2l7

#ST#

B

e

r

i

ch

t

der

Mehrheit der ständeräthlichen kommission über den Rekurs der Regierung von Luzern gegen den Beschluß des Bundes rathes in Sache des Anton Bisang von Egolzwyl.

(Vom 18. Juli 1862.)

Tit.

Das Faktische des Spezialsalles, welches zunächst in Frage liegt, ist einfach, und lässt stch in Kürze folgendermassen zusammenfassen : Anton B i s a n g , Schmied, von Egolzwhl, Kantons Luzern, katholiseher Konfession, wohnhaft in Adlischwyl, Kautons Zürich, hat sich mit der eben daselbst wohnenden Seidenweberin Maria Anna Haller, von Reinach, Kantons Aargau, evangelischer Kousession, verlobt. Aus den von ihm dem Gemeiuderathe Egolzwhl zum .Behuse der Ehebewilligung vorgelegten Ausweisen ergab es sich , dass Bisang ein Vermogeu von Fr. 644. 55 und einen monatlichen Verdienst von Fr. 66, seine Braut hingegen ein Vermogen ^ vo.. Fr. 462. 05 und einen monatliehen Verdienst von Fr. 26. 9l bestie. Der Gemeindrath von Adschliw...l stellte den beiden Verlobten ein durchaus günstiges Leumundszeugniss aus und bescheinigte zugleich, dass mit ihrem Verdienste ohne Bedenken eine eigene Hanshaltnng gegründet und die erforderlichen Kosten reichlich bestritten werden konnen.

Richts destoweniger verweigerte der Gemeindrath von Egolzwyl die Heirathsbewilliguug wegen drohender Gesahr der Verarmung, und die Regierung von Ludern bestätigte diesen Entscheid. Bisaug

218

^

beschwerte sich hierüber, unter Bernsung auf das Bundesgesetz über die gemete.. Ehen, b^m Bundesrathe, in^em er nachzuweisen suchte, dass d^.r angeführte .^ru..d für die Abweisung seines Heirathsgesnches durchaus

unstichhaltig sei und das wahre Motiv derselben lediglich in der Kon-

session seiner Braut läge. Die Regierung von .Luzern , vom Bundesrathe angefordert, ihre Bedenken gegen den Vermogen.^aus.veis des Bisang nal^er zu begründen, wies darauf hin, dass in seinem Inventar 6 Evlinderuhren als Hanptposten erseheinen und eine Einlage in die Ersparnisskasse jüngsten Datums sei, wesshalb die Vermuthung nahe liege, dass Geld un^ Uhren ihm von dritten Versonen zum Behufe des Ans.veises bloss geliehen worden seien . für einen sernern Boften des Jnventars, betragend Fr. 1I5, liege eine Obligation nicht vor, noch sei d.essen Zahl^ngs.^ sähigkeit bewiesen. Jn Folge dieser Bemerkungen produite Bisang meh^.

r^.re nachträgliehe Bescheinigungen, aus welchen hervorgeht, dass er mit Uhren Handel treibt und in Lause von 8 Monaten 10 verschiedene silberne Ul,ren hat repariren lassen, ferner dass die Einlage in die Ersparnisskasse von Fr. 200 wirklich aus einmal, nicht nach und nach, gemacht worden ist, endlieh, dass Schreiner Eduard Tschopp, welcher im Juventar als sein Schuldner erscheint, ihm sür den Betrag von Fr. 115. 50 verschiedene Mobilen geliefert hat. Die Regierung von Lnzern erklärte, dass durch d.ese nenen Akten ihre Zweifel namentlich in Beziehung aus ausreichenden und gesicherten Verdienst zum selbstständigen Unterhalt einer Familie noch keineswegs gehoben seien. Der Bundesrath hatte daher über den Rekurs des Bisaug zu entscheiden, und that diess in der Weise, dass er die Bes.h.oerde snr begründet erklärte und di^ Regierung von Ludern einlnd, de^n Rekurrenten die zu seiner Vereheliehung erforderlichen Vapiere ausstellen zu lassen.

