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Schweizerisches Bundesblatt.

VIlL Iahrg. I.

Nr. 17.

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12. April 18.56.

Bericht des

schweizerischen Bundesrathes an die hohe .Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1855.

Tit.

Der schweiz. Bundesrath beehrt fich, nach Maßgabe des Axt. 90, Zissex 16 der Bundesverfassung, Jhnen hiermit den Bericht über seine

Geschäftsführung im Jahr 1855 zu erstatten.

Geschäftskreis des politischen Departements.

A.

Auswärtige Verhältnisse.

Il. Jm Allgemeinen Gleichwie der lezte Jahresbericht mit einem Blik auf den gewaltigen Kampf beginnt, der damals zwischen europäischen Großmächten fich zu entwikeln anfieng, so müssen wir auch dießmal zunächst dex Stellung gedenken, welche dex Schweiz mitten in diesen Ereignissen vorbehalten wax. Die Besorgnisse über die Möglichkeit der Gefährdung der neutralen Stellung unsexs Vaterlandes, welche in jenem Berichte angedeutet waren, hatten fich zwar nicht zu tatsächlichen Gesahren umgestaltet ; allein eben so wenig konnte man sie beim Beginn unsers Geschäftsjahrs als vexschwunden betrachten. Denn hatte sich auch Oestexreich durch den bekannten Dezembervertrag grundsäzlich für die Absichten und Jntexessen der westlichen Mächte ausgesprochen, und war auch dadurch die Wahrscheinlichkeit von Feindseligkeiten zwischen den beiden uns zunächst umgebenden großen Staaten in weitere Ferne gerükt, fo durfte nicht übersehen werden, . daß dex begonnene Krieg mit immer größern Mitteln und in immex größerem Maßstabe geführt wurde, daß ein neuer Staat, Sardinien, demselben beiBundesblatt. Jahrg. VIII. Bd. I.

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288 trat, uud daß in Deutschland sich stets ^ verschiedene Tendenzen kund gaben, welche leicht zu größern Spaltungen führen konnten. Bei dieser Sachlage war ein nahes Ende des Kampfes nicht vorauszusehen und eben so wenig, auf welchen Schauplaz derselbe noch verlegt werden dürfte. Mit desto größerer Befriedigung können wir nun auf das abgelaufene Jahr zurükbliken, indem unser Land von jeder unmittelbaren Berührung durch die Kriegsexeignisse verschont blieb, und indem feine neutrale Stellung fortwährend von den kriegführenden Mächten geachtet wurde. Es ist in dieser Hinsicht keine Zumuthung gemacht, keiue Anfrage gestellt worden, die auf eine abweichende Tendeuz hätte schließen lassen. Freilich mußte dabei auch unser Volk, wie so viele andere, die Rükwirkungen ertragen, welche ein Krieg gewöhnlich in Bezug auf Han.^l, Jndustrie und Preise der Lebensmittel hervorbringt.

Die Beziehungen zu den auswärtigen Staaten im Allgemeinen waren so befriedigend, daß wir, mit Ausnahme der gänzlichen Erledigung des österreichischtessinischen Konfliktes, wenig Erhebliches zu berichten haben. Sie beschränkten fich größtenteils auf die gewöhnlichen Geschäfte und die hie und da gegenseitig vorkommenden, meist auf Privaten bezüglichen Reklamationen, die kein allgemeines Interesse darbieten. Störungen des freundschaftlichen Verkehrs, ungebührliche Zumuthungen, drohende Konflikte sind nicht vorgekommen, und sogar über das Flüchtlingswesen uud die Fremdenpolizei mußte im Laufe des Berichtsjahres keine erwähnenswerthe Korrespondenz mit dem Auslande geführt werden, so daß wir diesen Gegenstand, dex sonst einen stehenden Abschnitt auch im Berichte des politischen Departe-

ments bildete, dießmal hiex mit Stillschweigen übergehen können.

^. ^es.^ast.^r^r ..nit einzelnen Staaten.

1.

Oester^rei^ch.

Zu den Beziehungen mit einzelnen Staaten übergehend, exwähnen wir vorerst den Konflikt mit Oesterreich, der schon seit zwei Jahren den wesentlichsten Bestandtheil dieses Berichtes ausmachte. Es ist bekannt, daß im Sommer 1854 der militärische Blokus ausgehoben, und daß somit der Verkehr für die Reisenden und sür die Waarentransporte geöffnet ward. Auch für die Tessiner wurde allmälig der Gränzverkehr, besonders mit Hinficht auf ihre in der Lombardie liegenden Grundstüke, erleichtert; immerhin .blieb ihnen aber noch ein längerer Aufenthalt in dort verboten oder wenigstens nur ausnahmsweise gestattet, bis der Streit über die Ans.^ weisung der Kapuziner ebenfalls seine Erledigung gesunden hatte. Nach-

d^m die österreichische Regierung am 31. Oktober 1854 eröffnet hatte, daß

sie geneigt sei, den Streitgegenstand auf dem Wege ein^r Konferenz iu Mailand behandeln zu lassen, was von Tefsin sehr bereitwillig ausgenommen wurde, übertrug uns .der dortige Große Rath gegen Ende Novembers eine allgemeine Vollmacht, den Streit mit Oesterreich zu erledigen. Obwol wir die Hoffnungen eines günstigen Erfolges, die damals im Tessin lebhaft

