#ST#

Schweizerisches Bundesblatt VIII. Iahrg. II.

Nr. 42.

#ST#

B

e

r

ch

9. August 1856.

t

der

Mehrheit der ständeräthlichen kommission, betreffend die Einführung des eidg. Maß- und Gewichtssystems ^

(Vom 12. Juli 1856.)

Tit.

Die Kommission , welcher Sie das Begehren der h. Stände Tessin, Waadt, N e u e n b u r g und G e n f , daß die Einführung des eidg. Maßund Gewichtssystems auf unbestimmte Zeit verschoben werden möchte, zur Begutachtung überwiesen haben , theilt sich in eine Majorität und Minorität. Die Majorität will dieses Begehreu ablehnen; ein Mitglied bildet eine Minderheit und will demselben entsprechen. Die Aufgabe des Referenten .ist, den Majoritätsantrag zu begründen.

Jst auch in dem Begehren der Kantone T e s s i n, N e u e n b u r g uud Genf nur von Verschiebung die Rede, fo ist doch offenbar das übereinstimmende Ziel dieser Eingaben das , daß das neue eidg. Maß und Ge.wicht nicht in der ganzen Schweiz durchgeführt werden soll , daß entweder der status quo bleibe, wo eine kleine Zahl von Ständen ihr abweichendes Maß und Gewicht beibehalten könnte, oder wie dieß W a a d t ganz offen ausspxicht, daß das franz. rein metrische System eingesühxt werden möchte.

Aus den Verhandlungen der Großen Räthe und zum Theil aus den Zuschriften der Regierungen der genannten Stände geht unzweideutig hervor, daß diese gemeinsamen Vorstellungen nicht eigentlich auf eine um etwas verlängerte Vollziehungsfrist, sondern gegen die Durchführung des Art. 37 unserer Bundesverfassung gerichtet sind.

Nach der Anficht der Mehrheit der Kommission kommt vor Allem in Frage: H a b e n die K a n t o n e und hat die B u n d e s v e r s a m m l u n g .in d i e s e r A n g e l e g e n h e i t f r e i e H a n d , o d e r ist es nicht v i e l mehr a l s e i n e g a n z e n t s c h i e d e n e F o r d e r u n g d e r Bundes-

Bundesblatt. Iahrg. VIII. Bd. II.

36

302 V e r f a s s u n g selbst a n z u s e h e n , daß in allen K a n t o n e n da.^ eidg. Maß- und Gewichtss^stem durchgeführt werde..

Schon ein kurzer historischer Rükblik auf die Entstehung dieses Versas^ sungsartikels und auf das, was seither geschehen ist, im Einklang mit früheren amtlichen Darsteiluugen und Gutachten, führt zur Ueberzeugung , daß diese Frage bejaht werden muß. Es ist zwar diese Angelegenheit schon be..

frühern Verhandlungen, namentlich im Jahr 1851 erörtert worden; aber die Wichtigkeit der Sache und der Umstand, daß die obersten Behörden vou vier eidg. Ständen dieses Begehren stellen, machen es zur Pflicht.

den abweifenden Bescheid , wie er von uns beantragt wird , etwas einläßt licher zu begründen.

. Die Revisionskommission legte der konstituirenden Tagfazung im Jahx

1848 den einschlägigen Artikel in folgender Redaktion vor: ...Der Bund ist berechtigt, für die ganze Eidgenossenschaft gleiches Maß und Gewicht

einzuführen^., ohne des bereits von 12 Kantonen auf dem Wege des Kon...

kordats angenommenen Systems zu erwähnen. Tessin schlug vor, daß ausdrüklich gleiches Maß und Gewicht aus Grundlage des franz. Systems eingeführt werde. Dieser Antrag wurde verworfen. Er erhielt nur drei Stimmen. Ein Antrag von Glarus, daß der Bund zur Einführung.

eines gleichmäßigen Maß^ und Gewiehtss^stems nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, daß aber die Wahl desselben nicht schon durch die Bundesverfassung entschieden werde, blieb ebenfalls in Minderheit. Dagegen wurde auf den Antrag von Freiburg mit 14 Stimmen beschlossen: ,,daß das auf dem Wege des Konkordats von 12 Ständen eingeführte Maßund Gewichtigstem in der ganzen Eidgenossenschaft eingeführt werden soll.^ Jm Sinne dieses Beschlusses wurde dann bei der Schlußberathung de.^ Entwurfs der neuen Bundesverfassung der Art. 3.^ in derjenigen Fassung angenommen, in welcher er jezt in derselben steht: ,,Der Bund wird auf den Grundlagen des bestehenden eidgenössischen Konkordates für die ganze

