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Kreisschreiben des

Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen, betreffend die Staatsangehörigkeit der in der Schweiz außerehelich geborenen Kinder von Französinnen.

(Vom 26. April 1901.)

Getreue, liebe Eidgenossen !

Damit Kinder, die von Französinnen in der Schweiz außerehelich geboren werden, in Frankreich als französische Staatsangehörige anerkannt werden, muß dem Art. 334 des französischen Civilgesetzbuches Genüge geleistet sein. Dieser Artikel bestimmt : ,,La reconnaissance d'un enfant naturel sera faite par un acte authentique, lorsqu'elle ne l'aura pas été dans son acte de naissance".

Daraus ergiebt sich, daß die Anerkennung eines außerehelichen Kindes entweder im Geburtsakte selbst oder durch eine besondere ö f f e n t l i c h e U r k u n d e erfolgen muß. Die Form dieser öffentlichen Urkunde wird durch das kantonale Recht bestimmt, d. h. sie muß entweder eine notarialische Urkunde sein oder vor der zur Ausstellung öffentlicher Urkunden gesetzlich zuständigen Amtsstelle abgegeben sein. Wir machen dabei darauf aufmerksam, daß nach der französischen Gerichtspraxis auch eine v o r der Geburt ausgestellte Anerkennung wirksam ist.

In a l l e n F ä l l e n genügt eine bloß mündliche Anerkennung nicht, sondern es hat die M u t t e r die A n e r k e n n u n g des Kindes durch ihre U n t e r s c h r i f t zu bestätigen.

Es ist in erster Linie darauf hinzuwirken, daß die Anerkennung im Geburtsakte selbst vorgenommen werden kann.

Soweit es den Verhältnissen nach möglich ist, hat deshalb der Civilstandsbeamte sich in die Wohnung der Mutter zu begeben und die Erklärung der Geburt von der Mutter selbst entgegenzunehmen, womit er die Anfrage zu verbinden hat, ob sie das Kind mit ihrer Unterschrift als das ihrige anerkennt.

Die in Art. 14, Absatz 2, des Civilstandsgesetzes vorgesehene Anzeige des Anstaltsvorstehers ist, worauf wir ausdrücklich auf-

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merksam machen, nicht hinreichend, um das französische Staatsbürgerrecht des Kindes festzustellen.

Soweit dieses Verfahren dem Civilstandsbeamten nicht anwendbar erscheint, ist darauf hinzuwirken, daß durch besondere öffentliche Urkunde die Anerkennung des Kindes durch die Mutter erfolgt. Die durch besonderen Akt erfolgte Anerkennung ist in einer Randbemerkung in der Geburtsurkunde einzutragen, die auch in den Auszug aus dem Geburtsregister a u f z u n e h m e n ist, wobei jeweilen ausdrücklich anzugeben ist, daß die Anerkennung seitens der Mutter unterschriftlich erfolgt sei.

Aus vorstehendem ist zu entnehmen, daß die schweizerischen Civilstandsbeamten, wenn in ihrem Kreise eine Französin außerehelich niederkommt, sich nicht mit der gewöhnlichen Geburtsanzeige begnügen dürfen, s o n d e r n n a c h der e r w ä h n t e n Vorschrift des französischen Rechtes die f ö r m l i c h e Anerkennung des Kindes durch die Mutter, von der letzteren unterschrieben, zu verlangen haben.

Nur auf diese Weise k ö n n e n v o r k o m m e n d e n Falls s c h w e i z e r i s c h e G e m e i n d e n vor dem Schaden, der ihnen aus der Heimatlosigkeit der fraglichen Kinder erwachsen müßte, bewahrt werden.

Wir ersuchen Sie hiermit, die sämtlichen Civilstandsbeamten und Hebammen, sowie die Vorsteher der verschiedenen Kranken-, Armen- und übrigen in Betracht kommenden Anstalten und alle Gemeinderäte Ihres Kantons im Sinne dieser Mitteilungen zu instruieren, damit dieselben jeweilen rechtzeitig das Erforderliche veranlassen können, um die einschlägige französische Gesetzesvorschrift zu erfüllen.

Wir benutzen diesen Anlaß, um Sie, getreue, liebe Eidgenossen, samt uns in Gottes Machtschutz zu empfehlen.

B e r n , den 26. April 1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Kreisschreiben des Bundesrates an sämtliche Kantonsregierungen, betreffend die Staatsangehörigkeit der in der Schweiz außerehelich geborenen Kinder von Französinnen.

(Vom 26. April 1901.)

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1901

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01.05.1901

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1015-1016

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