein völliger Verzicht auf ökonomische Eigenwirtschaft Platz greifen darf. Die Tatsache, dass beide Extreme immer wieder Befürworter finden, lässt diese Klarstellung angezeigt erscheinen.

Im zweiten Absatz ist nur der Schlussatz neu. Angesichts der nach den bisherigen Erfahrungen nicht selten vorkommenden Eingriffe oberer Organe in die Befugnisse der untern dürfte eine ausdrückliche Willenserklärung des Gesetzgebers, dass den einzelnen Dienststellen möglichst weitgehende Selbständigkeit eingeräumt und gewahrt werden soll, nicht überflüssig sein.

Zu Art. 2. Die drei ersten Absätze dieses Artikels entsprechen im wesentlichen den Absätzen 3--5 des Art. 12 des bisherigen Gesetzes.

Der vierte Absatz sieht insofern eine Änderung vor, als die Kompetenz des Bundesgerichtes als einziger Instanz für die Entscheidung zivilrechtlicher Klagen von Korporationen und Privaten gegen die Bundesbahnen, die bisher für Prozesse mit einem Streitwert von wenigstens Fr. 30,000 bestand, gänzlich aufgehoben, d. h. auf die freie Vereinbarung unter den Parteien beschränkt wird. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es nicht zweckmässig ist, das Bundesgericht für die Instruktion derartiger Prozesse in Anspruch zu nehmen.

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Die vorgeschlagene Bestimmung steht übrigens im Einklang mit der Anschauung, die in Art. 25 des Eisenbahnhaftpflichtgesetzeft vom 28. März 1905 zum Ausdruck gelangt ist.

Zu Art. 3. Der erste Absatz vereinigt die im heutigen Gesetz.

in Art. 10, Abs. l und 2, getroffenen Bestimmungen über das Steuerprivileg der Bundesbahnen.

Die Bestimmung des zweiten Absatzes ist aus dem Entwürfe des Verwaltungsrates aufgenommen worden. Sie tritt an die Stelle des Art. 10, Absatz 3, des bisherigen Gesetzes.

Zu Art. 4. Dieser Artikel ordnet in Übereinstimmung mit dem, Art. 11 des heutigen Gesetzes die Frage, inwieweit neben den ausschliesslich zur Begelung der Verhältnisse der Bundesbahnverwaltung erlassenen Spezialgesetzen auch die Bestimmungen der allgemeinen Bundesgesetzgebung in Eisenbahnsachen auf die Bundesbahnen Anwendung finden.

Im zweiten Absatz ist klargestellt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der allgemeinen Eisenbahngesetzgebung auf die Bundesbahnen insbesondere als nicht vorhanden anzusehen sind, soweit die Bestimmungen über die Bundesaufsicht und Kontrolle über die Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen in Frage kommen. In unserm Berichte über die Geschäftsführung des Eisenbahndepartementes im Jahre 1918 (Bundesbl. 1919, Bd. II, S. 188 f.) haben wir darauf hingewiesen, dass die technische Kontrolle über die Bundesbahnen bis dahin in gleicher Weise ausgeübt worden sei wie über die Privatbahnen. Eine derartige intensive und ständigfr Überwachung einer in sich selbst schon hierarchisch gegliederten staatlichen Anstalt durch eine andere staatliche Instanz sei aber eine Anomalie und führe zu einem schleppenden Geschäftsgang und zu einer in vielen Fällen ganz überflüssigen und kostspieligen Doppelarbeit. Das Eisenbahndepartement habe daher darauf Bedacht genommen, die Kontrolle über die Bundesbahnen auf das Mass des wirklich Notwendigen einzuschränken. Sie haben dieser Massnähme, über deren Einzelheiten nähere Aufschlüsse gegeben wurden, anlässlich der Genehmigung des Geschäftsberichtes zugestimmt.

Die Vereinfachung der Kontrolle, die auf den l, Oktober 1919 eingeführt worden ist, hat sich in allen Teilen bewährt. Es sind dadurch auch nicht unbedeutende Ersparnisse möglich geworden, da die Kontrollingenieure, denen früher die Überwachung der Bundesbahnen übertragen war, bei eintretenden Vakanzen nicht ersetzt zu werden brauchen und auch sonst beim Eisenbahndepartement manche Vereinfachung durchgeführt werden konnte. Die im zweiten Absatz des

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Art. 4 vorgeschlagene Bestimmung gestattet, die heutige Ordnung der Dinge auch fernerhin beizubehalten. Soweit eine Kontrolle über die Bundesbahnen -wirklich nötig ist, kann sie auch in Zukunft kraft der dem Bundesrate in Art. 6 des Gesetzesenfrwurfes vorbehaltenen Befugnisse und auf Grund der für die Bundesbahnen gel* tenden Spezialgesetze ausgeübt werden.

2. Befugnisse der Bundesversammlung und des Bundesrates.

Zu Art. 5. Dieser Artikel ersetzt in etwas gedrängterer Form den Art. 18, lit. A, des bisherigen Gesetzes. Materiell ist nur insofern eine Einschränkung vorgesehen, als die Genehmigung der Eisenbahnpacht- und Betriebsverträge in Zukunft nicht mehr der Bundes' Versammlung vorbehalten, sondern dem Bundesrate übertragen werden soll.

Ziffer 8 enthält die gesetzliche Festlegung der bisherigen Praxis.

Da die Gesetzesrevision vor allem eine Vereinfachung der Verwaltung durch Verminderung der Zahl der Instanzen bezweckt, könnte man sich fragen, ob es nicht angezeigt sei, den schon im Jahre 1902 von der Bundesbahnkommission des Ständerates gestellten Antrag wieder aufzunehmen, wonach die Genehmigung des Voranschlages dem Bundesrate überlassen bliebe. Die Neuerung hätte den Vorteil, dass der Voranschlag nicht schon im Monat Juni, wie es jetzt geschieht, sondern erst im Oktober aufgestellt werden müsste und daher der Wirklichkeit näher käme. Wir haben von einer solchen Änderung abgesehen, da wir der Ansicht sind, bei der vorgeschlagenen Verminderung der Zahl der Verwaltungsräte gehe es nicht an, gleichzeitig auch das Budgetrecht der Bundesversammlung einzuschränken, um so weniger, als damit den Kantonen, die im Verwaltungsrate inskünftig nicht mehr vertreten sein werden, auch die Möglichkeit genommen wäre, mittelbar durch ihre Vertreter in der Bundesversammlung einen gewissen Einfluss auf die Geschäftsführung der Bundesbahnen auszuüben. Auch im Hinblick auf den Umfang des Bundesbahnbudgets muss dem Parlament ein Mitspracherecht gewahrt bleiben.

Zu Art. 6. Für die Aufzählung der Befugnisse des Bundesrates ist ebenfalls eine andere Form gewählt worden, ohne dass materiell eine wesentliche Änderung vorgesehen wäre.

Die Frage, ob der Bundesrat allein auf Grund seiner verfassungsmässigen Stellung befugt sei, der Bundesbahnverwaltung Weisungen zu erteilen, hat schon zu Meinungsverschiedenheiten Anlass gegeben.

Im Jahre 1908 glaubte das Eisenbahndepartement, die Frage ver-

588 neinen zu müssen. Die nationalrätliche Bundesbahnkommission bezweifelte aber .die Eichtigkeit dieser Auffassung und bemerkte .in ihrem-Berichte über das Budget der Bundesbahnen für das Jahr 1909 (Bundesbl. 1908, Bd. VI, S. 307) unter anderm: «Wenn der Bundesrat der Meinung ist, dass ihm diese Befugnis (zur Erteilung von Weisungen an die Bundesbahnverwaltung) nicht zusteht, was unseres Erachtens nicht richtig ist, da ihm die Bundesbahnen auf die gleiche Art und Weise untergeordnet sind, wie alle übrigen eidgenössischen Verwaltungen, so muss man sie ihm auf dem Gesetzeswege verschaffen.» Die im ersten Absatz des Art. 6 vorgeschlagene Eegelung bezweckt, in dieser Hinsicht jeden Zweifel für die Zukunft auszuschliessen.

