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Bundesblatt

73. Jahrgang.

Bern, den 8. Juni 1921.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis SO franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich ,,Nachnahme- andPostbestellungsgebühr"".

Einrückungsgebühr: 60 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an die Buchdruckerei Stämpfli & Oie. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zu einem Gesetzesentwurfe betreffend Strafbestimmungen zum Handelsregister- und Firmenrecht.

(Vom 3. Juni 1921.)

I.

1. Nach dem Rechtszustande, wie er vor Ende des Jahres 1916 bestand, war das Handelsregister- und Firmenrecht nieder.gelegt in den Art. 859--876 des Obligationenrechtes und der vom Bundesrate gestützt auf Art. 859, Abs. 3, desselben erlassenen Verordnung betreffend Handelsregister und Handels.amtsblatt vom 6. Mai 1890, ergänzt durch Verordnung vom .27. Dezember 1910. Bei den damals gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen liess sich mit diesen Bestimmungen zur Not auskommen, obschon insbesondere das Firmenrecht eine wenig eingehende Ordnung erfahren hatte, indem das Obligationenrecht selbst sich auf einige leitende Grundsätze beschränkte und die Verordnung sich in der Hauptsache mit dem formellen Registerrecht und der näheren Umschreibung der Voraussetzungen der Eintragungspflicht befasste. Revisionswünsche waren allerdings schon in den neunziger Jahren laut geworden (Verhandlungen des Schweizerischen Juristenvereins 1897, Zeitschr. f. schw. R. n. F., Bd. 16, S. 479--810, 852--866), doch wurde ihnen damals keine Folge gegeben; und auch im Jahre 1910 begnügte sich der Bundesrat damit, an der Verordnung vom Jahre 1890 die infolge des Erlasses des Schweizerischen Zivilgesetzbuches notwendig gewordenen Änderungen und Ergänzungen anzubringen.

Die Praxis suchte die vorhandenen Lücken auszufüllen", was ihr .auch zum Teil gelang, doch waren die Registerbehörden in diesen Bestrebungen insofern gehemmt, als sie lediglich die Eintragung von gesetzlich nicht zulässigen Firmen verweigern und die Eintragung nicht eingetragener eintragungspflichtiger Firmen durch Ordnungsstrafen (Art. 864 OR) erzwingen bzw. von Amtes wegen

Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. III.

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268 vornehmen konnten. Gegen unrichtige Angaben dagegen, die ihnen vom Anmeldenden gemacht wurden, waren sie schutzlos ; wenigstens bestanden keine bundesrechtlichen Bestimmungen, die ein Einschreiten, insbesondere auf strafrechtlichem Wege, ermöglicht hätten. Auch gegenüber Firmen, die auf eine Täuschung des Publikums berechnet waren, konnte nach erfolgtem Eintrage nicht vorgegangen werden. Ebensowenig bestand eine Handhabe, welche die Intervention der Behörden in den Fällen . gestattet haben würde, wo nicht eingetragene. Unternehmungen Gesehäftsbezeichuungen verwendeten, die geeignet waren, eine Täuschung des Publikums zu bewirken, oder wo eingetragene Unternehmungen die eingetragene Firma nicht oder in unrichtiger oder unvollständiger Weise gebrauchten. Und endlich standen den Behörden auch keine Mittel zu Gebote, um die mit Täuschungsabsicht vorgenommene Verwendung von Bildzeichen nationaler Art in Verbindung mit einer Firma oder Geschäftsbezeichnung zu verhindern.

Ein Korrektiv war allerdings insofern vorhanden, als der Geschädigte auf dem Wege der Zivilklage seine Rechte wahren konnte, wenn der Tatbestand der Firmenanmassung oder des unlauteren Wettbewerbes vorlag, wodurch mittelbar auch ein Schutz des Publikums gegen unlauteres Geschäftsgebaren herbeigeführt wurde. Gegenüber anderen Praktiken dagegen, die mit den Rechlsbehelfen des Zivilrechtes nicht zu erfassen waren, versagtedas eidgenössische Recht. Verschiedene Kantone suchten auf dem Wege der Gewerbegesetzgebung Abhilfe zu schaffen, indem sie Strafbestimmungen gegen den unlauteren Wettbewerb erliessen.