Eidgenossenschaft gleiches Maß und Gewicht einführen.^ Dieser Artikel

wurde dann auch von 19 und 2 halben Ständen (Basel-Landschaft und Appenzell J. Rh.) genehmigt, von allen Kantonen, mit Ausnahme des ein^ zigen .^ts. Schw.^z und der beiden halben Stände Basel-Stadt und App e n z e l l A. Rh. Die Anficht, als ob es troz dieses Artikels, weil es nur heiße ,,auf den Grundlagen des Konkordatf^stems,^. man nun doch statt des leztern das rein französische System einführen könnte , findet schon durch die erwähnten Abstimmungen über die sich gegenüber stehenden Anträge von Tessin und Freiburg ihre Widerlegung. Sie verliert aber allen Boden, wenn ...an die Begründung des Antrags liest, welche für den Art. 37 laut Protokoll der konstituieren Tagsazung vorgebracht wurde.

Es wurde nämlich die jezige Fassung dieses Artikels wesentlich folgenderrnaßen motivirt: ,,Es habe die Einführung des neuen Maß.^ und Gewichtsshstems im Jahr 1835 den Kautonen , . sowie den Privaten bedeutende.

Auslagen verursacht, und es könne ihnen unmöglich zugemuthet werden, allfällig wieder ein neues System einzuführen. Man habe zwar behauptet,

303 daß das angenommene System an verschiedenen Fehlern leide; allein seine Vorzüge in der Hauptsache ließen sich nicht verkennen, i..dem alte Maßeinheiten auf einfache Verhältnisse zurükgeführt werden.^ Es ist also aktenmäßige Thatsache, daß man gerade deßhalb, üm nicht neuen Unkosten und allen mit einem Wechsel des Systems verbundeneu Jnkonvenienzen ausgesezt zu sein, die Einführung des Konkordatssvstems für die ganze Schweiz in die .Bundesverfassung niedergelegt hat und daß alle 4 Kantone, welche jezt gegen diesen Artikel .remonstriren, bei Berathung der neuen Verfassung mit 15 andern Kantonen demselben ebenfalls ihre Zustimmung gegeben haben.

Was ist nun feit A n n a h m e der n e u e n B u n d e s v e r f a s s u n g für Ausführung dieses Artikels geschehen, und welches ist gegenwäxtig der Stand der Dinge in Bezug auf das Maß- und Gewichtss^stem in der Eidgenossenschaft..

Schon im Jahr 1849 lag ein Gesetzentwurf zur Einführung des im Art. 37 vorgeschriebenen Maß- und Gewichtss.^stems dem Bundesrath zur Berathung vor.

Es wurde aber die Behandlung dieses Gegenstandes verschoben, da andere dringendere Berathungsgegenstände die Thätigkeit dex gesezgebenden Räthe in vollem Maße in Anspruch nahmen. Diese Angelege.cheit blieb liegen bis zum Jahre 1850, wo der Nationalrath durch .Beschluß vom 7. November den Bundesrath beaustragte, einen Gesezesentwurf für Ausführung des Art. 37 der Bundesverfassung vorzulegen.

Dieses geschah denn auch während der ordentlichen Bundesversammlung des Jahrs 1851. Da.mals wurden alle diejenigen Gründe, welche jezt wieder gegen die Durchführung des Art. 37 vorgebracht werden, weitläufig erörtert, und es stellte damals ganz im ^inne des jezigen Begehrens des Kantons W a a d t die Minderheit einer nationalräthlichen Kommission den Antrag, da^. in die Berathung des ..^m Bundesrath im Sinne vom Art. 37 entworfenen Gesezes nicht eingetreten werde. Diese Minorität legte zugleich einen Gesezesentwurf vor, der die metrische Einheit durchgehends als Basis des für die ^Eidgenossenschaft einzuführenden Maß- und Gewichtss^stems aufstellte. Die entschiedene Mehrheit beider Räthe verwarf diesen Minderheitsantrag der damaligen Kommisfion und erließ das bekannte Gesez vom 23. Dezember 1^51. Man trug aber damals den abweichenden Ansichten so weit Rechnung, als man. nur immer glaubte
gegenüber den Vorschriften des Bundes rechtfertigen zu können, indem man im Art. 12 für ....infübrung des neuen Gesezes die Frist vom 23. Dezember 1851 bis Ende 1856, also fünf volle Jahre einräumte. Seit dem Erlaß diefes Gesezes sind zu den Kantonen, welche schon früher im Koukordat waren, noch die Kantone Schw^z, Unterwalden, Graubün-

