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#ST#

B ericht an

den Nationalrath, erstattet volt der mit der Prüfung des Rekurses des Weinschenke Kindlimann in Außersihl bei Zürich beauftragten kommission.

(Vom 29. Januar 1862.)

Tit..

Durch Vertrag vom 3. August 1861 ermächtigte die Gemeinde Aussersihl bei Zürich die Gesellschaft der Noord-Ostbahn, die sogenannte Kräuelstrasse, welche die Eisenbahn waagerecht durchschnitt, wegen der für den Verkehr daraus erwachsenden Gefahren zu unterdrüken. dagegen übernahm die Rord-Ostbahn , ausser verschiedenen andern Leistungen, die Verpflichtung, den sogenannten B a r a l l e l w e g , der von der Kräuelstrasse längs der Eisenbahn nach der Laugsurrenstrasse führt, zn erweitern und ihm eine Rormalbreite von l 8 Fuss zu geben.

Der Barallelweg, der naeh der Behauptung des Herrn Kindlimann ein Brivatweg, nach derjenigen der Gemeinde Aussersihl aber ein osfeutlicher Weg ist, stösst gegen Worden au die Besizung des Herrn Kindlimann, gegen Süden an den der Gesellschaft gehörigen Grund und Boden.

Aus der Besizung des Hrn. Kindlimann steht, fünf Fuss von dem Wege entfernt, ein Gebäude, und dieser fünf Fuss breite Raum ist von dem Eigenthümer der Wirthschast zur Anlegung eines Trottoirs und einer Treppe bestimmt worden, die nothwendig ist, um die Thüre seines Hauses zu erreichen, deren Schwelle 31/2 Fuss über der Oberfläche des Bodens

liegt.

Da der Varallelweg an dieser Stelle um fünf Fuss erweiteret werden musste, um die im Vertrage vom 3. August festgesetzte Breite von l 8 Fuss zu erreichen, so hat die Gesellschast der Nord-Ostbahn die unfreiwillige

Expropriation dieses fünf Fuss breiten Streifens des dem Hrn. Kindli-

mann eigenthümlich gehörenden Bodens verlangt.

Dieser hat sich der

Expropriation widersezt und, sich stufend aus die Artikel 12, I..) und 25

424 des Bnndes^esezes vom 1. Mai 1850, die Sache bei dem Bu..desra..he anhängig gemacht. Der Bnnde.^rath hat die Reklamation des ..^rn.

Kindiimann, sowie die Antwort der^ Gesellschaft geprüft, sich überdies..

durch den Bericht des au ...^xt und Stelle abgesandten Herrn Jngenieur Hartmann genauere Auskunft ertheilen lassen, und endlich am .....5. Rovember l8^l, ans den Antrag seines Departements des Jnnern, folgenden Beschluß gesasst.

,,Jn Erwägung.

.^. ,,dass der Rord^stbahng^llschaft dadurch, dass sie behufs des B..,,triebs der Eisenbahn die ^genannte Kräuelstrasse Durchschnitten

,,hat, laut Artikel l^ des Gesezes vom l. Mai i850 die Ver-

,,pflichtnng ausliegt, ^ie von ihr unterbrochene Kommunikation in ,,ande..er Weise Bieder herzustellen ; h. ,,dass diese .Kommunikation passender Weise nur durch Erweiterung ,,und Korrektion des Barallel^eges wieder hergestellt werden kann , c. .,dass die .Gesellschaft nicht gehalten sein kann, das zur Erweiterung .,des ^arallelwegs erfordernde Terrain von dem Boden zu ,,nehmen, den sie südlich von diesem Wege besi^t , weil sie den,, selben behufs der Vergrosserung des Bahnhofes eigens hat e^.^propriiren lassen und ihn zu diesem Zweke unumgänglich nothig ,,^^ d. ,,dass mithin das nordlich au diesen Weg stossende Terrain behuss ^Erweiterung desselben er^propriirt werden muss und aus diesen ,,Fall das Bundesgesez vom 1. Mai 1850 sei..e Anwendung^

,, findet;

e.

