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Schweizerisches Bundesblatt.

VIII. Iahrg. II.

Nr. 54.

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.-7. September 1856.

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der eidgenössischen Kommissäre im Kanton Neuenburg an den schweizerischen Bundesrath.

(Vom 20. Herbstmonat 1856.)

Herr Präsident.

Herren Bundesräthe.

Nachdem am 3. Herbstmonat nach ..) Uhr Morgens zuerst das eidgenösfische Militärdepartement durch den Präfekten von ia Chaux-de-Fonds, bald nachher das schweizerische Post- und Baudepartement durch den Direktor des IV. Postkreises, und sodann der Bundesrath selbst durch d...n eidgenössischen Major G i r a r d die überraschende Nachricht erhalten hatte, daß im Kanton Neuenburg Unruhen ausgebrochen , die Mitglieder des Staatsrathes verhaftet, bewaffnete Kolonnen in Neuenburg eingerußt seien, haben Sie beschlossen, unverzüglich zwei Kommissäre nach Neuenburg zu senden, um die versassungsmäßige und gesetzliche Ordnung wieder herzustellen. Mit dieser Mission wurden die Unterzeichneten betraut, unter Ertheilung folgender Instruktion : ,,Der schweizerische Bundesrath ,, ertheilt ,,den nach dem Kanton Neuenburg entsendeten eidgen. Kommissarien, den ,,hochgeachteten Herren : ,,konstant F o r n e r o d und ,,Friedrich Frey-Herosee, Mitgliedern des schweizerischen Bundes,,rathes, welche aus Anlaß der insurrettiouellen Vorgange im Kanton ,,Neuenburg nach diesem Kanton entsendet worden, folgende

Bundesblatt. Jahrg. VIII Bd. II..

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^486 ,, J n st r u k t i o n : .,1) Hochdieselben werden dahin wirken, daß der verfassungsmäßige Zu^ ,,stand im Kanton Neuenburg sofort wieder hergestellt u^1d daß di^.

,,konstitutionellen Behörden unverzüglich wieder in Wirksamkeit ge,,setzt werden.

,,2) Dieselben sind ermächtigt, nötigenfalls die erforderlichen militari^ ,,schen Kräfte aufzubieten, um den von ihnen getroffenen Anoxd,,uungen sofortige Nachachtung zu verschaffen.

,,Zu diesem Behufe wird ihnen der Herr eidg. Oberst Bourgeois^

,,Doxat in Eoxeelettes als Militärchef zur Verfügung gestellt, welcher

,,in Beziehung aus seine Mission von hier aus bereits verständigt wor^ ,,den ist.

,,Gegeben in Bern, den 3. September

1856.

,,Jm Namen des schweiz. Bundesrathes,

,,Der Bundespräsident: ^tämpsti.

,,Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schieß. ^

I. Verhandlungen der Kommissäre.

Eine Stunde nach gefaßter Schlußnahme begaben wir u.^s auf de^ Weg. Jn Aarberg, wo wir nach 2 Uhr anlangten, erfuhren wir, daß soeben ein Herr, von Neuenburg hexkommend, durchgereist sei, der deu Ausbruch der Feindseligkeiten bestätiget und erzählt habe, daß d^ie Herren von P o u r t a l è s - S t e i g e r und v o n M e u r o u sich an der Spitze befinden und Proklamationen erließen, daß die Gendarmerie entwaffnet sei ^nd die preußische Fahne auf dem Schlosse und anderwärts wehe.

Ju Jns fanden wir Abschriften zweier solcher Proklamationen. Jn der ersten, datirt aus 1a Sagne, 2. Herbstmonat 1856, unterzeichnet von Gras Friedrich von Pourtales, als Oberkommandant, erklärt dieser : Die Stunde der Befreiung habe geschlagen; der Ruf: es l e b e der K ö n i g e solle die Losung sein; die Getreuen sollen zu den Waffen greifen. Das Fürstenthum sei in Belagerungszustand erklärt; jede Gemeinde soll augenblicklich ein Komite aufstellen, das im Namen des Königs die Gewalt ausübe, und das Schloß in Neuenburg von seinem Amtsantritt in Kenntniß setzen.

Die zweite, die mehr den Eharakter eines Bulletins trägt und sich später wirklich auch als ein solches auswies, ist unterzeichnet von OberstLieut. von Meuron, datirt aus dem Schloß in Neuenburg, vom 3. Herbstmonat 1856, und erzählt, daß Locle um 2^ Uhr eingenommen und

487 ^as Gemeindehaus unter dem Geschrei^ Es l e b e d e r K ö n i g . beseht worden fei; ein Feldgefchxei, das eine große Zahl der Einwohner von .Locle herbeigeführt habe. Die Gendarmerie fei entwaffnet, die Verhaftungen vollzogen, die Kanonen befinden sich in der Gewalt der Getreuen.

Aus der Brévine und Umgegend lange eben eine Kolonne von 150 Mann an.

Solche Aktenstücke mußten bei uns die Anficht begründen , daß der Aufstand nicht nur ein leichtfertiges Spiel fei, sondexn in größern Berhältuissen austrete.. Wir überlegten daher, ob nicht an den Bundesrath eine Depesehe abzurichten sei, welche ihn ersuche, Herrn Oberst Bourgeois ven Auftrag zum Einrücken in den Kanton Neuenburg zu geben, wenn fie allfällig verhindert wären, morgen früh nähere Berichte zu geben. Wir unterließen jedoch sür einmal diese Maßregel in der Erwartung, sie, wenn nöthig, später zu ergreifen. ^ Weder in Gampelen noch an der Zihlbrücke gelang es uns , etwas Näheres zu erfahren ; einzig sagte mau , daß die Verbindung mit der.

Stadt Neuenburg dnrch Militär gesperrt sei. Aus dem Gebiete des Kautons Neuenburg angelangt, konnten wir keine Spur von Unordnung erblicken. Die Damen der Erziehungsanstalt MontInirail gingen mit ihreu Zöglingen ruhig spazieren; ebenso einige andere Personen. Auf dem Feld arbeiteten die Landleute , freilich iu geringer Zahl. Jn St. Blaise exklärte der herbeigerufene Postbeamte, daß allerdings die Sache ihre Richtigkeit habe, jedermann darüber erstaunt sei, und sie nicht begreifen könne ; in der Gegend von St. Rlaise hangen übrigens die Einwohner treu an der Republik und wissen daher weniger von rovalistischen Bewegungen.

Bei llauterive wurden wir durch.. einen Wachtposten angehalten, den wir für den Vorposten der aufständischen Partei hielten, der uns aber, nach Angabe unserer Eigenschaft, ohne Anstand weiter fahren ließ. Dieses war die einzige militärische Demonstration , die wir anf unserm Wege trafen.

Um 6 Uhr Abends fuhren wir in Neuenburg ein. Jn allen Straßen herrschte die größte Stille. Kein Militär war zu sehen. Manche Kaufladen waren indessen geschlossen. Wir fuhren. zur Post, um von dort aus, als aus einem eidgenössischen Büreau , die weitern Erkundigungen einzuziehen.

Jn diesem Augenblick kam eine Abtheilung Pompiers, militärisch eingetheilt, herbeimarschirt und zog gegen das Schloß. Der
Postdirektor war auf seinem Posten, bestätigte die in der abgewichenen Nacht und ohne allen Widerstand stattgehabte Besetzung des Schlosses und die Verhaftung der in Neuenburg anwesenden Staatsräthe durch Mannschaft unter der Führung der Herren v. Pourtalès und v. Meuron. Er sei in seinen Funktionen nicht gestört worden, mit Ausnahme der gewaltsamen Sequestration einiger Exemplare der heutigen Nummer des Jndépendant (Nro.

1^, Mercredi, 3 SepteInbre 1856), wobei er den Beweis vorlegte, daß er nur der Gewalt habe weichen müssen. Allerdings befinden sich

einige Postwagen im Rüd.stande , besonders von 1a Cnaux-d.^onds her ; aber die Telegraphen, nur momentan unterbrochen, spielen wieder. Wenige Minuten nach unserer Ankunft erschienen der Präsident und ein Mitglied des Gemeinderathes von Neuenburg, um sich uns zur Verfügung zu stellen, .mit dem Bemerken, daß fie vom Schloß aus die Aufforderung erhalten haben, Wein, Nahrungsmittel und solche Gegenstände hinauf zu liefern, was sie , dex Gewalt nachgebend , nicht wohl haben verweigern können.

Als wir daraus fragten, ob zur Sicherheit der Stadt eine Bürgerwache errichtet oder wie sonst in dieser Beziehung gesorgt sei, oder ob man aus Begehren Mannschaft zu unserer Verfügung halten könne, erklärten die Herren, außer Stande zu sein, eine solche Wache zu organisiren.

Die Nachfrage nach dem Präsekten hatte die Erwiderung zur Folge, daß dieser Beamte verhaftet oder sonst abwesend sei.

Wir verfaßten nun eine Proklamation an die Bürger von Neuen...

hurg, in welcher wir ihnen das Einschreiten des Bundes für die Her^ stellung der verfassungsmäßigen Ordnung anzeigten und zur Enthaltung von anar.^ischen und die Sache noch mehr verwickelnden Handlungen mahnten. Gleichzeitig selten .. wir den Bundesrath von unserer Ankunft und An.handnahme der Geschäfte in Kenntniß.

Nachdem dieses geschehen war, sandten wir an die Ehefs der Jnfur^ genten aus dem Schloß eine Botschaft , in der wir unsere Ankunft und deu Zweck unserer Sendung Aussprachen , die begangenen gesetzwidrigen Handlungen hervorhoben und die Führer auf das Dringendste einluden, der Unordnung und der Anarchie ein Ende zu machen, wozu unter Anderm folgende zwei Verfügungen augenblicklich zu treffen wären : nämlich die Befreiung dex Mitglieder des Staatsraths der Republik uud des Kau.^ tons Neuenburg und die Entlassung der bewaffneten Haufen , die sich in Neuenburg oder an andern Orten des Kantons befinden. Dabei^ wurde um die beförderlichste Beantwortung dieser Begehren ersucht.