Die Erwägungen , aus welche sieh dieser Besehluss stützt , sind folgende . Gemäss wiederholten Entscheidungen des Bundesrathes kann es keinem Zweifel unterliegen , dass den Bundesbehorden eine Beurtheilung ^r Motive zustehen muss , aus denen die Bewilligung einer gemischten Ehe verweigert wird, indem nur auf diese Weise denselben die

Möglichkeit gegeben ist, für gleichmässige Vollziehung ^es bezüglichen

B....^es^esetzes zu sorgen. Bei der Beurtheilung solcher Fragen muss im Allgemeinen der Grundsatz gelten, dass handlungsfähigen, wohlbeleumdeteu, arbeitstüehtigen und mit g^origem Verdienst versehenen Versonen ^ie Besugniss, eine gemischte Ehe einzugehen, ^nstel..^ und dass sie daher bei diesem ihrem natürlichen Rechte so lange zn schützen sind, bis von Seite allsälliger Einbrecher (Behorden, Verwandte u. s. s.) ein genügender Nachweis sür das Vorhandensein eines gesetzlichen Ehehindernisses geleistet wird. Jm vorliegenden Falte nun mangelt ein solcher Nachweis von ^.ite der Behorden des Kautons Luzern, indem, bei der Thalsad.e eines vorhandenen ordentlichen Verdienstes der Verlobten, blosse vage Zweisel a^ der Möglichkeit des Unterhalts einer Familie uni so weniger

2l9 genügen können, als sonst mit solchen ..gründen die g..sammte arbeitende .Blasse von der Ehe ausgeschlossen werden könnte.

liegen diesen Entscheid des Bundesrathes hat nun die Regierung des Kantons Luzern die Berufung an die Bundesversammlung ergrissen, und sncht denselben als einen unbesugten Eingriff in die Sonveränetät der kantonalen Gesetzgebung und Verwaltung darzustellen. Raeh einem Gesetze des Kantons Luzern vom 1l. März 1835 kann die Ehebewilligung u. A. verweigert werden, ^denjenigen Mannspersonen, hinsichtlich deren die begründete Besorgniss obwaltet, dass sie mit ihrer ^amilie der Heimathgemeinde zur Last fallen werden,. indem ste kein hinlängliches eigenthümliches ^ermögen besinn, oder in Abgang desselben nicht nack.^ weisen können , dass sie durch einen Gewerb oder andern Verdienst eine allsällige Nachkommenschaft, ihrer Heimathgemeinde unbeschadet, auf eine ehrliche We.se zu ernähren und gehöriger Massen zu erziehen im Stande sind, oder wenn sie auch einiges Vermögen oder einen Verdienst haben.

aber einen solchen liederlichen Lebenswandel sühren , der einen künftigen .^othstand befürchten lässt.^ Die bedenkliche progression, in welcher die ^ahl der Armen im Kanton Luzern während den legten 30 Jähren sich vermehrt hat, bewirkte nach der. Rekursschrist, dass die Behörden bei der Vrüsung eingehender Verehelichungsgesuche in neuerer Zeit äusserft strenge verfuhren. von 1224 Rekursen, welche gegen verweigernde Beschlüsse der Gemeindsbehörden in den legten 14 Jahren an die Regierung ergrissen wurden, sind 875 abgewiesen worden. Dagegen sind in den Jahren

1850 bis 18^.8 nicht weniger als l0l) gemischte Ehen bewilligt worden,

und der Bundesrath bemerkte in der Motivirung eines frühern Entscheides, dass ihm aus vielen Fällen bekannt sei, wie im Kanton Ludern katholische und paritätische Ehen gleich gehalten werden. Die Regierung habe indessen bei allen Rekursbeschwerden über Eheverweigerungen jeweilen aus^s entschiedenste die Kompetenz der Bundesbehorden bestritten ; denn die Frage, ob die von einem Bürger nachgesuchte Vereheliehung zu bewilligen sei oder nicht, sei nur mit Rucksicht auf die Kantonsgesetze zu entscheiden.

