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Schweizerisches Bundesblatt.

53. Jahrgang. III.

Kr. 23.

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5. Juni 1901.

Bericht der

Kommission des Ständerates über

die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im Jahre 1900.

(Vom 14. Mai 1901.)

Geschäftsführung des Bundesrates.

Finanz- und Zolldepartement.

A. Finanzverwaltung.

I. Finanzbureau.

Gesetzgebung und Postulate.

Über das Postulat betreffend Errichtung einer Rechnungskammer sehen wir uns angesichts des Umstandes, daß der vom ßundesrate erstattete sehr ausführliche und interessante Bericht Specialkommissionen zur Vorberatung und Berichterstattung überwiesen worden ist, hierorts zu keinen Bemerkungen und Anträgen veranlaßt.

Bundesblatt. 53. Jahrg. Bd. III.

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506 Dagegen wird sich die Bundesversammlung anläßlich der Behandlung des Geschäftsberichtes darüber auszusprechen haben, ob sie das sub Zifier 5 aufgeführte Postulat betreffend die spekulative Silberausfuhr mit dem Bundesrate als erledigt betrachten will. Wie der Bundesrat bemerkt, ist das Protokoll über die sehr interessanten Beratungen einer Expertenkommission, welche zur gutachtlichen Äußerung über diesen Gegenstand einberufen worden ist, sowie eine sachbezügliche Resolution dieser Kommission den eidgenössischen Räten zur Kenntnisnahme übermittelt worden, allein ohne weiteren Bericht und Antrag seitens des Bundesrates, so daß hier der einzige Anlaß ist, zu entscheiden, ob dieses Postulat als erledigt abzuschreiben oder einer weitern Untersuchung zu unterwerfen ist.

Unsere Kommission betrachtet mit dem Bundesrate dieses Postulat als erledigt. Direkte Mittel zur Bekämpfung der nicht nur den Emissionsbanken, sondern der ganzen Volkswirtschaft schädlichen Silberdrainage giebt es nicht, sondern es müssen vielmehr die Verhältnisse und Ursachen, welche diesen Übelstand gezeitigt haben, 'gehoben werden. Diese Geldausfuhr, so schädlich sie an und für sich ist, kann nicht als die eigentliche Krankheit, an der unsere Währungs- und Geldverhältnisse leiden, betrachtet werden, sondern sie ist vielmehr bloß eine Krankheitserscheinung. Sie ist die naturgemäße Folge unseres hohen Wechselkurses, speciell auf Paris. Solange dieser hohe Wechselkurs besteht und damit die Silberausfuhr zu einem gewinnbringenden Geschäft macht, so lange wird diese Valuta-Differenz den Gegenstand spekulativer Ausbeutung bilden, und solange die Ausübung der daherigen Praktiken und Operationen mit an und für sich legalen Mitteln geschieht, kann auch nicht daran gedacht werden, dieselben durch Repressalien irgend welcher Art zu verhindern oder zu erschweren.

Die Expertenkommission führt daher mit Recht aus, daß auf eine Beseitigung oder wenigstens auf eine möglichste Reduktion dieses Wechselkurses hingewirkt werden muß.

Zwar kann man sich bei der Durchsicht des Protokolls der Expertenkommission des Eindruckes nicht erwehren, daß trotz der einstimmig gefaßten Resolution in Bezug auf die Fragen, welche Faktoren diesen Wechselkurs beeinflussen und wie groß der Einfluß der einzelnen Faktoren zu taxieren sei, im Kreise der Sachverständigen
die Ansichten sich nicht vollständig decken. Jeder scheint sich diese Fragen wenigstens zum Teil nach seinen speciellen eigenen Erfahrungen zu beantworten. Allein um so wertvoller für uns

507 ist es, daß sämtliche Experten darin einig sind, daß eine Hauptursache des hohen Wechselkurses außer in unserer passiven Handelsbilanz in dem Mangel einer richtigen Diskontopolitik und einer rationellen Einrichtung unseres Zahlungsverkehrs in Verbindung mit einer viel zu umfangreichen Notencirkulation zu suchen und daß eine gründliche Bessergestaltung dieser Verhältnisse nur von einer starken centralen Notenbank zu erwarten sei.

Unsere Kommission ist im großen und ganzen damit einverstanden. Zwar halten wir dafür, daß der Wechselkurs auf ein bestimmtes Land weniger von der Gestaltung unserer Handelsbilanz im allgemeinen als vielmehr von dem Verhältnis der Einfuhr und Ausfuhr speciell mit Bezug auf dieses Land beeinflußt wird und daß also eine höhere Einfuhr in unser Land speciell aus Frankreich naturgemäß eine Reduktion unserer Valuta gegenüber Frankreich zur Folge haben muß, auch wenn wir im allgemeinen eine noch so günstige Handelsbilanz hätten. Aber die bezügliche Valutadifferenz könnte bei dem sonst ganz normalen Kredit unseres Landes kaum höher sein, als was die Transportspesen unserer Zahlungsmittel nach Frankreich ausmachen, und müßte daher bei einer wohl accreditierten Banknote sehr gering sein. Allein gerade hierin scheint uns in der Hauptsache bei unserer heutigen Note die wundeste Seite zu liegen, was wir denn doch in Ergänzung der Resolution der Expertenkommission noch konstatieren möchten. Wohl ist unsere heutige Zahlungsweise mangels einer Girostelle eine umständliche und daher kostspielige ; auch die Zahl der Noten ist eine viel zu große, was in Verbindung mit den naturgemäßen Interessen der Emissionsbanken, möglichst viele dieser Noten auf den Markt zu bringen, eine rationelle Diskontopolitik nicht aufkommen läßt, und auch die Vielheit der Banken und die Verschiedenheit ihrer Interessen, die sich mit den Interessen des Landes nicht immer decken, steht einer gesunden Diskontopolitik hindernd im Wege. Was aber den Stand unserer Valuta gegen außen ganz besonders ungünstig beeinflußt, das ist der Mangel einer kreditfähigen, vom Auslande als Zahlungsmittel voll anerkannten Note und die dadurch bedingte Notwendigkeit, für unsere Verbindlichkeiten dem Auslande gegenüber in bar aufzukommen, was um so schwieriger und daher auch kostspieliger wird, je mehr Barmittel dem Lande entzogen werden und dafür wieder ersetzt werden müssen, wie dies hauptsächlich durch die Silberdrainage bewerkstelligt wird.

508 Auch nach dieser Richtung wird eine centrale, richtig angelegte und geleitete Notenbank eine wesentliche Besserung der Verhältnisse hervorrufen, und wir sind daher vollständig einverstanden, daß nur eine solche Bank im stände ist, dem unverhältnismäßig starken Anwachsen unseres Wechselkurses nachhaltig entgegenzuwirken.

Import deutschen Geldes.

Der Bundesrat hat, veranlaßt durch Eingaben des ostschweizerischen Müllervereins und einer Kantonsregierung, in welchen über die mißbräuchliche Einfuhr und Cirkulation von deutschem Geld in den betreffenden Kantonen geklagt wurde, ein Kreisschreiben an sämtliche Kantonsregierungen der Nordgrenze gerichtet und dieselben zur Mitteilung ihrer daherigen Beobachtungen, sowie ihrer Vorschläge für Beseitigung allfällig bestehender Übelstände eingeladen. Die bezüglichen Antworten seien verschieden ausgefallen. Während die einen Regierungen berichteten, daß der Umlauf deutschen Geldes stetig zunehme und daß dadurch der Handels- und Gewerbestand und namentlich die kleinen Leute geschädigt würden, bemerkten andere, daß die Cirkulation deutschen Geldes die Folge des grenznachbarlichen Verkehrs sei, daß es aber damit durchaus nicht so schlimm stehe und daß das Publikum dieses Geld meistens ohne Verlust wieder abzusetzen wisse.

Der Bundesrat bemerkt mit Recht, daß an Hand der derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen gegen die Cirkulation fremden Geldes nicht eingeschritten werden könne, außer bei Löhnung von Angestellten und Arbeitern der dem Fabrikgesetz unterstellten Etablissemente und Gewerbe. Niemand ist gehalten, fremde Münzsorten anzunehmen, Löhnungen im Dienstverhältnis sind nur in gesetzlicher Währung zulässig, und fremde Nickel- und Kupfermünzen sind sogar vom Verkehr allgemein ausgeschlossen; aber es fehlen Strafbestimmungen, um die Übertretung letzterer Vorschriften zu ahnden~ außer im Fabrikgesetz, das die Löhnung der Arbeiter in gesetzlicher Währung verlangt und Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des Gesetzes mit Strafe bedroht.

Der Bundesrat findet, daß es angezeigt sei, bei Revision des Münzgesetzes weitere Bestimmungen zum Schütze der Landeswährung aufzustellen. Im Verlaufe der weitern Ausführungen weist er aber mit Recht darauf hin, daß es nie möglich sein werde, in einem kleinen Lande, das von großen Staaten mit teil-

509 weise anderm Münzsystem umgeben sei, das lebhafte Handelsbeziehungen zu diesen Ländern unterhalte und einen großen Fremdenverkehr habe, den Umlauf fremder Münzen ganz zu verhindern, und daß drakonische Maßregeln nach dieser Richtung nicht nur ihren Zweck verfehlen, sondern geradezu schädlich wirken könnten.

Die Kommission ist mit den letztern Ausführungen vollständig einverstanden, findet es aber nicht konsequent, wenn der Bundesrat trotzdem die Aufstellung von Strafbestimmungen in Aussicht nehmen will. Solche Maßnahmen müßten notwendigerweise schädlich wirken und sind daher nicht zu empfehlen.

Es ist vollständig richtig, daß in den Kantenen der Nordgrenze und namentlich an den eigentlichen Grenzorten viel deutsches Geld cirkuliert, und es kann nicht in Abrede gestellt werden, daß die Weitergabe dieser Münzsorten für den einen und ändern mit einer gewissen Einbuße verbunden sein mag.

Allein der daherige Schaden ist weit geringer als der Nachteil, der mit einem Verbot fremder Münzsorten nicht nur für unsere wirtschaftlichen Verhältnisse im allgemeinen, sondern auch für die jetzt unangenehm Betroffenen verbunden wäre. Die Kommission ist überzeugt, daß die Fälle, wo deutsches Geld auf natürliche Weise, wie insbesondere zu rein spekulativen Zwecken, importiert wird, verhältnismäßig sehr gering sind. Das vorhandene fremde Geld ist daher in der Hauptsache auf den Fremdenverkehr und auf den glücklicherweise noch vielerorts ziemlich regen Grenzverkehr zurückzuführen. Daß aber ein absolutes Verbot oder auch nur eine erhebliche Erschwerung der Entgegennahme fremder Geldsorten sowohl den einen wie den ändern Verkehr sehr erheblich ungünstig beeinflussen müßte und daß ein solches Verfahren mit dem nur zu gerechtfertigten Bestreben, unsern Verkehr zu heben und unsere Handelsbilanz zu verbessern, ganz unvereinbar wäre, bedarf keiner weitern Erörterung.

Übrigens sind die Nachteile der heutigen Verhältnisse nicht allzugroß, und jedenfalls lassen sich dieselben, wenn nicht vollständig, so doch zum größten Teil vermeiden. Die ersten Empfänger deutscher Münzsorten werden dieselben in der Regel nicht über ihrem Kurswerte annehmen, jedenfalls sind sie nicht verpflichtet, dies zu thun, wie sie überhaupt nicht verpflichtet sind, fremdes Geld anzunehmen. Zuzugeben ist allerdings, daß die ersten und zweiten Empfänger vielfach die Gepflogenheit haben, diese Münzsorten an ihre Lieferanten weiterzugeben, und zwar

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nicht zum Kurswerte sondern zum Nominalwerte, was eine Schädigung für diese bedeutet. Allein auch hier dürfte die Geschichte im Effekte nicht so gefährlich sein. Abgesehen davon, daß diese Lieferanten in der Eegel Verbindungen mit dem Auslande unterhalten, welche ihnen den Absatz des fremden Geldes gestatten, ist auch hier zu sagen, daß die Lieferanten ja nicht verpflichtet sind, solche Münzen über ihrem wahren Werte entgegenzunehmen, und daß daher eine allfällige Schädigung eine mehr oder weniger freiwillige ist. Jedenfalls gilt für alle, welche, sei es freiwillig, sei es durch die Umstände mehr oder weniger genötigt, solche Münzen annehmen, der Grundsatz, daß die Unannehmlichkeit fremder Münzen leichter zu tragen ist, als die Unannehmlichkeit einer Reduktion unseres Verkehrs.

Bei diesem Anlasse glaubt die Kommission auch darauf aufmerksam machen zu sollen, daß die Verhältnisse, wie sie sich bei der Verstaatlichung der Eisenbahnen gestalten werden, nach einer Richtung eher eine Milderung als eine Verschärfung des Münzgesetzes hinsichtlich fremder Münzen nötig machen dürften.

Durch Art. l des Bundesgesetzes betreffend die Änderung des Münzgesetzes ist den öffentlichen Kassen der Eidgenossenschaft die Annahme fremder Münzsorten an Zahlungsstatt untersagt.

Dies hätte offenbar nach Verstaatlichung der Eisenbahnen auch Geltung für die Einnahmestellen der Eisenbahnen. Die Privatbahnen waren nun vielerorts und namentlich an den Grenzorten genötigt, insbesondere beim Personenverkehr, auch fremde Münzsorten zu einem zum voraus bestimmten Kurse anzunehmen, und die Bundesbahnen werden sich einem gleichen Verfahren, wenn sie den Verkehr nicht erschweren wollen, nicht entziehen können.

Ohne einen eigentlichen daherigen Auftrag dem Bundesrat erteilen zu wollen, glaubt die Kommission diesen Umstand doch relevieren zu sollen, in der Voraussetzung, daß der Bundesrat auch ohne eigentlichen Auftrag die Angelegenheit prüfen und die zweckdienlichen Vorkehren treffen werde.

Waffenplätze.

Die Kommission kann die auf Seite 16 des Berichtes in Aussicht gestellte Maßnahme betreffend Verkauf der durch Artilleriegeschosse gefährdeten Gebäulichkeiten im Spängeli etc. auf Abbruch vorläufig nicht billigen. Wenn die fraglichen Scheunen bisanhin gute Dienste geleistet haben und dies auch in Zukunft thun würden, so vermögen wir nicht einzusehen, warum die-

511 selben abgerissen werden sollten, nur weil die dabei befindlichen Wohnhäuser wenigstens während der Schießübungen nicht mehr bewohnbar sind. Wenn man die Vorteile der Scheunen auch nicht sehr hoch anschlägt, so werden dieselben leicht wesentlich größer sein, als der aus einem Verkauf auf Abbruch resultierenden Erlös. Die Kommission glaubt, daß die Sache nochmals in Erwägung gezogen werden sollte, bevor weitere Schlußnahmen getroffen werden.

II. Finanzkontrolle.

Vorgängige Kontrollierung der Budgetkredite.

Rechnungen.

Revision der

Wir haben uns neuerdings überzeugen können und glauben dies, ganz unpräjudizierlich der spätem Specialberatungen über die Frage der Errichtung einer Rechnungskammer, hier hervorheben zu sollen, daß die derzeitige Organisation der Finanzkontrolle, sowie die Art und Weise, wie die auf die Bundeskasse ausgestellten Zahlungsanweisungen und die darauf Bezug habenden Rechnungen und Belege behandelt und geprüft werden, als durchaus zweckmäßig bezeichnet werden kann und alle Anerkennung verdient. Über die arithmetische Kontrolle ist natürlich nichts zu sagen ; sie versteht sich von selbst. Was aber insbesondere die formelle Kontrolle im weitern Sinne, so namentlich hinsichtlich der Einhaltung der budgetierten und nachträglich bewilligten Kredite, der Vermeidung von Kreditüberschreitungen, Virements und von Inanspruchnahme nicht budgetierter Kredite anbetrifft, so betrachten wir dieselbe als tadellos ; und die Durchsicht zahlreicher Revisionsprotokolle hat uns überdies gezeigt, daß auch eine materielle Kontrolle, soweit eine solche an Hand der Rechnungen und Belege überhaupt möglich ist, thatsächlich ausgeübt wird und zwar, wie die Natur der beanstandeten Posten zeigt, in sehr eingehender Weise.

Die verhältnismäßig geringe Zahl von Anständen, die sich bei der Rechnungsrevision ergeben haben, zeigen aber auch, daß auf den einzelnen Departementen bezw. Rechnungsstellen, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, dem Rechnungswesen, diesem Hauptfaktor eines ordentlichen Staatshaushalts, die gebührende Sorgfalt und Aufmerksamkeit ebenfalls geschenkt wird.

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Kontrollierung der Bundeskasse. Ausserordentliche Kassen- und Bucherrevisionen. Verifikation der Inventarbestände an Ort und Stelle.

Die Kommission daß" die zahlreichen Hülfskassen stets die Buchsaldi, sowie die ergeben haben. .

nahm mit Befriedigung davon Kenntnis, Revisonen der Bundeskasse, sowie ihrer Übereinstimmung der Kassensaldi mit den ordnungsgemäße Buch- und Kassenführung

Daß bei einer unvermuteten Revision eine Feststellung der materiellen Richtigkeit des Buchsaldos nicht möglich ist, erscheint als selbstverständlich, solange nicht noch ein zweites unabhängiges und selbständiges Kassenjournal etabliert wird, wie solche bei einzelnen großen Finanzinstituten eingeführt sind. Über die Frage der Wünschbarkeit oder Notwendigkeit einer solchen Veranstaltung erlaubt sich die Kommission kein Urteil.