Uuser Weibel iu dex Farbe trug diese Aufforderung ...ufs Schloß.

Jnzwischen erschien bei uus der Hauptmann der Solothurner Dragoner^ Compagnie, die sich gerade iu ....er Militärschule zu Eolombiex befand, und der nach Neueuburg hexeingeritten war, um Erkundigungen über die Vor^ fälle einzuziehen, welche das Land eben so sehx in Erstaunen als in B^ fiürzung versetzten. Ex erklärte,
nichts Beunruhigendes gesehen zu haben und entfernte sich mit unserer Aufforderung , ferner wachsam zu sein, Be.^ richte zu geben und unfern ersten Ruf zu gewärtigen.

Bald nach seiner Entfernung kam ei.u militärisch organifixtex Trupp Bewaffneter in die Stadt, und zog aufs Schloß. Er mochte ein paar hundext Mann stark sein und kam von Loc1e hex. Oberst Friedrich P o u x talès befinde sich, ^sagte man, au seiner Spitze.

Kondukteur S t e x n txat ein und berichtete, daß ex mit seinem Wagen einer Kolonne voxgesahxen sei, die von den Bergen, aus dem Thal ^ou Travers heranziehe, geführt von Oberst Deuzlex, den er selbst gesehen hab...

48.^ Wir suchten nach einem Expressen, um Herrn Deuzler den ^Bericht .zukommen zu lassen , daß wir als eidgenössische Kommissäre in Neuenburg angelangt seien und ihn zu ersuchen, fich vor allem bei uns zu melden, ehe er weitere Schritte thue. Aber es gelang uns nicht, einen Manu zu finden , der bei der finstern Nacht den Anftrag übernehmen wollte. Eiu Jndivieuum, das fich bereits auf den Weg gemacht hatte, kam nach weuigen Schritten unverrichteter Sache zurück und Niemand war aufzutreiben, der gegangen wäre.

Wir ersuchten nun Herrn Oberst B o u r g e o i s durch telegraphische Depesche , die Besammluug seiner Truppen möglichst zu fördern und auch über die iu der 'Militäxfchule zu Colombier befindliche Kavallerie und Scharfschützen zu verfügen. Dem Kommandanten der Schule wurde davon Kenntniß gegeben.

Jnzwischen kam unser Weibel vom Schloß zurück und brachte einen Empsangschein für unsere Depesche, unterzeichnet von Oberst Pourtalès.

Er und sein Begleiter erzählten, daß man das Schloß verbaxrikadire, das Thor der Barrikade aber noch nicht fertig sei, daß man Kanonen aufgepflanzt habe, Wein hinaufführe, daß der Schloßhof voller Bewaffneter sei, worunter ein paar Offiziere in preußischer Uniform, daß sich abex unter der Mannschaft viele Betrunkene befinden. Man habe ihnen für den

Einlaß keinen Anstand gemacht, vielmehr gesagt:. Ah l voilà 1a Confédération l Unser Bote fei in einen Saal geführt worden , in welchem fünf Herren bei einander saßen. Einer derselben habe unser Schreiben zur Hand genommen und den Empfangschein geschrieben.

Wir gaben nun nochmals dem Bundesrath kurzen Bericht und ließen durch den Telegraphen in ia Chaux-de-1^.oud^ nach dem dortigen Stand der Dinge fragen.

Jnzwischen war es fast l0 Uhr geworden und wir begaben uns in den Gasthof. Kaum hatten wir uns zu Tische gesetzt, so kam die Antwort aus 1a Chaux-de-l^onds, daß die republikanischen Kolonnen von 1a Chauxde-l^onds, ohne einen Schuß abzufeuern, in Locle und 1a Sagne eingezogen feien und die realistischen Banden sich vor ihnen zurückzogen haben; daß die Truppen gegen Neuenburg marfchiren, um die Stadt einzuschließen, in la Chaux-de-l.'ond^ und Locie aber jetzt alles ruhig sei.

Bald darauf ließen sich die Herren v. Pourtalès und v. Meuron bei uus melden.

Sie trugen Zivilkleidung, farbige Ueberröcke, schienen ziemlich ermüdet und etwas niedergeschlagen. Herr v. Pourtalès nahm das Wort : Die Zuschrift der Kommissäre habe sie bewogen zu kommen, um zu versuchen, die schwebende Angelegenheit zu schlichten, und sie wünschten die Vorschläge (propositions) zu hören, welche wir ihnen machen können. Man kenne ihre politische Meinung, die frühern Verhältnisse seiner Familie und seine eigene Vergangenheit schließen namentlich ihn enge an die Partei, der er angehöre; er sehe aber wohl ein, daß großes Unglück daraus entspringen würde, wenn er jetzt mit seinen Leuten ^u^

490 einer weitern Verfolgung seiner Unternehmung bestehen wollte. Es befind....

sich allerdings eine Anzahl entschlossener Leute um ihn geschaart, bereit,.

Leib und Leben zu wagen, allein gegenüber der ganzen Eidgenossenschaft .

wäre es Wahnsinn, Feindseligkeiten fortzusetzen, die nach mehr oder we^ niger langem Widerstand doch mit dem Erdrücken ihrer Freunde enden müßten. Sie würden daher gerne einen weniger unglückliehen Ausgang herbeiführen, ^er Bürgerblut schone.

Herr v. Pourtalès und Herr v. Meuron schilderten darauf ibre Mann..schaft. sie sei theilweise sehr exaltirt, denke an nichts weniger, als an ein Fallenlassen ihrer Sache und müsse vorerst sorgfältig durch die Offizier^ vorbereitet werden, ehe zu einer Entlassung geschritten werden könne ; sonst würde ihre Wuth sich leicht gegen Führer , Gefangene und andere uube^ theiligte Personen kehren und möglicher Weise die schlimmsten Folgen nach sich ziehen. Jetzt habe sie eine gute Stellung inne, habe schweres Beschütz und würde einen Angriff entschieden zurückweisen. Darauf sei sie eher vorbereitet, als auf eine Entlassung. Ein solcher Angriff drohe nun aber, da Kolonnen sich sammeln sollen, und möglicher Weise in der Absicht heranziehen, das Schloß sogleich anzugreifen. Der hiedurch veranlagte Kampf bei Nacht dürfte aber höchst blutig werden und es wäre daher dringend, einen solchen Angriff zu vermeiden. Denn, wenn .^inma^ Blut geflossen sei, so werde die endliche Erledigung nur um so s.^werer und die Erbitterung steige aus beiden Seiten.

Wir erklärten darauf, daß die Herren wohl begreisen werden, daß wir als eidgenössische Kommissäre nicht in Unterhandlung mit ihnen ein^ treten können, sondern auf der raschen Erfüllung der Begehren bestehen müssen, die wir bereits gestellt haben. Können wir dabei zur Schonung von ^ürgerblut die Hand bieten, so werden wir das Möglichste dafür thun. Wir wünschen nun vor allem zu wissen , wie die Mitglieder der Regierung von Neuenburg gehalten seien und wenn sie in Freiheit gesetzt werden. Die Zeit dränge und rasches Handeln sei unerläßlich.

Darauf wurde erklärt, ...aß die verhasteten Herren sich nicht zu be^ klagen haben ; wohl seien sie gefangen und es stehen Schildwachen .in ihrem Zimmer, was zum Theil ihrer eigenen Sicherheit wegen geschehe.

Allein dabei gewähre mau ihnen alle möglichen Bequemlichkeiten
und Er^ leichterungen. Der Saal , in dem sie festgehalten werden , sei sehr an^ ständig ; eben so das Betragen gegen sie , auch sei ihnen gestattet , alles Nöthig... aus ihren Wohnungen kommen zu lassen. Man habe gegen ihre sofortige Freilassung grundsätzlich nichts einzuwenden, aber di.. ....tusführuua, der Maßregel wäre ungemein schwierig; Herr Piaget und Her.... Aimé Hum^ bext, die im Schloß selbst wohnen, könnten allenfalls in ihre Zimmer gehen, obwohl auch da, der Schildwachen und der eigenen Leute wegen, fich bedauerliche Anstände .begeben dürften. Die andern Herren aber ..önn^ ten ohne große Gefahr für sie nicht aus dem Schloß gebracht werden..

selbst wenn sie sich entschließen sollten, durch Hinterthüren sich zu ent^rnen...

4.^1 Sie müßten eben immer durch eine bedeutende Abtheilung ihrer Bewassneten hindurch.

Wir boten uns an , sogleich selbst zu kommen , mit unserm Weibel in der Farbe, und sie abzuholen, wenn sie unter diesem Schule ungefährdet wegkämen.

Die Herren v. Pourtale.^ und v. Meuron glaubten aber, diesem Mittel nicht versuchen zu dürfen. Zwar würden , nach ihrem Erachten, die eidgenössische Farbe und die Personen der Kommissäre nichts zu ge...

fährden haben, wohl aber die Regieruugsglieder; die Soldaten würden uber Verrath schreien , wenn letztere sich fortbegäben , und gegen Fxeuud ^tud Feind mit Erbitterung verfahren. Jetzt feien die Herren in Sicher.heit und man werde ihnen ihre Freilassung ungesäumt mittheilen.

Wir fragten darauf, ob sich wirklich fremde Offiziere im Schloß befinden; mau habe solche bemerken wollen.

Auf diese Frage folgte die Antwort : daß allerdings zwei Offiziere in preußischer Uniform dort seien , beide aber Neuenburger, die in Preußen Dienen und sich gegenwärtig hier in Urlaub befinden.

