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Schweizerisches Bundesblatt.

53. Jahrgang. I.

Nr. 6.

6. Februar 1901.

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Druck und Expedition der Buchdruckerei Stämpfli & de. in Bern.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Josef Schwarb, Stationsvorstandes der Nordostbahn, in Ramsen, Kanton Schaffhausen.

(Vom 1. Februar 1901.)

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Tit.

Am 15. März 1900, nachmittags, entgleisten bei der Einfahrt des fakultativen Nordostbahn-Güterzuges 1851 Winterthur-Singen in die Station Ramsen auf der Einfahrtsweiche l die Lokomotive und drei Güterwagen. Dadurch entstand ein Schaden im Betrage von Fr. 1742. 50 an Rollmaterial und am Geleise.

Der Stationsvorstand Josef Schwarb hatte es unterlassen, die anläßlieh der Kreuzung der Züge 349 und 850 auf das Geleise I gestellte Weiche l für die Durchfahrt des Zuges 1850 -richtig zu stellen.

Beim Eintreffen des Zuges 1850 in Ramsen gewahrte dessen Lokomotivpersonal die falsche Stellung der Ausfahrtsweiche; es gelang jedoch nicht, den Zug vor der Weiche anzuhalten, worauf die letztere aufgeschnitten und die Verriegelung aufgesprengt wurde. Hierbei erfolgte eine Verkrümmung der WeichenzugBundesblatt. 53. Jahrg. Bd. I.

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194 stange, welche ein weiteres Funktionieren der Weiche unmöglich machte.

Zug 1850 erlitt keinen Schaden.

Durch einen herbeigerufenen Schmied wurde die gekrümmte Zugstange weggenommen und dann unter Leitung des Stationsvorstandes Schwarb die Weiche mit einem Holzkeil verkeilt, damit bis nach erfolgter Reparatur der Zugstange die Weiche gleichwohl befahren werden könne.

' Dieses Verkeilen scheint nun ziemlich ungeschickt und unzweckmäßig vorgenommen worden zu sein, denn als Zug 1851 über die Weiche einfuhr, versagte der Keil seinen Dienst, die Weiche wurde anfgeschnitten und dadurch die Entgleisung herbeigeführt.

Gestützt auf diese thatsächlichen Aufstellungen wurde der Stationsvorstand Schwarb wegen fahrlässiger Eisenbahngefährdung den kantonalen Gerichten überwiesen. Das Kantonsgericht Schaffhausen erklärte ihn durch Urteil vom 15. Dezember 1900 dieses Vergehens schuldig und bestrafte ihn mit einem Tage Gefangenschaft und Fr. 80 Geldbuße.

Schwarb richtet an die Bundesversammlung das Gesuch, daß ihm die Gefängnisstrafe in Gnaden erlassen werden möchte, indem er, wie in der Untersuchung und im gerichtlichen Verfahren, so auch hier zu seiner Entschuldigung anführt, er sei zur Zeit der ihm zur Last fallenden mangelhaften Pflichterfüllung mit Berufsarbeiten übermäßig belastet gewesen. Das Kantonsgericht Schaffhausen hat in den schriftlichen Erwägungen, die es seinem Erkenntnisse zu Grunde legte, diese Behauptung des Angeklagten als wohlbegründet anerkannt, und bei der Strafausmessung insoweit gewürdigt, daß es neben Geldbuße nur das gesetzlich vorgeschriebene Minimum von Freiheitsstrafe über ihn verhängte.

Gemäß konstanter Praxis der Bundesbehörden erscheint unter solchen Umständen die Aufhebung der Gefängnisstrafe durch Beschluß der Begnadigungsinstanz als ein gerechtfertigter Akt gegenüber dem sonst wohlbeleumdeten Bahnbeamten, welcher für sein Vergehen durch die Geldbuße und Kostenfolge noch genügend bestraft wird.

Wir stellen deshalb bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag:

195 Es sei die dem S eh w a r b durch das Urteil des Kantonsgerichts Schafihausen auferlegte Gefängnisstrafe von einem Tag in Gnaden zu erlassen.

Bern, den 1. Februar 1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Josef Schwarb, Stationsvorstandes der Nordostbahn, in Ramsen, Kanton Schaffhausen.

(Vom 1. Februar 1901.)

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Jahr

1901

Année Anno Band

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Volume Volume Heft

06

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.02.1901

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193-195

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