#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

53. Jahrgang. II.

Nr. 12,

# S T #

20. März 1901.

Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über

seine Geschäftsführung im Jahre

1900.

F. Justiz- und Polizeidepartement.

A. Gesetzgebung und Rechtspflege.

I. Bundesgesetzgebung.

1. S c h w e i z e r i s c h e s C i v i l g e s e t z b u c h . Auf dea Zeitpunkt des Zusammentrittes der Bundesversammlung zu ihrer ordentlichen Wintersession erschien der Vorentwurf des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes zu einem schweizerischen Civilgesetzbuch, enthaltend das Personen- und Familienrecht, Erbrecht und Sachenrecht, samt einer vorläufigen Übersicht über die aufzunehmenden Titel des Obligationenrechtes.

Wir verweisen über den Gang der Vorberatungen auf die Übersicht der Vorarbeiten auf S. 303 ff. des Vorentwurfes und bemerken, daß im Berichtsjahre im April in Luzern das Erbrecht durch eine Departementalkommission, bestehend aus den Herren Oberrichter G. Honegger in Zürich, Prof. Dr. Alfred Martin in Genf, Prof. Dr. Virgil Rössel in Bern, Prof. Dr. Albert Bundesblatt. 53. Jahrg. Bd. II.

l

Schneider in Zürich, dem Redaktor Herrn Prof. Dr. E. Iluber iiiBern und dem Abteilungschef für Gesetzgebung und Rechtspflege, Prof. A. Reichel, unter dem Vorsitze des Departementschefs, Herr Bundesrat Dr. Brenner, durchberaten wurde.

Der ganze französische Text wurde sodann in einer Übersetzerkonferenz im Monat September in Delsberg, an welcher die Herren Regierungsrat Dr. Gobat in Bern, Prof. Dr. Mentha in Neuenburg, Prof. Dr. V. Rössel in Bern, der Redaktor Prof, Dr. E. Huber und der Abteilungschef für Gesetzgebung und.

Rechtspflege, Prof. A. Reichel, teilnahmen, bereinigt, an welche sich noch eine dreitägige Schlußkonferenz im Monat November in Bern anschloß.

2. Zum S t r a f r e c h t e erwarten wir noch die Motive des speciellen Teiles, welche der Redaktor, Herr Prof. Dr. Stooß in Wien, einzureichen durch Amtsgeschäfte verhindert war.

3. Veranlaßt durch eine Eingabe des Schweizerischen Vereins für Straf- und Gefängniswesen, vom Mai 1900, erließ das Departement am 23. Mai ein Kreisschreiben an sämtliche Kantonsregierungen, um sich Material zu verschaffen zur Feststellung der Bedingungen und des Unifanges der in Art. 64 bis der Bundesverfassung vorgesehenen Beiträge des Bundes an den kantonalen Strafvollzug und die Einrichtungen zum Schütze verwahrloster Kinder.

Das Kreisschreiben ersuchte um Angabe folgender Daten: a. die Zahl der verwahrlosten Kinder und die zu ihrem Schütze bestehenden Einrichtungen ; b. die Zahl der infolge richterlichen Urteils eine Strafe verbüßenden fehlbaren Personen im jugendlichen Alter, mit Angabe der Anstalten, in welchen dieselben nach den verschiedenen Altersstufen ihre Strafe verbüßen ; c. die Zahl der irren Verbrecher mit Angabe der Anstalten, in welche dieselben eventuell untergebracht werden; d. die Zahl der zum Zwecke des Strafvollzuges bestehenden Anstalten im Kanton und die in denselben vollzogenen Strafarten mit Einschluß der Zwangsarbeitsanstalten und Trinkerasjle, sowie die Zahl der in den letztgenannten Anstalten untergebrachten Personen; e. die Zahl der in außerkantonalen Strafanstalten untergebrachten Personen, sowie der bedingt Entlassenen.

Dem Kreisschreiben wurde ein ausführlicher Fragebogen über die einzelnen in Betracht kommenden Verhältnisse beigelegt.

Ende 1900 standen noch die Antworten von drei Kantonen aus.

e. Das durch die Motion Heller im Jahre 1897 angeregte B u n d e s g e s e t z b e t r e f f e n d E r l e i c h t e r u n g d e r Ausübung dos Stimmrechtes und Vereinfachung des W a h i V e r f a h r e n s ist von der Bundesversammlung am 30. Mürz erlassen und nach Ablauf der Referendumsfrist vom Bundesrat auf den 13. Juli in Kraft erklärt worden.

5. Bei Gelegenheit der Prüfung des Geschäftsberichtes pro 1899 wurde folgendes Postulat der nationalrätlichen Kommission erheblich erklärt: Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht das Bundesgesetz betreffend die Verpflichtung zur Abtretung von Privatrechten revidiert werden soll.

Das Departement ersuchte das Bundesgericht, das ihm schon im Jahr 1893 ein Gutachten über Revision dieses Gesetzes erstattet hat, um Ergänzung seines frühern Gutachtens mit Hinblick auf die im Nationalrat für das Postulat gegebene Begründung. -- Auch wurden das Post- und Eisenbahndepartenient und dasjenige des Innern, welche nicht selten in der Lage sind, die praktische Anwendbarkeit dieses Gesetzes zu erproben, um Ansichtsäußerung ersucht. Die sämtlichen Berichte stehen aber noch aus.

Eine Revision des Gesetzes drängt sich um so mehr auf, als in dem bei der Bundesversammlung in Beratung liegenden Gesetze betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen das Expropriationsrecht den Eigentümern von elektrischen Starkstromanlagen und den Bezügern von elektrischer Energie eingeräumt werden soll und man bei Gelegenheit der Revision des Expropriationsgesetzes sämtliche eidgenössische Bestimmungen über Expropriation einheitlich zusammenfassen könnte.

Wir werden deshalb bestrebt sein, diese Revision mit möglichster Beförderung zum Abschlüsse zu bringen.

6. Die Herren Nationalräte Decurtins, Schmid (Uri) und Ming haben am 29. Juni 1899 folgende Motion eingereicht: Der Bundesrat wird eingeladen, zu prüfen und zu berichten, ob nicht die Bestimmungen des Obligationenrechts über die Dienstmiete (XI. Titel) in der Weise zu ergänzen seien, daß

dem Dienstberechtigten zur ausdrücklichen und besondern Pflicht gemacht wird, den Dienstpflichtigen gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sittlichkeit möglichst zu sichern und denselben in der Ausübung der bürgerlichen und religiösen Pflichten und Rechte nicht zu beeinträchtigen.

Diese Motion wurde in der Dezembersession der Bundesversammlung zurückgezogen, nachdem der vom Bundesrat hierzu ermächtigte Vorsteher des Departementes die Erklärung abgegeben hatte, daß die von den Motionsstellern angeregte Frage bei der Revision des Obligationenrechtes im Entwürfe des schweizerischen Civilgesetzbuches Berücksichtigung finden werde.

7. Das von den Herren Nationalräten Rössel, Calame-Colin, Hilty, Iselin und v. Planta bei Gelegenheit des Geschäftsberichtes des Justiz- und Polizeidepartements pro 1898 gestellte Postulat: Der Bundesrat wird eingeladen, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die strikte Ausführung des Art. 35 der Bundesverfassung (Verbot der Spielbanken) zu sichern, wurde am 20. März durch Beschluß des Nationalrates abgelehnt.

8. Die von Herrn Nationalrat Dr. Muri im Jahre 1899 gestellte Motion : Der Bundesrat wird eingeladen, die Frage zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht aus Rücksichten auf das öffentliche Wohl in Ausführung des Art. 35, Absatz 3, der Bundesverfassung ein Bundesgesetz betreffend den Vertrieb von Lotterie- und Prämienlosen zu erlassen sei, wurde vom Nationalrat am 30. Juni erheblich erklärt, nachdem der Bundesrat durch den Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartementes sich bereit erklärt hatte, zu prüfen, ob schon vor Erlaß des schweizerischen Strafgesetzbuches auf dem Wege eines Bundesgesetzes für die vom Motionssteller hervorgehobenen Übelstände Abhülfe geschaffen werden könne.

Das Departement hat in Ergänzung eines im Jahr 1893 erlassenen Kreisschreibens ein neues Kreissehreiben an die Kantone gerichtet, in welchem um Mitteilung der seit dem Jahre 1893 in der Lotteriegesetzgebung eingetretenen Änderungen in der kantonalen Gesetzgebung ersucht wurde. Die Antworten der Kantone sind im Berichtsjahre sämtlich eingegangen.

II. Internationales Recht.

1. Im Geschäftsbericht pro 1899 erwähnten wir gewisser Unzukömmlichkeiten, welche durch das Inkrafttreten der internationalen Übereinkunft betreffend Civilprozeßrecht vom 21. Juni 1898 für das Prozeßrecht der Kantone entstanden sind. Das Ende 1899 erlassene hierauf bezügliche Kreisschreiben ist von sämtlichen Kantonen beantwortet worden, welche sich in ihrer Mehrzahl für den Abschluß eines Konkordates erklärt haben.

2. Der im Geschäftsbericht pro 1899 erwähnte Anstand mit Österreich-Ungarn betreffend Kosten der Übersetzung bei Zustellungen ungarischer Aktenstücke auf Grund des internationalen Übereinkommens über Prozeßrecht ist, ohne Anerkennung der Begründetheit des von der kaiserlich-königlichen österreichischungarischen Regierung eingenommenen Standpunktes, durch einen vorläufigen, jederzeit bedingungslos wiederruflichen modus vivendi dahin geregelt worden : ». Den Aktenstücken ist in der Regel keine Übersetzung beizugeben.

b. In der das Aktenstück übermittelnden Note sind die Person, welcher, und der Ort, wo zugestellt werden soll, mit möglichster Genauigkeit zu bezeichnen, und soll der Inhalt des Aktenstückes kurz mitgeteilt werden.

c. Wird eine Übersetzung verlangt, so ist dieselbe nach dem Vorschlag des königlich ungarischen Justizministeriums von der die Zustellung beantragenden auf Kosten der die Zustellung bewirkenden Regierung zu liefern.

3. Am 29. Mai trat im Haag die durch die Initiative der königlich niederländischen Regierung angeregte dritte Konferenz für internationales Privatrecht zusammen. Der Bundesrat war an derselben, wie an den frühern Konferenzen, vertreten durch die Herren Prof. Dr. Meili in Zürich und Dr. B. Roguin in Lausanne.

Das vom 18. Juni datierende Schlußprotokoll enthält Entwürfe für vier internationale Konventionen betreffend Eheschließung, Ehescheidung und Trennung von Tisch und Bett, Vormundschaft über Minderjährige und Erbrecht (Erbfolge, Testamente und Schenkungen von Todes wegen). Der Bundesrat wird im Laufe des nächsten Jahres der Bundesversammlung die Entwürfe, welche die königlich niederländische Regierung mit der Anfrage, ob die schweizerische Eidgenossenschaft den vorgeschlagenen Verträgen beitreten wolle, einbegleitet hat, mit seinen Anträgen vorlegen.

4. Mit Österreich-Ungarn wurde eine noch das Datum vom 30. Dezember 1899 tragende Erklärung betreffend den direkten Verkehr der beiderseitigen Gerichtsbehörden in Civil- und Strafsachen ausgetauscht. Dieselbe bezieht sich aber für Österreich nur auf die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder.

5. Eine ähnliche Erklärung betreffend den direkten gerichtlichen Verkehr wurde am 29. November mit dem Königreiche Belgien vereinbart. Dieselbe bezieht sich aber nur auf Übermittlung gerichtlicher oder außergerichtlicher Urkunden und Rogatorieu in Civil- und Handelssachen.

6. Durch den Abschluß der internationalen Übereinkunft über Prozeßrecht, der sowohl Italien als die Schweiz angehören, ist das zwischen beiden Ländern bestehende Specialübereinkommen vom 8. November 1882 betreffend Bewilligung des Armenrechtes gegenstandslos geworden; der schweizerische Gesandte in Rom erhielt deshalb Auftrag zur Aufkündung dieses Übereinkommens, welchem er mit Note vom 12. Oktober 1900 nachkam. Das Übereinkommen wird also, da die Kündungsfrist ein Jahr beträgt, am 12. Oktober 1901 außer Kraft treten.

7. Von den zahlreichen vom Departement behandelten Fragen internationalen Rechtes erwähnen wir folgende : a. Eine Anfrage einer Zürcher Firma über Exekution eines Schiedsgerichtsurteiles in Ungarn beantworteten wir nach Einholung eines Berichtes der schweizerischen Gesandtschaft in Wie» dahin, daß die königlich ungarische Legislative prinzipiell die Vollstreckbarkeit der ausländischen Urteile anerkennt, dieselbe aber vom Vorhandensein der Reciprocität abhängig macht. Da die Reciprocität mit dem Kanton Zürich nicht verbürgt sei, so vermöchten die ungarischen Gerichte die im Kanton Zürich erlassenen Schiedsgerichtsurteile nicht zur Vollstreckung zu bringen.

b. Eine ähnliche Anfrage aus Basel über Exequierung eines schweizerischen Urteils in Belgien beantworteten wir mit Hinweis auf das belgische Gesetz vom 25. März 187(>, wonach die Gerichte erster Instanz über die Vollzichbarkeit eines ausländischen Urteils entscheiden. Dabei haben dieselben nur folgende Fragen zu untersuchen : 1. Si la décision ne contient rien de contraire à Tordre public ni aux principes de droit public belge.

2. Si, d'après la loi du pays, où la décision a été rendue, elle a passée en force de chose jugée.

3. Si, d'après la même loi, l'expédition, qui en est produite ïéunit les conditions nécessaires à son authenticité.

4. Si les droits de la défense ont été respectés.

5. Si le tribunal étranger n'est pas uniquement compétent à .raison de la nationalité du demandeur.

c. Eine Anfrage des Justiz- und Polizeidepartements des Kantons Wallis, ob dem Art. 284 des Schuldbetreibungsgesetzes internationale Bedeutung zukomme in dem Sinne, daß ein in der Schweiz wohnender Miet- oder Pachtzinsgläubiger das Verfolgungsrecht auf heimlich fortgeschaffte, aber dem Retentionsrecht unterliegende Gegenstände auch über die Landesgrenze hinaus ausüben könne, haben -wir im verneinenden Sinne beantwortet. Wir gingen dabei von der Ansicht aus, daß das in den verschiedenen Gesetzgebungen dem Miet- oder Paehtzinsgläubiger eingeräumte Retentionsrecht, gesetzliche Pfandrecht oder Privileg so specieller Natur ist, daß es im internationalen Verkehr kaum gleichmäßige Anwendung finden kann.

III. Gewährleistung von Kantonsverfassungen.

. 1. Durch Bundesbeschluß vom 23. Juni 1900 (A. S. n. F.

XVIII, S. 96 f., Bundesbl. 1900, III, S. 253 ff.) wurde einer Revision von Art. 81 der Verfassung des Kantons Uri vom 6. Mai 1888 die eidgenössische Gewährleistung erteilt. Der Eingang besagten Artikels, lautend : ,,Der Schulrat besteht aus dem Präsidenten, Vizepräsidenten und einem Mitglied, nebst Sekretär"1, wurde durch Landsgemeindebeschluß vom 6. Mai 1900 dahin abgeändert: ,,Der Schulrat besteht aus dem Präsidenten, Vizepräsidenten und einem bis drei Mitgliedern, nebst Sekretär.tt 2. Die Bundesversammlung hat durch Schlußnahme vom 8./2l. Dezember 1899 den § 95 der revidierten Verfassung des Kantons S c h w y z , vom 23. Oktober 1898, lautend: ,,In denjenigen Bezirken, welche nicht in Gemeinden eingeteilt sind, gelten die obigen Bestimmungen" (über die Kompetenzen der Gemeindeversammlung, Stimmrecht und Wahlart in derselben) ,,in analoger Weise für die Bezirksgemeindeversammhmg,a als dem Art. 4 der Bundesverfassung widersprechend erklärt.

Deu 11. März 1900 hat der eidgenössische Stand Schwyz, in

8 Nachachtung des obgenannten Bnndesbeschlusses, eine partielleRévision der neuen Verfassung vorgenommen, lautend : I. ,,Der § 71 der Kantonsverfassung vom 23. Oktober 1898 wird abgeändert wie folgt : B i s h e r i g e Fassung.

§ 71,

Die Bezirksgemeinde versammelt sich ordentlicherweise jähr lieh am ersten Sonntag im Mai ; außerordentlicherweise so oft sie vom Bezirksrat zusammenberufen wird, oder so oft es ein Fünftel der stimmfähigen Bürger unter Angabe des Grundes vom Bezirksrat verlangt.

N e u e Fassung.

§ 71.

Erstes Alinea gleich wie der bisherige § 71.

Als zweites Alinea neu : Die Abstimmungen und Wahlen der Bezirksgemeinden erfolgen in der Regel durch offenes Handmehr ; es bleibt aber den Bezirken freigestellt, für die ihnen zustehenden Wahlen das Urnensystem einzuführen. Die Beschlussesfassung hierüber hat durch geheime Abstimmung zu erfolgen und bleibt so lange in Kraft, als durch geheime Abstimmung mit Mehrheit der Stimmende n nicht das Gegenteil beschlossen wird. Eine solche Abstimmung hat zu erfolgen, wenn ein Fünftel der Stimmfähigen schriftlich beim Regierungsrat ein daheriges Begehren stellt. Die geheimen Abstimmungen finden in analoger Weise wie für die Kantonsratswahlen statt. Die diesfalls nötigen weitern Anordnungen erfolgen durch den Regierungsrat.

II. Ü b e r g a n g s b e s t i m m u n g e n .

,,Die vorstehend enthaltene Abänderung an der bestehenden Verfassung ist dem Volke zur Annahme oder Verwerfung vor/ulegen. Mit Annahme derselben durch die Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmberechtigten tritt sie sofort in Kraft und ist der Regierungsrat mit der Vollziehung und mit der Einholung der eidgenössischen Gewährleistung für diesen revidierten § 71, sowohl als für den in der Verfassungsrevision vom 23. Oktober 1898 angenommenen § 95 beauftragt."

9-

Durch Botschaft vom 4. Mai 1900 hat Ihnen der Bundasrat Gewährleistung dieser partiellen Revision und damit auch des § 95 der Verfassung vom 23. Oktober 1898 beantragt, von der Erwägung ausgehend: ,,Die Frage, ob durch Einführung des aeuen Alinea (2) in § 71 der schwyzerischen Verfassung vom 23. Oktober 1898 die beanstandete Verfassungswidrigkeit des § 95 gehoben sei, ist zu bejahen. Dadurch, daß in den Abschnitt über das Wahlverfahren in der Bezirksgemeinde, §§ 70 ff., die Bestimmung, welche sich in § 90, Absatz 4, über das Verfahren in der Gemeindeversammlung (Kirchgemeinde) ausspricht, wörtlich hinübergenommen wird, ist die vom Bunde nicht gewährleistete Sonderstellung der Bezirksgemeinden, welche nicht in Gemeinden eingeteilt sind, sondern nur aus e i n e r solchen bestehen, aufgehoben worden. Es kann also § 95, welcher die Bestimmungen der §§ 90 ff. für diejenigen Bezirke, welche nicht in Gemeinden eingeteilt sind -- Gersau, Einsiedeln und Küßnacht -- in analoger Weise auf die Bezirksgemeindeversammlung anwendbar erklärt, nicht mehr als bundesverfassungswidrig, die Rechtsgleichheit verletzend bezeichnet werden; dieselben Befugnisse sind nun auch den ändern Bezirksgemeinden ausdrücklich gar an ti er t. "· (Bundesbl. 1900, II, S. 849 ff.")

Durch Bundesbeschluß von 9./2l. Juni 1900 haben Sie diesem Antrag Ihre Zustimmung erteilt. (A. S. n. F. XVIII, S. 98 f.)

IT. Genehmigung kantonaler Gesetze durch den Bundesrat.

1. Auf Grund von Art. 43, Absatz 6, der Bundesverfassung erteilten wir den l. Juni 1900 dem Gesetze des Kantons W a a d t über die Fremden, vom 12. Mai 1900, soweit dasselbe Bestimmungen über die Niederlassung von Schweizern enthält, die bundesrätliche Genehmigung.

Die wesentlichen Bestimmungen des Gesetzes sind folgende : ,,Fremde11 sind die kantonsfremden Schweizerbürger und die Ausländer. Das Gesetz verlangt für diejenigen unter ihnen eine Niederlassungsbewilligung, welche im Kanton Waadt sich aufhalten oder niederlassen wollen; ausgenommen sind Durchreisende oder Aufenthalter für ganz kurze Zeit. Dem Gesuche um Ausstellung einer Niederlassungbewilligung ist ein die Nationalität des Fremden konstatierendes Aktenstück beizulegen. Das Gebührenmaximum für die Niederlassungsbewilligung beträgt fünf.

10

für Domiziländeruug im Kanton einen Franken. Das kantonale Justiz- und Polizeidepartement kann die Niederlassungsbewilligung widerrufen (Art. 12) : a. wenn die hinterlegten Aktenstücke nicht in Ordnung oder ungenügend sind ; b. wenn der Fremde der öffentlichen Wohlthätigkeit zur Last fällt.

Der letzterwähnten Bestimmung wurde die buudesrätliche Genehmigung nur unter ausdrücklicher Verweisung auf Art. 20 des Gesetzes erteilt, welcher den Vorbehalt sanktioniert, daß der kantonsfremde Schweizer nur ausgewiesen werden könne, wenn einer der im Art. 45 der Bundesverfassung erwähnten Gründe vorliegt.

2. Über den Stand der kantonalen Gesetzgebung betreffend den Handel mittelst des sogenannten Gella-, Hydra-, Lawinenöder Schneeballsystems (vgl. die nachfolgenden Rekursentscheide des Bundesrates) erkundigte sich das eidgenössische Justizdepartement bei sämtlichen Kautonen durch Kreisschreiben vom 10. März 1900. Ein Genehmigungsrecht der bezüglichen kantonalen Erlasse besitzt der Bundesrat nicht.

V. Schuldbetreibung und Konkurs.

In Anwendung von Art. 62 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 11. April 1889, wurde in zwei Fällen die Wohlthat des allgemeinen Rechtsstillstandes gewährt, in einem Falle aber verweigert.

.ige 1. Mit Zuschrift vom 19. Januar 1900 teilte der Regierungsrat des Kantons Aargau dem Bundesrate mit, daß der Gemeinderat von O b e r r ü t i mit Rücksicht auf die in der Gemeinde herrschende Maul- und Klauenseuche die Bewilligung eines Rechtsstillstandes nachgesucht habe ; das Gesuch werde vom Bezirksamte Muri unterstützt ; der Regierungsrat empfehle ebenfalls dessen Bewilligung. Dieselbe erfolgte durch Bundesratsbeschluß vom 16. Februar 1900 unter Zugrundelegung folgender Erwägungen : Maul- und Klauenseuche fällt, wie der Bundesrat schon mehrfach entschieden hat (vgl. Geschäftsbericht des Justizdepartements für 1898, V, Ziffer 2 und 3, Bundesbl. 1899, I, S. 359), unter don Begriff der im Art. 62 des Betreibungsgesetzes erwähnten Epidemien. Ausbruch und Verbreitung der Seuche in erheblichem Muße in der Gemeinde Oberrüti ergiebt sich zur Genüge aus den Akten 05 verseuchte Ställe mit 121 Stück Groß- und 14 Stück Klein-

11 vieh). Gegen mehrere von der Seuche betroffene Personen sind Betreibungen hängig ; die kantonale Behörde bestätigt, daß die Betroffenen infolge der durch die Seuche erfolgten Verkehrsstörung in die Unmöglichkeit versetzt sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen ; daraus erhellt, daß größere Teile der Gemeindebevölkerung von den' Wirkungen der Kalamität betroffen sind.

Freilich kann der Bundesrat nicht, wie die kantonale Regierung anzunehmen scheint, den Rechtsstillstand - beschließen, sondern aus dem Wortlaut des Gesetzes geht hervor, daß die kantonale Regierung den Beschluß auf Rechtsstillstand faßt, den der Bundesrat nur zu genehmigen hat. Es steht aber nichts entgegen, daß der Bundesrat seine Genehmigung auf Anfrage der kantonalen Regierung auch aussprechen kann, bevor die kantonale Regierung ihren Beschluß gefaßt hat.

2. Unter Bezugnahme auf obigen Beschluß wurde auch der Rechtsstillstand für die Gemeinde B a l l w i l , Luzern, genehmigt (Bundesratsbeschluß vom 16. März 1900). In dieser Gemeinde waren 17 Ställe mit 350 Stück Vieh verseucht und Pfandverwertungen hätten nicht ohne Verletzung der sanitätspolizeilichen Verfügungen stattfinden können ; auch hier maßte in hohem Maße auf die durch Verhängung des Stallbannes bewirkte Verkehrsstörung ,,Rücksicht genommen werden.

3. Der Regierungsrat des Kantons Bern beschloß den 6. Januar 1900: ,,Denjenigen Personen, deren im Gemeindebezirk Thörigen befindlicher Viehstand von der Maul- und Klauenseuche betroffen ist oder noch betroffen wird, ist, vorbehaltlich der bundesrätlichen Genehmigung, ein Rechtsstillstand bis Ende März, vom Zeitpunkt der Eröffnung dieses Beschlusses an gerechnet, bewilligt.a Der Bundesrat verweigerte durch Schlußnahme vom 26. Januar 1900 seine Genehmigung, mit folgender Motivierung : Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche fällt unter den Begriff der ,,Epidemie". Und zwar ist bisher immer angenommen Worden, daß entweder schon Betreibungen hängig sind, oder daß die Gefahr dringend bevorsteht, daß also eine auf eine größere Zahl von Personen sich erstreckende finanzielle Notlage nachgewiesen sein muß. Dieses zweite Moment ist im vorliegenden Falle nicht nachgewiesen ; alle aktenmäßigen Thatsachen sprechen vielmehr dafür, daß nur eine einzige Person in der Gemeinde Thörigen infolge der Maul- und Klauenseuche sich in finanzieller Notlage befindet, welche aber nicht einzig durch die Seuche verursacht wurde, sondern zum Teil schon vorhanden war. Zu gunsten e i n e r

12

Person kann aber nicht ein auf ganze Bevölkerungskreise, also eine Mehrzahl von Personen ausgedehnter Rechtsstillstand bewilligt werden. Das Institut der Stundung für eine Person durch Privileg des Landesherrn, welches das gemeine Recht kannte, hat das schweizerische Betreibungsrecht nicht aufgenommen.

VI. Civilstand und Ehe.

1. Die in Art. 12 des Bundesgesetzes vom 24. Dezember 1874 geforderten B e r i c h t e der kantonalen Regierungen über die I n s p e k t i o n der C i v i l s t a n d s ä m t e r und die A m t s f ü h r u n g der Ci vi l s t a n dsb e am t en sind für das Jahr 1899 zum Teil sehr verspätet eingegangen (der letzte am 22. Januar 1901). Da eine verspätete Berichterstattung im Hinblick auf die durch den Bundesrat nach Erfordernis anzuordnen Maßnahmen ihrem Zwecke nicht mehr völlig zu dienen vermag, so sprechen wir hiermit neuerdings den Wunsch aus, die in Frage kommenden kantonalen Amtsstellen möchten die Berichte künftig w e n i g s t e n s i n n e r h a l b der e r s t e n d r e i M o n a t e des auf die Inspektion folgenden Jahres einsenden.

Von den zahlreichen W e i s u n g e n , zu welchen die diesmalige Berichterstattung Anlaß bot, erwähnen wir die folgenden : a. Eine A b k ü r z u n g de r P e r s o n e n - und der F a m i l i e n n a m e n , die im Hinblick auf den Art. (i des Civilstandsgesetzes überhaupt unzulässig ist, kann nicht mit angeblichem Mangel an Raum im Vordruck der Register und der Auszüge aus denselben entschuldigt werden, da es gestattet ist, Z w i s c h e n l i n i e n anzubringen (Nummer 36 der Anleitung im Handbuch für die Civilstandsbeamten").

b. Was die V o r w e i s u n g der G e b u r t s s c h e i n e behufs V o r n a h m e der V e r k ü n d u n g anbelangt, so sind die §§ 30 und 31 des Réglementes für die Führung der Civilstandsregister vom 20. Herbstmonat 1881 und die Nummer 144 der Anleitung im ,,Handbuch" zu beobachten.

c. In dem Berichte von N i d w a l d e n ist eine T o d e s e r k l ä r u n g erwähnt, die seitens der Kantonsregierung am 14. Dezember 1899 über fünf Arbeiter eines Schiffmeisters in Buochs, die wahrscheinlich am 9. gleichen Monats mit dem Motorschiff ,,Flora" verunglückt sind, ausgesprochen worden ist. Gegenüber dieser Todeserklärung haben wir auf den Entscheid vorwiesen,

13

welchen der Bundesrat am 4. Februar 1896 über einen Rekurs des Civilstandsamtes Castagnola in einem ähnlichen Unglücksfall gefaßt hat (Bundesbl. 1896, I, 1014 und II, 27, Ziffer 23).

d. Eine kantonale Aufsichtsbehörde mußte daran erinnert werden, daß bei L e g i t i m a t i o n e n , welche eine B ü r g e r r e c h t s ä n d e r u n g zur Folge haben, in das Geburtsregister des neuen Bürgerortes eine eigene Eintragung gemacht werden muß. Der § 42 des Réglementes für die Führung der Civilstandsregister ist in dieser Hinsicht unvollständig, wird aber ergänzt durch die Nummer 88 der Anleitung im ,,Handbuch"1 (zu vergi, ist Bundesbl. 1891, II, 549, Ziffer 8).

e. Eine andere kantonale Aufsichtsbehörde hatte einen Civilstandsbeamten dahin verständigt, daß er anläßlich der von einem Bürger seines Kreises in Italien beabsichtigten Eheschließung das erforderliche ,,nulla ostaa-Zeugnis ohne vorherige Verkündung der Ehe ausstellen dürfe, sobald er völ ig sicher sei, daß kein Ehehindernis vorliege. Dem gegenüber haben wir darauf aufmerksam gemacht, daß in a l l e n F ä l l e n die V e r k ü n d u n g der Ausstellung des ,,nulla ostaa-Zeugnisses vora u s z u g e h e n h a't und daß aus diesem Grunde in der einschlägigen schweizerisch-italienischen Übereinkunft vom 23. September 1899 (A. S. n. F. XVII, 370) die Bestimmung aufgenommen worden ist, das ,,nulla ostaa-Zeugnis sei von dem Civil.standsbeamten auf dem Verkündschein anzubringen.