Es wurde nun neuerdings auf die ungesäumte Entlassung der Bewaffneten hingewiesen, von den beiden Herren aber wiederholt, daß die Ausführung diefer Maßregel, des aufgeregten Zustandes der Leute halber, sehr schwierig sei. Habe sich b.^i den Führern auch alle Geneigtheit gezeigt, den von den eidgenössischen Kommissären in ihrer Zuschrift gestellten Begehren zu entsprechen, so habe man sich doch noch nicht getrauen dürfen, der Mannschaft ^on einer bevorstehenden Entlassung zu sprechen^. urn heftige und gefahrdrohende ^lusbrüche des Unwillen^ zu vermeiden ; jetzt aber bivouakire der größte Theil der Truppe unter freiem Himmel ; es mache etwas sris^ und die ^ält^ , so wie die übrige Ermüdung durch ..ine Beiwache, werde die Mannschaft zugänglicher machen und den Abzug vorbereiten :. man folle ihnen nur die nöthige Zeit lassen. Dann wisse man auch noch nicht, auf welchen Wegen man sich zurückziehen könne, um ungefährdet nach Hause zu gelangen; denn man müsse gewärtig sein, unterwegs v^n Kolonnen angegriffen zu werden , wenn nicht besondere Sicherheitsmaßregeln getroffen werden. Man finde also aneh deßhalb eine Entlassung n^ch nicht genügend vorbereitet.

Wir entgegneten, daß, wenn man den Muth gehabt habe, die Leute einzuberufen, man auch den Muth haben müsse, sie zu entlassen ; die Sorge für die
Heimkehr solle man nur ihnen selbst anheim stellen ; sie werden ^sich schon nach Haufe zu finden wissen, wenn sie einmal aus dem Schloß entfernt feien und ruhig wie einfache Bürger ihres Weges gehen. Oder ^b man allfäilig das Benehmen der Betrunkenen scheue, die fich unter der Masse zahlreich befinden sollen.:.

Die Herren meinten, an Muth fehle es ihnen gerade nicht; dieser ^ei aber hier unzulänglich , da die Sicherheit der Heimkehrenden nicht

492 davon abhange, die ^hefs aber auch die Verpflichtung aus sich haben, für das Wohl ihrer Leute zu sorgen. Betrunkene haben sie keine.

Es wurde von uns wiederholt, daß die Leute um so weniger ge^ fährdet werden, je rascher und ruhiger sie heimkehren; es werde daher zur Eile gemahnt und eine schriftliche Antwort auf die gestellten Begehren erlangt. .Dabei werde gewünscht, daß ein Offizier dieselbe hieher überbringe, der uns auf unser Verlangen in.s Schloß geleiten könnte, wenn dieses in Folge der Antwort zweckmäßig schiene.

Damit zogen sich die Herren zurück und sagten die verlangte Aut^ wort zu.

^rst nach etwa d^rei Stunden, d. h. gegen halb zwei Uhr in de..

Nacht, langte sie an. Der Offizier, der sie brachte, entschuldigte di.^

Verspätung mit der Erklärung, daß die Führer die Offiziere zu einem Kxiegsrath versammelt und mit ihnen d.^n Stand der Angelegenheit und die ..u ergreifenden Maßregeln besprochen haben.

Wir hatten die Antwort anders erwartet. Zwar enthielt dieselbe im Grundsatz die Unterziehung unter die gestellten Begehren : Freilassung der verhafteten Glieder des Staatsrathes und Eutlassung der Bewaffneten, für welch' letztere Maßregel einige Stunden Zeit verlangt wurde. Dann.

enthielt aber die Antwort noch die Berufung auf unsere Vermittlung, die wir zugesagt haben sollten , um während der Rückkehr der Truppen jeder^ Konflikt zu vermeiden, so wie ferner das Begehren um Zusicherung völli^ ger Amnestie. .^ine Ansage von sicherm Geleit hatten wir aber nicht gegeben , und in die Frage über Amnestie konnten wir in keiner Weise eintreten. Wir fanden dal.er eine neue Anschrift an die Ehefs der Jnsurgenten ini Schloß nöthig. Jn dieser Antwort wurde die unmittelbare.

Freilassung der Regierungsglieder verlangt und bezüglich der erbetenen Frist sür den Abzug der Mannschaft erwidert: daß sie in dem Sinne zugestan^

den sei, daß spätestens ii Uh^.. früh das Schloß sich geräumt finde, daß

die Leute nach Haufe zurückzurehreu hadeu, nachdem sie ihre Waffen ab^ gelegt. Dabei so.len sie in kleinen ^lbtheilungen und mit Vermeidung de.^ großen Straßen marschiren , um jeden Konflikt zu vermeiden. Was das Begehren über die Nichtverfolgung der stattgehabten Vorfälle betreffe , so besitzen wir darüber keine Kompetenz und können in keiner Weise aus diese Frage eintreten oder eine Verpflichtung übernehmen.

Es war gegen drei Uhr, als wir diesen Brief durch den Offizier zurücksandten, der die Antwort aus dem Schloß gebracht hatte. Unse^ eigenes Erscheinen im Schloß hielten wir für einmal noch für verfrüht.

Während der Ausfertigung unsers Schreibens e.rwiederte der sehr ermüdete Offizier unsere an ihn gestellten Fragen dahin , daß im Schloß etwa 600 Mann sein mögen, von denen die meisten sehr der Ruhe b.^ dürfen und schlafen. Betrunkene seien wenige darunter. Er glaube nicht, daß die Leute Anstand nehmen werden , die Waffen abzulegen ; denn ob sie dieselben jetzt abgeben oder ob mau sie ihnen 1n Kurzem zu Hause ab^

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.nehme, komme auf's Gleiche heraus. Schwieriger werde der Abmarsch durch die Müdigkeit der Leute: die meisten haben weit nach Haufe, denn fie seien aus 1a Sagne, Locle, Chaux-du-Mi1ieu, Brévine und der Umgegend.

Da die Räumung des Schlosses mit Sicherheit vorauszusehen war, dasselbe aber unter gegenwärtigen Umständen nicht ohne Besatzung bleiben durfte, so sandten wir sofort um halb vier Uhr des Morgens einen Expressen an den Kommandanten dee Schule in Eolombier, mit dem Befehl, sich so einzurichten, daß er Morgens sechs Uhr mit seinen Kompagnieu hier in Neuenburg eintreffe.

Bald nach vier Uhr kamen ^zu unserm Erstaunen die Herren v. Pourta l es und v. Meuron selbst nochmals. Sie erklärten, daß besonders die Entwaffnung ihrer Leute, die Art und Weise, wie sie ihre Heimkehr zu bewerkstelligen haben , so wie die Verweigerung der Amnestie fie auf's Schmerzlichste berühre.

Sie wüßten nicht, wie ihre Leute aus diese Weife ungefährdet heimkehren könnten; und was die Amnestie betreffe, so halten sie dafür , daß bei einem freiwilligen Zurücktritt ihrerseits von jedem weiter^ Widerstande die Nichtverfolgung von Personen völlig gerechtfertigt sei , und die daherige Zuficherung in der Kompetenz der Kommissäre liege. Es stütze sich letztere Ansicht ganz auf die Erfahrung bei den Vorfällen im Jahr 1831, wo Herr v. Ti l lie r eidgenössischer Kommissär war und seinerseits die Amnestie für einen der wichtigsten Punkte erklärte.

Wir machten bemerklich, daß gegenwärtig in der Eidgenossenschaft ein anderes Staatsrecht bestehe und andere Gesetze erlassen seien, als damals galten, man sich somit bezüglich der Amnestiefrage nicht auf jenen Vorgang berufen könne, und wir wiederholten, daß wir unsererseits weder kompetent noch gehörig über die Verhältniße unterrichtet seien, um auch nur im Mindesten auf diefen Punkt einzutreten. Wa^ fodann die Heimkehr der Bewaffneten betreffe, so haben sich die Kommissäre in ihrer Zuschrift klar ausgesprochen und halten eine derartige Ausführung noch immer für die am meisten praktische; inzwischen wäre vielleicht Möglichkeit vorhanden , die entwaffnete Truppe in größeru Abtheilungen durch eidg. Kavallerie bis an einen bestimmten Ort oder an zwei oder drei Orte geleiten zu lassen.

Herr v. P o u r t a l è s und Herr v. M e uro n, besonders aber der letztere , kamen auf die Entwaffnung
ihrer Leute zurück und erklärten , daß eine solche sehr große Schwierigkeiten haben dürfte , theils Ehren halber für sie und für die Mannschaft, theils der eigenen Sicherheit wegen, die

selbst beim Geleit durch eidg. Truppen nicht genügend gewährleistet erscheine.

Die Leute werden sich daher kaum entschließen , ohne ihre Waffen abzu.^ ziehen ; wenn man ihnen aber diese lasse und gleichzeitig das Geleit durch eidg. Truppen gewähre, so werde man trachten, die Sachen s.n dieser Weise möglichst schnell abzuthun.

Wir machten auf das Unthunliche und Unschickliche einer solchen Ver^ frigung aufmerkfam, und drangen wiederholt auf unverzügliches Ablegen der

494 Waffen. Die Lente können ja dieselben bezeichnen, um fie später wieder zu beziehen , wenn dieses von kompetenter Seite verfügt werden sollte.

Daxauf bemerkte. Herr v. P o u r t a l è s , der sich überhaupt bei der ganzen Unterhandlung als der Nachgiebigere erwies, daß viele Leute Waffen ^vom Staate haben , die man ihnen nach Einnahme des Schlosses aus dem Zeughaus verabreichte , unter Abfassung namentlicher und einläßlicher Listen und Kontrolen; diefe könnte man eher wieder abfordern.. schwerer solche Waffen, die den Leuten gehörten oder die fie mitbrachten. Die Maßreget der Entwaffnung überhaupt wurde aber von Herrn v. Menron wiederholt angegriffen und er erklärte, daß man vorziehe, lieber ohne Geleit mit seinen Waffen abzuziehen und alles mitzunehmen , was im Schloß ent^ halten sei und der Truppe ^ur Sicherheit dienen könne. (Hierunter war namentlich auch die Wegführung der gefangenen Regierungsräthe zu ver^ stehen.) Es sei übrigens nicht zu übersehen, daß es im Schloß noch nicht

an Vertheidigungsmitteln gebreche.