289 waren, keineswegs theilen konnten, so ^glaubten wir gleichwol uns dem Auftrag nicht entziehen zu können, weil der Kanton nach Art. 10 der Bundesverfassung berechtigt war, zum Abschluß eines Vertrages mit einer auswärtigen Regierung und zur Behandlung einer internationalen Streitfrage unsere Mitwirkung in Anspruch zu nehmen, und weil es nach allen Auteeedentieu überhaupt in unserer Stellung lag, kein ehrenhaftem Mittel unversucht zu lassen, um den Streit zu beendigen. Jn der Befchikung einer Konferenz zu Mailand konnten wir nun nichts Unehrenhaftes erbliken, nachdem die österreichische Regierung durch das Fallenlassen früherer Zumuthungen in Flüchtlingssachen und durch Aufhebung des militärischen Blokus ein Entgegenkommen beurkundet hatte. Wir nahmen daher die vom Großen Rathe Tefsins. un.^ .übertragene Vollmacht an, jedoch mit der Klausel, die Resultate der Konferenz gu.findendenfalls feiner weitexn Verfügung auheim zu stellen. Als Abgeordnete wurden gewählt die Herren Nationalrath S i d l e r und. Jngenieur.v ou B e r o l d i u g e n , lezterex im Einverständnis mit der Regierung von Tesfin. Jn der Juftruktion, welche ihnen mitgegeben wurde, w^r ihre rechtliche Stellung dahin normirt, daß.

sie als Abgeordnete des Bundesrathes aufzutreten haben, welche hinwiederum kraft Art. .1 0 der Bundesverfassung und kraft der Vollmacht des Großen Rathes von Tesfin diesen Kanton vertrete. Jm Uebrigen gieng die Jnstruktion dahin : ,,Die Herren Delegirten werden auf die enorme Verschiedenheit des Standpunktes hinweisen, in welchem sich die Kapuziner^Ausweisung v o x und n a ch der in ^keinem Verhältnisse stehenden Repressalie befand ;^ sie werden demgemäß die rechtlichen politisch und moralischen Gründe geltend machen, welche unter diesen Umständen einem weitern Entschädigungsbegehren Oesterreichs entgegenstehen ; sie werden auch die Frage der Entfchädigung der Tesfiner aufwerfen und eventuell sie wenigstens als Kompensation geltend machen ; überhaupt werden die. Hexren Delegirten unter.

möglichst günstigen Bedingungen die Wiederherstellung des frühern Zustandes mit Beförderung auszuwirken trachten, und fich über die Resultate der Besprechung die Ratifikation ihrer Kommittenten vorbehalten.^ .-Obwol die Herren Delegirten iu mehrfachen, einläßlichen Konferenzen ihren Auftrag nach beßten Kräften und in
anerkennungswerthex Weise exfüllten, so behaxrte man doch von Seite Oesterreichs. längere Zeit hindurch auf so hochgestellten^ Forderungen, nämlich zunächst auf Wiedexberufung der ausgewiesenen Kapuziner, sodann auf lebenslänglicher Pension zu 300 Gulden nebst freier Wohnung, und endlich auf einer Averfalfumme von eirea 300,000 Franken, daß die Abberufung der Delegation hierorts so viel als beschlossen war. Da indessen weitere Justruktionen von Tesfin aus eingiengen und auch der österreichische Herr Abgeordnete seine Forderung zu reduziren begann, so wurden die Unterhandlungen soxtgesezt, bis am 18. März ein Vertrag zu Stande kam , wodurch der Kanton Tefsin . verpflichtet wurde, als Entschädigung für die ausgewiesenen Kapuziner die Aversalsumme von Fr. 115,000 in drei Zahlungen innerhalb zwei Jahren zu leisten, wogegen fich hinwiederum Oesterreich verpflichtete, zwei Wochen nach Auswechs-

290 lung der Ratifikationen den Tessinern wieder wie früher. Aufenthalt und Niederlassung zu gestatten. Obwol uns dieses Resultat der Verhandlungen nicht unerwartet war, und ein besserer Erfolg uns ..ls unmöglich erschienen war, namentlich seitdem der Große Raih von Tessin in ö f f e n t l i c h e r Diskussion (November 1854) uuvexholen zu erkennen gegeben hatte, daß der Streitgegenstand uni jeden Preis erledigt sein müsse, so glaubten wir es gleichwol nicht auf uns nehmen zu können , den Vertrag zu xatifiziren. Wir verlangten daher eine bestimmte Entschließung des Großen Rathes von Tessin, der uns in Folge dessen beauftragte, die Ratifikation vorzunehmen. Wir genehmigten daher den Vertrag ,,Namens und aus speziellem Auftrag des Großen Rathes von Tessin, .^ und ließen sofort durch unfern Geschäftsträger in WieiI di.e Ratifikationen auswechseln, ^) worauf dann ohne weitexe Zögerung der frühere Zustand wieder hergestellt wurde.

Ueber den nunmehr beendigten Konflikt in seinem ganzen Umfange und seiner ganzen Bedeutung glauben wir nun nicht weiter eintreten zu sollen, nachdem wir schon mehrfache einläßliche Berichte erstattet und den Notenwechsel mit der k. k. österreichischen Regierung pnbli^irt haben. Doch können wir nicht umhin, noch einen kurzen Blik auf das Resultat zu werfen. Man erinnert fich , daß in Folge zwei ganz verschiedener Thatfachen zweierlei .Beschwerden vorgebracht und daß diese mit zwei Maßregeln, die besonders schwer auf dem Kanton Tefsin lasteten, .^gleitet wurden. Die eine Thatsache ift die von der Regierung dieses Kantons verfügte Ausweisung der lombaxdifchen Kapuziner, wodurch sich die östexreichische Regierung für berechtigt hielt, alle Tessiner aus der. Lombardie auszuweisen. Die Eidgenossenschaft und der Kanton Tesfiu verzichteten von Anfang an darauf, eine gleiche Repressalie auf eben so viele in der Schweiz wohnende unschuldige österreichische Unterthan.n anzuwenden; fie hofften vielmehr, daß das Gewicht der Gründe die österreichische Regierung bestimmen werde, jene Ausweisung mit Beförderung zurük zu nehmen und über die Ausweisung der Kapuziner zu einem billigen Abkommen Hand zu bieten, zumal Tessin schon von Anfang an eine Entschädigung aner^

boten hatte. Allein diese Hoffnung gieng nicht in Erfüllung. Die österxeichische Regierung hielt die Behauptung fest, daß sie zu der Repressalie berechtigt gewesen sei, mithin keine Entschädigung zu leisten habe, daß

vielmehr Tessin eine solch.e bezahlen müsse. Wir haben gesehen, in welchem Umfange dieselbe am Ende erfolgte und finden das Resultat weder gerecht noch befriedigend. dieselbe Ansicht herrscht gewiß auch im Tessin:. allein nach dem zweijährigen enormen Druke, der in Folge jener Repressalie ^us dem Kanton lastete, und.. nach Erschöpfung aller Mittel blieb demselben nur die Wahl, entweder diesen Zustand noch fortdauern zu lassen, odex

eine weit größere Entschädigung zu leisten, als er ans^.glich freiwillig

leisten wollte.