Auf diese Weise sind neun Kantone vorgegangen, nämlich Zürich, Luzern, Schwyz, Freiburg, Baselstadt, Aargau, St. Gallen, Neuenburg und Genf. Dabei verdienen die Gesetze der Kantone St. Gallen und- Baselstadt besondere Beachtung, weil sie die wirksamsten Garantien schufen, dadurch nämlich, dass sie nicht nur, wie die Gesetzgebung der sieben übrigen Kantone, den schon zivilrechtlich fassbaren unlauteren Wettbewerb, sondern auch andere auf Täuschung des Publikums berechnete Machenschaften mit Strafe belegen. Das st. gallische Gesetz vom 29. Dezember 1913 betreffend den Missbrauch von Firmen bestimmt,, dass derjenige, der im Geschäftsverkehr, insbesondere in Auskündungen oder Reklamen irgendwelcher Art, seine im Handelsregister eingetragene
Firma nicht oder in unrichtiger oder unvollständiger Weise verwendet, so dass eine Täuschung des Publikums herbeigeführt werden kann, mit Geldbusse bis auf Fr. 500 und im Rückfalle bis auf Fr. 2000 allein oder in Verbindung mit Gefängnis bestraft wird. Ähnlich lautet § 158 a

269 des baselstädtischen Polizeistrafgesetzbuches. Danach wird mit Busse oder Haft bestraft, wer im Geschäftsverkehr, insbesondere bei Publikationen irgendeiner Art -- Inserat, Reklame, Prospekte, Geschäftsschilde, Briefe, Zirkulare u. dgl. --, nicht seine im Handelsregister eingetragene Firma in deutlich erkennbarer Weise gebraucht.

2. In den letzten Jahren hat indessen das Handelsregisterund Firmenrecht ganz erhebliche Änderungen erfahren, und zwar im Sinne einer Verschärfung der bestehenden Vorschriften, ganz besonders einer strafferen Durchführung der Prinzipien der Firmenwahrheit und der Firmeuklarheit. Diese Abänderung des geltenden Rechtes wurde veranlasst durch die bereits erwähnten Unvollkommenheiten desselben, ferner aber auch durch die stets wachsende Überfremdungsgefahr. Am Anfange dieser neuen Entwicklung steht die Verordnung II betreffend Ergänzung der Verordnung vom 6. Mai 1890 über das Handelsregister und das Handelsamtsblatt vom 21. November 1916 (A. S. 32, S. 485 f.).

Sie wendet sich in erster Linie gegen zwei Missbräuche, einmal gegen die Verwendung von mit der Firmenwahrheit im Widerspruche stehenden territorialen und nationalen Bezeichnungen, und sodann gegen die seit einiger Zeit aufgekommene Übung, an sich erlaubte Zusätze der Firma von Einzelkaufleuten, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften voranzustellen, um nach aussen den Anschein zu erwecken, als handle es sich um Unternehmungen grosser Aktiengesellschaften. Ausserdem entspricht die Verordnung dem im Geschäftsleben schon lange geäusserten Wunsche, dass die Handelsregisterakten über die Zusammensetzung der Verwaltungsräte von Aktiengesellschaften, insbesondere über die Mutationen im Personalbestande, Aufschluss geben sollen. Dies war bis dahin nicht der Fall gewesen, weil nach dem OR die Mitglieder des Verwaltungsrates nur bei der ersten Eintragung und bei derjenigen von Statutenänderungen und dergleichen mitzuwirken haben, eine Eintragung des nicht zeichnuogsberechtigten Verwaltungsratsmitgliedes als solchen dagegen nicht stattfand. Am 16. Dezember 1918 sodann erliess der Bundesrat auf Veranlassung des Handels- und Industrievereins die revidierte Verordnung II betreffend Ergänzung der Verordnung vom 6. Mai 1890 über das Handelsregister und das Handelsamtsblatt (A. S. 34, S. 1226 ff.). Diese rezipiert die in der
Verordnung vom 21. November 1916 niedergelegten Grundsätze und baut sie aus. Ferner stellt sie die generelle Vorschrift auf, wonach alle Registereintragungen wahr sein müssen, zu keinen Täuschungen Anlass geben und keinem öffentlichen Interesse

