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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Beschwerd des Jakob Rupp, Landwirtes in Heiligenschwendi (Kanton Born), gegen - den Beschluß des Bundesrates vom 10. Dezember 1900 betreffend Ver. Weigerung eines "Wirtschaftspatentes durch den Re gierungsrat des Kantons Bern.

(Vom 15. März 1901.)

Tit.

Mit Beschluß vom 10. Dezember 1900 *) hat der Bundesrat die Beschwerde des Jakob R u p p wegen Verweigerung eines Wirtschaftspatentes für sein Haus in Heiligenschwendi durch den Regierungsrat des Kantons Bern als unbegründet abgewiesen, gestützt auf die Erwägung, daß weder vom Regierungsrat das Vorhandensein eines Bedürfnisses nach einer Wirtschaft für die Bevölkerung in Heiligenschwendi in willkürlicher Weise abgelehnt, noch dem Beschwerdeführer im Vergleich zu ändern vom bernischen Regierungsrat erteilten Wirtschaftsbewilligungen eine rechtsungleiche Behandlung zu teil geworden sei.

Diesen Beschluß hat Jakob Rupp durch Einlegung einer Beschwerde, datiert vom 9. Februar 1901, an die Bundesversammlung weitergezogen. Er weist unter Wiederholung der von ihm bereits vorgebrachten Argumente noch einmal besonders darauf hin, daß durch die Bewilligung einer Wirtschaft an die bernische Heilstätte für Tuberkulöse in Heiligenschwendi die Bedürfnisfrage ein für allemal in bejahendem Sinne entschieden worden sei, daß daher nach dem Grundsatz der Rechtsgleichheit aller Bürger sein Wirtschaftsgesuch als das früher gestellte zuerst hätte berück*) Siehe Bundesblatt von 1900, IV, 922.

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sichtigt werden sollen ; daß ferner Heiligenschwendi in Anbetracht seines Verkehrs und seiner Bevölkerungszahl nicht als Berggegend .könne bezeichnet werden ; daß Rekurrent endlich legitimiert sei, Beschwerde zu führen, wenn in gesetzwidriger Weise ein sogenanntes ,,beschränktes" Wirtschaftspatent an einen Konkurrenten erteilt werde.

Da der Beschwerdeführer neue Thatsachen und Gesichtspunkte nicht vorbringt, so können wir uns, unter Hinweis auf die Antwort des bernischen Regierungsrates, auf die vorliegende Beschwerde vom 28. Februar 1901 und auf die in unserm, diesem Berichte beiliegenden, Beschlüsse vom 10. Dezember 1900 aufgestellten Erwägungen beschränken.

Wir möchten gegenüber den wiederholten Behauptungen des Beschwerdeführers nur folgendes noch ausdrücklich betonen : Der Regierungsrat hatte gegenüber dem Gesuche des Beschwerdeführers die Bedürfnisfrage aufgeworfen und dieselbe, indem er sich auf die Erklärungen der zur Begutachtung des Wirtschaftsgesuchs verpflichteten Verwaltungsbehörden, des Gemeinderate von Heiligenschwendi und des Regierungsstatthalters von Thun berief, verneint. Der Beschwerdeführer bezeichnete diese Entscheidung des Regierungsrats als eine willkürliche, vermochte aber zum Beweise seiner Behauptung, daß in Heiligenschwendi thatsächlich ein Bedürfnis nach einer Wirtschaft bestehe, nur das Zeugnis einiger Privatpersonen anzuführen. Angesichte dieser Anfechtungsweise konnten wir, soweit unser Überprüfungsrecht ging, nur konstatieren, daß Willkür im Vorgehet!

des Regierungsrates nicht liege.

Der Umstand, daß die Regierung zur Zeit, in der sie das Gesuch des Rekurrenten abwies, der Anstalt für Tuberkulöse in Heiligenschwendi, in Gewährung eines erst nach dem Gesuche des Jakob Rupp eingereichten Wirtschaftsgesuches, ein beschränktes Patent bewilligte, konnte nichts dafür beweisen, daß der Regierungsrat gegenüber den beiden Wirtschaftebewerbern ein verschiedenes Maß angewandt habe. Denn die für die Anstalt bewilligte Wirtschaft liegt außerhalb der Ortschaft Heiligenschwendi, dicht bei der Anstalt, und, durch einen Wald und Höhenzug getrennt, wenigstens 20 Minuten von dem Hause entfernt, in dem der Beschwerdeführer seine Wirtschaft führen wollte; die mit einem bloß beschränkten Patent bewilligte Wirtschaft wurde ausschließlich in Rücksicht auf ein besonderes Bedürfnis der Anstalt Heiligenschwendi zugelassen. Bei der Bewilligung der Wirtschaft für die Anstalt wurde also die Frage, ob die Gemeinde Heiligen-

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Damit war für den Bundesrat auch entschieden, daß der Beschwerdeführer auch nicht aus dem Grunde sich wegen Verletzung der Rechtsgleichheit beklagen konnte, weil ihm nicht einmal ein beschränktes Patent bewilligt worden sei ; denn es fehlte eben die Voraussetzung der Gleichheit der thatsächlichen Verhältnisse.

Weiter als eine solche Anfechtung wegen behaupteter Verletzung der Rechtsgleichheit ging aber das Beschwerderecht des Rekurrenten nicht. Nachdem einmal angenommen werden mußte, daß für Heiligenschwendi überhaupt kein Bedürfnis nach Eröffnung einer Wirtschaft bestehe, konnte der Rekurrent auf den von ihm behaupteten Umstand allein, daß ein beschränktes Wirtschaftspatent im bernischen Gesetze gar nicht vorgesehen sei, eine Beschwerde nicht stützen, da ihm das Interesse und die Legitimation hierfür fehlte.

Ebenso fehlte ihm die Legitimation zur Beschwerde über den Punkt, ob Heiligenschwendi eine Berggegend sei, und ob bejahenden. Falles der Regierungsrat von den im Wirtschaftsgesetz vorgesehenen Vorschriften betreffend die Requisite von Wirtschaftslokalitäten bei der an die Anstalt für Tuberkulöse erteilten Bewilligung habe abgehen können. Bei dieser Situation war aber auch, wie wir ausdrücklich ausgesprochen haben, die Frage der Vornahme eines Augenscheins von selbst in verneinendem Sinne beantwortet, da auf die zu beaugenscheinigenden Verhältnisse für die Entscheidung der Beschwerde nichts ankam.

Wir beantragen Ihnen die Abweisung der Beschwerde.

B e r n , den 15. März 1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Brenner.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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