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Bundesblatt 109. Jahrgang

Bern, den 17. Oktober 1957

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis 30 Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Förderung der Denkmalpflege (Vom 4. Oktober 1957) Herr Präsident ! ' Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiemit eine Botschaft betreffend die Förderung der Denkmalpflege zu unterbreiten.

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I.

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Am 19. September 1956 hat der Nationalrat das von Herrn Dr. Hans Conzett eingereichte und von 28 weiteren Mitgliedern des Rates mitunterzeichnete Postulat folgenden Wortlauts erheblich erklärt : Qemäss Artikel 4 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1950 können Beiträge bis zu 30 Prozent an die Kosten der Erhaltung von historischen Kunstdenkmälern gewährt werden. Dieser Ansatz erweist sich vielfach als ungenügend, weil Kunstdenkmäler von grosser nationaler Bedeutung, die dringend der Restauration bedürfen, sich oft in Kantonen befinden, welche die erforderlichen Mittel nicht in genügendem Masse aufbringen können. Dadurch bleiben solche Kunstdenkmäler in bedauerlichem Zustande.

Obwohl die Denkmalpflege zu den Aufgaben der Kantone gehört, liegt es doch auch im anerkannten kulturpolitischen und historischen Interesse des ganzen Landes, nationale Denkmäler zu erhalten.

, Der Bundesrat wird ersucht, die Frage zu prüfen, ob Artikel 4, lit. a, des Bundesbeschlusses vom 28. September 1950 nicht in dem Sinne abzuändern sei, dass Bundesbeiträge bis zu 60 Prozent gewährt werden können.

II.

Über die gegenwärtige Eegelung des Beitragsansatzes handelt die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 18. November 1949 Bundesblatt. 109. Jahrg. Bd. II.

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betreffend den Kredit für Erhaltung und Erwerbung vaterländischer Altertümer und den Kredit für Erhaltung historischer Kunstdenkmäler, insbesondere im Kapitel V (BEI 1949, II, 969). Dort wird ausgeführt, dass vor dem ersten Weltkriege Bundesbeiträge bis zu 50 Prozent für Erhaltungsarbeiten gewährt wurden. Das Eeglement vom 9.März 1917 betreffend die Beteiligung des Bundes an den Bestrebungen 'zur Erhaltung historischer Kimstdenkmäler (B S 4, 222) setzte, im Sinne einer Sparmassnahme, ein Maximum von nur 30 Prozent fest, das in der Folge erst noch der durch die Finanzprogramme des Bundes verfügten Kürzung um 25 bis 40 Prozent unterlag. Bis zum Inkrafttreten der Neuordnung von 1950 ergab sich so ein durchschnittlicher Subventionsansatz von nur ungefähr 12 Prozent der Gesamtkosten einer Eestaurierung; denn - das gilt auch heute noch und ist gerechtfertigt - es werden ja nicht alle Arbeiten subventioniert, sondern nur solche, die denkmalpflegerisch von Bedeutung sind, also in der Eegel zum Beispiel nicht Installationen, die «nur zum Zwecke einer besseren praktischen Verwendbarkeit des Denkmals ausgeführt werden». In jener Botschaft schon wurde dargelegt, dass bei so geringfügigen Beiträgen von einer wirksamen Hilfe nicht die Eede sein könne; sie führte u.a. aus: Nun muss aber der Subventionsempfänger dem Bunde gegenüber verschiedene Verpflichtungen eingehen. Vor allem kann er die Restaurationsarbeiten nicht nach eigenem Gutdünken durchführen, sondern er muss'sich an. die Instruktionen eines Experten halten. Ist die Restauration beendet, so darf er ohne Zustimmung der Bundesbehörde den Zustand des Gebäudes nicht mehr ändern. Mit solchen Belastungen könnte er sich wohl leicht abfinden, wenn die ihm gewährte Subvention einigermassen ins Gewicht fiele. Das ist aber nicht der Fall, bei der heutigen Höhe der Material- und Arbeitskosten. So kommt es denn dazu, dass heute einzelne Gebäudeeigeiitümer es vorziehen, ohne Subvention zu restaurieren, um weniger ausgeben, d. h. um sich nicht an die Direktiven wissenschaftlicher Experten halten zu müssen. Oder sie geben sogar das betreffende Gebäude dem Verfall preis - wenn sie es nicht kurzerhand abreissen und durch einen Neubau ersetzen. Wohl sind sie da und dort an kantonale Vorschriften gebunden; aber nur eine Minderheit von Kantonen hat bis jetzt über
Kunstdenkmälerschutz legiferiert. Wir halten es daher für unerlässlich, das Interesse der Gebäudeeigentümer für eine Restaurationspraxis zu wecken, die eine würdige Erhaltung des nationalen Denkmälerbestandes gewährleistet. Wir sehen daher in Artikel 4 unseres Entwurfes Beiträge bis zur Höhe von 30 Prozent vor; es wird Sache der Ausführungsbestimmungen sein, festzusetzen, in welchen Fällen dieser Maximalansatz angewendet werden kann. Aus dem oben angeführten Grunde soll auch der Subventionsabbau nach Finanzordnung für die historischen Kunstdenkmäler nicht mehr aufrechterhalten werden.