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widersprechen dürfen. Bndlich ergänzt sie die bestehenden Bestimmungen über die Firmenbildung und sieht ein besonderes Verfahren zur Berichtigung und Löschung unzutreffender Firmeneintragungen vor. Den Abschluss bildet einstweilen der Bundesratsbeschluss betreffend die Abänderung und Ergänzung des schweizerischen Obligationenrechts in bezug auf Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Genossenschaften vom 8. Juli 1919 (A. S. 35, 8. 527 ff.). Seinem Zwecke nach bewegt sich dieser Beschluss in der gleichen Richtung wie die erwähnten Verordnungen ; denn abgesehen von der Nationalisierung der Gesellschaftsorgane beabsichtigt er in erster Linie eine vermehrte Publizität hinsichtlich der nationalen Struktur der Aktiengesellschaften und bildet dergestalt eine notwendige Ergänzung der genannten Verordnungsgrundsätze. Obschon während bzw. unmittelbar nach Beendigung des Krieges erlassen, können die erwähnten Vorschriften nur zum Teil zur Kriegsgesetzgebung gerechnet werden, die mit dem Eintritte normaler Verhältnisse wieder verschwinden wird ; andere von ihnen werden dem dauernden Bestand unseres Handelsrechtes einverleibt werden müssen. In welchem Umfange dies zu geschehen hat, wird bei Anlass der Revision der Titel 24--33 des Obligationenrechtes zu entscheiden sein.

3. Je strenger man aber die Vorschriften des Registerund Firmenrechtes ausgestaltet, um so mehr muss mit der Umgehung derselben gerechnet werden. Wenn beispielsweise Ziffer VI des Bundesratsbeschlusses vom 8. Juli 1919 bestimmt, dass Apports in das Handelsregister einzutragen und zu veröffentlichen sind, so wird der Versuch gemacht werden, die Apports der Registerbehörde gegenüber zu verschweigen. Die Bestimmung von Ziffer XI, Absatz l, wonach die Verwaltung von einem Schweizerbürger ausgeübt werden muss, sofern sie nur aus einem Mitgliede besteht, läuft Gefahr, dadurch illusorisch gemacht zu werden, dass entweder ein Strohmann vorgeschoben oder der Registerführer über die Staatsangehörigkeit des Mitgliedes der Verwaltung getäuscht wird. Dies sind nur zwei Beispiele, die sich aber beliebig vermehren Hessen. Der Anreiz zur Übertretung dieser Vorschriften ist um so grösser, als nach dem Gesagten strafrechtliche Sanktionen nicht vorhanden sind, es wäre denn, dass gleichzeitig der Tatbestand des Betruges oder der Urkundenfälschung
vorliegt. Wenn die Verordnung II und der Bundesratsbesehluss vom 8. Juli 1919 den Erfolg haben sollen, den der solide einheimische Handelsstand von ihnen erwartet, so ist der Erlass von Straf bestimmungen ein Gebot der Notwendigkeit. Dies war denn auch die übereinstimmende Mei-

271 nung der von uns zur Prüfung dieser Frage einberufenen Expertenkommission, aus deren Beratungen der beiliegende Entwurf hervorgegangen ist. Wir legen Ihnen diese Strafbestimmungen zum Handelsregister- und Firmenrecht in der Form eines Entwurfes zu einem besonderen Bundesgesetze vor, obschon die parlamentarischen Beratungen des eidgenössischen Strafgesetzbuches in naher Aussicht stehen. Dabei ist für uns die Überlegung ausschlaggebend, dass die vorgeschlagenen Massnahmen dringend sind, gerade in der jetzigen Übergangszeit ihre Hauptbedeutung haben und daher das Inkrafttreten des Strafgesetzbuches nicht abgewartet werden kann.