Wir bemühten uns , den Herren bemerklich zu machen , wie unklug und verwegen es wäre, die gefangenen Regierungsräthe aus d^u Schlosse zu entführen und in Gewalthaufen abziehen zu wollen ; daß ein solches Verfahren, ohne im Mindesten zu nü^en, eine völlig gleiche Erledigung der Hauptsache, wie sie sonst erfolgen würde, nicht verhindere, höchstens um ein paar Stunden verzögern könnte, daß aber die Folgen jedenfalls unendlich schwer in die Waagschale fallen müßten ; ein rasches Unterziehen sei das Beßte und Zuträglichste, Kolonnen ziehen allerdings heran, doch bezweifeln wir Beleidigungen ruhig abziehender Mannschaft oder einen so^ fortigen Ueberfall des Schlosses. Bürgen könnten wir freilich für nichts und verlangen daher um so eher einen unmittelbaren Entschluß . um dann selbst nach Bedürfniß handeln zn rönnen.

Die Herren konnten sich aber zu nichts entschließen , brachen die Unterredung ab, behielten sich die Konvenienz vor und giengen, begleitet von unserer endlichen Bemerkung: Wir erwarten, daß jedenfalls die Drohung über das Mitführen der gefangenen Staatsräthe nicht ern.r gemeint sei.

Wir sandten nun sofort unfern Weibel aus, inn zu sehen, was vorgehe, und erhielten den Bericht, daß, so weit man durch die Spalten der Barrikaden sehe und hören könne , große Bewegung im Schlosse herrsche und es scheine , als werde von der Mannschaft die Ausrichtung von Entschädigungen verlangt , welche die Führer in tiefem Augenblick nicht leisten können. Bald darauf wurde berichtet, daß zwar noch die preußische Fahne auf dem Thurme wehe , aber viele Leute das Schloß verlassen , darunter manche bewaffnet , besonders mit Stu^ern. Auch werde geschossen ; wahrscheinlich entladen die Heimkehrenden ihre Gewehre.

Wix gaben dem Bundesrath durch den Telegraphen davon Kenntniß und bereiteten uns zum sofortigen Gang in's Schloß. Da brachten zwei Offiziere den Bericht, Oberst Denzler sei in Neuenburg eingerückt, habe

das Schloß überrumpelt und befinde sich dort. Alles sei vorbei. Die.

495 .gefangen gewesenen Staatsräthe seien fxei, an ihrer Stelle mehrere Führer der Jnsurgenten festgenommen, darunter Graf P o u x t a l è s .

Wir eilten rasch auf's Schloß und überzeugten uns beim Vorbeigehen an Blut und Leichen, daß der Kamps nicht ohne Opfer geblieben sei.

Der Schloßhof und die zu demselben führenden Zugänge waren voll von Bewaffneten; großer Jubel allexwärts. Uns empfing der Ruf: Es lebe die Eidgenossenschaft l Es lebe die Republik. Es lebe Oberst Denzler !

^s lebe die Regierung von Neuenburg .

Jm Schloßhof sahen wir Oberst D e u z l e r selbst eifrig bemüht, militärische Ordnung im eroberten Schloß zu organisiren, und für die Verwundeten und Gefangenen zu sorgen. Bald kamen uns auch Mitglieder der Regierung entgegen, denen wir uusere Glückwünsche aussprachen , und die uns in den Schoß ihrer Behörde geleiteten.

Wir stellten uns nun der Regierung als eidgenössische Kommissäre vor, sprachen Namens der eidgenössischen Behörden , nebst dem tiefen Bedauern über das stattgehabte Attentat, die hohe Befriedigung aus, welche ^jeden Eidgenossen über die schnelle und kräftige Unterdrückung desselben erfüllen müsse und ersuchten sie, un^erweilt ihre unterbrochen gewesenen Funktionen wieder fortzusein und dahin zu wirken , daß die verfassuugsmäßigen und gesetzlichen Zustände im Kanton bald möglichst nach allen Richtungen hergestellt werden. Eidgenössisches Militär sei im Anmarsche und werde übera.l zur Erreichung dieses Zweckes Hand bieten.

Die Herren Staatsräthe anerkannten dankbar das rasche Auftreten des Bundesrathes und sprachen die Erwartung aus, daß die Ordnung bald wieder hergestellt sein und gleichzeitig Neuenburg bewiesen haben werde, daß es würdig .n der Reihe der eidgenössischen Stände dastehe. Die Erhebung der republikanisch gesinnten Bürger auf die erste Kenntniß der Gefahr, welche ihrer Freiheit drohte, gebe dafür ein gültiges Zeugniß.

Da bis zum Eintreffen eidgenössischer Truppen die Handhabung militärischer Ordnung unerläßlich sei, so gedenke der Staatsrath von Neuenburg, dem Herrn Oberst D e n z l e r einstweilen das Oberkommando über die kantonalen Truppen zu übertragen, womit wir uns einverstanden erklärten ; wünschbar sei dann aber die beförderliche Rückkehr der Kantonaltruppen , die sueeessive zu geschehen habe, und so bald als möglich einzuleiten wäre.

Ueber die Art und Weise befragt, wie sie während ihrer Gefangenhaltung von den Jnfurgenten behandelt worden feien , erwiderten die Herren Staatsräthe: daß zwar ihre Gefangeunehmung theilwei^se mit ziemlicher Rohheit bewerkstelligt worden sei, sie sich aber, nachdem fie sich einmal .bei einander eingeschlossen gesehen haben, nicht mehr über ein unanständiges ^Benehmen gegen sie zu beklagen gehabt. Sie seien übrigens stets der Ansicht gewesen, daß dieser unerhörte Gewaltsakt, mitten in der tiessteu Ruhe und unter den friedlichsten Verhältnissen gegen sie und gegen die^ .Republik verübt, nicht von langer Dauer sein werde.

496 Unter wiederholter Bezeugung ihrer Freude über die schöne Stellung..

in der sich die Republik jetzt befinde , machten wir auf die Notwendigkeit

aufmerksam, mit der Strenge gegen die Urheber der That, Milde und Nachsicht gegen die Verführten zu übeu.

Wir überzeugten uns dann noch , daß die Gefallenen unter Mit.

wirkung des kompetenten Friedensrichters eutfernt, die Verwundeten der geeigneten Pflege übergeben und die Gefangenen angemessen verwahrt und gut behandelt seieu. Bis zur Ankunft der eidgenössischen Rechtsbeamteu.

wurde der Regierung von Neuenburg die Sorge für die erforderlichen Ver^ haftungen im Kantou , sowohl im Jntexesse des anzuhebenden Prozesses, als a.uch im Jnteresse der Sicherheit gewisser Personen , überlassen. Wir empfahlen dabei abex jeden Mißbrauch zu vermeiden und sich ...n die ge^ seitlichen Formen zu halten.

Darauf zogen wir uns zurück und gaben dem Bundesrath durch tele^ graphische Depesche von der Wiederanh.rndnahme der Geschäfte durch di^ Regierung von Neuenburg und von der Bese.^ung des Schlosses durch Herrn Oberst Denzler Kenntniß, erließen eine Proklamation an die Neuenburgifchen Bürger, in welcher die Beendigung der Anarchie und die Wiederherstellung der konstitutionellen Ordnung angezeigt, die Unterstützung dieser Ordnung verlangt und die Erklärung gegeben wurde , da^ die Ge rechtigkeit ihren gehörigen Gang gehen werde.

Da bei der Besetzung des Schlosses durch die herbeigezogene Mann^ schaft des Herrn Oberst Denzler die Mitwirkung der eidgenössischem Kavalleriekompagnien nicht mehr nöthig schien, so wurden diese, die nach der ihnen von den Kommissären zugekommenen Ordre bald nach 8 Uhr i^ Ordnung in Neuenburg angelangt waren , zur ungestörten Fortsetzung ihrer Schulübungen wieder nach Colombier zurückgeleitet , dagegen Herr Ober.t B o u r g e o i s eingeladen, sich nach Neuenburg zu begeben, nnr mit un.^ die Dislokation der eidgenössischen Truppen zu besprechen. An den Bun^ desrath wurde ein einläßlicher Bericht durch die Post vorbereitet.

II.

^^ng der Bewegnng im Danton Neuenbnrg.

Die Hoffnung der Realisten Neuenburgs auf eine Wiederherstellung des Fürstenthums unter dem König von Preußen lebte immer fort und veranlaßte die Anhänger dieser Meinung, stets in enger Verbindung unter sich selbst und mit B ex li n zubleiben. Es wurde ein eifriger Briefwechsel geführt ; man machte sich Besuche , hielt Konferenzen , bennate jeden Anlaß, den Hof von Berlin zu beko.nplimentiren und verfemte sich ^durch die ge^ nährte Hoffnung in einen Zustand von Setbftexaltation.

Die Gründe, welche die Lenker des Aufstand^ vom 2. September bewogen haben, diesen Aufstand jetzt ...um Ausbruch zu bringen, sind noch

nicht genügend bekannt; thatfächlich scheint so viel richtig zu sein, daß auf den 14. August eine Besprechung und Berathung über die baldige Er^

497 greifung vou Gewaltmaßregeln zur Herstellung des Fürstenthums in la Sagne oder dortiger Gegend stattsand. Bei dieser Versammlung wurde zwar die Zweckmäßigkeit einer solchen Unternehmung nicht allgemein zugegeben, doch von einer Mehrheit angerathen. Man begab sich an's Werk, fertigte Pläne aus, wobei Graf Friedrich vou Pou r tal ès in der Mettleu bei Bern sich als besonders thätig erwies und die Hauptrolle übernahm..