Auch die zahlreichen ändern eidgenössischen Kassen und Vorschußstellen sind je einmal unvermutet revidiert und, wie wir ebenfalls mit Befriedigung hervorheben wollen, sämtlich in Ordnung befunden worden. Daß den Mißbräuchen, betreffend Verabfolgung von Besoldungsvorschüssen, wie sie da und dort aufgetreten sind, gesteuert wird, ist nur zu begrüßen. Sofern den betreffenden Kassenführern die Auszahlung solcher Vorschüsse durch Vorschrift ausdrücklich untersagt worden ist, glaubt die Kommission, daß eine strenge Ahndung solcher Verstöße am Platze sei.

Das vom Finanzdepartement den Kontrollbeamten für Verifikation der Inventarbestände zur Beantwortung übergebene Fragenschema ist als sehr zweckmäßige und eine richtige Verifikation sichernde Maßregel zu bezeichnen.

Auch diese Verifikationen haben durchwegs befriedigende Resultate ergeben mit Ausnahme, daß an einzelnen Orten zwar ein richtiger Effektivbestand, nicht aber ein richtiger Sollbestand in den Büchern konstatiert wurde. Wir erwarten, daß die nötigen Maßnahmen nicht unterlassen werden, um auch die Buchführung über diese Inventarbestände zu einer durchwegs geordneten zu gestalten.

Daß solche Verifikationen auch benutzt werden, um diese sehr wertvollen Inventarbestände auch nach einer zweckmäßigen Aufbewahrung zu kontrollieren, kann nicht genug begrüßt werden.

513 HI« Banknoten-Kontrolle: Emissionsbanken.

Bankausweise und wirtschaftliche Erscheinungen.

Der Geschäftsbericht nimmt auch dieses Jahr wieder Veranlassung, auf unsere ungesunden Zustände im Notenwesen und im Zahlungsverkehr und auf die daherigen schädlichen wirtschaftlichen Folgen hinzuweisen. Die bezüglichen Ausführungen, durch welche neuerdings dargethan wird, daß unser Notenumlauf viel zu groß und doch zu wenig elastisch, daß daher in Zeiten des Bedürfnisses ein Mangel, in Zeiten der Bedürfnislosigkeit ein Überfluß an Geldmitteln zu konstatieren ist, daß die Zahl der Emissionsinstitute zu groß, ihre Kreditgewährung eine zu leichte und die Deckungsverhältnisse vielfach ungenügende sind, daß alles dies einen nachteiligen Einfluß auf die Diskontopolitik, auf unsere Zahlungsbilanz und auf unsere wirtschaftlichen Verhältnisse überhaupt ausüben muß, sind gewiß ebenso interessant wie zweifellos richtig.

Leider ist auch wieder ein weiterer Rückgang unserer Valuta und zwar nicht nur gegenüber Frankreich, sondern auch gegenüber Deutschland und England zu konstatieren -- trotz der verhältnismäßig bessern letztjährigen sogenannten Handelsbilanz -- und der Bericht dürfte kaum fehl gehen, wenn er die Hauptschuld daran dem heutigen Banknotenwesen zuschreibt, wie wir dies selbst weiter oben auch gethan haben.

Es könnte sich fragen, ob es angesichts des Umstandes, daß die Vorlage betreffend Errichtung einer centralen Notenbank schon längst vor den eidgenössischen Räten liegt und dort bereits eine eingehende Erörterung gefunden hat, nicht als unnütz zu bezeichnen sei, diese Verhältnisse neuerdings zu erörtern. Nach Lage der Verhältnisse müssen wir es nur begrüßen, daß sich der Bundesrat auf einen solchen Bequemlichkeitsstandpunkt nicht gestellt hat.

Der schleppende Gang, den die Beratungen des Bankgesetzes in den eidgenössischen Räten genommen haben, zeigen ja zur Genüge, daß selbst in berufenen Kreisen^ die Überzeugung von der Unhaltbarkeit und Gefahr der heutigen Zustände noch nicht allgemein durchgedrungen ist. Der weitaus überwiegende Teil unserer Bevölkerung scheint weder die schädigenden Folgen, welche der Fortbestand der heutigen Zustände auf unsere wirtschaftlichen Verhältnisse im Innern und nach außen fortwährend ausübt, und noch weniger die Gefahren, welche diese Zustände

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bei eintretenden Krisen herbeiführen müßten, recht zu empfinden und zu begreifen, ein Umstand, der nicht ohne Einfluß auf die Bundesversammlung geblieben ist. Dazu kommt, daß die heftige Opposition, welche dem frühern Projekt einer reinen Staatsbank selbst aus Kreisen, welche das unmittelbarste Interesse an einer starken centralen Bank gehabt hätten, gemacht wurde, die Überzeugung von der dringenden Notwendigkeit einer solchen Bank mancherorts stark erschüttert hat. Wir begnügen uns, diese Thatsache zu relevieren, ohne hierorts weitere Bemerkungen daran zu knüpfen, als daß noch manche Vorurteile zu beseitigen und Aufklärungen nach verschiedenen Richtungen nötig sind, Es wäre wirklich ein wahres Glück, wenn endlich die fatale Situation, in der wir uns bereits befinden und in die wir namentlich in kritischen Zeiten geraten müßten, allgemein erkannt und daß diese Erkenntnis zur einzigen Richtschnur unseres Handelns gemacht würde. Dann würde sich auch die Einsicht Bahn brechen, daß die ganze Frage rein wirtschaftlicher Natur ist, an deren Lösung alle Kreise unserer Bevölkerung lebhaft interessiert sind, und deren Kernpunkt in der Schaffung einer starken, von richtigen Organen geleiteten Noten- und Girobank besteht, daß Fragen des größern oder geringern Geschäftskreises, des größern oder geringern staatlichen oder gouvernementalen Einflusses, der größeren oder kleineren Dauer des Privilegiums, des Banksitzes und dergleichen mehr, einer ernsthaften Behandlung gewiß wert sind, daß sie aber nicht von ausschlaggebender Bedeutung sind und die Art ihrer Lösung nicht maßgebend sein kann zur Stellungnahme gegenüber dem Gesetz.

So lange sich diese Einsicht noch nicht Bahn gebrochen hat, ist es nur zu begrüßen, wenn der Bundesrat jeden Anlaß benutzt, um auf die Unhaltbarkeit der heutigen Situation hinzuweisen und an Hand der in den einzelnen Jahren zu Tage getretenen Erscheinungen die Verhältnisse neuerdings zu beleuchten.

B. Zollverwaltung.

I. Gesamtergebnisse der Rechnung.

Über den ganz erheblichen Rückgang unserer Zolleinnahmen, die über Fr. 3,000,000 hinter den vorjährigen und über Fr. 2,000,000 unter dem Budgetansatze pro 1900 zurückgeblieben sind, wird bei Behandlung der Staatsrechnung zu sprechen sein.

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II. Gesetze, Verordnungen, Verträge.

A. Zollwesen.

Mit den meisten der unter diesem (vielleicht nicht ganz richtigen) Titel angeführten Entscheide und Verfügungen geht die Kommission einig, nicht ganz aber mit dem Entscheide betreffend die zollamtliche Behandlung des Oleomargarins, der uns nicht unanfechtbar zu sein scheint.

VIII. Straffälle.

Die Kommission ist der Ansicht, daß die auf Seite 91 fi.

des Geschäftsberichtes aufgeführten Entscheidungen, die weder ein rechtliches noch ein allgemeines Interesse besitzen, füglieh wegbleiben könnten.

Departement des Innern.

I. Centralverwaltung.

2. Archive.

Die Veröffentlichung des mit Bundeshülfe von Hrn. Dr. Rott bearbeiteten Werkes ,,Geschichte der diplomatischen Vertretung Frankreichs bei der Eidgenossenschaft"1 wird mit lebhaftem Interesse begrüßt. So sind nun die kostbaren Dokumente, welche die Pariser Archive bergen, für unsere schweizerischen Gelehrteß und auch für ein weiteres Publikum zugänglich geworden.

3. Centralbibliothek.

Wir hofien, daß die bevorstehende Installierung der Räte im Parlamentsgebäude gestatten wird, der Bibliothek im Bundeshaus Westbau größeren Platz einzuräumen, zum größten Vorteil von jedermann und speciell der Verwaltung und der Mitglieder der eidgenössischen Räte.

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u. Vollziehung der Bundesverfassung und der eidgenössischen Gesetze.

1. Ausführung des Art. 27.

Die wenigen Zeilen des Geschäftsberichtes über diesen Punkt sind reich an Versprechungen. Hoffen wir, daß die Umstände und allseitiger guter Wille die Erfüllung derselben erlauben werden.

4. Gesundheitswesen.

Es herrscht die größte Mannigfaltigkeit bezüglich der aut jeden einzelnen Blatternfall verwendeten Ausgabenquote. Die Epidemie war im verflossenen Jahre in der Schweiz ziemlich heftig, und man sieht, daß Zürich für jeden einzelnen Fall mehr als 2500 Franken aufgewendet hat, während Genf nur 25 Franken verausgabte. Der Durchschnitt für das ganze Land betrug 274 Franken pro Blatternfall. Es möchte angezeigt scheinen, etwas mehr Einheitlichkeit in diesen Punkt zu bringen ; immerhin sind wir glücklich, sagen zu dürfen, daß der Kampf gegen die Epidemie in allen Kantonen energisch durchgeführt wurde.

Pest -- eine Krankheit, _an welche man immer denken muß and gegen deren Gefahren, wie die Kommission mit Befriedigung konstatierte, das Heilserum und die Schutz-Impfstoffe jetzt in dem ihierzu vorzüglich eingerichteten Berner Institut hergestellt werden.

V. Gemeinnützige Werke.

1. Schweizerische natmrforschende Gesellschaft und übrige subventionierte Gesellschaften.

Die Schweiz besitzt keine nationale Akademie und kein mit großen Summen dotiertes Institut, und doch behauptet sich das wissenschaftliche Niveau außerhalb des Lehrunterrichts der Hochschulen, mittelst einiger sehr bescheidenen Subventionen, auf allen Gebieten auf einer erfreulichen Höhe. Auch dies ist eine der speciellen Äußerungen unsreer nationalen demokratischen Verhältnisse.

Das deutsch-schweizerische Idiotikon wird regelmäßig weitergeführt. Wie es scheint, wird der V. Band mit dem Buchstaben ,,bl" beginnen ; würde es sich hier um ein gewöhnliches Wörter-

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buch handeln, so könnte man wohl über die schließliche Ausdehnung desselben erschrecken beim Gedanken, daß der V. Band erst den zweiten Buchstaben des Alphabets behandelt. Die Anlage des "Werkes ist aber hier eine ganz andere, und aus deu eingezogenen Erkundigungen haben wir ersehen, daß beinahe drei Fünftel desselben erschienen sind, was eine verhältnismäßig baldige Krönung dieses flotten Baues unsrer Sprachwissenschaft erhoffen läßt.

Als wackerer jüngerer Bruder geht in den Fußstapfen des eben genannten das Wörterbuch der Mundarten der französischen Schweiz einher. Es möge sich beeilen, denn unsere Dialekte verfallen rasch, und beim Erstehen der nächsten Generation wird mehr als einer derselben verschwunden sein.

e. Hebung der Kunst.

Alle Kunstfreunde wünschen sehnsüchtig den Tag herbei, an welchem der Bundesrat den in einem Momente finanzieller Bedrängnis und auch übler Laune um die Hälfte verkürzten ehemaligen Kredit von 100,000 Franken wieder herzustellen beantragen wird. Vergessen wir nicht, daß die Kunst ein Erziehungsmittel des Volkes ist und daß ein demokratisches Staatswesea durch die Pflege des Schönen sich selber ehrt.

Stipendien. Diese noch junge Institution ist sehr nützlich.

Es wäre gut, wenn der Bundesrat etwa nächstes Jahr einen Bericht über die Gesamtresultate dieser Einrichtung erstatten könnte.

Museum Vela. Der Besuch desselben mehrt sich mit jedem Jahr. Der Katalog der Werke des großen Meisters ist erschienen j seine Anordnung und seine Illustrationen sind sehr zu loben.

Landesmuseum. In Erwartung des Reorganisationsgesetzes hält es die Kommission für ihre Pflicht, die Aufmerksamkeit des Bundesrates und der eidgenössischen Räte auf die Stellung des Assistenten des Direktors zu lenken, dessen Besoldung mit 4500 Franken (in IV- Klasse) absolut zu niedrig ist. Wenigstens sollte man diesem Gehalte den für die Redaktion des Protokolls der Kommissionssitzungen vorgesehenen Betrag von 1000 Franken beifügen. Man verweigert ihn diesem Assistenten aus dem gewiß sehr formalen Grunde, daß man diese Summe nicht einen® ,,Beamten" des Museums geben könne.

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VI. Polytechnische Schule.

Die Kommission hat sich gefragt, ob nicht eine bessere Verteilung der auf die Studien entfallenden Zeit während des Schuljahres angezeigt wäre und ob die Ferien am Polytechnikum nicht vielleicht etwas zu lang sind.

Das neue Reglement von 1899 ist in Kraft getreten. Ohne einen Vorwurf aussprechen zu wollen, erinnert die Kommission an Artikel 39, welcher das Prinzip der Öffentlichkeit der Prüfungen aufstellt. Die Anwendung dieses gerechten und nützlichen Grundsatzes sollte nicht länger auf sich warten lassen.

Die Kommission ist, im Einverständnis mit dem Bundesrate, für Revision des Bundesbeschlusses von 1893 und für die Festsetzung des jährlichen Beitrages an das Polytechnikum auf dem gewöhnlichen Budgetwege. Diese Methode ist der ändern vorzuziehen, welche einen festen Rahmen von 800,000 Franken zieht, ihn aber jedes Jahr durch Gewährung von Nachtragskrediten überschreitet.

VII. Eidgenössisches statistisches Bureau.

Die neue Sterbekarte ist. eine äußerst glückliche Neuerung und sollte für sich allein genügen, die Statistik in die Gunst des Publikums zu setzen, welches sie so gerne belächelt und den ganzen Wert dieser Wissenschaft, deren erster Förderer in der Schweiz Bundesrat Franscini war, noch nicht begreift.

Das Zählen und Ordnen der Volkszählungsergebnisse vom Dezember 1900, welches zum erstenmal im Parlamentsgebäude sich vollzieht, nimmt seinen thätigen Fortgang.

X. Berset-Müller-Stiftung.

Dank dem Eifer des Bundesrates kann diese Stiftung schon im laufenden Jahr ihre segensreiche Thätigkeit eröffnen, und durch den verfügbaren Betrag von 19,000 Franken werden 8 bis 10 bejahrte Lehrer im Melchenbühl ihre Zuflucht und die Ruhe finden, welche die edle Stifterin ihnen sichern wollte.

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XI. Oberbauinspektorat.

C. Strassen und Brücken.

Die Kommission hat Kenntnis genommen von einem Entwurf für einheitliche Regelung des Automobilverkehrs in der ganzen Schweiz. Das eidgenössische Departement des Innern wird seine Aufmerksamkeit dieser Frage widmen, deren Lösung man unter Berücksichtigung aller dabei in Betracht kommenden Interessen wird suchen müssen.

Prageistrasse. Es ist wohl erlaubt, zu sagen, daß, da die Thäler der Linth und der Reuß bereits durch die Klausenstraße verbunden sind, es vielleicht bei weiterer Subventionierung von Straßenbauten eher geboten wäre, vorerst an Gegenden zu denken, die unter dem Mangel an Verkehrsmitteln leiden.

D. Wasserbauwesen.

Korrektion der Rovana bei Campo. Dieses Projekt will nicht reifen. Die Schwierigkeiten sind weniger technischer, als finanzieller und politischer Natur, aber es ist hohe Zeit, einen Ent.schluß zu fassen und die Arbeiten zu beginnen.

Korrektion des Rheins. Die Wohlthaten dieses gewaltigen Werkes machen sich deutlich fühlbar. Der Kampf gegen die Erhöhung des Strombettes bestätigt sich als ein vorteilhafter.

Der Fußacher Durchstich, welcher jetzt die Wasser des Rheins direkt in den Bodensee führt, wird in dieser Hinsicht eine entscheidende Wirkung haben, welche der Diepoldsauer Durchstich noch vervollständigen wird. Der aus gesundheitlichen Rücksichten erstellte Kanal thut seine Dienste so gut, daß man daran denkt, auch seine motorische Kraft zu benützen. Die Aufmerksamkeit und die Unterstützung des Bundes sind der Gesamtheit der das .Sammelgebiet des Rheines bildenden Wildbäche stets in reichem Maße zugewendet ; aber man kann, besonders im jetzigen Stadium dieser Gesamtarbeiten, nicht genug betonen, daß der Erfolg nur insoweit ein definitiver sein wird, als die Korrektionen von einer verständnisvollen und vollständigen Wiederaufforstung begleitet .sein werden.