III.

Wenn sich nun nach so wenigen Jahren die 1950 erreichte Erhöhung - oder vielmehr Wiederherstellung - des Maximalansatzes neuerdings in manchen Fällen als. ungenügend erweist, so lassen sich dafür verschiedene Gründe geltend machen.

1. Das Postulat Conzett selbst erinnert einmal mehr daran, dass gerade die an bedeutenden Kunstdenkmälern reichsten Kantone - gemeint sind vor, allem Graubünden, Tessin und Wallis - nicht sehr finanzkräftig und daher oft nicht in der Lage sind, ihren ebenfalls armen Gemeinden oder Kirchgemeinden

687 bei denkmalpflegerischen Unternehmungen hinreichende Hilfe zu gewähren.

Der Präsident der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege hat denn auch eine eindrucksvolle Liste von Baudenkmälern vorgelegt, bei denen die dringend notwendigen Instandstellungsarbeiten bis:jetzt unterbleiben mussten, weil die Mittel fehlen.

2. Solche Arbeiten sind in den letzten Jahren, seit 1950, bedeutend kostspieliger geworden. Die Verteuerung ist einmal dem andauernden Steigen der Preise auf dem Baumarkt zuzuschreiben; zum:andern aber ist sie durch die denkmalpflegerischen Methoden selber bedingt, die ein immer differenzierteres Vorgehen erfordern und auch weniger kostenersparende Zugeständnisse zulassen, als dies früher gelegentlich der Fall war. Gewisse moderne .und im Sinne der Rationalisierung angewandte Bauverfahren,. deren Auswirkung auf längere Dauer noch nicht bekannt ist, dürfen hier nicht toleriert werden.

3. Das Interesse einer breiteren Öffentlichkeit an den Fragen der Kunstund der Denkmalpflege ist in den letzten Jahren bedeutend reger geworden.

Dazu tragen nicht wenig die nun in rascher Folge erscheinenden, von der Gesellschaft für schweizerische Kunstgeschichte/mit Hilfe der Kantone und des Bundes herausgegebenen Inventarbände «Die Kunstdenkmäler der Schweiz» bei, die die vorhandenen Bestände weitherum bekanntmachen. Infolge der stürmischen Entwicklung des Tourismus, der .überhandnehmenden ; Motorisierung sind viele abseits gelegene Bauwerke leichter zugänglich geworden; die Besucherzahlen steigen an -, und das gilt natürlich besonders für die denkmalreichen Gegenden, die ohnehin schon immer beliebte Ziele des Ausflugs- und Fremdenverkehrs waren. Man wundert sich, in der wohlhabenden Schweiz zerfallende, schlecht xinterhaltene oder durch · .unglückliche Erneuerungen verdorbene Kult- und Profanbauten von bedeutendem historischem Wert anzutreffen. Man stellt Vergleiche an mit dem Ausland, wo, oft mit. bewundernswertem Aufwand, die durch kriegerische Verwüstung angerichteten^ Schäden in raschem Rhythmus behoben werden.

