129 Staatsaufsicht manches Mittelmäßige durchschlüpfen lassen, oder dex Unteruehmer müßte in der uneigennüzigsten Weise fortwährend Opfer bringen, was wol kaum verlangt werden dürfte. ^ Sollte sich aber sonst durch Privatunternehmung eine Gewehrfabrike bilden, und wollte man von Bundes wegen ein solches Untexnehmen exmuthigen, so könnte dieses etwa in dex Weise geschehen, daß der Bundesrath.

mit den Kantonen in Verhandlung txäte , ob und zu welchem Preise fie ein gewisses Gewehrquantum jährlich vom Bunde beziehen wollten , und nach Maßgabe des Erfolges könnte dann mit einem Unternehmer ein Vertrag abgeschlossen .werden. Der Bund verpflichtete sich dem Unternehmer gegenüber , jährlich aus der Fabrike ein bestimmtes Ouantum Gewehre zu fixem Preise zu beziehen, und würde dieselben hinwieder an die Kantone zu einem ermäßigten Preise abgeben. Die Differenz im Preise fiele dex Bundeskasse zur Last, und bildete somit indirekte die Unterstüzung, welche der Bund jährlich einem solchen Unternehmen zu Theil werden ließe.

.Sollten sich Aussichten für die Errichtung einer derartigen Privatwerkstätte eröffnen und sollten Sie dannzumal. einen Versuch im leztbeschrienen Sinne für zwekmäßig erachten , so will der Bundesrath Jhre dieß-

fälligen Aufträge gewärtigen. Jm Uebrigen aber stellt er der.. Antrag :.

,,Es fei der Motion des Herrn S t o c k m a r keine weitere Folge zu geben , vielmehr von der eigenen Errichtung einer Gewehrsabrik, wie von der direkten Betheiligung bei der Errichtung einer .solchen durch Privaten.

zu abstrahlen. ^ Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichnetesten Hochachtung.

V e r n , den 23. Juni 1856.

Jm Namen des schweiz. Bundesrathes ,

Der Präsident: Stämpfli.

Der Kanzler : .Schieß.

#ST#

Antrag des Herrn Stockmar auf

Gründung einer eidgenössischen Waffenfabrike.

(Vom 7. u. 8. Dezember 1854.)

. Als die Eidgenossenschaft ihr Münzsystem schuf, gab man dex Hoffnung Raum , sie werde die neuen Geldstüke in der Schweiz verfertigen lassen ; lei.dex. aber trugen ökonomische Rüksichten den Sieg davon, und sie ließ sie, zum .Bedauern vieler Bürger, im Auslande schlagen. Zum Glük wird diesex Jrrthum verbessert werden und die Schweiz sieh bald im Befize einer nationalen Münzstätte befinden.

130 Wird wol^ das Projekt einer eidgenössischen Waffenfa^rik dasselbe Schifai haben .^ . Wird es auch zuerst aufgegeben, und dann erst ^.ngenommen werden, wenn die bis jezt noch wenig ergründete Frage ausführe licher beleuchtet sein wird .. -.. Gründe der Wahrscheinlichkeit scheinen dafür zu sprechen.

Fast alle europäischen Regierungen lassen die Waffen, die sie nöthig haben , auf ihrem Gebiete verfertigen; sie wollen bei der^Vexproviaütirung ihrer Zeughäuser weder von dem Auslande, noch der Jn^uftxie Einzelner abhangen^ sie wissen, daß ihnen eine solche Unvorsichtigkeit srüher ode^ später ernste Verlegenheiten bereiten könnte. Selbst das..englifche Mini.^ sterium bereut es jezt, fich zu sehr auf die beträchtlichen^ Hilfsquellen der.

Fabrikanten von Birmingham verlassen zu haben, und sieht^ sich genöthigt, in aller Eile zu .den Werkstätten Belgiens seine Zuflucht .zu nehmen, um seine Armee im Oriente mit den noch fehlenden Karabinern ^ nach neuem Systeme zu bewaffnen. Sind wir nicht noch weiter zurük, wir , ^ deren.

Hauptstärke in der Sicherheit un.d.dex Tragweite des^ Schusses t.ns.xex Soldaten bestehen muß, Bedingungen, die einzig und allein mit vollkom^ menen und untadelhaften Waffen erfüllt werden könnend. ^ ^ie Vexvoll^ kommnungen folgen sich in unsere Tagen so schnell, daß .es unumgänglich .nöthig ist, Anstalten zu besizen, die von Fachmännern geleitet werden, und wo alle Entdekungen geprüft . undschleunigst benuzt werden kennen.