,,da^ es .^aehe der eidg^nosstsehen ^eh.^ungskommisston oder des ,,Bundesgerichts ist, zu entscheiden, ob die Geseltsehaft der Rorb,,Ostbahn zu einer Gesamml.^propriatiou des Best^thums des ,,Hrn. Kmdlimann verpflichtet sei, sowie auch die vo^. ...er Gesell- ^ ,,sehaft zu leistende Sehadloshaltung festzusezen ;

,,in Anwendung des Artikels 25 des .Bundesgesezes vom 1. Mai ,,1850, betreffend die Verbindlichkeit zur Abtretung oon ..^rivatrechten, ,,beschliesst : ,,Der Rekurs des Herrn ^indlimann wird als unbegründet abge,,wiesen.^ Gegen diesen .Beschluß wendet stch nun Herr ^ürspreeher ^chin^ von Zürich, Rameus d...s Hrn. ^indlimann, in einer langen Schrift an die Bundesversammlung, und indem er sieh auf die Artikel 21 un^ 74, ^.14

15 und 17 stüzt, stellt er die Behauptung ans, dass die Entscheidung

des Bundesraths auf irrigen Gründen und auf ungenauen Aufschlüssen beruhe, da steherlieh andere Mittel vorhanden seien, die durch die Eisenbahn unterbrochene Kommunikation der Krauelstrasse wieder herzustellen und namentlich nichts die Gesellschaft der Rord^stbahn daran hindere, den

425 ^ur Erweiterung des Barallel.weges nothigen Raum von fünf Fuss von ihrem eigenen Grund und Boden wegzunehmen. Herr Schin^ bestreitet die Anwendbarkeit des Gesezes über unfreiwillige Expropriation auf den vorliegenden Fall, da dasselbe nach dem Artikel 6 des Bundesgesezes nur auf solche Falle anwendbar sei, wo die aus die Aufreehthaltung der Kommunikation bezüglichen Arbeiten unumgänglich n o t h w e n d i g und gesezlich e r ^ w i u g b a r , aber nicht aus den Fall, wo diese Arbeiten das ^Resultat von Vertragen oder Uebereinkimften mit einer besonderen Gemeinde seien.

Da das Strasseugesez des Kantons Zürich für Wege ^. Klasse nnr eine Breite von l2 Fuss verlange, so sei keine Rothw e n d i g k e i t vorhanden, dem im Frage stehenden eine solche von 18 Fuss ^u geben. Endlich findet der Reknxrent die Forderung der Rord^ftbahn auf Expropriation im Widerspruche m.t dem oben angeführten Bundesgeseze , ^as zu einer solchen nur dann berechtige , ,, wenn der Unternehmer seine Verpflichtungen aus keine andere Weise ohne bedeutende Opser erfüllen kauu,^ was hier keineswegs der Fall sei, ^a die Gesellschast den zur Strasse erforderlichen Raum auf ihrem eigenen Grund und Boden nehmen könne.

Der Ständerath, dem dieser Rekurs in erster Linie überwiesen wurde, hat beschlossen, darüber nicht e i n z u t r e t e n , .veil nach A r t i k e l 25

des B u n d e s ese^es vom l. Mai . 85l) über Espropria-

tionen .^um a l l g e m e i n e n Besten es dem B u n d e s r a t h e zuk o m m t , über S t r e i t i g k e i t e n ^u e n t s c h e i d e n , welche sieh in B e t r e f f d e r Pflicht e r h e b e n , b e h u f s ö f f e n t l i c h e r A r b e i t e n Privatrecht... a b z u t r e t e n , und w e i t für diesen Fall keinerlei Rekurs an die B u n d e s v e r s a m m l u n g v o r b e h a l t e n ist.

