406

# S T #

1476

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gültigerklärung der Hauptergebnisse der eidgenössisehen Volkszählung vom 1 Dezember 1920.

(Vom 30. September 1921.)

Wir beehren uns, Ihnen die geprüften Hauptergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1920 vorzulegen, und beantragen, Sie möchten sie als gültig erklären. Bei dieser Gelegenheit wollen wir nicht unterlassen, Ihnen den Erhebungsplan in wenigen Strichen zu skizzieren und die Arbeitsmethoden, nach welchen wir die Prüfung des Volkszählungsmaterials vorgenommen haben, darzulegen.

Mittels Rundschreiben vom 22. April 1919 wurden die Kantonsregierungen und die schweizerischen Städte, welche statistische Ämter besitzen, eingeladen, ihre Vorschläge zur Verbesserung und Ergänzung der (beigelegten) Zählpapiere von 1910" zu äussern. Einzelne Kantonsregierungen haben den Wunsch ausgesprochen, es möge die Zählarbeit, wenn irgendmöglich, vereinfacht werden. Der Regierungsrat des Kantons Bern und der Stadtrat von Zürich haben wesentliche Erweiterungen desFrageschemas betreffend den Zeitpunkt der Einbürgerung und die Dauer und Fruchtbarkeit der Ehe vorgeschlagen. Der Regierungsrat des Kantons Solothurn beantragte, bei der Frage nach der Konfession zwischen den Angehörigen des christkatholischen und römischkatholischen Bekenntnisses zu unterscheiden» An weiteren Vorschlägen zur Ausgestaltung des Frageschemas sind die Eingaben der schweizerischen statistischen Gesellschaft, des schweizerischen Städteverbandes und des schweizerischen Verbandes zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaues zu erwähnen, welche die Durchführung von wohnungsstatistischen Erhebungen in der ganzen Schweiz befürworteten.

Herr Nationalrat K l ö t i hatte am 28. April 1920 eine Motion

407

über denselben Gegenstand eingereicht, welche er jedoch am 23. Juni wieder zurückzog, da inzwischen von der statistischen Kommission die Durchführung der beantragten Wohnungszählung in sämtlichen Gemeinden der Schweiz mit über 5000 Einwohnern und den Grenzgemeinden grösserer Städte beschlossen worden war. Die schweizerische statistische Kommission hatte schon am 5. Dezember 1919 zu der Frage der Durchführung einer Wohnungszählung Stellung genommen und prüfte in den weitern Sitzungen den Entwurf eines Fragebogens, den das eidgenossische statistische Bureau ausgearbeitet hatte. Auch zu den andern Abänderungsvorschlägen gab die statistische Kommission, bestehend aus den Herren : Direktor Dr. N e y, als Vorsitzenden, Dr. E.

H o f m a n n , Prof. Dr. L a u r , Prof. Dr. M a n g o l d , Prof. Dr.

M i l l i e t , Prof. R a p p a r d , Dr. R o s s i und Dr. T h o m a n n , ihr Gutachten ab. Um die sehr ausführliche Zählkarte, welche bei den bisherigen Volkszählungen in der Schweiz verwendet wurde, nicht zu überlasten, wurden die Vorschläge auf Erweiterung des Frageschemas im allgemeinen mit wenigen Ausnahmen abgelehnt.

Die statistische Kommission befürwortete jedoch folgende Abänderungen der Zählkarte : in der Frage 7 nach der Konfession die Fassung: ,,protestantisch*, römischkatholisch*, Christkatholisch (altkatholisch)*, israelitisch*, wenn andere, welche?..."· (* Das Zutreffende ist zu unterstreichen.) In Frage 9 nach dem Bürgerort wurde für Ausländer die Zusatzfrage nach der Dauer der Anwesenheit in der Schweiz und im Wohnkanton fallen gelassen, ferner unter den Berufsfragen diejenige nach der Arbeitsgemeinde. Die Frage nach den Gebrechen erfuhr ebenfalls eine Abänderung. Sie beschränkte sich auf die Frage, ob sich in der Haushaltung Blinde oder Taubstumme befinden. Diese Frage war nicht auf der Zählkarte, sondern auf dem Haushaltungsumschlag zu beantworten.