Regulierung des Wasserstandes des Genfersees. Unter den Auspizien des Bundesrates geht der Konflikt, welcher sich zwischen Waadt und Genf bezüglich der Wasserverhältnisse des

520 Sees erhoben hat, einer Verständigung entgegen. Es wäre sehr wünschenswert, daß bei der Coulouvreniere-Brücke in Genf ein bewegliches Schleusenwerk errichtet werden könnte, welches im Winter das Vorhandensein von Wasser im rechten Rhone-Arm sichern, dessen Konstruktion aber gestatten würde, daß zu Beginn des Frühjahrs der Strom seinen ruhigen Ausfluß in diesen Arm nähme, ohne irgend auf ein Hindernis zu stoßen, und daß so alle Befürchtungen der Uferbewohner des oberen Sees beseitigt werden könnten.

Höhe der Bundesbeiträge. Es ist bekannt, daß der Bundesrat mit mehr Verdienst als Erfolg der Tendenz der Räte auf Erhöhung der Beiträge an die Fiußkorrektionen entgegentritt. Es ist übrigens angezeigt, hier zu konstatieren, daß der Durchschnitt der vom Bundesrat direkt gewährten Subventionen, 40,26%) demjenigen der von den Räten zugesprochenen Beiträge, 41,52%, merkwürdig nahekommt.

XII. Direktion der eidgenössischen Bauten.

Bei aller Anerkennung der guten Absicht für Vollendung des Parlamentsgebäudes auf 1. Dezember nächsthin verhehlt die Kommission nicht, daß sie die Inauguration erst auf das Frühjahr 1902 vorzieht, wenn man auf diese Weise den ersten, die es benützen, die Beschmutzung mit Grips ersparen kann und wenn, was wohl sicher der Fall ist, dieser Zeitpunkt dann eine wirklich vollständige Fertigsteüung der ganzen Einrichtung erhoffen läßt.

Xu!. Fischerei.

Der Abschluß und die Ratifikation der Fischerei-Übereinkünfte mit dem Ausland steht dem Bundesrate zu ; derselbe hat schon im Jahr 1899 die neue, mit der französischen Regierung abgeschlossene Übereinkunft unterzeichnet. Letztere ihrerseits bedarf der Zustimmung des Parlaments; die Deputiertenkammer hat die ihrige gegeben, während diejenige des Senats allzu lange auf sich warten läßt. Dieses neue Abkommen berücksichtigt die aus der Erfahrung gezogenen Lehren. Indem es eine Maschenweite von 2*/2 cm. für die Reuse gestattet, wird es am Genfersee diesem ganz ehrbaren Fischfang etwas mehr Anziehung verleihen, welcher mit Maschen von 3 cm. keinen Nutzen gewährt,

521 und indem es in vernünftiger Weise den Gebrauch der dort ,,grands pics" genannten Netze regelt, wird es eine unbesonnene Verminderung der reichlich vorkommenden Ferra verhüten.

Handels-, Industrie- und Landwirtschattsdepartement, Handel.

Handelsverträge und auswärtige Zollverhältnisse.

Infolge Erlöschens der Meistbegünstigungsklauseln unseres Handels- und Niederlassungsvertrages mit den Vereinigten Staaten kommen die mit letztern vereinbarten Zollermäßigungen auf unsere Produkte vom 23. März 1900 an nicht mehr zur Anwendung und es wurde daher, in Festhaltung des Grundsatzes der Reciprocität, nach Maßgabe von Art. l des schweizerischen Zolltarifgesetzes vom 28. Juni 1893, auf Erzeugnisse der Vereinigten Staaten seit dem 1. November 1900 unser Generaltarif angewendet.

Möge es den fortgesetzten Bemühungen des Bundesrates gelingen, diesen unerfreulichen Zustand bald durch eine neue Vereinbarung zu ersetzen !

Internationale Ausstellungen. Paris 1900.

Im Berichtsjahre fand die Weltausstellung in Paris statt, welche am 15. April eröffnet und am 12. November geschlossen wurde.

Mit Genugthuung verzeichnen wir die erfreuliche Tthatsache, daß unser Land sich in allen Gruppen, in denen es vertreten war, und ganz besonders in der Maschinen-, Uhren- und Seidenindustrie, ausgezeichnet hat.

Zu bedauern dagegen ist, daß infolge einer, auf Veranlassung des ,,Conseil des épizooties" nachträglich gestellten, ganz ungerechtfertigten Anforderung, wonach ausländisches Ausstellungsvieh sich einer Quarantäne zu unterwerfen hatte, von einer BeBundesblatt. 53. Jahrg. Bd. III.

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522 Schickung der Viehausstellung Umgang genommen werden mußte, obschon die Züchter unserer verschiedenen Rindviehschläge eine sehr mannigfaltige Ausstellung vorbereitet hatten.

Die temporäre Ausstellung von Milchprodukten, die vom 19.

bis 24. September in Vincennes stattfand und an der die Schweiz auf das vollständigste vertreten war, führte zu einem großen Erfolge der schweizerischen Milchwirtschaft und namentlich der Emmenthalerkäsefabrikation, indem sämtliche 155 Aussteller Auszeichnungen erhielten.

Der durch Bundesbeschluß vom 15. Dezember 1897 für die Weltausstellung eröffnete Kredit wird voraussichtlich zur Bestreitung aller Auslagen ausreichen.

Kommerzielle Berufsbildung.

Auf dem Gebiete der kommerziellen Berufsbildung wird fortwährend eine rege anerkennenswerte Thätigkeit entfaltet, und auch das Berichtsjahr hat wieder manchen erfreulichen Fortschritt zu verzeichnen.

Die Zahl der Fortbildungsschulen des schweizerischen Kaufmännischen Vereins ist im Wachsen begriffen. Zufolge einer vermehrten Zahl von Prüfungskreisen und Kandidaten ist auch die Teilnahme an den Lehrlingsprüfungen größer geworden.

Die Bundesbeiträge für die Handelsschulen bezifferten sich auf Fr. 198,000 gegenüber Fr. 166,000 im Jahre 1899. Die kaufmännischen Fortbildungsschulen subventionierte der Bund mit Fr. 101,000.

Schweizerisches Handelsamtsblatt.

Die Einnahmen betragen bei einer Auflage von 5800 Exemplaren, wovon 3764 auf bezahlte Abonnemente und 1931 auf Freiexemplare entfallen, Fr. 101,000, die Ausgaben Fr. 69,000, der Einnahmenüberschuß beziffert sich somit auf Fr. 32,000.

Das Handelsamtsblatt, als centrales volkswirtschaftliches Publikationsorgan, hat eine große Ausdehnung erlangt und wird, gemäß einer vom Bundesrate unterm 27. Januar 1899 erlassenen Einladung auch von den Departementen für Mitteilungen von allgemeinem Interesse aus ihrem Geschäftskreise fleißig benutzt.

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Handelsreisende.

Die Einnahmen von Patenttaxen haben sich gegenüber dem Vorjahre um Fr. 8850 vermehrt. Sie betrugen im Berichtsjahre Fr. 322,200 und sind seit dem Jahre 1894, in welchem sie sich auf Fr. 209,200 beliefen, stets in der Zunahme begriffen. Ausländische Reisende haben daran bezahlt Fr. 21,950 (1899 : Fr. 20,250).

Es wurden im ganzen 24,687 Ausweiskarten, wovon 22,432 Gratis- und 2255 Taxkarten, ausgestellt. Die Zahl der Reisenden belief sich auf 26,837, wovon 5635 ausländische Häuser vertraten.

Was die einzelnen Geschäftszweige anbetrifft, so waren, wie bisher, die Nahrungs- und Genußmittel und die Textilwaren am stärksten vertreten.

Haasierwesen und unlauterer Wettbewerb.

Eine mit über 50,000 Unterschriften bedeckte Petition des Centralvorstandes des Vereins schweizerischer Geschäftsreisender stellte folgendes Begehren : ,,1. Das Hausierwesen ist einheitlich zu regeln. Das Hausier,, wesen ist auf den Verkauf von solchen Waren zu beschränken, .,,deren Wert allgemein bekannt ist, in denen das Publikum nicht ,,leicht übervorteilt werden kann. -- Diese Waren sind speciell ,,zu bezeichnen."1 ,,2. Es ist eine eidgenössische Gesetzgebung zu schaffen gegen ,,den unlautern Wettbewerb."

In der Dezembersession 1900 der Bundesversammlung wurde sodann von Herrn Nationalrat Hirter und Mitunterzeichnern folgende Motion gestellt : ,,Der Bundesrat wird eingeladen zu prüfen und darüber Be,,richt zu erstatten, ob den berechtigten Klagen über das Hau,,sierwesen und den unlautern Wettbewerb Rechnung getragen ,,werden kann durch Erlaß: ,,1. eines eidgenössischen Gesetzes über das Hausier,, wesen ; ,,2. eines eidgenössischen Gesetzes gegen den unlautern .,,Wettbewerb.

524 Die Kommission begrüßt es, daß der Buodesrat diesen Anregungen seine Aufmerksamkeit zuwendet und vorab eine Untersuchung darüber angeordnet hat, ob der Erlaß einschlägiger Bundesgesetze im Interesse von Handel und Industrie wünschenswert, beziehungsweise notwendig sei.

Möge es gelingen, wirklich berechtigten Klagen über Mißbräuche im Hausierhandel und Wettbewerb, ohne Beeinträchtigung der staatlich gewährleisteten Handels- and Gewerbefreiheit, aut dem Wege der Gesetzgebung oder sonst auf wirksame Weise abzuhelfen.

Bureau für Gold- und Silberwaren.

Die Einnahmen der Kontrollämter wuchsen im Berichtsjahre auf die Summe von cirka Fr. 371,000 an, die Ausgaben betrugen rund Fr. 200,000, es ergab sich somit ein Einnahmenüberschuß von Fr. '171,000. In diesen Angaben figurieren nur die aus dem Geschäftsbetrieb der Kontrollämter sich ergebenden Rechnungsposten. Aus einer vergleichenden Zusammenstellung ist ersichtlich, daß die Zahl der gestempelten Uhrgehäuse auf 4,035,521 Stück angewachsen ist, so daß sie diejenige des Vorjahres um 350,964 Stück übertrifft, daß ferner auch die Stempelungen von Bijouterie- und Silberwaren erheblich zugenommen haben. Die von den gesetzlich autorisierten Käufern für Goldund Silberabfälle bezahlte Summe beläuft sich auf Fr. 4,182,000, somit auf rund Fr. 190,000 mehr als im Vorjahre.

Industrie.

Allgemeines,, Die Kommission sieht sich veranlaßt, den Wunsch auszusprechen, der Bundesrat möchte über das Postulat vom 26. Juni 1894 betreffend Arbeitsnachweis und Schutz gegen unverschuldete Arbeitslosigkeit mit Beförderung Bericht erstatten, selbst für den Fall, daß die vom schweizerischen Industriedepartement zum dritten Mal verlangte Berichterstattung der noch rückständigen Stellen (vier Kantone und schweizerischer Arbeiterbund) ausbleiben sollte.

' Das Komitee der internationalen Vereinigung für den gesetzlichen Arbeiterschutz stellte an den Bundesrat das Gesuch um finan-

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zielle Unterstützung des ins Leben zu rufenden internationalen Arbeitsamtes mit Sitz in der Schweiz. Der Bundesrat, seit Jahren bemüht, eine internationale Verständigung zur Förderung des Arbeiterschutzes herbeizuführen, sagte die gewünschte Unterstützung zu und beauftragte insbesondere auch seine Delegierten an der BerlinerKonferenz, die Gründung eines internationalen Amtes vorzuschlagen. Da jedoch die Bemühungen zur Herbeiführung einer Lösung auf staatlichem Wege erfolglos geblieben, so wurde privaterseits ein begrüßenswerter Anlauf unternommen, um vorerst die Gründung eines außeramtlichen internationalen Organs herbeizuführen.

Das Gesuch spricht die Hoffnung aus, daß ein von den Staaten subventioniertes Arbeitsamt, ,,die zur Zeit einzig mögliche Lösung"1, bei richtiger Organisation in seiner spätem Entwicklung zu einer staatlichen Vereinigung führen werde, was keineswegs als ausgeschlossen erscheint.

Bnudesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken.

Im Berichtsjahre wurden 353 Etablissemente mit 5191 Arbeitern dem Gesetze unterstellt und in das Verzeichnis der Fabriken eingetragen. Vom genannten Verzeichnis wurden gestrichen 223 Etablissemente mit 3064 Arbeitern. Die Zunahme beträgt somit 130 Etablissemente mit 2127 Arbeitern. Der Bestand der am Schlüsse des Berichtsjahres dem Gesetze unterstellten Etablissemente beläuft sich auf 6047 mit 216,998 Arbeitern.

Bundesgesetz betreffend die Fabrikation und den Yertrieb von Zündhölzchen.

Bei der Behandlung der eingegangenen Gesuche um die Fabrikationsbewilligung nahm der Bundesrat nach genauer Prüfung in jedem einzelnen Falle sorgfältig darauf Bedacht, daß die Rücksicht auf die Gesundheit und Sicherheit der Arbeiter und des Publikums (Art. 2 des Bundesgesetzes) gewahrt werde, mit welchem Vorgehen die Kommission sich sehr einverstanden erklärt.

An 16 Firmen wurde die vom Gesetze verlangte Zustimmung zur Bewilligung von Fabrikationsgesuchen für die Herstellung von Sicherheitszündhölzchen vom Bundesrate erteilt, während fünf weitere Gesuche pendent blieben.

526

Wegen Übertretung des Einfuhrverbotes gingen fünf Strafprotokolle ein, welche in drei Fällen durch Bestrafung, in einem Falle durch Freisprechung erledigt wurden.

Die Gesuche um nochmalige Verlängerung der bis zum 30. Juni 1900 erstreckten letztbewilligten Frist für die Fabrikation von Zündhölzchen mit gelbem Phosphor wurden, da die Fab pikanten für die Aufarbeitung der Rohmaterialien genügend Zeit gehabt hatten und eine längere Verzögerung der Verwirklichung der Absichten des Gesetzes sich nicht hätte rechtfertigen lassen, vom Bundesrate konsequent abgewiesen.

Kranken- and Unfallversicherung.

In der Volksabstimmung vom 20. Mai 1900 wurde das Bundesgesetz betreffend die Kranken- und Unfallversicherung, mit Einschluß der Militärversicherung vom 5. Oktober 1899, verworfen, und damit fand auch das Postulat vom 25. Oktober 1898, betreffend Versicherung für Berufskrankheiten, seine Erledigung.

Die Kommission stimmt dem Bundesrate durchaus bei, wenn er sich im Berichte über seine Geschäftsführung dahin ausspricht,daß das Resultat der Volksabstimmung nicht in dem Sinne aufgefaßt werden dürfe, daß dem Art. '34bis der Bundesverfassung überhaupt keine weitere Folge zu geben sei. Sie begrüßt es, daß das Industriedepartement sich bereits mit neuen Vorarbeiten befaßt, und giebt der Hoffnung Ausdruck, daß es gelingen werde, andere Mittel und Wege zu finden, um die Vollziehung des Verfassungsgrundsatzes zu ermöglichen.

Der Versicherungsfonds hat im Berichtsjahre die Höhe von Fr. J 0,333,000 erreicht, da der ganze Rechnungsüberschuß des Jahres 1899 demselben zugewiesen wurde.

Bundesbeschluss betreffend die gewerbliche und industrielle Berufsbildung.

Die Bundesbeiträge an die 250 ständigen Anstalten für gewerbliche und industrielle Berufsbildung erreichten die Summe von rund Fr. 832,000 gegenüber Fr. 786,000 im Jahre 1899.

Seit Inkrafttreten des Bundesbeschlusses vom 27. Juni 1884 beziffern sich die Bundesbeiträge an diese Bildungsanstalten auf die

527 hohe Summe von Fr. 7,451,000. An 226 Stipendiaten wurden im Berichtsjahre Fr. 38,950 verabfolgt und zur Unterstützung von Fach- und ändern Kursen Beiträge im Gesamtbetrage von Fr. 24,235 angewiesen.

Wir sind überzeugt, dass diese erheblichen Bundessubventionen gut angewendet sind und von vorteilhaften Wirkungen begleitet sein werden.

Bandesbeschluss betreffend die hauswirtsehaftliche und berufliehe Bildung des weiblichen Geschlechts.

Die Zahl der ständigen Anstalten für hauswirtschaftliche und berufliche Bildung des weiblichen Geschlechts mehrt sich von Jahr zu Jahr. Es wurden im Berichtsjahre an 180 Anstalten Bundesbeiträge im Gesamtbetrage von Fr. 164,000 verabfolgt (im Jahre 1899 an 153 Anstalten Fr. 158,000). Auch wurden im Interesse der Ausbildung von Lehrkräften acht Stipendien von zusammen Fr. 1875 ausbezahlt.

Landwirtschaft.

Landwirtschaftliches Unterrichtswesen und Versuchsanstalten.

Die Bundesbeiträge an die theoretisch-praktischen Ackerbauschulen beliefen sich im Berichtsjahre auf Fr. 47,000, diejenigen an die landwirtschaftlichen Winterschulen auf Fr. 62,000.

Die Bundesbeiträge richten sich bekanntlich nach den bezüglichen Auslagen der Kantone. Sie entsprechen jeweilen der Hälfte der Uaterrichtskosten.

Die Schülerzahl der landwirtschaftlichen Winterschulen ist im Jahre 1900 auf 406 angewachsen.