2. Das Fragenschema für die von den kantonalen Regierungen gemäß Art. 12 des Bundesgesetzes über Civilstand und Ehe alljährlich anzuordnenden Inspektionen über die A m t s f ü h r u n g der C i v i l s t a n d s b e a m t e n ist hinsichtlich des Z u s t a n d e s und der A u f b e w a h r u n g der a l t e n (vor 1876 geführten) und der n e u e n (seit 1876 bestehenden) C i v i l s t a n d s r e g i s t e r nicht erschöpfend genug gehalten.

Wir haben deshalb die kantonalen Regierungen mit Kreisschreiben vom 9. August ersucht, anläßlich der ordentlichen Inspektionen pro 1900 den mit denselben betrauten Beamten den Auftrag zu erteilen, für jeden einzelnen Civilstandskreis über den B e s t a n d , den Z u s t a n d und die A u f b e w a h r u n g der alten und n e u e n Personenstandsregister und der Doppel der neuen Register einen einläßlichen, besondern Bericht zu erstatten.

14

Soweit hierbei die vor dem 1. Januar 1876 geführten Register in Frage kommen, legten wir einen Entwurf und ein Muster zu dem von uns gewünschten Verzeichnis bei.

Hinsichtlich der neuen Register und der gemäß Art. 2 des eidgenössischen Civilstandsgesetzes der zuständigen kantonalen Behörde alljährlich abzuliefernden Register-Doppel verlangten wir namentlich über folgende Punkte Auskunft: a. über die Vollständigkeit der Bände und der deponierten Doppel, beziehungsweise über vorhandene Lücken und deren Ursachen : b. über die Qualität des verwendeten Papiers; c. ,, Lesbarkeit und Deutlichkeit der Einträge ; d. ,, die Beschaffenheit und Haltbarkeit der Einbände ; e. ob die Räumlichkeiten, in denen die Register und die Doppel aufbewahrt werden, zweckdienlich sind.

Die weitere Behandlung dieser Angelegenheit fällt in das laufende Jahr.

3. Auf den 1. Januar 1901 sind im Kanton A a r g a u die folgenden Civilstandskreise miteinander vereinigt worden : A l t e n b u r g und B r u g g zu dem Civilstandskreis B r ü g g; N i e d e r w y l und N e s s e l n bja c h zu dem Civilstandskreis N i e d e r w y 1; B a l z e n w y l und R y k e n zu dem Civilstandskreis M u r g e n thaï; S t a f f e l b a c h und Wittw'yl zu dem Civilstandskreis Staffelbach.

Im Kanton N e u e n b u r g ist auf den 1. Mai 1900 der Civilstandskreis Les E p l a t u r e s aufgehoben und mit demjenigen von La C h a u x - d e - F o n d s verschmolzen worden.

4. Den Aufsichtsbehörden der Kantone F r e i b u r g und G e n f haben wir auf Anfrage mitgeteilt, daß es durchaus in ihrem Ermessen stehe, die F a m i l i e n b ü c h l e i n obligatorisch einzuführen und den Civilstandsbeamten für die Eintragungen eine mäßige Gebühr zu bewilligen. Wir haben dabei daran erinnert, daß die Vorschrift der unentgeltlichen Nachführung dieser Büchlein, die auf dem Titelblatte der den Civilstandsbeamten seiner Zeit zugestellten Musterexemplare abgedruckt war, durch Beschluß des Bundesrates vom 7. September 1886 aufgehoben worden ist und

15 daß die eidgenössische Aufsichtsbehörde die Einführung der Fa milienbüchlein stets warm empfohlen hat.

5. Eine Bürgerin des Kantons Zug hatte am 26. März 1892 zu Héricourt (Frankreich) ein Mädchen geboren, das von dem dortigen Civilstandsbeamten auf die Anzeige des Vaters, eines angeblich aus Mailand stammenden Italieners, auf dessen Namen und als dessen und der fraglichen Frau eheliches Kind in das Geburtsregister eingetragen wurde. In die Heimat zurückgekehrt, gab die Mutter des Kindes zu, daß sie mit dem betreffenden Italiener nicht verheiratet gewesen sei. Nachforschungen nach dem Vater des Kindes in Mailand blieben erfolglos. Unter diesen Umständen erklärte sich die Heimatgemeinde der Mutter bereit, das Mädchen als Gemeindebürgerin anzuerkennen. Schwierigkeiten bereitete dabei nur die richtige Eintragung in das Geburtsregister. Diese wurde erzielt dadurch, daß auf den Rat des Departementes das Kind zunächst unter dem unrichtigen Namen eingetragen wurde. An dem hierdurch im Kanton Zug geschaffenen Gerichtsstande wurde dann durch die Staatsanwaltschaft der Stand des Kindes angefochten und durch Urteil des Kantonsgerichtes der richtige Stand des Kindes hergestellt.

6. a. Das Justizdepartement des Kantons N e u e n b u r g verlangte Auskunft über den Beginn der in dem Artikel 28 des Civilstandsgesetzes für g e s c h i e d e n e F r a u e n vorgesehenen W a r t e f r i s t . Die Antwort lautete, daß diese Frist erst mit dem Tage beginnt, an welchem das Ehescheidungserkenntnis in letzter Instanz in Rechtskraft erwachsen ist. (Zu vergleichen sind die Nummer 136 der Anleitung im ,,Handbuch11 und die Ziffer 9 der Abteilung Civilstand und Ehe im Geschäftsberichte für das Jahr 1899 [Bundesbl. 1900, I, 795].)

b. Wenn zunächst auf Scheidung zu Tisch und Bett erkannt und zwei Jahre darauf die definitive Scheidung ausgesprochen worden ist, so ist die Wartefrist in gleicher Weise vom Inkrafttreten des definitiven Scheidungsurteils zu berechnen. (Antwort auf eine Anfrage des Justiz- und Polizei-Departements des Kantons So lo t h u r n.)

c. Die in einem Ehescheidungsurteil dem s c h u l d i g e n Teil auferlegte W a r t e f r i s t ist auch für den Fall zu berücksichtigen, daß die durch das Urteil Geschiedenen wieder m i t e i n a n d e r in die Ehe treten wollen. Der Artikel 48 des Gesetzes macht keinen Unterschied zwischen einem wiederholten Ehebündnis des schuldigen Ehegatten mit der Person, von der er geschieden

16 worden ist, und der Eingehung einer Ehe mit einer a n d e r e n Person. (Antwort auf eine Anfrage des Departementes des Innern
Auf erhobene Beschwerde hin haben wir den in Betracht kommenden Civilstandsbeamten durch die kantonale Aufsichtsbehörde aufgefordert, diese Einsprache im Hinblick auf Art. 34, Absatz 2, des Bundesgesetzes über Civilstand und Ehe von Amtes wegen zurückzuweisen.

8. Am 27. April 1898 ist auf dem C i v i l s t a n d s a m t Iragna (Tessin) ein noch n i c h t 16 Jahre altes M ä d c h e n g e t r a u t worden. Nachdem wir mit einiger Mühe die damaligen Trauungsbeamten (Präsident und Sekretär der Gemeinde) ausfindig gemacht hatten, veranlaßten wir, entgegen dem bloß auf einen scharfen Tadel abstellenden Antrag der kantonalen Aufsichtsbehörde, auf Grund des Art. 59 des Civilstandsgesetzes und unter Hinweis auf einen in dem Geschäftsberichte für das Jahr 1897, Abteilung Civilstand und Ehe, Nr. 7 (Bundesbl. 1898, I, 436), erwähnten Präcedenzfall Überweisung der Sache an den Strafrichter. Am 12. Oktober 1900 sind die beiden Angeklagten von den Assisen des Bezirkes Bellinzona unter Zubilligung mildernder Umstände zu je Fr. 5 Buße und Fr. 10 Gerichtsgebühr, sowie zu den ungefähr Fr. 20 betragenden Prozeßkosten verurteilt worden.

9. Der schweizerische Konsul in Porto hat wiederholt beantragt, die schweizerischen K o n s u l n in Portugal seien mit den civilstandsamtlichen F u n k t i o n e n gegenüber Landsleuten zu betrauen. Wir haben jedoch diesem Antrage nicht e n t s p r o c h e n , weil ein Gutachten des schweizerischen Generalkonsuls in Lissabon dahin lautete, daß eine Notwendigkeit hierfür nicht vorhanden sei und daß die Übertragung fraglicher Funktionen an unsere Konsuln in Portugal leicht zu Mißbräuchen führen könnte.

10. Das t ü r k i s c h e Generalkonsulat in Genf haben wir darauf aufmerksam machen müssen, daß die schweizerische Givilstands- und Ehegesetzgebung den diplomatischen oder konsularischen Vertretern auswärtiger Staaten die A u s ü b u n g civilstandsamtlicher F u n k t i o n e n weder im allgemeinen, noch

17 gegenüber Angehörigen des von ihnen vertretenen Staates gestattet und daß Beurkundungen von Civilstandsvorgängen, namentlich auch Trauungen, die nicht von den gesetzlichen Civilstandsbeamten vorgenommen werden, nach schweizerischem Rechte keine Gültigkeit zuerkannt werden kann. (Zu vergleichen ist Bundesbl.

-J.899, I, 361.)

11. Über die prinzipielle Trag weite des Art. 54, Absatz 3, der B u n d e s v e r f a s s u n g haben wir uns bereits in dein Geschäftsberichte für das Jahr 1898, Abteilung Civilsiand und Ehe, Ziffer 10, geäußert (Bundesbl. 1899, I, 363}, und die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates hat unserer Auffassung beigepflichtet (Bundesbl. 1899, III, 911, Ziffer 4). -- Im Berichtsjahre hat nun das luzernische Militär- und Polizei-Departement angefragt, ob der fragliche Verfassungsartikel gegenüber E h e n gelte, welche Ausländer (im speciellen deutsche Militärflüchtlinge) a u ß e r h a l b ihres H e i m a t s t a a t e s und a u ß e r h a l b der Schweiz (im speciellen in London) mit Schweizerinnen schlössen. Die Antwort lautete: Da in diesen Fällen der eine Teil Schweizerbürger ist, so muß der in Frage stehende Grundsatz der Bundesverfassung ohne Zweifel zur Geltung kommen.

Sofern also solche Ehen nach der am Eheschließungsorte geltenden Gesetzgebung abgeschlossen worden sind, worüber gegebenen Falls der Richter zu entscheiden hat, müssen dieselben in der Schweiz als gültig anerkannt werden. Schweizerinnen verlieren somit durch solche Ehen nach unserem Rechte das Schweizerbürgerrecht, vorausgesetzt, daß der Ehemann nicht heimatlos ist. Können dieselben für sich und allfällige Kinder von dem Heimatstaate des Gatten und Vaters keine Ausweisschriften bekommen, so verfallen sie der gewöhnlichen Fremdenpolizei, und es tragen hinsichtlich ihrer Duldung die betreffenden Kantone die Verantwortlichkeit.

12. Wenn ein D ä n e in der Schweiz sich rnit einer Schweizerin oder einer Ausländerin zu v e r e h e l i c h e n beabsichtigt, so ist der dänische Konsul in Zürich (nicht aber auch der dänische Vize-Konsul in Genf) ermächtigt, im Hinblick auf die Art. 31, 4 und 37, 4, unseres Civilstandsgesetzes die folgende Erklärung auszustellen : ,,Auf Grund der mir vom dänischen Ministerium des Äußern gewordenen Ermächtigung und auf Begehren des Herrn (folgt Name und Geburtsort des Bräutigams), dem es überlassen bleibt, seine Heimatsangehörigkeit nachzuweisen, erkläre ich (folgt Name Bundesblatt. 53. Jahrg. Bd. II.

2

18

des Konsuls), 8r. M. des Königs von Dänemark Konsul fur dio Schweiz, hiermit: ,,Eine in der Schweiz auf Grund der schweizerischen Gesetze geschlossene und in der Schweiz gültigen Ehe zwischen einem Dänen und einer (folgt Angabe der Nationalität der Braut) wird auch in Dänemark als gültig angesehen, ohne daß es deshalb nötig wäre, außer der in der Schweiz erfolgten Eheverkündung eine solche in Dänemark vornehmen zu lassen."· 13. Hinsichtlich der V e r e h e l i c h u n g von spanischen Staatsangehörigen in der Schweiz hat das Departement der f r e i b u r g i s c h e n Centralpolizeidirektion anläßlich eines Specialfalles folgendes mitgeteilt: a. Die im Auslande von zwei Spaniern oder von einem Spanier und einer Ausländerin geschlossene Ehe ist in Spanien gültig, wenn deren Abschluß nach der im betreffenden Lande gesetzlich zu Recht bestehenden Form stattfand und die Eheschließenden gemäß den spanischen Gesetzen zur Eingehung einer Ehe fähig waren.

b. Die diplomatische und konsularische Vertretung Spaniens in der Schweiz ist also in der Lage, gegebenen Falls, d. h. wenn die von den Interessenten vorgelegten Nachweise dies gestatten, die in den Art. 31, 4 und 37, 4, unseres Civilstandsgesetzes geforderte Erklärung über die Anerkennung der Ehe in Spanien auszustellen.

c. Für den Fall, daß der Bräutigam katholisch ist, ist es zum mindesten ratsam, daß der Civiltrauung die kirchliche Einsegnung der Ehe nach römisch-katholischem Ritus folgt.

d. Die von einem Spanier im Auslande mit einer Ausländerin abgeschlossene Ehe muß innerhalb 15 Tagen nach Vollzug der Trauung in das Civilregister der spanischen Gesandtschaft oder des spanischen Konsulates desjenigen Ortes eingetragen werden, wo der Abschluß der Ehe stattgefunden hat. Den spanischen Gesandten und Konsularbeamten liegt es ob, die ausländischen Heiratsurkunden nach Spanien zu befördern.

14. Im Berichtsjahre hat sich anläßlich eines Specialfalles bestätigt, was uns die schweizerische Gesandtschaft in London bereits im Jahre 1892 gemeldet hat, nämlich daß in die britischen Standesregister eine durch ein ausländisches Gericht ausgesprochene Ehescheidung nicht einmal dann eingetragen wird, wenn die'Eheschließung in Großbritannien erfolgt

19

ist, sondern daß es zu einer solchen Eintragung eines von einem b r i t i s c h e n Gerichtshofe gefällten Scheidungsurteiles bedarf.

16. Bei dem Landgerichte in Stuttgart war eine Ehes c h e i d u n g s k l a g e z w i s c h e n E h e l e u t e n aus dem K a n t o n ·St. Gallen anhängig, und das Gericht stellte an das st. gallische Justizdepartement die Einfrage, ob nach dortigem Rechte für die Ehescheidung das Recht des Heimatstaates des einen oder anderen Ehegatten oder das Recht des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsortes der Ehegatten maßgebend sei. Nachdem das st. gallische Justizdepartement zur Antwort gegeben hatte, daß Ehescheidungsnrteile ausländischer Gerichte über Schweizerbürger auf schweizerischem Gebiete als nichtig betrachtet werden und daß deshalb eine Beantwortung der Einfrage als überflüssig erscheine, erklärte das Landgericht, daß in Sachen seine Zuständigkeit sich ergebe aus den §§ 606, Absatz l, und 13 der deutschen R.-C.-P.-O. und daß es sich der Aburteilung der in Rede stehenden Ehestreitsache nicht deswegen entziehen könne, weil das Urteil in der Schweiz nicht anerkannt werde. Infolgedessen ersuchte uns die st. gallische Behörde, wenn möglich, die nötigen Schritte zu thun, damit das Landgericht Stuttgart die Behandlung dieser Ehescheidungsklage ablehne. Wir haben erwidert, das Justizdepartement solle einfach seinen ersten sachbezüglichen Bescheid bestätigen, sich dabei auf die Geschäftsberichte des Bundesrates pro 1898 und 1899, Abteilung Civilstand und Ehe Nr. 16, beziehungsweise 8, (Bundesbl. 1899, I, 365 und 1900, I, 794) stützen und gleichzeitig den Absatz 4 des § 606 der deutschen R.-C.-P.-O. anrufen, welcher laute: ,,Sind beide Ehegatten Ausländer, so kann die Scheidungsklage im Inlande nur erhoben werden, wenn das inländische Gericht auch nach den Gesetzen des Staates zuständig ist, dem der Ehemann angehört.''

16. Nach der neuen deutschen Civilprozeßordnung, die mit dem 1. Januar 1900 in Kraft getreten ist, ist die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichtes in E h e s c h e i d u n g s s a c h e n d e u t s c h e r S t a a t s a n g e h ö r i g e r ausgeschlossen, wenn zum Nachteil einer Partei statt des deutschen bürgerlichen Rechtes fremdes Recht angewendet worden ist. Die Vollstreckung eines deutsche Eheleute betreffenden schweizerischen Scheidungsurteils
in Deutschland hat somit eine materielle Nachprüfung durch das deutsche Vollstreckungsgericht zur Voraussetzung, und es besteht die Möglichkeit, daß ein solches Urteil um seines Inhaltes willen in Deutschland nicht vollstreckt wird. Die Voraussetzung für

20

die Anhandnahme einer Scheidungsklage fremder Eheleute nach Art. 56 des Bundesgesetzes über Civilstand und Ehe liegt also für deutsche Reichsangehörige nicht mehr vor, da eine Garantie für bedingungslose Anerkennung des zu erlassenden Urteils durch die deutschen Gerichte nicht mehr zu erbringen ist. D e m n a c h können deutsche Reichsangehörige in der Schweiz n i c h t m e h r g e s c h i e d e n w e r d e n . (Zu vergleichen ist das Urteil des Bundesgerichtes vom 3. Mai 1900 in Sachen der Eheleute Schul, A. S. der Entscheidungen, XXVI. Band, I. Teil.

S. 204 ff.) -- Nicht unerwähnt mag bei diesem Anlaß bleiben, daß die neue deutsche Civilprozeßordnung -- nach Analogie des schweizerischen Civilstandsgesetzes -- die Möglichkeit eröffnet, die Scheidungsklage bei dem Landgerichte des Ortes anzubringen, wo der Ehemann seinen letzten Wohnsitz in Deutschland hatte.

17. Eine reformierte Bürgerin des Kantons St. G a l l e n hatte im Jahre 1890 einen katholischen Ö s t e r r e i c h e r geheiratet und war im Jahre 1900 von demselben durch das zuständige österreichische Gericht zu Tisch und Bett ,,geschieden" worden. Da die Frau eine neue Ehe mit einem Schweizer einzugehen beabsichtigte, so wünschte sie eine Erklärung des Bundesrates zu erhalten, daß eine auf Grund des österreichischen Rechtes erfolgte perpétuelle Scheidung zu Tisch und Bett in der Schweiz die ganz gleichen rechtlichen Wirkungen habe wie eine gewöhnliche Scheidung nach schweizerischem Rechte. Der Bundesrat konnte aber eine solche Erklärung nicht ausstellen, da die österreichische ,,Scheidung" für Katholiken nur eine Trennung zu Tisch und Bett, aber nicht vom Bande bedeutet.

18. Das r u s s i s c h e Recht anerkennt nur k i r c h l i c h e Eheschließungen und k i r c h l i c h e Ehescheidungen. Handelt es sich um J u d e n , so ist die E h e s c h e i d u n g auf Grund des von dem Ehemanne der Frau überreichten Ehescheidungsbriefes von einem Rabbinat auszusprechen. Da demgemäß in der S c h w e i z w o h n h a f t e r u s s i s c h e J u d e n i m Hinblick auf den Art. 56 unseres Civilstandsgesetzes in der Schweiz keine Ehescheidungsklage anheben können, so wurde an das Departement die Anfrage gerichtet, ob bezüglich eines in der Schweiz befindlichen russischen Ehepaares jüdischen Glaubens die von einem russischen Rabbinat, als der in
Rußland zuständigen Behörde, ausgesprochene Ehescheidung in der Schweiz als gültig anerkannt werde. Die Antwort lautete dahin, daß ein in Rußland von der zuständigen Behörde erlassenes und als rechtskräftig

21 beglaubigtes Ehescheidungsurtei] über russische Eheleute bezüglich seiner Anerkennung in der Schweiz auf keine Schwierigkeiten stoßen werde, sofern die Kompetenz der fraglichen Behörde in glaubwürdiger Weise (z. B. durch eine Bescheinigung der russischen Gesandtschaft) nachgewiesen sei.

19. H e i m a t l o s e n w e s e n . Die Erledigung der infolge unseres Kreisschreibens vom 24. Januar 1898 aus den einzelnen Kantonen gemeldeten n e u e n , angeblichen oder thatsächlichen Heimatlosenfälle ist im Berichtsjahre beinahe vollständig erfolgt.

Rückstände finden sich noch in den Kantonen Z ü r i c h , T e s s i n , W a 11 i s u n d G e n f . Einige a l t e Fälle sind noch hängig in den Kantonen Z ü r i c h , B e r n , S c h w y z, G r a u b ü n d e n , T e s s i n , W a l l i s und G e n f . Mit der Bundesanwaltschaft ist das Übereinkommen getroffen worden, daß sie unter gewissen Voraussetzungen die Erledigung einiger Untersuchungen (namentlich der noch übrigen wenigen Fälle, die sie bereits früher in Behandlung hatte) übernimmt.

Die infolge unseres oben erwähnten Kreisschreibens aus dem Kanton T e s s i n gemeldeten, äußerst zahlreichen Fälle haben uns ÄU Erhebungen an Ort und Stelle, die Ende Oktober und Anfang November stattgefunden haben, veranlaßt. Das Ergebnis war sehr befriedigend: die meisten der gemeldeten Fälle stellten sich als Fälle der gewöhnlichen Frcmdenpolizei oder als Bürgerrechtsstreitigkeiten zwischen verschiedenen tessinischen Gemeinden dar und die ändern, worunter namentlich auch einige ältere Fälle, erwiesen sich als Bürgerrechtsstreitigkeiten zwischen Gemeinden verschiedener Kantone.

Im übrigen sind von den alten und neuen, beziehungsweise neuerdings in Behandlung gezogenen Heimatlosenfällen im Berichtsjahre 19 erledigt worden ; 13 sind noch hängig. Wir bemerken dabei ausdrücklich, daß nur auf wenige dieser Fälle die Bezeichnung ,,heimatlos" im Sinne des Bundesgesetzes vom 3. Dezember 1850 zutrifft; meistens handelt es sich um die allerdings oft sehr schwierige Feststellung der (den Potenten aus verschiedenen Gründen nicht genehmen) Zugehörigkeit zu einem anderen Staate.

YIL Handelsregister.

A. Allgemeines.

Nach längerer Pause konnten im Berichtsjahr wieder einige Handelsregisterbureaux inspiziert werden, nämlich die 8 Bureaux .des Kantons Tessin und deren 14 des Kantons Waadt. Das

22 Resultat war im allgemeinen ein befriedigendes. Indessen nötigte?

uns die Führung des Handelsregisterbureaus Biasca, bei der tessiuischen Aufsichtsbehörde auf verschiedene Mißstände aufmerksam zu machen. Der Staatsrat des Kantons Tessin hat in der Folge einen Wechsel in der Person des Registerführers eintreten lassen, womit die vorhandenen Übelstände voraussichtlich beseitigt sind.

In der O r g a n i s a t i o n des Handelsregisters ist eine Änderung nicht eingetreten.

Zwei Bureaux wenig bevölkerter Bezirke kamen im Jahre 1900 nie in den Fall, Eintragungen vornehmen zu müssen, diejenigen des Amtes Saanen am gleichnamigen Orte und des tes sinischen Bezirkes Valle Maggia in Cevio.

Die Geschäfte haben sich auch im allgemeinen etwas vermindert. Bloß deshalb war es möglich, die genannten I n s p e k t i o n e n durch den Sekretär für das Handelsregister vornehmen, zu lassen. Immerhin brachte die dadurch bedingte längere Abwesenheit dieses Beamten verschiedene Unzukömmlichkeiten mit sich. Die Frage, ob demselben ein weiterer Beamter ständig beizugeben sei (vide Bericht pro 1899), darf daher nicht als erledigt betrachtet werden.

B. Statistik.

I m J a h r e 1900 w u r d e n e i n g e t r a g e n : 2484 847 351 154 106 1388

a. Im Hauptregister (A): Einzelfirmen (1899: 2789); Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (1899: 872); Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Genossenschaften (1899: 401); Vereine (1899: 139); Zweigniederlassungen (1899: 109); Bevollmächtigungen (1899: 1151).

b. Im besonderen Register (B): 2 Personen (1899: 4).

Gelöscht wurden: a. Im Hauptregister : 2243 Einzelfirmen (1899: 2422), wovon 368 wegen Konkurses (1899; 323);

23 723 Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (1899: 706), wovon 39 (1899: 37) wegen Konkurses; 123 Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschafteii und Genossenschaften (1899: 80), wovon 8 (1899: 3) infolge Konkurses ; 16 Vereine (1899: 35), wovon einer (1899: --) infolge Konkurses ; 60 Zweigniederlassungen (1899: 67), wovon eine (1899: 1) wegen Konkurses; 793 Bevollmächtigungen (1899: 794).

b. Im besonderen Register : 14 Personen (1899: 47).

V e r ä n d e r u n g e n g e l a n g t e n z u r E i u t r a gu ng : 547 betreffend Einzelfirmen (1899: 614); 289 betreffend Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (1899: 306); 345 (Statutenänderungen) bei Aktiengesellschaften, Koinmanditaktiengenossenschaften und Genossenschaften (1899: 294); 168 bei Vereinen (1899: 121); 22 bei Zweigniederlassungen (1899: 23); 432 betreffend das Personal der Vorstände von Genossenschaften (1899: 592).

Die Gesamtzahl der vorgenommenen Eintrag u n g e n betrug 11,107 (1899: 11,516); infolge Konkurses erfolgten im ganzen 417 Löschungen (1899: 364).

Auf 31. D e z e m b e r 1900 b l i e b e n r egi st e r ein g et r ag en:

im

Handels

a. Im Hauptrey ister : 32,735 Einzeliirmen (1899: 32,474; 1883: 24,023); 6,049 Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (1899: 5925; 1883: 3666); 5,843 Aktiengesellschaften, Kommauditaktiengesellschaften und Genossenschaften (1899: 5614; 1883: 1417); 1,566 Vereine (1899: 1428; 1883: 134); 864 Zweigniederlassungen (1899: 820; 1883: 368).

b. -Im besonderen Megister : 700 Personen (1899: 712; 1883: 2052).

24

Die Gesamtsumme der für die Eintragungen bezogenen G eb ü h r e n beläuft sich auf Fr. 63,327, wovon dem Bunde als Vergütung für die Veröffentlichung durch das Handelsamtsblatt Fr. 12,465. 40 zukommen.

Über die Verteilung obiger Ziffern auf die Kantone geben die beigefügten zwei Tabellen A und B Aufschluß.

C. Rekurse.

Rekurse wurden 11 anhängig gemacht, wovon einer gegenstandslos wurde. Von den übrigen 10 wurden 2 für begründet erklärt ; einer wurde teilweise begründet erklärt, teilweise abgewiesen : die übrigen 7 mußten abgewiesen werden.

Sieben Fälle betrafen die Eintragspflicht, einer das Recht, im Handelsregister eingetragen zu bleiben, bezw. also die Frage der Löschungspflicht: ein Fall hatte die sog. ,,Apports11 bei Aktiengesellschaften zum Gegenstand, und in einem letzten Falle mußt« konstatiert werden, daß bloße gewerbliche Etablissemente nicht als Zweigniederlassungen zu betrachten sind.

Von besonderem Interesse waren einmal der letztcitierte Fall (Japy frères & Cie in Beaucourt-- Entscheid vom 23. Februar), und sodann der Entscheid vom 21. Juni in Sachen des Gustav Rittermann, in welch letzterm die Eintragspflicht der gewerbsmäßigen Liegenschaftenspekulanten erörtert wird. Der erstere ist abgedruckt im Buudesbl. 1900, Bd. I, Seite 607, der letztere Bundesbl. 1900, Bd. IH, S. 498. -- Im fernem wurden noch folgende zwei Entscheide von allgemeinem Interesse veröffentlicht : vom 20. Februar in Sachen der Société suisse du bouchage par le bois in Lausanne (Bundesbl. 1900, Bd. I, S. 403), und vom 16. Juni in Sachen Baur & Cie., Möbelfabrik in Zürich (Bundesbl.

1900, Bd. III, S. 495).

Die""eingereichten Rekurse richteten sich gegen Verfügungen der Aufsichtsbehörden folgender Kantone : Zürich 6, Berti 2, und St. Gallen, Waadt und Neuenburg je einer.

VIII. Rechtspflege.

Statistik.

Im Berichtsjahre waren mit Einschluß der aus dem Jahre 1899 pendent gebliebenen Fälle (23) total 208 Beschwerden und Rekurse (1899: 247; 1898: 242) zu behandeln, wovon 198 ihre

Beilatj?. .-t.

Handelsregister-Eintragungen im Jahre 1900.

Aktiengesellschaften, Kommanditaktien-Gesellschaften und Genossenschaften.

Kollektiv- und KommanditGesellschaften.

Einzelfirmen.

Gebührenfreie r. , Löschungen.

l M

.

1

Kautone.

q « SO B

i

f

a S

i

2

1 Zürich Bern Luzevn ' Uri Schwyz . . .

i Nidwaiden i Obwaldeu Glavus !

Zug .

Freiburg . . .

Solothuro Baselstadt ; Basellaad Schaffhauseu . . .

Appenzell A.-Rh.

Appenzell I.-Rh. . .

; St. Gallen . . .

; Graubündeu . . .

l Aargrau ! Thurgau : Tessi n : Waadt ; Wallis . .

Neuenburg . . . .

Genf . . . .

.

558 '425 64 2 11 5 7 22 11 198 26 109 8 28 44

«> .

3 %> .2 §

II J3 ---

Io .§

«J

o® lj

291 193 20 2 5 8 2 14 9 42 25 51 6 24 21

Total 1900

108 37 40 74 96 288 7 130 186

36 23 13 41 34 216 4 84 124

2484

1288

09 bO P SS ki



4

3

.