Die

ausgewiesenen Tesfiner aber hat die .Humanität des

*) S. ei.^g. Gesezsammlung, Band V, Seite 87--91.

291 schweizerischen Volkes u..d dex obersten Bundesbehörden nach Kräften zu

entschädigen getrachtet.

Ein erfreulicheres Bild bietet der Ausgang des zweiten Streitpunktes dar.

Die im Februar 1853 in Mailand stattgefundene Jnsurxektion veranlagte die österreichische Regierung zu schweren Anklagen über Verleznng völkerrechtlicher Beziehungen und zu Forderuugen, deren Gewähxung wir als unvereinbar mit dem Rechte und der Würde eines selbstständigen Staates erklären mußten. So wurde unter Anderm der Schweiz die Zumuthung gemacht , daß die ausnahmsweise im Tesfin geduldeten

Flüchtlinge entfernt, daß überhaupt keine politischen Flüchtlinge in den Gränz-

kantonen Graubünden und Tesfin geduldet und jedenfalls eine Ausnahme von dieser Regel ohne die Zustimmung dex kaiserlichen Regierung nicht gestattet werde, so wie endlich, daß dieselbe eine wirksame Kontrole in Anspruch nehme , über deren Modalitäten sie mit dem Bundesrathe näher einzutreten bereit sei. Alle diese Zumuthungen wurden und blieben abgelehnt, und es gelang uns endlich, die kais. Regierung durch die von uns ertheilten Aufschlüsse und ^usicherungen zu überzeugen, daß die fchweizerischen Behörden den Willen und die Kraft haben , dasjenige gewissenhast zu erfüllen, was nach völkerrechtlichen Grundsäzen von ihnen gefordert werden könne. Der militärische Blokus wurde daher im Juni 1854 aufgehoben.

Nach Beseitigung dieser Anstände und Wiederherstellung des guten Einvernehmens wurde die schon seit längerer Zeit angeregte Unterhandlung e.ine^ neuen Auslieferungsvertrages zwischen Oesterreich und der Schweiz wieder ausgenommen. Es ist derselbe Jhnen in der leztjährigen Sizung mit einem besondern Vortrage e^nbegleitet und von Jhnen genehmigt worden.^) 2. F r a n k r e i c h .

Obwol der Geschäftsverkehr mit Frankreich, wie immer, sehr umsangreich war, so bezog sich derselbe meistens auf Verhältnisse einzelner Angehöriger des einen oder andern Staates, oder auf andere Spezialitäten, die kein allgemeines Juteresse darbieten ; und wenn auch nicht jedes Geschäft sofort seinen Abschluß fand, sondern bisweilen abweichende Ansichten sich geltend machten, so betrafen diese nicht sowol bedeutungsvolle Grundsäze, sondern vielmehr die tatsächlichen Voraussezungen, auf welche die bestehenden Vertragsbestimmungen angewendet werden sollten.

Einiges Jnteresse mag indessen für die westlichen Gränzkantone folgender Fall .darbieten. Die französische Gesandtschaft beschwerte sich darüber, daß ans einem Gränzkanton eine angebliche Französin ohne Schriften und ohne vorherige Anzeige nach Frankreich ausgewiesen worden sei. Es wurde

dabei die Ansicht geltend gemacht, daß dieses Verfahren unzulässig sei,

indem man nicht Personen von zweifelhafter Herkunft einem Nachbarstaate

*) S eidg. Gesetzsammlung Bd. V, S. t87-197.

292 ohne weiters zuschieben könne, sondern dieselben entweder mit den exforderlichen Ausweisfchrifteu versehen oder zuerst eine Mittheilung darüber machen müsse. Da wir früher schon wiederholt dieselbe Beschwerde Franreich gegenüber zu führen hatten, indem die französische Gränz^olizei Va-^ gabunden von unbekannter oder wenigstens nicht schweizerischer Herkunst mit Laufpässen auf Schw^izergebiet hinübertrieb, so konnten wir die geäußerten Ansichten nur ae^eptiren. Wir machten daher den westlichen Gränzkantonen die erforderliche Mittheilung und sprachen der französischen Gesandtschast gegenüber die Erwartung aus, daß auch dortseits in gleichem Sinne künstig gehandelt wer^e.

Noch verdient ein Fall, betreffend Verlust des französischen StaatsBürgerrechts ^ur Kenntniß und Beachtung der kantonaleu Behörden gebracht .^u werden. Das franzöfifche Gesez knüpft diesen Verlust an den n^cht ^utorifirten Eintritt in fremden Militärdienst .^nd an die nicht autorifirte Uebernahme eines öffentlichen Amtes, das durch eine fremde Regierung einem Franzosen übertragen wird. Dieses wurde hierorts nur auf eigentliche Beamtungeu und auf eigentlichen Militärdienst bezogen; allein in Frankreich scheint es auf alle, auch ganz untergeordnete Angeklungen und Dienststellen bezogen zu werden. So wurde einem Franzosen die Anexkennung seines Staatsbürgerrechts verweigert, weil er eine Zeit lang in dem Polizeikorps eines . Kantons gedient hatte.