Die Kommission konstatiert mit Vergnügen, dass die vorzüglichen Leistungen dieser Schulen in den landwirtschaftlichen Kreisen immer besser erkannt und gewürdigt werden, und sie glaubt, als begrüßenswerte Wirkung dieser Leistungen eine stetige Hebung der landwirtschaftlichen Bildung erwarten zu dürfen.

Die Thätigkeit der Weinbauschulen und Weinbauversuchsstationen wird vorzugsweise durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Reblaus und zur Rekonstituierung der von diesem gefürchteten Schädling befallenen Reben in Anspruch genommen.

528

Förderung der Tierzucht.

Hebung der Pferdezucht.

Eidgenössisches Hengstendepot.

Das Depot enthielt zu Beginn des Berichtsjahres total 86 Hengste, wovon 10 Stück vom sogenannten Zug- oder Arbeitsschlag.

Der Inventarwert repräsentierte die Summe von Fr. 421,700.

Die Kommission ist der Ansicht, daß der Züchtung eines geeigneten Arbeitspferdes, d. h. eines mittelschweren Kaltblutschlages, im Interesse der Landwirtschaft und zur Hebung und Förderung unserer Pferdezucht eine erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet werden sollte.

Da die Züchtung mit dem vom Bunde eingeführten AngloNormänner Halbblut den Erwartungen nicht entsprochen hat, so sollte auf eine andere Zuchtrichtung auf dem Wege der Genossenschaften, die, gleich den Rindviehzucht-Genossenschaften, mit einheitlichem Ziele und nach einheitlichen Grundsätzen wirtschaften, Bedacht genommen werden. Den landwirtschaftlichen Bedürfnissen wäre unseres Brachtens zunächst mit einer Zuchtrichtung, die auf Frühreife und mehr Masse dringt, gedient.

Das Mittel des genossenschaftlichen Zuchtbetriebes soll die gemeinsame Sommerung und Überwinterung der Fohlen bis zur Abgabe des vollentwickelten Pferdes an den Eigentümer ermöglichen.

Prämiierung von Stutfohlen und Zuchtstuten.

Die Schauen wurden im Frühling des Berichtsjahres an 36 verschiedenen Orten abgehalten.

Von 1397 vorgeführten Fohlen wurden 743 prämiiert und an Prämien die Summe von Fr. 102,600 zuerkannt. Zur Auszahlung gelangten im Berichtsjahre früher zuerkannte Stutfohlenprämien im Betrage von Fr. 86,560.

Prämiiefung von Fohlenweiden.

An 62 Fohlenweiden mit 978 Fohlen von nachgewiesener Abstammung wurden Prämien im Betrage von rund Fr. 34,000 ausbezahlt.

529 Depot drei- und vierjähriger Remonten (eidg. Fohlenhof).

Für den Fohlenhof wurden im Frühjahr 1900 39 Pferde angekauft, wozu noch 9 aus dem Fohlenhof vom Jahre 1899 übernommene Pferde kamen, so daß der Fohlenhof 48 Pferde enthielt. 6 dieser Fohlen im Alter von 4 1 /i Jahren wurden im September 1900 von der Militärverwaltung übernommen, nämlich 5 von der Pferderegieanstalt und l vom Kavallerieremontendepot. Die übrigen 42 Pferde befanden sich zur Zeit des Rechnungsabschlusses noch im Depot. Die angekauften. Pferde wurden auf der Fohlen weide zu Avench.es gemeinsam mit 150 gemieteten Rindern gesommert. Das Hengstendepot wurde bis zur Fertigstellung der Bauten in Avenches noch in Thun belassen und wie bisher von der Pferderegieanstalt verwaltet. Die Verlegung des Depots nach Avenches wird im Laufe des Jahres 1901 stattfinden können.

Eidgenössisches Hengstfohlendepot.

Für das Hengstfohlendepot wurden im Frühjahr 1900 10 einjährige Hengstfohlen, zusammen für Fr. 5445, und im Herbst weitere 35 Hengstfohlen vom Jahre 1900 zum Gesamtpreise von Fr. 13,655 angekauft, so daß das Hengstfohlendepot auf Schluß des Berichtsjahres 45 Fohlen im Ankaufswerte von Fr. 19,100 enthielt.

Die Betriebsrechnung des Hengstfohlendepots verzeigt eine Ausgabensumme von Fr. 24,000.

Rindviehzuclit.

Die Summe der im Berichtsjahre zur Auszahlung gelangten eidgenössischen Beiprämien an Zuchtstiere belief sich auf Fr. 255,000.

Die im Jahre 1900 zugesicherten eidgenössischen Prämien für Rindvieh repräsentieren die Gesamtsumme von Fr. 427,000 .gegenüber Fr. 448,000 im Vorjahre.

An 17 Viehzuchtgenossenschaften in 10 Kantonen wurden Bundesbeiträge an die Gründungskosten im Gesamtbetrage von Fr. 4750 ausgerichtet.

Der Wert der Viehzuchtgenossenschaften zur Hebung und Förderung einer rationellen Viehzucht ist unverkennbar, und in immer weitern Kreisen bricht sich die Erkenntnis Bahn, daß ohne

530 genossenschaftliche Vereinigung bei der heutigen Lage der Landwirtschaft kein nachhaltiger Fortschritt erzielt werden kann.

Kleinviehzuclit.

Die sei dem Jahre 1892 den Kantonen zuerkannten Bundesbeiträge für die Pfämiierung von Zuchtebern und Ziegenböcken haben sich gut bewährt. Die Ziegenhaltung ist in der Schweiz von nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Bedeutung, besonders für die gute und billige Ernährung der ärmern Bevölkerung. Die Schweiz besitzt vorzügliche Ziegenschläge, die allerdings durch sorgfältige Auswahl der einheimischen Zuchttiere noch einer Veredlung bedürfen. Der Schweinezucht sollte angesichts der ungünstigen Zahlen, welche die Statistik über Einund Ausfuhr verzeichnet, eine noch viel größere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Oder ist es nicht eine bemühende Erscheinung, wenn die Handelsstatistik der Schweiz uns nachweist, daß im Jahre 1900 nicht weniger als 67,216 Stück Schweine über 60 kg.

Gewicht im Werte von Fr. 6,667,000 aus dem Ausland eingeführt wurden, während die Ausfuhr nur 158 Stück im Werte von Fr. 13,583 betrug?

Die Kommission begrüßt es, daß der Bundesrat durch sein Landwirtschaftsdepartement sich neuestens auch mit der Prüfung der Frage der Subventionierung einer rationellen Schafzucht befaßt.

Die Schmalviehhaltung ist für unser Gebirgsland von außerordentlicher Wichtigkeit, indem durch dieselbe hauptsächlich der Graswuchs auf Naturboden ausgenutzt werden kann und sowohl billige, gesunde Nahrungsmittel, als auch industriell verwertbare Rohstoffe zu gewinnen sind.

Bodonverbesserungen.

16 Kantonen und 4 Halbkantonen wurden im Berichtsjahre für 159 Bodenverbesserungsprojekte Bundesbeiträge im Betrage von Fr. 455,000 zugesichert, Fr. 55,000 mehr als im Vorjahre.

Zur Auszahlung gelangte für 173 Unternehmen in 15 Kantonen und 2 Halbkantonen ° die Summe von Fr. 341,000. Die Gesamtauslagen des Bundes für Bodenverbesserungen betrugen Fr. 350,000.

Zweckentsprechende Weideverbesserungsarbeiten bilden einen unerläßlichen Faktor für rationelle Hebung der für unser Land so wichtigen Viehzucht und für Erzielung reichlicherer und besserer

531 Produkte der Vieh- und Milchwirtschaft. Arg wird in dieser Beziehung leider immer noch vorzugsweise in den Alpen gesündigt, teils aus Unverstand und Kurzsichtigkeit, teils aus Selbstsucht und Eigennutz. Möchte der Nutzen rationeller Bodenverbesserungen immer besser erkannt und die hierfür bereit gehaltenen Bundessubventionen immer mehr beansprucht werden.

Yiehseuchenpolizei.

Durch Viehseuchen, insbesondere die Maul- und Klauenseuche, wird die schweizerische Landwirtschaft alljährlich schwer geschädigt. Die Maul- und Klauenseuche weist zwar mit 12,456 Fällen irn Berichtsjahre einen bedeutenden Rückgang gegenüber dem Vorjahre auf, dagegen sind die Fälle von Wut und Schafräude zahlreicher geworden.

Seucheneinschleppungen aus dem Auslande haben 40 stattgefunden, an welchen das Königreich Italien mit 23 Fällen beteiligt ist. Der Einschleppung der Maul- und Klauenseuche nach den im Grenzgebiete liegenden schweizerischen Alpweiden hat fast durchwegs vorgebeugt werden können. Eine fortgesetzte strenge Kontrolle des Viehverkehrs an der Grenze ist die beste und wirksamste Schutzmaßregel gegen Einschleppungen von Viehseuchen.

Massnahmen gegen Schäden, welche die landwirtschaftliche Produktion bedrohen.

Phylloxéra.

Groß sind die Verheerungen, welche die Reblaus trotz umfassender Bekämpfungsmaßregeln in den Weinbau treibendes Kantonen fortwährend anrichtet. Der Kampf gegen die Reblaus hat den Kantonen Zürich, Thurgau, Tessin, Waadt, Neuenburg und Genf im Jahre 1899 eine Gesamtausgabe von Fr. 621,000 verursacht (1898 : Fr. 392,000).

Der Bundesbeitrag an die genannten Kantone für Untersuchungs- und Vertilgungsarbeiten, Vertilgungsmittel und Entschädigung für Zerstörung von Ernten bezifferte sich auf Fr. 228,000 (1898: Fr. 146,000).

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Der Bund vergütet bekanntlich die von den Kantonen für die Förderung der Hagelversicherung gemachten Auslagen zur Hälfte, soweit sie die Deckung von Policekosten oder Beiträge an die Prämienzahlungen der Versicherten betreffen. Die bezüglichen kantonalen Auslagen bezifferten sich im Berichtsjahre auf Fr. 279,000. Die Zahl der Policen hat um über 1000, die Versicherungssumme um Fr. 2,455,000 und die Prämiensumme um Fr. 42,000 zugenommen.

Viehversicherung( Es ist eine erfreuliche Thatsache, daß die obligatorische Viehversicherung in den Kantonen stets an Boden gewinnt. Sie ist, wie kein anderes Mittel, geeignet, durch verschärfte Kontrolle die vererblichen Krankheiten, wie die Lungenkrankheit, zu bekämpfen.

Da der Hauptwert der scheizerischen Landwirschaft in der Viehzucht liegt, so dürfte die Einführung der Viehversicherung, zumal im Hinblick auf die ausgiebige Bundeshülfe, in immer weitern Kreisen Gegenstand ernster Prüfung werden. Letztes Jahr hat der Bund an die Kantone Zürich, Glarus, Baselstadt, Schaff hausen, Graubünden und Tessin, entsprechend den kantonalen Beiträgen, für die Förderung der Viehversicherung ßeitäge ausgerichtet im Betrage von Fr. 206,000 (1899 : Fr. 176,000).

4. Drucksachen.

Anläßlich der Mitteilung, daß der XVIT. Band der eidgenössischen Gesetzessammlung abgeschlossen und vom Band XVIII 19 deutsche, 13 französische und 8 italienische Bogen erschienen seien, möchten wir den Wunsch aussprechen, es sollen in Zukunft dieselben nicht mehr nur in einzelnen losen Bogen den Bundesblättern beigelegt, sondern auch gesammelt und leicht broschiert jedem Mitglied der Bundesversammlung zugestellt werden, ähnlich wie es jetzt schon mit dem stenographischen Bulletin geschieht.

53â

Politisches Departement.

III. Internationale Angelegenheiten.

4. Wir nehmen, Vormerkung von der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden der 5 am 3./10. Dezember 1900 von den eidgenössischen Räten genehmigten Haager Übereinkünfte und Erklärungen, welche durch den schweizerischen Bevollmächtigten Herr Vizekonsul Dr. Koch in Rotterdam am 29. Dezember im Haag erfolgt ist.

5. In Ausführung von Art. 23 der Konvention für die friedliche Regelung internationaler Streitigkeiten hat der "ßundesrat als schweizerische Mitglieder des Schiedsgerichts bezeichnet die Herren Lardy, schweizerischer Gesandter in Paris, Professor Hilty, Nationalst in Bern, und Rott, Bundesrichter in LausanneWenn auch die Bildung dieses internationalen Schiedsgerichtes im Interesse des Friedens freudig zu begrüßen ist, so ist doch leider einstweilen noch wenig Hoffnung vorhanden, daß sich die auf dasselbe gegründeten Erwartungen in Bälde erfüllen werden.

7. Von der Mitteilung des Bundesrates über die von ihm auf das Vermittlungsgesuch der Präsidenten der südafrikanischen Republik und des Oranjefreistaates erteilte Antwort wird in zustimmendem Sinne Notiz genommen, allerdings mit dem Ausdrucke des aufrichtigsten Bedauerns darüber, daß die Verhältnisse eine günstigere Aufnahme nicht gestatteten.

8. Betreffend die Schadenersatzforderung der zwei schweizerischen Firmen in Laurence Marquez ist dem bundesrätlichen Bericht noch beizufügen, daß schließlich diese Forderung sich ala unberechtigt herrausstellte, indem dieselben einen nachweisbaren Schaden nicht erlitten hatten.

9. Bezüglich den in dieser Ziffer des Berichts erwähnten Fall ergaben die weiteren Verhandlungen mit der englischen Regierung, daß die Klagen der vier Schweizerbürger über Ausweisung aus der südafrikanischen Republik unbegründet waren.

Die Betreffenden sind nämlich überhaupt nicht ausgewiesen, sondern mit ihrer Zustimmung von den englischen Behörden heimbefördert worden.

16. Durch die Genehmigung der Konvention vom 10. Juni 1891 betreffend Feststellung der Grenze zwischen dem Mont

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Dolent und dem Genfersee, von Seiten des französischen Senats und dem am 20. Juni in Paris erfolgten Austausch der Ratifikationsurkunden, ist endlich dieser langjährige Grenzstreit beigelegt worden, wovon wir mit Befriedigung Vormerkung nehmen.

20--23. Ein ständiges Thema bilden die Berichte über Grenzverletzungen durch italienische Grenzwächter und daraus entstandene Konflikte aller Art. Es ist auffallend, daß sich diese Übelstände nicht beseitigen lassen, während doch an den ändern, z. B. der französischen Grenze, sich selten oder nie ·solche Anstände ergeben.

IV. Vertretung der Schweiz im Auslande, B. Konsulate, a. Errichtung neuer Konsulate» Auf die Anregung zur Gründung von Konsulaten in Catania, Innsbruck, Malaga, Bolivia, Kapstadt und Alexandrien ist der Bundesrat nicht eingetreten und zwar bezüglich der ersteren fünf Orte, weil ein wirkliches Bedürfnis bis jetzt nicht zu konstatieren sei. Betreffend die Notwendigkeit der Errichtung eines Konsulates in Alexandrien (Ägypten) sind die Interessenten selbst nicht einig. Während ein Teil die Einführung dringend befürwortet, wird anderseits behauptet, die dort ansässigen Schweizer befinden sich besser beim jetzigen Stand der Dinge. Zudem würde die Ausübung der dort noch bestehenden Konsularjurisdiktion die Errichtung eines Berufskonsulates erfordern, eine Massregel, deren Kosten jedenfalls in keinem Verhältnis zu dem wirklichen Bedürfnis ständen.

e. Korsulatsentsehädigungen.

Die Gesamtsumme der Konsulatsentschädigungen mit Ausschluß des Berufskonsulats in Japan, betrug Fr. 102,000 und variieren die einzelnen Posten zwischen Fr. 1000 und Fr. 9000, welch letztere Maximalsumme vom Generalkonsulat in New York und demjenigen in Rio de Janeiro in Anspruch genommen wurde.

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V. Auswärtige diplomatische Missionen und Konsulate in der Schweiz.

B. Konsulate.

Türkei. Zu besonderen Schwierigkeiten, die auch in weiteren Kreisen Aufsehen erregten, führten die Verhältnisse des türkischen Generalkonsulates in Genf. Der frühere Inhaber der Stelle, Ressoul Efendi, verreiste -- angeblich 'auf Urlaub -- und meldete beim Bundesrate einen gewissen Freiherrn von Richthofen als einstweiligen Stellvertreter an, der sich aber bald als wirklicher Generalkonsul gerierte, obwohl er das eidgenössische Exequatur nicht erhalten hatte. Gegen dieses Vorgehen wurde beim türkischen Gesandten Caratheodory Efendi reklamiert, jedoch ohne Erfolg, da derselbe selbst seines Postens enthoben und durch Munir Boy ersetzt worden war. Auf wiederholte Vorstellungen bei letzterem erfolgte schließlich die Antwort, daß Ressoul Efendi überhaupt nicht mehr nach Genf zurückkehren werde, sondern duFch einen neuen Generalkonsul, Haidar Bey, ersetzt worden sei. Die weitere Entwicklung der Angelegenheit fällt nicht mehr in das Berichtsjahr und sei deshalb hier nur noch bemerkt, daß es erst nach langen Umtrieben schließlich gelang, Ordnung zu schaffen.