.

q

'S a

Z

y>

e
1

83

'S | £ §

*&

|3

st

H -ö

~a & 6

157 126 12 3 5 3

58 32

8 6 21 12 49 5 10 13

4

(103) ( 42) ( 13) ( 1) ( 2) ( 1) ( 4) ( 5) ( 1) ( 26) ( 9) ( 20) ( 4) ( 4) ( 2) ( 2) ( 17) ( 5) ( 4) ( 4) ( 14) ( 45) ( 1) ( 8) ( 31)

171 147 24 3 5 3 4 16 6 53 17 48 7 H 5 2 52 15 17 17 38 107 2 55 130

248 42 16

13 41

54 110

(368)

955

647

847

52 35 42 12 32 80

P

!r

5

3 1 1 3 2 9 7 24 2 3 2 2 15 11 6 25 18 53

'S

o i

7

8

î1 Ì

} £-- 1 2 10 7 9

(10) 102 ( 3) 73 ( 1) 9 4 4 1

( 2) ( 3) ( 2) ( O

( ( ( ( 4 ' (

16 ; 2s :

15 ;

2) 2) D 6) D

23 ! ( 5)

255

(39)

3 1 9 11 30 4 5 8 35 10 23 10 10 28 1 27 60 468

Bevollmächtigungen.

Vereine.

Taxierte Löschungen.

Eintragungen.

;

Zu Seite 24.

i s

S »ö H

st '381

"l* -3

;-," Cu

h

fe 10

92 23 12 1 1 1 2 4 2 5 5 25

23 60 15

15 10 7

'

1

u

§"f 'i «3l

i +

!

12

12 6

18 !

j

1

efl

o

1

i~ M fi

1

;

+ 14

!

15

7 5

1

1

«g

£ i«

' sg .! s s 3§l §"f ':'§·! lg"8 "ÇS M3 W £ ·!«£ ^3°.

2^ c* £

+ !, fi

18

(2) 7

1

i "î

1

--

_

"

(D~l

1

2 3 4 3 1 1 1 2 3 3

(1) 2 3

(2) 3

j|

.

(1) 1 -- -- !

--

1

15

6

289

256

79

16

3

1

1

-- 1 :

61

25

Ì

1

l

1 1

4

§·-: ! + W£

1 1

1 n

l

(4)17

(3)12

1 a

S 32

31 30 6

29 18 7

15 4

7 36 6

i!

5

J:

2

l"

S 5 'S a

'53 a

g S?

Il

s

1 7 2 3

1 6

123

54

154

2 5

S & .£ S

a

1

,O :O

&^



a

5a

8-3 H S J

28

24

23

26

27

·a

430 143 34

7

36 4

6

1

1 1 1 3 12 3 1 1

168

1388

25

4

12

-0 KS

0J

iS § S o> o

a

bo n



1 s -s C

°- ess s 29

d


O

P

.H

80

O

1

15 3 3 2 1 14 1 19 1 · 3 10

1 10 10 6 2 5 14

1 6 1 2 2

10 12

305

1 1 1

1)4

o

-a -^

«'S
2 8 6 16 57 7 7 15 1 46 13 9 8 12 49

17 11 17

7 34

15 2 10

1 1

U

79 125 4

2

(1) 1

1

ir 1s »H

Register B.

Filialen.

§

C

aï §s s* ·= 15

61 75 6 1 3 2

163 31 12

3

20 153 20 24 18 4 87 18 62 15 29 100 1 52 116

1

'S a

38

8

3 6 5 2 3 2 1 7 5 12 2 15 1 12 28

2 3 2

a



3l

2 3 1 6 2 1

«»

a n>

0} M C

1

1 -- jj 13 5 -- ii!

&n 4 9 -- |i 6 1 3o 1 i' - ii 3l 15 1 ü = i1 11 -- 15 (1) 1 168

C S M

1

- li 4

(1) 2

1

a

2l

i'

1

1 1 11 3 4 9



20

!1 ii i üi ! --i

z -- ----

C « W»

19

- ! Î

"l

3 22 1 13 34

2 10 3 5

~

l 1

Aeuderuugen.

!i

'S.3-O"

17

2

1 1 12 9 9 1 1 2

lt »4 M

_[

11 6 20 10 2 38 3 9 18

0

13

1 1 1

5

£

?-

il|l !3§l ': fr W III

·*"* O

«S M «fi

»

3 5

·

S

;· ')

-1

26 12 3

Ein-

«

£ g « 0°

J <3£ ,n

H :S 1^1

II
81

32

11

6

1 « î-3

a 3

88

84

4 3

2 2

1 a

1

!

i 85

22

2 2 1 1 1

21 9 1 91

4

1 2

23 61

3 23

6 8

3 1

3

488

432

106

42

5

(1) 3 1 1

37

38

7

(116)

2,623

2,769

7

( 45) ( 14) ( D ( 2) ( 2) ( 4) ( 5) ( 1) ( 27) ( 11) ( 25) ( 4) ( 6) ( 21 ( 2) ( 19) ( 5)' ( 6) ( 6) (15) ( 52) ( 2) ( 8) ( 37)

1,682 265 20 56 37 19 105 66 408 189 663 77 141 158 12 569 216 337 248 . 309 1,252 31 542 1,082

1,857 40 ' 323 60 !

28 -- 79 60 46 60 16 40 120 10 65 20 419 50 235 20 707 -- 108 40 161 , ' 7 0 146 10 15 ; 80 583 -- 312 40 483 60 234 40

-- --

10 7 3 5 3 10

Cts.

1

1 9

3

36

Fr.

1

1

1

GebUhrenanteil des Bundes

tragungen.

:O -H

2 1

4

Total

1

1 2

60 î

sii

-

1,395 72 576 1,396

10 60 50 70

22

2

14

(417)

11,107

12,465

40

23 25 25 i 39 25 ' 14 : 28 32 . 24 · 20

4 2 6 14 71 31 12 32 .30 14

47 5 29 210 72 35 34 177 713 90

(364) (318) (288) (260) (286) (307) (327) (436) (291) (224)

11,516 10,548 9,455 16,02!

10,518 8,659 8,339 11,777 16,308 7,736

12,688 12,311 10,747 14,972 10.963 8,893 8,752 11,437 15,056 8,269

yO iO yO -- 50 30 -20 50 SO --

(1) 18 j !

Total 1899

!

!

i

1898 1897 1896 1895 1894 1893

2789 2735

i

,, ,, ,, ,, ,, ,,

,, 1892

1966 3071

:

« 1891 ,, 1890

G678 2453

;

2193 2887 2675 2284

1373 1140 995

(323) (281) (263) (229) (262) (282) (288) (384) (258) (201)

2352

1302 1078 943 1305 2184 504

1049 614 817 480 728 637 1795 2631 1130 507 908 288 930 307 1317 775 1771 378 1105 139

872 854 844 874 827 705 695 883 885 620

277 (37) 252 (33) 219 (22) 294 ' (25) 215 i (21) 171 i 126) 195 : (29) 236 ! (44) 245 ; (19) 112 (19)

429 441 390 436 366 394 344 518 379 352

306 291 301 514 275 201 202 394 195 143

303 328 298 296 275 257 283 349 290 230

77 81 77 69 54 38 49 36 34 33

1

2l|

15-

13 13 4 4 6 14 20

; !

i i

50 46 2C 51 36 31 26 39 31 Hi

15 12 1

21 9 12 3 5 3 8

(1)11 2 (2) 13 6 ' (2) 16 ·i · .")

(5)22 1 (2) 15 2 ' (6) 15 (3)11 (5) 24 ' 5 ! (5) 14 9 ! (3) 19 i

i|

(2) 4 (1) 3 (D 3

-- -- --

1 2 10 6 4 2

-- --

1 (2) (6) (2) (4)

3 -' (1) 1 --

i 140 ! 119 108 ! 182 | 130 1 109 104 97 76 71

110 108 76 91 72 55 67 62 34 51

44 57 31 43 42 31 26 35 39 43

139 135 129 121 88 88 102 99 108 93

21 14 7 7 9 10 17 28 11 (1)7 12 4 5 5 2 6 3 54 5 7

121 133 111 341 115 139 86 69 72 43

A. um e*"lïu.aijyj :

r)ie

Za.\ len iu Klarn nera t eziche a sich ai f die be den gebühreii reien ^öschu ugen i ibegrit eneo I (onkur se.

--

-- --

592 400 308 862 304 204 186 179 182 99

109 97 94 124 97 77 87 85 138 77

47 46 41 61 38 32 33 32 51 20

(1) 20 27 15 (1) 30 34 (1) 24 (1) 32 (1) 39 (4) 58 (1) 37

!

' i

Beilage B.

Zu Seite 24.

Bestand

im Handelsregister eingetragenen Einzelfirmen, Handelsgesellschaften vereine und nicht handeltreibenden Personen auf 31. Dezember 1899 und 1900.

Kantone.

Zürich . . .

. .

Bern Luzern Uri Schwyz Nidwaiden Obwalden Glarus Zug Preiburg Solothurn Baselstadt Baselland . * Schaffhausen . . .

Appenzell A.-Rh Appenzell I.-Rh St. Gallen Graubilnden Aargau Thurgau . .

.

Tessin ! Waadt . .

.

i Wallis Neuen bürg Genf . . .

Einzelfirmen.

. .

. .

. .

( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( (

(1399) 3,826) 4,903) 1,211) 95) 490) 126) 134) 524) 207) 1,389) 656) 995) 274) 481) 651) 75) 1,982) 1,113) 1,136) 985) 1,524) 4,793) 304) 1,794) 2,806)

1900 3,942 4,988 1,231 92 491 120 135 516 203 1,492 6401,005 269 474 669 73 2,002 1,112 1,146 1,001 1,548 4,758 305 1,785 2,738

Kollektivund KommanditGesellschaften.

(1899)

( ( ( ( ( ( ( (· ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( (

912) 798) 207) 36) 64) 25) 27) 113) 40) 132) 123) 399) 58) 74) 79) 3) 356) 252) 279) 122) 264) 588) 80) 357) 537)

1900

A

^'° *a°TM Gen Gen

'Ischaften, ft-Aktienund /"·· ichaften.

0?

909 819 204 34 64 25 25 114 44 137 118 398 59 78 82 3 363 270 289 124 270 612 75 369 564

1900

(H < 2i ( ( i ( ( | ( ( ( 3!

( l\ ( 1 ( ( ( ( ( 2 ( ( 2 ( l: ( (11 ( ( 2 ( 3

715 1216 248 6 50 11 13 35 34 343 157 130 63 50 54 9 270 99 288 135 71 1168 66 245 367

(56

5843

Total am 31. Dezember 1900

(32,474) 32,735

(5925) 6049

Total am 31. Dezember 1883

24,023

3666

(v

L17

Zweigniederlassungen.

Vereine.

(1899) 1900 ( 47) 54 ( 293) 323 ( 49) 55 ( 2) 2 ( 4) 5 ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( ( (

~2) 8) 17) 92) 42) 43) 22) 10) 3) D 55) 28) 62) 11) 10) 299) 10) 87) 231)

2 8 20 97 46 45 25 11 4 !

61 32 74 11 12 310 H 99 258

(1428) 1566 134

(1899) 1900 ( 94) 107 (117) 121 ( 34) 37 ( 5) 5 ( 3) 3 ( 2) 2 ( 2) 2 ( 2) 3 ( 4) 4 ( 21) 21 ( 8) 8 ( 60) 59 ( 8) 9 ( 3) 3 ( 4) 4 ( D 1 ( 80) 86 ( .56) 61 ( 20) 21 ( 56) 56 ( 26) 28 ( 79) 81 ( 12) 12 ( 55) 58 ( 68) 72

(820) 368

864

Besonderes Register.

Total.

(1899) 1900 (1899) 1900 ( 75) 69 ( 5,666) 5,796 (317) 311 ( 7,594) 7,778 1,883 (108) 108 ( 1,843) 139 (-) - ( 144) ( 605) .

613 ( -) 160 ( 2) 2 ( 167) 177 ( -) - ( 177) 676 ( -) -- ( 680) 307 ( 2) 2 ( 305) ( 32) 32 ( 1,996) 2,122 1,039 ( 70) 70 ( 1,044) ( 1,623) 1,637 (-) 426 ( D 1 ( 424) ( 617) 616 ( -) -- 815 ( 2) 2 ( 790) ( 89) 87 ( 8) 8 ( 2,743) 2,790 1,577 ( 3) 3 ( 1,543) 1,821 ( 3) 3 ( 1,765) ( -) - ( 1,301) 1,327 1,958 ( 29) 29 ( 1,921) 6,943 ( 14) 14 ( 6,908) 478 ( 9) 9 ( 478) ( 32) 32 ( 2,561) 2,588 4,004 ( 5) 5 ( 3,989)

(712)

700

2052

(46,973) 47,757 31,740

25

Erledigung fanden und J O als unerledigt auf das Jahr 1901 übertragen wurden.

5 Beschwerden wurden vor Stellung unseres Antrages zurückgezogen, 7 wegen Fristversäumnis abgewiesen und l Rekurs durch Vergleich erledigt. In weitere 131 Rekurse und Beschwerden (1899: 144; 1898: 154) konnte deswegen nicht eingetreten werden, weil sie entweder ausschließlich in die Kompetenz der kantonalen Behörden oder des Bundesgerichts fielen, oder weil da, wo unsore Kompetenz materiell begründet gewesen wäre, die kantonalen Instanzen noch nicht erschöpft waren.

Die übrigen 54 Rekurse (1899: 67; 1898:
Hiervon wurden 10 Beschwerden begründet erklärt und 39 als unbegründet abgewiesen und bei 5 Rekursen mit motiviertem Entscheid die Inkompetenz des Bundesrates ausgesprochen.

Die Bundesversammlung hatte sich im Jahre 1900 mit 7 Rekursen aus dem Geschäftskreis des Justiz- und Polizeidepartements zu befassen (1899: 9; 189«: 17). In 3 Fällen hat sie unsern Entscheid bestätigt, über 2 Beschwerden wurde zur Taaresö ?

ö Ordnung geschritten und 2 Rekurse sind noch pendent.

In dieser Statistik sind nicht berücksichtigt 18 Rekurse (1899: 12), die das Departement als die dem eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum vorgesetzte Verwaltungsbehörde zu entscheiden hatte und von denen l Rekurs an den Bundesrat weitergezogen worden ist; ferner die 10 Mitberichte (1899: 14) desDepartements bezüglich derjenigen vom Bundesrat entschiedenen Rekurse, die gegen Verfügungen anderer Departemente gerichtet waren.

Außerdem sind noch H9 Gutachten (1899: 45) anzuführen, die das Departement im Laufe des Berichtsjahres über verschiedene Rechtsfragen an die übrigen Departemente erstattet hat. Dazu kommen 47 Verlassenschaftsfälle (1899: 27) und .23 Vormundschaftsangelegenheiten (1899: 9), deren Regelung

26

Begründet. 1

1 1

1

Zurückgezogen.

Pendent.

Unbegründet. ||

Gegenstand.

Nicht II eingetreten. 1

vom Departement durchgeführt wurde. Ferner hatte das Departement 38 Beschwerden und Rechtsfalle, die von Schweizern im Auslande oder von Ausländern in der Schweiz auf diplmatischem Wege anhängig gemacht worden waren, zu behandeln.

Während die eigentlichen Rekurse gegenüber dem Vorjahre an Zahl etwas zurückgegangen sind, ist dagegen bei den Rechtsgutachten, Verlassenschaften und internationalen Rechtsfällen eine bedeutende Vermehrung zu verzeichnen.

2

3

4

1

--

2

--

1

--

1

--.

2

--

1;

ffl

E3 ·

v>

1. Handels- und Gewerbefreiheit.

1. Wirtschafts wesen .

2. Hausierwesen: a. Verweigerung von Hausierpatenten au Ausländer b. Verweigerung von Hausierpatenten anPrämienloshändler . . . .

c. Polizeiliche Beschränkung künstlerischer Hausiergewerbe .

3. Patenttaxen der Handelsreisenden 4a Patent- und Kautionspflicht der Viehhändler 4b Patentpflicht von Liegenschaftsagenten . . . .

4C AusschließliehesRechtzum Wasserverkauf in einer Gemeinde 5. Feuerpolizei 6 . Straßenpolizei . . . .

7" Verbot für die Milchhändler, Schweinefutter mitzufiihren Übertrag

6

18 ii

1 --

33

--

1

--

1

2

--

--

i

--

--

1

--

-- --

1 1 --

-- -- 1

-- --

1

--

--

--

1

25

4

3

4

45 i

-- 9

-- --

1 1 1 1

Unbegründet. 1

Begründet. 1

1 j

1

Zurückgezogen,

Pendent.

25

4

3

4

-- -- -- --

1 1

--

-- --

1 1

3

--

--

--

3

-- --

--

--

1

1

-- -- 9 28 10 7 7 2 1 2

-- 6

1 6 2 1 1

1

a «S

-SS

Gegenstand.

'£ CD f-4 hjQ

fl "S

Übertrag 7 b Festsetzung von Maximalu. Miriimaltaxen für Medikamente 8ft Verkauf von Kunstwein 8b Verbotdessog.Schneeball-, Hydra- oder Gellasystems 9. Schließung eines Warenmagazins 10. Ausübung des Apothekerberufes Summa

I I . Niederlassung . . . .

III. Wahlen und Abstimmungen IV. Begräbniswesen . . .

V. Glaubens- und Gewissensfreiheit VI. Vollziehung eines bundesgerichtlichen Urteils . .

VII. Beschwerden gerichtlicher Natur VIII. Schuldbetreibung und Konkurs I X . Steuerwesen . . . .

X . Verschiedene . . . .

9

--

--

-- 3 1 -- 1 1 2 --

à

E ta

45

52 20 12 6

1

1

1 --

--

--

79

--

--

--

--

79

22 7 8 Total 144

-- -- -- 39

-- -- -- 10

-- -- -- 5

-- -- ·-- 10

22 7 8 208

1

I

I. Handels- und Gewerbefreiheit.

1.

Wirtschaftswesen.

Die im Berichtsjahre nicht unbedeutend zurückgegangenen Wirtschaftsrekurse sind durchwegs im Sinne der Grundsätze erledigt worden, die wir im letztjährigen Geschäftsberichte des Eingehendsten klargelegt haben (Bundesbl. 1900, I, S. 803 ff.).

28

1. An dem Satze, daß der Bundesrat das Recht der Überprüfung einer auf kantonale Gesetzesvorschrift sieh stützenden Verfügung;, durch welche das B e d ü r f n i s einer neuen Wirtschaft verneint wird, für sich nur dann in Anspruch nimmt, wenn der Beschwerdeführer diese Verneinung als Willkürakt oder rechtsungleiche Behandlung der Bürger darstellt, und daß die Beschwerde nur dann begründet erklärt werden kann, wenn der Beweis dieser Behauptung geliefert wird, ist festgehalten worden in den Entscheiden: B ä r i s w y l , Pierre, in Beauregard bei Freiburg, vom H. Oktober: B i r y , Alois, in Liesberg, Bern, vom 25. Juni (Bundesbl.

1900, III, S. 559/560); C h a p p u i s , Jean, in Autigny (Freiburg), vom 29. März; G e i ß b ü h l e r , Gottfried, in Kirchberg, Bern, vom 30. Oktober; M a t t - S c h ä f e r , Jonas, in Ziefen, Baselland vom 9. Februar (Bundesbl. 1900, I, S. 365/366) Ramseyer Ferdinand, in Bern, vom 22. Mai: R ö t h l i s b e r g e r , Ulrich, in Madretsch, Bern, vom 7. Juli; R u p p , Jakob, in Heiligenschwendi Bern, vom 10. Dezember'(Bundesbl. 1900, V, S. 922 ff. ); ' T r i bul li e t, Baptiste, in Bulle, Freiburg, vom 5. Juni 1900.

o

OJ

2. P e r s ö n l i c h e E i g e n s c h a f t e n des P a t e n t b e wo r hers. a. In dem im Bundesblatte 1900, Bd. II, S. 408 ff. in extenso mitgeteilten Entscheide vom 6. April 1900, die Beschwerde der Frau E m m a S e i l e r in Zürich III betreffend, hat der Bundes rat, in Festhaltimg bisheriger Praxis, die Bestimmung in § 16 des zürcherischen Wirtschaftsgesetzes vom 31. Mai 1896 als bundesrechtlich zulässig erklärt, wonach Bewerbern das Patent für den Betrieb eines Gasthofes verweigert werden kann, gegen welche in den letzten fünf Jahren infolge Konkurses odor fruchtloser Pfändung Verlustscheine herausgekommen sind, sofern nicht der Beweis erbracht ist, daß dieselben durch Zahlung, Nachlaß oder Verzicht der Gläubiger hinfällig geworden sind. Und im weitem wurde festgestellt, daß auch in der auf dieses Gesetz gestützten Verweigerung der Patenterteilung an die Ehefrau eines derartigen Konkursiten eine Verletzung von Art. 31 der Bundesverfassung nicht erblickt werden könne.

b. Im Entscheid vom 10. April 1900 über die Beschwerde des A l b e r t K a u f in Zürich V wurde an dieser Rechtsauffassung festgehalten; die Frage, ob alle Vorschriften kantonaler Wirtschaftsgesetze ohne weiteres auch auf die sogenannten Temperenzwirtschaften anwendbar erklärt werden können, wurde, weil vom Beschwerdeführer nicht aufgeworfen, ausdrücklieh offen gelassen.



c. Nach Art. 31 B.-V. ist es zulässig, daß die kantouale.Behörde die Erteilung einer Wirtschaftsbewilligung von der Erfüllung der Bedingung abhängig macht, daß der Bewerber die moralische Garantie für die Handhabung guter Ordnung und die Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften bietet, namentlich daß derselbe eines guten Rufes. Leumundes, genießt und im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte ist (Bundesbl. 1879, II, S. 446 f. ; 1886, l, 8. 937; v. S a l i s , Bundesrecht, H, Nr. 651, S. 270 f.).

Da auch das zugerische Wirtschaftsgesetz vom 11. Dezember 188'2 von diesem Vorbehalt Gebrauch gemacht und im § 7 bestimmt hat : ,,Es muß die betreffende Person einen unzweifelhaft guten Leumund genießen11, hat der Bundesrat durch Schlußnahme vonr 27. Juli 1900 die Beschwerde des J. St. in Z u g , dem die kantonale Regierung das Patent wegen schlechten Leumundes verweigerte, als unbegründet abgewiesen.

d. In den Entscheiden vom 13. März in Sachen H er r m a u aK e u s i (Bundesbl. 1900, I, S. 1057/1058); vom 6. April in Sachen S t e i n e r , Josef, in Pfäffikon, Schwyz, und vom 4. Mai 1900, betreffend die Beschwerde des Heinrich P r ei s i g, in Waldstadt, Kanton Appenzell A.-Rh., sind die kantonalen patentverweigernden Schlußnahmen, welche sich auf das Fehlen des guten Leumundes stützten, ebenfalls als bundesrechtlich nicht anfechtbar erklärt worden.

3. G u t g e h e i ß e n wurden die Beschwerden des H e i n r i c h M ü l l e r , in Malters, Luzern, den 7. Juli (Bundesbl. 1900, III, S. 597 ff.) und des J. B o d e v i n , in Freiburg, den 23. Januar 1900 (Bundesbl. 1900, I, S. 75 ff.).

Im erstgenannten Entscheide wurde, unter Aufhebung der regierungsrätlichen Schlußnahme, festgestellt, daß, bei aller zulässigen Strenge in der Handhabung der Bestimmungen über die persönlichen Requisite der Patentbewerber, doch gewisse Grenzen nicht überschritten werden dürfen ; daß insbesondere eine einmalige strafgerichtliche Verurteilung nicht die Wirkung haben könne, einer Person den guten Ruf für die ganze nachfolgende Lebenszeit zu entziehen ; vielmehr erscheine der amtliche Vorhalt einer gerichtlichen Verurteilung nur dann als gerechtfertigt, wenn er sich auf Verhältnisse stützen kann, die in der Gegenwart noch fortbestehen, oder doch in ihren Folgen naturgemäß sich noch fühlbar machen (Bundesbl. 1895, I, 60 und 1896, II, 37).

Im Entscheide Bodevin wurde betont: Wenn auch der Bundesrat in konstanter Praxis daran festgehalten hat, daß die Lösung

30 der Bedürfnisfrage in erster Linie Sache der kantonalen Behörde ist, und der Bundesrat sich in der Regel einer Nachprüfung der kantonalen Entscheidung enthalten hat, so darf dies nicht so aufgefaßt werden, als ob der Bundesrat sich damit des Rechtes der Prüfung des Bedürfnisbegrio'es ü b e r h a u p t begeben hätte.

Insbesondere muß ihm die Befugnis zustehen, da einzuschreiten, wo der Bedüfnisparagraph einer kantonalen Gesetzgebung in einschränkendster Auslegung auf Verhältnisse angewendet werden will, auf welche weder die Bundesverfassung bei Revision des Art. 31, noch das kantonale Gesetz selbst die im Interesse des öffentlichen Wohles gebotene Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit ausdehnen wollten. Nun war bei der Aufstellung des Begriffes des öffentlichen Wohles nur beabsichtigt, den sittlichen und ökonomischen Schädigungen, welche eine zu große Zahl von Wirtschaften mit sich bringt, entgegenzutreten, nicht aber die Konkurrenz im Wirtschaftsgewerbe überhaupt unmöglich zu machen (vgl. Salis, Bundesrecht, u, 2(i2 u. f.). Selbst wenn es daher richtig wäre, daß eine Krise im Hoteliergewerbe von Freiburg durch die Konzessionierung eines neuen Hotels bevorstünde, so wäre die dadurch verursachte Schädigung der Interessen von Inhabern bestehender Hotels nicht notwendigerweise auch eine solche allgemeiner Interessen, welche aus Gründen des öffentlichen Wohles zu verhindern wäre.

Im weitern wurde die Frage des Bedürfnisses eines den Anforderungen des Verkehrs entsprechenden Etablissementes auch vom Staatsrate nicht in Abrede gestellt. Da das zu errichtende Etablissement diesen Zweck erfüllte, mußte in der Abweisung des Rekurrenten eine Verletzung der Handels- und Gewerbel'roiheit erblickt werden ; denn es ist eine Verletzung der Gewerbefreiheit, wenn ein Wirtschaftspatent verweigert wird, trotzdem ein Bedürfnis vorhanden ist.

4. In p r o z e s s u a l e r Beziehung verweisen wir vorerst auf den in extenso abgedruckten Entscheid vom 6. Dezember in der Beschwerdesache D e g e l o - M u h e i m (Bundesbl. V, 905 ff.i, worin festgestellt wurde : Einem kantonalen Wiedererwägungsgesuche kann eine den bundesrechtlichen Fristenlauf hindernde Bedeutung nicht zugemessen werden, wo dies nicht ausdrücklich allgemein oder im einzelnen Fall bestimmt ist. Denn ein Wiedererwägungsgesuch bezweckt nicht eine Entscheidung über einen durch die Instanz, an welche es gerichtet ist, noch nicht geprüften Thatbestand,

31 sondern eine nochmalige Untersuchung einer schon beurteilten Sache ; es richtet sich auch nicht an eine neue Instanz, sondern an diejenige, welche bereits in der Sache entschieden hat. Deshalb kann ein Wiedererwägungsgesuch auch nicht mit einem erneuerten Konzessionsgesuch auf gleiche Linie gestellt werden.

Wollte man anders entscheiden, so läge es in der Hand säumiger Gesuchsteller, die sechzigtägige Frist jederzeit durch Einreichung eines Wiedererwägungsgesuches bei den kantonalen Behörden zu umgehen. Allerdings steht dem Beschwerdeführer nichts entgegen, trotz des derzeit abweisenden Bescheides für ein folgendes Patentjahr ein Gesuch zn stellen und im Falle der Abweisung sich bei den Bundesbehörden zu beschweren ; diese Möglichkeit kann aber keineswegs auf die rechtskräftig abgeurteilte Sache des laufenden Jahres ausgedehnt werden.

Von gleichen Erwägungen ausgehend, trat der Bundesrat nicht ein auf die Beschwerden: A m an n, Josef, in Küßnacht, Schwyz (Bundesratsbeschluß vom 27. Juli) und E l i s e W e b e r F r i e s , in Goldau (Bundesratsbeschluß vom 1. Mai). In den genannten, insbesondere aber der Entscheidung vom 13. März 1900 in Sachen Dr. 0. D i e t h e l m , Advokat in L a c h e n , namens fünfzig das Wirtschaftsgewerbe treibender Häuserbesitzer, wurde daran festgehalten, daß der Bundesrat zu Prüfung von Wirtschaftsbeschwerden nicht von Amtes wegen, sondern nur auf rechtzeitig eingereichten Antrag hin verpflichtet ist, da die Bundesverfassung in litt, c des im Jahre 1885 revidierten Artikels 3l den Kantonen vorbehält, auf dem Wege der Gesetzgebung die Ausübung des Wirtschaftsgewerbes und des Kleinhandels mit geistigen Getränken den durch das öffentliche Wohl geforderten Beschränkungen zu unterwerfen. Im letzten Falle war eine Beschwerde gegen das am 11. August 1899 erlassene, den 24. September vom Volke angenommene neue schwyzerische Wirtschaftsgesetz erst nach Ablauf der im Organisationsgesetxe vorgeschriebenen sechzigtägigen Frist, somit verspätet, eingereicht worden.

Auf das gegen den Entscheid des Bundesrates vom 11. Dezember 1899 eingereichte W i e d e r e r w ä g u n g s g e s u c h des E u g è n e C o m t e in Vernier (Genf) ist der Bundesrat mit Beschluß vom 30. Januar 1900 nicht eingetreten, da für dasselbe eine rechtliche Grundlage im Organisationsgesetz vom 22. März 1893
nicht geschaffen sei und übrigens auch die neu angeführte Thatsache (der Verleihung eines Übertragungspatentes an einen ändern Bewerber) eine Verletzung der Rechtsgleichheit durch den Staatsrat von Genf nicht begründete.

32

5. Der gegen den Entscheid des Bundesrates vom 7. November 1899 bei der Bundesversammlung erhobene Rekurs des H. S c h n e i d e r i m M ü hl e thal (vgl. Geschäftsbericht für das Jahr 1899, Bundesbl 1900, l, 815) ist gemäß unserm Antrage (Bundesbl. 1900, I, 747 ff. und 752 ff.) durch Schlussnahme vom 28. März/9. Juni 1900 als unbegründet abgewiesen worden.

6. Die Steuerrekurse der Internatina leu ti ch l a f w a g e n g e s e l l s c h a f t (vgl.: Entscheid des Bundesrates vom 28. Januar 1898, Bundesbl. 1898, I, 182 uud 1899, I, 376/377 ; Entscheid des Bundesrates vom 21. März 1899, Bundesbl. 1899.

