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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch des Rudolf Bärtschi, Schreiners in Oppligen (Kanton Bern).

(Vom 18. Oktober 1901.)

Tit.

« Petent wurde am 16. August dieses Jahres in Wangen (Kanton Bern) betroffen, als er bei Privatpersonen Bestellungen auf hausrätliche Gegenstände (Möbel) aufnehmen wollte. Da er nicht im Besitze einer Taxkarte im Sinne des Bundesgesetzes betreffend die Patenttaxen der Handelsreisenden war, erfolgte seine Vorzeigung wegen Übertretung dieses Gesetzes und die bernischen Gerichte verurteilten ihn erst- und zweitinstanzlich zu Fr. 50 Geldbuße und Tragung der Kosten.

Bärtschi ersucht um gnadenweisen Erlaß von Buße und Kosten. Er bestreitet, daß das erwähnte Bundesgesetz mit Grund gegen ihn zur Anwendung gebracht worden sei und macht ferner geltend, er befinde sich gegenwärtig in solcher ökonomischer Bedrängnis, daß er die Beträge nicht bezahlen könne, die ihm durch die Gerichtsurteile auferlegt worden seien. Von Seiten der Regierung des Kantons Bern wird auf Anfrage bestätigt, daß die ökonomischen Verhältnisse Bärtschis ganz ungünstige seien, er versteure an seinem Wohnorte Oppligen weder Vermögen noch Erwerb.

414 Die materielle Richtigkeit der Schuldigerklärung Bärtschis durch die bernischen Gerichte ist im Begnadigungsverfahren nicht nachzuprüfen. Es fragt sich vielmehr lediglich, ob genügende Gründe vorliegen, um' die von der kompetenten Justizbehörde endgültig ausgesprochene Strafe durch das Mittel der Begnadigung gänzlich nachzulassen oder wenigstens zu mildern. Pie Thatsache allein, daß der Petent zur Zeit vermögenslos ist, reicht nicht hin, um einem solchen Gesuche zu entsprechen; er ist offenbar nicht erwerbsunfähig und wird die ihm auferlegte Buße auch in Teilzahlungen abtragen können. Die Polizeikammer des Appellations- und Kassationshofes des Kantons Bern hat, wie aus der schriftlichen Begründung ihres Urteils hervorgeht, bei Festsetzung der Höhe der Buße bereits berücksichtigt, daß die dem Bärtschi zur Last fallende Zuwiderhandlung sich nicht als eine besonders gravierende darstellt und sie erscheint auch als mäßig init Rücksicht auf die Strafandrohung, die auf Geldstrafen bis zu Fr. 1000 geht (Art. 8 des Bundesgesetzes).

Wir stellen deshalb bei Ihrer hohen Versammlung den Antrag: Es sei das Begnadigungsgesuch des Bärtschi abzuweisen.

Bern, den 18. Oktober 1901.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Zemp.

Der. Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend das Begnadigungsgesuch des Rudolf Bärtschi, Schreiners in Oppligen (Kanton Bern). (Vom 18. Oktober 1901.)

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Jahr

1901

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23.10.1901

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413-414

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