- . - . Bezüglich der Ziffern 3 und 4 e des Art. 6 gestatten wir uns, auf die Ausführungen zu Art. 5 zu verweisen. Die in den Ziffern 4 a--v gegenüber dem jetzigen Zustande vorgesehenen Änderungen sind eine Folge der Einschränkung der technischen Kontrolle des Eisenbahndepartementes. Die Ziffern 4 d, f und g entsprechen dem bisherigen Verfahren und der allgemeinen Eisenbahngesetzgebung.

3. Die Organe der Verwaltung.

Zu Art. 7. Im Gegensatz zum bestehenden Gesetz, das vier Organe der Verwaltung kennt, sieht der Gesetzesentwurf nur noch deren drei vor. Diese Änderung ist aber nur formeller Natur, da die Generaldirektion und die Kreisdirektionen unter der Bezeichnung «Geschäftsleitung» zusammengefasst werden. Es wird damit hervorgehoben, dass die Geschäftsleitung ein einheitliches Ganzes bilden soll, in welcher die Generaldirektion und die Kreisdirektionen sich nicht als verschiedene, zeitweise entgegengesetzte Ziele verfolgende Organe gegenüberstehen dürfen. Im Stadium der Beratung über die zu treffenden Massnahmen sollen die Kreisdirektionen uneingeschränkt ihre Meinung zum Ausdruck bringen. Ist aber einmal der Entscheid über eine Frage getroffen, so hat dieser Entscheid als der einheitliche Wille der Geschäftsleitung zu gelten.

1. Der Verwaltungsrat und die EisenbaJmräte.

Zu Art. 8--10. Eine der einschneidendsten und wichtigsten Änderungen, die der Gesetzesentwurf in Vorschlag bringt, betrifft die Gestaltung des Verwaltungsrates. Das heutige Kollegium von 55 Mitgliedern ist unbestreitbar ein zu schwerfälliges Organ, das sich zur Beratung aller Einzelheiten der von ihm zu behandelnden Geschäfte nicht wohl eignet. Es war daher unvermeidlich, dass für die

580 Vorberatung ein Ausschuss, die sogenannte «Ständige Kommission» gebildet werden musste, die heute aus einem Präsidenten und zehn Mitgliedern besteht. Diese ständige Kommission, deren Mitglieder allein Gelegenheit haben, sich eingehend mit allen Eisenbahnfragen zu beschäftigen, hat in der Tat als Beraterin der Generaldirektion und als vorbereitendes Organ des Verwaltungsrates einen entscheidenden Einfluss gewonnen, und zwar, wie anerkannt werden soll, zum Vorteil des Unternehmens. In seinem Entwurfe für die Eevision des Eückkaufsgesetzes schlägt der Verwaltungsrat vor, die ständige Kommission zu einem besondern Organ der Verwaltung auszugestalten und ihr eine Anzahl Geschäfte, die gegenwärtig in seine Zuständigkeit fallen, zur selbständigen Erledigung zu übertragen.

Es ist zuzugeben, dass der in der Schwerfälligkeit des heutigen Verwaltungsrates liegende Mangel dadurch gemildert würde. Der Vorschlag bestärkt uns aber auch in der Ansicht, dass die richtige Lösung überhaupt in der Ersetzung des Verwaltungsrates durch ein kleineres Kollegium zu suchen ist. Dieser Schritt darf angesichts der mit der Einrichtung der ständigen Kommission gemachten Erfahrungen sicher ohne Bedenken gewagt werden, ist doch der Verwaltungsrat bisher äusserst selten und nur in untergeordneten Dingen von den Anträgen der Kommission abgewichen. Eine kleine Verwaltungsbehörde kann -- das ist für die Vereinfachung des Geschäftsganges besonders wichtig -- viel leichter und häufiger zusammentreten und vermag auch die Geschäfte rascher und dennoch gründlicher zu behandeln als ein Eat von 55 Mitgliedern.

Es ist auch vielfach Anstoss daran genommen worden, dass der Verwaltungsrat in seiner heutigen, durch das Gesetz vorgezeichneten Zusammensetzung Mitglieder aufweist, die Interessen zu vertreten haben, welche denjenigen der Bundesbahnen zuwiderlaufen können, und die daher unter Umständen in eine für das sachliche Interesse der B ahn ver waltung nicht unbedenkliche Doppelstellung geraten.

Es ist selbstverständlich, dass die Bundesbahnen auf die Bedürfnisse der verschiedenen Landesgegenden, der Berufsgruppen und des Personals Rücksicht nehmen müssen. Allein zur Aufklärung der Verwaltung über die Wünsche und Begehren der verschiedenen Interessentenkreise soll nicht, wie dies heute zutrifft, der Verwaltungsrat berufen sein, der
zugleich letztentscheidende Instanz ist.

Ein vom Eisenbahndepartement befragter Experte äussert sich über diese Frage in zutreffender Weise wie folgt: «Entweder muss man don Verwaltungsrat als eine Vertretung der Eisenbahninteressen ausser der Bahn, als ein Bindeglied zwischen dieser und der Aussenwelt betrachten; dann kann man freigebig den verschiedenen Interessentenkreisen, wirtschaftlichen und politischen, Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. III.

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eine Vertretung zugestehen. Aber man darf eine solche Behörde nicht entscheiden, sondern nur sich gutachtlich äussern lassen. Oder man will die Entscheidung über die wichtigsten Verwaltungsgeschäfte nicht dem kleinen Kollegium der Direktoren anvertrauen, dann rnuss man das grössere Kollegium aus Personen zusammensetzen, die ebensoviel oder mehr Erfahrung in Eisenbahnsachen haben als die Direktoren selbst.

Praktisch gesprochen wäre also der Verwaltungsrat nicht abzuschaffen, denn es ist gut und nützlich, dass die Leitung der Bahn in ständiger Fühlung mit den volkswirtschaftlichen Kreisen steht, denen die Verkehrsanstalt in erster Linie dienen soll. Aber ein solches Kollegium kann nicht zugleich die Leitung der Bahn übernehmen; es muss sich mit allgemeiner Wegleitung, Begutachtung, Anregung, Äusserung von Beschwerden usw. begnügen.» Unsere Vorschläge für die zukünftige Gestaltung des Verwaltungsrates und der Eisenbahnräte stimmen im wesentlichen mit dieser Auffassung überein.

Der eigentliche Verwaltungsrat, der den Gang der Dinge zu überwachen hat und dem die oberste Leitung und die höchste Entscheidungskompetenz vorbehalten sind, soll aus einer kleineren Zahl besonders geeigneter Männer bestehen, die stets in enger Fühlung mit dem Unternehmen bleiben. Für die im Gesetzesentwurf vorgesehene Beschränkung der Mitgliederzahl auf elf war die Erwägung massgebend, dass jede Vermehrung wieder die Bildung von Kommissionen nötig machen würde, was vermieden werden muss. Hinsichtlich der Obliegenheiten und Befugnisse des Verwaltungsrates lässt der Entwurf keine Änderung von grösserer Tragweite eintreten.

Zu Art. 22----25. Was die Kreiseisenbahnräte anbelangt, so schlagen wir vor, diese in veränderter Form beizubehalten, weil wir überzeugt sind, dass sie in der ihnen zugedachten Ausgestaltung berufen sein werden, als Bindeglied zwischen der Bahnverwaltung einerseits und den Behörden und der Bevölkerung der von ihnen vertretenen Kantone anderseits eine Tätigkeit zu entfalten, die für alle Teile nur erspriesslich sein kann. Aus den oben angeführten Gründen und angesichts des Zweckes der Gesetzesrevision, eine Vereinfachung des ganzen Verwaltungsapparates herbeizuführen, kann es sich allerdings nicht darum handeln, den Eisenbahnräten eine entscheidende Mitwirkung in der Verwaltung zuzugestehen. Ihre Stellung
kann nur die einer konsultativen Behörde sein. Demgemäss ist ihnen die Aufgabe vorbehalten, den Kreisdirektionen als Berater zur Seite zu stehen, sie über die Verkehrsbedürfnisse und Wünsche der Bevölkerung aufzuklären und auf diese Weise den kantonalen und lokalen Inter-

591 essen die ihnen zukommende Würdigung bei der Entscheidung über wichtigere Eisenbahnfragen zu sichern.