I, 875 ff. und 376/377, sowie Bundesbl. 1900, I, 813, Zitier 10) haben nun durch Vermittlung unseres Justiz- und Polizeidepartements ihren Abschluß gefunden, derart, daß s ä m t l i c h e bezüglich des Speisewagenbetriebes der Gesellschaft in Betracht fallenden Kantone sich auf eine einheitliche, von der Gesellschaft zu bezahlende Wirtschaftstaxe auf Grundlage eines Kilometersatzes von Fr. 1. 75 (Fr. 0. 58 fü1/3;Jahresbetriebb, Fr. 0. 43 für ' < Jahresbetrieb) geeinigt haben.

2. Hausierwesen

u. V e r w e i g e r u n g v o n H a u s i e r p a t e n t eu für A u s l ä n d e r . Unsern Entscheid vom 27. Februar 1900 über die Beschwerde des Giovanni G u g l i e l m i , von Oleggio, und des Michele P e r i n i , von Massiole (Italien), betreffend die Verweigerung der Erteilung von Hausierpatenteu durch die Regierung des Kantons Thurgau haben wir im Bundesblatte (Bundesbl. 1900, I, S. 615 ü.) in extenso zum Abdruck gebracht. Wir stellten vorerst fest, daß sich die in den Staatsverträgen garantierte Gleichstellung mit den Schweizerbürgern auf die g a n z e Rechtsstellung von Angehörigen der Vertragsstaaten beziehe; sie gieb ihnen das Recht darauf, daß sie auch in Gesetzgebung und Verfahren den Schweizerbürgern anderer Kantone gleichgehalten werden müssen : so steht ihnen namentlich, soweit, ihre Person, ihr Eigentum oder die Ausübung des Gewerbes in Betracht kommt, das Beschwerderecht und die Berufung auf Art. 31 der Bundesverfassung zu.

Die Tragweite des Art. 31 der Bundesverfassung ist nun vom Bundesrate stets so aufgefaßt worden, daß den Kantonen das Recht zuerkannt wird, über die Ausübung des Hausiergewerbes Verfügungen zu treffen ; dieselben dürfen jedoch den Grundsatz des Art. 31 der Bundesverfassung selbst nicht beeinträchtigen.

Und speciell mit Bezug auf den Hausierhandel wurde festgehalten,;

33

daß der Versuch, den Hausierhändler zu nötigen, in jedem Kantone, den er betreten will, um seinen Handel zu treiben, vorerst die Niederlassung zu erwerben, eine Aufhebung des Hausierhandels selbst und eine Beeinträchtigung der Handelsfreiheit wäre, welche über das hinausgeht, was den Kantonen betreffs Ausübung von Handel und G-ewerbe zu verfügen gestattet ist (Bundesbl. 1876, H, 8. 579; Salis, Bundesrecht, TI, Nr. 611).

Da nun dem angefochtenen Regierungsratsbeschlusse der /weck zugeschrieben werden mußte, in Mißachtung dieser bundesrechtlichen Grundsätze eine sogenannte Eindämmung des Hausierhandels zu versuchen, so konnte ihm seitens der Bundesbehörden kein Schutz gewährt und mußte die Beschwerde gutgeheißen werden.

b. V e r w e i g e r u n g des Hausierpatentes für Prämienl o s h ä n d l e r . Die Beschwerde des L.-A. Jaquet wurde den 31. Juli (Bundesbl. 1900, III, S. 781 ff.) mil; der Begründung abgewiesen : Im tessinischen Hausiergesetee vom 21. November 1879 wird dem Staatsrate die Befugnis eingeräumt, jedwedes Hausiergewerbe vollständig zu untersagen, dessen Ausübung in Bettelei oder Betrug des Publikums ausartet oder welches der guten Sitte zuwiderläuft. In Anwendung dieser Bestimmung verweigerte der Staatsrat dem Agenten einer Prämienlosbank die Ausstellung eines Hausierpatentes sowohl, als die Abgabe einer Erklärung, wonach es ihm erlaubt sein solle, im Kanton Tessin seine Prämienlose abzusetzen.

Diese Stellungnahme der Regierung des Kantons Tessin erscheint nach Maßgabe der kantonalen Gesetzesvorschrift als unanfechtbar; sie widerspricht aber auch nicht dem Bundesrechte. Denn in den Entscheidungen vom 17. Mai 1895 in Sachen Alois Bernhard (Bundesbl. 1895, ITI, S. 4) und in Sachen der Genossenschaft Crédit à l'épargne vom 8. Oktober 1897 wurde es als bundesrechtlich zulässig erklärt, daß die Kantone gewisse Arten von Geschäften in Prämienobligationen verbieten, die sich zwar .nicht direkt als Lotterie qualifizieren, aber doch zu einer Übervorteilung des Publikums Anlaß bieten können. An dieser Rechtsauffassung wurde im Entscheide vom 30. Mai 1899 in Sachen Joh. Frick (Bundesbl. 1899, III, S. 1017 ff., und 1900, l, S. 818/819) voll und ganz festgehalten, da es nicht Sache des Bundesrates, als Schützer eines verfassungsmäßigen Handels- und Gewerbebetriebes, sein könne, einen Geschäftsbetrieb im Gegensatze zu der kantonalen Gesetzgebung zu schützen, der den Hang zu einem arbeitslosen Bundesblatt. 53. Jahrg. Bd. II.

3

34

Gewinn verbreitet, dem wahren Gewerbefleiß hinderlich ist und die Moralität, sowie die häuslichen Verhältnisse derjenigen Bürger gefährdet, die sich einer solchen Spielsucht hingeben. Es liegen keine Gründe vor, von dieser Stellungnahme, die auch in den eidgenössischen Räten keine Anfechtung, sondern Unterstützung gefunden hat, im vorliegenden Falle abzugehen.

c. P o l i z e i l i c h e B e s c h r ä n k u n g e n k ü n s t l e rise hei' H a u s i e r g e w e r b e . Durch die in den Art. 4, 7 und Iß des st. gallischen Gesetzes über den Marktverkehr und das Hausierwesen vom 17. Mai 1887 niedergelegten Grundsätze, betreffend die Patentbewilligung zur Ausübung künstlerischer Hausiergewerbe (umherziehende Schauspieler, Sänger, Musikanten u. dgl.), wird dieser Gewerbebetrieb gewissen im Interesse des öffentlichen Wohles und der öffentlichen Sittlichkeit liegenden Bestimmungen und Beschränkungen unterworfen. Eine solche Einschränkung ist durch konstante Praxis des Bundesrates als bundesrechtlich zulässig erklärt worden (vgl. Salis, Bundesrecht, II, Nr. 550 ff. ; siehe auch Bundesratsbeschluß vom 27. Oktober 1899 über die Beschwerde des Verbandes schweizerischer Kochfettfabrikanten, Bundesbl. 1899, V, S. 72 ff.). Der Beschwerdeführer stellt sich allerdings auch auf den Boden des st. gallischen Hausiergesotzes ; er behauptet aber, es liegen keine Gründe vor, ihm das Patent als Nationalsänger zu verweigern, da er einen guten Leumund besitze und noch nie mit den Behörden in Konflikt gekommen sei. Dem gegenüber hat der Regierungsrat des Kantons St. Gallen durch Einlage einer großen Anzahl von Polizeirapporten u. dgl.

nachgewiesen, daß M. auf das im Hausiergesetze aufgestellte Requisit eines guten Leumundes keinerlei Anspruch machen kann und schon vielfach Einschreiten polizeilicher Behörden veranlaßt hat. Es wurde demnach die Patentverweigerung durch die kantonale Behörde als eine im Sinne des Art. 7, litt, c, des st. gallischen Hausiergesetzes begründete erklärt (Beschluß des Bundesrates vom 29. März 1900).

3. Patenttaxen der Handelsreisenden.

Auf die Beschwerden des Julius M e i e r in Würenlingen (Aargau) und der Firma Emil B r a n d i i , zum Rothaus in Wädenswil, und des A. W a l i n in Scanfs (Graubünden), welche wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden vom 24. Juni 1892 gerichtlich gebüßt worden waren, wurde nicht eingetreten, da nach Art. 182 in Verbindung

35 mit Art. 190 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege wegen Verletzung privatrechtlicher oder strafrechtlicher Vorschriften des eidgenössischen Rechtes durch Entscheide von Kantonsbehörden eine staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesrate nicht erhoben werden kann. Gegen solche Erkenntnisse ist nur die Kassationsbeschwerde beim Bundesgerichte gemäß Art. 160 des Organisationsgesetzes zulässig. (Entscheide des Bundesrates vom 20. November und 13. Dezember, Bundesbl.

1900, IV, 8. 996 ff.)

4. Verfügungen vom Standpunkte öffentlicher

Interessen.

a . P a t e n t - u n d K a u t i o n s p f l i c h t d e r Viehhändler.

Othmar B r a u n , Landwirt und Viehhändler in Bronschhofen bei Wil (St. Gallen), verlangte vom Bundesrate unter Berufung auf Art. 31 der Bundesverfassung die Aufhebung des Urteils deiIli. Appellatiouskammor des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 11. August 1900, weil dasselbe, indem es ihn in Anwendung des zürcherischen Gesetzes betreffend den Vieh verkehr vom 22. Dezember 1895 zur Lösung eines Viehhandelspatentes für den Minimalbetrag von Fr. 50 (Art. 12 des Gesetzes), sowie zur Erlegung einer Kaution im Betrage von Fr. 5000 (Art. 11, Absatz l, des Gesetzes) zwingt, ihm den Ankauf von Vieh im Kanton Zürich verunmögliche.

Die Beschwerde wurde den 27. November abgewiesen; die einläßliche Begründung findet sich im ßundesblatt 1900, IV, S. 780 ff.

b. P a t e n t p f l i c h t v o n Liegenschaftsagenten. Rudolf B e s s e r t in Niederlenz (Aargau), der berufsmäßig das Gewerbe eines Liegenschaftsagenten betreibt, focht die Schlußnahme des Obergerichts des Kantons Aargau vom 30. Juni 1899 an, weil dieselbe sein Gewerbe in einer den Art. 31 der Bundesverfassung verletzenden Weise der aargauischen Verordnung betreffend die Geschäftsagenten (vom 17. Mai 1886)^ und deren Beschränkungen unterwerfe und er damit gegenüber ändern Liegenschaftsagenten schlechter gestellt werde. Wir wiesen die Beschwerde den 19. Januar 1900 aus den im Bundesblatt 1900, I, S. 104/106, abgedruckten Gründen ab. Die Gesichtspunkte, welche eine Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit insofern rechtfertigen, als sie das Publikum vor Ausbeutung und Schädigung durch gewisse, leicht allgemein verderblich wirkende Erwerbsaweige mittelst Kontrollierung derselben zu schützen suchen,

35

müssen für das Geschäft der Liegenschaftsagenten als zutreffend erachtet werden.

c. V e r b o t p r i v a t e r W a s s e r v e r s o r g u n g . Arnold» B u e t ti beschwerte sich, weil ihm verweigert werde, Trinkwasser in der Gemeinde Muralto (Tessin) zu verkaufen. In den zur Abweisung des Rekurses führenden Erwägungen seines Entscheides vom 17. Juli (Bundesbl. 1900, IH, S. «01 ff.) führte der Bundesrat aus : Es kann dem Staatsrat darin nicht recht gegeben werden, wenn er erklärt, die Maßregel, wodurch dem Beschwerdeführer eine bisher gestattete Art des Wasserverkaufs heute untersagt wird, sei schon damit gerechtfertigt, daß sie für die Gemeinde Muralto nützlich und gewinnbringend sei. Dieser Umstand genügt nicht, um eine Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheil '/M begründen und einer Gemeinde ein Monopol zu verschaffen ; nur vom Gesichtspunkt des öffentlichen Wohles aus kann im Sinn und Geist von Art. 31, litt, c, der Bundesverfassung die Handelsund Gewerbefreiheit eingeschränkt werden.

Trotzdem sei die Beschwerde unbegründet, soweit sie darauf abziele, die Aufhebung eines Verbotes des Handels mit Wasser zu erwirken ; denn ein solches Verbot existiere überhaupt nicht.

Es ist dem Rekurrenten nur verweigert worden, seine Leitungen über den Grund und Boden der Gemeinde zu legen. Dies kann der Gemeinde nicht verboten werden ; es ist ein Ausfluß ihres Verfügungsrechtes über den öffentlichen Grund und Boden.

Muß die Behauptung des Rechtes der Gemeinde in dieser Hinsicht als der Bundesverfassung nicht widersprechend anerkannt werden, so bleibt anderseits dem Beschwerdeführer unbenommen, nach wie vor seinen Handel mit Wasser in der Ausdehnung zu betreiben, als er eben über den Grund und Boden verfügungsberechtigt ist, dessen er zur Leitung des Wassers bedarf.

5. Feuerpolizei.

In dem im Bundesblatt 1900, IH, S. 533 ff., in extenso abgedruckten Beschwerdeentscheide Nikiaus Bücher in Werthenstein (Luzern), vom 30. Juni 1900, hat der Bundesrat festgestellt: Es ist vom Beschwerdeführer selbst zugestanden worden, daß die Bewilligung zum Betriebe einer Bäckerei in dein Anbaue seines Wohnhauses trotz der Garantie der Handels- und Gewerbefreiheit nicht erteilt zu werden braucht, sofern dieser Anbau als

37

feuergefährlich erklärt werden müßte; dies ist nun aber von der zuständigen kantonalen Behörde in bundesrechtlich unanfechtbarer Weise geschehen. Und es steht in der That den Kantonen zu, den Gewerbebetrieb bestimmten, im Interesse der öffentlichen Sicherheit liegenden Bedingungen und Beschränkungen zu unterwerfen ; zu solchen Beschränkungen gehören unzweifelhaft auch diejenigen feuerpolizeilicher Natur (vgl. Salis, Bundesrecht, II, Nr! 550, 554 bis 558, 560; Bundesbl. 1895, II, S. 148; Entscheide des ßundesrates vom 3. Juli 1899 in Sachen GosehNehlsen, Bundesbl. 1899, IV, 8. 112 ff., und 1900, l, S. 819/820, und in Sachen des Verbandes schweizerischer Kochfettfabrikanten vom 27. Oktober 1899, Bundesbl. 1899, V, S. 96/97, u. a. m.).

Daß von einer Willkür bei Fällung der kantonalen Entscheide nicht gesprochen werden könne, ist vom schweizerischen Bundesgerichte in für den Bundesrat verbindlicher Weise entschieden worden.

6. Straßenpolisei.

Chr. S t e t t i er und Konsorten beantragten mit Beschwerde vorn 10./12. November 1900 beim Bundesrate die Aufhebung der in der ,,Marktverordnung für die Stadt Bern01 vom 27. Juni 1900 und im ,,Abonnementstarif für Marktplätze" vom gleichen Datum aufgestellten Taxen für die Benützung der Verkaufsplätze auf dem Fleischmarkt von Bern, sowie das Verbot der Versteigerung der Marktstände, wegen Verletzung von Art. 2 des bernischen Gesetzes vom 24. März 1878 über den Marktverkehr und den Gewerbebetrieb im Umherziehen, sowie Art. 31 der Bundesverfassung.

In erster Linie wurde festgestellt, daß, insofern die Beschwerdeführer eine Verletzung von Bestimmungen des bernischen Marktgesetzes durch die angefochtene Marktordnung behaupten, der Bundesrat nicht kompetent sei, auf die Beschwerde einzutreten.

Sodann ist nicht zu bestreiten, daß Marktgebühren, welche, wie die in der Marktordnung vorgesehenen Taxen für die Verkaufsplätze, ihrem Wesen nach zum Teil auf dem Verfügungsrecht der Behörden über die Benützung der Straßen, zum ändern Teil auf ihrem Recht zum Erlaß allgemeiner Verfügungen über die Ausübung von Handel und Gewerbe überhaupt beruhen, an sich zulässig sind. Auch diese Verfügungen dürfen aber, wie litt, e von Art. 31 der Bundesverfassung wiederholt, den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit selbst nicht beeinträchtigen. Nun hat aber der Bundesrat in konstanter Praxis, zuletzt

38

in seinem Beschluß vom 30. März 1899 in Sachen Elise Dreyfuü (Bundesblatt 1899, II, S. 530 ff.), festgestellt, es werde durch die Erhebung von Gebühren (Taxen, Steuern) die Handels- und Gewerbefreiheit nur dann in unzulässiger Weise eingeschränkt, wenn dieselben in einer Höhe angesetzt werden, daß ein gewinnbringender Gewerbebetrieb ganz oder doch nahezu veruumüglicht werde. Dies wird aber vorliegenden Falles von den Beschwerdeführern nicht behauptet und ist auch nach Lage der Verhältnisse nicht anzunehmen.

Dagegen war eine Verletzung von Art. 4 in Verbindung mit Art. 31 der Bundesverfassung festzuhalten. Als eine Ungleichheit ist es zu betrachten, wenn einigen oder einer ganzen Klasse von Gewerbetreibenden Gebühren ganz oder teilweise erlassen werden, weil diese Personen auf ändern Gebieten des öffentlichen Lebens bereits Lasten tragen. Denn damit, daß die Stadtmeteger, wie der Regierungsrat des Kantons Bern ausführt, in der Stadt Steuern zahlen, werden ihre Leistungen für Marktgebühren nicht berührt. Ganz abgesehen davon, daß die Landmetzger ebenfalls Steuern zu zahlen haben, ist eine solche Vergleichung und Kompensation von öffentlich-rechtlichen Lasten, die ihrer Natur nach gänzlich verschiedener Art sind, schlechterdingH ausgeschlossen.

Die Beschwerde wurde deshalb als im Sinne der Erwägungen begründet erklärt und Ziffer 3, Schlußsatz, des stadtbernischen Abonnementstarifs für Marktplätze als verfassungswidrig aufgehoben. (Beschluß des Bundesrates vom 31. Dezember 1900: Bundesbl. 1901, I, S. 68 ff.)

7. Gesundhetispolwei.

a. V o r s c h r i f t e n ü b e r den M i l e h v e r k a u f. In feststehender Praxis hat es der Bundesrat als zu den leginlativen Befugnissen der Kantone gehörend erklärt, auf dem Gebiete der Lebensmittelpolizei beschränkende Vorschriften zu erlassen ; sobald diesen Vorschriften ein wirkliches öffentliches Interesse zu Grunde liegt, das sie vor unbefangener Prüfung zu rechtfertigen vermag, genießen sie bundesrechtlichen Schutz. Als ein solches Interesse erscheint der Schutz der Kousumenten von Lebens- und Genußmitteln in sanitätspolizeilicher Beziehung, der Schute vor verdorbenen und gesundheitsschädlichen Stoffen. (Vgl.

Salis, Bundesrecht, H, Nr. 550, 554 bis 558, 560; Bundesbl.

1895, II, S. 148; Entscheidungen des Bundesrates in Sachen

39

Gosch-Nehlsen vom 3. Juli 1899, Bundesbl. 1899, IV, S. 112 ff., und 1900, I, 8. 819/820, und insbesondere in Sachen des Verbandes schweizerischer Kochfettfabrikanten vom 27. Oktober 1899, Bundesbl. 1899, V, S. 96/97, und 1900, I, S. 740 ff.)

Durch die Kantonsbehörde wurde vorliegenden Falles nachgewiesen und vom schweizerischen Gesundheitsamte in ausführlichem Gutachten bestätigt, daß das Mitführen von übelriechenden oder in Gärung befindlichen Stoffen auf Milchwagen eine vom hygieinischen Standpunkte aus verwerfliche Art des Gewerbebetriebes der Milchlieferanten darstellt.

Art. 3 der zürcherischen ^Vorschriften über den Milchverkehra, der über die Sanktion eines diese sanitarischen Übelstände hebenden Verbotes nicht hinausgeht, konnte deshalb nicht mit Berufung auf Art. 31 der Bundesverfassung, welcher in litt, e ausdrücklich die ,,Verfügungen über Ausübung von Handel und Gewerben" vorbehält, angefochten werden. (Bundesratsbeschluß vom 19. Juni 1900 in Sachen Goßweiler und Konsorten ; Bundesbl.

1900, III, S. 445 ff.)

&. M i n i m a l t a x e n für den A r z n e i v e r k a u f . Durch Bundesratsbeschluß vom 16. Juni 1900 betreffend die'Beschwerde des B. G u i l l a u m e - G e n t i l , Apothekers, ist der Regierungsrat des Kantons Baselstadt eingeladen worden, den Art. 2 der Verordnung betreffend das Apothekerwesen vom 14. Oktober 1899 dahin abzuändern, daß die verbindliche Minimaltaxe für den Verkauf von Apothekerwaren darin beseitigt werde. Wenn auch der Zweck der Ansetzung eines solchen Minimalpreises darin besteht, die Abgabe der Arzneien in möglichst tadellosem Zustande zu bewirken, so mußte doch festgestellt werden, daß dem Staate bei der weitgehenden Kontrolle über das Apothekergewerbe hinreichende Mittel an die Hand gegeben seien, ohne Pestsetzung eines Minimalpreises die vom Apotheker verkauften Waren in ihrer Qualität auf einem allen Anforderungen entsprechenden Stande zu erhalten ; die Minimalpreisbestimmung war demnach als unzulässige, zu weitgehende Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit zu erklären. (Die eingehende Begründung findet sich Bundesblatt 1900, III, S. 403 ff.)

S. Schutz des Publikums yeyen unlauteres

Geschäftsgebaren.

a. V e r k a u f von K u n s t w e i n e n. Ein gewisser Jean B e e r l i beschwerte sich über die ihm vom thurgauischen Regie-

40

rungsrat auferlegte Verpflichtung, die in seinem Keller liegenden Kunstweine durch Verschnitt mit Naturreinen zu verbessern.

Der Bundesrat erklärte die Beschwerde begründet, indem er wesentlich von dem Gesichtspunkte ausging, daß ein feststehender Begriff des "Kunstweines" wonach derselbe einen bestimmten Gehalt aufweisen müsse, nicht existiere und deshalb einem Kunstweinverkäufer auch nicht die Verpflichtung auferlegt werden könne, seiner Ware einen Zusatz von Naturwein zu machen. (Tgl. Bundesbl. 1900, IV, S. 910.)

l. Verbot des Gella-, Hydra- oder Schneeballsystems. In den beiden, in Bundesblatt 1900, III, S. 465 ff.

und 479 tï'., vollständig reproduzierten Entscheiden vom 19. Juni 1900, die Beschwerden Charles G r o s & Cie. und Honoré R o c h e betreffend, hat sich der Bundesrat über die verfassungsmässige Zulässigkeit von Verboten des sogenannten Gella-, Hydra- oder Schneeballsystems ausgesprochen und festgestellt, daß der Vertrieb vonSchneeballgutscheinenn und -coupons thatsächlich in Prellerei des Publikums ausartet.

Dabei wurde noch bemerkt, daß, wie aus einem Urteil des Civilgerichtes von Lille (vgl. Semaine judiciaire 1900, p. 270 ff.)

hervorgeht, auch" in Frankreich die Geschäfte nach dem Schneeballsystem als den guten Sitten und ehrbarer Kaufmannsart widersprechende aufgefaßt und civilrechtlich nichtig erklärt worden sind (.,que de tels résultats sont contraires à la moralité dos opérations commerciales et de nature à nuire aux négociants honnêtes qui se contentent de prélever un bénéfice légitime sur les marchandises vendues que le contrat doit donc être déclaré nul comme contraire à la morale et à Tordre public1").

In dem ungedruckten Entscheide in Sachen G r o s gegen G e n f , vom 19. Juni 1900, wurden dieselben Erwägungen zur Abweisung der Beschwerde geltend gemacht.

n. Niederlassungsrecht, Im Berichtsjahre wurde wiederum kein Ausweisungsrekurs begründet erklärt; die Großzahl wegen Verspätung abgewiesen.

Die U n z u l ä n g l i c h k e i t der bloß k a n t o n a l e n A u s w e i s u n g illustriert folgende Angelegenheit : Die aus Frankreich stammende Familie N o g u è s - C h e v a 11 e y ist wegen schlechter Aufführung im Jahre 1880 aus dem Kanton Waadt und im Jahre 1881 aus dem Kanton Genf weggewiesen worden; die Familie

41

ist in .Frankreich und der Schweiz wiederholt vorbestraft und almosengenössig. Gegen die Ausweisungsverfügung des Kantons W a a d t ergriff sie Rekurs an den Bundesrat; derselbe wurde jedoch hinfällig, da inzwischen die Familie den Kanton freiwillig verlassen hatte. Ein Rekurs sodann wegen Ausweisung aus dem Kanton G e n f ist durch Bundesratsbeschluß vorn 2. September 1881 abgewiesen worden. Die Familie wandte sich an die Bundesversammlung; den 9. Dezember 1881 wurde der Rekurs vom Ständerate, den 30. Januar 1882 vom Nationalrat abgewiesen. Durch Bundesratsentscheid vom 16. Oktober 1894 wurden weiterhin verschiedene Rekurse der Familie abweisend beschieden. Im seihen Jahre verwiesen wir sie mit einer Beschwerde gegen einen Ausweisungsbefehl des Justizdepartements von Wallis vorerst an die kantonale Oberbehörde. Im August 1897 wurden die Noguès aus dem Kanton Waadt verwiesen; auf eine verspätete Beschwerde wurde nicht eingetreten.

Durch Bundesratsbeschluß vom 1. Mai 1900 wurden wiederum verschiedene Eingaben der Querulantin abweisend beschieden.

Darauf wandte sich dieselbe am 5. Mai 1900 mit dem Gesuche an uns, ihr eine Frist von acht Tagen zu gewähren ; auf das Ansuchen konnte wegen Inkompetenz nicht eingetreten werden (Bundesratsbeschluß vorn 11. Mai 1900). Durch Verfügung vom 31. August verwies der Kanton Genf die Familie, gestützt auf den früheren Ausweisungsbeschluß vom 8. Juli 1881 ; durch Entscheid vom B. Oktober 1900 hatte der ßundesrat die gegen diese Schlußriahme geltend gemachte Einrede der zehnjährigen Verjährung als unbegründet abzuweisen, da dieselbe durch keine Gesetzesbestimmung vorgesehen ist. Hierauf teilte uns Jean Noguès durch Schreiben vom 10. Oktober 1900 mit, daß er die Angelegenheit dem Ministerium des Innern unterbreitet habe und daß er Revision des letzten Bundesratsentseheides verlange. Durch Entscheid vom 15. Oktober 1900 beschloß der Bundesrat Nichteintreten auf das Gesuch und erklärte gemäß Art. 196, Absatz 2, des Organisationsgesetzes seinen Beschluß vom 6. Oktober 1900 als sofort vollziehbar. Eine gegen die letzte Schlußnahme erneute Beschwerde vom 20. Oktober 1900 wurde vorläufig ad acta gelegt.

Im e i n z e l n e n mag nocli bemerkt werden: 1. Der Bundesrat hat grundsätzlich an der Praxis festgehalten (Salis, I, Nr. 191, S. 342), Beschwerden, die vor Erschöpfung .des kantonalen Instanzenzuges an ihn gerichtet wurden, an die

42

kantonale Oberbehörde zurückzuverweisen. (Bundesratsbeschluss vom 20. Juli 1900 in Sachen Auguste C lia I m e y in Beurnevésin, Kt Bern.)

2. Dagegen wird eine solche Rückweisung als unnötige Verzögerung des rechtskräftigen Endentscheides unterlassen, wo die kantonale Oberbehörde sich zum vornherein mit der Rechtsauffassung der untern Instanz einverstanden erklärt und die Einrede der Umgehung der kantonalen Oberinstanz selbst nicht erhebt. (Entscheid des Bundesrates vom 24. August 1900 in Sachen B ertraudo.)

3. Auf das von J E. eingereichte Gesuch, der Bundesrat möchte die Vollziehung einer vom Staatsrate des Kantons Genf gegen ihn erlassenen Ausweisungsverfügung für ein Jahr s i s t i e r e n , wurde wegen Inkompetenz nicht eingetreten (Bundesratsbeschluß vom 3. März 1900), da dem Bundesrate einzig der Entscheid darüber zusteht, ob eine kantonale Ausweisungsverfügung die Grundsätze eines Staats Vertrages über Niederlassung verletzt ; die kantonale Regierung hat über solche Verschiebungsgesuche Beschluß zu fassen.

4. Die iu Art. l des Niederlassungsvertrages zwischen der Schweiz und Deutsehland, vom 31. Mai 1890 (A. S. n. F. XI, S. 515 ff.), den deutschen Staatsangehörigen gewährleisteten Rechte der dauernden Niederlassung oder des zeitweiligen Aufenthaltes in der Schweiz können nur dann beansprucht werden, wenn der Deutsche mit einem Z e u g n i s seiner Gesandtschaft versehen ist, durch welches bescheinigt wird, daß der Inhaber die deutsche Reichsangehörigkeit und einen unbescholtenen Leumund besitzt.

Da der schon 1895 aus Zürich wegen Vorbestellung verwiese E. S t r e c k f u ß aus Baden zugestandenermaßen dieses Gesandtschaftszeugn nicht besaß, sondern bloß einen bis 20. Januar 1901 gültigen Heimatschein, wurde seine Beschwerde gegen seine erneute Ausweisung aus dem Kantone schon aus diesem Grunde, in Anwendung von Art. 184 des Organisationsgesetzes vom 22. März 1893, als unbegründet abgewiesen. (Bundesratsbeschluß vom 25. Juni 1900.)

m. Konfessionelles.

1= B e s c h w e r d e n wegen u n s c h i c k l i c h e r Beerdigung.

u. Der Bundesrat hat in verschiedenen Entscheiden festgestellt, daß im Kanton Freiburg das Läuten der Glocken bei

43

Beerdigungen üblich ist und demnach im Unterlassen dieses Geläutes eine Verletzung von Art. 53, Absatz 2, der Bundesverfassung erblickt werden maß.

Dagegen kann von einer solchen Verf'assungsverletzung nicht gesprochen werden, wo einem Protestanten, der nicht in einer freiburgischen, sondern der benachbarten waadtländischen Gemeinde beerdigt wurde, nach allgemeinem Gemeindebrauch von den freiburgischen Kommunalbehörden nicht ,,auf den Wega geläutet wird, (ßundesratsentscheid vom 1. Juni 1900 in Sachen Jules S p ah r.)

b. Da im Kanton St. Gallen kraft Art. 22 der Vollzugsverordnung zum Begräbnisgesetz vom 22. Oktober 1873 bisher bei jedem Begräbnis geläutet worden ist, hat sich der Gemeinderat von M ö r s c h w i l einer VerfassungsVerletzung schuldig gemacht, als er bei Beerdigung des Wursthändlers E b e r l e das übliche Grabgeläute versagte. Das Begehren der Nachgelassenen aber, die Leiche wieder auszugraben und unter dem üblichen Geläute zu beerdigen, wurde vom Bundesrate abschlägig beschieden.