Die beschränkten Hilfsmittel der schweizerischen Waffenschmiede ^machen es ihnen unmöglich, diese Dienste mit Wirksamkeit zu leisten.^ ^ ^ Die Kantonsregierungen haben oft die Nachtheile empfunden, welche .

mit dem Beziehen von Waffen aus dem Auslande verbunden fiud.^Dex Durchgang durch Frankreich und Deutschland ist ihnen ^ mehr ^ls^ein....al verweigert worden.

Jn dringenden Fällen könnte der Eidgenossenschaft daraus Gefahr erwachsen.

^ .

.

Nur mit rohen Stoffen h ö h e r e r Qualität kann man vollkommene Waffen verfertigen. Die Regierungen, welche Waffensabriken haben, find hievon so fehr überzeugt, daß sie verlangen, daß das ^ für sie bestimmte.

Eisen unter der Aufficht ihrer Angestellten fabrizirt werde ; diese Beamten uberwachen hierauf dessen Verarbeitung in allen Einzelheiten der Fabrikation, bis zur Vollenduug der Waffe, die sie zulezt noch, vor
ihrer^Annahm.^ starken Proben untexwersen.

Sind die Flinten, welche die Schweiz im Auslande angekauft hat, mit einer solchen Sorgfalt und unter einer so strengen Aufficht verfertigt worden.^ Man würde fehr irren, wenn man dieß glauben wollte. Diejenigeu , welche die Regierungen von Frankreich und Deutschland den Unteruehmern ihrer Fabriken dem Handel zu übergeben erlauben , werden frei verfertigt und sind nicht selten aus Stüken zufammengefezt, die wegen nicht in die Augen fallender Fehler zum Ausfchusse gehören , oder deren Mängel der Arbeiter zwar zu verdeken wußte , die aber nichts desto weniger fehler^haft sind. Die, übrigens sehr schönen, b e l g i s c h e n Flinten bieten noch

131.

geringere Sicherheit dar und bestehen meist aus Eisen^ zweiter oder gar .dritter Qualität.

Und .doch besizt die Schweiz Rohstoffe , welche denen , die in andern.

Ländern als die besten gelten , in nichts nachstehen. Das Eisen des b^ mischen Jura kann mit dem schwedischen wetteifern. Zur Zeit des^ ersten französischen Kaisexreichs konnte die ^Fabrik. zu Versailles nur Eise... aus den Hammerwerken von Bellefontaine füx die Flinten dex kaiserlichen Garde ^erarbeiten. Dieses Eisen wurde immer in einem Magazine mit do.^peltem^ Schlosse aufbewahrt, wozu sich ein Schlüssel in den Händen des^ Direktors, ^er andere in denen des kontrolirenden Beamten befand, der bei allen^ ^iefernngen au die Werkstätte zugegen war. Während der ,,hundert Tage^ wurde ein ^besonderes Dekret erlassen/ welches. ausnahmsweise, für .den Bedarf der kaiserlichen Fabrik St. Etienne , die Einführung eines bedeutenden Quantums Eisen von Bellefontaine und Underveliers , den zwei ältesten Hammerwerken des herrschen Jura's, verfügte.

^ ^^ .

. . . Die .Schweiz.produeirt auch .vortreffliches Holz für Flintenkolben, so daß sie alles .zu... Fabrikation von Waffen Nöthige auf Territorium beziehen kann. . ^

ihrem eigenen ^ .

^ Will ^man^twa ^behaupten, daß unsere Arbeiter in diesem Zweige weniger fähig seien , als die auswärtigen .. Zuverläßige Resultate ^ewe.iseu das Gegentheil.

Zu jeder Zeit hat es in dex Schweiz Waffenschmiede von Ruf gegeben/ und die kleinen Werkstätten, in welchen man gute^ S t uz e r und in ^mehrere^ Kantonen selbst F l i n t e n verfertigt, beweis.^ daß diese Jnduftrie einer bedeutenden Entwiklung fähig wäre, wenn fie sich.des Jmpulses , .dex Hülfe und Belehrung von Seite einer mit den unumgänglich nothwendigen Maschinen, Vorrichtungen und Mitteln zur Expexi.uentirung^ und Vervollkommnung ausgerüsteten Eentralanstalt zu erfreuen hätte.

Eine solche Anstalt wäre nicht nur eine Waffenfabrik für die Bedüxs..risse der Eidgenossenschaft und der Kantone, sondern sie würde ..ine Bildungsschule werden füx Meister und Arbeiter, die fich nach und nach iu den Gebirgen^ und Thälern der ganzen Schweiz niederlassen und diesen Zweig.

der Jnduftrie einheimisch machen würden. .