VII. Bürgerrechtsbewilligungen.

Die Zahl der Gesuche hat sich im Berichtsjahr auf 1270 vermehrt (gegen 1173 im Jahr 1899). Bewilligt wurden 1076, wovon mehr als die Hälfte, nämlich 557, auf Deutsche, 253 auf Franzosen, 162 auf Italiener und der Rest auf verschiedene andere Nationen entfallen.

Betreffend die Einbürgerung in den Kantonen nehmen die ·ersten Stellen die Grenzkantone Genf mit 230 und Baselstadt mit 164 ein, denen der Kanton Zürich mit 147 nahekommt.

Bekanntlich wird von verschiedenen Seiten die Erleichterung der Einbürgerung befürwortet, und auf bezügliche Anregungen aus dem Schöße der Bundesversammlung hin hat der Bundesrat derselben auch bereits schon einen Entwurf zur Beratung vor.gelegt.

VIII. Optionen.

Bezüglich der im Bericht erwähnten Optionserklärungen, ·welche nach Angabe des Bundesrates der französischen Regie-

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rung nicht überwiesen werden konnten, stimmt die Ansicht der Kommission mit derjenigen des Bundesrates in folgenden zwei Fällen nicht überein : 1. F a l l . Es handelt sich um zwei in Frankreich geborene Söhne eines seinerseits in Savoyen vor der Annexion geborenen Vaters. Eine richtige Auslegung sagt uns, daß dieser nicht als in Frankreich geboren angesehen werden kann und daß daher, gemäß dem neuen französischen Gesetze, die Option dieser Kinder für die Zeit ihrer Volljährigkeit gewahrt bleiben muß. Die französische Regierung ruft gegenteils eine angeblich rückwirkende Geltung des Annexionsvertrages an, um dieses Optionsrecht dem Jüngern zu verweigern, während sie es dem altern gewährte. Um seinem Anspruch Rechtskraft zu verschaffen, müßte der Betreffende an den Kassationshof rekurrieren, aber seine bescheidene Lage erlaubt ihm nicht, noch an eine weitere sehr kostspielige Instanz zu gelangen.

2. Fall. Eine verwitwete Französin, Mutter von zwei Kindern, hat einen Schweizer geheiratet. Durch diese Wiederverehelichung hat sie das Schweizerbürgerrecht erlangt und dasselbe, in Ausübung der väterlichen Gewalt, auch auf die Kinder erster Ehe übertragen. Gemäß der französisch-schweizerischen Übereinkunft von 1879 wurde dem einen von ihnen gestattet, für die Schweiz zu optieren. Der Bundesrat verweigerte hingegen die Option des zweiten zu übermitteln, indem er sich auf seine neuere Praxis stützt.

Uns scheint, der Bundesrat sollte in solchen Fällen zum allerwenigsten nicht den Anstoß zur Verweigerung des Schweizerbürgerrechts geben, und er hätte sogar ganz vorzügliche Gründe bei der französischen Regierung geltend zu machen, falls diese eine Einrede erheben würde. Diese Fälle sind sehr interessant ; sie betreffen fast immer junge Leute, welche in unserm Lande geboren wurden und von durchaus schweizerischer Gesinnung beseelt sind. Der Bundesrat würde sehr gut thun, wenn er zu einer liberaleren Auffassung zurückkehren und -- was besonders in den Grenzkantonen höchst wünschenswert ist -- die Assimilierung des fremden Elementes mehr begünstigen würde. Wir hoffen deshalb, daß er diese Frage noch einmal prüfen werde.

IX. Auswanderung.

Die durch Bundesratsbeschluß vom 23. Februar 1900 erfolgte provisorische Verschmelzung der kommissarischen Sektion

53T

des eidgenössischen Auswanderungsamtes mit der administrativenAbteilung hat sich als durchaus zweckmäßig erwiesen. Infolge dessen wurde diese Anordnung beibehalten und durch Bundesratsbeschluß vom 31. Dezember 1900 die beiden früher bestandenen Sektionen des Auswanderungsamtes definitiv in ein Bureau vereinigt.

Die Zahl der Auswanderer ist gegenüber dem Vorjahre um 1327 gestiegen, und bezüglich der Art des Berufes derselben bestätigte sich auch die früher schon gemachte Wahrnehmung, daß die Mehrzahl aus landwirtschaftlichen oder damit in enger Beziehung stehenden Kreisen stammt. Fraglich bleibt dabei allerdings, ob der Grund hierfür mehr in besonders ungünstiger Lage dieser Leute oder in dem Umstände zu suchen ist, daß sich gerade solchen Arbeitern durch die Auswanderung die besten Aussichten eröffnen.

Weitaus die meisten Auswanderer (87,s %) wenden sich nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika, trotzdem die dortigen Behörden bei der Annahme derselben immer strenger verfahren und zahlreiche Rückweisungen aus den verschiedensten Gründen erfolgen.

Beispielsweise sei erwähnt, daß Kontraktarbeiter, das heißt solche, die von einem amerikanischen Arbeitgeber zum voraus durch einen eingegangenen Kontrakt zur Arbeit verpflichtet wurden, prinzipiell zurückgewiesen werden.

Justiz- nnd Polizeidepartement A. Gesetzgebung und ^Rechtspflege.

Das wichtigste Ereignis auf dem Gebiete der Bundesgesetzgebung ist unbedingt die Veröffentlichung des unter den Auspiaien des Justiz- und Polizeidepartements ausgearbeiteten Vorentwurfs eines schweizerischen Civilgesetzbuches.

Die nun erschienene Ausgabe umfaßt die redaktionell bereinigten partiellen Vorentwürfe der Jahre 1896, 1899 und 1900, sowie die Aufzählung der in das Civilgesetzbuch aufzunehmenden Titel des Obligationenrechts.

Bundesblatt. 53. Jahrg. Bd. III.

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Das Werk enthält : 1) einen einleitenden Abschnitt über das Gebiet des Civilrechts im allgemeinen, des kantonalen Rechts und des fremden Rechts; 2) fünf Bücher, welche successive das Personenrecht, das Familienrecht, das Erbrecht und das Sachenrecht behandeln ; 3) einen Schlußabschnitt über Gesetzeskonflikte und die Übergangsbestimmungen.

Ein von Herrn Professor Huber verfaßter Anhang giebt eine Übersicht der vorbereitenden Arbeiten bei Ausarbeitung des Gesetzbuches.

Die Darlegung der Motive, von demselben Verfasser, wird im Laufe dieses Jahres erscheinen. Der deutsche Text ist fertiggestellt, und an der französischen Übersetzung wird gegenwärtig gearbeitet.

Vor seiner Unterbreitung an den Bundesrat wird der Entwurf noch von einer aus autorisierten Vertretern der wichtigsten Landesinteressen gebildeten Specialkommission geprüft werden.

Welches auch die persönlichen Anschauungen über den Wert dieses gesetzgeberischen Werkes in seiner Gesamtheit oder in seinen einzelnen Teilen sein mögen, und abgesehen von den von einer Arbeit von dieser Art und dieser Bedeutung untrennbaren Meinungsverschiedenheiten und Kritiken, freuen wir uns, zu konstatieren, daß dasselbe in der Schweiz und auch im Auslande gute Aufnahme gefunden hat. Die kompetentesten Organe der deutschen und französischen juristischen Presse haben die Arbeit sehr günstig beurteilt und umfangreiche Studien darüber veröffentlicht.

Die durch dem schweizerischen Verein für Gefängnisreform veranlaßte Untersuchung ist ein erster Schritt zur Ausführung jenes Teils des Artikels 64 bie der Bundesverfassung, welcher die Beiträge an die Errichtung von Strafanstalten, von Arbeits- und Korrektionshäusern und an Einrichtungen zum Schütze der verwahrlosten Kinder ,im Auge hat. Dies ist die Krönung der Vereinheitlichung des Strafrechts, und das Studium dieser Frage soll gleichzeitig mit der Ausarbeitung des Strafrechtsentwurfes selbst weitergeführt werden.

Nach Ansicht des Vereins für Gefängnisreform sollte der Bund ganz speci eli die Errichtung von selbständigen Gebäuden für die zu Zuchthaus und für die zu Gefängnis Verurteilten unterstützen, sowie den Bau von speciellen Anstalten für die Gewohnheitsverbrecher, die gefährlichen Verbrecher und besonders für die jugendlichen Verbrecher. Der genannte Verein

539 glaubt, gewiß mit Recht, daß die Kantone der französischen und der deutschen Schweiz leicht ihre Kräfte für die Errichtung solcher Specialanstalten, für welche ein einzelner Kanton nicht genügt, vereinigen könnten.

Wir nehmen Akt von dem Versprechen des Bundesrates, daß er in kürzester Frist die Revision des Gesetzes vom 1. Mai 1850 über die Verbindlichkeit zur Abtretung von Privatrechten ins Werk setzen wolle. Um die Einführung von prinzipiellen Neuerungen in dieses Gesetz wird es sich kaum handeln, denn die Entschädigungspflicht für alle durch die Enteignung erwachsenen Nachteile ist darin in weitgehendster Weise geregelt; was hingegen sehr mangelhaft ist, das ist die Art der Ausführung, das Verfahren. Unter dem jetzigen Gesetze lebt der Expropriierte zuweilen jahrelang in der Ungewißheit bezüglich des Zeitpunktes, in welchem er sein Eigentum wird verlassen müssen, da dies fast ausschließlich von dem Exproprianten abhängt. Ein anderer, nicht minder wichtiger Übelstand liegt darin, daß der Expropriât gezwungen werden kann, sein Gut ohne sofortige Bezahlung abzutreten.

Mit Beschluß vom 12. März 1901 hat der Bundesrat eine Revision des Gebührentarifs zum Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz vom 1. Mai 1891 vorgenommen, welche von früheren Geschäftsprüfungskommissionen als dringlich bezeichnet worden war.

B. Internationales Recht.

Der Bundesrat hat sich mit den Übelständen beschäftigt, welche für die Schweizerbürger aus der Annahme der internationalen Übereinkunft über das Civilprozeßrecht resultierten. Das Bundesgericht hatte sich bereits mit der Sache zu befassen. Gemäß Artikel 11 der internationalen Übereinkunft wurde ein im Kanton Solothurn niedergelassener Italiener, Kläger in einem Prozesse gegen einen Einwohner von Aarau, der Kautionsleistung enthoben (judicatum solvi), während ein im gleichen Falle befindlicher Schweizerbürger zur Leistung einer solchen angehalten werden konnte. In ihrer Beantwortung des Cirkulars des Justizund Polizeidepartements haben sich die meisten Kantone für den Abschluß eines Konkordats ausgesprochen. Andere ziehen vor, den Mißständen vermittelst ihrer eigenen Gesetzgebung abzuhelfen.

Einzelne Kantone, wie Genf und St. Gallen, haben dieses Rechts-

540 verfahren zu gunsten der Schweizerbürger bereits aufgehoben.

Man darf hoffen, daß in dieser Frage, deren Lösung ja eine gegebene scheint, leicht eine Einigung zu erzielen sein wird.

Wir begreifen wirklich kaum die Haltung von ÖsterreichUngarn betreffs der Übersetzungskosten für Akten in ungarischer Sprache, welche gemäß der internationalen Übereinkunft über Prozeßrecht in der Schweiz zugestellt werden sollen. Uns scheint, eine definitive Abmachung zwischen den beiden Ländern über eine Frage solcher Natur hätte keinen Schwierigkeiten begegnen sollen. Es ist viel zu weitgehend, die Übersetzungskosten dem Staate aufzuerlegen, in welchem die Zustellung stattzufinden hat, anstatt demjenigen, der sie veranlaßt.

Am 29. Mai 1900 trat in La Haye die dritte Konferenz für internationales Privatrecht zusammen, an welcher die Schweiz auch vertreten war.

Der Gegenstand der Beratungen dieser Konferenz ist von großer Wichtigkeit. Wir werden sehen, in welchem Maße die Schweiz den gefaßten Beschlüssen wird zustimmen können.

C. Schuldbetreibimg und Konkurs.

Das Departement setzt auseinander, daß es die Maul- und Klauenseuche unter die in Artikel 62 des Betreibungsgesetzes vorgesehenen Epidemien rechnet; immerhin findet es, und mit Recht, daß einzig und allein wegen des Auftretens dieser Krankheit in einer Gemeinde oder einer Gegend der Rechtsstillstand nicht beschlossen werden kann, sondern daß, zur Begründung dieser Maßregel, Betreibungen bereits angehoben sein oder direkt bevorstehen müssen und daß eine größere Anzahl von Personen durch das Auftreten der Seuche in finanzielle Notlage geraten sei.

B. Ciïilstand und Ehe.

Es ist sehr bedauerlich, daß, ungeachtet wiederholter Bemerkungen, einzelne Kantone sich immer noch sehr wenig mit der Übermittlung ihrer jährlichen Berichte über die Inspektion der Civilstandsämter beeilen.

Der Bericht der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission von 1898 erwähnte die Vorbereitung einer Neuauflage des

541

,,Führers für die Civilstandsbeamten1'-. Es ist richtig, daß der bestehende Führer, welcher von 1881 datiert, veraltet ist und daß die Rechtsprechung auf diesem Gebiete seit jener Zeit sich bedeutend weiterentwickelt hat. Andererseits ist jedoch vorauszusehen, daß das Civilgesetzbuch in die jetzt geltenden Bestimmungen über Civilstand und Ehe Veränderungen hineinbringen wird. Diese Erwägung hat, gewiß mit Recht, das Departement bestimmt, die Umarbeitung des jetzigen Führers zu verschieben und sich mit der Herausgabe einer neuen deutschen Auflage, an Stelle der ersten vergriffenen, zu begnügen.

Bezüglich unserer Beziehungen zu Deutschland auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts ist zum Ehewesen zu bemerken, daß angesichts der Bestimmungen der neuen deutschen Civilprozeßordnung in der Schweiz keine Ehescheidungen zwischen Deutschen mehr ausgesprochen werden können.

E. Heimatlosemvesen.

19 Fälle von Heimatlosigkeit wurden im Berichtsjahr erledigt, und 13 solche sind noch pendent.

F. Handelsregister.

Die Verminderung der Geschäfte dieses Bureaus im vergangenen Jahr hat endlich dem mit der Führung der Handelsregister betrauten Sekretär gestattet, wieder einige kantonale Bureaux zu inspizieren ; die Führung derselben war im allgemeinen eine befriedigende.

Man macht uns neuerdings darauf aufmerksam, daß die längere Abwesenheit des genannten Beamten Übelstände mit sich bringt, denen durch Vermehrung des Personals abzuhelfen wäre.

Wenn es sich wirklich so verhält, so sollte man nicht zögern, hier gemäß dem schon in früheren Geschäftsberichten geäußerten Wunsche für Abhülfe zu sorgen.

Es langten bei diesem Bureau 11 Rekurse ein; dieselben wurden sämtlich erledigt.

G. Rechtspflege.

Von den 198 im Berichtsjahre geprüften Rekursen wurden nur 54 materiell behandelt. Von diesen betrafen 32 Wirt-

542 schaftspatente. Die Wirte behaupten demnach auf diesem Gebiete nach wie vor den ersten Rang.

Der Geschäftsbericht erwähnt eine Anzahl von Rekursentscheiden betreffend Handels- und Gewerbefreiheit in ihren verschiedenen Anwendungen, Niederlassungsrecht, Geschäfte konfessioneller Natur u. s. w. Außer dem Beschlüsse betreffend Verbot des Verkaufs nach dem sog. Hydra-System bieten diese Fälle kein specielles Interesse und sind einfach die Anwendung der Rechtsprechung, wie sie sich bereits herausgebildet hat und in dem Werke des Herrn v. Salis über Bundesrecht, in den Berichten des Bundesrates und den Entscheiden der Bundesversammlung niedergelegt ist.

E. Polizeiwesen.

Der neue Auslieferungsvertrag mit den Vereinigten Staaten, welcher der Gegenstand langer und mühsamer Verhandlungen war, ist endlich unter Dach gekommen, und der Austausch der Ratifikationen wird im Laufe dieses Jahres stattfinden. Der neue Vertrag ersetzt denjenigen vom 25. November 1850, welcher den modernen Anschauungen über internationale Rechtsbeziehungen und den Bedürfnissen unserer Zeit nicht mehr entsprach.

Die Verhandlungen mit Brasilien, Rumänien und der Argentinischen Republik über den gleichen Gegenstand haben noch nicht zum Ziele geführt.

J. Auslieferungen und Strafverfolgungen.

Das Departement erwähnt in seinem Bericht, daß die französische Regierung, gestützt auf die Bestimmungen der dortseitigen Strafprozeßordnung, sich stets weigerte, ihre Staatsangehörigen, welche, in der Schweiz für irgend ein Delikt verurteilt, sich vor Erstehung ihrer Strafe in der Schweiz nach Frankreich flüchteten, zu bestrafen, und daß ferner dieselbe Regierung erklärte, daß selbst in den Fällen, in welchen ein schweizerischer Angeklagter für ein in Frankreich begangenes Delikt in der Schweiz verfolgt wurde, die französische Gesetzgebung den Behörden dieses Landes den Verzicht auf die Verfolgung dieses Delinquenten nicht gestattet, wenn eine Überweisungsverfügung des Untersuchungsrichters, ein Beschluß der Anklagekammer oder ein Kontumazurteil erfolgt ist.