Nach der in Ausführung von Art. 53, Absatz 2, der Bundesverfassung befolgten Rekurspraxis hat der Bundesrat die Exhumation von Leichen seit dem Jahre 1874 ein einziges Mal von einer Kantonsregierung verlangt; in einem ändern Falle ordnete die Kantonsregierung von sich aus die Ausgrabung einer Leiche an, weil dieselbe außerhalb des Kirchhofes beigesetzt worden war (Bundesbl. 1897, I, S. 390). Die Exhumation, die an sich dem Pietätsgefühl gegenüber den Toten widerstrebt und das menschliche Gefühl stößt, rechtfertigte sich in den beiden Fällen nur aus dem Umstand, daß durch die Verletzung der Bundesverfassungsbestimmungen ein thatsächlicher Zustand geschaffen worden war, der dadurch, daß er fortdauernd jedermann sichtbar war, stetsfort die Unschicklichkeit jener Beerdigung vor Augen rief und damit zu immer erneutem Ärgernis Anlaß geben mußte. Von alldem konnte aber im Falle der Beerdigung des Josef Eberle nicht die Rede sein ; hier handelte es sich bloß um eine die Beerdigung begleitende Handlung, um eine bloße Form, wegen deren Nichtbeachtung Beschwerde geführt wurde. Es hat daher der Bundesrat in diesem und ändern Fällen, wo wegen ungerechtfertigter Verweigerung des Grabgeläutes bei ihm Beschwerde geführt worden war, nie die Ausgrabung einer Leiche angeordnet, sondern immer nur einen Tadel gegenüber der fehlbaren Kantons- oder Gemeindebehörde ausgesprochen, verbunden mit der Aufforderung an die

44

Kantonsregierung, in ihrem Gebiet dafür besorgt zu sein, daß sich der Fall nicht wiederholen könne. (Salis, Nr. 738, 739 a, 741 ; Bundesrat in Sachen Samuel Bill, vom 24. August 1897; in Sachen Jean Werro vom 20. Juni 1898, und in Sachen Margarethe Staudenmann, vom 20. Juni 1898, Bundesbl. 1898, 111, S. 874.} Nachdem der Regierungsrat von St. Gallen von sich aus dem fehlbaren Gemeinderat von Mörschwil eine Rüge orteilt, hat der Bundesrat keine Veranlassung, weitere Maßregeln zu treffen. (Entscheid vom 29. März; Bundesbl. 1900, II, S. 429 ff.)

c. In der Beschwerdesache der Lea M. B r a s e y iu Rueyresles Prés Kantons Freiburg, hat der Bundesrat daran festgehalten, daß es Pflicht der bürgerlichen Behörden dieses Kantons sei, dafür zu sorgen, daß bei allen Beerdigungen das Grabgeläute stattfinde. Im weitem wurde festgestellt: An diesen Verhältnissen wird nichts geändert dadurch, daß der Kirchgemeinderat von Rueyres-les-Prés behauptet, die Kirchgemeinde sei Eigentümerin der Kirche, des Turmes und der .Kirchenglocken. Diese Auffassung ist vom Bundesrat schon mehri'ach zurückgewiesen worden, insbesondere im Entscheid über das Gesuch des reformierten Pfarrgemeinderates in Bulle vom 20. Juni 1898 (Bundesbl. 1898, III, S. 870}. Vollständig unhaltbar erscheint aber die in der Klage des Kirchgemeinderates von Rueyrcsles-Prés aufgestellte Behauptung, als enthalte die Beschwerde der Lea M. Brasey an den Bundesrat eine civilrechtliche Besitzesstörung. Im vorliegenden Falle ist dem Begräbnis der Frau BraseyHaldimann- unbestrittenermaßen wegen ihrer protestantischen Konfession durch den Pfarrer und den Kirchgemeinderat von Ruoyresles-Prés das Grabgeläute verweigert worden. Dieser Vorwurf d er Verfassungsverletzung trifft in gleichem Maße den fehlbarcn Gemeinderat und Pfarrer, wie den Staatsrat des Kautons Freiburg.

Denn nachdem in den Jahren 1897 und 1898 im Kanton Freiburg bei nicht weniger als drei Anlässen Art. 53 der Bundesverfassung verletzt und der Staatsrat wiederholt vom Bundesrat aufgefordert worden ist, dafür zu sorgen, daß dei- Bundesvfassung im Kanton Freiburg Nachachtung verschafft werde, lag es dem Staatsrat ob, den Gemeindebehörden des Kantons in bestimmt Weise, sei es durch eine Erklärung an sämtliche Aufstellen, sei es auf dem Wege des Erlasses einer Verordnung oder eines Gesetzes mit Strafbestimmungen für den Übertretungsfall die Befehle der Bundesverfassung in Erinnerung zu rufen und sie denselben nachzukommen zu zwingen.

45

Es wurde demnach der Staatsrat des Kantons Freiburg eingeladen, durch einen den Behörden sämtlicher Gemeinden des Kantons zuzustellenden Erlaß im Sinne der Erwägungen dafür zu sorgen, daß das Glockengeläute bei Beerdigungen nichtkatholischer Personen in gleicher Weise wie bei Beerdigungen von Katholiken stattfinde. (Bundesbl. 1900, II, S. 483 ff'.)

d. Die Begräbnisangelegenheit des in Gondo, Kantons Wallis.

beerdigten protestantischen Grenzwächters Louis C u r c h o d wurde mit Bundesratsbeschluß vom (5. November im Sinne der im Bundesblatt V, S. 576 ff., mitgeteilten Erwägungen als erledigt betrachtet und zugleich ward der Staatsrat des Kantons Wallis eingeladen, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, daß in Zukunft die ihm unterstellten Behörden für die Beobachtung der vom Bundesrecht geforderten schicklichen Form der Beerdigung (Glockengeläute) sorgen. Dabei wurde wiederholt festgehalten, daß die Anwendung des im Interesse des konfessionellen Friedens aller Schweizerbürger liegenden Prinzips des Art. 53, Absatz 2, der Bundesverfassung nicht dadurch in Frage gestellt werden könne, daß das private Eigentumsrecht einer Kirchgemeinde am Glocken^ geläute geltend gemacht wird; wo das Grabgeläute üblich ist.

folgt für die bürgerlichen Behörden die Pflicht, dafür zu sorgen, und zwar von sich aus, daß bei a l l e n Beerdigungen das Grabgeläute gestattet wird, ohne irgend welche Rücksicht auf dio ' Konfession des Verstorbenen. (Entscheide des Bundesrates vorn 24. August 1897 in Sachen Bill, Bundesbl. 1897, IV, S. 98; vom 20. Juli 1898 in Sachen Pfarrgemeinderat Bulle, Bundesbl.

1898, III, S. 861 ; vom 29. März 1900 in Sachen Eberle, Bundesbl.

1900, II, S. 429 ff.; vom 6. April 1900 in Sachen Brasey, Bundesbl. 1900, II, S. 483 ff., und vom 1. Juni 1900 in Sachen Spahr.)

2. U n z u t r e f f e n d e B e r u f u n g a u f Art. 53, Ab s a t z 2, der B u n d e s v e r f a s s u n g . Den 26. Dezember 189H hat das Regierungsstatthalteramt Nidau verfügt, die Einwohnergemeinde Biel sei mit ihrem Begehren um Errichtung einer Friedhofanlage auf dem zwischen der Centralbahn und dem Krähenberg in der Gemeinde Mett gelegenen Grund und Boden abgewiesen. Auf eine gegen die regierungsrätliche Gutheißung dieser Verfügung gerichtete Beschwerde trat der Bundesrat mit Beschluß vom 13. November, der im Bundesblatt 1900, V,.

S. 607 ff., in extenso abgedruckt ist, nicht ein. Darin wird zugegeben, daß Art. 53, Absatz 2, der Bundesverfassung unter

46

Umständen ein Einschreiten des Bundesrates von Amtes wegen ·rechtfertigen kann. Wenn dem Bundesrate, sei es in welcher Weise es wolle, bekannt würde, daß entgegen der Vorschrift dos citierten Verfassungsartikels das Begräbniswesen in irgend einem Kanton der Schweiz unter die Aufsicht der kirchlichen Behörden gestellt werden sollte, oder daß im konkreten Falle die Vorschriften des Art. 53, Absatz 2, der Bundesverfassung verletxl würden, auch ohne daß eine zur Beschwerde legitimierte Person dagegen Protest erheben würde, so würde der Bundesrat sich allerdings als verpflichtet ansehen, die geeigneten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Verfassungsrechtes zu ergreifen. Aber bei dem Rekurs der Einwohnergetneinde Biel handelt es sich weder um die Aufrechterhaltung der Laicität des Beerdigimgswesens.

noch um eine schickliche Beerdigung in concreto, sondern um ·einen auf dem Boden des kantonalen Vcrwaltungsrechtes sich .abspielenden Streit /.wischen zwei Gemeinden.

Wie weit nach kantonalem Rechte das Gebiet einer Gemeinde für Verwaltungszwecke einer ändern Gemeinde zwangsweise in Anspruch'genommen werden kann, ist eine Frage, die sich nach kantonalem Verwaltungs- und Verfassungsrecht regelt. Daß zufällig der Verwaltungszweck, für dessen Durchführung die Gemeinde Biel Gebiet der Gemeinde Mett benutzen wollte, in das Be«rdigungswesen einschlägt, kann eine Kompetenz des Bundesrates zur Entscheidung dieser Frage nicht begründen.

3. Betreffend den Bundesratsbeschluß vom 19. Juni 1900 über die Beschwerde des Kantons Waadt gegen das F a s t e n m a n d a t des Hülfsbischofs A b b e t von Sitten verweisen wir auf die Publikation im dritten Bande des Bundesblattes, Seite 457 und folgende. Wir stellten in diesem Entscheide, allerdings unter ausdrücklichem Tadel des wenig taktvollen Vorgehens des Hülfsbischofs, fest, daß die Äußerung eines dogmatischen Standpunktes an sich noch keine Störung oder Gefährdung des konfessionellen Friedens bedeutet; denn vom Standpunkte des Art. 50 der Bundesverfassung fällt nicht die Äußerung an sich in Betracht, sondern nur die Wirkung, welche dieselbe auf den konfessionellen Frieden hat.

4. Die im letztjährigen Geschäftsbericht (Bundesbl. 1900, I, S. 825/826) aufgeführte Verlegung des Frauenklosters ,,im Bruch" in Luzern ist im Berichtsjahre nochmals Gegenstand eines Bundesratsbeschlusses -- vom 15. Mai -- geworden, als wir eine Anfrage der Regierung des Kantons Luzern dahin zu beantworten

47

hatten, daß nach unserer Ansicht der Dislokation dieses Klosters in eine a n d e r e Gemeinde bundcsrechtlich insofern nichts entgegenstehe, als infolge dieser Übersiedlung das bisherige Kloster in der Stadtgemeinde Luzern zu bestehen aufhört.

IV. Wahlen und Abstimmungen.

«. Im Beschwerdef'alle Johann Bieri und Konsorten wegen Ungültigkeitserklärung von Stimmen bei der Wahl eines Mitgliedes des Sekundarlehrerwahlausschusses in Hasle stützte sich die Kantonsregierung ausschließlich darauf, daß die betreffenden Stimmen vom Wahlbureau einstimmig als ungültig erklärt wurden, und in diesem Falle dei1 Oberbehörde ein Recht der Nachprüfung nach feststehender Praxis nicht zukomme. Wir haben diese wiederholt vorgebrachte Einrede mit der Erwägung zurückgewiesen, daß auch bei Einstimmigkeit des Wahlbureaus verfassungsmäßig garantierte Rechte der Bürger verletzt werden können, und daß der Bundesrat Wahlrekurse prüft und entscheidet auf Grund der durch die kantonale oder die eigene Untersuchung festgestellten Thatsachen. (Vergi. Bundesratsbeschluß in Sachen Bühler und Konsorten vorn 13. Februar 1900, und in Sachen Emil Stocker vom 17. August 1897, Bundesbl, 1897, IV, S. 92.)

b. In Sachen A. Bühler \md Konsorten vom 13. Februar 1900 (Bundesbl. 1900, I, S. 631) mußte der Bundesrat von neuem betonen, daß seine Kompetenz, ^auf Grundlage sämtlicher einschlägiger Bestimmungen des kantonalen Verfassungsrechtes und des Buridesrechtes" Wahlrekurse zu beurteilen, die Befugnis in sich schließt, auf eine Prüfung der Interpretation und der Art und Weise der Anwendung des kantonalen Wahlgesetzes einzutreten, um konstatieren zu können, ob Bundesrecht oder kantonales Verfassungsrecht verletzt worden sei.

In der gleichen Entscheidung bezeichnete der Bundesrat die Ansicht, als habe der Bürger kein Recht auf Gleichbehandlung, wo keine Vorschrift des kantonalen Wahlgesetzes die Gleichbehandlung ausdrücklich verlange, als in Widerspruch mit Art. 4 der Bundesverfassung stehend; nach dieser Bestimmung hat jeder Bürger auf Grund des B n n d e s r e c h t e s Anspruch auf Gleichbehandlung.

c. Die Beschwerde des Karl Jahn hat der Bundesrat durch Beschluß vom 7. Juli 1900 (Bundesbl. 1900, III, S. 580) im Hinblick darauf abgewiesen, daß die Bundesversammlung durch

48 mehrfache Beschlüsse kantonalen Grundgesetzen, in denen das Proportionalverfahren anerkannt worden ist, die eidgenössische Gewährleistung erteilt hat. Damit hat sie in Übareiustimmurig mit dem Bundesrat festgestellt, daß die Einführung des sogenannten Proportionalwahlsystems in den Kantonen nnd die Ausgestaltung desselben durch die kantonale Gesetzgebung weder dem in Art. 4 der Bundesverfassung niedergelegten Grundsatz der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, noch sonst einer Bestimmung der Bundesverfassung widerspricht.

Diese Beschwerde ist an die Bundesversammlung weitergezogen worden, und noch hängig.

d. Auf eingelegte Beschwerde hin liât die Bundesversammlung am 28. März 1900 den Bundesratsbeschluß vom 21. Juli 189« in Sachen Stadlin-Graf. betreffend Validation der /algerischen Regierungsratswahleu vom 27. November 1898 (Bundesbl. 1899, IV, S. 205 u. V, S. 945) und am 20. Dezember 1900 den Bundesratsbeschluß vom 3. Oktober 1899 in Sachen Benjamin Brousoz und Genossen, betreuend die Nachwahlen in den Gemeinderat von St. Gingolph vom 31. Juli 1898 (Bundesbi. 1899.

IV, S. 825 u. 1900, IV, S. 573) bestätigt.

e. Die Beschwerde eines Arnold Senn hat der Bundesrat in Übereinstimmung mit dem Bundesgericht diesem zur Beurteilung übermittelt, weil die Beschwerde sich nicht als eine solche wegen Entzugs des Stimmrechtes, als vielmehr wegen Entzuges der bürgerlichen Ehrenfähigkeit darstellte.

V. Entscheidungen in Anwendung von Bundesgesetsen.

In der durch Bundesrntsbeschluß vom 13. Februar entschie denen Beschwerdesache der Schweizerischen Ceutralbahngesellschaft gegen die Regierung des Kantons Solothurn, betreffend Vollziehung des Bundesgesetzes vom 1. Mai 1850, über die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten, isl. festgestellt worden, daß soweit überhaupt eine auf das genannte Expropriationsgesetz gestützte staatsrechtliche Beschwerde denkbar ist, dieselbe nicht in die Kompetenz des Bundesrates, sondern in diejenige des Bundesgerichtes fällt. Wir verweisen auf den vollinhaltüchen Abdruck dieses Entscheides im Bundesblatt, Band T, Seite 325 nnd folgende.

49

B. Polizeiwesen.

Ï. Verträge und Konventionen.

1. Die seit mehreren Jahren geführten Unterhandlungen über den Abschluß eines neuen A u s l i e f e r u n g s v e r t r a g e s mit d e n V e r e i n i g t e n S t a a t e n v o n A m e r i k a haben a m 14. Mai 1900 durch Unterzeichnung einer bezüglichen Übereinkunft seitens der beidseitigen Delegierten in Washington ihren Abschluß gefunden. Der amerikanische Senat hat den Vertrag im Monat Juni 1900 angenommen, wobei er zwei Amendements angebracht hat. Wir haben Ihnen den Vertrag mit Botschaft vom 25. September 1900 (Bundesbl. 1900, IV, 57 ff.) vorgelegt und Sie haben demselben, sowie den von dem amerikanischen Senat gemachten Abänderungen unterm 14./21. Dezember gl. Js.

die Genehmigung erteilt. Der Austausch der Ratifikationsurkunden und das Inkrafttreten des Vertrages wird in das nächste Jahr fallen.

2. Seitens der königlich belgischen Regierung wurde dem Bundesrate der Abschluß einer V e r e i n b a r u n g vorgeschlagen über die gegenseitige Rücklieferung Minderjähriger, welche die Behörden der Heimat wegen eines Vergehens in eine Besserungsanstalt unterzubringen beschlossen haben und die nach dem anderen Lande geflohen sind.

Nachdem sich die Kantonsregierungen auf ein hierauf bezügliches Kreisschreiben des Bundesrates hin ausdrücklich oder stillschweigend mit diesem Vorschlag einverstanden erklärt haben, wurde seitens des Bundesrates das von der belgischen Regierung vorgeschlagene Verfahren im Namen der ganzen Schweiz acceptiert und dessen künftige Beobachtung von Seiten der Kantone zugesichert.

3. Von- d e m - ö s t e r r e i c h i s c h e n - Justizministerium wurde an die k. k. Gerichte und Staatsanwaltschaften eine V e r o r d nung über die Führung von Strafregistern und die M i t t e i l u n g der Verurteilu'ng-en- von A u s l ä n d e r n in Österreich erlassen. Infolge davon ist nun die k. und k. Regierung in der Lage, der in Art. XXm des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und Österreich-Ungarn vom 10. SJärz 1896 aufgestellton Bundesblatt. 63. Jahrg. Bd. II.

4

50 Vorschrift über die gegenseitige Mitteilung von Auszügen aus den gegen die Angehörigen des anderen Landes ergangenen Strafurteilen, wenigstens soweit es sich um Verurteilungen durch österreichische Gerichtsbehörden handelt, nachzukommen. Wir haben die fragliche Verordnung mit Kreisschreiben vom 7. Januar 1901 (Bundesbl. 1901, I, 45) den Kantonsregierungen zur Kenntnis gebracht.

u. Auslieferungen und Strafverfolgungen.

4. Die Gesamtzahl der A u s l i e i e r u n g s f ä l l e , mit denen sich der Bundesrat im Berichtsjahre zu beschäftigen hatte, beträgt 574, das sind 82 mehr als im Vorjahre. Es wurden 136 Begehren von der Schweiz beim Auslande (1899: 124) und 438 von auswärtigen Staaten bei der Schweiz (1899: 368) anhängig gemacht.

Außerdem gingen neun Gesuche um Durchtransporte von Delinquenten durch die Schweiz von fremden Staaten ein.

Die Auslieferungsbegehren des Auslandes bei der Schweiz verteilen sich folgendermaßen auf die einzelnen Staaten : Deutschland (die drei süddeutschen Staaten 179) 265 Italien 92 Frankreich 48 Österreich-Ungarn 31 Argentinien 2 Von diesen Begehren sind 367 (7 durch das Bundesgericht) bewilligt worden ; in 45 Fällen blieben die Nachforschungen nach den Verfolgten resultatlos, in 18 wurde das Begehren zurückgezogen und in o (davon l durch das Bundesgericht) dasselbe verweigert. Drei Fälle waren am Ende des Jahres noch nicht erledigt.

Von den Auslieferungsbegehren, welche die Schweiz bei auswärtigen Staaten gestellt hat, gingen an : Frankreich 65 Deutschland (die drei süddeutschen Staaten 21) 53 Italien und Österreich-Ungarn je 5 Belgien 4 Großbritannien 2 Außerdem wurde in zwei Fällen in verschiedenen Ländern gleichzeitig gefahndet.

51

Von diesen Gesuchen der Schweiz ·wurde 84 entsprochen, -während 5 verweigert worden sind. In 17 Fällen blieben die Verfolgten unentdeokt und in 22 wurde das Begebren zurückgezogen. 8 Fälle waren am Schlüsse des Jahres noch pendent.

Außer den obigen von den Bundesbehörden bewilligten Auslieferungen ans Ausland haben mit Zustimmung unseres Justizund Polizeidepartements 7 Auslieferungen kurzer Hand durch die Kantone stattgefunden.

Die an die Kantone nach Maßgabe von. Art. 31 des Auslieferungsgesetzes von 1892 vergüteten Kosten für Auslieferungen beliefen sich im Jahre 1900 auf Fr. 7875. 35 (1899: Fr. 6793).

o

..

5. Als E n t s c h ä d i g u n g der k a n t o n a l e n P o l i z e i agenten für die Vollziehung von Aus- oder Durchl i e f er u n g e n b e z w . H e i m s c h a f f u n g e n im hierseitigen Auftrage wurde den Transportführern bis jetzt ein Taggeld von 2 (halber Tag) bezw. 4 Franken, ein Nachtgeld von 5 Franken und die Rückvergütung der effektiven Reiseauslagen zugestanden (Bundesbl. 1897, I, 403, Ziffer 11). Die Berechnung der letzteren Ausgaben führte häufig zu Unzukömmlichkeiten und es zeigte sich hierbei auch eine große Verschiedenheit in den Ansprüchen der einzelnen Kantone. Dadurch wurden wir veranlaßt, zu untersuchen, wie sich eine möglichst gleichmäßige Entschädigung der fraglichen Dienste der kantonalen Polizeiagenten erzielen lasse.

Wir gelangten zu dem Schlüsse, daß dies am besten durch eine Vergütung nach der Anzahl der Kilometer, die der einzelne Transport vom Ausgangspunkte bis zum Orte der Übergabe umfaßt, erreicht werden dürfte, ein System, das bereits in mehreren Kantonen für die kantonalen Polizeitransporte zur Anwendung "kommt.

Nach vorhergegangener Umfrage bei den kantonalen Polizeidirektionen haben wir die Höhe der fraglichen Transportentschädigungen im allgemeinen auf 5 Cts. per Kilometer, und bei Transporten auf Gebirgsrouten auf 10 Cts. per Kilometer fest.gesetzt. Hieraus haben die Polizeibegleiter ihre persönlichen Auslagen für Verpflegung zu bestreiten. Im Falle der Transport ein Übernachten erfordert, wird noch ein Nachtgeld von 4 Franken verabfolgt. Außerdem soll der Betrag von 2 Franken als Minimal.transportgebühr in dem Sinne gelten, daß derselbe in allen denjenigen Fällen entrichtet wird, in welchen nach der Zahl der Kilometer die 'Entschädigung sich nicht auf diesen Betrag belaufen würde. Für die Berechnung der Anzahl der Kilometer bei den

52

Transporten mittelst der Eisenbahn ist das von dem schweizerischoiL Eisenbahndepartement aufgestellte Distanzenverzeichnis maßgebend.

Was die Fahrkosten für den Transportbegleiter wie für die auszuliefernde oder heimzuschaffende Person und die Auslagen für die Verpflegung der letzteren auf dem Transporte anlangt, so werden dieselben von den Kantonen wie bisanhin noch besonders in Rechnung gebracht werden können.

6. Bei den e n g l i s c h e n B e h ö r d e n kann nicht unmittelbar von der verfolgenden schweizerischen Amtsstelle um dio p r o v i s o r i s c h e V e r h a f t u n g eines flüchtigen Delinquenten nachgesucht werden. Es ist vielmehr hierfür die Vermittlung der schweizerischen Gesandtschaft in London in Anspruch zu nehmen.

Dies ist darauf zurückzuführen, weil die dem Verhaftsbegehren zu Grunde liegenden thatsächlichen Verhältnisse durch eine eidliche Erklärung vor dem zuständigen englischen Polizeimagistraten bekräftigt werden müssen. In Anbetracht dessen ist auch schon im Falle man sich auf telegraphischem Wege an die Gesandtschaft wendet, dieser einigermaßen der Thatbestand der in Betracht kommenden Deliktshandlung mitzuteilen. Erst nachdem die Beschwörung erfolgt ist und dadurch die Bedingungen, welche den Erlaß eines Haftbefehles für ein in England begangenes Delikt rechtfertigen würden, erfüllt sind, stellt der Magistrat einen provisorischen Haftbefehl gegen den Verfolgten aus.

Ist die schweizerische Gesandtschaft in der Lage, im Auftrage des Bundesrates gleichzeitig das Verhalts- und Auslieferungsbegehren zu stellen und ist sie im Besitze eines schweizerischen Haftbefehles, so kann sie einen entsprechenden Antrag schriftlich an das Auswärtige Amt in London richten. Alsdann wird nach den in Art. VI des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und Großbritannien vom 26. Xovember 1880 vorgesehenen Bestimmungen verfahren. Der englische Polizeimagistrat erläßt in diesem Falle einen Haftbefehl gegen das requirierte Individuum auf Grund der Weisung des Ministers des Innern, ohne daß die Gesandtschaft zu irgend einer Beschwörung veranlaßt wird oder mit dem Magistraten in direkte Beziehung zu treten hat.

7. Auf unser Ansuchen hin hat die f r a n z ö s i s c h e Regierung ihre Zustimmung dazu erteilt, daß bei Bewilligungen von Auslieferungen seitens der Schweiz an Frankreich die betreffenden Individuen außer an den Grenzorten, an denen gegenwärtig die Übergabe derselben stattfindet, auch in T h o n o n -

53

l è s - B a i n s (Hochsavoyen) an die französischen Behörden übergeben werden dürfen, o 8. Die f r a n z ö s i s c h e Botschaft teilte mit, daß nach französischem Rechte die Erklärung eines verfolgten Individuums vor seiner Auslieferung, auf die B e o b a c h t u n g der d i p l o matischen Förmlichkeiten verzichten zu wollen, zur Folge habe, daß dasselbe nach stattgehabter Auslieferung an Frankreich so behandelt werden könne, wie wenn es in Frankreich festgenommen worden wäre und ihm daher die beschränkenden Bestimmungen eines Auslieferungsvertrages nicht zu gute kommen. Im Anschluß daran stellte die Botschaft die Anfrage, ob die Einwilligung, welche ein in der Schweiz Verhafteter in seine Auslieferung ans Ausland im Sinne von Art. 21 des Bundesgesetzes über die Auslieferung vom 22. Januar 1892 gebe, als eine Verzichtserklärung auf die Beobachtung der diplomatischen Förmlichkeiten angesehen werden dürfe. Wir verneinten dies und wiesen darauf hin, daß jene Zustimmung des Verhafteten nur einen Einfluß auf die Behandlung des betreffenden Auslieferungsbegehrens habe, indem daraufhin nach Maßgabe von Art. 22 des erwähnten Bundesgesetzes der Bundesrat bezüglich desselben Beschluß fasse. Die schweizerische Gesetzgebung, wie auch der Auslieferungsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich, kenne einen Verzicht des Vorfolgten fraglicher Art nicht und daher seien auch die schweizerischen Behörden nicht in der Lage, dem Verhafteten eine entsprechende Erklärung vor seiner Auslieferung an die requirierenden Behörden abzunehmen.

9. Von der f r a n z ö s i s c h e n Regierung wurde wiederholt die Auslieferung von Personen, welche von schweizerischen Behörden wegen B e t r u g e s verfolgt wurden, mit der Begründung abgewiesen, daß die dem Requirierten zur Last gelegte That sich nicht als eine Betrugshandlung qualifiziere, indem sieh derselbe nur lügenhafter Behauptungen, nicht aber auch betrügerischer Manipulationen schuldig gemacht habe. Nach der von den französischen Behörden dem Art. 405 des code pénal français gegebenen Interpretation ist nämlich eine strafbare Betrugshandluug nicht schon dann vorhanden, wenn infolge von unwahren Angaben einem anderen Schaden entstanden ist, sondern es°haben noch äußere Thatsachen hinzuzutreten, welche zur Bekräftigung der falschen Behauptungen dienen und geeignet sind, den Dritten zu täuschen.

54 Mit Rücksicht auf diesen Umstand wird es Aufgabe der zuständigen kantonalen Behörden sein, die Haftbefehle, auf Grund deren die Auslieferung eines Individuums wegen Betruges bei Frankreich verlangt werden soll, möglichst sorgfältig abzufassen und speciell darin die betrügerischen Mittel, deren sich der Verfolgte bedient und die etwaigen falschen Eigenschaften, die er sich beigelegt hat, anzugeben.

10. Eine ö s t e r r e i c h i s c h e Gerichtsbehörde hatte es abgelehnt, der zürcherischen Polizei d i e Aus g a b e n zu e r s e t z e n , welche diese bei Anlaß der Auslieferung einer verfolgten Person, an Österreich durch die A u s l ö s u n g des G e p ä c k e s der letzteren auf dem Bahnhofe Zürich gehabt hat. Sie berief sich, dabei auf Art. XXII des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und Österreich-Ungarn vom 10. März 1896, wonach die vertragschließenden Teile gegenseitig auf jede Ersatzforderung in Auslieferungssachen verzichtet haben.

Wir konnten dieser Ansicht nicht beipflichten, indem wir davon ausgingen, daß es einzig den Interessenten obgelegen hätte, sofern sie wieder in den Besitz der betreffenden Effekten gelangen wollten, diese durch Bezahlung des darauf lastenden Betrages auszulösen. Wenn dies die Polizeibehörden von Zürich gethan haben, so geschah es von ihnen nur, um zu ermöglichen., daß das Gepäck mit dem Ausgelieferten befördert werden konnte, und in der Voraussetzung, daß eine Vergütung der Kosten von zuständiger Seite erfolge. Wir wandten uns daher an die österreichisch-ungarische Gesandtschaft in Bern, mit der wir bereits in der betreffenden Auslief'erungsangelegenheit verkehrt hatten, und ersuchten sie, die Rückerstattung jener Auslagen veranlassen zu wollen. Es fand daraufhin eine solche ohne weiteren Anstand statt. Das k. k. Justizministerium anerkannte den Anspruch auf Ersatz des für die Auslösung der Effekten verausgabten Betrages auf Grund des Auslieferungsvertrages vom 10. März 1896 als zu.

