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Aus den Verhandlungen der schweiz. Bundesversammlung.

(Vom

8. Februar 1862.)

Die am 13. Januar d. J. zur Fortsezung der ordentlichen Sommersession zusammengetretenen gesezgebenden Rälhe der Eidgenossenschaft haben heute ihre Sizungen geschlossen, nachdem sie alle zu... Behandlung vorgelegenen Geschäfte (m..t Ausnahme zweier, betreffend die Rheinkorrektion und den Waarentransport ans den Eisenbahnen) erledigt hatten.

Zum Schlusse sprach Narrer, Folgendes.

der Präsident

des

Nationalrathes ,

Herr

,,Meine Herren l ,,Wir haben unsere Gessaste, so weit moglich, beendigt, indem alle aus dem Traktandenzirkular verzeigten, so wie noch sämmtlu.he spater eingelangten Geschäfte zur Behandlung kamen, mit einziger Ausnahme des .Berichts über das Eisenbahntransportwesen, welcher bis jezt von. Bundesrathe nicht vorgelegt wurde, und der Rheinkorrektion, über welche eine bereits niedergesezte .kommission in der wachsten ordentliehen Sizung Berieht erstatten soll.

,,Zurükg..wiesen an den Bundesrath wurden unter Anderm der Reknrs Dür , der Gesezentwurf betretend die Eisenbahn- und eoneedirten Privattelegraphen, das Gesuch der Bürgen für das dem .lura industiel gemachte Anleihen . die Erhohung der Telegraphistenbesoldungen, so wie die Motionen "Curti", betreffend Einführung eines gemeinsamen Handelsgesezb..ehes, und "Bünzli", betretend die Juragewässerkorrektion.

,,Vollstandig erledigt wnrden einige dreissig Geschäfte, worunter namentlieh .

,,Gesez über die Bespannung der gezogenen Kanonen .

,, ,, Reorganisation der Raketenbatterien , ,, ,, den Gerichtsstand sur gemischte Ehen, ,, ,, Revision der Posttaxen; ,,Vostvertrag mit Jtalien.

"Konsularvertrag mit Brasilien ; ,,Vertrag mit Holland über Handels-. Riederlafsnngs - und Konsularverhältnisse ; ,,Genehmigung von Eiseubahnkon.,esfionen in den Kantonen Zürich, Lnzern, Zug, Schwyz und Bern.

,,13 Rekurse, von welken der Reknrs Kneubühler und derjenige der Protestanten im Danton Freiburg hervorgehoben zu werden verdienen .

,,Beschlnss betreffend Erstellung von Verbindungsstrassen in den Alpen.

31^ ,,Rieht vereinigen konnten sich die Räthe in ihren Beschlüssen, und es^ bleiben liegen , bis sie auf die sür die Gesezgebung vorgeschriebene Weise wieder angeregt werden.

,,Das ..^..such über Abänderung . an der Militärorganisation , ,,Der Rekurs der Binder Gue^Vere^.

,,Man kann aus dieser gedrängten Darstellung der behandelten Geschäste entnehmen, dass die Zeit wohl benu^t worden ist. Wenn auch im .Ansang der Siznng mit den Geschäften nicht so rasch vorgeschritten werden konnte, als es wüuseh..ns.verth sein mochte, so ist diess ein Umstand, der keineswegs in einer Unthätigkeit der Räthe und deren .kommissionen ^u suchen ist, sondern welcher lediglich in den bestehenden Einrichtungen liegt, nach welchen sür die meisten Verhandlungsgegenstände die Kommissionen erst beim Zusammentritt der Räthe ernannt werden. Konnte man ein Mittel finden, nach welchem wenigstens ein Theil der Kommissionen jeweilen v or dem Zusammentritt der Bundesversammlung ernannt und ^usammenberusen würde, z. B. durch Bevollmächtigung der jeweiligen Bureau^, so mochten solche Zogeruugen, wie sie sich jedesmal beim Beginn der Sizungen gezeigt haben, selten mehr vorkommen. Vielleicht wäre es der Fall, diese Frage gelegentlieh zu prüfen.