Jhre Kommission, ..^it., ist derselben Ansicht, und zwar aus folgen...

den Gründen :

Die Gesezbestimmung des Artikels 74, Ziffer 15 der Bnndesversassuug, auf welche sich Herr Schinz stü^t, um von dem Entscheide des Bundesraths au die Bundesversammlung zu appelliren , verweist unter Anderm au die .Kompetenz der beiden Räthe ,,die Reklamationen von ^Kantonen o.^er privaten ge^en die von dem Bundesrathe erlassenen Be,, seh lusse und getroffenen Maßnahmen^. Diese Redaktion ist etwas unbestimmt, und es iässt sich Ieieht begreifen, dass sich eine in erster Jnstanz verurteilte Vartei an diesen Artikel als legten Rettungsanker anklammerte und vermittelst dieser schwachen ^tü^e ihr Glük bei einer zweiten Jnstanz versuchte. Aber die so abgefasste Gesezbestimmung kann augenscheinlich nicht in absolutem ^inne geuomn.en werden , und es hat nicht in der Absicht der Verfasser der eidgenossischen Konstitution liegen können , dass es einem Privaten zustehen solle , gegen alle moglichen Beschlüsse des Bundesraths den Rekurs au die eidgeuossischen Räthe zu ergreifen.

Den beiden Räthen eine solche Mission übertragen, hiesse sie für p e r m a n e n t erklären, und der Bundesrath könnte keinen Schritt mehr thnn,^ ohn^

426 ^.ureh einen Rekurs an die Bundesversammlung gehemmt zu werden. Jn absolutem Sinne ausgefasst, würde diese Bestimmung eine Art V e t o begründen, das alle Beschlüsse der E^ekutivbehorde , mogen sie die Eiviloder Militärverwaltnng betreffen , ans einige ^eit ausser Krast sezen würde. Es ist augenscheinlich, dass eine solche Aussassung des Artikels 74, Ziffer 15 der Verfassung ganz einfach zu einer materiellen Unmöglichkeit und mithin zum Absurden führen würde.

^..er augeführte Artikel feheint uns vielmehr in dem Sinne verstauden werden zu müssen, dass in solchen Fällen, in denen gegen die Massnahmen und Beschlüsse des Bundesraths Rekurs ergriffen werden kann, diese Rekurse bei der Bundesversammlung vorzubringen find, dass aber, sobald besondere Geseze gewisse Massnahmen in die ausschließliche Kompetenz des Bundesraths verweisen, (wie z. B. die Wahlen und Massregelu vou rein administrativem Charakter ..e.) gegen derartige Beschlüsse keine Appellation zulässig ist, sondern dass sie endgültig sind, vorbehaltlich der Verantwortlichkeit des Bundesraths und der Bemerkungen, die ihm ^esshalb bei der Brüfung seiner Geschästsführnng gemacht werden konnen.

Was insbesondere die Art von Reklamationen anbelangt , um die es sich hier handelt, so finden wir, dass das Gesez vom 1. Mai 1850 über Expropriationen zum allgemeinen Besten zwei Falle von Reklamationen unterscheidet, welche die Eigenthümer, gegen welche die Forderung auf E^propriation gerichtet ist, geltend machen konuen. Entweder widersezt sich der Eigenthümer der Expropriation überhaupt. wenn er sich im Recht glaubt, dieselbe zu verweigern, oder er willigt ein, und dann handelt es sich nur noch um die ^estsezung der Er^propriationssumme. Ju lezterem Falle überträgt das Gesez die Sehäzung einer Kommission von Experten, mit dem Rekursrecht an das Buu^esgericht, es ist diess eine reine Reehtsfrage. Wenu es stch aber von der Entscheidung der ersten ^.rage handelt, d. h., ob Gründe für eine unfreiwillige Expropriation vorhauden seien, oder nicht, so erklärt das Gesez (Art. 25), ^ass es dem Bundesx a t h e z u k o m m e , üb..r die das E ^ p r o p r i a t i o n s r e . ^ t b e t r e f f e n den S t r e i t i g k e i t e n zu entscheiden.