Recht bestehend.

11. Mit Rücksicht auf den Umstand, daß bei der erheblichen Inanspruchnahme der badischen Amtsgefäugnissc in den,1 Übernahmeorten an der schweizerischen Grenze den GefängnisVerwaltungen Schwierigkeiten entstehen, wenn Personen, deren Auslieferung an Baden seitens der Schweiz bewilligt worden ist..

nach den betreffenden Orten ohne eine mehrtägige Voranzeige gebracht werden, hat die b a d i s c h e Regierung gewünscht, es möchten ihr in Zukunft Ort u n d Z e i t der Ü b e r g a b e d e r

55

A u s z u l i e f e r n d e n so zeitig mitgeteilt werden, daß zwischen dem Tage des Empfanges der Nachricht und demjenigen der Übergabe drei freie Tage liegen. Infolgedessen wurde zwischen dem Bundesrate und der badischen Regierung eine entsprechende gegenseitige Voranzeige von der Ankunft der auszuliefernden Individuen an der Grenze vereinbart. Den Kantonsregierungen ist hiervon durch Krcisschreiben vom 29. März 1900 Kenntnis gegeben worden.

Mit den übrigen deutschen ßundesstaaten besteht schon seit einigen Jahren ein bezügliches Abkommen (siehe Geschäftsbericht pro 1896, S. 42).

12. Gegen eine deutsche Staatsangehörige waren z w e i A u s l i e f e r u n g s b e g e h r e n eingegangen, nämlich von der b. a d i s c h e n Regierung wegen Betruges im Gesamtbetrage von 35 Mark 50 Pfennig und durch die ö s t e r r e i c h i s c h - u n g a r i s c h e Gesandtschaft wegen eines Diebstahls von 80 Kronen aus einem verschlossenen Kasten, verübt zu Tosters (Vorarlberg).

In Anbetracht der Bestimmung in Art. 14 des Bundesgesetzes über die Auslieferung von 1892, wonach in einem solchen Falle derjenige Staat den Vorzug erhalten soll, dessen Begehren das schwerste Verbrechen anführt, womit auch Art. XV des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und Österreich-Ungarn von 189fi im Einklang steht, während der schweizerisch-deutsche Auslieferungsvertrag keine bezügliche Bestimmung enthält, bewilligten wir die Auslieferung der Requirierten an die verfolgende ö s t e r r e i c h i s c h e Behörde. Dabei erteilten wir im Sinne von Art. XIII, Absatz 2, des Auslieferungsvertrages mit ÖsterreichUngarn die Einwilligung dazu, daß die betreffende Person später wegen des in Frage stehenden Deliktes des Betruges von Österreich an Deutschland ausgeliefert werde.

13. Die bernische Regierung suchte um die Erwirkung der Auslieferung eines J. G. P. nach, welcher wegen b ö s l i c h c i V e r l a s s ù ri g s e i n e r m i n d e r j ä h r i g e n K i n d e r verfolgt ist und sich in D e u t s c h l a n d aufhält. Sie berief sich dabei auf Art. l, Ziffer 3, des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche von 1874, wo die eingeklagte Handlung als Auslieferungsdelikt vorgesehen sei. Wir konnten indessen nach Prüfung der Akten dem gestellten Ansuchen nicht Folge geben und erwiderten der bernischen Regierung in folgendem Sinne.

56 Durch die angezogene Vertragsbestimmung ist zwischen der Schweiz und Deutschland die gegenseitige Auslieferung ,,wegen Aussetzung oder vorsätzlicher Verlassung eines Kindes'1 vorgegesehen. Es sind darunter Delikte verstanden, welche sich nach allgemeiner Rechtsanschauung und besonders auch nach dein Strafgesetze des Deutschen Reiches als eine besondere Gefährdung von Leib oder Leben darstellen. Die Strafthat besteht darin, daß eine hülflose Person, speciell ein Kind, in eine hülflose Lage versetzt wird, sei es durch eine wirkliche Aussetzung oder durch Verlassen der Person seitens desjenigen, welchem rechtlich die Obhut über sie obliegt. Es gehört zum Begriffe der betreffenden Delikte, daß der Vorsatz auf eine Versetzung in eine hülflose Lage vorhanden ist, und es muß sich der Thäter der Gefährdung der ausgesetzten oder verlassenen Person bewußt sein. Die Absicht, sich bloß der Fürsorge derselben zu entledigen, ist nicht hinreichend. Nach der in dem mitgeteilten Haftbefehle gegebenen Darstellung der ^tatsächlichen Verhältnisse, dürfte sich nun aber gerade die ebenerwähnte Absicht dem Beschuldigten zur Last legen lassen. Eine unmittelbare Gefahr für das Leben oder die Gesundheit seiner Kinder wurde durch dessen Handlungsweise nicht herbeigeführt, denn sie sind unter dem Schütze und der Pflege ihrer Mutter zurückgelassen worden. Es liegt somit nicht das in Art. l, Kiffer 3, des schweizerisch-deutschen Auslieferungsvertrages vorgesehene Delikt vor und auch eine andere Bestimmung des Vertrages läßt sich auf die That des Angeklagten nicht anwenden.

14= Einem Antrage der bernischen Regierung gemäß suchten wir bei der D e u t s c h e n Reichsregierung um die Auslieferung des schweizerischen Angehörigen M. B. nach, welcher wegen F ä l s c h u n g e n i n s e i n e m M i l i t ä r d i e n s t b ii c h l c i n in contumaciam zu 14 Tagen Gefängnis und 40 Franken Geldbuße verurteilt worden war und sich in Deutschland aufhielt. Die Deutsche Reicbsregierung veranlaßte die Verhaftung des B., hatte jedoch Bedenken, dem Auslieferungsbegehren Folge zu geben, da sie sich der Ansicht hinneigte, es trage die dem B. zur Last fallende Fälschung einen politischen Charakter an sich und wünschte hierüber eine Erklärung unsererseits. Wir erwiderten hierauf, es sei uns nicht ersichtlich, inwiefern die Handlung des B. einen
politischen Charakter haben soll. Unseres Eraehtens könne es sich eventuell nur fragen, ob nicht ein militärisches Delikt vorliege, indem die verübte Fälschung in einem gewissen Zusammenhang mit der militärischen Dienstpflicht des Thäters

57

stehe. Bezüglich der militärischen Delikte sei nun keine besondere Bestimmung in dem schweizer.-deutschen Auslieferungsvertrage enthalten. Sie dürfen jedoch keineswegs auf die gleiche Linie gestellt werden mit solchen politischer Natur, sondern für sie gelte die allgemeine Bestimmung von Art. 4, Abs. 3, des Vertrages, ihre Begehung biete überall keinen Auslieferungsgrund und wenn jemand, der wegen anderer Delikte ausgeliefert wird, sich daneben eines rein militärischen Vergehens, z. B. der Fahnenflucht schuldig gemacht habe, so werde jeweilen die Auslieferung nur unter der Voraussetzung bewilligt, daß der Requirierte wegen des letzteren Deliktes nicht verfolgt oder bestraft werde. Das vom B. verübte Vergehen entbehre übrigens des Charakters eines militärischen Deliktes, denn, wenn sich derselbe auch durch die Fälschung der zu militärischen Zwecken dienenden Urkunde einen betrüglichen Vorteil zu verschaffen gesucht habe, so bestimme doch nicht das Instrument, dessen sich der Delinquent bediente, den Charakter der Handlung, sondern die Absicht, welche er mit derselben verfolgte. Deshalb sei das. Begehren um Auslieferung des B., gestützt auf Art. l, Ziffer 17 (Fälschung einer öffentlichen Urkunde mit betrügerischer Absicht) des schweizer.-deutschen Auslieferungsvertrages, von der Schweiz gestellt worden. Schließlich wiesen wir noch auf den Entscheid des Bundesgerichtes vom Jahre 1888 in Sachen der Auslieferung des Aug. Sidney O'Danne an das preuß. Amtsgericht zu Berlin, speciell auf Erwägung 3 hin. Das gestellte Auslieferungsbegehren gegen B. ließen wir indessen im Einverständnis mit der Regierung von Bern fallen, da B. infolge der von der Deutschen Regierung veranlaßten Korrespondenz eine im Verhältnis zu der ihm hierseits auferlegten Strafe, überaus lange Haft in Deutschland zu erstehen hatte.

Hierauf erklärte die Deutsche Reichsregierung, infolge der von uns geäußerten Ansicht, daß die dem B. zur Last gelegten Handlungen nicht einen politischen Charakter im Sinne von Art. 4, Abs. l, des deutsch-schweizer. Auslief'erungsvortrages an sich tragen und überhaupt Strafthaten, die an sich eine Auslieferung begründen, durch ein Zusammentreffen mit militärischen Verfehlungen nicht einen politischen Charakter annehmen, seien die seitens der deutschen Behörden in der Sache gehabten Bedenken gegen die
Auslieferung des B. gehoben worden.

Auf die von uns gestellte Anfrage, wie lange sich B. in Deutschland in Haft befunden habe, verweigerte die Deutsche Reichsregicrung eine Auskunft. Sie erklärte, derartige Auskünfte

58 an fremde Regierungen grundsätzlich abzulehnen, da nach der Gesetzgebung einiger Länder die von einem Verfolgten im Ausland erlittene Auslieferungshal't auf die ihm zuerkannte Strafe in Anrechnung gebracht werde und eine solche Anrechnung insofern zu Bedenken Anlaß gebe, als dadurch eine deutsche Auslieferungshaft in rückwirkender Weise die Bedeutung einer Strafhaft für ein fremdländisches Strafverfahren annehme. Im vorliegenden Falle scheine die Auskunft zwar nicht unmittelbar /u dem Zwecke einer derartigen Anrechnung verlangt worden zu sein, sondern lediglich, um über die Dauer der Haft eine genaue Angabe bei den Akten zu haben, weil die Zurückziehung de» Auslieferungsantrages wegen der bereits längeren Haft des H.

in Deutschland erfolgt sei. Es komme indes doch auch dieser Zweck im wesentlichen darauf hinaus, daß von der Vollstreckung der in der Schweiz erkannten Strafe im Hinblick auf die deutsche Auslieferungshaft Abstand genommen werde, 15. Die Vorsteher der kantonalen Polizeidirektionen der romanischen Schweiz hatten in ihrer Jahresversammlung, die sie am 9. September 1899 zu Bern abhielten, neben verschiedenen anderen Traktanden die A u s l i e f e r u n g k u r z e r H a n d a u f r e m d e S t a a t e n zum Gegenstand ihrer Diskussion gemacht.

Sie gelangten hierbei zu dem Schlüsse, es möchten durch die Bundesbehörden Schritte bei Frankreich gethan werden, damit die mit der französischen Regierung bestehende Vereinbarung über Voranzeige von Ort und Zeit der Übergabe der auszuliefernden Personen an der Grenze wieder aufgehoben werde, um dadurch zu ermöglichen, daß die von den französischen Behörden verfolgten und in der Schweiz verhafteten Individuen brevi manu an Frankreich ausgeliefert werden können.

Unser Justiz- und Polizeidepartement, welchem das Protokoll über die fragliche Verhandlung, zur Kenntnisnahme mitgeteilt wurde, unterzog die Frage der Auslieferung kurzer Hand einer näheren allgemeinen Prüfung und ließ alsdann den erwähnten kantonalen Polizeidirektoren folgende Ruckäußerung zugehen : Für die Auslieferung von verfolgten Individuen seitens der Schweiz an das Ausland sind in der Regel die Bestimmungen der Verträge maßgebend, welche diesfalls die Schweiz mit auswärtigen Staaten abgeschlossen hat; nur äußerst selten kommen Auslieferungen an Staaten vor, mit denen keine bezüglichen Übereinkommen bestehen. Jene Verträge enthalten nun olmo Ausnahme die Vorschrift, daß die Begehren um Auslieferung

59 eines Individuums auf dem diplomatischen Wege, d. i. von der einen vertragschließenden Regierung bei der anderen zu stellen sind und die Gewährung derselben vom Eingang eines solchenAnsuchens und der Vorlage der erforderlichen Belege abhängt.

Es ist dies ein Grundsatz des modernen internationalen Rechtes.

Man bezweckt damit, daß die Auslieferung einer Person nicht zu einer bloßen Polizeimaßregel werde, wie etwa eine Ausweisung. Jener Weg gewährt auch in solennester Form die Beglaubigung für die Echtheit der übermachten Aktenstücke und bringt die Verantwortlichkeit, welche der requirierende Staat für die Rechtmäßigkeit seines Ansuchens an den anderen übernimmt, zum vollen Ausdruck. Dazu ermöglicht er der Staatsregierung, welche den Vertrag abgeschlossen hat, die Prüfung, ob ein vertragsmäßig begründetes Delikt vorliegt, und setzt die angesprochene Regierung in Stand, zu überwachen, daß die Auslieferung dem- Staats v ertrage entsprechend ausgeführt werde, wofür sie verantwortlich ist. Gemäß jener Bestimmung sollen, somit von einer unteren Behörde keine Auslieferungsbegehren an, den Zufluchtsstaat gerichtet werden. Es ist denselben durch die meisten Verträge nur das Recht eingeräumt, direkte Ansuchen um provisorische Verhaftungen zu stellen.

Auf Grund der bestehenden Verträge haben sodann auch 3 Nachbarstaaten der Schweiz, Frankreich, Deutschland und Österreich Anträge mit Bezug auf das Verfahren bei der Übergabe und der Übernahme von Verbrechern an der Grenze gestellt, und es sind teils auf dem Korrespondenzwege, teils durch eine förmliche Übereinkunft diesbezügliche Vereinbarungen zwischen der Schweiz und, den genannten Staaten getroffen worden. Die Beobachtung derselben ist ein Akt der Pflicht und der Notwendigkeit, um Unregelmäßigkeiten und Reklamationen vorzubeugen. Schritte für deren Aufhebung oder Abänderung zu thun, könnten daher von dem eidgenössischen Departement nicht befürwortet werden. Es sind die fraglichen Vereinbarungen, den Kantonen durch Kreisschreiben vom 5. Oktober 1894 betreffend Frankreich, durch Kreisschreiben vom 19. September 1896 betreffend Deutschland und durch Kreisschreiben vom 11. November 1898 betreffend Österreich zur Kenntnis gebracht worden.

Wenn nun die Schweiz nicht immer genau nach den Bestimmungen der fraglichen Staatsverträge und jener Vereinbarungen
verfährt und ohne ein diplomatisches Begehren um Auslieferung abzuwarten, die Übergabe einer vom Auslande verfolgten und hierseits verhafteten Person an die verfolgende fremde

60

Behörde vollzieht, so geschieht dies infolge eines stillschweigenden Übereinkommens mit jenen Staaten und läßt sieh rechtfertigen, wenn es sich um einen unbedeutenden Fall handelt und die Auslieferung an eine grenznachbarliche Amtsstelle zu erfolgen hat, ohne daß ein Vorbehalt gemacht werden muß und eine Abholung oder einen Weitertransport des Ausgelieferten nicht zu geschehen hat. Mit Rücksicht auf derartige Fälle wurde auch der Art. 29 in das Bundesgesetz über die Auslieferung vom 22. Januar 1892 aufgenommen und dürfte eventuell in solchen zur Anwendung gebracht werden.

Das Verfahren, welches bei diesen sogenannten Auslieferungen kurzer Hand beobachtet werden soll, wurde im Jahre 1893 festgestellt (siehe Geschäftsbericht des Departementes pro 1893, Seite 48/49). Gemäß demselben sollen die kantonalen Regierungen oder Direktionen, welche glauben, daß ein verhaftetes Individuum kurzer Hand ausgeliefert werden kann, vor der Zuführung desselben an die ausländische Behörde die entstandenen Akten dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartemente einsenden, damit es davon Kenntnis nehme und seinen Bescheid der kantonalen Amtsstelle telegraphisch gebe.

Von der württembergischen Regierung ist im Einverständnis mit dem Auswärtigen Amte des Deutschen Reiches ausdrücklich der Wunsch ausgesprochen worden, es möchten in fraglicher Weise von der Schweiz keine Auslieferungen an Württemberg vollzogen werden, um Unzuträglichkeiten, die bei diesem Verfahren entstehen können, zu vermeiden (siehe das bezügliche Kreisschreiben des Bundesrates vom 30. Januar 1894). Und in der That das fragliche Verfahren ist nicht ohne Bedenken. Es kann leicht zu Mißbrauchen führen und internationale Konflikte veranlassen. Namentlich dürfte Frankreich gegenüber nur mit möglichster Vorsicht davon Gebrauch gemacht werden. Dort hat sich nämlich die Fiktion ausgebildet, daß derjenige, der mit seiner Einwilligung den französischen Behörden brevi manu überliefert worden ist, gar nicht als ein Ausgelieferter im eigentlichen Sinne des Wortes angesehen werden kann, sondern so zu behandeln ist, als wäre er freiwillig nach Frankreich zurückgekehrt (Billot, traité d'extradition, Seite 380 ff., und Laminaseli, Auslieferungspflicht, Seite 718 ff.). Ein solcher wird daher unter Umständen wegen eines Deliktes in Frankreich verfolgt, für welches
seine Auslieferung nie bewilligt worden wäre. Auch wird ihm die im fremden Staate erlittene Haft nicht angerechnet, wie es der Fall ist, wenn die Bewilligung der Auslieferung auf

61

ein diplomatisches Gesuch hin durch die requirierte Regierung erfolgt und der französischen Regierung davon Mitteilung gemacht wird. Denn nur in diesem Falle kann das französische Justizministerium dem zuständigen Gerichte für dieses bindende Weisungen erteilen, wegen welcher Delikte der Angeklagte im kontradiktorischen Verfahren verfolgt und verurteilt werden, dürfe und was sonst bezüglich desselben in Betracht zu ziehen ist.

Nichtsdestoweniger glaubt das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement zu Auslieferungen kurzer Hand nach Frankreich (wie nach anderen Grenzstaaten) Hand bieten zu dürfen, wenn es sich nach dem vorgelegten vertragsmäßigen Haftbefehle um unzweifelhafte und einfache Fälle handelt und daneben die verfolgende Behörde sich an der Grenze befindet wie in Thonon, St. Julien, Gex, Pontarlier, Delle etc. Weiter zu gehen wird für unthunlich und nicht statthaft erachtet.

16. G e s u c h e um s t r a f r e c h t l i c h e V e r f o l g u n g von Schweizern, die auf fremdem Gebiete delinquiert und sich in die Schweiz geflüchtet haben, sind uns im Berichtsjahre 44 (1899: 49) zugegangen, nämlich 35 von Deutschland, 7 von Frankreich und je l von Großbritannien und Italien.

Wir unsererseits haben bei Deutschland 77, bei Frankreich 9, bei Italien 7, bei Österreich-Ungarn 4 und bei Belgien l Begehren, im Ganzen 98 (1899: 90), um strafrechtliche Verfolgung von Angehörigen dieser Staaten gestellt, die nach Begehung strafbarer Handlungen in der Schweiz in die Heimat geflohen waren.

Von den ersteren hatten 12 Fälle und von den letzteren 27 am Ende des Jahres noch nicht ihre Erledigung gefunden.

17. Unter Berufung auf Art. 5 des code d'instruction criminelle hat es die f r a n z ö s i s c h e Regierung stets abgelehnt, die V e r f o l g u n g e i n e s F r a n z o s e n an die Hand zu nehmen, welcher in der Schweiz wegen eines Deliktes verurteilt worden und nach Frankreich entkommen war, ohne die ihm hierseits auferlegte Strafe erstanden zu haben. Infolgedessen kam es im Laufe dieses Jahres vor, daß von den französischen Behörden gegen zwei ihrer Staatsangehörigen, welche während der Verbüßung ihrer Strafen in der Schweiz aus den Strafanstalten entweichen und sich nach Frankreich flüchten konnten, daselbst in keinerlei Weise eingeschritten wurde (Fall Got und Solety; vgL auch unseren Geschäftsbericht pro 1890, Seite 98, Ziffer 15).

2 Andererseits erklärte die französische Regierung auf Grund des geltenden Rechtes, daß seitens der französischen Behörden auf die V e r f o l g u n g e i n e s S c h w e i z e r b ü r g e r s (wie überhaupt eines Ausländers) w e g e n e i n e r in F r a n k r e i c h beg a n g e n e n S t r a f t ha t nicht verzichtet werden könne, wenn in der Sache eine Überweisungsverfügung des handelnden Untersuchungsrichters oder ein Übenveisungsbeschluß der Anklagekammer oder ein Kontumazurteil ergangen ist, selbst wenn gegen den Angeklagten wegen des betreffenden Deliktes ein Strafvorfahren in der Schweiz durchgeführt worden ist. Infolgedessen kam es vor, daß in einigen Fällen wegen der gleichen That eine doppelte Verurteilung, in Frankreich und in der Schweiz, stattfand. In anderen blieben die Verfolgten gänzlich straflos, wenn es nämlich die Kantone ablehnten, das Strafverfahren gegen ihre Angehörigen, welche sich nach Begehung eines Deliktes in Frankreich nach der Schweiz geflüchtet hatten, einzuleiten, da von Frankreich auf eine Verfolgung derselben für den Fall ihrer Aburteilung in der Schweiz nicht verzichtet wurde (vgl. Fall Roth und Simon).

Auf diese Unzukömmlichkeiten hatten wir schon im Jahre 1886 die französische Regierung aufmerksam gemacht und angefragt, ab nicht durch eine Zusatzerklärung zu dem Ablieferungsverträge zwischen der Schweiz und Frankreich vom 9. Juli 1869 Remedur geschaffen werden könnte. Damals glaubte die französische Regierung der Anregung nicht Folge geben zu sollen, ·da ein Entwurf für Revision der in Frage kommenden gesetzlichen Bestimmungen ausgearbeitet und dem Senate vorgelegt worden war. Die betreffende Revision ist jedoch bis heute nicht zu stände gekommen. Deshalb sahen wir uns veranlaßt, wiederum Schritte in der Sache bei der französischen Regierung zu 4-hun, um im Verkehr mit Frankreich eine bessere Durchführung des Grundsatzes non bis in idem mit Bezug auf die Strafverfolgung der eigenen Angehörigen und im weiteren eine Bestrafung aller derjenigen Bürger der beiden Länder zu «rwirken, die sich nach Begehung eines gemeinen Deliktes im ·anderen Staate in ihr Heimatland geflüchtet haben. Wir ließen zu dem Behufe durch unsere Gesandtschaft in Paris der französischen Regierung den Entwurf einer bezüglichen Zusatzbestimmung zu dem bestehenden Auslieferungsvertrage unterbreiten.

Eine Rückäußerung auf diesen Vorschlag ist bis Ende des Jahres aiicht eingegangen.

63

III. Kogatorien.

18. Unser Justiz-^und Polizeidepartement hatte während des Berichtsjahres in 380 Fällen (1899: 273) bei der Vermittlung g e r i c h t l i c h e r R e q u i s i t o r i e n und der Notifikation von G e r i c h t s a k t e n mitzuwirken. 214 derselben bezogen sich auf Civilangelegenheiten, 64 auf Strafsachen und 102 auf die Zustellung von Gerichtsakten.

Vom Auslande sind 133 Requisitorien und Gerichtsakte zur Vollziehung baziehungsweise Zustellung eingelangt ; von der Schweiz gingen 247 ans Ausland.

19. Es ist im Berichtsjahre wiederholt vorgekommen, daß das hicrseitige Departement von einheimischen Behörden um Vermittlung angegangen wurde zur Vollziehung von ß o g a t o r i a l a n s u c h e n im Auslande, welche nach Form und Inhalt den nötigen Anforderungen an solche Vorkehren nicht oder nicht genügend entsprochen haben. Infolgedessen sahen wir uns jeweilen veranlaßt, die Requisitorialakten den betreffenden Behörden zurückzusenden mit dem Ersuchen, dabei folgende F o r m und G r u n d s ä t z e zu beobachten : Das Requisitorial ist von der ersuchenden Amtsstelle an die in Betracht kommende Behörde des Auslandes zu adressieren, mit dem Beisatze : ,,oder an jede andere zuständige Behörde10. In das Requisitorial ist der Gegenstand des Prozesses, um den es sich handelt, mit Angabe der Prozeßparteien kurz aufzunehmen und daran das Gesuch, welches gestellt werden will, anzuschließen. Die an den Zeugen zu richtenden Fragen können in das Requisitorial selbst aufgenommen werden, oder in eine Beilage, auf welche im Ersuchschreiben verwiesen \vird. Dieses Schreiben ist von dem requirierenden Beamten zu unterzeichnen und mit dessen Amtssiegel zu versehen. Ist das Requisitorial an die Behörde eines Landes gerichtet, mit welchem keine Übereinkunft für kostenfreie Vollziehung von Rogatorien besteht, so ist in demselben die Reciprocität, sowie die Vergütung der entstehenden Kosten zuzusichern.

IY. Heimschaffuagen.

20. Die Zahl der Fälle von Heimschaffungen v e r l a s s e n e r K i n d e r , G e i s t e s k r a n k e r u n d d e r ö f f e n t l i c h e n W oblii h ä t i g k e i t a n h e i m g e f a l l e n e r P e r s o n e n belief sich im Berichtsjahre auf 162 (1899: 118; 1898: 127) und betraf 210 Personen.

64

Die S c h w e i z wurde seitens des A u s l a n d e s um die Heimschafiung von 102 Personen (76 Gesuche umfassend) angegangen, nämlich von 27 verlassenen Kindern, 44 Geisteskranken und 31 Hilfsbedürftigen. Aus Frankreich liefen 52 Gesuche ein, aus Deutschland 12, aus Italien 4, aus Österreich 3, aus Belgien 2, aus Serbien, England und Brasilien je 1. Von den 102 Personen wurden 73 als schweizerische Angehörige ermittelt und übernommen, 20 dagegen wurden nicht anerkannt, bei 6 Personen wurden die Begehren zurückgezogen, während 3 Fälle noch pendent sind.

Die S c h w e i z stellte an das Ausland auf diplomatischem Wege 86 Heimschaffungsbegehren betreffend 108 Personen. Davon entfielen auf Italien 44, auf Frankreich 36, auf Deutschland 4, sowie je l auf Österreich und England. Diese Heimschaffungsbegehren bezogen sich auf 24 verwaiste und verlassene Kinder, 46 Geisteskranke und 38 Hülfsbedürftige. Davon wurden 70 vom Auslande als Angehörige anerkannt und heimgeschafft, die Übernahme von 8 Personen wurde abgelehnt, 8 Begehren wurden vor Abschluß der Verhandlungen zurückgezogen, während 22 Fälle noch hängig sind.

Außerdem sind von Seiten Deutschlands 15 Gesuche um Bewilligung des Durchtransportes von geisteskranken oder hülfsbedürftigen Italienern (20 Personen) über schweizerisches Gebiet, auf Kosten des requirierenden Staates, eingegangen. Davon wurden 9 bewilligt und vollzogen, l zurückgezogen, während 5 noch pendent sind. Desgleichen wurde 2 solchen von Italien gestellten Gesuchen zum Durchtransport nach Deutschland entsprochen.

V. Verschiedenes.

21. Infolge eines Falles, für den wir die Vermittlung unserer Gesandtschaft in Berlin in Anspruch genommen haben, brachte uns diese letztere, entsprechend den ihr vom Auswärtigen Amt des Deutschen Reiches gewordenen Mitteilungen, zur Kenntnis, d a ß d i e gemäß Art. 2 des deutsch-schweizerischen Niederlassungsvertrages vom 31. Mai 1890 ausgestellten G e s a n d t s c h a f t s zeugnisse den Reisepapieren oder Heimatscheinen im Sinne des § 21 des deutschen Reichsgesetzes über die Erwerbung und den Verlust der Reichs- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 n i c h t g l e i c h zu a c h t e n sind. Der Besitz eines Gesandtschaftszeugnisses, dessen Feststellungen in Beziehung

65 auf den Besitz der Reichsangehörigkeit sich nur auf die Zeit der Erteilung beschränken, kann daher den Verlust der Reichsangehörigkeit infolge ununterbrochenen zehnjährigen Aufenthalts im Auslande nicht hindern. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, wird in dem für das Zeugnis üblichen Formular ausdrücklich daraui verwiesen, daß die Bestimmungen des Gesetzes vom i. Juni 1870 durch das Zeugnis nicht berührt werden und der Inhaber deshalb zur Vermeidung des in § 21 vorgesehenen Verlustes der Staatsangehörigkeit dafür zu sorgen hat, daß er sich fortdauernd im Besitze eines gültigen Reisepasses oder Heimatscheines befindet oder in die Matrikel des zuständigen kaiserlichen Konsulats eingetragen wird.

22. Der im Auftrag des Bundesrates zum Zwecke der Einführung des anthropometrischen Verfahrens im Polizeidienst der Kantone in der Zeit vom 18. Februar bis 3. März von uns in der Kaserne auf dem Beundenfeld bei Bern veranstaltete Instruktionskurs wurde von dem Chef unserer Polizeiabteilung, Herrn Scherz, geleitet, unter Mitwirkung des .Sekretärs der Bundesanwaltschaft, Herrn Kodier. Der Kurs war von 32 Polizeibeamten der Kantone besucht. Mit Ausnahme von Waadt und Schwyz, welche uns seinerzeit zur Kenntnis gebracht haben, daß sie dieses Verfahren schon seit einigen Jahren eingeführt hätten, und Appenzell I.-Rh., dessen in Aussieht genommener Delegierter kurz vor dem Kurse krank geworden ist, waren alle Kantone im Kurse vertreten.

Wir glauben, mitteilen zu können, daß wohl alle Kursteilnehmer die Überzeugung gewonnen haben, daß das seit vielen Jahren bei uns übliche Signalementsverfahren, als größtenteils wertlos, aufgegeben und durch das anthropometrische Signalementsverfahren ersetzt werden muß.

Nebst den anthropometrischen Messungen, welche dazu dienen, die Identität der Person eines eingebrachten Sträflings mit zweifelloser Sicherheit festzustellen, war es besonders die dem neuen Verfahren anhaftende originelle Art der Personenbeschreibung, auf deren wünschbare Einführung auf den Signalementen die Kursteilnehmer ganz besonders aufmerksam gemacht wurden, weil diese Personenbeschreibung die Fahndung auf einen ausgeschriebenen Verbrecher in hervorragender Weise erleichtert und irrtümliche Verhaftungen, welche infolge unseres bisherigen Signalementsverfahrens noch häufig vorkamen, bei eingehender Beobachtung der Vorschriften in Zukunft verunmöglichen.