543 Der Bundesrat hat wiederholt Schritte gethan, um dieser Sachlage ein Ende zu machen, welche den doppelten Übelstand darbietet, gegen den wichtigen Grundsatz des non bis in idem zu verstoßen und die Straflösigkeit der französischen Staatsangehörigen zu garantieren. Ohne Zweifel kann der alte Grundsatz des non bis in idem seine strikte, strenge Durchführung nur innert den Grenzen eines und desselben Staates finden, aber deswegen bleibt es doch nicht weniger wahr, daß der Angeklagte, der sich gegen die Gesetze eines einzigen Landes verging, auch nur e i n e r Rechtsprechung unterworfen werden sollte. Wir erwarten, daß mit Frankreich eine Verständigung platzgreifen wird und daß die Schritte des Bundesrates endlich zum gewünschten Ziele führen werden.

K. Heimschaffungen.

Wir sind dem Departement dankbar, daß es für die kantonalen Polizeibeamten einen Instruktionskurs veranstaltete zum Zwecke, das bis jetzt erst in einigen Kantonen eingeführte anthropometrische Messungsverfahren in der Schweiz zu allgemeinerer Anwendung zu bringen.

Die Erfahrung hat gezeigt, daß das anthropometrische Verfahren die Feststellung der Identität eines Erwachsenen für sein ganzes Leben lang auf absolut sichere Weise garantiert, unter wie vielen falschen Namen der Betreffende sich auch verstecken möge und wie weit die verschiedenen Zeiten auch auseinanderliegen.

Das System Bertillon und speciell sein beschreibendes Signalement werden das jetzt gebräuchliche Verfahren des Signalements sehr vorteilhaft ersetzen; die Resultate dieses letztern wurden auch von den kantonalen Delegierten für die Mehrzahl der Fälle als wertlos erkannt.

L. Bundesanwaltschaft.

Die Bestrafung der zahlreichen Fälle von Eisenbahngefährdungen läßt immer noch zu wünschen übrig. Diese Sachlage hat schon in früheren Geschäftsberichten zu Bemerkungen Anlaß gegeben.

544 Wir hoffen, daß die Revision des Artikel 67 des Bundesstrafgesetzes vom 4. Februar 1853 hierin einigermaßen Wandel schaffen wird.

Die hierauf bezügliche Botschaft des Bundesrates setzt auseinander, daß oft Fallenlassen der Untersuchung verfügt und Freisprechungen ausgesprochen werden, weil die Umstände eine Gefängnisstrafe nicht rechtfertigen, während diese doch durch den oberwähnten Artikel für jede den Bisenbahnen oder Posten Schaden oder Gefahr bringende Handlung, sei sie böswillig oder nicht, vorgeschrieben ist.

Wenn man dem Richter die Möglichkeit verschafft, für leichtere Fälle bloße Buße auszusprechen, so wird man vielleicht eine regelmäßigere Bestrafung solcher Delikte erreichen.

Militärdepartement.

HI. Wehrpflicht.

Die Kommission ist mit dem grundsätzlichen Entscheide des Bundesrates einverstanden, daß Schweizerbürger, welche zugleich ein ausländisches Bürgerrecht besitzen, nicht gleichzeitig der schweizerischen Armee und derjenigen des auswärtigen Staates angehören dürfen und daher, falls sie daselbst zum aktiven Dienste verhalten werden, aus den Kontrollen der schweizerischen Armee zu streichen sind. Sie kann sich auch damit einverstanden erklären, daß der in dieser Weise Gestrichene pflichtig erklärt wurde, die Militärpflichtersatzsteuer zu entrichten.

Durch bundesgerichtlichen Entscheid vom 11. April 1900 ist festgestellt worden, daß der einzelne Bürger aus Art. 18 der Bundesverfassung, welcher die allgemeine Wehrpflicht vorschreibt, kein Recht auf Einteilung unter die Dienstpflichtigen ableiten könne, und daß es daher den Militärbehörden zustehen müsse, Wehrpflichtige, welche bezüglich ihrer sanitarischen Verhältnisse als wehrfähig betrachtet werden müssen, und welche auch nicht gestützt auf den Verlust der bürgerlichen Ehren und Rechte zufolge Strafurteils nach Art. 4 der Militärorganisation vom aktiven

545 Wehrdienst ausgeschlossen werden können, dennoch aus den Kontrollen zu streichen und zu den Ersatzpflichtigen zu versetzen, wenn ihr Verbleiben in der Armee als mit der Aufrechthaltung der Disciplin unvereinbar betrachtet werden muß. Das Interesse der Armee und der einzelnen Wehrpflichtigen verlangt es, vom Kontakte mit Elementen befreit zu werden, die einen verderblichen, demoralisierenden Einfluß auf die Truppe ausüben. Wir werden es begrüßen, wenn von diesem Rechte auch weiterhin Gebrauch gemacht wird, denn der Fall Tissot steht leider nicht vereinzelt.

IY. und T. Sanitarische Untersuchung und Rekrutierung.

Die Gesamtzahl der im Berichtsjahre ausgehobenen Rekruten mit 16,234 Mann weist eine Verminderung gegenüber dem Vorjahre um 892 Mann, gegenüber dem Jahre 1898 um 1684 Mann, auf. Wenn auch die Reduktion zum Teil von der Abnahme der Zahl der Stellungspflichtigen herrührt, so ergiebt sich doch, daß die von den eidgenössischen Räten gewünschte strengere Handhabung der Vorschriften über Tauglicherklärung den erwarteten Erfolg gezeitigt hat, ohne daß die Vorschriften selbst geändert werden mußten. Das Resultat ist in erster Linie im Interesse der Feldtüchtigkeit der Armee, daneben auch vom finanziellen Standpunkt aus sehr zu begrüßen.

VII. Unterricht.

Vorunterricht.

Die Kurs- und Inspektionsberichte über den freiwilligem militärischen Vorunterricht III. Stufe geben ein erfreuliches Bild von der Hingabe, mit welcher auf diesem Gebiete der militärischen Jugenderziehung gearbeitet wird. Dem Bilde fehlen leider die Schatten nicht. In erster Linie ist es, wie auch der Geschäftsbericht betont, der Mangel an geeigneten Lehrkräften, der zu beklagen ist ; vielfach sind die Kurse in Händen von Lehrern, bei welchen der anerkennenswerte Eifer den Mangel an pädagogischem Geschick n cht ersetzt, und wenn dann vollends der Unterricht, wie einzelne Berichte es konstatieren, ohne jede Kontrolle seitens hierzu befähigter Offiziere bleibt, so muß notwendigerweise das Resultat, trotz aller Bemühungen, ein höchst zweifelhaftes sein. Es wird zu erwägen sein, ob dem ostenta-

546 tiven Fernhalten, das mancherorts von Seiten des Offizierscorps praktiziert wird, nicht dadurch abgeholfen werden könnte, daß positiven, ernsten Leistungen der Subalternoffiziere auf diesem Gebiete bei Feststellung der Bedingungen für das Avancement einigermaßen Rechnung getragen und dadurch das Interesse dieser Kreise am militärischen Vorunterricht gemehrt werden könnte. Eine vermehrte Inanspruchnahme der Subalternoffiziere hat allerdings ihre Grenzen, stoßen wir doch heute schon auf namhafte Schwierigkeiten, um das Offizierscadre vollzählig zu erhalten, zumal bei der landwirtschaftlichen Bevölkerung. Und doch erscheint es uns von hohem Interesse, daß gerade auch diese Elemente im schweizerischen Offizierscorps recht zahlreich vertreten seien !

Im übrigen wird man sich keinen Selbsttäuschungen hingeben dürfen ; solange nur ein verhältnismäßig so kleiner Bruchteil der schweizerischen Jungmannschaft sich überhaupt dem militärischen .Vorunterricht unterzieht, solange der weitaus größte Teil nur einen Jahreskurs absolviert und zwar in einem so jugendlichen Alter, daß die Zwischenzeit bis zur Rekrutenschule das Gelernte zum größten Teil wieder auswischt ; solange die Organisation des Unterrichts nicht nach den Erfordernissen einer richtigen Vorbildung für die Rekrutenschule, sondern vom Gesichtspunkte der ,,Popularität"1 des Unterrichtsstofies aus erfolgen muß; solange mit einem Worte dem Vorunterricht alle unvermeidlichen Mängel der F r e i w i l l i g k e i t anhaften -- solange wird dieser Vorunterricht auch nicht diejenigen Resultate aufweisen können, die wir im Interesse der Ausbildung unserer Armee von ihm verlangen müssen.

Es erscheint daher als Pflicht, immer wieder darauf hinzuweisen, daß nur das O b l i g a t o r i u m uns diejenige Grundlage verschaffen kann und wird, auf welcher dann die Rekrutenschule mit Nutzen aufbauen kann. Wir halten bei aller Würdigung der großen Schwierigkeiten, die der Einführung des Obligatoriums im Wege stehen, nicht dafür, daß bei richtiger Gestaltung des Unterrichts, bei Maßhalten in den zeitlichen Anforderungen und bei selbstverständlicher Vermeidung derjenigen Kollisionen, die, hauptsächlich mit Rücksicht auf die Sonntagsruhe, dem freiwilligen Vorunterricht so viele Sympathien entzogen haben, diese Schwierigkeiten unübersteigliche sein sollen.

547

Unterrichtskurse, B. Infanterie.

1. Bekrutenschulen.

Das neue Schießprogramm, das in Rekrutenschulen versuchsweise im Berichtsjahre zur Anwendung gelangte und das auch im Jahre 1901 mit einigen Modifikationen durchgeführt werden wird, um alsdann einem definitiven Programme Platz zu machen, hat sich nach den Berichten der Kreisinstruktoren zu urteilen, im. allgemeinen, bewährt. Wenn aber den gleichen Berichten zu entnehmen ist, daß dessen Abwicklung mehr Züeit erfordert, als für dasselbe erübrigt werden konnte und andererseits der Bericht des Departementes hervorhebt, daß schon die Einräumung dieser an sich ungenügenden Zeit zur Folge hatte, daß andere Unterrichtsfächer darunter litten, so liegt hier nur ein Beweis mehr für die Notwendigkeit des obligatorischen militärischen Vorunterrichts, welchem doch wenigstens ein Teil der Schießvorbereitung überbunden werden könnte.

3. Herbstübungen des HL Armeecorps.

Bei den Manövern des III. Armeecorps, Division gegen Division und Armeecorps gegen Manöverdivision unterblieb, ein von der Leitung befohlener Gefechtsabbruch mit nachfolgender Kritik.

Die Manöver haben damit an Kriegsähnlichkeit unzweifelhaft gewonnen, und der höheren Führung wurde dadurch Gelegenheit gegeben, das schwierige Abbauen und die ebenso schwierige Einleitung der Verfolgung, beziehungsweise die Beibehaltung des Kontaktes mit dem abziehenden Gegner praktisch zu üben. Dieses System der Manöveranlage ist zweifelsohne empfehlenswert. Allein es muß dafür Vorsorge getroffen werden, daß dadurch nicht eine die physischen Kräfte von Mann und Pferd über Gebühr in Anspruch nehmende Dauer der Manöver herbeigeführt wird. Die Grenze des Zweckmäßigen dürfte bei den Manövern des III. Armeecorps an einzelnen Tagen überschritten worden sein.

Fällt damit noch das nicht rechtzeitige Eintreffen der Verpflegung zusammen, so muß man sich nicht verwundern, wenn trotz alles Diensteifers " der Truppe, nach dem Dienste Klagen laut werden, die einen Schatten auf den im ganzen erfreulichen Gang der Manöver werfen.

548

Da die Verpflegungsfuhrwerke neutral erklärt worden sind, so hat es, ohne daß der kriegsgemäße Gang des Manövers im geringsten gestört wird, die Leitung in der Hand, diese Fuhrwerke rechtzeitig in den Dislokationsrayon der höhern Einheiten zu dirigieren, so daß nach Abbruch des Manövers und Austeilung der Detaildislokation die Fuhrwerke in kürzester Zeit in die Dislokationsorte gelangen können und so die rechtzeitige Abgabe der Verpflegung sicher gestellt werden kann. Hiernach sollte inskünftig mit allem Nachdruck getrachtet werden.

4. Wiederholungskurse der Landwehr.

Die Landwehr-Infanterie nach der alten Organisation krankte an absolut ungenügenden Effektiven, derart, daß vielfach die Verwendbarkeit solcher Bataillone in Frage gestellt werden mußte. Die Landwehrbataillone der neuen Organisation weisen nunmehr Effektivbestände aus, die weit über dasjenige Maß hinausgehen, das für einen Wiederholungskurs als zulässig angesehen werden kann. In der That sind Präsenzstäncle von 1156, 1363, 1539 Mann so über alles zulässige Maß hinausgehend, daß an eine ersprießliche Ausbildung derartiger Massen, zumal bei der qualitativen Mangelhaftigkeit des Caders und der Kürze der Dienstdauer, gar nicht gedacht werden kann. Das Aushülfsmittel der Anordnung besonderer Nachdienstkurse für die nachdienstpflichtigen Mannschaften des II. Aufgebotes wird kaum genügen; auch dann werden die Präsenzziffern noch zu hohe sein, und es wird sich daher die neuerliche Prüfung der Frage empfehlen, ob nicht diese Landwehrwiederholungskurse halbbataillonsweise abgehalten werden sollten ; der Buchstabe des Gesetzes spricht dagegen, aber er hat nicht daran gehindert, daß anderswo, beispielsweise bei der Sicherheitsbesatzung von St. Maurice, die Teilung des Bataillons doch praktiziert wird.

Beinahe in allen Berichten wird über ungenügende Qualität der Offiziere, speciell der Zugführer, geklagt; die großen Zeitintervalle, die zwischen den einzelnen Kursen liegen, haben unter den Kenntnissen, die sich die Offiziere erworben hatten, zu sehr aufgeräumt, als daß die Mehrzahl derselben ihrer Aufgabe als Instruierende genügen könnten. Es ist dringend notwendig, daß der Ergänzung und Auffrischung des LandwehrOffizierscaders alle Beachtung zugewendet und ' zum mindesten durch vorüberbergehende Zuteilung von Auszug-Offizieren eine Verbesserung der Instruktionserteilung erzweckt werde ; andernfalls

549 werden die Landwehrwiederholungskurse auch die bescheidenen Hoffnungen nicht erfüllen, die auf sie gesetzt werden mögen.

12. Centralschulen.

Kurs für höhere Offiziere des II. Armeecorps.

Seit Jahren ist der Wunsch laut geworden, daß auch den Regiments-Kommandanten des Auszuges Gelegenheit geboten werden sollte, an diesen äußerst instruktiven Kursen teilzunehmen.

Von berufener Seite ist die Anregung gemacht worden, diesem Wunsche in der Weise gerecht zu werden, daß der Kurs für höhere Offiziere eines Armeecorps in zwei Teile geschieden würde; im ersten Teile würde jede Division unter Kommando ihres Kommandanten üben, und wären hierzu je Stabschef und Adjutant des Divisionärs, die Brigadekommandanten und ihre Generalstabsoffiziere, die Regimentskommandanten der Infanterie und die Kommandanten der Divisionsartillerie und je eines Kavallerieregiments, sawie des Geniehalbbataillons zu kommandieren ; der Kommandant des Armeecorps hätte die beiden Divisionen zu inspizieren. Im zweiten Teile (am 10. Tage) würden die Regimentskommandanten der Infanterie und der Kommandant des Geniehalbbataillons entlassen, und anderseits würden der Corpskommandant samt Stabschef, einem Generalstabsoffizier und Adjutanten und die höhern Offiziere der Corpstruppen einrücken.

Von der Einberufung der Divisionsärzte und Divisionskriegskommissäre, vielleicht überhaupt der Chargen dieser beiden Waffengattungen, könnte füglich Umgang genommen werden.

Diese Anregung erscheint uns erneuter Prüfung wohl wert zu sein, um so mehr, als die Kosten des Kurses bei dieser Organisation die jetzigen Kosten kaum wesentlich übersteigen werden.

IX. Pferdestellung und Ankauf yon ArtilleriebundesDio Frage, ob für die Pferdestellung das System der direkten Einmietung, oder dasjenige der Lieferantenstellung befolgt werden solle, ist bekanntlich eine kontroverse ; sie ist kürzlich noch anläßlich der Debatte über die Einheitspreise in den eidgenössischen Räten erörtert worden. Ost- und Westschweiz einerseits und Centralschweiz anderseits befinden sich in einem gewissen Gegensatze; in den erstgenannten sind die

550 Versuche, die im Jahre 1899 bei Anlaß der Pferdestellung für die Manöver gemacht wurden, die Besitzer von Pferden zur direkten Stellung derselben zu veranlassen, mangels ausreichender Anmeldungen gescheitert; in der Centralschweiz dagegen können auf dem Wege der direkten Anmeldung durch Vorschauen noch immer Pferde in großer Zahl beschafft werden ; immerhin ist auch dort die Anmeldung zurückgegangen.

Wenn nun auch zugegeben werden muß, daß es im allgemeinen nicht wünschbar erscheint, daß ein ganz namhafter Teil der Mietgelder in den Händen der Zwischenhändler zurückbleibt, so kann doch für den Bund bei der Auswahl des Systems der Einmietung einzig sein eigenes Interesse maßgebend sein, und wenn nun einmal erwiesen ist, daß beim Einzelverkehr der Bedarf, namentlich wenn es sich um Beschaffung der Pferde für die Manöver handelt, auch nicht annähernd gedeckt werden kann und daß anderseits sich die Einmietungskosten infolge der mit den Vorschauen verknüpften Spesen bei der Einzelmietung h ö h e r stellen, so wird man wohl oder übel dem Lieferanten-System den Vorzug geben. Dabei ist ja ohne weiteres klar, daß im Augenblicke, wo durch Bildung von Lieferanten-Ringen der Versuch gemacht werden wollte, die Mietgelder heraufzuschrauben, mit allem Nachdruck und ohne jede Rücksicht auf Mehrspesen die direkte Einmietung zu bewerkstelligen und so den Ring zu brechen versucht werden sollte.