Und welches Motiv mag wohl den Gesezgeber vermocht haben, diese Unterscheidung aufzustellen^ Hat mau in dieser lezteru
.^rage mehr eine Verwaltungssaehe , als eine Rechtssache erblikt^ Wir bezweifeln es, denn wir sind der Ansicht, dass die ^rage, ob ein Bürger im gegebenen ^alle seiu Eigeuthum abzutreten verpflichtet sei , eine ^rage der Anwendbarkeit des Gesezes aus bestimmte Fälle ist , und mithin ganz den Charakter eines Rechtsstreites darbietet.

demnach hätte sie eher in die Kompetenz des Buu^esgeriehts gehort , aber die Organisation dieses Geriehts, seiue Riehtpermaneuz , die Schwierigkeit, es in solchen fällen zu versammeln , wo es dennoch auf eine rasche Eutscheiduug ankommt , alle diese Rüksichten haben ohne Zweifel den Gesezgeber bewogen, die EntScheidung über diese ^rage dem Bundesrathe zu übertragen.

427 Dem sei nun, wie ihm wolle, so findet sich hier ein dem Bundes.athe durch ein Eivilprozessgesez verliehenes Attribut, welches ihm eine ausschliessliche Kompetenz , und ..nit Ausschluß von ^glichen. Rekurse ein^ räumt. Dabei ist wohl zu bemerken, dass es sich hier von einem dem Bundesrathe ausnahmsweise nud durch ein besonderes Gesez verliehenen Attribute handelt, das ihn ermächtigt, über eine bürgerliche Rechtsfrage zu entscheiden , und nicht von den im Artikel 74 der Bundesverfassung vorgesehenen Attributen , hinsichtlich deren der Artikel 74 den Rekurs allerdings gestattet.

Wir erachten es nicht für nötl^ig , den Gegenstand noch weiter zi...

erortern und die praktische Beweisführung zu versuchen , wie ü.^el die Bundesversammlung daran sein würde, wenn sie Streitigkeiten der vorliegenden .^lrt schlichten sollte. Sicherlich würde sie das zahlreichste un.^ ausserordentliehste aller Gerichte unseres Zeitalters bilden.

Demgemäss schlägt Jhnen Jhre Kommission

Besch.lufse des Ständeraths beizutreten.

einmüthig vor,

B e r n , den 29. Januar 1862.

Ramens der Kommission, ^) Der Berichterstatter .

^.^,.

.^ Die kommission bestand aus den ^erren .

^ielor ^ n f f p , in Lausanne.

J. U. .^seller, ln Signau (Bern).

^. .^. T o g g e n b u r g , in Laa^ (Graubünden).

.

den.^

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^ommissionalbericht betreffend

den Nekur.^ de.^ ..^rn. ..^ugn.^ .^ur von Burgdorf.

(Vom 17. Januar 1.^62.)

Tit..

Herr Dür ist Testamentserbe der zu Bern verstorbenen Wittwe ^Maria Elisabetha v. Diesbach von da. Unter dem zur Erbschaft gehoreuden Vermögen befindet sieh eine im Kauton Freiburg gelegene Liegenschaft. Herr Dür musste nun die Erbsehastssteuer bezahlen, und ^war im Kautou Bern, von dem ganzen Rachlass mit Jubegriff der im Kanton .^reiburg gelegenen Jmmobilien, im Kauton ^reiburg dagegen nur von den ledern. Er fand, diese doppelte Bestenrnug sei unstatthaft, von der Ansieht geleitet, wenn die Liegenschaft.... in den. Kantone besteuert werden, wo sie sieh befinden, so l.onne der Kanton Bern von dem gleichen Vermogeu keine Erbsteuer begehen. Herr Dür wendete sieh deshalb an den .Regiernngsrath von Bern und forderte, von Freiburg uuterstü^t, Befreiung von doppelter Besteurung und Rükgabe des zu viel Bezahlten.