4. Ohne Zweifel ist die Besinnung auf den Wert kultureller Güter, das geschärfte Bewusstsein der Verpflichtung, sie zu schützen und der Nachwelt zu erhalten, nicht zuletzt eine Reaktion auf die Kriegszerstörungen. Von ihnen ist unser Land zwar verschont geblieben. Dafür droht nun
dem Weiterbestehen des Alten eine andere Gefahr: die überbordende Konjunktur, vor allem die Bodenspekulation und das Baufieber, die vor ideellen, künstlerischen und geschichtlichen Werten immer weniger Halt machen. Die Versuchung, einen "restaurationsbedürftigen Bau abzubrechen und durch ehi Renditenhaus zu ersetzen, ist heute wohl grösser als je. Ausserdem kann das Steigen der Bodenpreise, auch weit hinaus bis aufs Land, dazu führen, dasa Neubauten oft in unmittelbarer Nachbarschaft von historischen, als solche vielleicht geschützten und unantastbaren Bauwerken entstehen und deren Wirkung beeinträchtigen.

Beispiele sind nicht schwer zu finden: Man denke an den.nur um weniges zurück-, liegenden, harten Kampf urn die Erhaltung der Berner Altstadt; man denke

an das Supersax-Haus in Sitten, dessen Erdgeschoss mit einem Schuhladen verunziert wurde, ohne dass es zu verhindern gewesen wäre. Es gäbe weitere Beispiele aus städtischen und ländlichen Gegenden, die man bis vor kurzem von der Spekulation noch unberührt glaubte.

IV.

Während also auf der einen Seite Interesse und Verständnis für die Erhaltung kultureller Güter in erfreulicher Weise zunehmen, drohen auf der andern Seite, paradoxerweise durch die Segnungen der Konjunktur, diesem Patrimonium erhöhte Gefahren. In solcher Situation ist vermehrte Wachsamkeit und Hilfsbereitschaft jener Stellen, denen die Verantwortung für die Wahrung der gefährdeten Werte obliegt, ein Gebot der Stunde. Die Denkmalpflege ist ganz eindeutig primär eine Aufgabe der Kantone, von denen manche heute auch eher in der Lage sind als früher, die damit verbundenen Kosten zu tragen oder zu subventionieren. Ein Eingreifen des Bundes ist nach wie vor, entsprechend der föderativen Struktur unseres Landes, nur im Sinne einer zusätzlichen Hilfe gerechtfertigt; doch kommt dieser Hilfe gerade jetzt, im Kampfe gegen Spekulation und Bauwut, oft auch als Rückenstärkung für private, kommunale und kantonale Bemühungen, erhöhte Bedeutung zu. Dabei kann es nicht bei Ermahnung und Beratung sein Bewenden haben, sondern angesichts der materiellen Interessen, die auf dem Spiele stehen, muss damit in der Eegel eine wirksame finanzielle Unterstützung einhergehen, namentlich in den Kantonen, in denen besonders viele Restaurationen zu bewältigen sind.

Vor einigen Jahren ist von der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte die Frage aufgeworfen worden, ob nicht in der Denkmalpflege eine erhöhte Initiative vom Bund ausgehen sollte, ob es nicht seine Sache wäre, hier ein Programm auf weitere Sicht auszuarbeiten. Der Bundesrat hat damals diese Frage verneint, unter Hinweis auf die geltende Regelung der Kompetenzen der Kantone und des Bundes. Allein bei der Entwicklung, die die Dinge genommen haben, darf nicht mehr verkannt werden, dass mit, der vermehrten Bedrohung von kulturellen Werten ein wesentlicher Teil der nationalen Substanz gefährdet ist. Mit der vom Präsidenten der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege im Zusammenhang mit dem Postulat Conzett ausgearbeiteten summarischen Liste restaurierungsbedürftiger Denkmäler ist nun bereits ein Schritt im Sinne der Anregung der Finanzdplegation getan.

V.

Das Departement des Innern hat mit Hilfe der schweizerischen diplomatischen Vertretungen durch eine Umfrage zu ermitteln versucht, wie die grundsätzlichen Probleme der Denkmalpflege - Gesetzgebung, finanzieller Aufwand und insbesondere die durch das Postulat Conzett zur Diskussion gestellte Frage des Beitragsansatzes - in verschiedenen westeuropäischen Ländern geregelt sind.