Nach dem Gesetzesentwurf sollen die Eisenbahnräte jährlich ein- bis zweimal auf Einladung und unter dem Vorsitze des Vorstehers des Eisenbahndepartementes zu einer gemeinsamen Tagung zusammentreten, an der auch die Mitglieder des Verwaltungsrates, die Generaldirektoren und die Kreisdirektoren teilnehmen. Diese gemeinsamen Beratungen, die den Beteiligten Gelegenheit bieten, gegenseitig Fühlung zu nehmen, sich über allgemeine, die Bundesbahnen betreffende Fragen und über etwaige Wünsche und Anregungen auszusprechen, werden den Eisenbahnräten verstärkten Einfluss verschaffen, um so mehr, als der Vorsitzende als Vertreter der Aufsichtsbehörde in der Lage sein wird, dafür zu sorgen, dass die von ihnen gestellten Postulate ernstlich in Erwägung gezogen werden.

Wir hoffen, dass sich die Einrichtung bewähren und in hohem Masse zur Erhaltung und Förderung guter Beziehungen zwischen der Bundesbahnverwaltung und dem Publikum beitragen werde.

Jeder Eisenbahnrat soll nach dem Gesetzesentwurf e 20 bis 25 Mitglieder zählen. In der VollziehungsVerordnung sind für alle drei Eisenbahnräte je 24 Mitglieder vorgesehen. Wir hätten eine kleinere Zahl auch für diese Behörde vorgezogen. Der Umstand, dass sich der mittlere Kreis über 13 Kantone erstreckt, von denen jeder mindestens einen Vertreter erhalten soll, bringt es jedoch mit sich, dass eine weitere Einschränkung der Mitgliederzahl nicht wohl möglich ist.

Die Eisenbahnräte sollen auch im Verwaltungsrate durch je ein Mitglied vertreten sein. Den Kantonen und Wirtschaftsverbänden bleibt zudem, wie bisher, die Möglichkeit, ihre Anliegen auch im Parlament bei der Beratung der Voranschläge und der Eechnungen der Bundesbahnen zur Sprache zu bringen. Übrigens sind die grössern wirtschaftlichen Verbände unseres Landes auch in der kommerziellen Konferenz der schweizerischen Transportunternehmungen und der Verkehrsinteressenten vertreten, wo sie in allen Verkehrs- und Tariffragen ihre Wünsche ebenfalls geltend machen können.

2. Die GeneraldireMion.

Zu Art. 12--16. Die Verminderung der Zahl der Kreise, der direkte Verkehr zwischen den Abteilungsvorständen der Generaldirektion und denjenigen der Kreisdirektionen, die Einschränkung der schriftlichen- Berichte und die
übrigen in Aussicht genommenen Vereinfachungen des Geschäftsganges gestatten die Annahme, dass drei Generaldirektoren für die Leitung des Unternehmens genügen. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass es sich empfiehlt, dem Präsidenten

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dieser Generaldirektion eine Sonderstellung einzuräumen, die ihm ermöglicht, in der ganzen Verwaltung einzugreifen und Weisungen zu erteilen, wo er es für nötig findet. Dadurch erhält auch die Einheitlichkeit und die persönliche Verantwortung der obersten Leitung deutlicheren Ausdruck.

Der Geschäftskreis der Generaldirektion wird nur insofern erweitert, als ihr die Hauptwerkstätten und die Materialverwaltung unmittelbar unterstellt werden. Die Vereinigung dieser Dienstzweige unter einheitlicher Leitung ermöglicht, eine Verminderung des Personalbestandes und des in den. Vorräten investierten Kapitals, erleichtert den Materialankauf und bringt auch sonst mancherlei Vorteile mit sich.

Der Vorentwurf für die Vollziehungsverordnung sieht vor, dass die Geschäfte der Generaldirekticn auf ein Präsidialdepartement, ein Bau- und Betriebsdepartement und ein Hechts- und Tarifdepartement verteilt werden. Die Vereinigung der bisherigen Bauund Betriebsdepartemente in einer Hand soll vermehrte Garantie dafür schaffen, dass die Bauausführungen mit den wirklichen Bedürfnissen des Betriebes in Einklang gebracht werden. Aus den bisherigen 17 Dienstabteilungen der Generaldirektion werden deren 13 gebildet, um auch bei diesen Verwaltungsinstanzen jeden nicht wirklich nötigen Aufwand zu vermeiden.

3. Die Rremlirektionen.

Zu Art. 17--21. Eine Eisenbahnunternehmung von der Grosse unserer Bundesbahnen lässt sich nicht mit Vorteil von einer Zentralleitung bis in alle Verästelungen hinaus administrieren. Eine Zwischengliederung ist unerlässlich, eine solche weisen auch alle ausländischen Bahnen auf; verschieden ist lediglich deren Bezeichnung und das Ausmass 'n der Zuteilung der Kompetenzen.

Die geographischen Verhältnisse unseres Landes und dessen Charakter als Bundesstaat Messen von Anfang an die Einteilung unseres Staatsbahnnetzes in Eisenbahnkreise mit relativ bedeutender Selbständigkeit als gegeben erscheinen. Auch der Entwurf der Generaldirektion sieht deshalb nicht etwa ihre Aufhebung vor, er nimmt ihnen lediglich die gegenwärtige Spitze und den Kreiseisenbahnrat in seiner heutigen Form Bestehen bleiben im Vorschlage der Generaldirektion die Kreisgrenzen und die Leitung durch die Abteilungschefs welche diese teils in Einzelkompetenz, teils als Kollegium ausüben.

Eine gänzliche Aufhebung dieser Kreise, eine Forderung, die für viele zum Schlagwort geworden ist, kann also nicht in Betracht

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fallen. Ebensowenig angängig ist es aber, das Postulat derjenigen zu erfüllen, die den Kreisen eine beinahe völlige Selbständigkeit einräumen wollen. Dadurch würde einer der wesentlichsten Vorteile der Verstaatlichung preisgegeben. Die Autonomie der Kreise rnuss da ihre Grenzen finden, wo ein rationeller Betrieb des ganzen Bundesbahnnetzes und die unerlässliche gleichartige Behandlung aller Landesteile einheitliche Direktiven erfordern. Auf diesem Standpunkt steht unser Entwurf.

Die Aussetzungen, die an der bestehenden Organisation gemacht werden, richten sich denn auch weniger gegen die Kreise als solche, als vielmehr gegen deren A n z a h l , deren Form und D o t i e r u n g mit Organen und insbesondere gegen ihre Beziehungen zu der General direktion.

Die A u f g a b e n der Kreisdirektionen erfahren nach dem Gesetzesentwurf insofern eine Einschränkung, als die Materialverwaltungen und die Hauptwerkstätten der unmittelbaren Leitung der Generaldirektion unterstellt werden. Anderseits soll das für die Ausführung von Neu-, Um- und Ergänzungsbauten geltende Verfahren vereinfacht und die Kompetenzen der Kreise erhöht werden, indem jeweilen anlässlich der Beratung des jährlichen Voranschlages bestimmt wird, welche Bauten die Kreisdirektionen ohne vorherige Genehmigung der Projekte durch die Generaldirektion ausführen können. Neu ist ferner die im Gesetzesentwurf vorgesehene Mitwirkung der Kreisdirektionen bei der Transportacquisition, sowie ihre Aufgabe, sich mit den für die Bundesbahnen in Betracht fallenden kommerziellen Verhältnissen der einzelnen Landesgegenden vertraut zu machen und die Zentralleitung darüber auf dem laufenden zu halten.