Das Buudesgesetz vom 3. Dezember 18^0 habe aus die Mischehen einfach den Grundsatz der Rechtsgleichheit angewendet, indem keine Zurücksetzung.^. aus die Verschiedenheit der Konsession gegründet werden ..ürfen.

mit diesen. Vorbehalte seien die bestehenden Ehegesetze und ^as daherige Gesetzgebnugsrecht der Kantone auch für die Zukunft auerkaunt worden.

Bei Verweigerung einer Mischehe konne, nach allen bisherigen Eutseheidungen, an die Bundesbehordeu nur dann rekurrirt werden, wenn die Be^ sehwerde dahin gehe, dass die Verhinderung ersolgte, entweder ausdrücklieh aus dem Grunde verschiedener Konfession oder in^em andere Gründe nur vorgeschoben u.urden ^ um das Bundesgesetz über die gemischten Ehen zu umgehen. Wenn in Fällen der letztern Art den Bundesbehorden^ auch eine Beurtheilung der Motive zustehe , aus denen die Bewilliguug einer ge^ mischten Ehe verweigert wurde, so könne hierbei einzig in Betracht kommen,.

220 ob im betreffenden Falle die Kantonsgesetze eine gleichmässige Anwendung gesunken haben, wie bei Brautleuten gleicher Konsession. Endlich dürfe eine Verlegung oder Umgehung des Bundesgesetzes über die Mischehen nicht prasnmirt, sondern es müsse dieselbe zur hinreichenden Ueberzengnng darg^ha.. werden. Jn Bezug ans die Molioiru..g des bundesrälhlichen Beschlusses bemerkt die Regierung von Ludern: Der Bundesrath, als oberste vollziehende Behorde, habe sich bei Brüfuug kantonaler Entscheide auf den r i c h t e r l i c h e n , nicht aber ans den gesetzgeberischen Staudpunkt zu stellen. Wenn er dangen einen einheitlichen Massstab aus paritätische Ehen in Anwendung bringen wolle, so sei die nächste Folge davon die grosste Rechtsnngleichheit in der Bra^is der Kantone, indem auf Ehen von katholischen oder protestantischen Brantlenten das kantonale Ehegesetz, d^gen ^ans die eheliche Verbindung eines Protestanten mi^ einer Katholik.n und umgekehrt das bundesräthliche Ehereeht angewendet werden n.üsst.... Der Bundesrath sei nicht befugt, die Kantone zu nothigen, ihre Entscheide aus andere als ihre eigenen Geseze zu gründen , sosern diese nichts den B..udesgesetzen Widersprechendes enthalten. Wenn der Bnnd...^ ratl.. den Grundsatz aufstelle, dass Personen, die mit gehorige.n Verdienste versehen seien, die Ehebewilligung nicht verweigert werden dürfe, so konne jenes R.^nisit nicht ans blosse Zeugnisse hin geglaubt werden, sondern es müsse sich in entsprechenden Ersparnissen änssern, welche im vorliegenden Falle nicht vorhanden seien. Wolle man ..^e Kantone der rechtlichen Mittel berauben, durch welche der Armuth Schranken gesellt werben kom.e, so müsse man sie au.l. d.r Unterstützu..a^pflicht entheben.