den, Appenzell A. Rh. hinzugekommen, und der Kanton Uri erklärt

sich bereit, das eidg. Maß.^ und Gewichtss^stem einzuführen, so daß gegenwärtig eine Bevölkerung v.^n -twa 1,750,000 Seelen, oder ungefähr drei Vierthe.le der Einwohnerschaft der Schweiz, das eidg. System bei sich in Wirksamkeit sieht, und daß dasselbe nur n.^ch in einem Viertheile der

^04 Schweiz durchzuführen bleibt. Dieses ^ist der gegenwärtige Stand dex Dinge in dieser Angelegenheit ; und wenn nun im l.ezten Jahre der fünf..

jährigen Frist, ^ie den Kantonen zur Einführung des eidg. Maß- und Gewichtss^stems gegeben wurde, 4 Kautoue das Begehren stehen, es möchte dieselbe auf unbestimmte Zeit verschoben werden , so kann nach der Anficht der Mehrheit Jhrex Kommission ein solches Begehren nicht anders als in ablehnendem Sinne beantwortet werden.

Die wesentlichsten Gründe, die für Abweisung eines solchen Begehrens sprechen , sind vorzugsweise folgende .

Es ist nun einmal , wie wir oben einläßlicher nachgewiesen haben, durch die Bundesverfassung gefordert . nicht nur, daß gleiches Maß und Gewicht in der g a n z e n S c h w e i z eingeführt werden müsse, sondern das System selbst , welches in der ganzen Eidgenossenschaft Geltung erhalten soll, ist durch die gleiche Verfassung maßgebend vorgezeichnet. Während in andern Verwaltungszweigen , wo die Durchführung der neuen Bundesvorschristen mit mehr Schwierigkeiten , thei.weise auch mit mehr Opfern für Kantone und Privaten verbunden waren, wie z. B. im Militärwesen, im Münzwesen , im Zollwesen , die Prinzipien der neuen Bundesverfassung schon in den ersten Jahren nach Annahme derselben ihre praktische Durchfübrung gefunden haben , hat man mit dem Erlaß eines Gesezes für Ansführ..ng des Art. 37 der neuen Bundesverfassung nicht nur drei vo.le Jahre zugewartet , sondern es wurde den Kantonen , welche dem eidg.

Konkordate fremd geblieben waren , noch vom Zeitpunkt des Erlasses dieses Gesezes an eine weitere Zeitfrist von 5 Jahren eingeräumt , so d..ß i^.

diesem Verwaltungszweig voraussichtlich von Aunahuie der ueueu BundesVerfassung an ein voiles Dezennium vorübergeht^ ehe das eidg. System

zum Einheitssystem für die ganze Schweiz wird. Wahrhastig die Min-

derheit von 4 Kantonen kann sich nicht betlagen , daß man ihren abweichenden Ansichten nicht aile Rechnung getragen habe , vielleicht mehr, als im Sinn und Geist der in Frage liegenden Vexfassuugsbefiimmung mit Recht gefordert werden konnte. Es müßte aber auch die Autorität des konstitutionellen Rechtes und der daraus gegründeten Bundesgesezgebung darunter leiden , wenn die Bundesbehörden r.och länger , ja auf ganz unbestimmte Zeit hin unterlassen würden, ihre Pflicht zu erfüllen, welche keine andere ist als die, wie in allen andern Beziehungen, so auch in dieser Richtung, den neuen Bund in der ganzen Eidgenossenschaft in das Leben einzuführen.

Die Kantone , welche jezt dieses Begehren stellen , haben nm so weniger Grund, sich der Durchführung des Art. 37 zu widerfezen, als ihnen Sinn und Ziel desselben bei Annahme der Bundesverfassung sehr wohl bekannt war und sie j.a selbst in der konstituirenden Tagfazung für den Artiket , wie er jezt lautet , ihre Zustimmung ertheilt haben.