Als neue Frage wurde aufgenommen: bei mehr als 14 Jahre alten, erwerbsunfähigen Personen, ob gänzlich invalid oder teilweise invalid, ferner für Personen unter 16 Jahren die Frage, ob Vater und Mutter noch leben, der Vater gestorben, die Mutter gestorben, Vater und Mutter gestorben sind. Endlich wurde die Zählliste (Formular 6) wesentlich vereinfacht.

Während in den meisten andern europäischen Staaten nicht die Wohnbevölkerung, sondern die ortsanwesende (faktische) Bevölkerung erhoben wird, verlangen in der Schweiz gesetzliche Bestimmungen die Feststellung sowohl der ortsanwesenden als

408

auch der Wohnbevölkerung. Nach der ortsanwesenden Bevölkerung richtet sich die Verteilung der Reineinnahmen aus dem Alkoholmonopol an die einzelnen Kantone. Ebenso stützt sich die Geldskala, welche die eventuellen Beiträge der Kantone an die Ausgaben des Bundes normiert, auf diese Volkszahl. Anderseits ist die Wohnbevölkerung massgebend für die Zahl der Vertreter im Nationalrat und in den kantonalen gesetzgebenden Behörden, ferner für die Verteilung verschiedener Taxen und Subventionen.

Die Ziffer der o r t s a n w e s e n d e n Bevölkerung ist gleich der Zahl aller im Moment der Erhebung in der Zählgemeinde anwesenden Personen, einerlei, ob sie dort wohnhaft sind oder nicht. Zur Wohnbevölkerung werden alle jene Personen gerechnet, die sich dauernd in der Zählgemeinde aufhalten oder aufzuhalten beabsichtigen. Falls jemand von seinem Wohnort abwesend ist, so wird er auch dann noch zur Wohnbevölkerung gerechnet, wenn die Dauer seiner Abwesenheit nicht mehr als 90 Tage beträgt.

Die Grenze von 90 Tagen für vorübergehend an- oder abwesende Personen wurde seit der 70er Zählung stets festgehalten. Sie bildete ein durchaus notwendiges, wenn auch rein formales Kriterium für die Bestimmung der Wohnbevölkerung.

Um nun eine möglichst genaue Feststellung der Wohnbevölkerung zu erreichen, sind für Personen, die sich am 1. Dezember nicht an ihrem Wohnort aufhalten, sich jedoch innerhalb der Grenzen der Schweiz befinden, zwei Karten auszufüllen.

Diese Personen werden einmal an ihrem Aufenthaltsort als anwesend und nicht wohnhaft, ferner an ihrem. Wohnort als wohnhaft, aber nicht anwesend gezählt. Die Fragestellung war dabei folgende: 10. W o h n o r t : In der Zählgemeinde w o h n h a f t ?

a) Ja* -- b) Nein*. Wenn nein, so ist anzugeben der gewöhnliche Wohnort: Gemeinde . . . Weiler, Strasse, Hausnummer: . . . Kanton oder Staat . . . und die Dauer der Anwesenheit in der Zählgemeinde bis 1. Dezember: . . . Tage. 11. A u f e n t h a l t : In der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember in der Zählgemeinde anwesend ? a) Ja* -- b) N e i n * . Wenn nein, so ist so genau als möglich anzugeben: Der derzeitige Aufenthaltsort: . . . Kanton oder Staat: . . . und die Dauer der Abwesenheit aus der Zählgemeinde bis 1. Dezember: . . . Tage.