Die heutige Zahl der Kreisdirektionen entspricht nicht eisenbahntechnischen Bedürfnissen ; sie ist bekanntlich auf Zugeständnisse zurückzuführen, die man bei der Verstaatlichung glaubte machen zu sollen. Die heutige Einteilung hat sich aber nicht bewährt. Sie erschwert die Äufrechterhaltung der nötigen Einheit in der Geschäftsund Betriebsführung, sie macht den Verwaltungsapparat umständlich und verursacht grosse unnötige Kosten, die vermieden werden müssen, wenn mit der Ökonomie der Verwaltung Ernst gemacht werden will.

Die jetzigen 5 Kreise müssen, wenn wirklich eine durchgreifende Verbesserung der Organisation erzielt werden soll, entsprechend den natürlichen
Haupt Verkehrsrichtungen unseres Landes, durch einen Westkreis, einen Mittelkreis und einen Ostkreis ersetzt werden. Diese Verminderung der Zahl der Kreise ermöglicht es auch, den Kreisdirektionen in mancher Hinsicht grössere Bewegungsfreiheit ein-

594 zuräumen ; sie wird es auch erleichtern, für die obersten Stellen wirklich tüchtige Kräfte zu finden.

Der ursprüngliche Entwurf für das Bückkaufgesetz vorn Jahre 1897, der ebenfalls die Einteilung des Bundesbahnnetzes in 8 Kreise vorsah, empfahl als geeignete Sitze für die drei Kreisdirektionen die Städte Lausanne, Luzern und Zürich. Die Gründe, die damals für diese Wahl sprachen, bestehen auch heute noch. Es bedarf kaum einer ·weitern Erörterung hierüber. Dagegen ist noch die Frage zu prüfen, ob und in welcher Weise den Städten Basel und St. Gallen, die ihre bisherigen Kreisdirektionen verlieren sollen, durch Verlegung einzelner Dienstzweige, die sich nicht notwendig am Sitze einer Direktion befinden müssen, Ersatz geboten werden kann. In Betracht kommen hierfür die neue, vereinigte Materialverwaltung und die Einnahmenkontrolle. Für Basel, als Schnittpunkt der zukünftigen drei Kreise und als Uraschlagsort vom Wasser- zum Bahntransport ist überdies ein höherer Betriebsbeamter mit entsprechenden Kompetenzen vorgesehen. Die Generaldirektion hat erklärt, dass sie gerne bereit sei, die mit einer solchen Verlegung einzelner Dienstzweige verbundenen, an und für sich unbedeutenden Unzukömmlichkeiten in den Kauf zu nehmen, wenn dadurch die viel wichtigere Verminderung der Zahl der Kreise ermöglicht werden könne. Bei einer Dreiteilung unseres Eisenbahnnetzes lassen sich die von der Generaldirektion in ihrem Entwurfe vorn Jahre 1917 beabsichtigten Vereinfachungen der Verwaltung ohne eine so weitgehende, von grossen Teilen unseres Volkes nicht gewünschte Zentralisation erreichen und zugleich noch grössere Ersparnisse erzielen.

Die künftigen Kreisdirektoren haben, nach der ihnen im Gesetzesentwurf zugewiesenen Aufgabe, die Bundesbahnen in allen wichtigen, ihren Kreis betreffenden Angelegenheiten gegenüber den Behörden der Kantone und Gemeinden zu vertreten. Sie sorgen für ein gutes Einvernehmen mit diesen Behörden und unterhalten auch Beziehungen zu den verschiedenen wirtschaftlichen Verbänden und Berufsgruppen, um sich den nötigen Einblick in die Verkehrsbedürfnisse der einzelnen Landesgegenden zu verschaffen und die Generaldirektion davon unterrichten zu können. Den Personalangelegenheiten widmen sie ihre besondere Aufmerksamkeit; sie sind überhaupt verantwortlich für den geordneten Gang der Geschäfte
und des Betriebes ihres Kreises. Sie wachen darüber, dass die ihnen unterstellten Dienstabteilungen nach den Absichten und Wünschen der Geschäftsleitung tätig sind und sich gegenseitig in der Erfüllung ihrer Aufgaben wirksam unterstützen. In die Arbeiten dieser Dienstabteilungen, die ihre fachtechnisohen Weisungen in der Regel von den Abteilungsvorständen der Generaldirektion erhalten,

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werden die Kreisdirektoren nur dann eingreifen, wenn dies im Interesse der Verwaltung oder der Geschäftsführung nötig ist. Durch regelmässige mündliche Eapporte halten die Abteilungsvorstände den Kreisdirektor auf dem laufenden über den Gang der Geschäfte und nehmen bei diesem Anlass seine Weisungen und Eatschläge entgegen. Im übrigen kommen die bisherigen zeitraubenden Sitzungen der Kreisdirektionen in Wegfall. Bei den Kreisdirektionen in Lausanne und Zürich wird schon heute in dieser Weise verfahren und zwar mit dem besten Erfolg.

Die grösste Bedeutung kommt einer richtigen Eegelung der Beziehungen zwischen der Generaldirektion und den K r e i s d i r e k t i o n e n zu. Hierin liegt eine der hauptsächlichsten Schwächen der gegenwärtigen Organisation. Sie gestaltet den Geschäftsgang umständlich und schleppend und gibt Anlass zu mancher Doppelarbeit. Um diese Übelstände zu beseitigen, ist es unerlässlich, dass die Abteilungsvorstände der Geueraldirektion ohne den heute nötigen Umweg über die Direktionen unmittelbar mit den zum gleichen Dienstzweig gehörenden Abteilungen der Kreise verkehren und ihnen die zur geordneten Dienstabwicklung nötig werdenden besondern fachtechnischen Weisungen erteilen können.

Die vom Verwaltungsrat für die einzelnen Dienstzweige zu erlassenden Vorschriften haben hierüber das Nähere zu bestimmen.

Vorgesehen ist weiter eine engere Fühlung zwischen der Generaldirektion und den Kreisdirektoren, um dem Willen und den Absichten der Geschäftsleitung in den Kreisen einheitlich Nachachtung zu verschaffen. Die Generaldirektion wird daher wenigstens einmal monatlich mit den -Kreisdirektoren Besprechungen abhalten, um sie über ihre Absichten aufzuklären, sich über den Geschäftsgang bei den Kreisen unterrichten zu lassen und wichtige Geschäfte mit den Kreisdirektoren zu beraten. Die Kreisdirektoren nehmen ausserdem an den Sitzungen des Verwaltungsrates und der Bisenbahnräte teil. Die schriftliche Berichterstattung soll allgemein eingeschränkt und, soweit irgend möglich, durch den mündlichen Verkehr ersetzt werden.

An Stelle der jetzigen 7 Dienstabteilungen der Kreisdirektionen sind, ähnlich dem Vorschlage des Verwaltungsrates, nur noch deren 8 vorgesehen. Die bisherigen Eechtsbureaux und Eechnungsbureaux werden mit den Abteilungen für Personalangelegenheiten zu einer
Verwaltungsabteilung vereinigt. Die Materialverwaltungen werden zentralisiert, und die Sekretariate der Kreisdirektionen sollen als besondere Abteilung verschwinden. Infolge der Unterstellung der Hauptwerkstätten unter die Generaldirektion wird der technische Teil des Maschinendienstes bei den Kreisen eingeschränkt, wodurch

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es möglich wird, die Abteilungen der Obermaschineningenieure mit denjenigen der Betriebschefs zu vereinigen und so eine engere Verbindung dieser beiden Dienstz-weige, entsprechend der Natur ihrer Aufgabe, herzustellen.