Beim Ankauf der Artillerie-Bundespferde' soll gewiß im Interesse der Förderung inländischer Pferdezucht darauf gesehen werden, daß nur Pferde gekauft werden, welche von vom Bunde anerkannten Zuchthengsten abstammen ; das kann aber keineswegs dazu führen, die Militärverwaltung auch dann von dem Ankauf anderweitiger Pferde abzuhalten, wenn die erforderliche Zahl zum Militärdienst tauglicher Pferde einheimischer Zucht nicht beschafft wird.

Ebenso sind wir ganz damit einverstanden, daß der Schutz der einheimischen Zucht nicht so weit gehen darf, die Militärverwaltung, wie es versucht werden wollte, zu zwingen, vierjährige Pferde für den Artilleriedienst zu verwenden, bezüglich welcher alle Schul- und Kursberichte der letzten Jahre einig sind, daß solche Pferde stets mit besonderer Schonung gebraucht werden maßten und trotzdem den Dienst in den seltensten Fällen aushielten.

Anläßlich der letztjährigen Berichterstattung ist rügend darauf hingewiesen worden, daß der Totalerlös der Versteigerung

551 der Artilleriebundespferde gegenüber der Ankaufsumme einen Ausfall von Fr. 23,063, oder per Pferd Fr. 245 ergeben habe ; es wurde mit Recht darauf hingewiesen, daß es angesichts solcher Verluste wohl rationeller wäre, die Pferde über den Winter zu behalten.

Diese Frage ist im Berichtsjahre gegenstandslos geworden, da, wie wir mit Vergnügen konstatieren, der diesjährige Mindererlös auf dem Verkauf der Artilleriebundespferde nur Fr. 1812. 10 beträgt.

X. Kommissariatswesen.

B, Kriegsbereitschaft.

1. Weizenvorräte.

Das Weizen-Umtauschgeschäft hat sich auch dieses Jahr nicht abgewickelt, ohne in der Presse den lebhaftesten Anfeindungen zu begegnen. Ihre Kommission hat an Hand der Akten mit Vergnügen konstatiert, daß die Abwicklung des Geschäftes eine vollständig normale und die Interessen des Bundes ausreichend wahrende gewesen ist. Von den eingegangenen Offerten, die ihrerseits das Produkt einer öffentlichen Ausschreibung waren, war diejenige des Konsortiums, mit welchem der Vertrag dann effektiv abgeschlossen wurde, die günstigste, wenn von einer einzigen abgesehen wird, die aber von den im Gesamten umzutauschenden 9,498,910 kg. nur cirka 1/u umfaßte und deshalb ohne weiteres außer Frage kam.

Die Qualität des neu eingelieferten südrussischen Weizens ist, wie wir an der Hand der Expertenberichte konstatieren können, eine sehr befriedigende, so daß also auch von diesem Standpuakte aus der Bund es nicht im geringsten zu bedauern hat, den Umtausch dem gleichen Konsortium übergeben zu haben, mit welchem schon frühere Umtauschgeschäfte in befriedigender Weise abgewickelt wurden.

Bndlich ist, wie der Geschäftsbericht richtig konstatiert, auch der Umtausch der 4000 q. amerikanischen Weizens, die seiner Zeit versuchsweise auf Lager gelegt worden waren, wohl kaum zum Nachteil des Bundes ausgefallen, da, wenn auch die Urntauschprämie hierfür Fr. 1. 25 per 100 kg. gegenüber 65 Cts.

für den Umtausch des russischen Weizens betragen hat, diese Mehrausgabe ihre Kompensation in dem Mehrwerte des Süd-

552

russischen Weizens finden dürfte, gegen welchen 4000 q. amerikanischen Weizens ausgetauscht wurden.

Es wäre zu wünschen, daß die stereotypen Bemängelungen des Umtauschgeschäftes, deren Beweggründe im übrigen durchsichtig sind, endlich einmal zur Ruhe kämen.

Der Geschäftsbericht spricht die Absicht aus, jedes Jahr einen Teil der Vorräte umzutauschen und nicht mehr, wie bisher, jedes zweite Jahr den gesamten Vorrat. Wir sind damit ganz einverstanden, möchten aber immerhin davor warnen, diesen Grundsatz schablonenhaft zur Durchführung zu bringen, denn schließlich ist man eben doch von den Ernteverhältnissen abhängig, und wenn man sich darauf versteifen würde, den jährlichen Partialumtausch zu bewerkstelligen, trotzdem zufolge schlechter Ernte Verhältnisse nur geringwertigere Ware erhältlich, müßten die finanziellen Folgen für den Bund beim nächsten Umtauschgeschäft bedauerliche sein.

10. Einheimische Landesprodukte.

Im Jahre 1898 ist im Nationalrate ein Postulat erheblich erklärt worden, das auf eine vermehrte Berücksichtigung der Interessen der einheimischen Landwirtschaft bei den Lieferungen zur Verpflegung der Armee hinzielte.

Eines dieser Mittel zur bessern Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Interessen ist im Ankauf inländischen Getreides erblickt worden, und das Militärdepartement hat nicht ermangett, auch im Berichtsjahre diesem Postulate nach Möglichkeit gerecht zu werden. Die Resultate sind keine sehr erfreulichen. Die Qualität des aus inländischem Getreide erstellten Mehls ist von den Bäckern beanstandet worden, das quantitative Broterträgnis muß geringer angesetzt werden, als bei aus ausländischem Getreide gewonnenem Mehl, und die Brotpreise stellen sich höher als bei dem frühern Modus, laut welchem der Lieferant das Brot zu bestimmtem Preise per Portion zu liefern hatte. Die Militärverwaltung muß also nach allen Richtungen effektive Opfer zu gunsten der einheimischen Landwirtschaft bringen, wenn es bei diesem System bleiben soll.

Die Erfahrungen mit dem inländischen Getreideankauf sind aber auch noch nach einer ändern Richtung charakteristisch ; sie beweisen, daß auf Seiten der einheimischen Landwirtschaft durchaus nicht so große Interessen in Frage liegen, als wohl hie und

533 da behauptet worden ist. Der Jahresbedarf des Bundes an Getreide bei Lieferung des Brotes an die Truppen in Regie beträgt,, unter Annahme von 1,900,000 .Diensttagen und einer Brotausbeute von l kg. auf l kg. Weizen, 142 Wagen à 10,000 kg.

Da von den 1,900,000 Diensttagen diejenigen für Offiziere, Einrückungs-, Bntlassungs- und Urlaubstage, sowie diejenigen abgehen, welche auf Specialschulen und -kurse entfallen, so dürfte; der Gesamt-Getreidekonsum 100 Wagen nicht übersteigen.

Trotz dieses verhältnismäßig nicht bedeutenden Bedarfs konnte derselbe nur zum kleinsten Teile aus inländischem Getreide gedeckt werden, indem das Schlußresultat pro 1900 ausweist, daß effektiv nur ÌQ1/ì Wagen Weizen und S1/* Wagen Korn zum Abschluß gelangten.

XII. Justizpflege.

Nach Verfügung des Militärdepartements soll in Zukunft von. den Entscheiden in kriegsgerichtlichen und disciplinarischen Straffällen den Waffen- und Abteilungschefs Mitteilung gemacht werden. Wir sind ganz damit einverstanden, halten aber dafür, daß dasselbe auf dem Dienstwege auch gegenüber den Truppenkommandanten geschehen sollte, die beim gegenwärtigen Stande der Dinge es entweder gar nicht, oder zufällig, durch irgend eine Preßnotiz, erfahren, wenn ein Angehöriger der von ihnen kommandierten Einheit kriegsgerichtlich oder disciplinarisch beurteilt worden ist.

XV. Militäranstalten, a. Pferderegieanstalt.

Die Notiz im Geschäftsberichte, es seien für Abhaltung von Sommerreitkursen keine Begehren gestellt worden, ist irrtümlich.

Es wurden solche Begehren gestellt, aber mit der Begründung abgewiesen, es sei wegen anderweitiger Inanspruchnahme der Pferde unmöglich, zu entsprechen.

Wenn auch zuzugeben ist, daß die Beanspruchung der Regiepferde im Sommer eine außerordentlich umfangreiche ist, und daß vom rein finanziellen Standpunkt aus das Bestreben vorhanden sein muß, aus den Regiepferden namentlich auch durch Abgabe an Artillerieschulsn möglichst viele Mietgelder zu ziehen, Bundesblatt. 53. Jahrg. Bd. III.

37

554 so sollte doch dieser Standpunkt nicht allein ausschlaggebend sein.

Wichtiger als ein günstiger Rechnungsabschluß der Regieanstalt ist die Förderung der Reittüchtigkeit unseres Offizierscorps. Wer weiß, mit welchen Schwierigkeiten in manchen Landesgegenden ,,unsere Offiziere zu kämpfen haben, um außer Dienst genügende Reitgelegenheit zu erhalten, wird es nur begrüßen können, wenn die Direktion der Pferderegieanstalt bei Gesuchen für Abhaltung von für die Reitausbildung anerkanntermaßen höchst förderlichen Sommerreitkursen möglichstes Entgegenkommen an den Tag legt.

Post- und Eisenbahn-Departement.

I. Eisenbahnwesen.

Bahnbau.

Im Berichtsjahre wurden 16 neue Eisenbahnlinien in Angriff genommen. Damit stunden 30 Bahnlinien mit der Gesamtlänge von 454,8 km. im Bau. Zehn Linien von zusammen 48 km. Länge wurden kollaudiert und dem Betriebe übergeben. Diese sämtlichen 10 Linien sind schmalspurig, Straßenbahnen oder dienen speciell dem Hotelbetrieb.

Das Werk, welches noch mehrere Jahre unsere besondere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen wird, ist der Durchstich des Simplon. Er hat ohne Störung seinen Fortgang genommen: Der Vollausbruch des Tunnels hatte Ende 1900 eine Länge von 5602 Meter und ist um 4183 Meter größer als Ende 1899. Die Anschlüsse südlich an die italienischen Bahnen und die nördliche Zufahrtslinie ist vereinbart, diejenige von Iselle nach Domodossola hat die Mittelmeerbahngesellschaft bereits letzten Sommer in Angriff genommen. Damit ist die Eröffnung der Bahn auf 1904 in sichere Aussicht gerückt.

Wir entnehmen dem Berichte mit großer Befriedigung, daß der Bundesrat mit Ernst seine unausgesetzte Aufmerksamkeit der Ausführung der Verordnung vom 19. August 1892 zuwendet, eine scharfe Kontrolle sowohl über Konstruktion als Material der

555 eisernen Bahnbrücken übt und mit Nachdruck auf Verbesserung des Mangelnden und Fehlerhaften dringt.

Nebenbahnen.

Das Nebenbahnengesetz ist am 15. April 1900 in Kraft getreten. In Ausführung von Art. l desselben hat der Bundesrat diejenigen Linien und Teilstrecken namhaft gemacht, welche demselben unterstellt werden sollen. Gegen diese Unterstellung haben 7 Kantonsregierungen Rekurs an die Bundesversammlung ergriffen. Der Ständerat hat bereits im März 1901 den Entscheid des Bundesrates bestätigt. Wir glauben deshalb, weitere Ausführungen in Sachen unterlassen zu sollen.

Bahnbetrieb.

Durch den Übergang der fünf Hauptbahnen an den Bund, erwartet das Schweizervolk vorab, daß das Fahrplanwesen eine wesentliche Verbesserung erfahre. Wirklich bemüht sich das Eisenbahndepartement jetzt schon nach dieser Richtung bestens, indem der Bericht 15 Schnellzüge nennt, welche im Sommer oder im Winter letzten Jahres neu eingeführt wurden. Allein immer noch werden nach dieser Richtung Klagen geführt, denen teilweise eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden darf. Schnellzüge sollten die großen Verkehrscentren der Schweiz mehrmals des Tages verbinden und ausreichend dem Geschäftsmanne und dem Touristen zu Gebote stehen. Dazwischen haben Lokalzüge dem einheimischen Kleinverkehre zu dienen. Nordostbahn und Silthalbahn machten die Mitteilung, daß sie für dea letztern in anerkennenswerter Weise Motorwagen einzuführen beabsichtigen. Wir möchten den Bundesrat einladen, dieser Frage auch in Zukunft seine Aufmerksamkeit zuzuwenden und sie zu studieren. Württemberg hat dieses System mit Erfolg in Anwendung gebracht.

Vollziehung des Arbeitsgesetzes.

Anläßlich der Erörterung über Vollzug des Arbeitsgesetzes spricht sich der Bericht einläßlich über den Bahnbewachungsdienst aus. Im Jahre 1892 nämlich wurde von der Aufsichtsbehörde die Forderung gestellt, daß die Dauer der Dienstbereit-

556 schalt der Barrierenwärterinnen eine Reduktion erfahre und daß diese das zwanzigste Altersjahr erreicht haben sollen. Dagegen führten die Bahnverwaltungen bei der Bundesversammlung Beschwerde, jedoch ohne Erfolg. Das hatte zur Folge, daß vielfach mit dem Dienste wenig vertraute oder unzuverlässige Stellvertreterinnen, Ablöserinnen angestellt wurden. Vielerorts hält es schwer, taugliche Ablöserinnen zu gewinnen. Leute unter 20 Jahren besitzen gar oft die nötige Aufmerksamkeit und Geistesgegenwart nicht, wie solche mit einem höheren Alter verbunden zu sein pflegt. Die Vertrautheit und Erfahrung im Dienste ist aber auch eine Schule, deswegen können wir uns einverstanden erklären, wenn der Bundesrat glaubt, etwelche Rücksicht walten zu lassen, in dem Sinne, bei Stellen mit schwachem Zugsverkehr eine Verlängerung der Dienstzeit der Barrierenwärterinnen zu gestatten und für den Fall, daß die Personen unter 20 Jahren an der Bahn selbst Wohnung haben und zur Familie des Wärters gehören, solche zum Barrierendienst zuzulassen. Immerhin hat die Bahnverwaltung bei jeder Anzustellenden über die Tauglichkeit zu diesem verantwortungsvollen Dienste sich zu versichern.

Aus der Berichterstattung über den

Bückkauf der schweizerischen Hauptbahnen notieren wir folgende Punkte: a. Nachdem das Bundesgericht am 19. Januar 1899 die grundsätzlichen Differenzen im Eisenbahnrechmmgswesen zwischen dem Bunde einerseits und der Central- und Nordostbahn anderseits beurteilt hatte, lösten sich auch die Meinungsverschiedenheiten mit den ändern Bahnen auf der gleichen Basis, und am 12. März 1900 kam mit der Jura-SimplonBahn und am 12. Juli mit den Vereinigten Schweizerbahnen ein Vergleich zu stände. Nur mit der Gotthardbahn ist bedauerlicherweise ein solcher noch nicht perfekt geworden.

b. Die eidgenössischen Räte haben bereits Kenntnis genommen von dem am 5. November abgeschlossenen Vertrag über den freihändigen Rückkauf der Centralbahn durch den Bund und haben in der Dezembersession demselben die Genehmigung ausgesprochen.

c. Auch mit der Jura-Simplon-Bahn scheinen die Grundlagen des Rückkaufs -- Berechnung des Anlagekapitals anstatt

557 des Reinerträgnisses -- festgestellt zu sein. Dagegen sind die Rechnungen selbst bis zum Jahresschlüsse weder von dieser, noch von den ändern Bahnen eingegangen.

d. Der Rückkauf wurde neuerdings auf 1. Mai 1903 angekündigt der Jura-Simplon-Bahn, der Nordostbahn für das Teilstück Bülach-Schaffhausen und der Linie Wohlen-Bremgarten.

e. Die Bundesbahnverwaltung hatte bis zum 31. Dezember 1900 Fr. 64,163,500 Obligationen der Hauptbahnen erworben, im ganzen besaß der Bund deren für die Summe von Fr. 86,688,500.

/. Im Laufe des Berichtsjahres sind die Kreiseisenbahnräte und die Bahnverwaltungsräte gewählt worden und in Funktion getreten. Von den vom Bundesrate gewählten fünf Generaldirektoren ist einer, Herr Tschiemer, wenige Wochen nach der Wahl gestorben. Während einer langen Reihe von Jahren hatte derselbe als Direktor der technischen Abteilung dem Schweiz. Eisenbahndepartemente hervorragende Dienste geleistet, und sein Hinscheid wird als ein schwer zu ersetzender Verlust empfunden.

II. Postverwaltung.

Allgemeines.