Es ist daher mit jeder Anstellung eines Franzosen in irgend welchem öffentlichen Dienste die Gefahr der Heimatlosigkeit verbunden. Es dürfte indessen zu empfehlen fein, auch bei Anstellung anderer Fremden mit Umsicht zu verfahren , da in vielen Staaten der Eintritt in fremden Staatsdienst den Verlust des Bürgerrechts zur Folge hat. Wir bezweken dabei in keiner Weise, der Verwendung tüchtiger fremder Kräfte besonders bei wichtigen Stellen, wie zum Beispiel Professuren, entgegen zu wirken, glauben jedoch , daß in Bezug auf untergeordnete Anstellungen das Erwähnte der Bea^tung werth fei.

3. England.

Mit Bezug auf ^Großbrittanien und als Beweis fortdauernder erfreulichex Beziehungen zu diesem Staate haben wir den im Laufe des Berichtsjahres unterhandelten und abgeschlossenen Freundschaft^, Handels- und Niederlassungsvertrag zu erwähnen, der von Jhnen in der lezten außer-

ordentlichen Sizung die Genehmigung erhielt. ^)

Die großbrittauische Regierung hat uns jeweilen Kenntnis^ gegeben von den außerordentlichen, auf den Verkehr bezüglichen Maßregeln, welche fie in Folge der Kriegführung zu ergreisen veranlaßt war un^ die sich auf Blokaden, Krieg.^onterbande, .Verbot der Ausfuhr gewisser Waaren u. s. w.

bezogen. Diese Mittheilungen wurden seiner Zeit im Jnteresse des Haudelsstandes publizirt. Wir können hier noch mit Befriedigung erwähnen, daß ungeachtet des Verbotes der Salpeterausfuhx, der Bedarf für die eidgenössische Pnlverfabrikation fortwährend verabfolgt wurde.

*) Gesezsammlung Bd v, S. 2^9.

293 Jn verschiedenen Fällen wurden wir ersucht, die Vermittlung dex ^roßbrittanischen Gesandtschaft behufs der Jns.nuation von Aktenstüken eivilrechtlichen Jnhalts an Einwohner Englands in Anspruch zu nehmen.

Diese Vermittlung mußte aber abgelehnt werden, weil nach den dortigen Justizeinrichtnngen in solchen Angelegenheiten gesezliche Formalitäten zu erfüllen sind, mit welchen sich die Regierung nicht befassen kann.

Man .hat daher Jemanden in England für dergleichen Verrichtungen zu bevollmächtigen.

4. Sardinien.

.Mit Sardinien wurde eine Auslegung der Artikel 5 und 6 des Staatsvertrages vom 28. April 1843 über Auslieferung der Verbrecher vereinbart, nach welcher bei Rogatorieu in Strafsachen gegenseitig keinerlei Gebühren oder Auslagen angerechnet, dagegen die Zeugen, welche von ihrem Lande aus vor den Behörden des andern Staates erscheinen müssen, von dem leztern entschädigt werden. Nachdem die Kantone, welche seiner Zeit jenem Staatsvertrag beigetreten . waren, ihre Zustimmung ertheilt hatten, wurde mit der k. sardinischen Gesandtschaft eine Erklärung aus-

gewechselt und in die eidg. Gefezsammlung (Bd. V, S. 128) aufgenommen.

Ungefähr gleichzeitig wurde auch behufs wirksamerer Verfolgung flüchtiger Verbrecher ein direkter Austausch der Signalemente angeordnet.

Gern hätten wir auch eiu einfacheres Verfahren bei Rogatoxien in Eivilsachen gewünscht. Es ist sonst zwischen vielen Staaten üblich, daß solche Zuschriften entweder von dem requirirenden Gerichte direkt an das xequixirte gerichtet oder auf diplomatischem Wege mitgetheilt und von dex betreffenden Regierung ohne weitexs besorgt werden. Nach einer Mittheilung dex sardinischen Gesandtschaft find aber dort folgende Formalitäten zu erfüllen : 1 . Die an ein sardinifches Gericht adresfirten Rogatorien müssen begleitet sein von einem Gesuche der Kantonsregiexung oder dex obexn Gerichtsbehörde, adressât an das Appellationsgexicht der betreffenden Provinz.

2. Diese Akten müssen einem bei diesem Appellationsgerichte sunktionirenden Prokurator übersandt und von ihm bei dieser Behörde einbegleitet werden.

3. Es müssen die dießfälligen Gebühren bezahlt werden.

Wie weitläufig und schwierig dieses Verfahren ist, bedarf wol keines Beweises; denn unsere Gerichte werden oft in Verlegenheit sein, den. kompetenten Appellationshos, noch weit mehr aber die Adresse eines bei ihm sunktionirenden Anwaltes zu kennen. Unsexn dießfälligeu Vorstellungen konnte mit Rükficht auf die dortseitige Gesezgebung über Eivilpxozeß nicht entsprochen werden. Es wird daher manchen schweizerischen Gerichten nichts anderes übrig bleiben, als die sxaglichen Akten an den schweizerischen Generalkonsul in Turin zu senden , mit dem Gesuch, die Adressen auszufüllen und an ihre Bestimmung zu versenden.