II.

Die einzelnen Bestimmungen des Entwurfes geben uns zu folgenden Bemerkungen Anlass : A r t . l "befasst sich mit Handlungen, die im Eiritragungsverfahren begangen werden. Er sieht die Bestrafung desjenigen vor, der den Handelsregisterführer veranlasst hat, eine Registereintragung vorzunehmen, die geeignet ist, eine Täuschung zu bewirken. Die Strafe ist abgestuft, je nachdem der Täter mit Vorsatz oder nur fahrlässig gehandelt hat. Strafbar ist nicht schlechthin jeder, der dem Registerführer eine unwahre Angabe macht, vielmehr bedarf es dazu noch der weiteren Voraussetzung dass diese Angabe geeignet ist, eine Täuschung zu bewirken Diese Bestimmung will vor allem die infolge der Verschärfung des materiellen Register- und Firmenrechtes unausbleiblichen Versuche treffen, beispielsweise die Apports zu verschweigen oder den Registerführer über die Nationalität der Orgaue von Aktiengesellschaften oder Genossenschaften in Irrtum zu versetzen usw.

Die Bestrafung wegen Urkundenfälschung oder wegen Betruges bleibt vorbehalten, sofern einer dieser beiden Tatbestände gegeben ist.

A r t . 2 fasst Tatbestände ins Auge, die erst nach Abschluss des Eintragungsverfahrens eintreten und dessen Durchführung voraussetzen, indem er denjenigen mit Strafe bedroht, der für ein im Handelsregister eingetragenes Geschäft eine Firma verwendet, die mit der im Register eingetragenen nicht übereinstimmt. Kriminelle Strafe tritt jedoch nur dann ein, wenn infolgedessen eine Täuschung des Publikums über das Unternehmen möglich ist ; für das Strafmass ist dabei entscheidend, ob der Täter die Bewirkung einer Täuschung beabsichtigte oder nicht. Ist dagegen eine Täuschung ausgeschlossen, weil beispielsweise die

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Abweichung der verwendeten Firma von der im Register eingetragenen derart beschaffen ist, dass Zweifel über die Identität des Firmeninhabers, die Natur und Kreditfähigkeit des Unternehmens nicht aufkommen können, so bleibt der Täter zwar nicht straflos, doch wird die Übertretung nur im Polizeistrafverfahren abgewandelt, wobei den Kantonen die Ordnung des Verfahrens sowohl als die Festsetzung des Höchstbetrages der Busse überlassen wird.

Art. 3 bezieht sich nur auf Inhaber von nicht in das Handelsregister eingetrageneu Unternehmungen. Er umschreibt zwei Tatbestände. Absatz l bedroht denjenigen mit Strafe, der, ohne eingetragen zu sein, für sein Geschäft eine Bezeichnung verwendet, die geeignet ist, eine Täuschung zu bewirken, also beispielsweise den Ansehein zu erwecken, als ob es sich um eine grössere, eingetragene und demnach der Konkursbetreibung unterliegende Unternehmung handle. Absatz 2 anderseits befasst "sich mit dem Falle, wo für ein nicht eingetragenes Geschäft eine Bezeichnung verwendet wird, die nur mit behördlicher Bewilligung gebraucht werden darf. Hierbei handelt es sich namentlich um die nationalen Bezeichnungen (Art. 5 der revidierten Verordnung II). Die Bestrafung setzt eine Täuschungsabsicht nicht voraus.