4. Das Rechnungswesen der Bundesbahnen.

Für das Bechnungswesen der Bundesbahnen galten bisher die Art. 7 und 8 des Bückkaufgesetzes vom 15. Oktober 1897, die Art. 55 bis 64 der zugehörigen Vollziehungsverordnung und das Eisenbahnrechnungsgesetz in dem durch Bundesbeschluss vom 18. November 1906 bestimmten Umfange. Heute gesellt sich zu diesen Erlassen noch das Bundesgesetz vom 16. Dezember 1920, das den Art. 7 des Bückkaufgesetzes durch zwei neue Artikel ersetzt, welche die Frist für die Schuldenamortisation von 60 Jahren auf 100 Jahre erstrecken. Es empfiehlt sich, die wichtigern dieser Bestimmungen unter Durchführung der Änderungen, die sich im Laufe der Zeit als zweekmässig erwiesen haben, in einem besondern Abschnitte des neuen Gesetzes zusammenzufassen und die übrigen in die Vollziehungsverordnung aufzunehmen, so dass das Bechnungswesen der Bundesbahnen in Zukunft ausschliesslich durch diese beiden Erlasse geordnet sein wird.

Die Bestimmungen des Gesetzesentwurfes geben im übrigen nur zu folgenden Bemerkungen Anlass: Zu Art. 28. Dem schon wiederholt gemachten Vorschlag, den Erneuerungsfonds für die Bundesbahnen abzuschaffen, können wir nicht zustimmen. Der Erneuerungsfonds ist ein Wertberichtigungsposten der Bilanz. Bei den Beratungen über das Eisenbahnrechnungsgesetz ist ausdrücklich festgestellt worden, dass mit der Bildung dieses Fonds die Verhütung einer Bilanzunwahrheit bezweckt werde. Schon mit Bücksicht auf diese Zweckbestimmung des Erneuerungsfonds halten wir. in Übereinstimmung mit der Generaldirektion und dem Verwaltungsrate der Bundesbahnen, dessen Beibehaltung für notwendig. Es ist noch darauf hinzuweisen, dass der Anwendung der im Eisenbahnrechnungsgesetz enthaltenen Vorschriften über den Erneuerungsfonds auf die Bundesbahnen mit dem oben erwähnten Bundesbeschluss vom 18. November 1906 zugestimmt worden ist.

Der Umstand, dass die Bundesversammlung vor wenigen Jahren auch für die eidgenössische Telegraphenverwaltung die Schaffung eines Erneuerungsfonds im Sinne des Eisenbahnrechnungsgesetzes verlangt hat, zeigt, dass die Beachtung der einschlägigen Vorschriften für die Bundesbetriebe im Interesse einer soliden Bechnungsführung für geboten erachtet wird. Nebenbei sei noch bemerkt, dass das

597 Pesthalten an den Bestimmungen des Bechnungsgesetzes den Privat* bahnen gegenüber sehr erschwert würde, wenn man bei den Bundesbahnen von seinen bisher allgemein als vorbildlich betrachteten Grundsätzen abgehen wollte.

Zu Art. 29. Bei der Beratung des Geschäftsberichtes der Bundesbahnen für das Jahr 1911 durch die Bundesversammlung gab die Verwendung des Beingewinnes Anlass zu lebhaften Erörterungen.

Allgemein wurde die in Art. 8 des Bückkaufgesetzes getroffene Begelung als unzweckmässig bezeichnet und zu ihrer Änderung eine Gesetzesrevision angeregt.

Auf die Einladung des Eisenbahndepartementes hin wurde dieAngelegenheit von der Generaldirektion und vom Verwaltungsrate der Bundesbahnen eingehend geprüft. Als Ergebnis seiner Beratungen legte dann der Verwaltungsrat im November 1913 eine neue Fassung für den Art. 8 des Bückkaufgesetzes vor. Da die Frage mit der nach Kriegsausbruch einsetzenden Verschlechterung der Rechnungsergebnisse bedeutungslos wurde, gab das Eisenbahn département dem Antrage des Verwaltungsrates vorläufig keine Folge.

Obwohl es bei der gegenwärtigen Finanzlage der Bundesbahnen auch heute nicht als dringend erscheint, die Verwendung des Beingewinnes neu zu ordnen, so muss doch vermieden werden, in das neue Gesetz die als unzweckmässig erkannten Bestimmungen des Art. 8 des Bückkaufgesetzes zu übernehmen. Wir schlagen in Art. 29 des Gesetzesentwurfes eine Fassung vor, die im wesentlichen mit dem Antrage des Verwaitungsrates der Bundesbahnen übereinstimmt.

Nach dem zweiten Absatz soll ein allfälliger Aktivsaldo der Gewinn- und Verlustrechnung bis zum Betrage von 5 % der gesamten Betriebseinnahmen des Jahres auf neue Bechnung vorgetragen und ein weiterer Überschuss einem Beservefonds überwiesen werden, der nach dem dritten Absätze zur Deckung ausserordentlicher Ausgaben, sowie von Fehlbeträgen der Gewinn- und Verlustrechnung bestimmt ist. Ein Saldovortrag bis zur angegebenen Höhe ist angezeigt, da in einem hohen Aktivsaldo der Gewinn- und Verlustrechnung bereits eine gewisse Beserve für allfällige Fehlbeträge der folgenden Jahre enthalten ist. Diese Reserve ist namentlich auch für den Fall erwünscht, dass der besondere Beservefonds effektiv in Titeln angelegt wird, da sie gestattet vorübergehend auftretende kleinere Passivsaldi zu decken, ohne dass Entnahmen aus dem Fonds
nötig würden und unter Umständen Titel mit Verlust realisiert werden müssten. Was die Bildung eines Beservefonds anbetrifft; so entspricht es den Grundsätzen einer soliden Rechnungsführung, dass

598 in guten Jahren eine Beserve angelegt wird, woraus die nötigen Mittel zur Deckung der in Zeiten wirtschaftlicher Depressionen infolge des Verkehrsrückganges entstehenden Defizite geschöpft werden können. Gerade die Erfahrungen der letzten Jahre sind dazu angetan, die Schaffung eines ansehnlichen Eeservefonds nahezulegen.

Über den Bestand des Eeservefonds ist im Entwurf keine Bestimmung getroffen, da eine gesetzliche Begrenzung angesichts der heutigen Verhältnisse unnötig erscheint. Die Möglichkeit, dass der Eeservefonds in absehbarer Zeit auf einen allzu hohen Betrag anwachsen könnte, wird ohnehin durch die im vierten Absatz enthaltene Bestimmung ausgeschlossen, nach der Verkehrserleichterungen durchgeführt werden sollen, wenn der Überschuss der Gewinn- und Verlustrechnung in fünf aufeinanderfolgenden Jahren 8 % der jeweiligen Betriebseinnahmen übersteigt.

5. Anstellungs- und Dienstverhältnis des Personals.

Zu Art. 30. Da das Anstellungs- und Dienstverhältnis des Personals im neuen Besoldungsgesetz einheitlich für die ganze Bundesverwaltung geordnet werden soll, beschränken wir uns hier auf eine allgemeine Bestimmung, nach welcher bis zu einer andern gesetzlichen Eegelung die bisherigen Vorschriften Gültigkeit haben. Erwähnt sei hier auch noch, dass die Personalkommission und die Personalabteilungen bei der Generaldirektion und den Kreisdirektionen auch in der neuen Organisation beibehalten werden sollen.

Die bisher mit dieser Einrichtung gemachten Erfahrungen haben durchaus befriedigt.

E. Die Ersparnisse.

Zur Ermittlung der ziffernmässig nachweisbaren Ersparnisse, die sich bei Einführung der von uns vorgeschlagenen Organisation erzielen lassen, wurden einlässliche Berechnungen aufgestellt. Dabei ergab sich, dass 405 Beamte und jährlich Fr. 5,100,000 erspart werden können.