294

Eine vielfache, noch jezt nicht ganz ausgetxagene Korrespondenz wurde uber den Gränzverkehx mit Vieh gepflogen. Wiederholt beschwerte sich die sardinische Gesandtschaft darüber, daß die Kantone W a ad t und Wall i s eine fast permanente Viehsperre gegen Savoyen angeordnet haben, und^ zwar auch dann, wenn keine Spuren einer anstekenden Krankheit vorhandeu seien, welches Verfahren mit den Gr.uudsäzen des freien Verkehrs und^ des Staatsvertrages ^ vom Jahr 1851 im Widerspruch stehe. Die geuaunten Kantone dagegen behaupten, zu außerordentlichen Maßregeln gezwungen zu sein, weil fie schon oft die kostspielige Erfahrung gemacht haben, daß jedesmal die gefährlichste Viehseuche aus Savoven eingeschleppt worden fei, weil dort keine irgendwie genügende Gesundheitspolizei bestehe oder gehandhabt werde, und weil auch ein ganz besxiedigender Sanitätszustand einzelner angränzender Ortschasten oder Thäler gar keine Garantie.

daxbiete, indem es an jeder Kontrole übex Herkunft und Jdentität des einzuführenden Viehes mangle. Wir haben bei dieser Sachlage die saxdinifche Gesandtschaft aufmerksam gemacht aus die außerordeutliche Gefahr, welcher unsere Gränzkantone ausgesezt seien, so wie auf die strengen po-^

lizeilichen Vorschriften, welche in der Schweiz in dieser Hinficht bestehen;.

wir haben fexnex die Ansicht ausgesprochen, daß die betreffenden Kantone jedenfalls befugt sein müssen, dem Ausland gegenüber die nämlichen po^ lizeilichen Schuzmaßregeln anzuwenden, welche sich die schweizerischen Kautone unter sich gefallen lassen müssen, und wir haben sodann die Erwartung ausgesprochen, daß uns die dortfeitigen polizeilichen Einrichtungen mitgetheilt werden, um deren Wirkung und Tragweite beurtheileu zu können.

5.

Großherzogthum Baden.

^ Nachdem in unserm leztern Jahresberichte unerfreuliche Anstände mit dem benachbarten Großherzogthum Baden als erledigt bezeichnet werden konnten, ist nunmehr ein ziemlich alter Streitgegenstand zwischen diesem Staate und einigen Gränzkantonen in eine neue Phase getreten, die wo

möglich noch mehr Verwiklung iu die Sache bringt. Als um das Jahx

1836 thurgauische Klöster unter Staatsadmiuistration gestellt wurden, ließ die großherzogliche Regierung alles in Baden liegende Vermögen dieser Klöster mit Sequester belegen, in der Absicht und ^aus dem angeblichen Rechtsgrunde, eventuelle Heimfallsrechte an diesen Gütern zu sichern. Die Maßregel wurde auch aus die in Baden gelegenen Güter des zürcherischen Klosters Rheinau ausgedehnt. Thurgau ergriff hierauf Repressalien durch Sequestration von Gütern oder Gefallen badischer Domainen und Stifter.

Weder die damaligen, noch spätere Verhandlungen konnten den Schritt schlichten, und so dauerte dieser Zustand fort. Jn neuester Zeit gieng aber Baden noch weiter, und ließ die Gefälle aargauifcher Stifter , die nicht aufgehoben sind, ebenfalls sequestriren. Dieses hatte natürlich nene Reklamationen von unserer Seite zur Folge, die .zur Zeit noch nicht erledigt

295 find, indem Baden diese Maßregeln mit dex thurgauischen Sequestration.

motivixte, die vor allem aufgehoben werden müsse. Wir haben nun leztes Jahr Konferenzen vorgeschlagen, um diese ganze Angelegenheit, betreffend alle drei Kantone, in Verbindung mit andern Gegenständen, nämlich einem schon früher projektirten Freizügigkeitsvertrage und einer Beschwerde Badens über Militäxsteuern , wo möglich auf dem Wege dex Uebereinkunft

zu erledigen. Es ist jedoch bis jezt unser Vorschlag noch ..hne einläßliche Erwiderung geblieben.

Hinwieder hat die großherzogliche Gesandtschaft die Anregung gemacht, bestimmte vertragsmäßige Normen aufzustellen über die Verpflichtung zur Uebernahme von Ausgewiesenen oder solchen Personen, welche nirgends ein anerkanntes oder erweisliches Heimathsrecht haben, und zwar auf Grundlage eines ähnlichen Vertrages, der zwischen einer Anzahl von deutschen Staaten besteht. Wir haben den Vorschlag den Regierungen der an Baden gränzenden Kantone, die dabei vorzugsweise betheiligt erscheinen, mitgetheilt und werden nun, da dieselben uns ihre Ansichten exöffnet haben, ihn in nähexe Erwägung ziehen.

6. B e l g i e n und Parma.

Durch Vermittlung ihrer Konsulate in der Schweiz haben die Regierungen von Belgien und Parma eröffnen lassen, daß in ihren Staaten Fremde, welche in Unglük und Noth gerathen, unterftüzt werdeu, b.esondexs wenn in deren Heimath Gegenrecht gehalten werde; sie wünschen

daher mit dex Schweiz in ein dießfälliges Vertxagsverhältniß zu treten.

Wir haben diese Eröffnungen den sämmtlichen Kantousxegierungen mitgetheilt und um Aufschluß darüber ersucht, auf welche Weise nothleidendeu Fremden gegenüber verfahren werde. Aus den Antworten gieng hervor, daß überall, wenn auch nicht in gleichem Maß und Umsang, in solchen Fällen nach beßten Kräften den Forderungen dex Humanität entsprochen werde. Mit Rücksicht darauf, daß unter solchen Umständen die gewünschte Reeiproeität faktisch vorhanden ist , daß ferner förmliche Staatsvertxäge mit ziemlichen Weitläufigkeiten verbunden sind, zumal wenn die Kompetenz des Bundes in Frage gestellt werden könnte, haben wir die Aufschlüsse uber das in den schweizerischen Kantoren übliche Verfahren den Regiexungen von Belgien und Parma mitgetheilt und den Wunsch ausgespxochen, daß dieselben als genügendex Beweis dex schweizerischer Seits vorhandenen Reeiproeität betrachtet werden, und daß man daher die Unterstüzung dex gegenseitigen Angehörigen als Inodus vivendi fortdauern lassen möchte.