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Beim Vergleich der mitgeteilten Zahlen wird man vorsichtig sein/müssen, da die Voraussetzungen (politische Struktur des Staates, Höhe der 'Beitragsleistungen der provinzialen oder kommunalen Behörden, Grosse und Bedeutung des Denkmälerbestandes, finanzielle Möglichkeiten der Eigentümer, ausserordentliche Aufwendungen für die Behebung kriegsbedingter Schäden) von Land zu Land ganz andere sind. Es wird daher nicht angehen, Angaben wie die über die absolute Höhe der für die Denkmalpflege zur Verfügung stehenden staatlichen Kredite und die von Regierungen zentralistisch organisierter Staaten gewährten Subventionsansätze ohne .weiteres mit unseren Verhältnissen in Parallele zu setzen.

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; Was den Prozentsatz der Beiträge anbetrifft, der uns hier in erster Linie beschäftigt, so geht aus den erhaltenen Mitteilungen immerhin hervor, dass in der Mehrzahl der Länder für die von der zentralen Landesregierung gewährten Beiträge kein Maximum festgesetzt ist, dass also diese Beiträge theoretisch, bis zu 100 Prozent ansteigen können und es da und dort auch tun. In. Belgien z.B. beträgt der Ansatz im Maximum 60 Prozent, in den Niederlanden bewegt er sich zwischen 40 und 60 Prozent, in Italien - ohne dass der Beitragsansatz durch ein Gesetz geregelt wäre - praktisch zwischen 33 und 66 Prozent. In Portugal, scheinen die Denkmalpflegearbeiten in der Regel ganz1 auf Kosten von Regierungskrediten durchgeführt, zu werden.

So gut wie überall richtet sich die Höhe des Beitragsansatzes nach der historischen und künstlerischen Bedeutung des betreffenden Denkmals, nach der Art und Dringlichkeit der Restaurationsarbeiten und nach den Mitteln, die aus weiteren Quellen erhältlich gemacht werden können. In Italien wird dazu noch besonders Rücksicht genommen auf das Interesse, das einem Baudenkmal als Ziel des Fremdenverkehrs zukommt -, ein Gesichtspunkt, der auch in unserem Lande von einer gewissen Bedeutung ist.

Eine absolute Begrenzung des Beitragsansatzes auf so niedriger Basis wie gegenwärtig in unserer Bundesgesetzgebung, mit 30 Prozent, ist also offenbar sonst in westeuropäischen Ländern nirgends üblich. Wie eingangs erwähnt, war diese niedrige Fixierung j a auch in der Schweiz nicht von Anfang an vorgesehen, sondern folgte erst später, in kritischer Zeit und als Sparmassnahme. Heute, angesichts der Wachsenden Bedrohung
unserer Denkmäler, scheint eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes geboten. Wir möchten indessen nicht so weit gehen wie das Postulat Gonzett, sondern halten einen Maximalansatz von 50 Prozent für angemessen. Dieser Maximalansatz wäre, die künstlerische und historische Bedeutung eines Objektes vorausgesetzt, nur dann anzuwenden, wenn die Finanzierung der Arbeiten durch die in erster Linie Beteiligten - privater Eigentümer, Gemeinde, Kanton - [besonders grosse Schwierigkeiten bereitet, namentlich wenn sie sonst nicht innert nützlicher Frist sichergestellt werden kann. Es liegt auf der Hand, dass bei solchen Arbeiten, das rechtzeitige Eingreifen wesentlich, ja entscheidend ist; denn Verzögerungen bewirken meist ein Umsichgreifen der Schäden und damit grössere Kosten, wenn die Restaurierung später doch an die Hand genommen wird.

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Selbstverständlich wird, wie bisher schon, in jedem einzelnen Fall so genau wie mögh'ch abzuklären sein, welche Leistungen den andern Beteiligten und Interessierten zuzumuten sind. In Form der Dringlichkeitsliste des Präsidenten der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege ist ein Überblick über die in nächster Zeit fälligen grösseren Kestauriernngen gewonnen. Das Departement des Innern kann, sofern ihm die erforderlichen erhöhten Mittel eingeräumt werden, die Vervollständigung dieser Liste veranlassen und damit den von der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte angeregten Plan auf längere Sicht weiter fördern. Ein solcher Plan wäre dann mit den zuständigen Stellen der Kantone zu bereinigen und eine grundsätzliche Eegelung für die Kostenverteilung anzustreben.