Bundesblatt. 53. Jahrg. Bd. II.

5

66

Die am Schlüsse des Kurses vorgenommenen hierauf bezüglichen Übungen haben denn auch die große praktische Leistungsfähigkeit der anthropometrischen Personenbeschreibung auf den Signalementen hervorgethan. Im Theoriesaal, wo die praktischen Übungen vorgenommen wurden, befanden sich bei den letzten praktischen Übungen, denen der Vorsteher des Departements und der Bundesanwalt beiwohnten, 32 Kursteilnehmer, 28 Polizeirekruten, 10 Sträflinge und noch einige weitere Anwesende, also über 70 Personen. Die letzten Übungen bestanden darin, daß einem jeden Kursteilnehmer ein mit der anthropometrischen Personenbeschreibung versehenes Signalement, das sich auf den Angehörigen einer der im Saale anwesenden Kategorien von Personen, also entweder auf einen Kursteilnehmer, Polizeibeamten odor Sträfling bezog, ausgegeben wurde, mit der Verpflichtung, an der Hand dieses Signalements die dazu gehörende im Saale anwesende Person aufzufinden. Der am raschesten arbeitende Kursteilnehmer hatte seinen Mann nach bereits 3 Minuten unter den 70 im Saale befindlichen Personen herausgefunden, der am längsten Suchende nach 13 Minuten. In ähnlicher Weise wurde nachher einem jeden Kursteilnehmer das anthropometrische Signalement einer der 102 im Theoriesaal aufgehängten Photographien ausgeteilt, mit der Aufgabe, die zum Signalement passende Photographie herauszufinden. Auch diese sehr schwierige Übung war von Erfolg begleitet. Die erste Photographie wurde bereits nach 5 Minuten richtig herausgefunden, die letzte erst nach 24 Minuten, weil sich bei der' Aufnahme des betreffenden Signalements ein Fehler eingeschlichen hatte.

Die Berichte, die sich die Kantone von dem oder den Delegierten über die während des Instruktionskurses zu Tage getretenen Resultate haben erstatten lassen, und die ohne Zweifel mit unserti oben geäußerten Ansichten über den Wert der Einführung des anthropometrischen Verfahrens übereingestimmt haben werden, haben denn auch zur Folge gehabt, daß die meisten Kantone das anthropometrische Verfahren in ihren Polizeidienst eingeführt haben.

67

C. Bundesanwaltschaft.

t. Bundesstrafrecht.

1. Von den aus dem Jahr .1899 unerledigt gebliebenen Fällen Ton Eisenbahngefährdung sind mit Ausnahme dreier, worunter derjenige betreffend die Aarauerkatastrophe vom 4. Juni 1899, alle gerichtlich erledigt worden.

2. Im Berichtsjahr kamen zur Behandlung: 129 Gefährdungen des E i s e n b a h n b e t r i e b e s , 35 Gefährdungen des T r a m w a y b e t r i e b e s , 2 Gefährdungen des D a m p f s chi ff b e t r i e b e s , 6 Gefährdungen des P o s t b e t r i e b e s .

In zwei Geschäften handelte es sich um gleichzeitige Eisenbahn- und Postgefährdung.

3. A b s i c h t l i c h e G e f ä h r d u n g e n waren herbeigeführt ·worden, durch: a. Legen von Gegenständen auf das Geleise in . 12 Fällen b. Steinwürfe gegen Eisenbahnzüge oder Tramwagen in 34 ,., c. Schießen gegen einen Eisenbahnzug in ...

l Fall d. Unbefugtes Umlegen oder Verkeilen von Weichen in 5 Fällen e. Unbefugtes Verschieben von Wagen in ...

l Fall /. Thätlichkeiten gegen auf der Fahrt begriffene Postwagen und deren Postillone in . . . . 2 Fällen g. Thätlichkeiten gegen einen Tramwagenführer in l Fall 56 Fälle K e i n e F o l g e wurde g e g e b e n : drei Fällen, weil eine erhebliche Gefahr nicht vorhanden war, und fünf Fällen, weil eine strafrechtliche Zurechnung den jugendlichen Angeschuldigten gegenüber nicht stattfinden konnte.

Von den zur Beurteilung an die k a n t o n a l e n G e r i c h t e g e w i e s e n e n 48 Fällen fanden nur 6 ihre Erledigung durch V e r u r t e i l u n g der Angeschuldigten ; in 32 derselben mußte .die U n t e r s u c h u n g s i s t i e r t w e r d e n , weil die T h ä t e r -

68

S c h a f t n i c h t e r m i t t e l t werden konnte, und in einem wegerr m a n g e l n d e m S c h u l d b e w e i s . Neun Fälle sind noch u n erledigt.

4. Bei den [ f a h r l ä s s i g e n G e f ä h r d u n g e n handelte es?

sich um : a. Erfolgten oder drohenden Zusammenstoß von Zügen oder Zugsteilen 50 Fälle ö. Entgleisungen 25 ,, c. Kollision mit Straßenfuhrwerkeu 32 ,.

d. Verunglückung von Passagieren 2 ._, e. Auf dem Bahnkörper befindliches Vieh . . .

J Fall f. Bei einer Baustelle zu nahe dem Geleise liegenden Stein l ., r/. Entlaufen von Wagen l v> h. Verunglücken zweier Arbeiter l r> i. Auffahren auf die Endstation einer Drahtseilbahn l V) 114 FälleHiervon gaben wir k e i n e F o l g e : 12 Fällen, weil keine erhebliche Gefährdung vorhanden, 16 Fällen mangels eines strafbaren subjektiven Verschuldens, und einem Fall, weil der Schuldige an den Folgen des Unfalles gestorben.

Von den 85 zur Beurteilung an die kantonalen Gerichte überwiesenen Fällen endigten 22 mit F r e i s p r e c h u n g und 32 mit V e r u r t e i l u n g der Angeschuldigten. In 16 Fällen wurde die eingeleitete Untersuchung mangels Schuldbeweis sistiert und 15 sind zur Zeit noch u n e r l e d i g t .

5. In einem zur Beurteilung an die kantonalen Gerichte gewiesenen Fall war eine Freisprechung erfolgt, deren Begründung wir nicht als zureichend anerkennen konnten ; auf unsere Veranlassung erklärte die kantonale Staatsanwaltschaft die Berufung und es wurden dann die Angeschuldigten in zweiter Instanz zu angemessenen Strafen verurteilt.

6. Am 8. November 1899 war auf dem Bahnhofe Rheinfelden das Material einer fahrenden Panorama-Schaubude auf Eisenbahnwagen verladen worden. Vor Ausführung einer bezüglichen Manöverbewegung wurde das Panoramapersonal in Kenntnis gesetzt, daß sich während derselben niemand auf den Eisenbahnwagen aufhalten dürfe. Dessenungeachtet blieben Mitglieder dieser-

69 Gesellschaft auf den Wagen ; beim Anfahren der Lokomotive stürzte C. H. rücklings von einem di esei\ Fahrzeuge und kam so auf die Schienen zu liegen, daß ihm ein Fuß abgedrückt wurde.

Da dem Bahnpersonal ein strafbares Verschulden nicht vorgeworfen werden konnte, wurde der Angelegenheit in bundesstrafrechtlicher Beziehung keine weitere Folge gegeben.

7. Fünf junge^ Bursche, denen wegen ihres betrunkenen Zustandes die Aufnahme in die den Kurs Brugg-Remigen ausführende Postkutsche verweigert worden war, lauerten aus Rache darüber dem Postwagen an einer gefährlichen Straßenpartie auf und versuchten durch einen plötzlichen Überfall mit Geschrei und Gestikulationen dessen Pferde scheu zu machen, was ihnen aber dank der Geistesgegenwart des Postillons nicht gelang. Jeder der Angreifer wurde in der Folge zu zwei Tagen Gefängnis und Fr. 30, beziehungsweise Fr. 20 Geldbuße verurteilt.

8. Bei der Kollision eines Privatfuhrwerkes mit einem Postwagen, durch welche beide Rosselenker zu Boden geworfen wurden, ist der fehlbare Leiter des Privatfuhrwerkes an den Folgen des Sturzes verstorben, so daß er nicht zur Verantwortunggezogen werden konnte.

9. Eine eingeleitete Strafuntersuchung war vom betreffenden kantonalen Untersuchungsrichter mangels Schuldbeweis aufgehoben worden, bevor dieselbe nach unserm Dafürhalten in wünschbarer Weise durchgeführt war; da uns aber nach dem einschlägigen kantonalen Recht keine Rechtsmittel gegen diesen Aufhebungsbeschluß zur Verfügung standen, mußten wir die Sache auf sich beruhen lassen.

In einem ändern ähnlichen Falle unterblieb die Weiterziehung, weil bei der aus früheren Entscheidungen bekannten Anschauungsweise des in Frage kommenden Gerichtshofes eine Erledigung im wünschbaren Sinne doch nicht zu erwarten gewesen wäre.

In einer weiteren Angelegenheit war von einer kantonalen Amtsstelle Sistierung der Untersuchung verfügt worden, ohne daß die Untersuchungsakten vorschriftsgemäß vorher dem Bundesrat zur Bestimmung des Gerichtsstandes zugestellt worden waren.

Auch hier wurde von einer Weiterziehung abgesehen, weil ·die Aufhebungsverfügung nach dem zur Anwendung kommenden kantonalen Recht eine rechtskräftige geworden war.

70

10. Mit Beschluß vom 6. April 1900 hat der Bundesrat die strafrechtliche Beurteilung des am 3. Januar 1900 im Gotthardtunnel bei Airolo vorgekommenen Eisenbahnunfalles dem Bundesstrafgerichte übertragen ; der unterm 24. Oktober gefüllte Urteilsspruch lautete auf Freisprechung des einen Angeklagten Walder und auf 10 Tage Gefängnis und Fr. 30 Geldbuße für den An geschuldigten Bonomi.

11. Eine kantonale Amtsstelle hatte in eine Aufhebungsverfügung den Passus-aufgenommen, daß die ,,Untersuchung auf Koston der Eidgenossenschaft fallen gelassen worden seia. Da jedoch die betreffende Angelegenheit vom Bundesrat den kantonalen Gerichten zur Beurteilung nicht überwiesen worden war, die angeführte Verfügung somit im Widerspruch stand mit Art. 156 ff.

des Bundesgesetzes über die Bundesrechtspflege, veranlaßten wir die Abänderung der bezüglichen Verfügung.

12. Auf der Station Dornach wollte der Zimmermeister S. M.

einen für ihn angekommenen Bauholzwagen abladen lassen, und ließ denselben zu diesem Zwecke durch seine Arbeiter an eine ihm passende Stelle im Rampengeleise verschieben. Ohne das Bahnpersonal zu verständigen, legte M. hierbei eine Weiche um, die mit einer Weiche im Hauptgeleise verkuppelt war. Infolgedessen kam ein Wagen eines einfahrenden Zuges zum Entgleisen.

M. wurde dafür mit einem Tag Gefängnis und Fr. 5 Buße bestraft.

13. Am 26. April 1900 erlitt auf der Station Münsingen ein Passagier beim Aussteigen durch das vorzeitige Schließen einer Wagenthüre eine Quetschung dreier Finger der rechten Hand.

Da die Vermutung vorlag, die Thüre sei durch einen Mitreisenden fahrlässigerweise zugeschlagen worden, erfolgte Überweisung des Falles an die Gerichte. Die Untersuchung mußte aber mangels Schuldbeweis fallen gelassen werden.

14. Zwischen Renens und Lausanne führt über die Geleise' J..S. ein lediglich Privatzwecken dienender Niveauübergang, dessen Barrieren nach dem bei Erstellung der Bahn erfolgten Entscheid© der Expropriationskommission von den Besitzern des anstoßenden sogenannten Malleygutes bedient werden sollen. Diese Verpflichtung wurde im Laufe der Zeit trotz Mahnungen der Bahnbehördert von den Belasteten nicht erfüllt und bereits im Jahre 1899 ereignete sich auf dem ungedeckt gebliebenen Übergang ein Eisenbahnunfall.

Damals erließ indessen das Tribunal de police von Lausanne ein freisprechendes Urteil mit der Begründung, daß die Nichtbefolgung'

71

der der Besitzerin des Grundstückes bei der Expropriation auferlegten Pflicht zur Barrierenschließung kein strafbares Vergehen sei. Appellation gegen dieses Erkenntnis war nach Vorschrift der kantonalen Prozeßordnung nicht zulässig.

Am 4. August 1900 wurde nun auf dem Übergang ein Fuhrwerk überfahren, dessen eines Pferd getötet, das andere verletzt und im fernem die Lokomotive des Bahnzuges leicht beschädigt wurde. Mit Rücksicht auf das vor einem Jahr ergangene Gerichtsurteil wurde diesmal von einer gerichtlichen Weiterverfolgung der Angelegenheit überhaupt abgesehen, besonders weil dasselbe mit dem geltenden Bundesstrafrechte (Art. 67« und 12) insofern im Einklang steht, als dort Unterlassungen nur dann mit Strafe bedroht werden, wenn sie sich darstellen als Nichterfüllung einer dem Fehlbaren obliegenden Dienstpflicht. Wir veranlaßten jedoch einen Bundesratsbeschluß, in welchem das Eisenbahndepartement ersucht wird, zuständigen Ortes auf Beseitigung derartiger unhaltbarer Zustände zu dringen.

15. Am 23. Juli sind zwei an der Ausbesserung des Eisenbahntunnels bei Flamatt arbeitende Maurer bei der Durchfahrt eines Zuges vom Gerüst geworfen, einer derselben auf der Stelle getötet, der andere schwer verletzt worden.

Zur Beaufsichtigung der Arbeiten war ein Bahnarbeiter in den Tunnel beordert gewesen, welcher dafür zu sorgen hatte, daß die Arbeitsstelle zwischen den Zügen durch Haltsignale vorschriftsgemäß gedeckt und die quer über dem Gerüst liegenden Bretter, worauf die Maurer arbeiteten, vor dem Fälligwerden eines Zuges jeweilen rechtzeitig wieder weggenommen wurden.

Dadurch, daß der mit der Aufsicht betraute Bahnarbeiter seinen Posten verließ, bevor ein Ersatzmann zur Stelle war, kamen die angeführten Vorsichtsmaßregeln nicht zur Anwendung, was dann die erwähnte Katastrophe zur Folge hatte.

Da der Thatbestand einer Gefährdung des Eisenbahnzuges im Sinne des Art. 67 des Bundesstrafrechtes mangelte, gaben wir der Angelegenheit in bundesstrafreehtlicher Beziehung keine weitere Folge und überließen es den kantonalen Behörden, gegen den fehlbaren Bahnarbeiter wegen des nach kantonalem Recht zu beurteilenden Vergehens der fahrlässigen Tötung respektive Körperverletzung vorzugehen.

16. J. H., der in der Nacht vom 17./18. September 1899 zwischen Urnäsch und Jakobsbad eine Signalscheibe ausriß und

72

quer auf das Geleise der Appenzellerbahn legte, wurde zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.

17. Am 24. November 1899 ist das Nordostbahn-Dampfboot ,,St. Gotthard" auf seinem Kurs Richterswil-Wädenswil unweit der Landungsstelle Stäfa in einen vom Dampfer ,,Schmerikouu geführten Schleppzug von drei Schiffen hineingefahren. Beide Dampfschiffe und zwei Ledischiffe wurden beschädigt.

Unter Hinweis auf die im Geschäftsbericht des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes pro 1892, Bundesbl.

1893, II, 84 enthaltenen Ausführungen überwiesen wir die Angelegenheit zur Beurteilung an die Gerichte des Kantons Zürich.

Es erfolgte Freisprechung sämtlicher Angeschuldigten, jedenfalls hier wie in vielen ändern Fällen hauptsächlich deshalb, weil der Richter bei einer allfälligen Verurteilung genötigt gewesen wäre, neben Geldbuße noch Gefängnisstrafe zu verhängen.

18. Der Bundesanwalt hat im Laufe des Berichtsjahres beim Justiz- und Polizeidepartement in drei Richtungen die Ergänzung beziehungsweise Revision des Bundesstrafrechtes angeregt durch Vorlegung : 1. eines Entwurfes zu einem Bundesgesetze betreffend die Begnadigung und die Rehabilitation, 2. von Entwürfen zur Abänderung des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht vom 4. Februar 1853 in Art. (>(> (Hinderung oder Störung der Benutzung der Telegraphenanstalt) und in Art. 67 (Gefährdung und Schädigung des Eisenbahnbetriebes).

Der erste dieser Vorschläge wurde bisanhin nicht behandelt, die beiden ändern aber mit den beigefügten Motiven vom Bundesrate genehmigt und der Bundesversammlung zu weiterer Behandlung unterbreitet. Vgl. Bundesbl. 1900, IV, 72.

19. Die zwei im letzten Jahre unerledigt gebliebenen Fälle betreffend S t ö r u n g d e s T e l e p h o n - u n d T e l e g r a p h e n b e t r i e b e s d u r c h Z e r s c h l a g e n v o n I s o l a t o r e n habeu ihre gerichtliche Erledigung gefunden. Im Berichtsjahre kamen sieben solcher Fälle zur Behandlung; einem derselben gaben wir keine Folge wegen Jugendlieben Alters des Angeschuldigten, und von den sechs zur Beurteilung au die kantonalen Gerichte gewiesenen endigten vier mit Verurteilung der Angeschuldigten ; zwei sind noch nicht behandelt.

73

20. Von den sechs zur Beurteilung an die Gerichte gewiesenen Fällen von F ä l s c h u n g e n im M i l i t ä r d i e n s t b ü c h I c i n wurden drei durch Verurteilung und einer durch Freisprechung der Angeschuldigten erledigt ; zwei Urteile stehen noch aus.

21. Ein Bürger D., der mit mehreren Bewohnern seines Wohnortes im G-eldverkehr stand, hatte sich mit dem Ortsbriefträger ins Einvernehmen gesetzt, um von dem Betreibungsamt herrührende oder sonst auf jenen Geld verkehr Bezug habende eingeschriebene oder uneingeschriebene an Drittpersonen adressierte Briefschaften aufzufangen. Solche Postsendungen wurden dann jeweilen zurückbehalten, statt dem Adressaten dem D. zugestellt, der dann für eingeschriebene Sendungen durch Hinsetzung des Namens des Adressaten quittierte. D. wurde mit 4'/a Jahren Zuchthaus, der Briefträger mit 6 Monaten Gefängnis bestraft.

22. Der aus dem Vorjahr unerledigt gebliebene Fall von A m t s d e l i k t e n durch einen P o s t a n g e s t e l l t e n fand seine Erledigung durch Verurteilung des Angeschuldigten.

Die elf im Berichtsjahre zur Beurteilung an die kantonalen Gerichte gewiesenen derartigen Fälle endigten alle mit Verurteilung der Angeschuldigten.

23. Zu Händen des Bundesgerichtes begutachtete die Bundesanwaltschaft im Berichtsjahre z e h n A u s l i e f e r u n g s f ä l l e .

24. Dem Bundesanwalt wurden zur Begutachtung 17 Begnadigungsgesuche vorgelegt. Dieselben bezogen sich auf Bestrafungen, welche ausgesprochen worden waren: a. wegen Eisenbahngefährdung 6 b. wegen Übertretung des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen ·. . . 3 c. wegen Übertretung des Bundesgesetzes über die Fabrikation u n d d e n Vertrieb v o n Zündhölzchen . . . . 2 d. wegen Übertretung des Alkoholgesetzes 2 e. wegen Übertretung des Zollgesetzes l f. wegen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Civilstand und Ehe l r/, wegen Widerhandlung gegen das Bahnpolizeigesetz . l h. wegen Übertretung des Fischereigesetzes l Von diesen Gesuchen haben wir dem Bundesrat zu Händen der Bundesversammlung 10 in empfehlendem, 5 in abweisendem Sinne begutachtet. Bei einem Begnadigungsgesuch, welches sich

74

auf eine wegen Übertretung des Bahnpolizeigesetzes ausgesprochene Strafe bezog, beantragten wir Nichteintreten, weil die Ahndungderartiger Übertretungen laut Art. 11 des Gesetzes gänzlich deu Kantonsbehörden überlassen ist und infolgedessen sowohl dem Bundesrat als der Bundesversammlung die Zuständigkeit mangelte, dieses Gesuch zu behandeln.

In einem ändern- Fall wurde Nichteintreten beantragt wegen Verjährung der über den Gesuchsteller verhängten Strafe.

Bezüglich der weiteren Behandlung dieser Begnadigungsgesuche durch Bundesrat und Bundesversammlung verweisen wir auf die im Bundesblatt enthaltenen bezüglichen Berichte und Verzeichnisse der Verhandlungsgegenstände der Bundesversammlung.

Vgl. Bundesbl. 1900, I, 1,161, 193,11, 192, 194, 196, III, 305, 714, 807, IV, l, 145, 605, 873.

II. Widerhandlungen gegen eidgenössische Fiskalgesetze..

25. Wegen W i d e r h a n d l u n g g e g e n das Z o l l g e s e t z haben wir im Berichtsjahre 13 Fälle bei den Gerichten anhängiggemacht, 9 derselben, wovon einer, in welchem gleichzeitig auch das Bundesgesetz über gebrannte Wasser verletzt worden war, endigten mit Verurteilung, drei mit Freisprechung der Angeschuldigten. In einem Fall steht der Urteilsspruch noch aus. Ein wegen Übertretung des Bundesgesetzes über gebrannte Wasser eingeleitetes Strafverfahren fiel dahin, weil der Beklagte vor der Gerichtsverhandlung Zahlung der administrativ ausgesprochenen Buße geleistet hatte.

26. Im Laufe des Berichtsjahres sahen wir uns veranlaßt, gegen ein'Urteil, durch welches ein der Widerhandlung gegen das Zollgesetz Angeschuldigter freigesprochen worden war, gestützt auf Art. 18' des Bundesgesetzes über das Verfahren bei Übertretungen fiskalischer und polizeilicher Bundesgesetze, beim Kassationshofe des Bundesgerichtes Nichtigkeitsbeschwerde einzureichen.

Nach erfolgter Gutheißung der Beschwerde übertrug der Kassationshof die Beurteilung des Falles gemäß Art. 18 des Fiskalgesetzes dem Gerichte eines ändern Kantons, bei welchem dann der Angeschuldigte zu gesetzmäßiger Buße verurteilt worden ist.

III. Gutachten.

Durch Beschluß des Bundesrates vom 19. März 1900 wurde bestimmt, daß alle Begnadigungsgesuche zu Händen der Bundes-

75 Versammlung im Interesse einer formell einheitlichen Behandlung durch das Justizdepartement zu begutachten seien. Die Bundesanwaltschaft stellt für diese -immer zahlreicher werdenden Geschäfte die nötigen Anträge an das Justizdepartement, ebenso begutachtete sie auf Ansuchen direkte Fragen strafrechtlicher Natur für andere Abteilungen der Bundesverwaltung, besonders Zollund Alkoholverwaltung. Die Gesamtzahl dieser Geschäfte betrug im Berichtsjahre 35. Dabei wurden folgende prinzipiellen Standpunkte eingenommen : 1. Dem Bundesrat steht das Recht zu, Übertretungen des Bundesgesetzes betreffend Fabrik- und Handelsmarken von sich aus oder auf Anregung von Behörden oder Privaten bei den kantonalen Gerichtsinstanzen zu verzeigen (Art. 26, AI. 3, und 28, AI. 2 des citierten Gesetzes), dagegen wird er von dieser Befugnis nur in wichtigeren Fällen und wenn Interessen öffentlich rechtlicher Natur in Frage stehen, Gebrauch machen, im übrigen den interes sierten Privaten die Stellung von Anzeige oder Führung von Privatklage überlassen. -- Derartige Vorzeigungen durch den Bundesrat haben in keiner Weise den Charakter einer Klage, es ist daher auch nicht Sache der Bundesbehörde, auf die Durchführung des Strafverfahrens weiter einzuwirken, vielmehr den kantonalen Behörden überlassen, das eingeleitete Verfahren einzustellen oder an die Gerichte zu überweisen. -- Die wegen Übertretung des Markenschutzgesetzes ausgesprochenen Bußen fallen auch dann in die Kantonskasse, wenn die Verzeigung vom Bundesrate ausgegangen ist.

2. Bei Bestrafungen wegen Vergehen gegen die Vorschriften über Jagd- und Vogelschutz ist nicht die Bundesversammlung zur Begnadigung zuständig, weil sie nicht in das Gebiet der Bundesstrafrechtspflege gehören. Die Art. 21 und 22 des Bundesgesetzes vom 17. September 1875 geben nämlich nur eine Definition der Thatbestände, welche unter den Begriff des Jagdfrevels fallen und bestimmen bloß Strafminima für einzelne Fälle dieser Übertretungen, ferner die Grundsätze für die Strafumwandlung, die Entziehung der Jagdberechtigung bei Rückfall u. s. w., während im übrigen der Bund die Aufstellung von Strafbestimmungen in diesem Rechtsgebiete den Kantonen anheimgestellt und diesen auch die Ausübung der bezüglichen Gerichtsbarkeit als eine selbständige nicht erst durch Delegation der Bundesbehörde zu erlangende überlassen hat. (Bundesratsbeschluß in Sachen Camponovo vom 21. Februar 1900. Vgl. auch Salis, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, Band III, Nr. 1176.)

76

3. Bei Bestrafungen aus Art. 31 und 32 des Bundesgesetzes über die Fischerei ist dagegen die Begnadigung Sache der Bundesversammlung, weil hier das Bundesstrafrecht in allen Teilen, sowohl was den Tatbestand als was Art und Höhe der Strafe anbetrifft, die für die Entscheidung der Strafbehörden maßgebende materielle Grundlage bietet.

4. Im geltenden Bundesstrafrechte finden sich keinerlei Bestimmungen über die Ahndung der Anfertigung von Falsifikaten von eidgenössischen Münzen und schweizerischen Banknoten.

Es kann daher vor Ergänzung der Gesetzgebung nicht von Bundes wegen gegen den Vertrieb solcher Nachahmungen, seien es nun Spielmarken oder sogenannte Juxbanknoten eingeschritten werden, selbst wenn die Gefahr besteht, daß dabei Täuschungen des Publikums über die Natur und den wahren Wert solcher Objekte vorkommen.

5. Die Tatsache, daß eine in der Schweiz domizilierte Firma ausländische Fabrikate, welche mit der falschen Herkunftsbezeichnung ,,made in Switzerlanda versehen sind, zur Wiederausfuhr nach dem Ausland übernimmt, kann Mangels genügender Gesetzesbestimmungen hier nicht zur Bestrafung führen.

6. Auch ohne ausdrückliche Gesetzesvorschrift muß angenommen werden, daß die Wirkung des Rückfalles in Polizeivergehen durch Zeitablauf unwirksam werden und dass diese geringfügigeren Strafsachen auch in derartigen Fragen nicht härter behandelt werden sollen, als eigentliche, mit Gefängnis und Geldbuße bedrohte Vergehen, für welche im Art. 34, litt, ß, des Bundesstrafrechtes eine Verjährungsfrist von drei Jahren angesetzt ist.

7. Als Niederlassungskanton im Sinne von Art. 2, lemma 3 des Bundesgesetzes betr. die Auslieferung gegenüber dem Auslande ist nicht bloß der Kanton zu betrachten, in welchem eine Person förmliche Niederlassung erworben hat, sondern es genügt, daß für dieselbe ein mit behördlicher Genehmigung bestehender Aufenthaltsort in einem Kanton nachgewiesen werden kann.

Schon diese Thatsache hat zur Folge, daß die Behörden des letztern Kantons die vom Auslande verlangte Strafverfolgung zu übernehmen haben und nicht diejenigen des Heimatkantons des Verfolgten.

8. Die Spedition einer Broschüre darf von der Postverwaltung nur dann verweigert werden, wenn sich aus i h r e m T i t e l ergiebt, daß sie injuriöser oder unsittlicher Natur sei.

Irgend welches nähere Studium des Inhaltes der Broschüre durch

77

die Postbeamten behufs Erlangung eines Urteils darüber, ob dieser Inhalt injuriös sei, darf nicht vorgenommen werden, ist vielmehr dem Strafuntersuchungsbeamteri vorbehalten.

9. In allen Fällen von Polizeiübertretung, bei welchen nicht besondere Vorschriften des Specialgesetzes entgegenstehen, so bei Vergehen gegen das Alkoholgesetz, das Zollgesetz, dasjenige betreffend die Beaufsichtigung der Versicherungsgesellschaften gilt der Grundsatz, daß nur physische nicht aber juristische Personen, wie Firmen, Aktiengesellschaften Gegenstand strafrechtlicher Ahndung sein können und es ist deshalb, so weit immer möglich, schon vor Verhängung von Polizeistrafen, von den Organen der Verwaltung auszumitteln, wer im einzelnen Fall für die im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person vorgeIJ kommene Übertretung 8 verantwortlich sei.

IY. Politische Polizei.

Bezüglich der im Jahre 1900 nötig gewordenen besonderen Maßnahmen verweisen wir auf die im Bundesblatt veröffentlichten Anweisungsbeschlüsse. Vgl. Bundesblatt 1900, I, 166; II, 939.

IV, 94.

D. Versicherungsamt.

Der dreizehnte S p e c i a l b e r i c h t des V e r s i e h e r u n g s a m t e s , das Geschäftsjahr 1898 umfassend, ist infolge Bundesratsbeschluß vom 19. Juni 1900 veröffentlicht worden (Art. 12 des Aufsichtsgesetzes).

Der Bestand der der Aufsicht unterstellten Gesellschaften hat im Jahre 1900 folgende Änderungen erfahren (Art. 3): a. Neue Konsessionen. Die Konzession für den Betrieb der Unfallversicherung in der Schweiz wurde erteilt : am 23. September der Assicuratrice I t a l i a n a in Mailand und am 12. Oktober der Assurance m u t u e l l e des e n t r e p r e n e u r s et industriels du c a n t o n de Vaud in Lausanne (B. Bl. 1900, IV, 80 und 131).

Diese Konzessionen gelten bis zum 12. Oktober 1904, an welchem Tage auch die Konzession der übrigen Unfallversichorungsgesellschaften abläuft.