Dex Rükantwort dex betreffenden Konsulate glauben wir entnehmen zu düxfen, daß ihxe Regierungen damit einverstanden seien.

7. Rom.

Wie es etwa früher schon der Fall war, so hat auch im Laufe des lezteu Jahres der Herr Geschäfstxäger des päbstlichen Stuhls mehrere .Beschwerden und Pxotestationeu eingesandt gegen verschiedene kirchlich-staats-

296 rechtlich^ Geseze und Verordnungen, welche in einigen Kantonen, ganz besonders aber im Kanton T e s s i n , erlassen wurden. Obwol es kaum zweifelhaft sein dürfte, in welchem Sinne diese Beschwerden, namentlich so weit fie aus Art. 44 der Bundesverfassung begründet werden, vom Standpunkt des Bundes aus zu beantworten sind, haben wir uns vor der Hand darauf beschränkt, jene Beschwerden den betreffenden Kantonsregiexungen zux Kenntnißnahme und Rükäußerung ihrer Ansichten mitzutheilen. Wir glaubten dieß um so eher einstweilen thun zu sollen, als wix wußten, daß hinwieder vom Kanton Teffin Unterhandlungen mit dem päbstlicheu Stuhle über Trennung vom Bisthum Eomo beabsichtigt werden. Gegen ^nde des Jahres hat uns dann die Regierung von Tefsin wirklich ersucht, im Sinne der erwähnten Trennung theils mit dem päbstlichen Stuhle, theils mit der k. k. österreichischen Regierung wegen der Temporalien dex lombaxdischen Bischöfe Unterhandlungen einzuleiten. Die weitere Eutwiklung dieser sehr wichtigen Angelegenheit wixd dem künftigen Geschäftsberichte anheim fallen.

8.

Uebxige europäische Staaten.

Der Geschäftsverkehr mit den übrigen europäischen Staaten, in der ^blichen Weise und mit gegenseitiger Gefälligkeit und Zuvorkommenheit gepflogen, bietet keinen Stoff zu Mitteilungen von allgemeinerem Jnteresse dar.

9. V e r e i n s s t a a teu N o r d a m e r i k a 's.

Es ist Jhnen bekannt, daß und mit welchen Modifikationen der mit ^en Bereinsstaaten Nordamerikas abgeschlossene Vertrag über Niederlassung, Handel und Auslieferung von Verbrechern xatifizirt wurde, und wir haben daher nur noch zu bemerken, daß die Auswechslung der Ratificationen im November vorigen Jahres durch den schweizerischen Generalkonsul in Washington und den dortigen Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten vorgenommen wuxde,^) und daß somit der Vextxag in Kraft getreten ist.

Aus dem Geschäftsverkehr mit dem Herrn Minister-Refidenten dex ^Vereinsstaaten glauben wir nachfolgende Momente hervorheben zu sollen.

Auf dem ungewöhnlichen Wege offizieller Mittheilung durch einen in der Schweiz residirenden amerikanischen Konsul vernahmen wir, daß in den Vereinsstaaten die Einwanderung ganz armer und hülfloser, axbeits.unfähiger Schweizer Aufsehen errege, und daß die Gefezgebung im Beariff stehe, die erforderlichen Maßregeln im Sinne der Beschränkung dex Einwanderung zu ergreifen. Wir theilten diese Anzeige sofort dem Herrn Gesandten der Vereinsstaaten mit, indem wix uns anerboten, zur Beseiti-

.gung allfälliger Uebelstände dex hierseitigen Auswanderung ernstlich mit^) S. eidg. Gefezfammlung Bd. V, S. 228.

297 zuwirken, dagegen aber die Erwartung ausfprachen, daß keine unbillige Erschwerung der Einwanderung angeordnet und allfällige Verordnungen uns rechtzeitig zur Kenntniß gebracht werden. Sofort richteten wir ein Eirkular an sämmtliche Kantonsregierungeu, worin wir sie über den Grund oder Ungrund der Beschwerde um Aufschluß ersuchten und auf die Nothwendigkeit hinwiesen, den Vereinsstaaten keine gerechte Urfache zu Beschweren an die .Hand zu geben. Aus den erhaltenen Aufschlüssen ergab es sich, daß jedenfalls bedeutende Uebertreibungen des wahren Sachverhalts im Spiele waren, und daß die Kantonsregierungen Zuficherungen ertheilten, welche geeignet sein mußten, . die Vereinsstaaten über die schweizerische Einwanderung zu beruhigen. Wir sind dem Herrn Gesandten die Anerkennung schuldig, daß er ans Grundlage der vou uns erhaltenen Aufschlüsse nicht nur bei seiner Regierung, sondern auch in der Presse der Vereinsstaaten unrichtigen und nachteiligen Urtheilen über die schweizerische .Auswanderung entgegen trat. Seither wurde von einer Erschwerung der Einwanderung nichts mehr vernommen. Es muß aber unter diesen Umständen für die Schweiz eine Ehrensache sein, ^den extheilten Zusicherungen in loyaler Weifer nachzukommen.