Die Rekursschrift schliesst mit den. Gesuche : ..Es sei die Schlnssuahn.e des Bundesrathes, als mit der durch die Bundesverfassung garantirten Kantonalsonveränetät im Widerspruch stehend, anzuheben. ^ Judem nun Jhre Kouunission, ^it., zur rechtlichen Würdigung des Rekurses übergeht, kann sie dabei aus keinen andern Standpunkt sich stellen als auf denjenigen , welcher ^r durch das Bnndesgesetz über die gemischten Ei..en vom 3. Dezember l 85l) nnd durch die ^ra^is, die der Bu^.^esrath in .^ln.vendung desselben unter Zustimmung der Bundesversammlung fortwährend befolgt l..at, angewiesen ist. Raeh .^lrt. 3 des
genannten Bm.desgesel^es soll die Bewilligung ^ur Kopulation einer gemisehteu Ehe ertheilt werden, ^ o e n n k e i n e g e s e t z l i c h e n H i n d e r n i s s e b e s t e h e n . Es versteht sich, dass in jedem Spe^ialfalle die Frage, ob solche Hindernisse vorhanden seien, naeh den Gesetzen .^es Kantons zu beurteilen ist, welchem der Bräutigam angel..ort. denn die gesetzliche Feststellung der Bedingungen, von deren Ersüllnng i^n ^lllgenieinen die

Erlaubniss ^ur Eingehung einer El.^e abhängig gemacht uurd, sällt offenbar

in d.... Bereich der Kanronalsouveräuetät. Aus der andern Seite aber seheint u..s ebenso we^ig bestritten werden ^u konuen , dass der Bundesrath, welcher nach Art. 90, Zifs. 2 der Bnndesversassnng für die Beob^aehtuug des Bandesgesetzes über die gemischten Ehen zn wachen hat, in

22t jedem einzelnen Falle befugt sein muss, zu untersuchen, ob in der That gesetzliche Hindernisse der Bewilligung einer gemischten Ehe entgegenstehen, oder mit andern Worten die Motive zu prüfen, aus denen die kantonale Behorde die Bewilligung verweigert hat.

Würde man ihm diese Besugniss nicht zugestehen, so wäre die Vollziehung des fraglichen Bundesgesezes gänzlich dem mehr oder weniger guten Willen der Kantonsregiernngen anheimgegeben, und es wäre --- was wir indessen ohne alle BeZiehung auf de.^ vorliegenden Reknrsfall bemerken -- einer Regierung, welche grundsätzlich den gemischten Ehen abgeneigt wäre, nichts leichter, als die Bewilligung derselben in allen Fällen zu verweigern, unter Angabe von Gründen , die z.var den. Brin^ip nach aus durchaus zulässigen gesetzlichen Vorschriften beruhen, aber aus den Spe^ialsall nicht ^..treffen würden. Mit dieser Jnterpretation des ^lrt. 3 des Bundesgesetzes vom 3. Dezember 1850 stimmt anch die seitherige Brar^is vollkommen uberei...

Schon in dem ersten Rechenschaftsberichte, welchen der Bundesrath nach dem Jnkrafttreten des Gesetzes ablegte, erklärte er, dass, wenn zwar in der Regel nur die kantonalen Behorden über die Zulässigkeit einer Ehe zu entscheiden haben, bei gemischten Ehen gleichwohl ausnahmsweise anf Besehwerden über verweigerte Bewilligung derselben eingetreten werden müsse, um kontroliren zu konuen, ob diese Verweigerung nicht aus einem vorgeschobenen Grunde beruhe , wahrend vielleicht der wirkliehe Grund in der Verschiedenheit der Konfession liege, und um auf diese Weise das Bundesgesetz gegen Umgehung zu schützen. Mit diesem Grnndsatze erklärte sich die ständeräthliche kommission, welche den Geschäftsbericht des Bundesrathes vom ^al..r I8.^l) zu prusen hatte, vollkommen einverstanden.^) Roch entschiedener sprach sieh die nationalräthliche Kommission ans, welche über den Rechenschaftsbericht vom Jahr 1856 reserirte. Sie forderte den Bu^desratl., ans, mit der grossten Aufmerksamkeit die Beschwerden über Heirathsverweigerungen zu prüsen und energisch einzuschreiten , um dem Bundesgesetze über die gemischten Ehen überall Vollziehung zu verschassen. ^) Diesen Bemerkungen der Prüfungskommissionen entsprechend, hat denn auch der Bundesrath bei der il..m eingehenden Reku.^besehwerden jeweilen genau untersucht, ob die Gründe, aus denen die kompetenteu Kantons^.