Da der Grossteil der schweizerischen Bevölkerung zur Zeit der Zählung an seinem Wohnort anwesend ist, so hat er die Fragen 10 und 11 mit ja zu beantworten, was durch Unterstreichung

409 des Wortes ,,jaa unter 10 und 11 geschieht, und es erübrigt sich die Ausfüllung der weitern Fragen. Für eine vorübergehend an- oder abwesende Person musste jedoch der gewöhnliche Wohnort, resp. der derzeitige Aufenthaltsort, erfragt werden, um die weitern Kontrollarbeiten zu ermöglichen.

Diese bestehen im wesentlichen in dem-Vergleich der beiden Karten, welche für jede nicht an ihrem Wohnort gezählte Person auf die geschilderte Weise entstanden. Zu diesem Zwecke wurden die Karten der vorübergehend abwesenden Personen abgeschrieben und mit den Originalkarten der vorübergehend anwesenden, die nach der angegebenen Wohngemeinde umzugruppieren waren, sorgfältig verglichen. Da häufig die Angehörigen einer vorübergehend abwesenden Person nicht genau wissen, wo sie sich in der Zählnacht gerade befindet, die Angaben über den derzeitigen Aufenthaltsort also vielfach unzutreffend sind, wurde zum erstenmal der Versuch gemacht, eine grössere Genauigkeit der Resulsate durch alphabetisches Klassieren der Karten nach dem Familiennamen zu erzielen, soweit sich die Karten nicht nach der oben dargelegten Methode kompensieren Hessen. Eine grosse Anzahl von Karten fiel für den Vergleich von vornherein deswegen ausser Betracht, weil der Aufenthaltsort der vorübergehend Abwesenden oder der Wohnort der vorübergehend. Anwesenden im Auslande lag.

Eine eingehende Kontrolle der Fragen nach Aufenthaltsoder Wohnort ist unerlässlich und führt zu mannigfachen Berichtigungen und Verschiebungen zwischen der Zahl der ortsanwesenden und der Wohnbevölkerung der einzelnen Gemeinden.

Die Abweichungen der endgültigen von den provisorischen Ziffern sind jedoch relativ unbedeutend, wie aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlich ist. Namentlich gilt dies für die Ziffern der ortsanwesenden (faktischen) Bevölkerung, die in der Hauptsache durch Streichungen von Doppelzählungen eine kleine Verminderung erleidet. Die endgültigen Resultate der Zählung der Wohnbevölkerung sind im ganzen um 18,812 Personen oder 4.9 °/o» grösser als die provisorischen Ergebnisse.

Die zunehmende Beweglichkeit der schweizerischen Bevölkerung hat auch seinen Teil dazu beigetragen, die Abweichungen zwischen den provisorischen und endgültigen Ergebnissen zu steigern.

Die auf der folgenden Seite zusammengestellten Kantonsergebnisse basieren auf den endgültigen Ziffern der Wohnbevölkerung der einzelnen Gemeinden, welche Ihnen in einem

410 Wohnbevölkerung

Schweiz

KonKonProvi- Dift'erenzen Provi- Differenzen trollierte sorische in in trollierte sorische Eesultate Resultate absolut o/oo Resultate Resultate absolut %o

Kantone

Schweiz.

.

Faktische Bevölkerung

. . 3,880,320 3,861,508 18,812

4,9

3,886,090 3,887,352 -1,262 -0,3

Zürich . . . .

538,602

535,634

2,968

5,5

538,427

Bern

674,394

669,966

4,428

6,6

675,517

Luzern . . . .

881 5,0 176,958 130 5,5 23,967 256 4,3 59,629 106 6,1 17,657

177,073

176,189

Uri

23,973

23,843

Schwyz . . . .

Unterwaiden oid.W

59,731

59,475

17,567

17,461

Unterwaldenn.d.W.

13,956

13,966 - 10 -0,7

Glarns . . . .

Zus

33,834

33,689

.

.

.

.

31,569

Freiburg

.

. .

143,055

31,439 142,297

Solothurn . . .

Baselstadt . . .

130,617

130,230

£JUg

.