.Die Gesandtschaft der Vereinsstaaten befand sich im Falle, wegen der Wegweisung eines amerikanischen Bürgers, ehemaligen badischen Flüchtlings, zu intervenire^ Diese in Basel verfügte Wegweisung hatte an sich keine Bedeutung, weil die Maßregel suspendirt blieb und die betreffende Person wieder nach Amerika abreiste, ehe eine definitive Entscheidung gesaßt war:, allein d.ese Fälle können sich wiederholen und zu schwierigen Fragen Veranlassung geben. Es kann wol keinem Zweifel unterliegen, daß solche Personen, ihrer frühern Heimath gegenüber, politische Flüchtlinge bleiben, da sie ohne Gesahr nicht dahin gehen können ; auf der andern Seite aber

ist es einleuchtend, daß ihr Verhältnis^ zu dem, Aufenthalt oder Af.^l ge-

währenden Staate ein anderer geworden ist, indem ein Bürger Amerikas nicht dasselbe Jnteresse hat, auf seine ehemalige Heimath in der Weife einzuwirken, wie dieses der gleichsam heimathlose Flüchtling bisweilen thun mag. Allein diese Voxaussezuug hat jedenfalls ihre Ausnahmen,^ und wir haben leider schon die Erfahrung gemacht, daß ehemalige politische Fluchtlinge in die Schweiz zurükgekom.nen sind, um unter dem Schuze ihrer neuen Eigenlast als Bürger Amerika's oder wenigstens als BürgerrechtsAspiranten ihre frühern politischen Umtriebe wieder fortzusetzen. .Bei dieser Sachlage hielten wir dafür, daß die Frage des Aufenthalts solcher Leute in der Schweiz von der Persönlichkeit und dem Verhalten derselben abhange, und daher in einzelneu Fällen zu entscheiden sei. Wir haben auch alle Ursache zu glauben, daß die Regierung der Bereinsstaaten mit unserer Anficht einverstanden sei.

^ Die Verwendung der Gefaudtschaft bezog sich mitunter auch auf solche Personen, welche ^.och nicht Bürger der Vereinsstaaten waren, jedoch sich dort einige Zeit aufgehalten und vor Behörde erklärt hatten, das Bürgerrecht erwerben zu wollen. Jn dieser Hinficht glaubten wir der Gesandt-

298 schaft kein Recht der Jntervention anerkennen, sondern ihrer Empfehlung nur in so weit Rechnung tragen zu düxsen, als es im Sinne von bons offices unter Umständen möglich war.

.^...1.

^ ra nz ... er .l.. a l tn i fse.

Jm Dezember 1854 haben Sie uns den Auftrag ertheilt, auf eine

vollständige Gränzbereinigung hinzuwirken. Wir suchten uns durch ein

Kreisschreiben an sämmtliche Gxänzkantone zuerst Kenntniß darüber zu verschaffen, ob außer den uns schon bekannten streitigen Punkten noch andere vorhanden seien. Es ergab sich hiebei, daß nur noch ein ganz unbedeutender Anstand aus der zürcherifch-badischen Gränze angemeldet wurde, der nun mit dem bereits bekannten, im Bodensee bei Konstanz bei der großh. Regierung von Baden, behufs Ausgleichung, in Anregung gebracht werden soll. Die übrigen beziehen sich auf die Kantone Granbünden , Tefsin , Wallis und Waadt. Ju Bezug auf Graubünden drangen wir auf Einsendung dex fachbezüglichen Urkunden und gewärtigen nach Eingang derselben den Bericht dex Kommission , welche feiner Zeit die streitigen Lokalitäten untersucht hatte. An der tessinisch - lombardischen Gxänze sind sechs verschiedene Punkte streitig, welche jedoch, so weit wir fie aus deu vorliegenden Akten und Planen benrtheilen können, nur eine untergeordnete und auf die betreffenden Gemeinden beschränkte Bedeutung haben und um so leichter eine befriedigeude Lösung finden dürsten, als sxüher schon von^ österreichischer Seite Vergleichsvorschläge gemacht wurden.

Wix haben nun einen Kommissär beauftragt, theils aus der Lokalität, theils bei dex Regierung Tessins die noch erforderlichen Aufschlüsse zu sammeln, und werden sodann nicht zögern, auf eine möglichst befriedigende Lösung dieser Differenzen. hinzuwirken. Zwifchen Wallis uud Savoveu.

ist die Gränze nur an einer Stelle unbestimmt, und die fardinische Regierung hat in Folge unserer Verwendung versprochen, das Erforderliche vorzubereiten, um im nächsten Sommer die Gränzberichtigung vornehmen zu können. Jn der Waadt endlich handelt es sich immer noch um das Dappenthal. Jm lezten Jahresbericht wurde Jhnen mitgetheilt, daß hierüber Verhandlungen zwischen dex französischen Gesandtschaft und hiexseitige.

Abgeordneten statt fanden, die jedoch zu keinem Abschlusse führten.

Da wir diesen Gegenstand nur bei vollständig beseztex Behöxde behandeln und weitexe Beschlüsse fassen wollten , so mußten wir ihn längere Zeit auf sich beruhen lassen. Ex wurde seither wieder in dem Sinn an Hand genommen, mit Waadt eine gemeinsame Grundlage allfälligex Vergleichsvor.^ schläge festzustellen. Sollte dieses auf Schwiexigkeiten stoßen odex eine solche Grundlage bei dex französischen Regiexung nicht Eingang finden und
dadurch eine definitive Entscheidung. neuerdings in die Ferne gerükt wexden, so werden wir uns möglichst bestreben , wenigstens ein.en ^lodus vivendi zu erzwekeu, um den bisweilen eintretenden Ko.lisionen vorzubeugen.

299 .^. ......i^ou.^tische Bertretnn^ i.n ^nsla^e.

Aus den Gründen, welche wix Jhnen im lezten Geschäftsberichte mit-

theilten, blieb die diplomatische Vertretung der Schweiz im Auslande unverändert. Wir beabsichtigen jedoch , Jhnen übex allfallige Modificationen einen besondern Bericht in der ordentlichen Sizung dieses Jahres vorzutragen.

^. Diplomatische ^r.sonal in der ^...^..oeiz.

Der bisherige Herr Geschäftsträger .^on Oesterxeich, Freiherr von

Kübe.k, wurde in der Eigenschaft ^als Ministerresident akkreditirt.

Der seit langen Jahren bei der Eidgenossenschaft beglaubigte außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Ministex Rußlands^ Herr Barou von K r u d e n e r , erhielt von dem russischen Thronfolger , Kaiser Alexander 1l. , ein neues Kreditiv und verlegte seine Residenz wieder in die Schweiz.