behorden die Bewilligung einer gemischten Ehe ablehnten, wie ungenügendes Vermogen oder Verdienst, übler Leumund der Verlobten u. s. w. , mit

Bezug ans den Spe^ialfall wirklieh stichhaltig seien oder nicht, er hat

die ökonomischen und anderweitigen Verhältnisse der Brautleute bis in's kleinste Detail hinein geprüft, und wenn er fand, dass die gesetzlichen Hindernisse, auf welche sich die Behorden berufen, in der Wirklichkeit nicht vorfanden waren, so hat er die betreffenden Kantonsregiernngen ansgefordert, die Kopulation zu gestatten, und letztere haben dieser Weisung

^) Siehe Bunde^blatt vom Jahr 1851, Band II, Selte 312 u. 500.

^

..

.

.

.^

1 ^ .

...

^

^

^

222 Folge geleistet. Zwei lehrreiche .Fälle. dieser Art, welche zum Theil grosse Aeh..lichkeit haben mit dem vorliegenden R.kurssalle , enthalt der Geschästsbericht vom Jahr 1.859. ^) Aus dem Gesagten geht hervor, dass der bm.desräthliche Entscheid, gegen welchen die .Beschwerde der Regierung von Luzern gerichtet ist, im Wesentlichen keine neue Brai.is begründet, sondern vielmehr an die bisherige Brar^is enge sich anschließt. Es kann allerdings zugegeben werden, dass im vorliegenden Falle viel weniger als in manchen früher.. fallen die Ueber^eugung sich ausdrängt, dass der von der Kantonsregiernug au.

gegebene Grund der Eheverweigerung bloss vorgeschoben sei u..d der wahre ^Grnud derselben in der Verschiedenheit der Kouf..ssiou liege , allein es scheint uns überhaupt nicht in der Stellung der Bundesbehorden zu liegen, über die Absichten und Gesinnungen zu urlheilen , von welchen die kautonalen Behorden be^ ihren Entscheidungen ausgehen. Wenn die Regierung von Lnzern in ihrer Rekurssehrist zu verlangen scheint, dass in je.^m einzelnen Falle ein stringenter Beweis dafür geführt werden müsse, dass eine Kantonsbehorde nur aus konfessionellen Gründen der Eingehung einer gemischten Ehe in den W..g getreten sei, so sordert sie geradezu etwas Unmögliches, denn die Kanton^behorde wird sich niemals selbst ans konsessionelle Gründe berufen, die dem ^nudesgese^e widersprechen würden, sondern sie wird ^andere, gesetzliche Gründe ansühren , hinsichtlich deren der Bundesrath sich nur daruber aussprechen kann , ob sie richtig oder unrichtig, nicht aber, ob sie ernstlich gemeint oder bloss vorgeschoben seien.

Der Grund, wesshalb der Bundesrath dazu berufen ist, die Entscheidungen kantonaler Behorden über Eheverweigerungen zu prüfen , liegt allerdings darin, dass man das Bundesgesel^ über die ^mischten Ehen vor Umgehung sichern wollte ; allein in der Anwendung muss mau abstrahiren von d...r ^rage, von was sür Gesinnungen ...ine Kautonsregierung ausgehe , man muss sich an die materiellen Thatsaehen halten und uaeh diesen entscheiden . ob im einzelnen Falle gese^luhe Ehehindernisse vorliegen oder nicht. Der Bundesrath wird dadurch allerdings eine Rekursinstauz sür alle Fälle, wo eine gemischte Ehe verweigert wird, und wegen dieser hoheru Jnstanz kann man in gewissem Sinne sagen, dass paritätische Ehen ein besseres
Recht haben als solche, wo die Brautleute der gleichen Konsession angehoren ; allein der Grund davon liegt aber einfach darin, dass die Angelegenheit der gemischten Ehen ^ur B und es sa che gemacht worden ist un^ ^aher eine Bnndesbehorde sür die Vollziehung des Bnndesgese^.s ^u wachen hat.