Man ist es der großen Mehrzahl der Kantone, der eminenten, ungesähr drei Viertheile der ganzen Einwohnerschaft bildenden Bevölkerung schuldig , daß , nachdem einmal das Kon^ordats^stem verfassungsgemäß

305 als dasjenige bezeichnet^worden ist, welches in Folge des neuen Bundes in der ganzen Schweiz in Wirksamkeit treten soll ; nachdem seit Erlaß des Bundesgesezes im Jahr 1851 verschiedene Kantone theils das eidg. Maß eingeführt , theils zur Einführung desselben sich bereit erklärt haben ; nachdem der Bund selbst in allen eidg. Verwaltungszweigen, welche an die ^Eidgenossenschaft ganz oder theilweife übergegangen find , . längst das frü^exe Konkordatss^stem als das eidgenössische eingesührt hat, nicht länger eine verhältnißmäßig kleine Minderheit von Kantonen die Durchführung dieses Systems verhindere.

Es liegt uns nur noch ob, etwa^s näher auf die Gründe einzugehen, welche zur Unterstüzung des gestellten Begehrens v o r g e b r a c h t werde... Es sind im Wesentlichen die gleichen, die schon im Jahr 1851, als es sich um das Einführungsgesez handelte, vorgebracht worden sind , die aber auch damals die eidg. Räthe nicht bestimmen konnten , auf die Durchführung vom Art. 37 der Bundesverfassung zu verzichten.

,,Das rein m e t r i s c h e M a ß - und G e w ich t s f e s t e m sei z w e k m ä ß i g e r und werde auch immer mehr Ausdehnung erhalten ; es müsse daher den Behörden und der Bevölkerung der Kantone, welche das eidg.

gemischte System noch nicht eingeführt haben, widerstreben, ein Maß- und Gewichtigstem anzunehmen, das früher oder später doch wieder durch das bessere und konsequentere rein m e t r i s c h e System verdrängt werdet Das ist das Hauptmotiv , das zur Begründung des gestellten Begehrens vorgebracht wird. Gegenüber dieser Begründung erlaubt sich die Majorität Jhrer Kommission , folgende Gesichtspunkte herauszuheben : Wir befinden uns iu Bezug auf diese Frage nicht mehr in demjenigen Stadium , wo dieselbe nach dem Urtheil über größere oder geringere Zwekmäßigkeit des einen oder andern Systems entschieden werden kann.

Wäre dieß der Fall , so müßten statt Kommissionen der Räthe vorerst neue Experten ^ Kommissionen aufgestellt werden. Die Sachlage ist eine ganz andere. Die Grundlagen des Systems , das in der ganzen Schweiz gelten soll , sind durch die Bundesverfassung gegeben und durch die Bungesezgebung im Sinne derselben den Kantonen vorgeschrieben. Es wäre ein höchst gefährlicher Vorgang , wenn vom Urtheil einzelner Stände über

Zwekmäßigkeit der Verfassungsprinzipien die Durchführung der leztern ab-

hängig gemacht werden wollten. ...luch die Behauptung, als ob man bei Einführung des rein metrischen Systems doch n o c h i n n e r t den

S c h r a n k e n der V e r f a s s u n g b l e i b e , ist nicht stichhaltig, indem, sobald eine ganz andere Grundeinheit für Maß und Gewichte ausgestellt würde , als diejenige des Konkordats , alles , was bisher zur Durchführung des leztern geschehen ist, wieder beseitigt, wieder andere neue Maße, neue Gewichte eingeführt werben müßten , indem mit einem Worte gerade dasjenige geschehen würde , wogegen die Mehrheit der eidg. Stände ausdrüklich und wohlbewußt bei Entwerfung und Annahme der neuen Bundesverfassung sich sicher gestellt wissen wollte.

306 Die Ansicht serner , ,, d a ß man in d e n j e n i g e n K a n t o . n e u , i n w e l ch e u d a s K o n k o r d a t s s ^. st e m b e st e h e , d a s s e l b e b e h a l t e n , d a g e g e n d e n j e n i g e n , w e l c h e e s noch u i ch t a n g e n o m m e n h a b e n , g es ta t t e n m ö g e , d a s r e i n m e t r i sche S ^ st e m b e i s i ch e i n z u f ü h r e n , ist gegenüber der Vorschrift des Bundes n i ch t haltbar. Jn diesem Falle hätten wir in der Schweiz z w e i Systeme , das rein metrische und das sogenannte gemischte, wahrend die Bundesverfassung für die ganze Schweiz nur ein

und das gleiche System durchgeführt wisseu will.