Die geltenden Bestimmungen (Art.4, lit.6, des Bundesbeschlusses von 1950 und Art.l, Abs.l, der Verordnung vom 18. August 1955 über die Förderung der Denkmalpflege durch den Bund [AS 1955, 777]) geben diesem die Möglichkeit, Arbeiten der archäologischen Erforschung, der Ausgrabung und der Aufnahme von Denkmälern ausnahmsweise ganz auf seine Kosten ausführen zu lassen. Diese Regelung drängt sich auf, wenn es z.B. gilt, Wahrnehmungen von archäologischem Interesse, die irgendwo zufällig, etwa beim Ausheben einer Baugrube, gemacht werden, für die Wissenschaft festzuhalten und wenn die Finanzierung solcher Arbeiten rein wissenschaftlichen Charakters innert kürzester Frist gesichert werden nxuss. Diese Ausnahmebestimmung, die also nicht für Beiträge an Kosten der Erhaltung gilt, soll daher weiterhin in Kraft bleiben.

VI.

Mit einer Erhöhung der Beitragsansätze wird auch eine Erhöhung des Denkmalpflege-Kredits unvermeidlich. Durch den Bundesbeschluss vom 28. September 1950 (BEI 1950, III, 174) wurde er auf 250 000 Franken jährlich festgesetzt und ausserdem vorgesehen, dass im Falle besonders grosser Aufwendungen für Einzelobjekte dazu noch ein ausserordentlicher Kredit bewilligt werden könne, wenn die Ausrichtung der andern Beiträge sonst allzu stark beeinträchtigt würde. Von dieser Möglichkeit wurde erstmals 1955, und in den folgenden Jahren wieder, Gebrauch gemacht und auf dem Budgetwege jeweilen eine Erhöhung des Kredits auf 600 000 Franken bewirkt. Das erwies sich als notwendig im Hinblick auf die bedeutenden Summen, die für die Restaurierung von so wichtigen Monumentalbauten wie das Stockalperschloss in Brig, .das Schaffhauser Münster, Stift und Stiftskirche Einsiedehi, die Kathedrale von Lausanne, die ehemalige Abteikirche in Bellelay u. a', bewilligt werden mussten.

Anfangs 1957 betrugen die laufenden Verpflichtungen aus zugesicherten Subventionen rund 2,5 Millionen , Franken. Seit dem I.Januar 1957 wurden 30 neue Beiträge in der Gesamthöhe von rund 400 000 Franken bewilligt, und weitere Gesuche sind in Behandlung. Es sind also nahezu fünf Jahreskredite in der gegenwärtigen Höhe von 600 000 Franken für ratenweise Zahlungen festgelegt, und eine Entlastung ist für die nächste Zeit nicht abzusehen. Im Gegen-

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teil : Soll, gemäss der mehrfach erwähnten Anregung der Finanzdelegation der eidgenössischen Eäte, ein vom Bunde veranlasster Arbeitsplan auf längere Sicht angelegt werden, so entstehen daraus für ihn auch entsprechende Verpflichtungen; denn er wird in den wenigsten Fällen lediglich den Anstoss zur Inangriffnahme von Arbeiten geben können, ohne sich auch an den Kosten zu beteiligen.

Bei teilweise erhöhten Prozentsätzen fallen dann aber auch die Beitragssummen absolut genommen höher aus.

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Aus dem Sachkredit werden im übrigen bei uns zur Zeit nicht nur die Beiträge für Eestaurationen, Ausgrabungen und archäologische Forschungen, sondern auch die Kosten der Kommission,für Denkmalpflege bestritten. Und diese Kosten sind verhältnismässig hoch, weil die Tätigkeit der Kommissionsmitglieder naturgemäss zahlreiche Augenscheine, Beratungen an Ort und Stelle und mitunter sogar die Leitung gewisser Arbeiten mit sich bringt.