Die Verminderung des Personalbestandes ist in der Hauptsache auf die Eeduktion der Zahl der Kreise, die Verminderung der Zahl der Kreisdirektoren und ihrer Sekretariate, sowie auf die Vereinigung der Materialverwaltungen und die allgemeine Vereinfachung des Geschäftsganges zurückzuführen. Die jährlichen Ersparnisse von Fr. 5,100,000 verteilen sich auf die Personalausgaben (Fr. 4,420,000), die Verminderung der Zahl der Verwaltungsräte (Fr. 80,000) und auf die geringern Kosten für Verzinsung und Aufbewahrung der Vorräte der Werkstätten und Materialverwaltungen (Fr. 650,000).

599 Würde man die bisherigen 5 Kreise beibehalten, so verminderten sich der Personalbestand nur um 210 Beamte und die jährlichen Ausgaben nur um Fr. 3,100,000. Die Vorteile der Verminderung der Zahl der Kreise liegen aber, wie schon erwähnt, nicht nur in den Ersparnissen, die dadurch erzielt werden können, ' sondern vor allem in der Vereinfachung der Verwaltung.

Die Ersparnisse, von denen hier die Kede ist, treten allerdings nicht sofort ein, da die Verminderung des Personalbestandes nur nach und nach möglich ist. Es handelt sich aber immerhin um so beträchtliche Summen dass auf deren Einsparung nicht verzichtet werden darf, wenn überhaupt noch von einer ökonomischen Verwaltung die Eede sein soll.

F. Schlussbemerknng.

Der Gesetzesentwurf, den wir Ihnen hiermit vorlegen, stützt sich auf die bald 20jährige Erfahrung, auf gründliche Vorstudien und auf das Urteil einer Kommission erfahrener Experten. Er stellt unserer Überzeugung nach diejenige Form der Staatsbahnverwaltung dar, die sich für unser Land und seine Verhältnisse am besten eignet und die auch den Bedürfnissen der Verwaltung selbst entspricht. Die Gestaltung der einzelnen Organe, die die Verwaltung erhalten soll, und ihre gegenseitigen Beziehungen wurden sorgfältig gegeneinander abgewogen, so dass eine Änderung bei der einen Instanz kaum ohne entsprechende Umgestaltung der andern Instanzen möglich ist.

Mit dem Erlass eines neuen Gesetzes und einer neuen Vollziehungsverordnung allein ist es allerdings nicht getan. Unerlässlich ist vielmehr dass von oben bis unten der gute Wille geweckt werde, den etwas erstarrten Organismus in ein lebendiges Werkzeug zur Förderung unserer Volkswirtschaft umzugestalten.

Diesem neuen Geiste soll der Entwurf die Entfaltung erleichtern.

Das Schweizervolk will, dass endlich von den Vorbereitungen zur Tat geschritten werde.

Bern, den 16. Juni 1921.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Schulthess.

Der Bundeskanzler: Steiger.

600 (Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

die Organisation und Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in der Absicht, die Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen zu vereinfachen und ihren Betrieb wirtschaftlicher zu gestalten ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 16. Juni 1921 ; gestützt auf Art. 26 der Bundesverfassung, beschliesst : bis

Die Art. 5, 7, 7 , 8, 10--39 und 48 des Bundesgesetzes vom 15. Oktober 1897 betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Eechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen werden durch folgende Bestimmungen ersetzt:

I. Allgemeine Bestimmungen.

Art. 1.

Die vom Bunde erworbenen und die von ihm gebauten Eisenbahnen sind als «schweizerische Bundesbahnen» unter Wahrung der Interessen der nationalen Volkswirtschaft nach kaufmännischen Grundsätzen zu verwalten und zu betreiben.

8 Geschäftsführung und Betrieb sind Sache einer innerhalb der Bestimmungen dieses Gesetzes selbständigen eidgenössischen Verwaltung. Den einzelnen Dienststellen dieser Verwaltung ist zur Sicherung eines einfachen und raschen Geschäftsganges möglichst weitgehende Selbständigkeit einzuräumen.

1

601 Art; 2.

Die Verwaltung der Bundesbahnen hat ihr rechtliches Domizil am Sitze der Generaldirektion.

2 Sie hat ausserdem in jedem Kanton ein Domizil am Kantonshauptorte zu verzeigen, an dem sie von den Kantonseinwohnern belangt werden kann.

3 Für dingliche Klagen gilt der Gerichtsstand der gelegenen Sache.

4 Für die gegen die Bundesbahnen gerichteten Klagen finden die Bestimmungen des Art. 48, Ziffer 2, des Bundesgesetzes vom 22. März 1898/6. Oktober 1911 über die Organisation der Bundesrechtspflege keine Anwendung.

1

Art. 8.

Die Bundesbahnen sind von jeder Besteuerung durch die Kantone und Gemeinden befreit. Diese Bestimmung gilt nicht für Liegenschaften, die sich zwar im Eigentume der Bundesbahnen befinden, aber keine notwendige Beziehung zum Bahnbetriebe haben.

2 Für das Rollmaterial, das Mobiliar und die Transportgegenstände sind die Bundesbahnen den kantonalen Vorschriften über die Versicherungspflicht nicht unterworfen.

1

Art. 4.

Die allgemeine Bundesgesetzgebung in Bisenbahnsachen gilt auch für die Bundesbahnen, sofern hierfür die Voraussetzungen vorhanden sind und keine andere Ordnung getroffen ist.

8 Die Vorschriften über die Bundesaufsicht und Kontrolle über die Eisenbahn- und Schiffahrtsunternehmungen finden auf die Bundesbahnen keine Anwendung.

1

II. Befugnisse der Bundesversammlung und des Bandesrates.

Art. 5.

Der Bundesversammlung stehen neben der Gesetzgebungsbefugnis zu: 1. Die Genehmigung des Voranschlags.

2. Die Abnahme der Jahresrechnung und des Geschäftsberichts.

8. Die Ermächtigung des Bundesrates zur Aufnahme von Anleihen für die Bedürfnisse der Bundesbahnen.

602 Art. 6.

Der Bundesrat übt die Oberaufsicht über die Geschäftsführung der Verwaltung aus und bestimmt die Bichtlinien für die allgemeine Eisenbahnpolitik. Er kann der Bundesbahnverwaltung die ihm im Interesse des Landes gutscheinenden Weisungen erteilen.

Ferner stehen ihm zu: 1. Die Vertretung der Bundesbahnverwaltung gegenüber der Bundesversammlung.

2. Die Wahlen: a. des Präsidenten, des Vizepräsidenten und der Mitglieder des Verwaltungsrates; b. des Präsidenten der Generaldirektion, der Generaldirektoren und der Kreisdirektoren; c. von je sechs Mitgliedern der Eisenbahnräte.

8. Die Aufnahme von Anleihen und die Pestsetzung der Anleihensbedingungen.

4. Die Genehmigung: a. der allgemeinen Bauprojekte für neue Linien; b. der Pläne für Neu-, Um- und Ergänzungsbauten, für die der Kostenvoranschlag den Betrag von Fr. 3,000,000 überschreitet ; c. der Pläne für andere Bauausführungen, einschliesslich der Vorlagen über die das Gebiet der Bundesbahnen in Anspruch nehmenden elektrischen Anlagen Dritter, soweit sich die Bundesbahnen mit den zur Begutachtung be. rufenen eidgenössischen oder kantonalen Amtsstellen oder den beteiligten Dritten nicht verständigen können; d. der Fahrpläne; e. der Eisenbahn-Pacht- und Betriebsverträge; /. der Statuten für die Personalversicherung; g. des Réglementes für den Erneuerungfonds.

III. Organe der Verwaltung.

Art. 7.

Die Organe der Bundesbahnverwaltung sind: 1. Der Verwaltungsrat.

2. Die Geschäftsleitung.

8. Die Eisenbahnräte.

603

1. Der Verwaltungsrat.

Art. 8.

1

Der Verwaltungsrat besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und 9 Mitgliedern, die vom Bundesrate gewählt werden.

2

Jeder Eisenbahnrat soll mit einem Mitglied im Verwaltungsrat vertreten sein.