Ju der Nacht vom 2. auf .den 3. September kam das Attentat zum Ausbruch. Es scheint, daß in dieser Nacht eine Anzahl Getreuer aus der Brévine, 1a Sagne, Chaux-dn-Milieu und Umgegend im Dorf 1a Brévine .vereinigt wurde. Man versicherte sich des Unterstatthalters (Conseiner de .Préfecture), indem man ihn bis am Morgen gefangen setzte, regte das ^olk durch deutsche und französische Anreden aus, schwang die preußische Fahne , proklamirte das Fürstentum und verordnete die Einse^ung preußisch gesinnter Behörden. Darauf marschirte man in aller Stille nach Locle, besetzte dort den Marktplatz und öffentliche Gebäude, verhaftete den Präfekten nebst andern republikanisch gesinnten Beamten und den Landjägern, und gab dann durch den lauten Ruf . Es l e b e der König . das Zeichen zum Ausruhr und zur Umstürzung der konstitutionellen Ordnung in Locle.

Gegen Morgen setzte nun diese Kolonne, verstärkt durch die zahl..eichen Ergebenen aus Locle, mit einigen Kanonen versehen, unter Anführung des Grafen Friedrich v. P o u r t a l è s ihren Marsch nach 1a Chauxde-.^onds fort, offenbar in der Absicht, nach Einnahme dieses Ortes gegen Neuenburg zu marschiren und sich d^rt mit den freunden zu vereinigen, die inzwischen Stadt und Schloß Neuenburg in Besitz genommen habeu werden.

Es war indessen von diesem unerhörten Versuch Nachricht nach la Cliaux-de-l.'onds gekommen, und die Freunde der Verfassung und des Gesetzes hatten sich d^rt unter der Leitung des gewesenen Neuenburgischen Staatsraths, jetzigen eidg. Artilleriemajoxs G i r a r d , gesammelt und organisixt, um den Angriff auf die Bundes- und .^antonalverfassung zurückzuweisen. Die von Locle heranrückende Kolonne der Jnfurgenten fand daher nicht einen in tiefster Ruhe schlummernden Ort, sondern einen überlegenen wohlgerüsteten Gegner, und zog sich daher, ohne es zu einem Kampfe kommen zu lassen, von l^p^tures nach Loc1e und von da über den Paß entre
deux ^lonts nach la Sagne zurück. Allein auch hier war, der nachdrängenden Republikaner wegen , ihres Bleibens nicht; sie wendeten fich nach les Ponts und schlugen v^n da die Landstraße über 1a ^o^rn.^ und Corcelles nach Neuenburg ein. Sch.^n in Ep1atures hatten fie eiue wehrlose Frau niedergeschossen, in Peseux plünderten sie ein Haus, tödteten grausam den Besitzer und richteten so unendlich mehr Schaden an, als durch die zwei Kartätfchenschü^ di.^ st^ sich .^..s unbekannten Gründen bemüßigt sahen, in der friedlichen Straße losznbrennen. Möglicherweise sollte dieß eine Rache sein für d.^.u mißlungenen Angriff auf einige Scharfschützen, die von der Militärschule in Colombier aus zufälligerweise eineu Uebungsmarsch gegen diese Gegend vorgenommen hatten, fich dann iu

498 Ordnung vor den Angxeisern zurückzogen und d..n Allarm nach Eolombier brachten. Genug, die Jnsurgeuten zogen einige hundert Mann stark uu..:.

mit zwei von .Locle hergebrachten Vierpfündern bei anbrechender Dämme^ xung in Neuenburg ein , und begaben sich sämmtlich auf's Schloß.

Zu gleicher Zeit als in Brévine der Aufstand sich organiate , hatte.

sich auch eine Bande in oder bei Neuenburg gebildet , welche wahrscheinlich unter der Führung des Hrn. Friedrich v. M e uro n sich des Schlosses von Neuenburg bemächtigte. Hiezu wurde das Schloßthor eingerannt und der Landjäger, welcher die einzige Wache bildete, entwaffnet und eingesperrt.

Darauf schritt man zur Verhaftung des im Schloß wohnenden Kanzlers der Republik, Hrn. Aimé Humbert, und dann zu derjenigen d^s eben dort wohnenden Präsidenten des Staatsxaths, Hrn. Piaget. ^Aus ihren Woh^ nungen in der Stadt holte man die Staatsräthe Jeanrenau.^Bessou und Gxandpierre, so wie den Landjägerchef Flühmann. Alle wurden im Schloß zusammen eingesperrt. Dex in Neuenburg noch anwesende Staatsrath Elere^ Leuba, so wie dex Pxäsekt von Neuenburg, Herr Matthey, konnten sich der ihnen zugedachten Verhaftung durch die Flucht entziehen. Der Refi der Nacht wurde wahrscheinlich benu^t , überall die preußische schwarz-weiße (nicht neuenburgische xoth-gelbe) Fahne aufzuziehen , die in das Schloß eingerückte Mannschaft zu organisiren , aus ^dem geöffneten Zeughaus voll^ ständig zu bewaffnen, Kanonen auszupflanzen, den Bau von Barrieren zu beginnen , der dann während des ganzen folgenden Tages sortgesetzt wurde, Proklamationen und Siegesbülletins auszuarbeiten und drucken zu lassen, und deren Anschlagen an die Mauern der Stadt auf den Morgen des dritten vorzubereiten. Bei anbrechendem Morgen wurde dann unter lautem Jubel im Schloßhos die Wiederherstellung des Fürstentums ausgerufen.

^Bald nachhex las man die Proklamationen an allen Ecken der aus.s Tiefst^ erstaunten Stadt.

Am Morgen des 3. erhielten alle Theile des Kantons nach und nach Bericht von den Vorgängen in der abgewichenen Nacht. Wir haben oben gesehen , wie die der Republik anhangenden Bürger von 1a Chaux-d.^ond.^ und der Berge sich sammelten und organisirten , unter dem Kommando von .Major Girard die Jnsurgenten verfolgten, nachdem diese in ih..em Marsche gegen 1a Chaux-de.-^onds zurückgewiesen wurden.

Die Republikaner aus dem Traversthal empfiengen kur.^ darauf die Nachricht ; sie versammelten und organifixten sich gleichfalls un.^ marschirten

zur Vertheidiguug der Republik.

Am 3. September Morgens um halb neun Uhr erhielt Herr Oberst D e n z l e r iu Kurier eine telegraphifche Depesche vom Unterstatthaltex B e n o i t in les Ponts, datirt 7 Uhr 55 Min., welche lautete: ,,Jn Lo^ und .^euchate1 ist die Revolution ausgebrochen , der Telegraph zwischen .Loc1e und Neuch.....e1 ist unterbrochen. Kann man auf Jhren Beistand zählen.^ Umsonst versuch^ Herr D e u z l e r Bericht vom Staatsraths^ Präsidenten in N^nbuxg zu erhalten, der Telegraph dorthin war unt.x^

49^ brochen. Jnzwischen versammelten sich die in der Umgegend wohnenden Mitglieder des Großen Rathes und beschlossen den augenblicklichen Ruf der Streitkräste unter die Waffen. Zum Militärkommandanten des Traversthales wurde Hr. Oberst D e n z l e r bezeichnet. Dieser ließ sosort in I'leurier Generalmarfch schlagen und Sturm läuten , entsendete Eilboten in die umliegenden Ortschaften zum Aufruf der dienstpflichtigen Mannschaft und Freiwilligen , und benachrichtigte gleichzeitig den Kommandanten des westlichen Truppenzusam.nenzugs , Herrn eidg. Oberst B o u r g e o i s , so wie den Regierungsstatthalter von St. Eroix (.^t. Waadt) von der ausgebrochenen Jnsurrektion.

Um 10 Uhr langte Kommandant P e r r e t von Neuenburg in laurier an, bestätigte die Berichte über die Jnsurrektion und gab nähern Aufschluß über das Vorgefallene. Auch von dem Angriffe auf Locle durch die realistischen Jnsurgeuten und von der Verhaftung des dortigen Regierungsstatthalters , sowie anderer angesehener Republikaner, ging Nach-.

xicht ein. Während der Organisation ^er Mannfchaft auf dem Marktplatze in l^leurier brachte ein berittener Offizier ein Exemplar der aufrührerischen Proklamationen , deren Anblick manchen Bürger veranlaßte, die Rolle eines müßigen Zuschauers zu verlassen und zum Schutz der bedrohten Republik in Reih und Glied zu treten. Selbst mancher Bürgen ohne Waffen schloß sieh dem Zuge an, in der Hoffnung, sich auf dem Marsch solche noch verschaffen ^u können.

Um l^ Uhr marschirte die Kolonne, nach kräftiger Ansprache des Hrn. Oberst Denzler, von .^leurier ab. Jn dotier... schloß sich die dortige Mannschaft an und nahm die daselbst befindlichen zwei VierpfünderKanonen , jede mit eilf Kugelschüssen und einem Kartätschenschuß versehen, mit.

Die gewehrtragende Mannschaft hatte ungefähr zehn Patronen auf den Mann aus den Magazinen des Regierungsstatthalters erhalten.

Jn Couvet schloß sich die schon aufgestellte und mit Munitionen versehene Truppe der Kolonne an, ebenso in travers, wo die zwei dort aufbewahrten Vierpfünder^ Kanonen bespannt und zum Abmarsch bereit standen.

Alle Gemeindebehörden erhielten den Befehl zur Aufstellung von .Bürgerwachen , zur Handhabung der Ruhe und Ordnung im Jnnern und Verhaftung der Ruhestörer.

Herr Oberst Denzler organisirte nun seine Kolonne so, daß eine Abtheilung Schützen (etw^ 50 Mann) und eine Kompagnie Jäger (80 Manu) die Vorhut bildeten. Hieraus folgten zwei Geschähe , dann die Hauptkolonne, in Kompagnien von 80 Mann getheilt, mit den übrigen zwei Geschützen , dann die Nachhut. Das Ganze zählte etwas über vierhundert Mann. Ein Arzt folgte der Kolonne mit Verbandmitteln.

Die Zumuthnng , nach ies Ponts zu marfchiren , lehnte Herr Oberst Denzler ab, u.w li.^ ^ s^iu Opexationsobjekt das Schloß Neuenburg erkennen.

500

.^

lluter den üblichen Sicherheitsmaßregeln wurde vorgerückt. An der C1usette erhielt der Truppenkommandant die Nachricht, daß .Locle von den Republikanern unter dem Kommando des eidgen. Stabsmajors Girard um 9 Uhr wieder genommen und die Jnsurgenten auseinander gejagt worden.