Die Regierung von Luzern hebt in il..rer Rekursschrist serner mit besoud^.rm Raehdrneke hervor, dass sür die in Frage kommenden Eh...hindernisse einzig die k a n t o n a l e n G..setze massgeb^nb seien und der Bundesrath nicht befugt sei, ein einheitliches Ehereeht sür die ganze Sehwei^ aufzn^) Siehe Bnnde.^blatt vom ^a^ 18^0, Band II, Seite 20^-24.

22.^ stellen und nach dieser selbstgeschassenen ..l.orm die einzelnen Fälle zu be^.

urtheilen. Wir können uns hierüber mit ihr einverstanden erklären, .und finden ebenfalls , dass der .Bundesrath bei der Motivirung seines Eut.^ scheides in dieser Richtung etwas zu weit gegangen ist. Es stimmt jedoch.

mit der einheitlichen Rorm, welche der Bundesrath in seiner zweiten Erwägung ausgestellt hat, das luzernische Gesetz, so weit es für den Spezia^ fall in Betracht kommt, in der Hauptsache überein . denn nach demselben kann Bersonen . welche über einen , zum Unterhalte und ^ur Erziehung einer Familie genügenden Verdienst sieh ausweisen konne, die Eingehung einer Ehe nicht verweigert werden. Und wenn allerdings^ nur die kantonalen Geseze massgebeud sind, so ist dagegen nicht auch eine blosse kantonale Bra^is entscheidend. denn das Bundesgesetz, welches wir anzuwenden haben, redet im Art. 3 nur von g e s e t z l i c h e n Hindernisse^ der Ehe. Wenn also die Behorden des Kanton.^ Ludern in der Bra^s weiter gehen als das ..Besetz es vorschreibt, wenn sie namentlich .^in...n ausreichen^ den Verdienst nur da annehmen, wo entsprechende Ersparnisse vorliegen, so kann diess für die Bnndesbehorden nicht verbindlich sein , sondern e....

wird ihnen freistehen müssen, die Frage, ob ein gesetzliches Ehehinderni^

vorliege, selbständig zu würdigeu. Wir glauben auch, dass im Allge-

meinen dem Bundesrathe nicht zugemuthet werden dürfe , die kantonale Vrax^is zu studiren , um darnach zu entscheiden , ob auf gemischte Ehen die gleichen Grundsätze angewendet werden, wie auf andere Ehen ; denn..

gerade ...n vorliegenden Falle müsste er si.h mit nicht weniger als 1224 Rekursbeseheiden, welche die Regierung von Ludern in den legten 14 Jahren behandelte, bekannt maehen, un^ würde dabei vielleicht nicht einmal überalt aus den Akten eine gehörige Anschauung der einzelnen, so verschiedenartig gestalteten Fälle gewinnen. Wir konneu daher die grundsätzliche Frage,.

wie der Bundesrath die ihn. eingehenden B^.s^erden über Richtbe^illigung.

gemischter Ehen zu behandeln habe, nicht anders als dahin Beantworten, dass er, wie diess in frühern Jahren immer geschehen ist, in jedem einzelnen Falle die faktischen Verhältnisse zu untersuchen u^.d darnach zu entscheiden habe , ob gesetzliche El^ehindernisse vorliegen oder nicht. Findet er solche vorhanden, so wird er die Besehwerde abweisen. kann er sieh.

hingegen von dem Vorhandensein derartiger .Hindernisse nicht überzeugen, so wird er die betreffende Kantonsregierung anhalten, die Kopulation ^ bewilligen.

Wenden wir nun diese allgemeinen Grundsätze an aus den Speziai^ fall des Anton Bisang, so konnen wir nicht finden, dass ein gesetzliches.