78 b. Konsessionserweiterungen. Am 31. August wurde die Konzession der R h e n a n i a in Köln auf die Einbruch- und Diebstahlversicherung, am 21. September diejenige der Schweizerischen Unfallversicherungsaktiengesellschaft in W i n t e r t h u r auf Diebstahl-, Veruntreuungs- und Kautionsversicherung, und am 19. Oktober diejenige der M a n n h e i m e r V e r s i c h e r u n g s gesellschaft in Mannheim auf die Unfallversicherung ausgedehnt.

.(B. Bl. 1900, IV, 27, 77 und 147.)

c. Konsessionsverweigerung. Ein Konzessionsgesuch der Société générale de prévoyance cycliste et automobiliste in Brüssel ist am 9. Februar abgewiesen worden (B. Bl. 1900,1, 216). Unterm 6. Februar beschloß der Bundesrat, auf das Gesuch einer Privatperson um die Konzession für den Betrieb der Glasversicherung in der Schweiz nicht einzutreten. Dieser Beschluß gründet sich auf den Umstand, daß unser Aufsichtsgesetz für den Betrieb von Versicherungsgeschäften nur G e s e l l s c h a f t e n zuläßt.

d. Drei K o n z e s s i o n s g e s u c h e , welche im Laufe des Berichtsjahres eingereicht wurden, sind noch schwebend.

e. Zahlreiche A n f r a g e n betreffend die Konzessionsbedingungen sind unserem Amte zugekommen.

Das V e r z e i c h n i s der k o n z e s s i o n i e r t e n oder n u r u n s e r e r A u f s i c h t u n t e r s t e l l t e n G e s e l l s c h a f t e n lautet gegenwärtig wie folgt : I. Lebensversicherungsgesellschaften.

1. Konzessionierte Anstalten.

Allgemeine Versorgungsanstalt im Großherzogtum Baden, in Karlsruhe ; Atlas, Deutsche Lebensversicherungsgesellschaft, in Ludwigshafen ; Basler Lebensversicherungsgesellschaft, in Basel (auch für EinzelUnfall-Versicherung) ; Caisse paternelle, Compagnie anonyme d'assurances générales sur la vie humaine, in Paris; Compagnie d'assurances générales sur la vie, in Paris; Concordia, Kölnische Lebensversicherungsgesellschaft, in Köln; La Genevoise, Compagnie d'assurances sur la vie, in Genf; General Life Assurance Company, in London; Germania, Life Insurance Company, in New-York; Germania, Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft, in Stettin; Lebensversicherungsbank für Deutschland, zu Gotha; Lebensversicherung- und Ersparnisbank, in Stuttgart;

79 Lebensversicherungsgesellschaft zu Leipzig ; La Nationale, Compagnie d'assurances sur la vie, in Paris; New-York, Life Insurance Company, in New-York; Northern, Assurance Company, in London (auch für Feuerversicherung); Norwich Union, Life Insurance Society, Norwich ; Phénix, Compagnie française d'assurances sur la vie, in Paris ; Schweizerischer Lebensversicherungsverein, in Basel ; Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, in Zürich ; Schweizerische Sterbe- und Alterskasse, in Basel ; La Suisse, Société d'assurances sur la vie, in Lausanne ; Star, Life Assurance Society, in London; Teutonia, allg. Renten-, Kapital- und Lebensversicherungsbank, in Leipzig (auch für Einzel-Unfallversicherung) ; Union, Assurance Society, in London ; L'Union, Compagnie d'assurances sur la vie humaine, in Paris ; L'Urbaine, Compagnie d'assurances sur la vie, in Paris.

2. Anstalten, die auf die eidgenössische Konzession verzichtet haben, aber bis zur Abmeldung des schweizerischen Ver sicher ungsbestandes der Staatsaufsicht unterstellt bleiben.

L'Aigle, Compagnie française d'assurances sur la vie, in Paris; La Confiance, Compagnie d'assurances sur la vie, in Paris; Equitable, Life Assurance Societj^ of thé United States, in New-York \ La Foncière, Compagnie d'assurances sur la vie, in Paris; La Providence, Compagnie anonyme d'assurances sur la vie, in Paris ; Le Soleil, Société anonyme d'assurances sur la vie, in Paris.

n. Konzessionierte Feuerversicherungsgesellschaften.

Basler Versicherungsgesellschaft gegen Feuerschaden, in Basel ; Compagnia di Assicurazione di Milano contro i danni degli Incendi, sulla Vita dell' uomo e per le Rendite vitalizie, in Mailand ; Emmenthaler Gesellschaft für gegenseitige Versicherung des Mobiliars gegen Brandschaden, in Biglen; Feuerversicherungsbank für Deutschland, zu Gotha; La Foncière, Compagnie d'assurances mobilières et immobilières contre l'incendie et le chômage, in Paris; La France, Compagnie d'assurances contre l'incendie, in Paris; Gladbacher Feuerversicherungs-Aktiengesellschaft, in M.-Gladbach (auch für Glasversicherung) ; Hamburg-Bremer Feuer-Versicherungsgesellschaft, in Hamburg; Helvetia, Schweizerische Feuerversicherungsgesellschaft, St. Gallen;

80

La Nationale, Compagnie d'assurances contre l'incendie, in Paris: Northern, Assai-ance Company, in London (auch für Lebensversicherung) ; Phénix, Société anonyme d'assurance contre l'incendie, in Paris ; Phoenix, Assurance Company, in London ; La Providence, Compagnie d'assurances contre l'incendie, in Paris : Schlesische Feuerversicherungsgesellschaft, in Breslau (auch für Transport- und Glasversicherung) ; Schweizerische Mobiliarversicherungsgesellschaft, in Bern; L'Union, Compagnie d'assurances contre l'incendie, in Paris ; L'Urbaine, Compagnie d'assurances contre l'incendie, in Paris.

HI. Konzessionierte Transportversicherungsgesellschaften.

Allgemeine Versicherungsgesellschaft ^Helvetia1^, in St. Gallen; Allianz, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Berlin (auch für Unfall-, Kautions- und Einbruchdiebstahlversicherung) ; Badische Schifiahrts-Assekuranz-Gesellschaft, in Mannheim ; Basler Transportversicherungsgesellschaft, in Basel; Düsseldorfer Allg. Versicherungsgesellschaft für See-, Fluß- und Landtransport, in Düsseldorf; Eidgenössische Transportversicherungsgesellschaft, in Zürich ; Kölnische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (ValorenVersicherung, auch für Unfall-, Glas-, Diebstahl- und Kautiousversicherung) ; Mannheimer Versicherungs-Gesellschaft, in Mannheim (auch für Unfallversicherung) ; Marine Insurance Company, limited, in London; La Neuchâteloise, société suisse d'assurance des risques de transport, in Zürich ; Norddeutsche Versicherungsgesellschaft, in Hamburg; Oberrheinische Versicherungs-Gesellschaft, in Mannheim (auch für Unfall-, Glas- und Einbruchdiebstahlversicherung) ; Rheinisch-Westfälischer Lloyd, Transportversicherungsgesellschafl, in M.-Gladbach ; Rhenania, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (auch für Unfall- und Diebstahlversicherung) ; Schlesische Feuerversicherungsgesellschaft, in Breslau (auch für Feuer- und Glasversicherung); Schweiz, Allgemeine Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Zürich (auch für Feuer- und Unfall- Riickversicherung) ; Schweizerische Nationalversicherungsgesellschaft, in Basel (auch für Unfall-, Glas- und Einbruchdiebstahlversicherung).

81 IV. Konzessionierte Unfallversicherungsgesellschaften.

Allianz, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Berlin (auch für Transport-, Kaution- und Einbruchdiebstahlversicherung) ; Assicuratrice italiana, società anonima di assicurazioni contro gli infortuni e di riassicurazioni, in Mailand; Assurance mutuelle des entrepreneurs et industriels du canton de Vaud, contre les accidents, à Lausanne; Basler Lebensversicherungsgesellschaft, in Basel (für Einzelunfallversicherung, auch für Lebensversicherung); Kölnische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (auch für Transport-, Glas-, Diebstahl- und Kautionsversicherung) ; Mannheimer Versicherungsgesellschaft, in Mannheim (auch für Transportversicherung) ; Oberrheinische Versicherungsgesellschaft, in Mannheim (auch für Transport-, Glas- und Einbruchdiebstahlversicherung); La Préservatrice, Compagnie anonyme d'assurances contre les accidents, in Paris; La Providence, Compagnie anonyme d'assurances contre les accidents, in Paris (Einzelversicherung) ; Rhenania, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (auch für Transport- und Diebstahlversicherung); Schweizerische Gewerbe-Unfallkasse, in Zürich ; Schweizerische Nationalversicherungsgesellschaft, in Basel (auch für Transport-, Glas- und Einbruchdiebstahlversicherung) ; Schweizerischer Schützenverein, in La Sarraz ; Schweizerische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Winterthur ; Le Soleil-Sécurité générale, Compagnie d'assurances contre les accidents, in Paris; Teutonia, allg. Renten-, Kapital- und Lebensversicherungsbank, in Leipzig (für Einzelunfallversicherung, auch für Lebensversicherung) ; Unfallversicherungsgenossenschaft schweizerischer Schützen vereine, in Zürich ; Zürich, allgemeine Unfall- und Haftpflichtversicherungs-Aktiengesellschaft, in Zürich (auch für Diebstahl- und Kautionsversicherung).

V. Konzessionierte Viehversicherungsgesellsehaften.

Badische Pferdeversicherungsanstalt, in Karlsruhe ; Central-Viehversicherungsverein, in Berlin ; Bundesblatt. 53. Jahrg, Bd. II.

6

82 La Garantie fédérale, gegenseitige französische Viehversicherungsgesellschaft, in Paris; Sächsische Viehversicherungsbank, in Dresden.

VT. Konzessionierte Hagelversicherungsgesellschaft.

Schweizerische Hagelversicherungsgesellschaft, in Zürich.

Vu. Konzessionierte Glasversichemngsgesellschaften.

Allgemeine Spiegelglasversicherungsgesellschaft, in Berlin; Brandenburger Spiegelglasversicherungsgesellschaft, inBrandenburg; Bremer Spiegelglasversicherungsgesellschaft, in Bremen; Gladbacher Feuerversicherungs-Aktierigesellschaft, in M.-Gladbach (auch für Feuerversicherung); Kölnische Glasversicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln; Kölnische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (auch für Transport-, Unfall-, Diebstahl- und Kautionsversicherung) ; Oberrheinische Versicherungsgesellschaft, in Mannheim (auch für Transport-, Unfall- und Einbruchdiebstahlversicherung) ; Schlesische Feuerversicherungsgesellschaft, iu Breslau (auch für Transport- und Feuerversicherung); Schweizerische Nationalversicherungsgesellschaft, in Basel (aucli für Transport-, Unfall- und Einbruchdiebstahlversicherung) ; Union Suisse, Compagnie générale d'assurances, in Genf (auch für Wasserleitungs- und Einbruchdiebstahlversicherung).

VTH. Konzessionierte Gesellschaften für Versicherung gegen Wasserleitungsschäden.

L'assurance générale des eaux et autres accidents mobiliers et immobiliers, in Lyon; Union Suisse, Compagnie générale d'assurances, in Genf (auch für Glas- und Einbruchdiebstahlversicherung).

IX. Konzessionierte Gesellschaften für Versicherung gegen Einbruehdiebstahl.

Allianz, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Berlin (auch für Transport-, Unfall- und Kautionsversicherung) ; Kölnische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (auch für Transport-, Unfall-, Glas- und Kautionsversicherung) ; Oberrheinische Versicherungsgesellschaft, in Mannheim (auch für Transport-, Unfall- und Glasversicherung); Rhenania, Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (auch für Transport- und Unfallversicherung) ;

83

.Schweizerische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Winterthur (auch für Unfall- und Kautionsversicherung) ; Schweizerische Nationalversicherungsgesellschaft, in Basel (auch für Transport-, Unfall- und Glasversicherung) ; Union Suisse, Compagnie générale d'assurances, in Genf (auch für Glas- und Wasserleitungsversicherung) ; .Zürich, allgemeine Unfall- und Haftpflichtversicherungs-Aktiengesellschaft, in Zürich (auch für Unfall- und Kautionsversicherung').

rx. Konzessionierte Gesellschaften für Kautionsversicherung.

Allianz, Versicherungs- Aktiengesellschaft, in Berlin (auch für Transport-, Unfall- und Einbruchdiebstahlversicherung); Kölnische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Köln (auch für Transport-, Unfall-, Glas- und Diebstahlversicherung) ; Schweizerische Unfallversicherungs-Aktiengesellschaft, in Winterthur (auch für Unfall- und Diebstahlversicherung) 5 .Zürich, allgemeine Unfall- und Haftpflichtversicherungs-Aktiengesellschaft, in Zürich (auch für Unfall- und Diebstahlversicherung).

XI. Konzessionierte Rückversicherungsgesellschaften.

JBasler Rückversicherungsgesellschaft, in Basel; Prudentia, Aktiengesellschaft für Rück- und Mitversicherung, in Zürich ; Rheinisch-Westfälische Rückversicherungs-Aktiengesellschaft, in M.-Gladbach ; Schweiz, allg. Versicherungs-Aktiengesellschaft, in Zürich (für Feuerund Unfall-Rückversicherung, auch für Transportversicherung) ; Schweizerische Rückversicherungsgesellschaft, in Zürich.

Ein Rekurs wegen B e s t e u e r u n g für das F e u e r l ö s c h w e s e n (Art. l, Alinea 3 und 4, des Aufsichtsgesetzes) ist am 24. August vom Bundesrate dahin entschieden worden, daß als Maximum des Beitrages an die Kosten der Feuerlöscheinrichtungen und der Feuerpolizei, welchen die Kantone von den Feuerversicherungsgesellschaften erheben dürfen, der Satz von 0,02 °/oo der versicherten Summe aufrecht erhalten wurde (B. Bl. 1900, IV, 3).

Im Jahre 1900 haben wir 31 B e s c h l ü s s e wegen Ä n d e r u n g e n v o n S t a t u t e n oder K o n z e s s i o n ' s b e d i n g u n g e n oder wegen F u s i o n s a k t e n , 70 Beschlüsse wegen Ä n d e von V e r s i c h e r u n g s b e d i n g u n g e n oder wegen

84

n e u e r K o m b i n a t i o n e n und 57 Beschlüsse wegen T a r i f e n oder der B e r e c h n u n g s a r t d e r R e s e r v e n oder der G e w i n n e zu verzeichnen. (Art. 4 des Gesetzes und Ziffer 2 der allgemeinen Konzessionsbedingungen.)

Wir hatten uns auch (13. Dezember) mit der Stellung der schweizerischen Versicherungsgesellschaften in Deutschland zu beschäftigen. Unser Versicherungsamt hat über diese Frage, ferne!* über das Projekt einer Unterstützungskasse für die Witwen und Waisen der Professoren des eidgenössischen Polytechnikums, über die Alters- und Invaliditäts-Versicherung in der Schweiz und im Auslande, sowie über die Situation einer großen schweizerischen Hülfskasse in Amerika G u t a c h t e n ausgearbeitet.

Gegen verschiedene Gesellschaften mußten in Anwendung von Art. 10 des Aufsichtsgesetzes O r d n u n g s b u ß e n verhängt werden.

Bei den Regierungen von Bern und Basel-Stadt haben wir gegen eine ausländische Versicherungsgesellschaft wegen unerlaubten Geschäftsbetriebes eine Strafanzeige eingereicht. (Art. 11, Ziffer l, des Gesetzes.)

Die Mathematiker unseres Versicherungsamtes, die Herren Trefzer und Rosselet, sind an den 3. internationalen K o n g r e ß für L e b e n s v e r s i c h e r u n g s w i s s e n s c h a f t in Paris (25 bis 30. Juni) abgeordnet worden (B. Bl. 1900, III, 505).

Unser Versicherungsamt erhält fortwährend von Seiten des Publikums eine Menge A u s k u n f t s b e g e h r e u betreffend konzessionierte und nicht konzessionierte Gesellschaften. Über Fragen privatrechtlicher Natur, -welche Streitobjekt zwischen Versicherern und Versicherten sind oder sein können, mußte sich das Versicherungsamt einer Meinungsäußerung enthalten; gemäß Art. 13 des Gesetzes gehören solche Fragen vor die ordentlichen Gerichte, und es geht daher nicht an, daß unser Amt über diesen oder jenen konkreten Fall seine Ansicht ausspreche.

In Ausführung des Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1888sind dem Versicherungsamte im Laufe des Berichtsjahres 25 Urteile in Versicherungssachen mitgeteilt worden. Dieselben gruppieren sich wie folgt: 1. nach den Branchen, aufweiche sie sich beziehen: Leben 2, Einzelunfall 11, Kollektivunfall 6, Haftpflicht 2, Feuer l, Vieh 2, Glas 1; 2. nach den Instanzen, von welchen sie gefällt wurden : erste Instanz 14,' zweite Instanz (kantonale) 5, ßundesgericht G; 3. nach der Nationalität der betreffenden Gesellschaften : schweizerische 15, fremde 10.

85 · Die 19 kantonalen Urteile rühren aus folgenden Kantonen her : Zürich 5, Neuenburg 3, Bern, St. Gallen, Genf und Baselstadt je 2, Schaffhausen, Aargau und Waadt je 1.

Von den 9 durch die Gesellschaften wegen verweigerter Prämienzahlung oder gegen schadenersatzpflichtige Dritte angestrengten Prozessen haben diese Gesellschaften 6 gewonnen und 3 verloren; bei den .übrigen 16 durch die Versicherten oder ihre Rechtsnachfolger anhängig gemachten Prozessen betreffend Zahlung der Versicherungssumme wurden 9 zu gunsten der Kläger und 7 zu gunsten der Beklagten entschieden.

G e s e t z e s e n t w u r f ü b e r d e n Versicherungsvertrag.

Die wirtschaftliche Subkomrnission hat in ihren Sitzungen vom 21.--26. Mai in Zürich die Beratung über das Projekt des Herrn Rolli zu Ende geführt. Ein Neudruck der Vorlage, versehen mit den von jeder der 3 Subkommissionen vorgeschlagenen Änderungen, wurde vorgenommen. Die Beratungen der Gesamtkommission werden im Laufe des ersten Semesters 1901 stattfinden.

Das P e r s o n a l des Versicherungsamtes hat im Berichtsjahre keine Änderung erlitten; am 16. Februar 1900 ist seine dreijährige Wiederwahl erfolgt.

Die von den Gesellschaften geleisteten B e i t r ä g e (Art. 12, Alinea 2, des Gesetzes) ergaben in 1900: Fr. 52,302. 30 (in 1899 : Fr. 49,466. 90 inklusive Fr. 1050 Bußen) ; die Bußen bezifferten sich in 1900 auf Fr. 450.

Der V e r k a u f des B e r i c h t e s des Versicherungsamtes brachte im Subskriptionswege Fr. 2390 und im Kommissionsverlag Fr. 241. 50 (gegen Fr. 2204 und Fr. 332. 60 im Vorjahre) ein.

E. Amt für geistiges Eigentum.

Allgemeines.

Die Delegierten der internationalen Union zum Schütze des gewerblichen Eigentums haben in der im Dezember 1900 stattgehabten zweiten Session der Konferenz von Brüssel verschiedene Änderungen an der Konvention vom 20. März 1883 und an der Madrider Übereinkunft vom 14. April 1891 betreffend die internationale Markeneintragung beschlossen.

86

Personal.

Es sind im Berichtsjahr 5 Ingenieure eingetreten, nämlich :.

am 3. Mai Herr Ernst Schauenberg von Zofingen, als Ingenieur I. Klasse, und am 7. Mai die Herren Hans Vogler von Schaffhausen und Max Müller von Winterthur, ebenfalls als Ingenieure I. Klasse, sodann als Ingenieure u. Klasse am 15. Juli Herr Emil Teucher von Frauenfeld und am 1. August Herr Josef Imbach von Sursee. Ausgetreten sind 3 Ingenieure und zwar auf den 15. März Herr Karl Schultheß von Zürich, Ingenieur I. Klasse, auf den 31. Mai Herr Stephan Mensch von Maienfeld, Ingenieur H. Klasse, und auf 31. Dezember Herr Hans Vogler von Schafihausen, Ingenieur I. Klasse.

Als Kanzlist H. Klasse ist am 15. März Herr Eugen Richardet von Vi vis eingetreten.

1. Erfindungsschutz.

Durch Bündesratsbeschluß vom 17. Juli 1900 sind an der vom 10. November 1896 datierenden Vollziehungsverordnung zum.

Bundesgesetz betreffend die Erfindungspatente einige Änderungen vorgenommen worden, welche sich hauptsächlich auf die Feststellung der Bereinigungsfristen für mangelhafte Patentunterlagen beziehen. Diese Abänderungen sind am 1. August 1900 in Kraft getreten.

Von 11 dem Departement eingereichten Rekursen wurden 5 gutgeheißen und 6 zurückgewiesen. An den Bundesrat sind 2 Rekurse gerichtet worden ; beide wurden als unbegründet erklärt.

Statistik betreffend die Eründungspatente.

A. Allgemeine Informationen.

1900.

1899.

2759

2813

2113 582 64 --

2154 594 64 l

Zurückgezogene Gesuche 194 Zurückgewiesene Gesuche 153 Rekurse wegen Gesùehszurückweisung etc. .

13 Beanstandungen betreffend Gesuche in Prüfung 3368 wovon :

112 139 16 3211

Hinterlegte Gesuche für ,, ,, ,,

wovon : provisorische Patente definitive Patente Zusatzpatente Ausstellungsschutz

I. Beanstandungen U.

,, m.

,, weitere ,,

2165 929 244 30

1996 934 241 40

87

Konfìdentielle Anzeigen Hauptpatente, eingetragene Zusatzpatente, eingetragene Ausstellungsschutz, eingetragener . . . .

Umwandlungsmahnungen Modellausweise dein Amte zugestellt wovon : Z u r Vergleichung a u f d e m Amte . .

Zur Vergleichung außerhalb des Amtes Bleibend hinterlegte Modelle Bleibend hinterlegte Photographien

.

.

.

Modellausweise vom Amte verneint .

Modellausweise dem Departement zugestellt Annuitätenmahnungen Stundungen der 3 ersten Jahresgebühren .

Bezahlte Jahresgebühren wovon : 1. Jahresgebühren 2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

,, ,,

.

.

.

.

.

.

.

.

Abtretungen etc., eingetragene.

Lizenzen, eingetragene .

,, gelöschte . . . .

Verpfändungen, eingetragene .

Verpfändungen, gelöschte Nachträgliche Eintragungen .

Löschungen wovon : Hauptpatente.

Zusatzpatente

Nichtigkeitserklärungen Vertreter-Änderungen.

1900.

1899.

45 1854 35

49 1887 43 l 640 1352

650 1403

1006 95 87 215

978 87 116 171

134 11 3223 9 7623

116 7 2623 9 7541

2372 1693 1159 673 424 320 264 196 190 121 86 100 25

2532 1746 1061 597 421 326 238 225 137 106 1-24 28

226 20 l

201 20

2 2 2061

l l l 1805

2041 20

1792 13

262

245

88

B. Verteilung nach Ländern, in alphabetischer Reihenfolge, der in den Jahren 1899 und 1900 erteilten Sanptpatente.

1900.

Schweiz Ausland

596 = 32% 1258 = 68 % 1854

1899.

593 = 31% 1294 = 69 % 1887

Verteilung für das Ausland.

Europa.

Belgien Dänemark und Kolonien Deutschland Frankreich und Kolonien Großbritannien und Kolonien Italien Luxemburg Niederlande und Kolonien Österreich l Ungarn i Rumänien Rußland Schweden und Norwegen Spanien Andere Erdteile.

Afrika Amerika, Süd Australien China Kanada Neu-Seeland Vereinigte Staaten von N o r d a m e r i k a . . . .

1900.

1899.

27 7 619 205 105 29 2 7 62 24 l 17 16 2

31 12 647 239 92 32 -- 4 l IAK / 1U5 2 14 24 4

-- 3 4 -- 3 2 123 1258

l 2 6 l -- -- 78 1294

2. Muster und Modelle.

Am 30. März 1900 wurde von den eidgenössischen Räten ein neues Bundesgesetz betreffend die gewerblichen Muster und Modelle angenommen. Dasselbe ist samt zugehöriger Vollziehungsverordnung auf 1. August 1900 in Kraft getreten.

89 Die Eigentümer von 572 Hinterlegungen wurden vom Ablauf der Schutzfrist benachrichtigt, um sie auf rechtzeitige Maßnahmen zu eventueller Verlängerung des Schutzes aufmerksam zu machen. Sechs Gesuche mit 34 Gegenständen wurden abgewiesen und sieben Gesuche mit 14 Gegenständen zurückgezogen.

Statistik betreffend die Muster und Modelle.

A. Tabelle für die drei Schutsperioden.* Hinterlegungen.

Gegenstände.

Perioden.

1900.

1899.

27,329 39,051

35,505

Total für die neue 1. Periode 1010 ! 1054 2 66,380

35,505

1900.

I. alte Periode (2 Jahre) I. neue Periode (5 Jahre)

1899.

757 1054 253

T

(wovon versiegelt)

692

742

58,962

31,797

II. alte Periode (3 Jahre)

126

186

701

990

DI. alte Periode (5 Jahre) II. neue Periode (5 Jahre)

47 13

64

186 65

420

Total für die neue II, Periode

60

64

251

420

IV. alte Periode (5 Jahre) III. neue Periode (5 Jahre)

8 4

13

26 15

99

Total für die neue III. Periode

12

13

41

99

68

20

1049

408

Löschungen (ganzer Depotinhalt) .

533

787

18,109

28,540

Löschungen (teilweiser Depotinhalt)

61

50

1746

1662

I I

Abtretungen .

1 2

Wovon 643 mit 62,353 Stickereimustern.

,, 695 ,, 32,605 ,, * Vom 1. August 1900 an giebt es nur drei Perioden, indem die II. mit der I. vereinigt wurde.

90 B. Verteilung nach Ländern in alphabetischer Reihenfolge, für die erste Periode.

Hinterlegungen.

1300.

978

Schweiz

32

Ausland

Total Verteilung für das Ausland.

Belgien Deutschland Frankreich Großbritannien . . . .

Niederlande Österreich Total

1010

1899.

Gegenstände.

1900.

1899.

1022 65,775 35,310 32

605

195

1045 66,380 35,505

18 10 1 1 2

1 19 6 4 1 1

* 261 310 11 1 22

1 135 45 5 8 1

32

32

605

195

3. Fabrik- und Handelsmarken.

Es wurden dem Departement drei Rekurse eingereicht ; auf einen derselben wurde nicht eingetreten, einer wurde abgewiesen und einer war bei Jahresschluß noch nicht erledigt. Ein an den Bundesrat gerichteter Rekurs wurde von demselben als unbegründet erklärt.

Statistik betreffend die Marken.

A. Allgemeine

Informationen.

Marken, welche zur Eintragung angemeldet wurden Marken mit unregelmäßigen oder unvollständigen Gesuchen Eingetragene Marken (auf dem eidgenössischen Amte) '

1900.

1899.

1181

1044

458

434

1119

1027

91 1900.

Eingetragene Marken (auf dem internationalen Bureau) .

Internationale Marken, denen der Schutz verweigert wurde Zurückgezogene Marken Zurückgewiesene Marken .

Eekurse Marken, welche zu einer vertraulichen Mitteilung Anlaß gegeben haben Firmen- oder Domiziländerungen etc Übertragene Marken Gelöschte Marken (auf Ansuchen der Hinterleger) Gelöschte Marken (infolge eines Urteils) Marken, deren Hinterlegung erneuert wurde .

1899.

368

323

6 17 21 4

3 11 14

40 198 193 23 3

38 24 156 23 4

26

---

3

B. Verteilung nach Warenklassen.

der in den Jahren 1899 und 1900 auf dem eidgenössischen Amte und auf dem internationalen Bureau eingetragenen Marken (Erneuerungen und Übertragungen inbegriffen).

Internationale Nationale Eintragung.

Warenklassen.

Eintragung.

1900. 1899. 1865/00.

Nahrungsmittel etc. . 206 175 41 66 Getränke etc. .

Tabak etc.

68 44 119 81 Heilmittel etc.

. 5. Farben, Seifen etc. . 154 184 6. Textilprodukte etc. . 77 65 21 46 7. Papierwaren etc. .

8. Heizung, Beleuchtung etc. . . . . . .

30 43 9. Baumaterialien etc. .

14 17 10. Möbel etc 19 6 54 11. Metalle, Maschinen etc. 67 12. Uhren etc 301 246 13. Diverses . . . .

2 -- 1.

2.

3.

4.

1900. 1899. 1893/00.

1664 897 1091 1293 1256 1440 276

42 14 65 63 20 7

85 52 14 48 62 16 4

459 351 116 453 389 230 37

275 144 113 724 3637 17

19 7 9 17 11 --

8 11 5 9 9 --

109 35 19 90 97 6

1119 1027 12827

368

94

323 2391

92 G. Verteilung nach Ländern, in alphabetischer Reihenfolge, der in den Jahren 1899 und 1900 auf dem eidgenössischen Amte und auf dem internationalen Bureau eingetragenen Marken (Erneuerungen und Übertragungen Inbegriffen).

Nationale Eintragung.

Länder.

Schweiz . .

Belgien Dänemark . .

Deutschland . .

Ägypten Frankreich . .

Großbritannien .

Italien Niederlande . .

Österreich . .

Ungarn Portugal Rumänien . .

Rußland . ° . .

Schweden . .

Spanien Tunis Vereinigte Staaten Brasilien . .

Vereinigte Staaten Nordamerika .

. .

. .

. .

. .

. .

. .

Internationale Eintragung.

1900. 1899. 1865/00. 1900. 1899. :L893/00.

108 65 556 890 766 9017 24 19 134 4 73 -- -- -- -- 1 1 -- -- -- 129 130 1287 -- -- -- -- 3 3

12 53 2 2 15 1

18 1355 50 734 -- 22 -- 19 50 \ 178 1 i>!

-- -- 1 1 1 2 38 9

. .

. .

. .

-- -- --

von . .

von

--

--

11

6

1119

165 166 1198 -- -- -- 44 15 7 48 58 416 -- -- -- --- -- -- -- 8

2 -- -- -- 6

2 -- -- -- 40 1

1

--

--

--

87

--

--

--

368

323

2391

1027 12827

4. Schutz des litterarischen und künstlerischen Eigentums.

Es wurden 311 obligatorische und 61 fakultative Einschreibungen vorgenommen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1900.

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1901

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

12

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.03.1901

Date Data Seite

1-92

Page Pagina Ref. No

10 019 547

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.