140,708

140,112

. .

82,390

82,033

Schafthaus eil'. . .

50,428

50,238

Appenzell A.-Rh.

55,354 14,614

55,113 14,542

295,543

294,028 118,263 239,777

Baselland .

Appenzell I.-Rh. .

St. Gallen . . .

Graubünden . .

Aargau . . . .

Thurgau . . .

Tessin . . . .

Waadt . . . .

Wallis . . . .

Neuenburg . . .

Genf

119,854 240,776 135,933 152,256 317,498 128,246 131,349 171,000

145 130 758

387 596 357 190 241 72 1.515 1,591

999 780

538.591 - 164 -0,3 675,732 - 215 -0,, 176,966 -

59,657 - 28 -0,5 17,670 - 13 -0,;

13,889

13,900 -

4,3

33,901

33,889

4,1 5,.

3,o

31,617 142,889 130,578

4,3

140,508

4,4

82,472

3,8 4,4

50,471 55,409

5,0

14.574

5,,,

295,496 122,044 240,736 135,777

13,5

4.«

135,153 5,8 153,457 -1,201 -7,8 152,725 315,326 2,172 6,9 319,736 128,274 -- 28 -0,. 128,428 130,671 678 5,2 131,431 170,332 668 3,9 171,254

8 -0,0

1 0,o

23,966

31,617

11 -0,8 12 0,4 0

142,963 - 74 -0,5 130,611 - 33 -0,s 140,544 - 36 -0,3 82,512 - 40 -0,5 50,474 -

3 -0,i

2 0,» 3 0,i 260 0,9

55,407

14,571 295,236 122,137 - 93 -0,8 240,752 - 16 -0,, 135,821 - 44 -0,3 153,012 - 287 -1,0 319,891 - 155 -0,5 128,502 - 74 -0,0 131,479 - 48 -0,8 171,152 - 198

1 i

1)2

411

separaten Druck vorgelegt werden. Wir beantragen, diese Zahlen als gültig zu erklären, und benützen den Anlass, Sie "unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 30. September 1921.

Im Namen des Schweiz, ßundesrates, Der Bundespräsident:

Schulthess.

Der Bundeskanzler : Steiger.

Bundesblatt. 73. Jahrg. Bd. IV.

29

412

(Entwurf.)

Bundesbescliluss betreffend

die Gültigerklärung der Hauptergebnisse der eidgenössischen Volkszählung vom 1. Dezember 1920.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft,' nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 30. September 1921, beschliesst : Art. 1. Es werden die folgenden Hauptergebnisse der eidgenössischen Volkszählung vom 1. Dezember 1920 als gültig erklärt:

Wohnbevblkerung

Kantone

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz .

ünterwalden ob dem Wald ünterwalden nid dem Wald Glarus Zug Freiburg Solothurn Baselstadt Baselland Schaffhausen . ' . . . .

Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau Tessin Waadt Wallis . . . . . . .

Neuenburg Genf Schweiz _.

538,602 674,394 177,073 23,973 59,731 17,567 13,956 , 33,834 31,569 143,055 130,617 140,708 82,390 50,428 55,354 14,614 295,543 119,854 240,776 135,933 152,256 317,498 128,246 131,349 1-71,000 3,880,320 ^-_-JVj-._.-f ·^TÄT^

Ortsanwesende Bevölkerung

'

538,427 675,517 176,958 23,967 59,629 17,657 13,889 33,901 31,617 142,889 130,578 140,508 82,472 50,471 55,409 14,574 295,496 122,044 240,736 135,777 152,725 319,736 128,428 131,431 171,254 3,886,090

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gültigerklärung der Hauptergebnisse der eidgenössischen Volkszählung vom 1. Dezember 1920. (Vom 30.

September 1921.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1921

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

40

Cahier Numero Geschäftsnummer

1476

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.10.1921

Date Data Seite

406-412

Page Pagina Ref. No

10 028 086

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.