Hinderniss vorliege, welches die Regierung von Ludern berechtigen würde, diesem Manne die Eingehung einer gemischten Ehe zu verweigern. Von übelm Lenmuude oder empfangener Armenunterstützung ist in diesem Fallen überall nicht die Rede. es kann also nnr in ^rage kommen, ob Vermögen und Verdienst der Verlobten, namentlich des Bräutigams, für die Ernährung und Erziehung einer allsälligen Raehkommensehast, wie da.^

224 l.^ese.^ sich ausdrückt, hinreichen. Das Vermögen nnn ist freilich nnbe^ deutend und besteht zum grosser.. Theile aus Hausgeräthschasten, die in^.

dessen zur Begründung eines eigenen Hauswesens unentbehrlich find.

immerhin zeigen sich anf Seite des Bräutigams etwelehe Ersparnisse von seiner Handarbeit, welche er theils in der Sparkasse Thalw..l, ll.eils in einem kleinen Uhren handel angelegt hat.

Rach einer erst nachträglich zu den Akten gekommenen Bescheinigung des Uhrenmachers Joh. Bollier in Horgen hat nämlich Bisang in dem Zeitraume vom l. Juli 186l bis

Ende April l8l..2 bei ihm Uhren gekanst im Betrage von 723 Franken und diese Summe gänzlich bezahlt. Wichtiger aber ist der Verdienst der beiden

Brautleute. welcher auf monatlich Fr. 93 oder jährlich Fr. 1116 angegeben wird. Kann auch ein solcher Verdienst nicht als ein reichlicher bezeichnet werden, fo ist er doch, wie der Gemeindrath von Adlischw...l gewiss mit Recht annimmt, genügend, um eine Familie zu erhalten, ohne dem Armengute der Heimathgeme.nde ..^ur Last fallen zu müssen. Es gibt in allen Kantonen der Schweiz eine Menge von Familien , welche selbst noch mit einem geringern Verdienste ihr Auskommen finden müssen.

Stellt man in dieser Begehung hoher gespannte Forderungen, oder verlangt man vollkommen beruhigende Garantien dafür, dass eine Familie niemals, gelbst nieht bei außerordentlichen Unglückssällen oder in Reiten von .^erdienstlosigkeit, dem Armengute zur Last fallen werde, so muss man, wie der Bundesrath richtig bemerkt, die gesammte arbeitende Klasse von der Ehe anschlössen. ^..as kann aber im Sinne des ln..ernischen so wenig als in demjenigen irgend eines andern Ehegese^es liegen ; wir müss.n also annehmen, dass Anton Bisang sich über einen genügenden Verdienst ausgewiesen hat und somit seiner Ehe mit Maria Anna Haller kein gesetzliches Hinderniss im Wege steht.

Ans diese Grunde gestuft, beehren wir uns, Jl^nen vorzuschlagen .

Es sei d..r von der R^gier..ng von L.^eru erhobene Reknrs gegen ^ie.

^chlussnal^e des Bundesraths als unbegründet abzuweisen.

Bern, den 18. Juli 1862.

.^am.ms der Mehrheit der Kommission, ^..er Berichterstatter : ..^r. ^. .^. Blltmer.

^ o t e . Die ständeräthliche .^ur^ommlsston befand au.^ den ^erren I^r.

J. J. Blumer in .^lara..., .^d. ..^ä.^erlin ln Weinfelden , .^. . ^ r a c h e b o u d ^n ^reib^rg, ^.. ^ ü t t i m a n n ln Zürich und ^mll W e l t i in .^Iarau.

Jm vorstehenden Rekurse bildete .^err ^ r a c h e b o u d die ^inderhell, und gellte unter mündlicher Begründung den Antrag ^ den ^e^urs der .Regierung von ^nzern als begründet zu erklären.

Der Antrag der ^ehrhel^ der ^ommlsston ist nul 2.^ gegen 17 Stimmen ^um Beschlusse erhoben worden.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Mehrheit der ständeräthlichen Kommission über den Rekurs der Regierung von Luzern gegen den Beschluß des Bundesrathes in Sache des Anton Bisang von Egolzwyl.

(Vom 18. Juli 1862.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1862

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

43

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.09.1862

Date Data Seite

217-224

Page Pagina Ref. No

10 003 837

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.