3

Die Amtsdauer des Verwaltungsrates beträgt drei Jahre.

Art. 9.

Dem Verwaltungsrate stehen zu: 1. Die Aufsicht über die gesamte Verwaltung.

2. Die Begutachtung aller wichtigen, die Bundesbahnen betreffenden Geschäfte, die vom Bundesrate oder von der Bundesversammlung zu behandeln sind.

8. Die Feststellung des Voranschlages, sowie die Prüfung der Jahresrechnung und des Geschäftsberichtes zuhanden des Bundesrates.

4. Die Aufstellung der allgemeinen Verwaltungsorganisation und der Grundsätze über die Fürsorge für das Personal.

5. Die Beschlussfassung über generelle Projekte für grössere Neu-, Um- und Ergänzungsbauten.

6. Die Genehmigung wichtiger Verträge.

7. Die Aufstellung der Wahlvorschläge für den Präsidenten der Generaldirektion, die Generaldirektoren und Kreisdirektoren zuhanden des Bundesrates, sowie die Wahl der Abteilungsvorstände der Generaldirektion.

2 Die nähere Umschreibung der Obliegenheiten und Befugnisse des Verwaltungsrates erfolgt durch die Vollziehungsverordnung.

1

Art. 10.

Die Generaldirektoren und die Kreisdirektoren wohnen den Sitzungen des Verwaltungsrates mit beratender Stimme und mit dem Eechte der Antragstellung bei.

2 Der Präsident und die Mitglieder des Verwaltungsrates beziehen Entschädigungen, deren Ausmass vom Bundesrate festgesetzt wird.

1

604

2. Die Geschäftsleitung.

Art. 11.

Die Geschäftsleitung wird gebildet aus der Generaldirektion und den Kreisdirektionen. .

a. Die Generaldirektion.

Art. 12.

1 Die Generaldirektion besteht aus dem Präsidenten und zwei Generaldirektoren, die auf unverbindlichen Vorschlag des Verwaltungsrates vom Bundesrate gewählt werden.

2 Die Amtsdauer des Präsidenten und der Generaldirektoren beträgt sechs Jahre.

3 Die Generaldirektion hat ihren Sitz in Bern.

Art. 13.

Der Generaldirektion liegt unter Vorbehalt der dem Verwaltungsrate zustehenden Befugnisse und der nach Massgabe dieses Gesetzes den Kreisdirektionen übertragenen Aufgaben die oberste Leitung und Geschäftsführung ob.

2 Sie wählt mit der in Art. 9, Ziffer 7, vorgesehenen Ausnahme ihr Personal und die Abteilungsvorstände der Kreisdirektionen.

2 Die Beschlussfassung über die wichtigeren Geschäfte erfolgt durch die Generaldirektion als Behörde. Die Vorbereitung dieser Geschäfte, die Erledigung weniger wichtiger Geschäfte, sowie die spezielle Leitung und Überwachung der einzelnen Geschäftszweige wird nach Departementen unter den Präsidenten und die Generaldirektoren verteilt.

Art. 14.

1 Der Präsident der Generaldirektion vertritt die Bundesbahnverwaltung nach aussen, soweit ihm dies nach der Natur der Geschäfte angezeigt erscheint.

2 Er steht dem Präsidialdepartemente vor und überwacht den Gang der Verwaltung. Er kann auch in die Geschäftsführung der andern Departemente und der Kreisdirektionen eingreifen und unmittelbar Weisungen erteilen, wenn er dies für notwendig erachtet.

1

Art. 15.

· Zur Leitung der dem Präsidenten und den Generaldirektoren unmittelbar unterstellten Dienstzweige bestehen am Sitze der Ge-

605 neraldirektion die nötigen Dienstabteilungen; einzelne Dienstzweige können mit Zustimmung des Bundesrates auch ausserhalb dieses Sitzes verlegt werden.

Art. 16.

1 An der Spitze jeder Dienstabteilung steht ein Abteilungsvorstand, der vom Verwaltungsrat gewählt wird.

2 Die Abteilungsvorstände leiten im Eahmen der Dienstorganisation und des jährlichen Voranschlages die Geschäfte ihrer Abteilung. Sie erteilen innerhalb ihres Geschäftskreises den Abteilungen der Kreise die nötigen Weisungen und überwachen deren Durchführung.

8 Die Abteilungsvorstände haben dem ihnen vorgesetzten Departementsvorsteher über den Gang der Geschäfte mündlich und in wichtigen Fällen schriftlich Bericht zu erstatten und die erforderlichen Anträge^zu stellen.

b. Die Kreisdirektionen.

Art. 17.

Für die Verwaltung und den Betrieb wird das Bundesbahnnetz in drei Kreise eingeteilt.

2 Die Kreiseinteilung erfolgt auf Antrag des Verwaltungsrates durch den Bundesrat.

3 Für die Verwendung des Personals und die Benützung der Anlagen und Betriebsmittel fallen die Kreisgrenzen nicht in Betracht.

1

1 2

Art. 18.

Für jeden Eisenbahnkreis besteht eine Kreisdirektion.

Sitz der Kreisdirektionen sind Lausanne, Luzern und Zürich.

Art. 19.

Der Geschäftskreis der Kreisdirektionen umfasst: 1. Die administrative und gerichtliche Vertretung in allen Angelegenheiten, deren Besorgung den Kreisdirektionen obliegt.

2. Die Leitung folgender Dienstzweige im Bereiche ihres Kreises, nach den jeweilen geltenden Vorschriften und erhaltenen Weisungen : Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. IH.

41

606

a. Verwaltung des Grundbesitzes.

Ì). Rechnungswesen und Kassendienst.

c. Unterhalt und Bewachung der Bahn.

d. Stationsdienst und Zugsbegleitung.

e. Zugförderung.

/. Schiffahrts- und Hafenbetrieb.

g. Verwaltung der Lagerhäuser.

h. Einrichtung von Rollfuhrdiensten.

8. Die Indienstnahme, Wahl, Versetzung, Entlassung und Pensionierung, sowie die Festsetzung der Besoldungen und Löhne der Beamten, Angestellten und Arbeiter der Kreisdirektionen, mit Ausnahme der Abteilungsvorstände.

4. Die Auskunfterteilung an das Publikum über Tarifverhältnisse, die Mitwirkung bei der Transportakquisition und die Berichterstattung über kommerzielle Verhältnisse an die Generaldirektion.

5. Die Behandlung von Haftpflichtansprüchen wegen Tötung oder Verletzung von Personen und die Besorgung der aus der obligatorischen Unfallversicherung herrührenden Geschäfte, soweit sie in den Tätigkeitsbereich der Kreisdirektionen fallen.

6. Die Erledigung von Reklamationen aus dem innern Verkehr der Bundesbahnen wegen unrichtiger Anwendung der Tarife oder unrichtiger Instradierung, wegen Verlustes oder Beschädigung von Transportgütern, sowie wegen Verspätungen im Personen- und Güterverkehr, soweit sie nicht den Bahnhof- oder Stationsvorständen zugewiesen wird.

7. Die Aufstellung der Projekte für Neu-, Um- und Ergänzungsbauten, sowie deren Ausführung nach Massgabe der nähern Bestimmungen, welche die Vollziehungsverordnung hierüber aufstellen wird.

8. Die Behandlung weiterer Geschäfte, die den Kreisdirektionen durch die Vollziehungsverordnung, durch Beschluss des Verwaltungsrates oder durch die Generaldirektion zugewiesen werden.

Art. 20.

1 An der Spitze jeder Kreisdirektion steht ein Kreisdirektor, der auf unverbindlichen Vorschlag des Verwaltungsrates vom Bundesrate gewählt wird.