,,Ueberbliken wir die behandelten Gesehäste, so finden wir, dass selbige mit einer naturgemäßen Enrwiklu..g der Bundesverfassung übereinstimmen und geeignet sind.

^ e i n e r s e i t s unserm Vaterland diejenige Stellung gegen Bussen zu sichern, welche ihm gebührt, sei es durch Ausbildung unserer Wehrkrast, sei es l^urch Abschluss von Verträgen mit solchen Ländern, welche mit der Schweiz in nähere, Handel und Wandel erleichternde Verbin^ dungen ^u treten wunscheu ; ,,a u d e r e r s e i t s im J n n e r n das friedliche Rebeneinauderleben versehiedener Konfessionen immer mehr zu befestigen, Handel ^uud Wandel zu erleichtern, eine mogliehst gleichmäßige Rechtsprechung zu erzielen, und ^die geistigen und materiellen Kräfte in jeder Riehtung ^u entwikeln.

..Jnsbesoudere erwähne ieh hier der grossartigen ^trassen^ und Wasserbauten, welche in verschiedenen Kantonen schon längst eine Rothwendigkeit siud, deren Ausführung aber die Kräste der einzelnen Kantone über^ steigt, und welche desshalb ohne Bundeshülse nicht ausgeführt werden konnen. Moge es dem Bunde gelingen, die Mittel zu finden, uni
diese gemeinnü^igen und grossartigeu Werke erstellen ^u helsen, moge mauser dabei nie aus den Augen verlieren, dass eine gute finanzielle Stellung sür die Eristen^ des Bundes eine Notwendigkeit ist, dass ohue diese der Bund in seiner jezig.m Gestaltung nieht bestehen kann, und dass daher diese vor Allem aus gewahrt werden n.uss. Konuen ohne Gefährdung der Finanzen diese W^rke mit Hülse des Bundes erstellt werden, so sezt sieh der Bund auf solehe Weise das schonfte und unvergänglichste Monument.

31..)

^

,,Meine Herren , ich kann zum ^..hlnsse nicht anders , als Jhnen für die Raehsieht und Hülfe, welche Sie Jhrem Präsidium während der Dauer dieser Sizung zu Theil werden liessen, meinen ausrichtigen Dank aussprechen.

,,Jndem ich Jhnen Allen eine glü^che Heimreise und eine srohlich...

A..k..nft i.n Scosse Jhrer ^..milie wünsche, erköre i..h die ordentliche S^nng von 186l^l862 geschlossen.^ Die Schlussrede des Brasidenten vom Ständerath, Herrn Hermann, lanl^.t also: Meine Herren Ständeräthe.

,,Rach einer Session von acht Wochen stehen wir endlich am S.hlusse der ordentlichen ^izung der Bundesversammlung vom Jahre l 86l. Es wäre überflüssig, alle Beschlüsse, welche Sie in 46 jungen gefasst haben, hier anwählen; dieselben, znmal jene, welche Gesezentwürse oder Frage.. des neu.^n schw..i^erisch..n ^t.^atsrecht^s betreffen , sind gewiss noch zu s...hr in Jhrer Erinnerung, als dass deren Aufzählung sich rechtfertigen liesse. Eine Erscheinung ist es indessen, welche mit wenigen Worten h..r^or.^nl^b...n der abtr...t..nde Bräsideut ^es ..Ständerathes heute nicht unterlassen kann.

..Wahrend bei der Sehopfn..g der neuen Bundesverfassung und in de.. ersten Jal^.r^n ihres Bestehens von Vielen, die redlich und eifrig das Wol.^l des V..t..rtandes anstrebten, das Zweikammersystem und besonders der ...^tanderath als unnotl..ig, von Manchen sogar der ^ortentwiklung unserer politischen Zustände geradezu als hinderlich betrachtet wurde, sind zwar diese Befürchtungen schon seit Jahren geschwunden oder doch so weit modifiât, dass nur Wenige .mehr den Ständerath als e.n für unsere konstitutionellen Verhältnisse überflüssiges Jnstitut ansehen. Doch wol^l keine Sizung der Bundesversamn.lung seit ^er Umwandlung des schwei^ ^er^schen ...^taatenbundes in einen Bnn.^esstaat h.^t besser als die heute .^n Ende gehende Session den Beu.eis geleistet, dass auch die Ansi^t, als sei der Ständerath in unseren staatlichen Organismus unnothig, unbegründet ist.