.Ohne die Vorzüge, ans welche das rein metrische System mit feiner leichten Berechnungsweise und seiner wissenschaftlichen Konsequenz Anspruch macheu .ann, in Abrede zu stellen, mag es denn .^och erlaubt fein, daran zu erinnern, daß von sachkundiger Seite in Bezug auf praktische .^usführbarkeit in gewissen Verkehrsverhältnissen verschiedene Ausstellungen gemacht werden. Es war diefes metrische System den Experten , von welchen im Jahr 1834 der Entwurf des Konkordatsf^stems ausgegangen ist, sehr wohl bekannt. Wir wollen hier nicht alles dasjenige wiederholen , was schon damals, sowie dann später in dem Bericht des Bundesrathes zum Gesezeutwuxf vom Jahr 1851 und in dem Gutachten feiner nationalräthlichen Kommission über diesen Entwurf g e g e n dasselbe und zu Gunsten des gemischten eidgenössischen Systems gesagt worden ist. (Bundesblatt vom

Jahr 1851, Bd. 1, Nx. 16, u. Bd. l1, Nr. 45.)

Wir verweisen auf jene Gutachten und Berichte der eidg. Experten und beschränken uns darauf, in's Gedächtniß zurük^urufen, daß in denselben umständlich nachgewiesen worden ist, 1^ ,,daß das rein metrische Svftem, zwar vortrefflich in mancher Hinsicht,

bezüglich des Kleinhandels des alltäglichen Verkehrs , dex Bedürfnisse und Gewohnheiten der zahlreichsten Volksklassen V.eles zu wünschen

übrig läßt;

2) daß dieses System gerade deßhalb selbst in F r a n k r e i c h . dem Lande der Centralisation , im täglichen Verkehr schwer zur Durchsührnng gelangte, so sehr, daß N a p o l e o n i. J. 1812, als^ mehr als 20 Jahre, nachdem dasselbe zuerst aufgestellt worden war, si^. geuöthigt sah, um dem Bedürfniß des täglichen Verkehrs entgegen zu ^ kommen, durch das Dekret vom 28. März 18l 2 dem Handel den Gebrauch eines pied von 12 Zoll, einer aun^ von 12 Dezimetern, ein.es bo^seau mit feinen Hauptbruchtheilen (halbes. Vierte.sboisseau) und seinem ^oppel^, (douole boisseau), eines livre gleich einem halben Kilogramm zu gestatten ; 3) daß andere Länder, welche das metrische S.^em annahmen, sich veranlaßt fanden, mehr oder weniger Aenderungeu an demselben vorzunehmen , . um dasselbe dem Gebrauche und der Bequemlichkeit ihrer .Bevölkerung anzupassen, so z. B. der Kanton W a a d t im Jahr 1822, das Großherzogthum Baden im Jahr 1829; und daß der Kanton G e n s , wo unter französischer Herrschaft das metrische System ein-

307 geführt worden war/ nach Aufhören der leztern, wieder .zu seineu frühern Maßen ..nd Gewichten zurükgekehrt ist; ^) daß endlich vermittelst des eidgenössischen Systems der Verkehr mit den benachbarten Ländern, wo das metrische mit oder ohne Aenderung besteht, leicht von Statten geht, indem der Meter und das Kilvgran.m Bekanntlich die Grundeinheiten des metrischen Systems find und unser Fuß dr.^i Zehntheilen des Meter, unser Pfund der Hälfte des Kilogramms gleichkommt.^ Wenn man ferner bei Begründung der Minoritätsansicht sich auch darauf berufen hat, daß bei der außerordentlichen Rükwirkung, welche die Einführung der Eisenbahnen .^uf den gesammten Verkehr ausübe, die Au^nahme des metrischen Systems doppelt wünschbar sei, so kann diesem Argnment entgegengehalten werden, daß gerade mit Rüksicht auf die Eisenbahnen , welche die Einwohner auch der^ sich ferne liegenden Kantone einander näher und dadurch in häufigere Verkehrsbeziehungen bringen , es ^on erhöhtem Werthe sein muß, daß,.. wie im Münzwefen Einheit herrscht, so auch in Bezng aus Maß und Gewicht das System , das in der emiRenten Mehrheit der schweizerischen Bevölkerung bereits gilt, möglichst bald in der ganzen Eidgenossenschaft seine Anwendung finde.