Eine Bemerkung, die wir über die Form des Kreditivs zu machen hatten, wurde von dem Herrn Gesandten durch die schriftliche Erklärung beseitigt, daß die kais. russische Regierung die neue Bundesform anerkenne, welche

fich die Schweiz nach 1847 gegeben habe.

An die Stelle des bisherigen bayerischen Gesandten, Herrn v o n V e r g e r , trat Herr Baron von Malzen, als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister.

Jn dem Personal der fremden Konsulate haben fich folgende Vex.^ änderungen zugetragen : Herr Wölflin in Zürich, Vieekonsul von M e x i k o , zeigte seine Entlassung an. Das Exequatux erhielten: Herr G u i m a r a e u s , als Generalkonsul von Brasilien; Herr Michaud, als Generalkonsul vou Sardinien.^ Herr B o l t o n , als Konsul der Vereinsstaaten N o x d a m e r i k a ' s , und Herr G a u s s e n - H u b e r , als Konsul von Portugal.

Herr Guimaxaeus xesidirt in Bern, die übrigen in Genf.

B.

innere ^erhattui^e.

Die innere Ruhe und Ordnung blieb leider nicht ganz ungestört, da im Februar im Kanton T essi n^ bekanntlich Unruhen ausbrachen, die einen ernsten Eharaktex anzunehmen drohten. Man weiß von den Wahlen hex, welche im Oktober 1854 statt fanden, wie das Land durch heftige Parteikämpfe zerrissen war und wie schwer es hielt , das Ansehen der Behörden

geltend zu machen. Diese Stimmung zog sich iu's Jahr 1855 hinüber

und äußerte sich selbst durch einzelne kleinere Ausstände. Wir sahen uns daher veranlaßt, den auf Urlaub befindlichen eidg. Kommissär, Herxu Obersten B o u r g e o i s , wieder nach Tessin zu senden. Bald daraus fand in Loeaxno die bekannte Tödtung D e G i o r g i ' s statt und in Folge derselben eine massenhafte Erhebung des Volkes. Es wäre nun hiex am Plaze, den Gang dieser Ereignisse darzustellen bis zu dex Re^konstituixung des Kautons und der Wiederkehr des ganz gefezlichen Zustaudes ; allein wir glauben hievon Umgang nehmen zu sollen, weil Jhneu diese Ereig-

300 nisse vollständig bekannt wurden, theils durch unsern Bericht übex die revidirten Verfassungsaxtikel Tefsins und über die kantonalen Wahlen, theils dnrch einen umfassenden Bericht des Herrn eidg. Kommissärs, welchen Bericht die Kommission des Nationalraths, welche die Wahlen vom 11.

März 1855 ^zu prüfen hatte, abdruken ließ.^) Es bleibt uns daher nur übrig , Jhueu die Stellung zu bezeichnen , die wir eingenommen hatten.

Es lag verfassungsgemäß in unserer Aufgabe, dem Auftreten gesezwidriger Gewalten entgegen zu wirken und so schnell als möglich Ruhe und Ordnung in den Kanton zurük zu führen. ^ Wir versuchten dieses theils durch deu Herrn Kommissär, theils durch unmittelbare Korrespondenz mit der Regierung,. indem wix namentlich darauf drangen, daß sobald als immer möglich, und jedenfalls vor .den auf den 11. März vertagten Wahlen die Entwaffnung der unregelmäßigen Milizen stattfinde , daß Verhaftungen nur durch die kompetenten Behörden und in gefezlicher Weise vorgenommen und gese^widrig Verhastete auf freien Fuß gestellt werden , daß serner das Zwangsanleihen in möglichst gerechter Verkeilung und ohne Rüksicht auf die Parteien erhoben , und daß endlich von dem Gedanken abstrahirt werde, gegen die Häupter der Opposition einen Hochverrathsprozeß zu beginnen.

Wir hatten die Befriedigung, zu vernehmen, daß unter anerkennungswerthex Mitwirkung der Regierung fchou nach wenigen Tagen Ruhe und Ordnung sich allmälig immer mehr geltend machten. Gewaltsame Auftritte verminderten sich bedeutend, die Verhafteten wurden freigelassen, bis auf wenige, die man den Gerichten zu überweisen beabsichtigte, die ^ntwaffnnng fand am 10. März statt, die Regierung erließ Jnstruktioneu und Mahnungen zum Behuf einer billigen Verkeilung des Zwangsanleihens und der Hochverrathsprozeß unterblieb, indem der ueukonstituirte Große Rath eine umfassende Amnestie erließ. Es ist einleuchtend, daß wix bei diesem Gang der Dinge nicht daran denken konnten., durch Zusammenzug vou Truppen zu intervenireu , indem die gütlichen Mittel so viel wirkten, als immer unter solchen Umständen .u erwarten war. Wenn auch mehrere bedauerliche Gewalttätigkeiten gegen das Eigenthum statt fanden, so war doch kein Menschenleben zu beklagen und es kam nirgends zu einem blutigen Zusammenstoß.

Da mit dem Amtsantritt der neuen .Behörden die Ruhe
wiedergekehrt und ungefähr gleichzeitig der Konflikt mit Oesterreich erledigt war, säumten wir nicht, den Herrn Kommissär unter Anerkennung seiner vielfachen, oerdankenswerthen Dienste zu entlassen. Weitere Subsidien für den Kanton hörten nun aus, und die verschiedenen Straßen, welche mit einer Unterstüzung des Bundes im Betrage von Fr. 180,000 und mit großen finanziellen Opfern des Kantons nnd der Gemeinden , um den brodlosen Bürgern Verdienst zu verschaffen,. waren unteruommen worden, wurden im Laufe des Jahxes vollendet.

*) S. Bundesblatt v. J. 1855, Bd. II, S. 204 nnd 447.

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Bericht des schweizerischen Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1855.

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12.04.1856

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