Die eidgenössische Postverwaltung hatte bei Fr. 33,430,462.95 Ausgaben einen Einnahmenüberschuß von Fr. 2,700,351. 10. Von den 36 Millionen Einnahmen kommen beinahe 30 Millionen auf die Rubrik Wertzeichen. Gegenüber dem Vorjahre haben die Einnahmen um Fr. 2,153,503. 59 zugenommen, und zwar verteilen sich die Mehreinnahmen über die meisten Zweige des Verkehrs : Briefe, Postkarten, Zeitungen, Drucksachen, Fahrpoststücke, Geldanweisungen und Einzugsmandate, obwohl das letzte Viertel des Berichtsjahres einen allgemeinen Rückgang in Handel und Gewerbe zu registrieren hat. Dieser Umstand ist wohl die Ursache, warum der Versand von Warenmustern gegen 1899 um 86,145 Stück und der Verkehr an Fahrpoststücken mit dem Auslande um 174,738 und an empfangenen Einzugsmandaten um 5263 Stück zurückgegangen ist.

558

Torlagen am die Bundesversammlung und Erlasse derselben.

Der Bericht spricht sich einläßlich über Arbeits- und Ruhezeit bei den Postangestellten aus. Eine Änderung ist nun insoweit getroffen worden, als die Zahl der Ruhetage zwar immer noch am Beginn des Kalenderjahres fixiert, hingegen die Verteilung derselben, die Festsetzung des Datums monatlich durch die Bureauvorstände unter Genehmigung der Kreispostdirektion vorgenommen wird.

Dem Arbeitsgesetze sind die Posthalter und - die Landbriefträger nicht unterstellt. So angemessen und wünschenswert es auch wäre, wenn das genannte Gesetz für alle Postangestellten gleiche Geltung hätte, so ist die Ausführung desselben in Bezug auf die Vorstände der Bureaux III. Klasse und die Landbriefträger mit unüberwindlichen Schwierigkeiten verbunden, indem die Kreispostdirektion die genügende Anzahl Ersatzpersonal« nicht findet. Dagegen erhalten diese Angestellten zur Ermöglichung von Ruhetagen eine Entschädigung von cirka 10 % des Gehalts.

Die Kreispostdirektionen sind beauftragt, eine Erhebung zu machen, wie viele Ruhetage jeder einzelne Posthalter und Landbriefträger sich aus der bezogenen Sonntagsdienstentschädigung im Jahre 1900 beschafft hat. Nach Schluß dieser Enquete ist es erst möglich, sich ein abschließendes Urteil in Sache zu bilden.

Wir nehmen mit Befriedigung Kenntnis, daß der Bundesrat mit Ernst und Gründlichkeit die Motion von Hrn. Nationalrat Köchlin und Mitunterzeichnern betreffend Einführung des Chekund Giroverkehrs durch die Post studiert.

Wichtigere Entscheide und Beschlüsse des Bundesrates, sowie des Departements.

Wir können nicht unerwähnt lassen die Feier des fünfundzwanzigjährigen Bestandes des Weltpostvereins. Dieselbe wurde am 2. Juli 1900 in angemessener Weise begangen. Von 65 Staaten, welche bis jetzt dieser Vereinigung beigetreten sind, waren 52 durch Delegierte vertreten. Auf diesen Anlaß wurden Jubilä'ims-Postwertzeichen extra ausgegeben, deren Bild dem Volke -- weil zu modern -- nicht durchweg entsprach, die aber doch in 54,353,779 Stücken verkauft wurden und einen Reingewinn von etwa Fr. 40,000 der Postkasse eingetragen haben

559 sollen. Der Weltpostkongreß selbst beschloß, zur Erinnerung an die Gründung des Weltpostvereins ein Denkmal in Bern zu errichten, dessen Kosten Fr. 200,000 nicht übersteigen und die aus den ordentlichen Beiträgen der Vertragsstaaten an das internationale Bureau bestritten werden sollen. Die Ausführung ist dem schweizer. Bundesrate tibertragen. -- Nicht nur befriedigte der Verlauf dieser Feier die anwesenden Gäste in hohem Maße, sondern bildete selbst ein beredtes Denkmal für das große Ansehen, welches die Schweiz im Kreise der Weltmächte genießt.

Es wird ferner Kenntnis genommen von der Verfügung des Postdepartements bezüglich Fahrpostgegenständen und Passagiereffekten, welche weder von den Adressaten bestellt, noch dem Versender zurückgegeben werden können. Da nämlich die Ausführung des Postregalgesetzes mit ganz bedeutenden Unzukömmlichkeiten verbunden ist, wenn es getragene Kleider, Wäsche, Bettstücke u. dgl. betrifft, die zuweilen ein Herd von Ungeziefer bilden oder gar Träger ansteckender Krankheitskeime sind, so hat die Postverwaltung die Anordnung getroffen, ,,daß unter die Rebuts gefallenen Passagier-Effekten und Fahrpoststücke obiger Art entweder gereinigt oder sofort unter Aufnahme eines Protokolls vernichtet werden.tt Wenn diese Maßregeln auch nicht genau mit den gesetzlichen Bestimmungen sich decken, so sind sie doch durch die Umstände geboten und daher der Genehmigung empfohlen.

Schon seit zwei Jahren hat die Postverwaltung auf den Einzahlungen von Geldanweisungen nach Frankreich einen Zuschlag erhoben, um dadurch der spekulativen Versendung von Geldanweisungen entgegenzutreten. Da die Verhältnisse im letzten Jahre durch Erhöhung des Wechselkurses auf Paris noch schlimmer geworden, so wurde vom 10. April 1900 an statt 100,i sogar 100,3 für Fr. 100 erhoben. -- Gegen Deutschland dagegen wurde vom 1. Juli 1900 an der Einzahlungskurs von Fr. 124,5 auf 124,25 per 100 Mark herabgesetzt.

Abschlags und Vollziehung wichtiger Verträge.

Mit Deutschland, Bayern, Württemberg, Baden und Österreich-Ungarn wurde ein neuer Vertrag abgeschlossen, gemäß welchem u. a.

a. das Gewicht der Briefe zur Taxe von 25 Cts. von 15 auf 20 Gramm erhöht und

560

b. die Taxen von Poststücksendungen bis zum Gewicht von 5 kg. von oder nach den Vertragsstaaten nicht mehr 37*/2, 40, 56 YS oder 60 Cts. beträgt, sondern gemäß den Bestimmungen des Weltpostvereins 50 Cts und bei Sperrgutssendungen 75 Cts. ; c. für Stücke mit Wertangabe bis zum Gewicht von 5 kg.

nach Österreich-Ungarn die einheitliche Werttaxe von 10 Cts.

für je Fr. 300 zur Erhebung kommt.

Wir begrüßen diese Vereinbarung mit einem Teile unserer Nachbarländer; jede Vereinheitlichung von Tarifen kommt dem Verkehre als eine wesentliche Erleichterung zu gute und die Ermäßigung der Taxen begünstigen den Verkehr in umgekehrtem Verhältnisse. Es ist daher sehr zu wünschen, daß auch mit den westlichen und südlichen Nachbarn gleiche Verträge zu stände kommen. Wenn der Bundesrat auch an den internen Posttaxen Frankreichs und Italiens auf ein großes Hindernis stieß und seine Bemühungen das erste mal ohne Erfolg waren, so erlauben wir uns dennoch, ihn einzuladen, neuerdings Verhandlungen anzubahnen. Wir zweifeln nicht daran, daß die leitenden Persönlichkeiten in jenen Ländern endlich doch zur Ansicht kommen, daß die Verkehrstaxen herabsetzen heißt den Verkehr heben und im allgemeinen auch die Einnahmen vermehren.

Personal.

Das Postpersonal mit fester Anstellung stieg bis Ende des Berichtsjahres auf 9656 Beamte in 1584 Bureaux und hat gegenüber 1899 um 344 zugenommen. Die Zahl der weiblichen Angestellten betrug 1077 oder 11,S3 % des Personals.

III. Telegraphenverwaltung.

Die Depeschenzahl im Inland betrug 1,577,974 gegenüber 1,660,994 des Vorjahres und 1,694,371 internationale gegenüber 1,698,030 im Jahre 1899. Das ist ein Ausfall von 5 % im internen und von 0,
561 Quartal des Jahres 1900 und wir werden wohl ziemlich alle Faktoren namhaft gemacht haben, die zu diesem Ausfall mitwirkten. Der letztere trägt wohl mit an der Schuld, daß der T e l e p h o n v e r k e h r ebenfalls hinter den gehegten Erwartungen zurückgeblieben ist. Der Bundesrat führt auch an den störenden Einfluß der Starkstromanlagen auf die Telephonleitungen, wodurch die Benutzung interurbaner Verbindungen stark beeinträchtigt wird.

Auch die Abonnemente haben sich nicht ' in dem Maße vermehrt, wie vorangeschlagen war. Im Jahre 1899 hatten sie um 3138 zugenommen, für 1900 waren im Budget 38,000 Abonnenten, d. h. eine Zunahme von 2944 vorgesehen, sie betrug aber in Wirklichkeit nur 2705.

Das Gesamtergebnis lautet auf Fr. 9,261,439. 54 Einnahmen und Fr. 10,159,157. 73 Ausgaben, daher auf einen Passivsaldo von Fr. £97,717. 89.

Wenn das Deficit um Fr. 260,679. 77 h i n t e r demjenigen von 1899 zurückgeblieben ist, so hat das seinen Grund in der Inventarvermehrung und im Aufschlage der Rohmaterialien, namentlich der Metalle. Vom Passivsaldo entfallen Fr. 12,369. 47 auf den Telegraph und Fr. 885,348. 42 auf das Telephon.

Anläßlich der Budgetberatung für das Jahr 1900 wurden im Nationalrate bezüglich dem Telephon zwei Anregungen gemacht, nämlich 1. einen Lokalrayon von 10 km., wie beim Postverkehr, einzuführen und 2. bei interkantonalen Linien, wie Luzern-Bellenz und Zürich-Lugano, keine Garantieleistungen von den Gemeinden zu fordern.

Der Bundesrat ist mit einer Revision des Taxengesetzes in diesem Sinne nicht einverstanden, indem die Ausführung des ersten Begehrens einen Einnahmeausfall von über Fr. 224,000 zur Folge hätte, anderseits es aber nicht unbillig erscheine, daß die Gemeinden des Kantons Tessin, welche für einen minimen Verkehr zwei Telephonleitungen verlangten, die jährlich der Verwaltung ein Deficit von über Fr. 81,000 verursachen, einen Beitrag von je Fr. 50, respektive Fr. 11,707 leisten, wie andere Gemeinden der Schweiz ohne Widerspruch, es gethan.

Diese Ausführungen sind begründet. Dem Staate aber können angesichts der Bilanz der Telephonbetriebsrechnung nicht neue Opfer zugemutet werden, und die Verkehrserleichterung,

562 welche durch Herabsetzung der Taxe im Lokalrayon, herbeigeführt würde, wäre nicht im stände, die Zahl der Gespräche derart zu steigern, daß der vom Bundesrate ausgerechnete Ausfall an Einnahmen wesentlich reduziert würde.

Telegraphenlinien.

Im Betriebsjahre betrug die Länge d e r Staatstelegraphenlinien . . . .

der Bahntelegraphenlinien d e r Privattelegraphenlinien . . . .

6902,2 k m .

1171,9 ,, 1104,i ,,

Total 9178,2 km.

was einer Verminderung um 19,? gleichkommt. Dieselbe beschlägt die Staatstelegraphenlinien und hat ihren Grund in der Übertragung gemischter Linienstrecken vom Telegraphen- auf den Telephonlinienetat.

"

Telephonnetze.

Die Telephonnetze haben 1900 eine Zunahme von 21 zu verzeichnen und sind damit auf 318 mit 37,761 Abonnemente gestiegen. Die Gesamtlänge der Linien beträgt 14,276,8 km. -- Es wurden in diesem Jahre 49 interurbane, interne und 8 internationale Verbindungen, letztere von Genf, Basel, Stein und Buchs aus hergestellt.

Starkstromanlagen.

Im Berichtsjahre wurden 87 Starkstromanlagen neu erstellt, 50 erweitert und 5 umgeändert. Von den erstem Anlagen sind 6 für elektrische Bahnen.

Bureaux und Personal.

Am Schlüsse des Jahres 1900 besaß die Schweiz 2108 Telegraphenbureaux, welche von 3762 Personen bedient werden.

Von diesen sind 716 weiblichen Geschlechtes. -- Die Zunahme gegenüber dem Vorjahre beträgt 21 Bureaux und 48 Beamte.

Zu weitern Auseinandersetzungen geben alle diese statistischen Angaben über das schweizerische Telegraphen- und Telephonwesen keine Veranlassung.

563

Geschäftsführung des Bundesgerichts.

Die Arbeiten des Bundesgerichts haben im Berichtsjahre ein wenig abgenommen. Von 1320 im Vorjahre fiel die Zahl der anhängigen Geschäfte auf 1211; diese Verminderung fallt ausschließlich auf die Expropriationsprozesse (251 statt 403).

Die ändern Geschäfte dagegen zeigen eine Vermehrung um 43.

Die Zahl der im Berichtsjahr erledigten Streitfälle betrug 966. Pendent bleiben 245 Fälle. Sitzungen wurden 236 gehalten, gegenüber 215 im Jahre 1899.

Von bundesgerichtlicher Litteratur ist zu erwähnen : 1) die französische Übersetzung des Generalregisters zu den Bänden X--XIX der ,,Amtlichen Sammlung der bundesgerichtlichen Entscheidungena ; 2) die Herausgabe eines Résumé der in den 24 ersten Bänden der Amtlichen Sammlung enthaltenen bundesgerichtlichen Entscheidungen, von Dr. Eugen Curti-Forrer.

Der Gerichtshof erklärt sich einverstanden mit einer im Nationalrate gefallenen Anregung betreffend Ausarbeitung eines Gesetzes über die Fähigkeitsausweise, die von denjenigen zu verlangen wären, welche den Advokatenberuf in der ganzen Schweiz ausüben wollen.

Es haben wirklich Praxis und Rechtsprechung hinsichtlich des Fähigkeitsausweises, welcher in Art. 5 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung, betrefiend die Ausübung der wissenschaftlichen Berufsarten, erwähnt ist, infolge einer neuerlichen Entscheidung des Bundesgerichtes wesentlich geändert.

Früher hatte ein in einem Kanton, welcher kein Examen von ihm verlangt hatte, praktizierender Anwalt keinen Anspruch auf das Recht zur Ausübung seines Berufes in einem Kantone, welcher die Anwaltspraxis von der erfolgreichen Bestehung eines Examens abhängig macht.

Jetzt aber muß der Besitzer eines von irgend einer schweizerischen Hochschule verliehenen Diploms des Doktors oder Licentiaten der Rechte zur Ausübung des Anwaltsberufes in der ganzen Schweiz zugelassen werden, sobald ein Kanton diesem Diplom Gleichwertigkeit mit einem Fähigkeitsausweise gewährt.

Wir wollen den Wert der Hochschuldiplome nicht in Frage stellen. Wir geben sogar gerne zu, daß das Staatsexamen im allgemeinen leichter ist, als das von den Hochschulen oder Akademien verlangte Examen. Ebenso ist es aber auch richtig, daß

564 mehrere Kantone neben den theoretischen Kenntnissen noch eine gewisse praktische Erfahrung, eine vorgängige Anstellungszeit in einem Anwaltsbureau fordern und verlangen, daß der Kandidat mit ihrer speciellen Gesetzgebung vertraut sei -- alles vollständig berechtigte Bedingungen, welchen man nun leicht ausweichen kann. Dieser Sachlage muß unbedingt abgeholfen werden, und wir stimmen dem vom Bundesgericht und vom Schweizerischen Juristenverein ausgedrückten Wunsche gänzlich bei. Man hat es bereits gesagt: Der Anwaltsberuf hat einen ganz eigenartigen Charakter, welcher ihn nicht völlig mit ändern Berufen vergleichen läßt; er ist für ein gutes Rechtswesen notwendig. "Wenn eine Streitsache gut untersucht und gut plaidiert wurde, so ist des Richters Aufgabe bedeutend erleichtert. Gute Advokaten sind die Gehülfen der Gerichtspersonen in der Aufsuchung der richtigen Lösung.

Angesichts der unhaltbaren Stellung, welche für die Schweizerbürger durch die internationale Übereinkunft betreffend Civilprozeßrecht hinsichtlich der Befreiung von der Prozeßkaution geschaffen wurde, hält das Bundesgericht dafür, daß eine Lösung auf dem Wege des Konkordats, weil kompliziert und von unsicherem Resultat, nicht anzustreben sei. Ohne die Frage zu prüfen, ob der Bund zur Gesetzgebung in dieser Materie kompetent ist, glaubt das Gericht, daß diese Kompetenz wohl nicht bestritten würde, weil ja das erstrebte Ziel einzig das wäre, eine Sachlage zu schaffen, bei der die Schweizer nicht ungünstiger behandelt werden als die Ausländer.

Da das Justiz- und Polizeidepartement bei den kantonaleu Regierungen Schritte gethan hat, um dem erwähnten Übelstande abzuhelfen, so müssen wir die Resultate derselben abwarten.

565

Antrag der Kommission.

Den Geschäftsberichten des Bundesrates und des Bundesgerichtes pro 1900 wird die Genehmigung erteilt.

B e r n , den 14. Mai 1901.

Die Mitglieder der Kommission: Leumann, Präsident.

Hoffmann.

Lachental.

Lusser.

De Preux.

Scherrer.

Wyrsch.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Kommission des Ständerates über die Geschäftsführung des Bundesrates und des Bundesgerichts im Jahre 1900. (Vom 14. Mai 1901.)

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