Wenn man endlich zur Unterstüzuna^ des .Begehrens auf die Miß -

stimmung

hinweist, welche die Einführung des eidg. Maß- und Ge-

wichtss^stems in denjenigen Kantonen hervorrufen müßte , in welchen dasselbe noch nicht angenommen ist, so darf doch wohl mit mehr Grun^d gefragt werden: welchen Eindruk es auf drei Viertheile der schweizerischen Bevölkerung , welche das eidg. Maß- und Gewichtigstem bei sich in Wirksamkeit sehen, und insbesondere bei der Bevölkerung solcher Kantone , die, um ^dex Bundesverfassung nachzukommen, dasselbe seit ^1 85l bei sich eingeführt haben, machen müßte, wenn einer Minderheit gestattet würde, ihre alten abweichenden Maße beizubehalten, oder wenn die große Mehrheit der Kantone und ^er Bevölkerung genöthigt werden wollte , das verfassung^mäßig vorgeschriebene und eingeführte System wieder zu beseitigen und an dasjenige zu vertaufchen, das eine Minderheit von 4 Kantonen an die Stelle desselben zu sezen wünscht.

Wir wollen nicht in Abrede stellen, daß die Bevölkerung der 4 Kantone, die sich durch ihre Behörden so entschieden gegen die Ausführung des eidg. Systems aussprechen, ungerne sehen mag, wenn den eingereichten Vorstellungen nicht entsprochen wird. ^lber wir haben auch die feste Ueberzeugung , daß in Behörden und Volk dieser Kantone zu viel Einfi^t und patriotische Gesinnung herrscht, als daß fie nieht einsehen sollten, daß die ^..derheit auch in dieser Frage ihre abweichende Ansicht der Bundesverfassung, der großen Mehrheit der Bundesbehörden und des schweizex.ischeu Volkes unterordnen muß. Sie werden nicht vergessen, daß, als es sich ^m Einführung des neuen Münzsvstems handelte, wo noch kein bestimmter ^Münzfuß verfassungsmäßig gegeben war, wo die Bundesbehörden noch freie .Ha^d hatten, das eine oder andere System einzuführen, wo eine ansehn-

308 liche Zahl von Kantonen und ein sehr großer Theil der Bevölkerung.

insbesondere der östlichen Schweiz, ein anderes System wünschte als dasjenige, auf dessen Einführung die westlichen Kantone so großen Werth sezten, die erstexn, sobald die Mehrheit für den sranz. Münzfuß entschieden hatte , ihre abweichende Ansicht dem Willen der Mehrheit unterordneten und iu guten Treuen das von lezterer beschlossene System bei sich einführten: und jezt der gewonnenen Einheit im Münzwesen sich freuen. Möge dieser .Vorgang Beachtung und auch in dieser Frage Nachahmung finden Wir glauben uns nicht zu irren , wenn wir annehmen , daß dann auch in dex romanischen Schweiz, selbst wenn im Anfang das Neue (das jedenfalls.

weit besser ist , als was in jenen Kantonen jezt besteht) , da und dort Anstoß findet, die Vortheile, welche es mit sich bringt, wenn auch in dieser Richtung in der ganzen Schweiz nur ein und das gleiche System gilt, die erste Mißstimmung bald verdrängen werden.

Von solchen Betrachtungen geleitet, stellt die Mehrheit Jhrer Kommission folgenden Antrag : ,,Es sei in das Begehren der Kantone Tessin, W a a d t , Neuen,,burg und G e n f : ,,die Einführung des auf Grundlage vom Art. 37 ..,,der Bundesverfassung durch das Bundesgesez vom 23. Dezember 1851 ..,,vorgeschriebenen Maß- und Gewichtssystems zu verschieben, so wie in ,,,,das eventuelle Begehren des Kantons W a a d t . . statt des im Bundes..gesez vom Jahr 1851 vorgeschriebenen Maßes und Gewichtes das rein.

metrische oder sranzöfifche System einzuführen, nicht einzutreten.

Bern, den 12. Juli 1856.

Die Mitglieder der Kommission:.

Dr. Kern, Berichterstatter..

Jul. Schaller

J. Dnbs.

#ST#

Aus den Verhandlungen des schweizerischen Bundesrathes.

(Vom 28. Juli 1856.)

Die schweizerischen Wohlthätigkeitsgesellfchaften in Amsterdam, Rom und Paris habeu, wie diejenigen in New-York und Berlin, dem Bundesrathe ihre Jahresberichte von 1855 eingesandt.

. Aus dem Berichte der Amsterdamer Hilfsgesellschast ergibt sich, daß sie vom 31. Mai 1854 bis zum gleichen Tag und Monat des Jahres 1855 eingenommen hat:

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Mehrheit der ständeräthlichen Kommission, betreffend die Einführung des eidg. Maß- und Gewichtssystems. (Vom 12. Juli 1856.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1856

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

42

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

09.08.1856

Date Data Seite

301-308

Page Pagina Ref. No

10 001 981

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.