Von der Regierung des Kantors Bern abgewiesen, legte Herr ^ür beim Bundesrath Beschwerde ein, ^...leher aber daraus nicht eintrat, weil in Wirkliehkeit rein Konflikt zwischen den Kantonen Bern und Freiburg vorliege, der zum .Einschreiten des Bundes berechtigen würde, weil keine Bundesvorsehristen besahen, welche die Souveranität der Kantone in Begehung auf Erlass oou ^teuergese^en beschränke , endlich ^ weil keine Verlegung einer Vorsehrist der Bundesgesezgebung , der .^Kantonsverfassung oder eines Konkordates nachgewiesen sei.

Herr Dur wendet sich uun an die Bundesversammlung ; und die kommission, welche mit der Berichterstattung über dessen Beschwerde be.auftragt wurde, vereinigte sieh zu folgeuder Ansicht.

Vor Allem saud die kommission , der Bundesrath habe den Begriff ^ines Konfliktes zwischen zwei Kantonen viel zu enge aufgefasst, wenn er

^

429..

denselben auf den Fall beschranke, wo ein Kanton gegen einen andern bei der .Bundesbehbrde Beschwerde führt. Ein solcher Konflikt muss sicher auch dann als vorhanden angesehen werden , wenn zwei Kantone ihre Souveränitätsreehte auf eine in unzulässige Kollision trettende Weise ^em Bürger gegenüber geltend mache, und der lettere dadurch geschadiget wird.

Kann in einem solchen Falle jeder Kanton aus dem Wege der Vollstrel.ung seiner Anficht ..Geltung verschaffen, so hat keiner von ihnen Grund, die Hülse des Bundes anzusprechen und seinen Entscheid anzurufen; aber der Konflikt ist nichts desto weniger vorhanden, nur wird ein Dritter von den folgen betroffen, und da findet die Kommission keinen Grund, das begehren d^s Bürgers, welcher durch den Widerspruch unter den Kantonen geschädigt wird, von dem Rechte a..sznsch..iesseu , die Entscheidung d^s Bundes anzurufen.

Die kommission glaubt demnach, mau müsse in die Sache eintreten, und die Prüfung derselben fül^rt zu folgendem Ergebniss :

Es ist selbstverständlich , dass die gleiche Steuer von dem gleichen Objekte nur vou e i n e m ..Staate bezogen werdensoll. Wenn die Geset^gebungen zweier Staaten so gestaltet sind, dass sie zu einem andern Ergebniss sül.r...., dass jeder von ihnen sieh ^ur Beftenrnng der gleichen Sache berechtigt ansieht , so muss sicher bei der einen oder der andern Gesetzgebung ein unrichtiger Grundsatz zur Anwendung gekommen sein. Sind beide Staaten unbedingt souverän, stehen sie nicht in einer solchen Begehung zu einander, welche die Ausgleichung des Missverhältnisses gestattet, so mnss der dadurch Betroffene si. eh ^er Gewalt der Umstände unterziehen, w...il keine Autorität vorhanden ist, die ihn gegen das Unrecht schüfen konnte.

Anders verhält es sich, wenn der Konflikt zwischen zwei Kantonen der Eidgenossenschaft eintritt.

Die Kantone sind zwar auch souverän; aber abgesehen von den besondern Bestimmungen der Bundesverfassung, ist diese Souveränität auch durch diejenige der andern Kantone beschränkt.

Damit dass die Kantone ^u einen. gemeinsamen Staate sich vereinigten, übernahmen sie die Verpflichtung, in der Ausübuug ihrer kantonalen Re.hte nicht in das Gebiet eines andern Kantons hinüber ^u greisen, die Rechte eines andern Kantons nicht zu storen oder zu verletzen , und weun dieses dennoch geschehen sollte , so find die Buudesbehorden da , um zu prüfen und zu entscheiden, ans welcher Seite das Recht sei, und die Kantone müssen si^h der bundesmäßigen Entscheidung unterziehen.

Dieser ^all ist vorhanden , wenn die Steuergesezgebnngeu zweier Kantone in d..r Weise mit einander in Widerspruch stehen, dass be.de Anspruch auf Befteurung der gleichen ^ache machen ; -^ die Bundesbehorden müssen entscheiden, welche Ausprüche vom Bunde zu fchüzeu seien.