Art. 4 findet, was die Person des Täters betrifft, Anwendung, gleichviel ob ein Eintrag stattgefunden hat oder nicht, indem er den Gebrauch eines Bildzeichens nationaler Art, also insbesondere eines Wappens, in Verbindung mit einer Firma oder Geschäftsbezeichnung unter Strafe stellt, sofern diese Verbindung geeignet ist, über die Nationalität des Geschäftes eine Täuschung zu bewirken. Diese Vorschrift bildet eine notwendige Ergänzung von Art. 5 der revidierten Verordnung II.

A r t . 5 sieht die Konfiskation der Gegenstände vor, die zur Begehung der Widerhandlung gedient haben (Briefköpfe, Formulare, Prospektus, Schilder u. dgl.)- Es liegt im Ermessen des Richters, darüber zu befinden, ob im konkreten Falle die Einziehung stattzufinden hat oder nicht ; er wird hiervon dann absehen, wenn der Zweck derselben sich auf andere Weise erreichen lässt, wie beispielsweise durch Überdruck der Formulare, Briefköpfe etc., welche eine unzulässige Bezeichnung enthalten.

A r t. 6 ordnet die Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt in Abweichung von Art. 34 BStrR nur ein Jahr. Dies rechtfertigt sich schon deswegen, weil es sich bei den in den Art. l--4 erwähnten strafbaren Handlungen um Vergehen leichter Natur

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handelt. Abgesehen davon erscheint uns die Bemessung der Verjährungsfrist auf ein Jahr auch im Interesse der Konkordanz mit den Verjährungsfristen des Obligationenrechtes als angezeigt.

Erfüllt nämlich eine der in Art. l--4 genannten Widerhandlungen zugleich den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbes nach Art. 48 OR, so würde sich auch die Verjährung für den zivilrechtliehen Anspruch auf drei Jahre ausdehnen, wenn man auf Art. 34, lit. c, BStrR abstellen wollte (Art. 60 OR). Ein stichhaltiger Grund hierfür liegt indessen zweifelsohne nicht vor, vielmehr wäre nur Verwirrung zu befürchten. Hinsichtlich des Anfangstermines wird unterschieden, je nachdem ein Dauerdelikt in Frage steht oder nicht; in jenem Falle beginnt die Frist an dem Tage zu laufen, an dem das strafbare Verhalten aufhört, in diesem an dem Tage, an dem die strafbare Tätigkeit ausgeführt worden ist.

Art. 7 erklärt den ersten Abschnitt des Bundesgesetzes über ·das Bundesstrafrecht für anwendbar, soweit nichts anderes be-.

stimmt wird. Letzteres ist namentlich der Fall mit Bezug auf die Formen des Verschuldens, denn während nach Art. 11/12 BStrR grundsätzlich nur vorsätzliche Begehung bestraft wird, ist nach Art. l, Absatz 2, Fahrlässigkeit genügend.

A r t . 8 überträgt die Strafverfolgung den Kantonen; eine Überweisung an das Bundesstrafgericht ist nicht vorgesehen und ·der Natur der Sache nach auch nicht notwendig. Das Rechtsmittel der Kassationsbeschwerde bleibt, wie in allen nach eidgenössischem Recht zu beurteilenden Strafsachen, so auch hier vorbehalten, ohne dass es einer 'besondern Bestimmung bedürfte.

Was die Strafandrohungen betrifft, so sind diese elastisch gehalten, damit der Richter je nach den konkreten Verhältnissen eine geringere oder schärfere Strafe ausfällen und auch den Rückfall (Art. 31, lit. d, BStrR) berücksichtigen kann.

Indem wir Ihnen den vorliegenden Entwurf zur Annahme ·smpfehlen, benutzen wir diesen Anlass, Sie unserer vorzüglichen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 3. Juni 1921.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der ßundespräsident:

Schulthess.