Diese Nachricht befestigte den Vorsatz des direkten Marsches nach Neuenhuxg um so mehr, als eine Vereinigung mit der ohne Zweifel dem vertriebenen Gegner nachrückenden Kolonne der Republikaner sehr wahrschein.^ lich war. Durch seine Adjutanten ließ Herr Denzler die Mannschaft der uahe liegenden Ortschaften sammeln und organisiren und die weitern Be.^ fehle abwarten. Andere Offiziere wurden zur Einziehung von Erkunde gungen , Veranstaltung der Verpflegung und gehöriger Berichterstattung ausgesendet.

Oberhalb Rochefort erhielt Herr Denzler ein Schreiben von den Regierungsstatthaltern Matth.^ und Dubois und ^om Major Henriod, worin diese seinen Marsch nach Eolombier verlangten , ein Begehen , das er uicht gewähren konnte. Jn Rochefort erhielt man den Bericht, daß vor ungefähr einer Stunde, d. h. um vier Uhr Nachmittags, eine Kolonne Jnsurgenten, etwa 600 Mann stark, mit zwei Geschützen, von la tourne herkommend, gegen ^1ontnIo1in marschirt sei und in les Grattes einen Posten zurückgelassen hatte.

Scharfschützen, welche von Rochetort dorthin gesandt wurden, um den Weiler zu säubern , fanden aber diesen Posten nicht mehr vor : er soll kurze Zeit vorher da^on gelausen sein, als er d^e republikanische ....o lonne in Rochefort einrücken sah.

Bei anbrechender Nacht setzte Oberst Denzler seine Kolonne wieder in Bewegung und traf beim Debouchiren aus den. Hohlweg bei Rochefort mit der vorher als solche gehörig erkannten Kolonne unter Herrn Major Girard zusammen. Diese Kolonne bestand aus etwa 100l^ Manu mit vier Geschützen , und verfolgte von la Chaux-de-l^ouds her die weichenden realistischen Jnsurgenten. Herr Oberst Denzler übernahm nun das .^om^ mando über die vereinigte Kolonne und beschloß , die Hauptmacht nach Peseux vorrücken zu lassen, und Zurücklassung eines starten Detafchements mit zwei Geschützen in Corcelies. Hier erhielt Herr Oberst Denzler vom Kondukteur des Neuenburg-l^ole-Postwagens die Mitteilung , daß zwei eidgen. Kommissäre in Neuenburg eingetroffen seien.

Die Mannschaft nahm nun die vorbezeichneten Quartiere ein
und traf alle nöthigen Sicherheitsmaßregeln.

Sie wurde in den Häusern und Scheunen bestmöglich untergebracht und verpflegt. Man erfuhr, daß die Kolonne der Jnsurgenten, ungefähr 600 Mann stark, mit zw^.i Geschützen um 5 Uhr durchmarsehirt sei, in Peseux eiu kleines Scharmützel mit einem Detaschement Schüfen, die ans der Militärschule zu Eolombier hexge^ kommen, gehabt habe, wobei ein Jnsurgent geblieben und ein Schütze von .^leurier verwundet worden sei. Zwölf andere Scharfschütze.. haben die.

Jnsurgenten gefangen mit sich geführt.

501.

Am Eingang in das Dorf Peseux steht links das Haus Bouvier, .^egeu welches von den Jusurgeuten eiu Pelotonsseuex gerichtet und hierauf im Jnnexu alle Möbeln zerstört worden waren. Als der Hauseigentümer, eiu Republikaner, sich kurz vorhex iu seiu Haus fiiichteu wollte, wurde ex durch Schüsse, Bajonettstiche und Kolbenschläge so verwundet, daß ex aut.

uämlicheu Abend starb. Jn der Nähe dieses Hauses soll dann auf der Straße ein Geschütz von den Jnsurgenten aufgefahren und längs den Häuserreihen mit Kartätschen gefeuert worden sein.

^ie Rieochettmarken an den Häuserfronten bestätigen vollkommen das Geschehene.

Unmittelbar nach der Ankunft in Peseux wurde durch Hrn. Major Girard und aus Befehl des Hrn. Oberst Denzlex der Vorpostendienst ge-

hörig oxganisixt. Gleichzeitig erhielt die Truppe iu Boudrv, die fich etw^

240 Mann stark gesammelt hatte und, in drei Kompagnien eingetheilt, unter dem Befehl von Major H e n r i o d stund, den Befehl. bis Serrière^ vorzurücken und die Verbindung mit dem Haupttorps hexzustellen. Oberst Denzlex setzte nun seinen Plan für den nächsten Morgen fest. Ex wußte, daß die Jnsurgenten^ von 1a Sagne, Chanx-du-Milieu und 1a Brévine ir..

der verflossenen Nacht nicht der Ruhe pflegen konnten und nahm an, fie werden ehex dem Wein und geistigen Getränken zugesprochen haben. Deu ganzen verflossenen Tag seien ste maxschiert und ficher ermüdet, vielleicht schon theilweife demoralisixt, im Schloß Neueubuxg augekommen, wv fie wahrscheinlich neuexdings allerlei geistige Getränke zu fich genommen haben, und nun in Folge der Ermüdung und dieser Libatiouen kaum kampffahi^ fein werden. Die Todesstille, welche nach den Berichten der Rekognoszixungspatxouillen und nach den eigenen Wahrnehmungen des Oberkommandanten, so wie des Majors Girard, in der Richtung des Schlosses herrschte, befestigte Hrn. Oberst Denzler in seinem Vorsatz , mit Tagesanbruch das Schloß zu überrumpeln und dadurch vielleicht größeres Blutvergießen zu verhüten.

Jn Folge dessen erließ er den Befehl, die Truppen in Peseux un.^ Morcelles um 2^ Uhr Morgens ganz in aller Stille und ohne Trommelschlag zu besammeln und die Geschütze zu bespannen.

Kommandant P e r r e t erhielt die Ordre, mit den in Auvernier sich befindenden Truppen nach Verrières vorzurücken und eine Kompagnie bi^ zur Ziegelhütte vorzuschieben, woselbst diese um 2^ Uhr einzutreffen habe^ Schützenhauptmann T schanz erhielt die Ordre, mit seiner Kompagnie, die sich in Eolombier befand, um 21^ Uhr in Peseux einzutreffen. Um 2^ Uhr war die Truppe in Peseux auf den Beinen , und die in Corcelles unter Major P i a g e t zurückgelassenen .^wei Kompagnien mit zwei Geschützen schlossen sich dem Hauptkorps an.

Um 3 Uhr setzte sich die Kolonne in Marsch.

wurde dieselbe folgendermaßen organisixt :

Außerhalb dem Dorfe

Avantgarde unterm Oberkommando von Major G i r a r d ; Komman-..

dant der Jnfanterie : Major P i a g e t.

Bundesblatt. Jahrg. VIIl. Bd. II.

58

^02 Zwei Kompagnien Scharfschütze .. Hauptleute T s c h a n z und Erbeau^ Zwei Kompagnien Jäger.

Zwei Geschütze unter Artitlexiehauptmann Grandjean.

Hauptkorps : Kommandant der Infanterie : Bataillonskommandant

Billou.

Sechs Kompaguien Jufanterie.

Zwei Kompagnien Freiwillige, größtenteils mit Stu^ern bewaffnet.

Axtilleriekommandant : Hauptmann Balsiger.

Sechs Geschütze.

Der Tag fing noch nicht zu grauen an, als die Spitze der Kolonne bei der Einmündung der neuen Straße von 1a Chanx-de-l^onds anlangte.

Hier wurde Halt gemacht , um die weitern Dispositionen für den Angriff zu treffen.

Allervordexst wurden sodann folgende Rekognoszirungen angeordnet .

Major Girard ging mit einem Detaschement Schützen und Jäger auf der Straße direkt gegen den Schloßgarten (Jardin des Princes) vor. Schützen^ hauptmann Tschanz ging mit einem Detaschement Schützen durch den.

S^yongrund an die westliche Seite des Schlosses vor.

Guidenlieutenant S and o z mit einem Detaschement Guiden begab sich auf die Seestraße, u.m nachzusehen, ob die Abtheilung v ....... der Ko^ lonne von Kommandant P e r x e t bei der Ziegelhütte in ihr... Position eingerückt sei.

Der Letztexe kam zurück mit der Meldung , daß sich Kommandant P er r et mit einer Kompagnie unter Lieutenant D u v a n e t auf der genannten Stelle befinde, und sowohl Major Gixard als Hauptmauu

Tschanz und seine Schützen meldeten, daß im Schlosse die größte Stille herrsche. Mittlerweile fing es an zu tagen. Herr Oberst D e n z l e x beorderte eine Kompagnie Freiwillige, meistens Schützen , durch d^n Ser^on^ grund auf der westlichen Seite des Schlosses behutsam vorzugehen , und ließ nun die Kolonne den Marsch sortsetzen.

Ein anderes Detaschement Schützen und Jäger wurde beordert, auf dem Wege,^ welcher vom Reposoir weg an die westliche Seite des Schlosses führt, vorzugehen.

Jn der Nähe des näher dex Stadt zu gelegenen Pulvermagazins traf die Kolonne aus den um 4 Uhr von Neuenbuxg abgehenden Postwagen nach Loc1e. Oberst^ D e n z l e x fragte den Kondukteur, was in der Stadt vorgehe und ob die Jnsurgenten das Schloß noch besetzt hielten , oder aber ob sie abgezogen seien. Letzterer erwiderte: Jn der Stadt sei alles ruhig , mau sehe nur zuweilen eine Patrouille des Pompierkorps ; im Schlosse seien 600 bis 700 Mann , die Miene machen , dasselbe behaupten zu wollen. .