Die gegenwärtige Organisation der Denkmalpflege in personeller und administrativer Hinsicht - eine Kommission von:.neun nebenamtlich tätigen Mitgliedern - beruht auf den besonderen Gegebenheiten unseres Bundesstaates, vor allem eben auf der Tatsache, dass die primäre Oberhoheit auf diesem wie auf den übrigen kulturellen Gebieten bei den Kantonen liegt und dass der Bund sich erst verhältnismässig spät, und nur subsidiär, solcher Aufgaben angenommen hat. Allein bei der Entwicklung, die sich abzeichnet und von der oben die Kede war, ist es wohl möglich, dass auf die Dauer mit einem so kleinen Personalbestand nicht mehr auszukommen sein wird. Jedenfalls ist in nächster Zeit mit einer vermehrten Heranziehung von Experten ausserhalb der Kommission zu rechnen.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Schweiz, im Vergleich zu andern Ländern, für ihre Denkmalpflege mit einem ungewöhnlich kleinen Stab von Fachleuten und also mit entsprechend geringfügigen Personalausgaben auskommt -, selbst wenn man die eidgenössischen und die kantonalen Denkmalpfleger zusammenrechnet. Auf unsere Umfrage im Ausland sind uns unter der Eubrik «ständiges Personal» (bei der zentralen Landesregierung) u.a. folgende Zahlen genannt worden: Norwegen 11 Personen, Belgien 13, Niederlande 28, Portugal 46, Österreich 75, Grossbritannien 116, Frankreich 443, Italien 508.

Für die Gehälter dieser Arbeitskräfte stehen
entsprechende Kredite zur Verfügung.: Angesichts der bereits bestehenden Beitragsverpflichtungen, der Aufwendungen, die vorgesehen werden müssen, um den künftigen Erfordernissen - bei erhöhtem Prozentsatz der Beiträge - gerecht zu werden, beim Vergleiche endlich mit den von andern Ländern geleisteten Anstrengungen halten wir die Erhöhung des jährlichen Kredits für Denkmalpflege auf l Million Franken für geboten.

: Unter dem oben (Kapitel V, Abs. 2) angebrachten ATorbehalt lassen wir hier zum Vergleich einige der aus dem Auslande gemeldeten Kreditzahlen - in Schweizerfranken umgerechnet - folgen, wobei es sich überall um reine Sachkredite, unter Ausschluss der Personalkosten, .handelt. Österreich meldet einen

692 jährlichen Kredit von rund 2 Millionen Franken, Portugal 1,3 Millionen Franken, die Niederlande rund 6 Millionen Franken, Italien 9,8 Millionen Franken, Grossbritannien rund 14,5 Millionen Franken, Frankreich rund 43 Millionen Franken.

In dem kleinen Luxemburg beträgt der Kredit 360 000 Franken, in Norwegen, bei nicht beträchtlichem Denkmälerbestand, 290 000 Franken, in Belgien rund 700 000 Franken.

Artikel 3, Absatz 2, des Bundesbeschlusses vom 28. September 1950 sieht vor, dass im Falle besonders grosser Aufwendungen für Einzelobjekte noch ein ausserordentlicher Kredit bewilligt werden könne, wenn die Ausrichtung der andern Beiträge sonst allzu stark beeinträchtigt würde. Sofern nun der ordentliche Kredit auf die von uns vorgeschlagene Höhe gebracht wird, muss, wie wir glauben, diese zusätzliche Bestimmung bis auf weiteres nicht mehr angerufen werden. Es schiene uns aber zweckmässig, sie doch beizubehalten, damit nicht, falls sich die Umstände in entscheidender Weise ändern sollten, die Denkmalpflege unversehens wieder gehemmt ist und der grundlegende Gesetzestext neuerdings den Verhältnissen angepasst werden muss.

VII.

Der Bundesbescliluss vom 30. Juni 1886 «betreffend die Beteiligung des Bundes an den Bestrebungen zur Erhaltung und Erwerbung vaterländischer Altertümer», der die erste Grundlage für die Wirksamkeit des Bundes auf diesem Gebiete bildete, bezog sich zugleich auf bewegliche wie auf unbewegliche Kunstaltertümer ; ein- und derselbe Kredit hatte zugleich für den Ankauf von Sanirnlungsgegenständen und für die Denkmalpflege zu dienen. Im Bundesbeschluss vom 28. September 1950, der den von. 1886 ersetzt, werden dann erstmals auch im Gesetz die beiden Aufgaben, Museumstätigkeit und Denkmalpflege, auseinandergehalten, nachdem die Trennung in der Praxis schon längst vollzogen war. In der zudienenden Botschaft vom 18. November 1949 wird die Entwicklung der Dinge skizziert und gezeigt, wie die Gründung des Schweizerischen Landesmuseums die Bereitstellung gesonderter Kredite einerseits für die Erhaltung und Erwerbung vaterländischer Altertümer (bewegliche Gegenstände, die das Landesmuseum ankauft), anderseits für die Erhaltung historischer Kunstdenkmäler (Immobilien) bedingte. Der Bundesbeschluss von 1950 handelt aber noch von beiden Krediten.