^.Zu diesem doppelten ^weke sollte die eidgenössische Waffenfabxik organifirt werden.

.

.

Die bereits bestehenden Werkstätten würden dadurch keineswegs zu Gxunde gehen; sie würden entweder Hilfsanstalten dex Fabrik werden, oder fortfahren , auf eigene Rechnung zu arbeiten. Ja es würden deren sogar überall neue entstehen für die verschiedenen Zweige dex Waffenschmiedekunst; denn diese Fabrikation bietet besonders den Vortheil dar, daß fie nu.^ eine .partielle Konzentration exsordert. Man braucht Wassexmaschinen zum Bohren der Kanonen, zum Streken und Glätten gewisser Stüke ; mau braucht Schwängel zu gewissen Schneideoperationen; die Beendigung und Zufammensezung, so wie die verschiedenen Proben müssen in der Fabrik,

132 unter den Augen des Aufsehers vor . ^stch gehen ; aber dieß alles macht .noch nicht den fünften Theil der Arbeit des Waffenschmieds ans.

Die übrigen Arbeiten können zu Hause, und einige selbst in großer Entfernung von der Fabrik^ vorgenommen werden.

Wenn die Bewohner der deutschen Schweiz ihren industriellen und unternehmenden Geist der Waffenschmiedekunst widmen wollten , so würde

es ihnen gelingen , ihr mit der Zeit die ganze Wichtigkeit zu geben, welche

die Uhrenmacherei unter der Bevölkerung der französischen Schweiz erlangt hat.

Tausende von Familien würden in ihrer Heimath Beschäftigung und Unterhalt finden , die jezt ihre Kräfte dem Vaterlande zu entziehen und .überseeischen Ländern zuzuwenden genöthigt sind.

Jm Anfange müßte sich die Fabrikation der Waffen auf die Bedürfuisse^ dex Eidgenossenschaft beschränken; nach und nach würde sie aber immer mehr Ausdehnung gewinnen, und wenn fie einmal bei uns recht einheimisch geworden wäre, würden sich ohne Zweifel, nach dem Beispiele Englands und Belgiens, Privatanstalten bilden, die geeignet wären , mit ^denen jener Länder in der Lieferung von Waffen jeder Gattung, selbst nach den.

entferntesten Weltgegenden, zu wetteifern.

.

Die industriemäßig betriebene Waffenfchmiedekunst hat noch eine lange, glukl.che Zukunft vor sich. So wie die Völker aus dem Zustande .^ex Wildheit zu dem des Barbarismus , und aus diesem zu den^ verschiedenen Stufen der Zivilisation übergehen, gebrauchen und verbrauchen sie große Massen von Waffen , die si^ zu versertigen außer Stand sind. Die Einsührung und allmählige Entwiklung dieses J.......striezweig^s wäre demnach

für die Schweiz eine Wohlthat.

^

Belgien und England erzeugen kein feines Eisen ; sie beziehen ^s dem Auslande alles dasjenige, welches sie für die Verfertigung von Waffen bestimmen, die nicht geradezu zu einer sehr untergeordneten Qualität gehören. Jn beiden Ländern ist, im Verhältnisse zur Schweiz., der Ar.beitslohn ungemein hoch. Jn dieser doppelten Beziehung hat also diese einen Vortheil vor jenen.

Die Opfer , welche die Eidgenossenschaft zu bringen hätte , würden von geringer Bedeutung sein.

Die Fabrikation der Waffen durch die Regierungen kaun. auf zweierlei Art geschehen: nach dem d i r e k t e n oder dem g e m i s c h t e n Systeme.

Nach dem d i r e k t e n Systeme fällt Alles dem Staate zur Last^ Ge-

bäude, Kapitalien und Fabrikationskosten. Die Regierung selbst wird Fabrikant.

Dieses System ist offenbar verwerslieh. Eine öffentliche Verwaltung kanu nur zu viel höhexen kostenden Preisen fabriziren , als die sind, welche ^Privaten erhalten , und sie bereiten sich überdieß zahllose Unannehmlichkeiten.

Nach dem g e m i s c h t e n Systeme sind die Lasten und Obliegenheiten zwischen dem Staate und den Unternehmern getheilt.