2 Die Amtsdauer der Kreisdirektoren beträgt sechs Jahre.

607 8 Die Kreisdirektoren sind unmittelbar der Generaldirektion unterstellt und vertreten sie bei den Kreisen. Sie üben allein oder in Verbindung mit den ihnen unterstellten Dienstabteilungen die den Kreisdirektionen gemäss Art. 19 dieses Gesetzes zustehenden [Befugnisse und Obliegenheiten aus und überwachen den Vollzug der Weisungen der Generaldirektion. Sie widmen den Personalangelegenheiten ihre besondere Aufmerksamkeit, suchen sich zuhanden der Generaldirektion über die für ihren Kreis in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisse von Handel, Industrie, Landwirtschaft, Gewerbe usw. ein zuverlässiges Urteil zu verschaffen und sorgen für einen möglichst reibungslosen Gang der Geschäfte und des Betriebes ihres Kreises.

Art. 21.

An der Spitze der den Kreisdirektoren unterstellten Dienstabteilungen steht je ein Abteilungsvorstand, der von der Generaldirektion gewählt wird.

8 Die Abteilungsvorstände der Kreisdirektionen leiten im Bahmen der Dienstorganisation und des jährlichen Voranschlages die Geschäfte ihrer Abteilung. Sie verkehren unmittelbar mit den Abteilungsvorständen der Generaldirektion.

3 Die Abteilungsvorstände haben dem Kreisdirektor über den Gang der Geschäfte mündlich und in wichtigen Fällen schriftlich Bericht zu erstatten.

1

3. Die Eisenbahnräte.

Art. 22.

1 Für jeden Kreis wird ein Eisenbahnrat bestellt.

2 Jeder Eisenbahnrat besteht aas 20--25 Mitgliedern, von denen sechs vom Bundesrate und die übrigen von den Kantonen und Halbkantonen gewählt werden.

8 Die Verteilung der Zahl der von den Kantonen zu wählenden Mitglieder auf die Kantone geschieht durch die Vollziehungsverordnung. Jeder im Bereiche eines Kreises gelegene Kanton oder Halbkanton erhält wenigstens einen Vertreter. Die Zuteilung der übrigen von den Kantonen zu wählenden Mitglieder erfolgt nach dem Umfange, sowie nach der kommerziellen und volkswirtschaftlichen Bedeutung der in einem Kanton gelegenen Linien eines Kreises.

4 Der Bundesrat wird bei den ihm zufallenden Wahlen darauf achten, dass Landwirtschaft, Gewerbe, Industrie, Handel und Verkehr., sowie das Personal eine Vertretung in jedem Eisenbahnrat erhalten..

608 8

Die Amtsdauer der Eisenbahnräte beträgt drei Jahre und fällt zusammen mit der Amtsdauer des Verwaltungsrates.

Art. 28.

Der Geschäftskreis der Eisenbahnräte umfasst: 1. Die Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten auf die Dauer einer Amtsperiode aus ihrer Mitte.

2. Die Beratung und Begutachtung von Fragen allgemeiner, bautechnischer, betriebsdienstlicher, kommerzieller oder finanzieller Natur zuhanden der zuständigen Behörden auf Anregung des Bundesrates, einer Kantonsregierung, des Verwaltungsrates, der Generaldirektion, des Kreisdirektors oder aus ihrer Mitte.

8. Die Genehmigung des von der Kreisdirektion ausgearbeiteten, zur Vorlage an die Generaldirektion bestimmten jährlichen Bauvoranschlages.

Art. 24.

1 Die Eisenbahnräte versammeln sich auf Einladung ihres Präsidenten, sobald die Geschäfte die Abhaltung einer Sitzung nötig machen oder wenigstens der vierte Teil der Mitglieder es verlangt.

Die Kreisdirektoren nehmen an diesen Sitzungen mit beratender Stimme teil.

2 Ausserdem treten die drei Eisenbahnräte vereint ein- bis zweimal im Jahre auf Einladung und unter dem Vorsitz des Vorstehers des Eisenbahndepartementes zu gemeinsamer Beratung allgemeiner, die Bundesbahnen betreffender Fragen, sowie zur Äusserung von Wünschen und Anregungen zusammen.

8 An dieser gemeinsamen Beratung der Eisenbahnräte nehmen auch die Mitglieder des Verwaltungsrates, die Generaldirektoren und die Kreisdirektoren teil.

Art. 25.

Die Mitglieder der Eisenbahnräte beziehen die Taggelder und Heiseentschädigungen, wie sie für die Kommissionen der eidgenössischen Bäte festgesetzt sind.

IT. Rechnungswesen der Bundesbahnen.

Art. 26.

Das Eechnungswesen der Bundesbahnen ist vom übrigen Rechnungswesen des Bundes getrennt zu halten und so zu gestalten, 1

609

dass die Finanzlage des Unternehmens jederzeit mit Sicherheit .festgestellt werden kann.

8 Die Verzinsung und Amortisation der Eisenbahnschuld erfolgt zu Lasten der Eechnung der Bundesbahnen.

Art. 27.

Das Anlagekapital der schweizerischen Bundesbahnen, abzüglich 70 % des Wertes der Fahrbetriebsmittel und des Mobiliars, ist innerhalb einer Frist von hundert Jahren, vom Jahre 1908 hinweg, bzw. vom Zeitpunkte des Überganges der betreffenden Bahn in das Eigentum des Bundes an gerechnet, zu amortisieren.

s Ebenso sind die jedes Jahr neu auf Baukonto zu verrechnenden Beträge je innerhalb einer Frist von hundert Jahren zu amortisieren.

1

Art. 28.

Für die einer wesentlichen Abnützung unterworfenen Anlagen und Einrichtungen der Bundesbahnen ist ein Erneuerungsfonds anzulegen.

2 Dem Erneuerungsfonds werden keine Zinsen gutgeschrieben, Sein Betrag ist in die Passiven der Bilanz einzustellen.

1

Art. 29.

Aus dem Einnahmenüberschuss der Bundesbahnen sind vorerst die Aufwendungen für die Verzinsung und Amortisation des Anlagekapitals, sowie allfällige Defizite zu decken.

2 Weist nachher die Gewinn- und Verlustrechnung, einschliessh'ch des Saldovortrages vom Vorjahre, noch einen Aktivsaldo auf, so wird dieser bis zum Betrag von fünf Prozent der gesamten Betriebseinnahmen des Jahres auf neue Eechnung vorgetragen. Ein Überschuss ist einem Eeservefonds zu überweisen. Diesem Eeservefonds werden keine Zinsen gutgeschrieben.

8 Der Eeservefonds dient zur Deckung ausserordentlicher Ausgaben, sowie von Fehlbeträgen der Gewinn- und Verlustrechnung.

4 Übersteigt der Überschuss der Gewinn- und Verlustrechnung nach Abzug des Vertrages aus dem Vorjahre während fünf aufeinanderfolgender Jahre acht Prozent der jeweiligen Betriebseinnahmen, so sind Verkehrserleichterungen durchzuführen.

5 Das Nähere über das Eechnungswesen der Bundesbahnen bestimmt die Vollziehungsverordnung.

1

610

Y. Anstellung»- und Dienstverhältnis des Personals.

|Art. 30.

Für das allgemeine Anstellungs- und Dienstverhältnis, sowie die Besoldung und Versicherung des Personals der Bundesbahnen gelten die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen.

2 Die Eegelung der besondern Dienstverhältnisse, der Fahrbegünstigungen, der Bildung von Personalausschüssen u. dgl. steht dem Bundesrate zu, der diese Befugnis dem Verwaltungsrate oder der Generaldirektion übertragen kann.

1

Art. 81.

Die Generaldirektoren, Kreisdirektoren und Abteilungsvorstände treten in dem Jahre, in welchem sie das fünfundsechzigste Lebensjahr zurücklegen, in den Buhestand.

VI. Übergangs- und Schlnssbestimmungeu.

Art. 32.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt und bestimmt den Zeitpunkt seines Inkrafttretens.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Änderung der Organisation und Verwaltung der Schweizerischen Bundesbahnen. (Vom 16. Juni 1921.)

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