Die Eevision dieses Beschlusses bietet uns nun die Gelegenheit, für die Denkmalpflege einen eigenen Bundesbeschluss zu schaffen. Sie wird damit in der Gesetzgebung endgültig von den Aufgaben des Landesniuseums getrennt, obwohl sich die beiden Tätigkeitsgebiete in gewissen Punkten berühren (das Archiv für Denkmalpflege befindet sich im Landesmuseum). · Statt «Erhaltung historischer Kunstdenkmäler» verwenden wir die für dieses Gebiet im deutschen Sprachbereich geläufige und schon in den Ausführungsbestimmungen zum Bundesbeschluss, der Verordnung vom 18. August 1955, eingeführte Bezeichnung «Denkmalpflege», während im Französischen der

693 ebenso übliche Terminus «conservation des monuments historiques» beibehalten werden muss, Der Entwurf zum neuen Bundesbeschluss übernimmt im wesentlichen, sinngemäss, unter Abänderung der Kredit- und der Prozentsatz-Ziffern, wie sie hier begründet wurde, die Artikel 3 und 4 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1950, die somit aufzuheben wären, während die das Schweizerische Landesmuseum betreffenden Artikel l und 2 dieses Beschlusses vorläufig in Kraft blieben. Im Wortlaut hält sich jedoch der neue Artikel l weniger an den entsprechenden Artikel 4 von 1950, als vielmehr an Artikel l der Verordnung des Bundesrates von 1955, der den Aufgabenbereich der eidgenössischen Denkmalpflege systematischer und klarer umschreibt.

Die Neufestsetzung des Maximalansatzes der Bundesbeiträge bedingt eine entsprechende Änderung der Ausführungsbestimmungen, d.h. insbesondere des Ingresses und des Artikels 9 der Verordnung vom 18. August 1955 über die Förderung der Denkmalpflege durch den Bund.

Wir beantragen Ihnen, das unter Ziffer I aufgeführte Postulat des Nationalrates, Nr. 7133, dem durch diese Botschaft Eechnung getragen ist, abzuschreiben.

Gestützt auf unsere Darlegungen beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Beschlussentwurf zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 4. Oktober 1957.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Streuli Der Bundeskanzler: Ch. Oser

694 (Entwurf)

Bundesbeschluss i

betreffend

die Förderung der Denkmalpflege

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 4. Oktober 1957, beschliesst:

Art. l Der Bund fördert die Denkmalpflege, indem er zum Zwecke der Erhaltung, der archäologischen Erforschung, der Ausgrabung oder der Aufnahme von Denkmälern Beiträge bis zu 50 Prozent der Kosten bewilligt oder ausserordentlicherweise Arbeiten zu solchen Zwecken, mit Ausnahme der Erhaltung, ganz auf seine Kosten ausführen lässt.

2 Ausnahmsweise kann er selbst Denkmäler erwerben und daran Arbeiten der Erhaltung, der archäologischen Erforschung, Ausgrabungen oder Aufnahmen ausführen.

3 Unter Denkmälern im Sinne dieses Beschlusses sind archäologisch, kunsthistorisch oder geschichtlich bedeutsame unbewegliche Objekte oder Bestand teile davon zu verstehen.

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Art. 2 1

Für die Denkmalpflege wird in den Voranschlag der Eidgenossenschaft jährlich ein Kredit von l Million Franken eingestellt.

2 Im Falle besonders grosser Aufwendungen für Einzelobjekte kann, wenn die Ausrichtung der andern Beiträge sonst allzu stark beeinträchtigt würde, noch ein ausserordentlicher Kredit bewilligt werden.

Art. 3 Dieser Beschluss hebt alle früheren, ihm widersprechenden Bestimmungen auf und ersetzt die Artikel 3 und 4 des Bundesbeschlusses vom 28. September

695 1950 betreff end: den Kredit für Erhaltung und Erwerbung vaterländischer Altertümer und den Kredit für Erhaltung historischer Kunstdenkmäler.

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Art. 4 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Be: schlusses.

; ' 2 Er wird mit dessen Vollzug beauftragt.

3 'Der Bundesrat wird beauftragt, gemäss Artikel 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranlassen.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Förderung der Denkmalpflege (Vom 4. Oktober 1957)

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