13.^ 1) Zu den O b l i e g e n h e i t e n des S t a a t e s g e h ö r e n : Anschaffung von Grund und Boden und der erforderlichen Wasserkraft^ Errichtung dex Gebäude und Haupträderwerke; Besoldung der mit der Aussicht beauftragten Beamten.

2) Zu den O b l i e g e n h e i t e n der U n t e r n e h m e r g e h ö r e n .

Der Unterhalt der Jmmobilien ; Der Vorschuß der Betriebskapitalien ; Anschaffung der Maschinen und Werkzeuge ; Ankauf der Rohstoffe ; Bezahlung der Arbeiter und aller Fabrikationskosten.

Die Unternehmer liefern dem Staate die unter der^ Aufsicht seiner Angestellten verfertigten^ und vollendeten Waffen zu den in dem Unter.nehmu^.gskontxakte festgesezten Preisen.

Das gemischte , für die Schweiz einzig passende System vereinigt mit dem Vortheile der Wohiseilheit den einer vorzüglichen Fabrikation.

Die Waffen können nicht von mittlerer Qualität sein, wenn die Ausseher sähige, feste und gewissenhaste Männer sind^.

Da sich außerdem die Unternehmer in einer günstigern Lage befinden, als die gewöhnlichen Fabrikanten, so sind fie auch im Stande, die Waffeu zu einem mäßigern Preise zu liesern, als diese.

^ Die Eidgenossenschaft würde sich den Unternehmern gegenüber verpflichten , jährlich , für sich oder für die Kantone , ein gewisses Onantum verschiedener Waffen anzukaufen.

Die Fabrik würde immer der Eidgenossenschaft, das gesammte Handwerkszeug den Unternehmern gehören.

Die Fabrikation würde die tragbaren Feuergewehre und die blankeu Waffen umfassen.

Das Fabrikgebäude sollte nach den Alpen hin, fern von den Gränzeu verlegt werden. Auf diese Weise würden sich die Gegenden des Jura und die der Alpen in zwei große und schöne Jndustriezweige theilen . die Uhrenmacherei und die Waffenschmiedekunst.

Wie mansteht, so würde es sich nicht darum handeln , die Eidgeuossenschast zu unbedachtsamen Ausgaben zu verleiten. Die Kosten süx Herstellung der Wasserkraft und Errichtung der Gebäude könnten sich etwa auf 200 bis 250,000 Franken belausen; und es ist zu vexmuthen, daß sich der Kanton, auf dessen Gebiete die Anstalt errichtet würde, zu einem Beitrage verstünde. Als jährliche^ und bleibende Ausgaben würde die Eidgenossenschaft nur die Besoldungen der Aufseher und außerdem, etw.....

10 Jahre lang, das Lehrgeld für arme Arbeiter zu bestreiten haben.

Was die Unternehmer betrifft, so würden sich deren gewiß eben so gut finden, als sich so.che in Frankreich, Deutschland und anderswo gefunden haben.

Bundesblatt. Jahrg. VIII. Bd. II.

18

134 Demnach gibt fich der Unterzeichnete die Ehre, zu beantragen .

,,Der Nationalrath möge, dem Prinzipe nach, die Gründung eine.e ..eidgenössischen Waffenfabrik, uach dem weiter oben erörterten gemifchteu ..Systeme, beschließen, und den Bundesrath mit der Abfassung eines .. Projekts uud der Darlegung der Ausführungsmittel beauftragen. ^ Bern, am 7. u. 8. Dezember 1854.

...e. Stockmar.

#ST#

Bundesrathsbeschluß , betreffend

die Herabsezung des greises für das Schießpulver.

(Vom 23. Brachmonat 1856.)

.

Der schweizerische Bundesrath,

in Aufhebung des Beschlusses vom 9. Ehristmonat 1851 (eidg. Gefezfamml. Bd. lll, S. 145), betreffend die Festsezung dex.Preife für das

Schießpulver.

.

^

auf den Bericht und Antrag des schweiz. Finanzdepaxtemeuts, .

beschließt: Die Preise für das Schießpulver werden vom 1. Heumonat 1856 au folgendermaßen festgesezt:

Nr. 1-3 à 140 Rappen per Pfund, .. 4-6 à 130 ..

,, 7-10 à 110 ..

,, ^ B er u, den 23. Bxachmouat 1856.

Jm Namen des fchweiz. Bundesrathes.

Der Präsident: Stämpfli.

Der Kanzler: Schieß.

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Antrag des Herrn Stockmar auf Gründung einer eidgenössischen Waffenfabrike. (Vom 7.

u. 8. Dezember 1854.)

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1856

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32

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28.06.1856

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129-134

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