Die bei der Avantgarde sich befindenden Schützen arxetixteu unweit dem Straßenellbogeu oberhalb dex Ziegelhütte einen bewaffneten Deserteur

503 der Jnsurgenten, welcher sagte, daß ihrer ungefähr 1000 Mann seieu und daß die Mannschaft schlafe.

Die Sonne fing gerade an, ihre ersten Strahlen zu verbreiten , als die Kolonne am Straßenellbogen ankam.

Die Avantgarde ging mit ihren beiden Geschützen gegen den Jardin des Princes vor.

Die Geschütze wurden auf der Straße abgeprotzt und mit Kartätschen geladen, um im Falle eines Rückzuges das Nachdrängen des Feindes abzuwehren.

Am Ende des Gartens, wo der Fahrweg Petit Pontarlier in die Straße einmündet, zog sich eine Abtheilung Schüfen links, um in deu Garten einzudringen.

Hier wurden die ersten Schüsse gewechselt.

Die fünf äußersten Schildwachen der Jnsurgenten liefen davon. Einige Schützen eskaladirten die Mauer und drangen in den Garten ein.

Da dieses aber zu beschwerlich war, wurde die Gartenthür eingeschlagen und in den Garten eingedrungen.

Am dießseitigen Ende des Gartens besand sich quer über die Straße ein Verhau von einigen Baumstämmen , der sofort weggeräumt wurde.

Die Avantgarde rückte unterdessen nach den Regeln des Straßengefechts in Trupps längs der Mauer des Gartens vor, währenddem an der andern Seite der Straße und in gleicher Höhe Schützen und Jäger einzeln mit angeschlagenem Gewehr der Bewegung folgten, um das Vordringen der republikanischen Truppen ohne Verlust zu ermöglichen.

Der Eingang in die Stadt beim ehemaligen Thor neben dem Gefäugnißthurm war von den Jnsurgenten besetzt, was an dieser Stelle eiu heftiges Gewehrfeuer veranlaßt^ auf welches die Jnsurgenten zurückwichen und die republikanischen Truppen in di.. Schloßstraße vorrücken konnten.

Da wo diese Straße am Fuße der Terrasse nach dem Schlosse führt, be^ gann d..s Gewehrfeuer von Neuem. .^uf dem ersten .Absatz der Treppe .nach der Terrasse war eine Barrikade von Eisenbahnschwellen errichtet, mit kleinen Zwischenräumen als Schießscharten.

Diese Barrikade scheint indessen nur schwach besetzt gewesen zu sein. Dichter standen die Jnsurgenten hinter der Mauer längs der Terrasse, die durch Eisenbahnschwelleu erhöht war, und fie unterhielten .^n d.. .^ ...in lebhaftes, aber zu hoch gezieltes Feuer gegen die anrückenden Truppen. Weiter gegen das Schloß zu war die Straße durch eine Barrière gesperrt, di... in ihrer Mitte ein Thor und rechts und links desselben zwei Schießscharten hatte, durch welche die Mündung
von Kanonen hervorblickte.

Diese Barrière, aus 7 Zoll dicken Balken erbaut, hatte eine Höhe von 8 Fuß; der eine .^horflügel stand offen, und es galt nun, dieses Hinderniß schnell im Sturm zu nehmen , bevor eine Kartätschensalve aus d^n zwei Geschützen den Anrückenden Schaden zufügen konnte. Nach einigen Gewehrsalven auf die vor der Barrikade und unter dem halb geöffneten Thor sich befindenden Jnsurgenten, wo auch der größte Theil von ihnen gefallen ist oder verwundet wurde, bemerkte ein Soldat, daß es ihm scheine, über der Barrikade eine

504 weiße Fahne zu erblicken. Andere sahen im Pulverrauch nichts von einen..

solchen Gegenstand. Das Feuer wurde daher unterhalten und von den Jusurgenten , sowohl von der Barrikade als von der Texrasse her, erwi^ dert. Endlich wurde die Fahne deutlicher erkannt , worauf der hier speziell kommandixende Major Gixaxd das Feuer augenblicklich einstellen ließ und dem Parlamentär zurief, fich zu nähern. Dieser kam bis auf wenige Schritte heran und erwiderte auf die Frage, was er wolle .. die Besatzung des Schlosses werde sich nicht länger vertheidigen , da die Ehefs davon gelaufen seien. Aus diese Mittheilung rief Major Girard seiner Avant^ garde :. Soldaten , das Schloß ist unser l worauf fie .m Laufschritt durch die Barrikade und v^n da in^s Schloß eindrangen.

Jn diesem Augenblick kam der zur Verstärkung dex Avantgarde durch Herrn Oberst Deuzter .....orderte Kommandant Billou mit seiner Truppe

au; in dex Beglaubigung, die im Laufschritt durch die Barrikade ein^

dringende Avantgarde stürme , ließ er Sturmmarsch schlagen und rückte durch die Barrikade in's Schloß nach.

Daß unter der Barrikade mit dem Parlamentär nicht längere Er^ örterungen gepflogen werden konnten, erklärt sich aus der Aufregung der Mannschaft, welche die Mündung zweier Geschütze aus sich gerichtet sah und nach den Unthaten der Jnsurgenten in l^pl^tures und Peseux nicht das sedeste Vertrauen in sie setzte.

Inzwischen hatten die durch den Jardin des Princes eingedrungenen Abtheilungen Schüfen und. Jäger die gegnerischen Vorposten durch den Garten uud^ über die schmale Brücke zurückgetrieben , die von diesem in den donjon führt. Die Besamung des donjon zog sich , ohne fernexu Widerstand zu leisten , theils in den Schlvßraum hinter der Kirche, theils auf die Terrasse und von da in das Schloß zurück.

Jm Schloßhos warfen die Ueberwnndenen Waffen , Ausrüstnngsgegenstände, Kaput, Tschako u. s. w. weg. Ueber zweihundert hatten sich über die Barrikade oben au der kleinen Treppe, die vom Schloß nach der Stadt führt, so wie durch die Kircheutreppe geflüchtet. Unter diesen sei auch der preußische Lieutenant Geli e u gewesen. Jnimerhin ließen die Jnsurgeuten 8 Todte aus dem Platz, und 2^ Verwundete mit 480 G^ fangenen fielen in die Hände der Ueberwindex. Unter den Gefangenen be^ fanden sich mehrere der Hauptleiter des Aufstandes. Mit Mühe gelang es, einige derselben, namentlich den Grafen Friedrich von P o u r t a l è s , Herrn Pouxtalès^Puxy, den Grafen v. Wesdehlen, die Hauptleute Fabr^ und R ei ff, der unmittelbaren Rache dex aufgeregten Mannschaft zu entziehen. Die Führer wurden theils in.s Gefängniß , theils vorläufig in den Großxathssaal eingeschlossen , und die Masse dex Gefangenen in die Kirche beim Schloß.

Unmittelbar nach der Einnahme des Schlosses wurden die von den Jnsuxgenteu gefangenen Staatsbeamten in Freiheit gesetzt , eben so die bei Peseux gefangenen zwölf Scharfschützen. Sodanu ertheilte Hexx Oberst

505 Dei.zl er Herrn Majox Girard den Befehl, mit einer Kompaguie Schützen .nach dem Stadthaus zu maxschiren, vom Stadtxath eine schriftliche Ex^ebenheitserkläxung unter die Republik zu verlangen und dann die eidgeu.

Kommissäre auszusuchen und ihnen vom Geschehenen Meldung zu macheu.

Daß die Kommissarien diesen Bericht empfingen, als sie eben im Begriff standen, sieh auf's Schloß zu begeben, ist bereits oben gesagt worden.

^

III.

Einleitung der gerichtlichen Untersuchung.

Schon am 4. Herbstmonat hatte der Bundesrath beschlossen, es sei gegen die Urheber des Aufstandes iu Neuenburg gerichtliehe Verfolgung zu erheben und der eidgenössische Generalanwalt mit deren Einleitung zu beauftragen , in der Meinung , daß er stch über den Umfang und die Ausdehnung dieser Verfolgung mit der Regierung von Neuenburg in's Einverständniß setze. Dieser Beschluß wurde der Regierung von Neuenbuxg, den eidgenössischen Kommissarien , dem Generalanwalt und dem eidgenösstschen Untersuchungsrichter Herrn Duplan-Veillon in Lausanne mitgetheilt; der wegen anderweitigen Geschäften eben durch Neuenburg reisende Herr Generalanwalt machte sich sofort an's Werk. Er ordnete die Son^ derung der verschiedenen Klassen von Gefangenen an , ließ die von Zeit zu Zeit neu Eingebrachten in den Großrathssaal oder iu die Kirche bringen, sichtete die bei den Gefangenen oder im Schloß gefundenen Akten und gab Befehle für die Haftbarmachung einiger entkommener Führer. Von letztexu wurden auch wirklich am nächsten Tage die Herren Friedrich v. Meurou und Pourtalès-Sandoz bei Port Alban verhaftet, wohin sie fich geflüchtet hatten, aber von einem Waadtländer^ Landjäger verfolgt worden waren.

Auch aus verschiedenen Orten des Kantons wurden noch Notabilitäten eingebracht , oder man hielt sie am Verhaftungsort gefangen , namentlich in Locle und 1a Chaux-de-^onds.

Nach der baldigen Ankunft des Untersuchungsrichters wurde abex solchen Verhaftungen , die nicht unter Mitwirkung oder auf Begehren des^ selben geschahen, Einhalt gethan, damit der Richter sich um sv schneller mit der Hauptsache befassen könne, und seine Zeit nicht mit Verhören von Personen verlieren müsse , die nur eine untergeordnete Rolle spielten , und mehr als Verführte oder Mißbrauchte zu betrachten waren, denn als Persouen, die mit Selbstbewußtsein, Ueberzeugung und aus eigenem Antriebe handelten. Die möglichst baldige Entlassung solcher Leute aus der Hast, immerhin unter gehörigen Garantien, schien aber dringend nothwendig, und es mußten daher die Hanptverhöre etwas hinausgeschoben werden.

Doch wurde diese Zeit zur Herbeischaffung von Akten benutzt, die in der Untersuchung von Nutzen sein konnten.