430 Run darf wohl als unbestritten angenommen werden , dass in Beziehung aus Liegenschaften der Kanten, in dessen Gebiet dieselben sieh befinden , zur Ausübung der Souveränitäts-Rechte besugt sei. Derselbe ist desshalb auch zunächst berechtigt, diese Liegenschaften zu besteuern, und wenn, den Saz aus den konkreten Fall angewendet, die Frage entsteht, ob der Kanton ^reiburg , in dessen Gebiet die vererbten Liegenschaften sich befinden , oder ob der Kanton Bern , in dessen Gebiet der ^Erblasser wohnte, zum Be^ug der Erbschaftssteuer berechtigt sei, so muss den. Kanton Freiburg das Vorrecht zugestanden .werden; der Kanton Bern aber n.uss mit seinen Ansprüchen zurüktreten , er darf eine Erbschaftssteuer von diesen Liegenschaften nicht mehr begehen , da der Bezug dem Kanton Freiburg zusteht und von ihm in Anspruch genommen wurde.

Die Gesetzgebung des Kantous .^reiburg ist in dieser Beziehung ganz konsequent. Bei einer ausser dem Kauton erossneten Erbsehast bezieht er die Er^schastssteuer nur von den im Kauton befindlichen Liegenschaften ; verstarb der Erblasser im Kanton Freiburg , so wird die Steuer von der ganzen Verlassenschaft bezogen, doch mit Beziehung auf die .Liegenschaften auch uur fo weit sie im Kanton gelegen sind. Bei diesem allein richtigen Grnndsaz der Territorialität ist der Kanton Freiburg zu schüfen.

Von diesen Betrachtungen geleitet. beantragt die Eommission folgende Schlussnahme .

D i e B u n d es v e r sa m m l n n g

der s c h w e i z e r i s c h e n Eidgen o s s e n f e h a f t , in Erledigung einer Beschwerde des Hrn. August Dür von Burgdors, als Haupterbe der Wittwe von Diesbach von Bern, gegen die Regierung des Kantons Bern, betreffend unbefugten Be^ug einer Erbschaft^steuer, in E r w ä g u n g : 1) dass die Regierung des Kantous Bern von dem gesammte.. .^ermbgen der zu Bern verstorbeneu Wittwe M. E. von Di.^bach die Erbschaftssteuer eingefordert , 2) dass zu dieser Erbschast auch Liegenschaften gehoren , Kanton Freiburg gelegen sind ; 3)

welche

im

dass der Kauton Freiburg von den in seinem Gebiete befindliehen Liegenschaften die Erbsteuer ebenfalls bezieht ,

4) ^ass die Steuer nicht von beiden Kantonen zugleich bezogen werden kann ,

4.^ 5) dass die Bundesversammlung befugt sei, über diese Kollision zwischen den Ansprüchen beider Kantone zu entscheiden ; 6) dass dem .Danton, in dessen Gebiet die Liegenschaften sich befinden, vermöge der Territorialsonveranität das bessere Recht zusteht,

b e s .h l i esst : Die Beschwerde des Hrn. Dür ist begründet, und die Regierung des Kantons Bern wird eingeladen, die bezogene Erbschaftssteuer von den im Danton Freiburg befindlichen Liegenschaften der Wittwe von Diesbach dem Hrn. Dür zurül.zuerstatten.

Bern, den 17. Januar l 862.

Ramens der kommission : ^)

^. .^er.

..^ Die Mitglieder der kommission waren .

.^err ^. Demlé vi l le. in ^.erdon.

.. G. J ä g e r , in Brugg.

., F. Bünzll, in Solothurn.

.^ ^. H o f f m a n n , in St. Gallen.

,, ...... .^ i s el. e r , in ^uzern.

^ote. Der .^ekur^ Dür

ist noch pendent bel der Bundesversammlung.

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Bericht an den Nationalrath, erstattet von der mit der Prüfung des Rekurses des Weinschenke Kindlimann in Außersihl bei Zürich beauftragten Kommission. (Vom 29.

Januar 1862.)

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15.03.1862

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