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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Rud. Wirth, Stationsvorstandes in Dottikon, Kts. Aargau.

(Vom 15. Juni 1901.)

Tit.

Der Gesuchsteller wurde in Bestätigung eines Urteils des Bezirksgerichtes Bremgarten am 17. April 1901 durch Entscheid des Obergerichtes des Kantons Aargau der fahrlässigen Eisenbahngefährdung im Sinne von Art. 67 b des Bundesstrafrechtes schuldig erklärt und verurteilt zu l Tag Gefangenschaft und Fr. 100 Buße, eventuell zu weitem 20 Tagen Gefangenschaft, ferner zur Tragung der Gerichtskosten mit Inbegriff von Fr. 30 Staatsgebühr. Der Strafrichter hat dabei festgestellt, daß Wirth durch ungenügende Überwachung des Bahndienstes auf der ihm unterstellten Station Dottikon, also in fahrlässiger Verletzung seiner Dienstpflicht, am 27. Juni 1900 es verschuldet habe, daß ein Eisenbahnzug bei Einfahrt in die Station seitlich auf die Lokomotive eines ändern, dort zum Zwecke der Güterverladung stationierten Zuges aufstieß.

Die Folge dieses Zusammenstoßes war eia erheblicher Materialschaden und Gefährdung der auf den beiden Zügen befindlichen Personen, Wirth versucht zwar auch noch in seinem Begnadigungsgesuche die Schuld an dem eingetretenen Unfall von sich abzuwälzen, kann aber damit selbstverständlich in diesem Verfahren

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nicht gehört werden, für welches die richterlichen Feststellungen maßgebend sind. Er anerkennt denn auch, daß er sich dem Urteile unterziehen wolle und beschränkt sich auf die Bitte, daß ihm die Gefangenschaftsstrafe in Gnaden erlassen werden möchte, zu deren Verhängung der Richter offenbar nur infolge des gesetzlichen Zwanges geschritten sei.

Diese Argumentation scheint deswegen begründet, weil mit einer verhältnismäßig hohen Geldbuße nur das gesetzliche Minimum von Freiheitsstrafe verbunden wurde und da es sich um eine bloße Fahrlässigkeit im Dienste handelt, so entspricht der gnadenweise Erlaß der Gefängnisstrafe der konstanten Praxis der Bundesbehörde.

Wir stellen daher bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei dem Gesuche des R. Wirth durch Erlaß der Gefängnisstrafe von l Tage zu entsprechen, im übrigen aber daa Urteil der aargauischen Gerichte zu bestätigen.

B e r n , den 15. Juni 1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:.

Bingier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend das Begnadigungsgesuch des Rud. Wirth, Stationsvorstandes in Dottikon, Kts. Aargau. (Vom 15. Juni 1901.)

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1901

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19.06.1901

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708-709

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