Es wurden daher mehrere Hausdurchsuchungen veranstaltet. Die Gefangenen aller Klassen wurden inzwischen nach Umständen verpflegt, man

506 suchte ihnen ihr Loos zu erleichtern, und die weniger Gravirten wurde....

bald möglichst mit angemessenen Ansprachen durch den Herrn Unlersuchungsxichter entlassen. Um mit diesen Ansprachen weniger Zeit zu verlieren, begab sich der Herr Untersuchungsrichter, in Begleit der eidgenössischen Kommissäre, des Staatsrathspräsiden.en von Neuenburg, des General.^ pxokurators, des Gerichtsschreibers und mehrerer Offiziere in die Kirche, und richtete hier an die dort befindlichen Gefangenen gemeinsam eine Er^ mahnung , in welcher er ihnen den großen Fehler vorstellte, den sie gegen.

die Republik, gegen deren konstitutionelle und gesetzliche Behörden^ gegen.

ihre Mitbürger und dann auch gegen die gesammte Eidgenossenschaft be^ gangen hatten. Er behandelte sie dann als Verführte, welche, wenn sie ihren Fehler erkennen und bereuen , alle Aussicht auf Milde genießen , eine

Milde, welche die Eidgenossenschaft in gleicher Weise gegen Verführte zu

uben wisse, als sie gegen die Verführer Strenge walten lasse. Er forderte sie dann aus, mit Vertrauen und Aufrichtigkeit vor den Untersuchung^ xichter zu treten, wenn er sie rufe, und inzwischen die Zeit ihres Ver^ haftes zu benutzen, über den begangenen Fehler in's Klare zu kommen und sich in dem Vorsah zu stärken, ihr Blut und ihre Bestrebungen in Zukunft dem R e c h t und ihrem V a t e r l a n d e zu weihen. Er verhieß dann eine möglichst rasche Justiz und verließ die Versammlung mit der Uebexzeugung, einen tiefen Eindruck aus die Mehrzahl gemacht zu haben; und wirklich drückten auch nach Beendigung der Rede viele der Gefangenen laut ihren Dank gegen ihn aus. Die Untersuchung geht ihren geregelten Gang, und alle Beamten und Behörden bemühen sich, sie nach Kräften zu fördern.

I^. Herstellnng der konstitutionellen .Ordnung im ..^.auton.

Es ist leicht begreiflich , daß nach einer Erschütterung . wie sie im Kanton Neuenburg stattfand , mag dieselbe auch von noch so kurzer Dauer sein , der regelmäßige Gang der Geschäfte und die gewohnte Wirkung der konstitutionellen Behörden sich nicht augenblicklich wieder herstellen lassen.

Es lag indessen in der Aufgabe der Kommissäre, diesen regelmäßigen Ge-

schäftsgang, im Verein mit der Regierung von Neuenbnrg, baldmöglichst

herzustellen und gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, daß die Ruhe und Ordnung nicht neuerdings wieder gestört werde. Zur Erreichung dieser beiden Zwecke bot eine angemessene Besetzung des Kantons durch eidgenössische Truppen das beste Mittel dar. Schon am 4. September begann der Ein^ marsch der eidgenössischen Truppen und am 6. fanden sich bereits eine 6.^ Batterie, zwei Kompagnien Scharfschützen und vier Bataillone ^nfanterie in Neue.nburg, Valangin, 1a Chaux-.de-^ouds und Locle stationirt..

Eine der Schü...enkompagnien wurde sofort wieder entlassen , dagegen ein fünftes Bataillon Jnfanterie um so eher herbeigezogen , als zwei der An.^ sangs eingerückten .Bataillone für den Truppenzufammenzug bei Jserten.

bestimmt waren und am 9. September dort in die Linie einzurücken hatten.

507 Das rasche Eintreten der eidgenössischen Truppen ermöglichte die EntFassung der Neuenburger Kantonaltruppeu theilweise schon auf den Abend des 4. und dann auf den .^. Herbstmonat. Jn würdiger Haltung kehrten diese wackern Vertheidiger der Republik in ihre Heimath zurück.

Die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Neuenburg selbst war übrigens nicht mehr gestört worden , nachdem das Schloß wieder in Befi.^ der konstitutionellen Gewalt war. Zwar zerstörte ein Volkshaufe auf das^

Allergründlichste eine Buchdruckerei , welche durch ihre Publizistik schon längst

i^as Mißfallen der Republikaner auf sich gezogen und die auch bei deu.

letzten Vorfällen die Proklamationen und Siegesbülletins der Ro.^alisteIr unter Vorsetzung des preußischen Wappens gedruckt hatte. Allein weitere Eigenthumsbeschädigungen kamen . nicht vor, so wenig als gröbliche Beleidigungen von Personen.

Die verfassungsmäßigen Behörden traten überalt in ihren Wixkungskreis wieder ein , und es verschwanden vor ihnen nicht nur augenblicklich die da und dort erstandenen realistischen Usurpatoren , sondern auch die Wohlfahrts^ereine , welche sich zum Schutz und zur Unterftü^ung der gesetzlicheu Behörden da und dort gebildet hatten. Einige besonders aufgeregt gewesenen Gemeinden ließ die Regierung entwaffnen , was ohne Anstand vor sich ging. Preußische Fahnen wurden vom Volk in ziemSicher Zahl aufgefunden und zerrissen oder verbrannt.

Um sich von der wieder hergestellten Ruhe zu überzeugen , machte das Kommissariat eiue kleine Rundreise durch die am meisten aufgeregt gewesenen Theile des Kantons, nämlich über la Chanx-de-^ond... nach Locle und la Brévine, und von da über la Sagne und les Ponts nach Neuenburg zurück. Mit Befriedigung konnte der Kommissär in la Chaux-de^onds die Anerkennung für die geleisteten Dienste und die Sympathien der Eidgenossenschaft für die Republik Neuenburg ausfprechen und sich dann auch in Locie von der Herstellung der konstitutionellen Ordnung überzeugen. Jn der Brévine , wohin er von einem Mitglied des Staatsrath^ von Neuenburg begleitet wurde, so wie später in la Sagne, richtete er ernste Ermahnungen an die versammelten Glieder des Gemeinderathes und zeigte ihnen die Folgen solcher Verirrungen, wie sie in den letzten Tagen leider zu Tage getreten ^ sind.

Am 13. September konnte um so eher eines der Okkupationsbatail.lone entlassen werden , als die Regieruug von Neuenburg und alle ihre Beamten wieder mit fester Hand die Geschäfte verwalteten , und es blieb von da an nur noch eine Brigade zurück , bestehend aus einer Batterie Artillerie, einer Kompagnie Scharsschützen und zwei Bataillonen Jnfanterie; mit ^hrem Kommando blieb der eidgenössische Oberst, Herr Denzler, betraut...

Bei dieser Lage der Dinge , nämlich der Handhabung der Gewalt durch die konstitutionellen Behörden, der Ruhe und Ordnung im Lande, dem raschen Gange der eidgenössischen Justiz, der gehörigen Hut der Gesangenen hielt das Kommissariat feine weitere Anwesenheit in Neuenburg

^08 .nicht für nothwendig und kehrte nach erhaltener Ermächtigung des Bu..^ desrathes uach Bern zurii.k.

Es wird nun Sache des Richters sein , die dunkeln Fäden zu er^ leuchten, aus welchen der unverantwortliche Angriff auf die Ruhe und den frieden Neuenburgs zusammen gewoben worden , so wie deu Schuldigen die Strafe zuzumessen. Möchte übrigens aus diesem Handstreich das Gute .hervorgehen, daß neuen ähnlichen Verirrungeu in Neuenburg vorgebeugt würde.

Mit dieser Berichterstattung verbinden die Kommissäre die Versicherung ihrer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 20. Herbstmonat 1856.

Die eidgenössischen Kommissäre.

^. .^ornerod.

.^. .^re^-Herosee.

509

#ST#

Botschaft des

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung , betreffend den Aufstand im Kanton Neuenburg.

(Vom

23. Herbstmonat 1856.)

....

Tit.

Es liegt in unserer Pflicht, die gegenwärtige Seession der Bundesversammlung nicht vorübergehen zu lassen , ohne die Blike derselben auf diejenigen Ereignisse hingelenkt zu haben, die von wenigen Tagen iu eiuem der schweizerischen Kantone sich zugetragen und durch welche das Jnland, wie ein großer Theil des Auslandes, auf so unerwartete Weife überrascht worden ist. Wir meinen die Ereignisse, welche in den ersten Tagen dieses Monats in dem Kanton Neuenburg stattgefunden haben nnd durch die in der ganzen Bevölkerung des Vaterlandes eine beinahe fieberhafte Aufregung erzeugt worden ist.

Jn den Vormittagsstunden des 3. Septembers langte von verschiedenen Seiten auf telegraphischem Wege die Nachricht in der Bundesstadt an, daß bewaffnete Banden, die Ruhe und die Stille der Nacht benuzend, zwischen 2 und 3 Uhr des Morgens die Stadt Neuen burg überfallen,

alsbald des Schlosses, als des Regierungsstzes , sieh bemächtigt und alle

Staatsräthe, welche anwesend waren, in Haft genommen hätten. Dieser Aufruhr sei von der realistischen Partei ausgegangen, welche in Proklamationen erkläre, im Namen des ehemaligen Fürsten von Neuenburg --.

des Königs von Preußen -.- vom Lande Besiz genommen zu haben, in der Absicht, die ehevorigen Verhältnisse im Kantou Neuenburg, wie solche vor dem 1. März 1848 bestanden hatten, wiederum herzustellen.

Diese Absicht der aufständische.. Führer sand sich sodann unverholeI..

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Bericht der eidgenössischen Kommissäre im Kanton Neuenburg an den schweizerischen Bundesrath. (Vom 20. Herbstmonat 1856.)

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Bundesblatt

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Jahr

1856

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

54

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

27.09.1856

Date Data Seite

485-509

Page Pagina Ref. No

10 002 034

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