Der Bundeskanzler:

Steiger.

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(Entwurf.)

ßundesgesetz betreffend

Strafbestimmungen zum Handelsregister- und Firmenrecht,

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 64bis der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 3. Juni 1921,, beschliesst: Art. 1. Wer den Handelsregisterführer mit Vorsatz dazu veranlasst hat, eine Registereintragung vorzunehmen, die geeignet ist, eine Täuschung zu bewirken, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder Geldbusse bis zu zwanzigtausend Franken bestraft, wenn nicht schwerere Strafbestimmungen anwendbar sind. Beide Strafenkönnen verbunden werden.

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldbuss» bis zu zwanzigtausend Franken.

Art. 2. Wer, um eine Täuschung zu bewirken, für ein im Handelsregister eingetragenes Geschäft eine Firma verwendet, die mit der im Handelsregister eingetragenen nicht übereinstimmt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Geldbusse bis zu zehntausend Franken bestraft. Beide Strafen können verbunden werden.

Wer ohne Täuschungsabsicht für ein solches Geschäft eine Firma verwendet, die mit der im Handelsregister eingetragenen nicht übereinstimmt, wird mit Geldbusse bis zu zehntausend Franken bestraft.

Ist jedoch eine Täuschung ausgeschlossen, so wird der Täter mit Polizeibusse belegt. Der Kanton bestimmt den Höchstbetrag.; der Busse und ordnet das Verfahren.

275 Art. 3. Wer mit Täuschungsabsicht für ein im Handelsregister nicht eingetragenes Geschäft eine Bezeichnung verwendet, diegeeignet ist, eine Täuschung zu bewirken, wer, ohne die Bewilligung zu besitzen, für ein solches Geschäft eine Bezeichnung verwendet, die nur mit behördlicher Bewilligung gebraucht werden darf, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldbusse bis zu zehntausend Franken bestraft. Beide Strafen können verbunden werden.

Art. 4. Wer in Verbindung mit einer Firma oder Geschäftsbezeichnung ein Bildzeichen nationaler Art verwendet, wird, wenn diese Verbindung geeignet ist, über die Nationalität des Geschäftes eine Täuschung zu bewirken, mit Gefängnis bis zu sechs Monaten, oder mit Geldbusse bis zu zehntausend Franken bestraft. Beide Strafen können verbunden werden.

Art. 5. Der Richter kann die Einziehung von Gegenständenverfügen, die zur Begehung der Widerhandlung gedient. haben, und die Unbrauchbarmachung oder Vernichtung dieser Gegenstände anordnen.

Art. 6. Die Widerhandlungen gegen Art. l--4 dieses Gesetzes verjähren in einem Jahr.

Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Tage zu laufen, an.

dem der Täter die strafbare Tätigkeit ausführt und, wenn das strafbare Verhalten dauert, mit dem Tage, an dem dieses Verhalten aufhört.

Art. 7. Soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt,, findet der erste Abschnitt des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 4. Februar 1853 Anwendung.

Art. 8. Die Verfolgung und Beurteilung der Widerhandlungen gegen Art. l bis 4 dieses Gesetzes liegt den Kantonen ob.

Sämtliche Gerichtsurteile und Aufhebungsbeschlüsse von Überweisungsbehörden, die auf Grund der Art. l bis 4 dieses Gesetzes erlassen werden, sind durch die Kantonsregierungen der Bundesanwaltschaft kostenlos einzusenden (Art. 155 und 161 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 22. März 1893 und 6. Oktober 1911). Diese leitet sie an das eidgenössische Amt für das Handelsregister weiter.

Art. 9. Der Bundesrat setzt den Beginn der Wirksamkeit dieses Gesetzes fest.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zu einem Gesetzesentwurfe betreffend Strafbestimmungen zum Handelsregister- und Firmenrecht. (Vom 3. Juni 1921.)

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08.06.1921

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