J.h erinnere diesssalls nnr an das Gese^, betreffend den Gerichtsstand bei Scheidungsklagen in gemischten Ehen und an den Beschlnss, betr^e..d den Rekurs von Vrotestant^n aus deni Danton ^reiburg hinsittlich der ^eier katholischer Festtage. Jenes G..se^ und diefer Bef^luss gingen bereits während der ersten Abtheilung unserer ^izung vom Standerat^. aus. beiden verweigerte damals
der Nationalrath seine Zustimmung.

Als jedoch unsere Behorde bei der gelten und dritten Berathung grundfäzlich ans ihren Beschlüssen beharrte, pflichtete anch der Nationalrath denselben b...i. Diese Erscheinung leistet wohl den Beweis, der übrigens ans den Protokollen der gesezgebenden ....äthe seit l 4 Jahren noch vietsach entnonunen werden kann, dass der Ständerath keine überflüssige, viel

320 weniger eine den Fortschritt und d.e Entwiklung unserer staatlichen ^ustände hindernde Einricht.u.g ist. O^sehon seine Mitgliederzahl kaum über den dritten Theil derjenigen des Nationalrathes beträgt .und die Stimmabgabe hier so wenig wie dort durch das Geweht kantonaler J..struktionen uuterstüzt wird, hat gleiehw.^hl der Ständerath an Selbststä..digkeit und eigener Brüfu..^ der vorkommenden Fragen stets als eb..n^ bürtig mit dem Rationalrathe sich bewiesen. Diese nun wohl ^.r allgemeinen Ueberzeugnng durch^edrungene Thatsache kann uns , die wir diesem h. Rathe anzugehören die .^hre haben , nur zur Befriedigung gereichen.

,,Liessen si .l.. auch darüber, ob die beiden zitirten Entscheidungen mit einer strikten Auslegung des Art. 44 der Bundesverfassung vereinbar seien, abweichende .Ansichten hegen, so müssen lettere nun, nachdem die ^.ndesversammluug ^ diese ho.hfte Jnsta.^, welcher die Jnterpretation der Bundesverfassung zusteht - gesprochen hat, vor diesen Beschlüssen sich beugen. Das Brin^ip, unbehindert nach den Vorschriften der eigenen .Konfession leben zu können, welches im Rekurse einiger Brotestanten aus dem Danton Freiburg gegenüber einer katholischen Regierung proklamirt wurde, wird, dessen dürfen die nur die geringere Zahl der schweizerischen Bevölkerung bildenden Katholiken gewiss sein , aneh da seine Anwendung

finden, wo sie als Minderheit für sr.^.ie Ausübung ihres Kultus gegen

eine Verordnung einer resormirten kantonalen Regierung den gleichen Art. 44 der Bundesversassl.ng anrufen werden. Die Ansicht, es bestehe bei den Bundesl.^ehorden ein systematisches Bestreben , die Freiheit der katholischen Konfession zn beeinträchtigen , ist ei..e irrige, und wird von denen nicht geheilt, welche die leitenden Männer der eidgenössischen Räthe näher zu kennen und ^u beurtheilen Veranlassung haben.

.^s ist daher aueh sicherlich kein um den konfessionellen frieden und die Wohlfahrt des Vaterlandes verdienstliches Werk. wenn von Dolchen, welche den Verhandlungen ferne stehend die Beweggründe oft nicht kennen, die einen Bes.hlnss hervorgernsen haben , dieser irrthümliehen Meinung Ausdruk gegeben und dadurch Beunruhigung unter unser friedliches und braves Volk gebracht wird.

,,Jndem ich Jhnen, meine Herren Ständeräthe l noch eine glükliche Hein.kehr und eiu srohes Wiedersehen der theuren Jhrigen wünsche, erkläre ieh die ordentliche ^i^ung des Ständerathes von 18^1 sur geschlossen.^

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