1196

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch des Fr. Joseph Hauser, Fabrikarbeiter, in Niederlenz, Kanton Aargau.

(Vom 29. November 1901.)

Tit.

Der Gesuchsteller wurde am 6. September dieses Jahres von einem Fischereiaufseher betroffen, als er mit einem Netz von bloß 2 cm. Maschenweite im Mühlekanal zu Niederlenz fischte.

Das Bezirksgericht Lenzburg erblickte in dieser Handlung des Hauser eine Übertretung des Art. 4, litt, ö, des Bundesgesetzes betreffend die Fischerei und verurteilte ihn : 1. zu einer Buße von Fr. 30, im Falle des Zahlungsunvermögens zu sechs Tagen Gefangenschaft, . 2. zum Entzuge der Berechtigung zum Fischen für zwei Jahre, 3. zur Tragung der Kosten-.

Das gesetzwidrige Netz wurde konfisziert.

Als Grund zum Entzuge des Rechtes zum Fischen wird angeführt, daß Hauser schon zweimal wegen Fischfrevel vorbestraft war.

Mit Eingabe vom 18. November 1901 stellt Hauser das Gesuch, ,,die dritte erhaltene Buße begnadigen zu wollen". Er beruft sich dabei auf ein am 11. November an den Großen Rat des Kantons Aargau gerichtetes, dort aber wegen Inkompetenz zurückgewiesenes Gesuch, das dahin geht, er möchte von Schuld und Strafe gänzlich freigesprochen werden, und er scheint auch von der Bundesversammlung hauptsächlich die Aufhebung des Fischereiverbotes zu erwarten. Zwar bestreitet er nicht, vor zwei respektive drei Jahren wegen Fischfrevel mit je Fr. 45 bestraft worden zu sein, dagegen behauptet er, die damals ihm zur Last

1197 gelegten Handlungen können nicht als Fischereivergehen qualifiziert werden, weil er dabei nicht absichtlich das Gesetz übertreten habe. Ein Gleiches macht er, wie schon vor Gericht, auch im Begnadigungsgesuch hinsichtlich des neuesten Falles geltend, er will der Meinung gewesen sein, die Vorschrift des Art. 4 über das Minimum der Netzweite beziehe sich nur auf die Fischerei in öfientlichen Gewässern und nicht auf den in Privateigentum befindlichen Mühlekanal, in welchem er am 6. September gefischt hat.

Die Begnadigungsinstanz hat nicht zu untersuchen, ob Hauser in den Übertretungsfällen, um die es sich handelt, bloß fahrlässigöder ob er wissentlich und absichtlich das Gesetz verletzt habe, denn diese Vergehen gehören zu den sogenannten Formaldelikten, in denen die bloße Thatsache der Zuwiderhandlung gegen eine polizeiliche Vorschrift genügt, um Bestrafung herbeizuführen.

Übrigens sind die Bestreitungen des Bestraften offenbar bloße Ausreden und Ausflüchte. Er betreibt die Fischerei schon so lange, daß ihm die bezüglichen eidgenössischen und kantonalen Vorschriften nicht unbekannt geblieben sein können. Die vom Bezirksgericht Lenzburg letztmals ausgesprochene Buße ist eine sehr milde innerhalb der gesetzlichen Schranken (Fr. 5--400, die im Wiederholungsfalle verdoppelt werden sollen) und der Entzug der Berechtigung zum Fischen für die Dauer von zwei Jahren stellt sich als die gesetzliche Minimalfolge der begangenen Strafthat vor. Es liegt daher überall kein Grund vor zur Milderung des Richterspruches.

Wir sind deshalb im Falle, bei Ihrer hohen Versammlung zu stellen den Antrag: Es sei das Begnadigungsgesuch des Fr. Joseph H aus e r abzuweisen.

B e r n , den 29. November 1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Breuner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch des Fr. Joseph Hauser, Fabrikarbeiter, in Niederlenz, Kanton Aargau. (Vom 29. November 1901.)

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1901

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04.12.1901

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1196-1197

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